Kindernothilfe-Magazin 4/2010 (4 MB)

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Seite 24 RADIOSCHULEN > KINDERNOTHILFE MAGAZIN > 4/2010 Mit dem Radio gegen Hunger und Kahlschlag Sambia hat eine der höchsten Entwaldungsraten der Welt. Für zwei Drittel der Bevölkerung sind Holz und Holzkohle die einzigen Energielieferanten. Die Ernten fallen immer schlechter aus, weil die Böden ausgelaugt oder erodiert sind. Mit dem Kindernothilfe-Partner Chikuni-Mission lernen Kinder und Jugendliche alternative Landwirtschaftsmethoden – unter anderem per Radiounterricht.
„Kommt schnell,es ist nicht mehr weit!“ Protecious Mapanza treibt die Besucher aus Deutschland zur Eile an. Bei wolkenbruchartigem Regen kämpfen sich Harald und Brigitte Spoddig über den schlammigen Boden. Der 15-Jährige will den beiden Fotografen unbedingt seinen Garten zeigen, den er in seinem Heimatdorf Kanchomba angelegt hat. Endlich haben sie ihr Ziel erreicht. Stolz zeigt Protecious Mapanza auf die Setzlinge des schnell wachsenden Moringa- Baumes, die er selbst gezogen hat. Er wird sie rund um das Ackerland seiner Familie pflanzen, um den Boden vor Erosion zu schützen. Die Blätter, Früchte und Samen ergänzen künftig den Speiseplan der Familie. In seinen anderen Beeten stehen Gemüsepflanzen in Reih und Glied. Die rote Erde ist ordentlich bearbeitet. In einer Ecke hat er einen Komposthaufen angelegt, wie er es in der Radio-Schule gelernt hat. Die neu entstandene fruchtbare Erde mischt er unter die Beete, als organischen Dünger. „Protecious Mapanza hat viel gelernt in der Chikuni-Schule“, sagt der Vater des Jungen stolz. „Seitdem er uns hilft, ernten Projekt-Nr.: 61391/AA/12 wir mehr als vorher. Wir haben genug zu essen und können manchmal sogar noch Gemüse auf dem Markt verkaufen.“ Bisher hatte er sein Stück Land auf althergebrachte Weise bearbeitet, so wie es schon seine Vorfahren praktiziert hatten. Doch die Folgen des Klimawandels lassen die Ernten seit Jahren immer schlechter ausfallen. Irgendwann hatte der Vater eingesehen, dass er die Ernährungssituation seiner neunköpfigen Familie nicht mehr verbessern konnte. Deshalb gab er seinem Sohn die Möglichkeit, sein Wissen aus der Radioschule umzusetzen. Und sein Vertrauen hat sich gelohnt. Die Böden sind nährstoffreicher, vor Erosion geschützt und bringen mehr Ertrag. Protecious Mapanza lebt in der Gemeinde Chikuni, rund 150 Kilometer südwestlich von Sambias Hauptstadt Lusaka. 30 Kilometer müsste er bis zur nächsten staatlichen Grundschule laufen. Und weil die Kinder aus den Dörfern hier nicht zum Unterricht kommen können, kommt der Unterricht eben zu ihnen. Per Radio. Der Kindernothilfe-Partner Chikuni-Mission hat zu diesem Zweck in der Stadt Chikuni einen modernen Radiosender aufgebaut. Von montags bis freitags sitzen hier Lehrer für alle wichtigen Fächer am Mikrofon und halten Unterrichtsstunden ab. In 23 Dörfern im Umkreis von 50 Kilometern hören Kinder in kleinen Schulen gebannt zu. „Ungefähr alle 20 Minuten wird die Stimme aus dem Lautsprecher immer leiser,“ grinst Protecious Mapanza. „Dann muss einer von uns die Handkurbel drehen, um den Akku wieder aufzuladen.“ „Wir erreichen mit den Radioschulen inzwischen 69 Klassen der Klassenstufen 1 bis 10 mit etwa 2.300 Kindern”, freut sich Projektleiter Father Tadeusz. „Wir haben Einheimische zu Hilfslehrern ausgebildet und mit finanzieller Unterstützung der Kindernothilfe Unterrichtsmaterialien entwickelt.“ Vormittags steht die elementare Schulbildung auf dem Stundenplan. Einmal pro Woche gestalten Landwirtschaftsexperten das Radioprogramm und unterrichten die Kinder in nachhaltiger LandundForstwirtschaft.“NachderSendungsprechendieHilfslehrer in den Dörfern den Stoff mit den Kindern durch. Die neuen Informationen werden anschließend direkt ausprobiert. Jede Radioschule hat eine Baumschule und einen Gemüsegarten, Brunnen und Bewässerungsanlagen. Nachhaltige Landwirtschaft ist in Sambia überlebenswichtig. Während Reiseprospekte ausländischeTouristen mit der spektakulären Natur nach Sambia locken – den tierreichen Nationalparks, den Victoria-Fällen – haben die meisten Einheimischen wenig Zeit, die Schönheiten von Flora und Fauna zu genießen. Zehn der zwölf Millionen Einwohner sind Kleinbauern und kämpfen ums Überleben. Viele müssen mit weniger als einem Dollar pro Tag auskommen. Besonders Kinder sind unterernährt, häufig krank und entwickeln sich nicht richtig. Immer mehr Bauern holzen Wälder ab, weil sie Feuerholz brauchen, und verschlechtern dadurch die Wasseraufnahmefähigkeit der Böden. Das Wetter verschärft ihre Situation: Lange Trocken- Phasen werden von vormals nie beobachteten sintflutartigen Regenfällen abgelöst,die vom Boden nicht mehr aufgenommen werden können. Die Chikuni-Mission versucht, im Projektgebiet die Landwirtschaft an die Klimaverhältnisse anzupassen. Die Kinder lernen die nachhaltige Aufforstung – für die Deckung des Holzbedarfs, Seite 25
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