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Versicherung & Recht<br />

<strong>smartLiving</strong>.<br />

MAGAZIN<br />

DIE TÜCKEN DER EIGENTÜMER-<br />

GEMEINSCHAFT<br />

Worauf Käufer von Wohnungen<br />

zu Beginn achten sollten<br />

Eine Eigentumswohnung kann eine gute Alternative<br />

zum Häuschen sein, insbesondere auch für ältere Menschen,<br />

denen ein Haus zu groß und die Arbeit im Garten zu<br />

viel ist. Neben den üblichen Faktoren wie Kaufpreis, Zustand,<br />

Ausstattung und Lage spielt beim Kauf einer Eigentumswohnung<br />

aber noch ein anderer Aspekt eine zentrale<br />

Rolle: Die Wohnungseigentümerschaft, die jeder zwangsläufig<br />

eingeht, der eine Wohnung kauft.<br />

Erst nachdem ein Käufer als Eigentümer im<br />

Grundbuch eingetragen ist, wird er Mitglied in der<br />

Wohnungseigentümergemeinschaft<br />

Besonders zu beachten ist dabei die Phase, in der potentielle<br />

Käufer als sogenannte werdende Wohnungseigentümer geführt<br />

werden und damit nach aktueller Rechtsprechung gegenüber<br />

der Gemeinschaft noch keinerlei Rechte und Pflichten<br />

haben. Mitglied der Gemeinschaft wird ein Eigentümer<br />

nämlich erst zu dem Zeitpunkt, an dem das Wohnungseigentum<br />

im Grundbuch umgeschrieben wird. Diese Rechtslage<br />

hat in der Vergangenheit bereits etlichen Käufern von Wohnungen<br />

einen holprigen Start ins Eigenheim beschert. Ein<br />

klassisches Beispiel ist der schicke Altbau, der auf den ersten<br />

Blick alle Wünsche der jungen Familie erfüllt: Frisch saniert,<br />

zentrumsnah gelegen und für Doppelverdiener gerade noch<br />

so bezahlbar. Doch schon kurz nach dem Einzug beginnen<br />

die Probleme: Die Wände sind feucht, der Putz bröckelt. Der<br />

Bauträger, der die Wohnungen im Haus gerade erst aufgeteilt<br />

und verkauft hat, unternimmt derweil nichts. Stattdessen verhindern<br />

die Vertreter des Trägers in der Eigentümerversammlung<br />

Beschlüsse, die ihn zum Handeln zwingen würden.<br />

Fälle wie diese sind nach Beobachtung von Verbraucherschützern<br />

und Juristen ganz typisch für die Anfangsphase frisch entstehender<br />

Wohnungseigentümergemeinschaften, kurz WEG<br />

genannt. Denn der Bauträger ist meist selbst Mitglied dieser<br />

werdenden WEG und kann damit die Entscheidungen seiner<br />

Miteigentümer in der Versammlung blockieren. Denn zu Beginn<br />

der Verkaufsphase hat er häufig die meisten Stimmen, da<br />

ihm die noch unverkauften Wohnungen und damit die Stimmrechte<br />

daran noch gehören. Die ersten Käufer haben in der werdenden<br />

WEG dagegen oft nur ziemlich wenig zu bestimmen.<br />

So legen Bauträger und Entwickler in der Regel nicht nur die<br />

Gemeinschaftsordnung fest, sie bestellen darüber hinaus häufig<br />

auch noch den ersten Verwalter. Manche Bauträger, insbesondere<br />

die großen Wohnungsbaugesellschaften, übernehmen die<br />

Hausverwaltung gleich selber. Die Amtszeit dieses ersten Verwalters<br />

ist gesetzlich auf drei Jahre begrenzt, spätere Verwalter<br />

dürfen für maximal fünf Jahre bestellt werden. Diese Fristen<br />

werden üblicherweise voll ausgeschöpft.<br />

Die Interessenskonflikte sind bei dieser Konstellation oft vorprogrammiert,<br />

