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MTD_DDG_2017_04

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diabeteszeitung · 2. Jahrgang · Nr. 4 · 26. April <strong>2017</strong><br />

Forum Literatur<br />

33<br />

Nicht nur was für Pumpen-Träger<br />

Auch „spritzende“ Patienten mit Typ-1-Diabetes profitieren vom CGM<br />

TAMPA/UDDEVALLA. Die kontinuierliche Glukosemessung<br />

(CGM) wurde bislang fast ausschließlich bei Typ-1-Diabetespatienten<br />

mit Insulinpumpe evaluiert. Inwieweit auch „spritzende“<br />

Patienten von der kontinuierlichen Messung profitieren, dazu lagen<br />

bislang kaum belastbare Daten vor. Jetzt wurden zeitgleich<br />

zwei Studien zu dieser Frage publiziert.<br />

Die hochgesteckten Zielvorgaben<br />

der Blutzuckerkontrolle<br />

werden längst nicht von allen<br />

Menschen mit Typ-1-Diabetes<br />

erreicht. Das ist in Europa nicht<br />

anders als in den USA. Die von der<br />

„American Diabetes Association“ für<br />

Erwachsene mit Typ-1-Diabetes geforderten<br />

HbA 1c -Werte von 7 % werden<br />

nur bei ca. 30 % der Patienten erreicht.<br />

Vor diesem Hintergrund stellt<br />

sich die Frage, ob die kontinuierliche<br />

Glukosemessung geeignet ist,<br />

auf breiter Front die Therapieerfolge<br />

zu optimieren. Bislang<br />

wird diese Methode – der Evidenzlage<br />

entsprechend –<br />

fast ausschließlich in<br />

Kombination mit<br />

der Insulinpumpe<br />

Pen-Nutzer mit<br />

Typ-1-Diabetes<br />

messen ihren<br />

Blutzucker i.d.R.<br />

konventionell ...,<br />

angewendet. Die große Mehrzahl<br />

der Typ-1-Diabetespatienten dagegen<br />

bestimmt den Blutzucker auf<br />

herkömmliche Art.<br />

Bisher wenig Daten zu CGM bei<br />

Pen-Nutzern mit Typ-1-Diabetes<br />

Die wenigen bisher verfügbaren<br />

Daten zur Effizienz des CGM bei<br />

Menschen mit Typ-1-Diabetes, die<br />

mehrmals täglich Insulin injizieren,<br />

stammen aus Studien an gemisch-<br />

ten Kollektiven mit und ohne<br />

Pumpentherapie. Jetzt wurden<br />

erstmals zwei Studien veröffentlicht,<br />

die das Potenzial des<br />

CGM beim typischen<br />

„spritzenden“ Pati-<br />

enten untersucht<br />

haben: die USamerikanische<br />

DIAMOND- und die<br />

schwedische GOLD-Studie.<br />

»Zeit unter<br />

Hypoglykämien<br />

verkürzt«<br />

Studiendesign DIAMOND<br />

• Studienlaufzeit:<br />

Oktober 2014 – Mai 2016<br />

• Studienorte: 24 Endokrinologische<br />

Praxen in den USA<br />

• 158 „spritzende“ Erwachsene<br />

mit Typ-1-Diabetes<br />

• HbA 1c -Ausgangswerte:<br />

7,5 – 9,9 %<br />

DIE DIAMOND-STUDIE<br />

In die DIAMOND-Studie 1 wurden<br />

insgesamt 158 erwachsene Männer<br />

und Frauen mit Typ-1-Diabetes eingeschlossen,<br />

deren mittleres Alter<br />

48 Jahre betrug. Bei einer Diabetesdauer<br />

von im Mittel 19 Jahren<br />

rangierten die HbA 1c -<br />

Werte zwischen 7,5 und 9,9 %<br />

und lagen damit zum Teil weit<br />

über den Zielwerten. Der eigentlichen<br />

Studie vorgeschaltet war eine<br />

zweiwöchige Testphase, in der die<br />

Compliance überprüft wurde: Um<br />

in die Studie aufgenommen zu werden,<br />

mussten alle Probanden unter<br />

Beweis stellen, dass sie ein – verblindetes<br />

– CGM-Gerät sowie ein<br />

Blutzucker-Meter entsprechend den<br />

Studienbedingungen anzuwenden<br />

bereit und fähig waren.<br />

Einer 2:1-Randomisierung folgend,<br />

wurden anschließend 105 Teilnehmer<br />

der CGM- und 53 der Kontrollgruppe<br />

zugeteilt. Mit dem verwendeten<br />

CGM-Programm wurden in<br />

fünfminütigen Abständen interstitielle<br />

Glukosekonzentrationen zwischen<br />

40 und 400 mg/dL erfasst.<br />

Die Probanden wurden angeleitet,<br />

wie sie die CGM-Trendinformationen<br />

