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BIBER 03_17_deljel

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HART<br />

In einem Wiener Café bestellen die Kunden zuerst Kaffee und greifen<br />

danach zur Peitsche. Redakteurin Michaela war in der Wiener<br />

ABER<br />

BDSM Szene unterwegs und hat gelernt: Für BDSM braucht es mehr<br />

Zustimmung und Kommunikation und weniger Fifty Shades of Grey.<br />

ZART<br />

von Michaela Kobsa (Text und Fotos)<br />

Das sind die Basic-Utensilien: Fesseln, Peitschen, Flogger und Stöcke<br />

Im SMart Café in der Köstlergasse wird gepeitscht,<br />

gefloggt und gefesselt was das Zeug hält – ein Raum<br />

in dem sadistische und ungewöhnliche Fantasien nicht<br />

verurteilt werden. Es ist 22 Uhr und ich stehe vor der<br />

schwarzen Tür des SMart Cafés, Wiens erstem Fetisch<br />

und BDSM Lokal. BDSM steht für Bondage & Discipline, Dominance<br />

& Submission und Sadism & Masochism. Ich kenne mich<br />

halbwegs mit Fifty Shades of Grey aus, will aber sehen was in<br />

der BDSM-Szene wirklich abgeht. Also atme ich tief ein und<br />

betrete eine neue Welt.<br />

Innen sieht das BDSM-Café wie das Beiserl um die Ecke<br />

aus. Es ist aber so voll, dass man kaum durchkommt. Es<br />

herrscht trotz vielen Frauen ein Überschuss an Männern.<br />

Die Mehrheit ist vierzig bis fünfzig Jahre alt. Manche tragen<br />

Alltagskleidung, ab und zu erscheint auch ein Halsband oder<br />

Korsett auf der Bildfläche. Auf den ersten Blick sieht alles fast<br />

gewöhnlich aus. Außer, dass es im Fernsehen kein Fußball<br />

spielt, sondern zu sehen ist, wie eine ledertragende Domina<br />

mit einem massiven Strap-On ihr männliches Opfer foltert.<br />

Connie, der Besitzer, steht an der Bar und hält eine Zigarette<br />

zwischen seinen schwarz manikürten Fingern. Er erzählt,<br />

wie er 1999 wegen seines Cafés ständig vom FPÖ-Bezirksvorsteher<br />

und seinen Behörden gehetzt wurde. „Viele verstehen<br />

noch immer nicht, dass die Gewalt in BDSM einvernehmlich ist.<br />

Und weil es bei BDSM zu Schmerzen und Verletzung kommen<br />

kann, müssen alle Beteiligten viel bewusster mit Zustimmung,<br />

Kommunikation und Grenzen umgehen“, erklärt er. An der Bar<br />

werde ich von einer jüngeren Barista mit blonden Haaren und<br />

schwarzem Halsband begrüßt. Ich bestelle ein Getränk und<br />

schaue mich um. Ein älterer Herr mit weißem Bart starrt mich<br />

an und schnell kommen wir ins Gespräch. Nach zwei Sekunden<br />

korrigiert er mein Deutsch. Dann lacht er: „Tut mir leid, ich bin<br />

Deutschlehrer. Dürfte ich bitte Ihre Füße ablecken?“<br />

SEVERIN, DER FUSSVERWÖHNER, ROTKÄPPCHEN<br />

UND DER BÖSE WOLF<br />

Der fußverliebte Herr heißt Severin – tagsüber Deutschlehrer,<br />

nachtsüber Fußverwöhner und Prügelknabe. Er steht auf<br />

hübsche Frauen, blaue Flecken, und dreckige, haarige Füße. Er<br />

hatte sein ganzes Leben lang ungewöhnliche Vorlieben gehabt<br />

und sich tief dafür geschämt. In diesem Café kann er sich mit<br />

Gleichgesinnten unterhalten und seine Fantasien ausleben. Nur<br />

leider nicht mit mir.<br />

Links von mir sitzen ein Mann Ende fünfzig und eine Frau<br />

Mitte vierzig. Rotkäppchen und der böse Wolf soll ich sie<br />

nennen. Beide sprechen Wienerisch und prügeln ihre Devoten<br />

mit sadistischem Eifer. Der böse Wolf erklärt: „Wir sind nicht<br />

anders als alle anderen.“ Er nippt an seinem Schwarztee und<br />

fährt fort: „Toleranter san wir. Weil wir niemanden als pervers<br />

bezeichnen.“ Im Café treffen Menschen mit allen möglichen<br />

Vorlieben und sexuellen Orientierungen aufeinander: Sadisten<br />

und Masochisten, Trans und Cis, dominant und unterwürfig,<br />

Queer und Straight, Fessler und Fußverwöhner, und vieles<br />

andere jenseits der üblichen Vorstellungskraft.<br />

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