Integratives Management-Projekt - Impetus - Universität zu Köln
Integratives Management-Projekt - Impetus - Universität zu Köln
Integratives Management-Projekt - Impetus - Universität zu Köln
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
IMPETUS<br />
Westafrika<br />
<strong>Integratives</strong> <strong>Management</strong>-<strong>Projekt</strong><br />
für einen Effizienten und Tragfähigen Umgang mit Süßwasser in<br />
Westafrika:<br />
Fallstudien für ausgewählte Flussein<strong>zu</strong>gsgebiete<br />
in unterschiedlichen Klimazonen<br />
Neunter Zwischenbericht<br />
Zeitraum: 1.1.2008 - 31.12.2008<br />
Ein interdisziplinäres <strong>Projekt</strong> der <strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Köln</strong> und der <strong>Universität</strong> Bonn<br />
01. April 2009
<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Köln</strong><br />
Institut für Geophysik und Meteorologie<br />
HD. Dr. habil A. Fink (Sprecher)<br />
Kerpener Str. 13<br />
D-50923 <strong>Köln</strong><br />
Tel.: 0221-470 3819 / Fax: 0221-470 5161<br />
E-Mail: andreas.fink@uni-koeln.de<br />
IMPETUS<br />
Koordinierende Institutionen<br />
Kontaktadresse:<br />
<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Köln</strong><br />
Institut für Geophysik und Meteorologie<br />
Dr. M. Christoph (Geschäftsführer)<br />
Kerpener Straße 13<br />
D – 50923 <strong>Köln</strong><br />
Telephon: (0221) 470 3690<br />
Fax: (0221) 470 5161<br />
E-mail: christoph@meteo.uni-koeln.de<br />
<strong>Universität</strong> Bonn<br />
Steinmann-Institut für Geologie, Mineralogie<br />
und Paläontologie<br />
Prof. Dr. B. Reichert (Stellv. Sprecher)<br />
Nussallee 8<br />
D-53115 Bonn<br />
Tel.: 0228-73 2490 / Fax: 0228-73 9037<br />
E-Mail: b.reichert@uni-bonn.de
IMPETUS<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
I Zusammenfassung 1<br />
II Spatial Decision Support Systems (SDSS) 9<br />
II.1 Entwicklungsstand der SDSS/IS/MT 10<br />
II.2 Entwicklungsstand des SDSS-Frameworks 12<br />
II.3 Datenbanken 15<br />
II.4 Implementierung des Geodatensystems in <strong>Projekt</strong>ländern 17<br />
II.5 Internet 23<br />
II.6 Capacity development im Teilprojetk C2 24<br />
II.7 Literatur 26<br />
III Stand der Problemkomplexe 27<br />
III.1 Benin und seine Themenbereiche 27<br />
III.1.1 Ernährungssicherung 27<br />
PK Be-E.1 Landnut<strong>zu</strong>ng und Versorgungssicherung bei Ressourcenknappheit und Niederschlagsvariabilität<br />
in Benin<br />
PK Be-E.2 Auswirkungen von Landnut<strong>zu</strong>ngsänderungen, Klimaveränderungen und Pflanzenmanagement<br />
29<br />
auf Bodendegradation und Ernteertrag im oberen Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
PK Be-E.3 Saisonale und langfristige Niederschlagsvorhersage in Benin und Einsatzmöglichkeiten in der<br />
39<br />
Landwirtschaft<br />
PK Be-E.4 Ausweisung von geeigneten Standorten und nachhaltiges <strong>Management</strong> von Kleinstauseen für<br />
48<br />
die Landwirtschaft 57<br />
PK Be-E.5 Land- und Wasserbedarf der Nutztierhaltung in Benin 63<br />
PK Be-E.6 Erhaltung der natürlichen Produktionsgrundlagen unter Berücksichtigung des globalen Wandels 68<br />