für ihr individuelles Diabetesmanagement<br />

nutzen können. Vor jeder<br />

Insulininjektion sollten sie aber<br />

zusätzlich den Blutzucker mit einem<br />

standardisierten Meter messen. Die<br />

Patienten der Kontrollgruppe wurden<br />

angewiesen, mindestens viermal<br />

täglich ihren Blutzucker wie<br />

gewohnt zu bestimmen. Die<br />

Studie lief über sechs Monate.<br />

Primäres Zielkriterium<br />

war die Veränderung des<br />

HbA 1c , zu den sekundären<br />

Endpunkten zählte u.a. die Dauer<br />

hypoglykämischer Episoden.<br />

lere Dauer hypoglykämischer Episoden<br />

mit Werten unter 70 mg/dL<br />

lag bei 43 Minuten pro Tag im<br />

Vergleich zu 80 Minuten pro Tag<br />

in der Kontrollgruppe.<br />

DIE GOLD-STUDIE<br />

Die GOLD-Studie 2 dokumentiert<br />

einen sehr ähnlichen Zugewinn<br />

an Blutzuckerkontrolle bei CGM-<br />

Anwendung. In die offene, randomisierte<br />

Studie über 26 Wochen<br />

wurden 161 „spritzende“ Typ-1-<br />

Dia betespatienten mit HbA 1c -Werten<br />

über 7,5 % (im Mittel 8,6 %)<br />

eingeschlossen. Das mittlere Alter<br />

lag bei 43,7 Jahren. Einem Crossover-Design<br />

folgend durchlief jeder<br />

Teilnehmer jeweils zwei Phasen mit<br />

CGM bzw. konventioneller Blutzuckermessung,<br />

wobei eine 17-wöchige<br />

„Auswasch“phase zwischengeschaltet<br />

war.<br />

Unter CGM-Anwendung lag das<br />

mittlere HbA 1c bei 7,92 vs. 8,35 %<br />

bei konventioneller Blutzuckermessung<br />

(mittelere Differenz<br />

0,43 %-Punkte, p < 0,001). Blut-<br />

Studiendesign GOLD<br />

• Studienlaufzeit:<br />

Februar 2014 – Juni 2016<br />

• Studienorte: 15 ambulante<br />

Diabeteskliniken in Schweden<br />

• 161„spritzende“ Erwachsene<br />

mit Typ-1-Diabetes<br />

• HbA 1c -Ausgangswerte:<br />

mindestens 7,5 %<br />

CGM: Signifikant bessere HbA 1c -<br />

Werte nach sechs Monaten<br />

Nach drei Monaten hatte sich das<br />

HbA 1c in der CGM-Gruppe um im<br />

mittel 1,1 %-Punkte verbessert im<br />

Vergleich zu 0,5 %-Punkten in der<br />

Kontrollgruppe. Dieser Vorteil blieb<br />

über sechs Monate erhalten: Am<br />

Ende der Studie betrug die HbA 1c -<br />

Abnahme im Mittel 1,0 versus<br />

0,4 %-Punkte (p < 0,001). Auch in<br />

puncto Hypoglykämie profitierten<br />

die Patienten vom CGM: Die mitt-<br />

... doch CGM<br />

scheint auch<br />

hier erhebliche<br />

Vorteile<br />

zu haben.<br />

zuckerschwankungen gingen unter<br />

CGM zurück. Schwere Hypoglykämien<br />

traten ohne CGM bei fünf<br />

Patienten auf, bei CGM-Anwendung<br />

wurde dagegen nur in einem Fall<br />

eine schwere Hypoglykämie registriert.<br />

Interessant ist außerdem der mit<br />

standardisierten Fragebögen ermittelte<br />

„Wohlfühlfaktor“: Signifikante<br />

Unterschiede zugunsten des CGM<br />

ergaben sich beim allgemeinen<br />

Wohlbefinden und der Therapiezufriedenheit,<br />

außerdem war die<br />

Furcht vor Hypoglykämien leicht<br />

vermindert.<br />

Weitere Studien<br />

zu Endpunkten notwendig<br />

Der in beiden Studien übereinstimmend<br />

dokumentierte Zugewinn an<br />

Stoffwechselkontrolle bewegt sich in<br />

einer Größenordnung, die ausreichend<br />

sein könnte, die Prävention<br />

diabetischer Langzeitkomplikationen<br />

zu verbessern. Weitere Studien<br />

mit längerer Laufzeit sind aus Sicht<br />

der Autoren notwendig, um die Effekte<br />

auf klinische Endpunkte und<br />

mögliche langfristige Nebenwirkungen<br />

zu untersuchen.<br />

Ulrike Viegener<br />

Fotos: fotolia/sayid, thinkstock<br />

1. Beck RW et al. JAMA <strong>2017</strong>; 317: 371-378<br />

2. Lind M et al. JAMA <strong>2017</strong>; 317: 379-387

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