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«Denn der Mensch ist ein Verhältnis, das sich zu sich selbst verhält (Kierkegaard).<br />

Er ist zu zweit oder wie dem Hannah Arendt sagte: Zwei­in­Einem. Gemeint ist die<br />

Zweiheit aus wirklichem Ich und möglichem Selbst.»<br />

Im «Sprechen» liegt immer schon ein Miteinander. Es<br />

wird durch eine Vielzahl von Vorsilben differenziert:<br />

«be-sprechen», «ver-sprechen», «vor-sprechen», «zusprechen»,<br />

«nach-sprechen» usw. Das Substantiv «Gespräch»<br />

hebt das Miteinander durch die Vorsilbe «Ge-»<br />

noch einmal hervor. So wie das «Ge-büsch» die zur Einheit<br />

gewordene Vielheit der Büsche ist, so ist das «Gespräch»<br />

die zur Einheit gewordene Vielzahl der Akte<br />

des Miteinander-Sprechens.<br />

Das Gespräch mit einem Dritten ist auch das<br />

Gespräch mit dem Zweiten – mit mir selbst<br />

Wenn wir dagegen mit «Reden» ein Miteinander meinen,<br />

müssen wir das eigens hinzufügen, so etwa in der<br />

Ermahnung: «Man muss halt reden miteinander.» Eine<br />

«Rede» ist nicht ein dialogischer, sondern ein monologischer<br />

Diskurs, der sich an bestimmte Adressaten bei<br />

bestimmten Gelegenheiten wendet und keine «Gegenrede»<br />

erwartet. Mehrere Reden nacheinander kann<br />

man fast nur ertragen, wenn sie kurz sind und miteinander<br />

nichts zu tun haben. Wer sie zu einer Einheit<br />

in der Vielheit bringen möchte, würde durch die Sprache<br />

selber eines Besseren belehrt. Denn aus dem oder<br />

den vielen Reden würde das «Ge-rede»: der Zwilling<br />

des «Ge-schwätzes». Die Rede ist im Verhältnis zum<br />

Gespräch ein zu äusserlicher Akt, um lange erträglich<br />

und zugleich eindringlich zu sein. Das ist der Grund,<br />

weshalb alles Belehren durch ein «Reden halten» – eine<br />

seltsame Wendung! – jedenfalls bei Kindern wenig erspriesslich<br />

ist.<br />

Es gibt noch einen tieferen Grund für die Unterscheidung<br />

von Rede und Gespräch. Dem Gespräch, das wir<br />

mit einem Dritten – es kann auch eine Gruppe sein –<br />

führen, liegt immer verborgen ein Gespräch mit einem<br />

Zweiten zu Grunde, der ich selber bin. Indem ich mit<br />

anderen spreche, spreche ich zugleich mit mir selbst.<br />

Denn der Mensch ist ein Verhältnis, das sich zu sich<br />

selbst verhält (Kierkegaard). Er ist zu zweit oder, wie<br />

dem Hannah Arendt sagte: Zwei-in-Einem. Gemeint ist<br />

die Zweiheit aus wirklichem Ich und möglichem Selbst.<br />

In ihr befragt das Ich das Selbst und das Selbst das Ich.<br />

profi-L 2/08 © schulverlag blmv AG<br />

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