PK Be-E.7 Nut<strong>zu</strong>ngspotenzial von Inland-Valleys im Oberen Ouémé Ein<strong>zu</strong>gsgebiet 78<br />
III.1.2 Hydrologie 88<br />
PK Be-H.1 Wasserverfügbarkeit und Wasserverbrauch im Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
PK Be-H.2 Wassernachfrage der Sektoren (Haushalt, Industrie und Landwirtschaft) unter Berücksichtigung<br />
89<br />
möglicher Wasserkonflikte<br />
PK Be-H.3 Satellitenbasiertes Niederschlags-Monitoring System für die Anwendung in der Landwirtschaft<br />
102<br />
und Abflussvorhersage 114<br />
III.1.3 Landnut<strong>zu</strong>ng 125<br />
PK Be-L.1 Landnut<strong>zu</strong>ng und Landbedeckungsänderungen im Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet: Erfassung, Ursachen,<br />
Prognosen, Maßnahmen 126<br />
Seite
IMPETUS<br />
PK Be-L.3 Einfluss der Landnut<strong>zu</strong>ngsänderung in den drei Untersuchungsregionen auf das <strong>zu</strong>künftige<br />
Niederschlagsverhalten 136<br />
PK Be-L.4 Ökovolumendynamik und Anpassung des Anbausystems an die Klimaänderung im Ouémé-<br />
Ein<strong>zu</strong>gsgebiet 145<br />
PK Be-L.5 Nachhaltiges Feuermanagement für Ressourcenschutz mit Fernerkundung und GIS 153<br />
III.1.4 Gesellschaft und Gesundheit 160<br />
PK Be-G.1 Demographische <strong>Projekt</strong>ionen für das Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet 163<br />
PK Be-G.2 Wassermanagement und institutioneller Wandel 170<br />
PK Be-G.3 Existenzsicherung und Ressourcennut<strong>zu</strong>ng 178<br />
PK Be-G.4 Risikoabschät<strong>zu</strong>ng des Auftretens von Malaria in Afrika unter dem Einfluss des beobachteten<br />
und <strong>zu</strong>künftigen Klimawandels 190<br />
PK Be-G.5 Bakteriologische und virologische Belastung von Trinkwasserquellen im oberen Ouémé<br />
Ein<strong>zu</strong>gsgebiet 201<br />
III.2 Marokko und seine Themenbereiche 214<br />
III.2.1 Existenzsicherung 214<br />
PK Ma-E.1 Ökonomische Aspekte des Wassermanagements im Ein<strong>zu</strong>gsgebiet des Drâa 216<br />
PK Ma-E.2 Landwirtschaftliche Anbaustrategien in den Drâa-Oasen bei Wasserknappheit 226<br />
III.2.2 Hydrologie 236<br />
PK Ma-H.1 Natürliche und anthropogene Einflüsse auf die Dynamik von Wasserressourcen im Drâa-<br />
Ein<strong>zu</strong>gsgebiet 237<br />
PK Ma-H.2 Wechselwirkungen zwischen Wassernut<strong>zu</strong>ngsstrategien und den Grundwasser- und<br />
Bodenverhältnissen im mittleren Drâa-Tal 245<br />
PK Ma-H.3 Saisonale Abflussprognosen aus der Schneeschmelze für das <strong>Management</strong> des Mansour<br />
Eddahbi Stausees 253<br />
PK Ma-H.5 Auswirkung von Klimawandel und veränderter Wassernut<strong>zu</strong>ng auf den Niederschlag und die<br />
Verdunstung 263<br />
III.2.3 Landnut<strong>zu</strong>ng 272<br />
PK Ma-L.1 Strategien der Landnut<strong>zu</strong>ng unter limitierten Wasserressourcen im Zentralen Hohen Atlas 273<br />
PK Ma-L.2 Auswirkungen von Landnut<strong>zu</strong>ngs- und Klimawandel auf die Resilienz und<br />
Regenerationsfähigkeit der Vegetation in Südmarokko 288<br />
PK Ma-L.3 Risiken und Gefahren durch extreme Niederschläge: Überflutungen und Bodenerosion im<br />
