Heinrich Groß – Heimatbilder und andere - Gemeinde Weimar
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Das Schicksal einer Linde auf dem Friedhof in Niederweimar<br />
Die Toten von Niederweimar wurden bis zum<br />
Jahr 1848 auf dem Friedhof der Mutterkirche<br />
in Oberweimar beerdigt. Auch die Verstorbenen<br />
der zum Kirchspiel Oberweimar gehörenden<br />
<strong>andere</strong>n <strong>Gemeinde</strong>n wurden dort beigesetzt.<br />
Niederweimar hatte zwar einen eigenen<br />
Kirchgarten neben der alten Kirche, der schon<br />
Jahr 1621 erwähnt wurde, jedoch fanden bis<br />
auf eine Ausnahme dort keine Bestattungen<br />
statt.<br />
Es mehrten sich Stimmen im Dorf, Niederweimar<br />
müsste sich auf Gr<strong>und</strong> seiner Einwohnerzahl<br />
von ca. 380 Personen einen eigenen<br />
Friedhof anlegen. Dafür gab es dingfeste<br />
Gründe, die der Chronist Herbert Kosog in der<br />
Heimatwelt Nr. 25 im Jahr 1989 ausführlich<br />
geschildert hat, <strong>und</strong> auf die der Verfasser hier<br />
nicht näher eingehen will.<br />
Auf Gr<strong>und</strong> des allgemeinen Wunsches der<br />
Bevölkerung erwarb die politische <strong>Gemeinde</strong><br />
im Jahr 1847 ein Gr<strong>und</strong>stück für einen Friedhof<br />
in der Flur Baumgarten. Im Jahre 1848<br />
begannen die Vorarbeiten für diesen Friedhof.<br />
Es mussten Hecken entfernt werden, <strong>und</strong> das<br />
Gelände war zu ebnen. Eine weitere Parzelle<br />
wurde im Jahr 1849 dazu erworben. Man zäunte<br />
das Gr<strong>und</strong>stück ein, <strong>und</strong> der hiesige Schreiner<br />
Lemmer fertigte ein Holztor an. Neben den<br />
beiden Torpfosten wurden im Jahr 1850 zwei<br />
Lindenbäume gepflanzt. Die Bewohner sagten,<br />
die Linden sind das Eingangstor zum Friedhof.<br />
Der Friedhof hatte jedoch noch keinen öffentlichen<br />
Zugang. Über einen Trampelpfad,<br />
der sich vom Haddamshäuser Weg in Höhe des<br />
heutigen Raiffeisenlagers über private landwirtschaftlich<br />
genutzte Flächen gebildet hatte,<br />
war der Friedhof erreichbar. Hiermit waren die<br />
betroffenen Landwirte nicht einverstanden <strong>und</strong><br />
verlangten Ernteentschädigungen. Ständig gab<br />
es Beschwerden. Nun sah sich die <strong>Gemeinde</strong> in<br />
der Pflicht, hier tätig zu werden.<br />
Im Jahr 1882 erwarb sie Flächen für das<br />
Anlegen eines öffentlichen Weges zum Friedhof,<br />
der erst vor einigen Jahren den Bedürfnissen<br />
entsprechend ausgebaut wurde.<br />
Noch einige Zahlen: 1922 wurde das Kriegerdenkmal<br />
angelegt, 1933 wurde ein Brunnen<br />
gebohrt, 1936/37 wurde die Leichenhalle errichtet,<br />
<strong>und</strong> in den 1970er Jahren erfolgte eine<br />
Erweiterung des Friedhofs in nördlicher Richtung.<br />
von Hans Schneider<br />
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Im Laufe der vielen Jahrzehnte hatten sich die<br />
beiden Linden zu mächtigen Bäumen entwickelt.<br />
Die im Jahr 1936/37 gebaute Friedhofshalle<br />
sah man durch einen überhängenden,<br />
sich stark ausgeprägten Ast gefährdet. Man<br />
befürchtete, der Ast könne abbrechen <strong>und</strong> die<br />
Halle beschädigen. Es folgten Gespräche bei<br />
den Verantwortlichen über das weitere Vorgehen.<br />
Das Friedhofgelände gehörte der politischen<br />
<strong>Gemeinde</strong>, hier hatte der Bürgermeister<br />
das Sagen. Für die Verwaltung war die Kirchengemeinde<br />
zuständig, also der Pfarrer. Ein<br />
noch lebender Zeitzeuge berichtete mir folgendes:<br />
„Der Friedhofsausschuss hatte sich für den<br />
Erhalt des Baumes ausgesprochen <strong>und</strong> entschieden,<br />
den überhängenden Ast durch eine<br />
Fachfirma beseitigen zu lassen“. Hiergegen<br />
sprach, dass keine schweren Maschinen auf<br />
dem „heiligen Friedhof“ erscheinen sollten.<br />
Man trat auf der Stelle. Dann kam, womit keiner<br />
gerechnet hatte.<br />
Pfarrer <strong>und</strong> Bürgermeister waren einig <strong>und</strong><br />
sie ließen den Baum in einer Nacht- <strong>und</strong> Nebelaktion<br />
fällen. <strong>Groß</strong>e Geräte standen durch<br />
den laufenden Kanalbau im Jahr 1968 im Ort<br />
zur Verfügung. Gegen den Einsatz eines großen<br />
Baggers hatte die Linde keine Chance. Sie<br />
wurde mittels eines schweren Drahtseils auf<br />
den bis dahin noch unbelegten bzw. überholten<br />
Friedhofsteil gezogen. Die Geschichte nahm<br />
nun im Dorf ihren Lauf. Es herrschte eine große<br />
Empörung wegen dem Fällen dieses den Ort<br />
prägenden Baumes. Die Verantwortlichen<br />
mussten sich einiges anhören, ja mit Anzeigen<br />
wurde gedroht. Da halfen auch die Gegenargumente<br />
nicht, die sich auf den Schutz der<br />
Friedhofhalle bezogen. Es stellte sich noch<br />
heraus, dass der Baum oder Ast entgegen der<br />
Annahme kernges<strong>und</strong> war. Die Begründung,<br />
der Baum sei alt <strong>und</strong> morsch, traf also nicht zu.<br />
Nun lag der mächtige Stamm in seiner Gesamtheit<br />
auf dem Friedhof <strong>und</strong> es galt, diesen<br />
zu beseitigen. Aus dem Astwerk wurden viele<br />
Meter Brennholz geschnitten. Nur der mächtige<br />
Wurzelstock mit beinahe zwei Metern<br />
Durchmesser machte bei der Beseitigung Probleme.<br />
Ich als Verfasser dieses Berichtes habe<br />
selbst vergebens mit meiner Kettensäge versucht,<br />
den Wurzelteller zu zerkleinern. Viele<br />
Ratschläge zur Beseitigung des Holzklotzes