„Fest“-gehalten von Sarah Koska - Draußen
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Rechtstipps | Text: Rechtsanwältin Annette Poethke<br />
Neues aus dem Familienrecht<br />
Unterhaltspflicht der Großeltern<br />
Das Unterhaltsrecht sieht vor, dass Verwandte in gerader Linie<br />
verpflichtet sind, einander Unterhalt zu gewähren. So ist<br />
grundsätzlich - bei Juristen heißt dies, es gibt Ausnahmen -<br />
auch <strong>von</strong> der Unterhaltspflicht der Großeltern auszugehen,<br />
wenn z.B. ein Elternteil mangels Leistungsfähigkeit ausfällt.<br />
Nachstehender Fall musste kürzlich entschieden werden:<br />
Die Kindesmutter Natascha lebt vom Kindesvater Norbert, mit<br />
dem sie den vierjährigen Sohn Nils hat, getrennt. Der Kindesvater<br />
Norbert ist nicht leistungsfähig. Aus diesem Grunde möchte<br />
Natascha für den Sohn Nils Kindesunterhalt <strong>von</strong> den Eltern<br />
des Kindesvaters, nämlich <strong>von</strong> Rosi und Richard verlangen.<br />
Natascha selbst ist nicht erwerbstätig, sie lebt mit dem Sohn<br />
Nils <strong>von</strong> Unterhaltsvorschuss und Sozialhilfe.<br />
Nachdem sie die Großeltern <strong>von</strong> Nils väterlicherseits, Rosi und<br />
Richard, vergeblich aufgefordert hat, Auskunft über ihre Einkünfte<br />
zu geben und Unterhalt für Nils zu zahlen, wendet sie<br />
sich an das zuständige Familiengericht (Amtsgericht). Sie beantragt<br />
für eine Stufenklage (zunächst Auskunft, dann Unterhalt)<br />
Prozesskostenhilfe, also staatliche Unterstützung für die<br />
Prozesskosten, die zweierlei voraussetzt, nämlich einerseits<br />
Bedürftigkeit <strong>von</strong> Natascha und Nils und andererseits Aussicht<br />
auf Erfolg für den beabsichtigten Rechtsstreit. Die Bedürftigkeit<br />
kann Natascha problemlos durch ihren Bescheid über die<br />
<strong>von</strong> ihr bezogenen Sozialleistungen der Arbeitsgemeinschaft<br />
nachweisen. Allerdings scheitert ihr Vorhaben an der fehlenden<br />
Erfolgsaussicht ihrer Stufenklage.<br />
Ihr Prozesskostenhilfegesuch wird nämlich vom Familiengericht<br />
zurückgewiesen, da der Vortrag <strong>von</strong> Natascha in ihrer<br />
Klage gegen die Großeltern zu ungenau, also unschlüssig ist.<br />
Sie hatte nämlich in ihrer Stufenklage lediglich vorgetragen,<br />
sie sei nicht erwerbstätig unter Hinweis auf das Alter <strong>von</strong> Nils<br />
(4 Jahre).<br />
Obwohl grundsätzlich in der Rechtssprechung Betreuungstätigkeit<br />
und Barunterhaltsverpflichtung gleichgesetzt werden,<br />
also Natascha ihrer Unterhaltspflicht durch die Betreuung <strong>von</strong><br />
Nils nachkommt, muss in diesem speziellen Fall, in dem der<br />
Kindesvater Norbert als leistungsunfähig feststeht, zunächst<br />
geprüft werden, ob Natascha trotz Betreuung ihres Sohnes zusätzlich<br />
einer Erwerbstätigkeit nachgehen kann. Ihr Haftungsanteil<br />
erhöht sich (§ 1606 III 1 BGB).<br />
Bevor also die Großeltern zur Leistung <strong>von</strong> Unterhalt für Nils<br />
herangezogen werden können, ist zu prüfen, ob die Kindesmutter<br />
zumutbar und mit dem Kindeswohl vereinbar zusätzlich<br />
zur Betreuung erwerbstätig sein kann.<br />
Um mit ihrem Anspruch gegen die Großeltern väterlicherseits<br />
durchzudringen, muss Natascha zunächst konkret darlegen,<br />
aus welchem Grunde sie nicht berufstätig sein kann.<br />
Der bisherige Vortrag <strong>von</strong> Natascha reicht nicht aus, sodass das<br />
Oberlandesgericht Jena durch Beschluss vom 10.12.2008 ihre<br />
Beschwerde gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe für<br />
die Stufenklage im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren zurückgewiesen<br />
hat.<br />
Oberlandesgericht Jena, Beschluss vom 10.12.2008<br />
- 2 WF 449/08 = Beck RS 2009, 03927<br />
In diesem Zusammenhang ist auch <strong>von</strong> Bedeutung, dass der<br />
Selbstbehalt der Großeltern gegenüber ihren Enkelkindern<br />
1.400,00 Euro (+ 1.035,00 Euro für den anderen Großelternteil)<br />
beträgt, sodass diese erst verpflichtet sind, <strong>von</strong> dem darüber<br />
hinaus erzielten Einkommen Unterhalt zu zahlen infolge der<br />
abgeschwächten unterhaltsrechtlichen Verantwortlichkeit. Zur<br />
Erhaltung des Arbeitsanreizes ist das über den Selbstbehalt<br />
erreichte Einkommen nur zur Hälfte einsatzpflichtig.<br />
vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur<br />
Höhe des Unterhaltsrechts, 10.Aufl. 2008, Rdn. 48+223<br />
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