Drâatal 302<br />
III.2.4 Gesellschaft 312<br />
PK Ma-G.1 Bevölkerungsdynamik im Ein<strong>zu</strong>gsgebiet des Drâa 312<br />
PK Ma-G.2 Wasser- und Weidenut<strong>zu</strong>ng im Spannungsfeld zwischen traditionellen Entscheidungsprozessen<br />
und staatlichen Institutionen 322<br />
IV Kommunikation von wissenschaftlichen Ergebnissen: Der IMPETUS Atlas 334
Zusammenfassung IMPETUS 1<br />
I Zusammenfassung<br />
Seit Beginn der 3. <strong>Projekt</strong>phase liegt das Hauptaugenmerk von IMPETUS auf der Entwicklung und<br />
Implementierung von räumlichen Entscheidungsunterstüt<strong>zu</strong>ngssystemen (Spatial Decision Support<br />
Systems = SDSS) vor Ort. Diese in der Regel Computer-basierten Systeme gewährleisten Entscheidungsträgern<br />
(Stakeholder) Entscheidungsunterstüt<strong>zu</strong>ngen und Handlungsoptionen für verschiedene<br />
Aspekte des Süßwassermanagements. Die Erstellung der SDSS konnte im Berichtszeitraum<br />
1.1.2008 – 31.12.2008 größtenteils mit einer lauffähigen β-Version abgeschlossen werden. Bei den<br />
durch IMPETUS bereitgestellten Werkzeugen kann es sich im Einzelfall auch um ein Informationssystem<br />
(IS) oder um ein Monitoring Tool (MT) handeln. Ersteres System ist starr, d.h. es werden in<br />
erster Linie Informationen generiert und visualisiert, aber es beinhaltet kein Modell, das eine Neuberechnung<br />
bei veränderten Rahmenbedingungen <strong>zu</strong>ließe. Ein Monitoring Tool stellt dagegen ein<br />
Satelliten-gestütztes Überwachungssystem des quasi-augenblicklichen Zustands der kontinentalen<br />
Hydrosphäre bzw. Biosphäre dar. Entsprechend der im Fortset<strong>zu</strong>ngsantrag <strong>zu</strong>r 3. Phase in Kapitel<br />
III definierten Rahmenbedingungen wurden die verschiedenen SDSS/IS/MT zentral konzipiert und<br />
in das SDSS framework eingebettet. Mit Vertretern aus Politik, staatlichen Behörden und Nichtregierungsorganisationen<br />
wurden zahlreiche Gespräche geführt, um die Vorgehensweise bei der operationellen<br />
Umset<strong>zu</strong>ng ab<strong>zu</strong>stimmen. Parallel da<strong>zu</strong> fanden zweimal im Jahr Sit<strong>zu</strong>ngen des jeweiligen<br />
Steuerungsgremiums (Comité de Pilotage) vor Ort statt, die ebenfalls der Information und Absprache<br />
mit Stakeholdern dienten. Eine detaillierte Planung über den Fortgang der Arbeiten <strong>zu</strong> den<br />
SDSS sowie <strong>zu</strong> den da<strong>zu</strong>gehörigen Schulungen im Rahmen des Capacity Developments wird seit<br />
2006 in Form sog. Roadmaps laufend aktualisiert und auf den Internetseiten des <strong>Projekt</strong>s veröffentlicht.<br />
Neben der weitgehenden Fertigstellung der raumbezogenen Entscheidungsunterstüt<strong>zu</strong>ngssysteme<br />
SDSS/IS/MT wurden im vergangenen Jahr deren Übergabe in die Partnerländer vorbereitet,<br />
die Hardwareausstattung verschiedener Partner verbessert, die gesammelten <strong>Projekt</strong>daten und -<br />
ergebnisse in eine nutzerfreundliche Softwareumgebung, das SDSS framework, implementiert und<br />