wie die Verbraucherschützer aller Bundesländer<br />

immer wieder beklagen. Regelmäßig kommt es in der Folge zu<br />

Streitereien und juristischen Auseinandersetzungen, weil die<br />

Verwaltung als verlängerter Arm des Entwicklers etwa nichts<br />

gegen Mängel unternimmt. Gerade in solchen Fällen ist aber<br />

zügiges Handeln notwendig, da rechtliche Schritte vor Ablauf<br />

der fünfjährigen Gewährleistungsfrist eingeleitet werden müssen.<br />

Zu beachten ist dabei, dass nur eine normale WEG baurechtliche<br />

Ansprüche effektiv geltend machen kann. Diesen<br />

Status erreicht die Vorgemeinschaft aber erst mit dem Verkauf<br />

des letzten Objekts und dem Eintrag des Erwerbers ins Grundbuch.<br />

Den endgültigen Wandel von der werdenden zur richtigen<br />

Wohnungseigentümergemeinschaft kann ein Bauträger jedoch<br />

weiterhin verhindern, indem er beispielsweise das Anlegen<br />

der Wohnungsgrundbücher verzögert.<br />

Aus verschiedenen Gründen ist es möglich, dass<br />

sich das Entstehen einer normalen WEG über<br />

einige Jahre hinauszögern kann<br />

In letzter Konsequenz haben die Miteigentümer in solchen Fällen<br />

kaum Chancen, ihre Rechte einzuklagen. Sie haben dann<br />

zwar eine Wohnung gekauft, auf die eigentlich vorgeschriebene<br />

Gewährleistung können sie sich allerdings nicht berufen. Das<br />

ist insbesondere schon deshalb alarmierend, weil nach einer<br />

Studie des Verbands privater Bauherren (VPB) eine schlechte<br />

Bausubstanz und mangelhaft ausgeführte Arbeiten zu den<br />

größten und auch weit verbreiteten Ärgernissen in neu errichteten<br />

Wohnanlagen gehören. Auf den Kosten, die in der Folge<br />

anfallen, bleiben dann oft die neuen Eigentümer sitzen.<br />

Rein formal ist es sogar möglich, dass sich das Entstehen einer<br />

normalen WEG über Jahre hinauszögern kann. Ein Grund dafür<br />

können beispielsweise erhebliche Baumängel sein, um die zwischen<br />

den Eigentümern auf der einen und dem Bauträger auf der<br />

anderen Seite gestritten wird. Aber auch eine fehlende letzte Rate<br />

der neuen Eigentümer kann die Gründung in die Länge ziehen,<br />

weil dadurch der notwendige Grundbucheintrag blockiert wird.<br />

Bekannt geworden sind auch Fälle, in denen Bauträger die<br />

Schlüsselübergabe verzögert haben, damit die Eigentümer nicht<br />

rechtzeitig zur ersten Versammlung eingeladen werden können.<br />

Und auch die Größe einer Wohnanlage kann dazu führen, dass<br />

so manch eine Wohnungseigentümergemeinschaft erst nach Jahren<br />

formell existiert. In dieser Übergangszeit bleiben die Käufer<br />

eine werdende WEG. Mitglied ist nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs<br />

(BGH), wer sowohl eine Auflassungsvormerkung<br />

im Grundbuch hat als auch die Wohnungsschlüssel besitzt.<br />

In der Theorie haben werdende Wohnungseigentümergemeinschaften<br />

derweil die gleichen Rechte und Pflichten, wie<br />

eine bereits bestehende. Dazu zählt etwa das Hausgeld, das<br />

von Beginn an bezahlt werden muss und auch für noch nicht<br />

fertig gestelltes Gemeinschaftseigentum wie Garten und<br />

Spielplatz fällig wird. Zu den Rechten gehört, dass die Hausverwaltung<br />

die Eigentümerversammlung einberufen und<br />

den Jahresabschluss vorlegen muss, was in der Praxis aber<br />

häufig ausbleibt. Denn genau in diesem Punkt tricksen die<br />

Bauträger gerne, da sie kein Interesse daran haben, ihre Kosten<br />

mit den ersten Erwerbern zu erörtern, weil sie damit vor<br />

dem vollständigen Verkauf aller Wohnungen ihre Kalkulation<br />

offen legen würden. Aus diesem Grund wird bei der Versammlung<br />

gerne der Wirtschaftsplan verschleiert, obwohl<br />

die derzeitigen Eigentümer die Gemeinschaftsausgaben<br />

über das Hausgeld mitfinanzierten.<br />

Eine Faustformel lautet: Je kleiner die Einheit, desto<br />

schneller ist eine normale WEG gegründet<br />

Verbraucherschützer raten daher interessierten Wohnungskäufern,<br />

zunächst eine Kaufoption zu vereinbaren und abzuwarten,<br />

bis weitere Interessenten nachziehen. Wie viele Interessenten<br />

sich bereits eine Wohnung in der Anlage gesichert<br />

haben, lasse sich über den Verkäufer herausfinden. Ein guter<br />

Weg sei zudem, die Namen der potentiellen Käufer in Erfahrung<br />

zu bringen, um insbesondere in großen Anlagen frühzeitig<br />

eine Interessengruppe bilden zu können. Falls der Verkäufer<br />

die Namen mit Hinweis auf den Datenschutz nicht<br />

herausgibt, könne es schon reichen, sich am Wochenende am<br />

Bauzaun umzusehen und die Leute anzusprechen. Wer die<br />

möglichen Risiken und potenzielle Schwierigkeiten beim<br />

Kauf einer Eigentumswohnung in einem möglichst überschaubaren<br />

Rahmen halten will, ist nach Expertenmeinung<br />

grundsätzlich gut beraten, sich nach überschaubaren Einheiten<br />

umzuschauen – womit man im Übrigen auch bei den Banken<br />

punkten kann. Die Faustformel dabei lautet: Je kleiner die<br />

Einheit, desto schneller ist eine normale WEG gebildet, umso<br />

einfacher wird die Kreditvermittlung.<br />

© Autor: Markus Heffner<br />

Bei aufkommenden Problemen ist es ratsam, sich von<br />

Verbraucherschützern professionell beraten zu lassen<br />

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Foto: VadimGuzhva - fotolia.com<br />

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