deren Nut<strong>zu</strong>ng und Anwendung in Schulungen erstmals vermittelt. Darüber hinaus wurden die Arbeiten<br />
an der <strong>Projekt</strong>datenbank (inkl. Geodatenbank und Metadatenbank), am Internetauftritt weiter<br />
vorangetrieben sowie eine vollständige Neubearbeitung des IMPETUS-Atlas bewerkstelligt. Die<br />
IMPETUS-Atlanten für Marokko und Benin sind dafür konzipiert, eine Brücke zwischen den Wissenschaftlern<br />
und den aktuellen sowie potentiellen Nutzern der wichtigsten während der <strong>Projekt</strong>laufzeit<br />
gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse <strong>zu</strong> schlagen. Auch bei der Neuauflage lag<br />
daher neben dem wissenschaftlichen Wert der Anspruch auf einer gut verständlichen und ansprechenden<br />
Form. Dies wurde sowohl für die Druckversionen (Englisch, Französisch) unter Beachtung<br />
guter Layout-Standards als auch bei der Neuentwicklung des Digitalatlas (Englisch, Französisch,<br />
Deutsch) mit open source software verwirklicht. In den Partnerländern wurden die Atlanten u.a.<br />
auch durch die GTZ sehr interessiert aufgenommen.<br />
In den einzelnen Problemkomplexen wurden folgende herausragende Fortschritte für Benin erzielt:<br />
Die im Themenbereich „Ernährungssicherung“ in Benin <strong>zu</strong>sammengefassten PKs (Be-E.1 bis Be-<br />
E.7) befassen sich vordringlich mit den ökonomischen und ökologischen Vorausset<strong>zu</strong>ngen der Nahrungsmittelproduktion.<br />
Im PK Be-E.1 wurden die BenIMPACT-<strong>Projekt</strong>ionen <strong>zu</strong>r künftigen Nahrungsproduktion<br />
und –versorgung in Benin für den Zeitraum bis 2025 fortgesetzt. Im Vordergrund<br />
stand die Endogenisierung von Pflanzenerträgen in Abhängigkeit von der Mineraldüngerverwen-
Zusammenfassung IMPETUS 2<br />
dung. Als Ergebnis kann festgehalten werden, dass eine Ausweitung der steuervergünstigten Abgabe<br />
von NPK-Dünger wesentlich da<strong>zu</strong> beitragen kann, das absehbare Nahrungsmitteldefizit in Benin<br />
<strong>zu</strong> verringern und gleichzeitig die Entwaldung sowie die damit einhergehende Bodendegradation <strong>zu</strong><br />
bremsen. Die Ergebnisse der Szenarien können in einem für BenIMPACT erstellten Szenario-<br />
Viewer eingesehen und aufbereitet werden. Im PK Be-E.2 wurden einerseits die Optionen für die<br />
Parametrisierung der Anbaumaßnahmen im SDSS PEDRO aufgrund der Nutzeransprüche und der<br />
inhaltlichen Konsistenz ausgedehnt und andererseits die Kalibrierung des Systems für die Ertragsabschät<strong>zu</strong>ng<br />
von Yams und Mais auf der Feld- bzw. auf der Gemeindeebene weiter vorangetrieben.<br />
Die Nutzerführung innerhalb des SDSS und eine Bedienungsanleitung wurden in drei Sprachen<br />
fertig gestellt. Erste Szenarienrechnungen wurden durchgeführt und die Ergebnisse sowohl während<br />
wissenschaftlicher Tagungen und Stakeholdertreffen vorgestellt als auch als Eingabegrößen an das<br />
Modell BenImpact (siehe PK Be-E.1) eingebaut. Das vom PK Be-E.3 geplante SDSS PREMA für<br />
die saisonale Vorhersage des Monsunverlaufs über Westafrika befindet sich noch in der Bearbeitung<br />
der statistischen Einzelelemente. Allerdings taucht das Problem auf, dass der <strong>zu</strong>r Berechnung<br />
der Klimamodelle nötige eingeplante Großrechner für mehrere Monate nicht verfügbar sein wird.<br />
Dem gegenüber wurde innerhalb des Jahres 2008 ein Informationssystem namens ClimModInfo für<br />
das SDSS framework entworfen und erstellt. Es erklärt interessierten Anwendern in Benin (und<br />
Marokko) den Aufbau von Klimamodellen und enthält diverse graphische Darstellungen <strong>zu</strong>r Visualisierung<br />
der vom Problemkomplex erstellten Klimamodellergebnisse. Die Entwicklung des DSS<br />
SYMBA im Rahmen des PK Be-E.4 wurde 2008 auf unterschiedlichen Ebenen fortgesetzt. Auf der<br />
technischen Seite wurde in der im Rahmen von IMPETUS entstandenen raumbezogenen Modellierplattform<br />
XULU (eXtended Unified Land Use and Land Cover Change) Analysefunktionen<br />
entwickelt, die dem Benutzer ermöglichen am Rechner an den gewünschten Orten geplante Stauseen<br />
an<strong>zu</strong>legen und unterschiedliche Höhen vor<strong>zu</strong>geben. Das SYMBA Modul in XULU berechnet<br />
dann für die jeweils vorgegebene Stauhöhe das Volumen des Stausees und die Oberfläche. Dies ist<br />
ein wesentlicher Schritt für die Abschät<strong>zu</strong>ng der durch den Kleinstausee <strong>zu</strong>sätzlich <strong>zu</strong>r Verfügung<br />
stehenden Wassermenge für Pflanzenabbau. Das Modul weist entsprechende Schnittstellen für die<br />
Integration von meteorologischen, bodenkundlichen und hydrologischen Daten auf, so dass für die<br />
Endversion die Evaporation und Infiltration berechnet werden können. Das SYMBA-Modul wurde<br />
in das IMPETUS framework integriert. Die Szenarienberechnungen für das Tierhaltungsmodul in<br />
BenIMPACT wurden im PK Be-E.5 im Berichtszeitraum vervollständigt. In den Szenarienberechnungen<br />
wurden die Auswirkungen sowohl einer intensiveren Produktionstechnik als auch verschiedene<br />
Waldschutzmaßnahmen auf die Tierhaltung simuliert. Somit wurden die IMPETUS-Szenarien<br />
B1 (Innovation), B2 (Stagnation) und B3 (Business-as-usual) simuliert. Es zeigte sich, dass die vorherrschende<br />
extensive Tierhaltung nur solange <strong>zu</strong>nehmen kann, wie noch Landreserven <strong>zu</strong>r Verfügung<br />
stehen. Das entsprechende SDSS ist aufgrund der inhaltlichen Nähe, der gleichen Modellbasis<br />
und <strong>zu</strong>r Erhöhung der Nutzerfreundlichkeit identisch mit dem des PK Be-E.1. Im PK Be-E.6 wurden<br />
gegenwärtige sowie <strong>zu</strong>künftige naturräumliche Beschränkungsfaktoren für eine landwirtschaftliche<br />
Nut<strong>zu</strong>ng und die Gefahr von Landdegradation aufgrund agrarischer Übernut<strong>zu</strong>ng analysiert.<br />
Die Ergebnisse wurden für Gesamtbenin in einer räumlichen Auflösung von 1km x 1km ermittelt.<br />
Szenarienanalysen, basierend auf den Klimaszenarien A1B und B1, deuten darauf hin, dass sich bis<br />
<strong>zu</strong>m Jahr 2025 die naturräumlichen Produktionsgrundlagen deutlich verschlechtern werden. Insbesondere<br />
Temperaturanstieg und Verkür<strong>zu</strong>ngen der Anbauperiode bei gleichzeitig höherer Variabili-
Zusammenfassung IMPETUS 3<br />
tät von Beginn und Ende der Regenzeit werden landwirtschaftliche Aktivitäten erschweren. Im<br />
Rahmen des PK-Be-E.7 wurde das Informationssystem BenIVIS um ein benutzerfreundliches Modul<br />
für eine einfache Auswertung wichtiger Eigenschaften von Inland-Valleys erweitert. Dieses<br />
Modul ist besonders relevant für Nutzer, die über keine ausreichenden Kenntnisse im Bereich Datenbanken<br />
und GIS verfügen, um solche Auswertungen auf Basis der Inland-Valley-Datenbank selber<br />
durch<strong>zu</strong>führen. In die Inland-Valley-Datenbank werden <strong>zu</strong>rzeit die Inland-Valleys zweier weiterer<br />
Ein<strong>zu</strong>gsgebiete eingepflegt. Mit dem Modell UHP-HRU werden die lateralen Zuflüsse berechnet,<br />
die für die Ertragsmodellierung mit EPIC und ORYZA benötigt werden<br />
Im Themenbereich „Wasserdargebot, Wasserverbrauch, Wasserqualität“ sind alle Problemkomplexe<br />
in Benin <strong>zu</strong>sammengefasst, bei denen das Wasser direkt im Fokus der Untersuchungen steht<br />
(PK Be-H.1 bis PK Be-H.3). Im Berichtzeitraum wurde im PK Be-H.1 schwerpunktmäßig das<br />
Wasserverbrauchsmodul BenEau entwickelt, das den häuslichen, gewerblichen und landwirtschaftlichen<br />
Wasserverbrauch in Benin ermittelt. Des Weiteren wurde die Simulation der Grundwasserkomponente<br />
mit MODFLOW und die Kopplung zwischen dem hydrologischen Modell UHP-HRU<br />
und MODFLOW weiterentwickelt und die Simulation benutzerdefinierter Landnut<strong>zu</strong>ngsszenarien<br />
in das SDSS integriert. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeiten des PKs im Berichtzeitraum stellte<br />
die Ausarbeitung einer ausführlichen Dokumentation des SDSS in Deutsch, Französisch und Englisch<br />
dar, die über das framework abrufbar ist. Im Rahmen des PK Be-H.2 wird die aktuelle sowie<br />
<strong>zu</strong>künftige sektorale Wassernachfrage (Haushalt, Industrie, Landwirtschaft) abgeschätzt. Die Ergebnisse<br />
der umfassenden Wasserverbrauchsstudien in Zusammenhang mit den IMPETUS Szenarien<br />
werden dem Entscheidungsträger über das SDSS BenEau nutzerfreundlich <strong>zu</strong>r Verfügung gestellt.<br />
Hierbei hat der Nutzer die Möglichkeit, den Wasserverbrauch im Zeitraum 2002-2025 <strong>zu</strong><br />
analysieren. Dabei besteht neben der Wahl der IMPETUS Szenarien auch die Möglichkeit, eigene<br />
Szenarien <strong>zu</strong> erstellen. Weiterhin ist eine Verknüpfung mit dem PK Be-H.1 SDSS BenHydro vorgesehen,<br />
die eine Bilanzierung von Wasserangebot und Nachfrage <strong>zu</strong>m Ziel hat und somit wertvolle<br />
Informationen für ein nachhaltiges Wasserressourcenmanagement liefern kann. Im PK Be-H.3<br />
wurde eine erste Version des Monitoring-Tools <strong>zu</strong>r Echtzeitschät<strong>zu</strong>ng von Niederschlag in Benin<br />
(PrecipMon) im März 2008 an den MSG-Empfänger am Flughafen in Cotonou gekoppelt. Der Ausfall<br />
des Systems nach 2 Monaten erfolgreicher Laufzeit durch einen nicht berücksichtigten Formatwechsel<br />
von Seiten des Satelliten zeigte, dass mehr manuelle Eingriffsmöglichkeiten für die Administratoren<br />
in <strong>zu</strong>künftigen Versionen notwendig sind. Das Informationssystem PrecipInfo wurde um<br />
eine HTML-Basierte, internetfähige Visualisierung der Monitoringdaten erweitert. Eine Methode<br />
<strong>zu</strong>m statistischen Downscaling der REMO-Klimaszenarien anhand der stündlichen Monitoring-<br />
Daten von 1983 bis 2005 wurde erarbeitet.<br />
Im Themenbereich „Landnut<strong>zu</strong>ng“ behandeln vier repräsentative Problemkomplexe die regionalspezifischen<br />
Veränderungsprozesse zwischen Landnut<strong>zu</strong>ng und Landbedeckung und er sie steuernden<br />
Ursachen. Im PK Be-L.1 wurde <strong>zu</strong>r interaktiven Berechnung von Landnut<strong>zu</strong>ngsänderungen<br />
wurde das räumliche Entscheidungsunterstüt<strong>zu</strong>ngssystem LUMIS (Land Use Modelling and Information<br />
System) entwickelt. Das SDSS LUMIS ist dabei so konzipiert, dass der Endanwender nur<br />
sehr wenig mit dem komplexen Modellablauf <strong>zu</strong> tun hat und sich somit auf das Zusammenstellen<br />
und interpretieren der Szenarien(ergebnisse) konzentrieren kann. Im Berichtszeitraum wurde<br />
LUMIS in einer ersten voll funktionstüchtigen Version fertiggestellt. Es können unterschiedliche<br />
Szenarien der Landnut<strong>zu</strong>ngsveränderung für das obere Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet berechnet werden.
Zusammenfassung IMPETUS 4<br />
Zur Bereitstellung von hochaufgelösten meteorologischen Zeitreihen (PK Be-L.3) stehen 40 Episodensimulationen<br />
für das Jahr 2002 <strong>zu</strong>r Verfügung, die die Grundlage für eine statistische Aufbereitung<br />
des Modellniederschlags sind. Mit dieser können systematische Fehler minimiert werden. Sie<br />
dient somit der Optimierung der bisher durchgeführten 40 Episodensimulationen für das Zieljahr<br />
2025. Auf Basis der auf der Modellkette beruhenden Episodensimulationen wird bisher unter Berücksichtigung<br />
eines subjektiven Zuordnungsverfahrens für 2025 eine Niederschlagsverteilung erstellt.<br />
Diese zeigt das schon früher erkannte Risiko von hoher lokaler Variabilität des Niederschlags<br />
(insbesondere die Tendenz <strong>zu</strong> lokaler Trockenheit) im betrachteten Bereich auf. Es deutet sich an,<br />
dass diese Tendenz sich in einem stetigen Rückgang des Ökovolumens widerspiegelt. In Zusammenhang<br />
mit der Erfassung des Ökovolumendynamiks der agroforstlichen Systeme innerhalb des<br />
Ouémé Ein<strong>zu</strong>gsgebiets (PK Be-E.4) wurde das Informationssystem FARMADAM in drei Abschnitten<br />
aufgebaut: (i) Landnut<strong>zu</strong>ngssysteme und landwirtschaftliche Anbausysteme; (ii) Räumliche<br />
und gewichtsbezogene Vegetationsparameter, und (iii) Beziehung zwischen Vegetation und<br />
Wasser. FARMADAM versucht die Beziehungen zwischen Boden, Vegetation und Niederschlag<br />
bei Agro-climax Equilibrium <strong>zu</strong> verdeutlichen. Der Brache <strong>zu</strong> Kultur Rate verringert sich sehr deutlich<br />
von Nord nach Süd. Die Savanne Landnut<strong>zu</strong>ng wird zweimal abgespeckt mit den Anteilen Bracheland<br />
und Weideland. Die Nördliche Vegetation bildet ein größeres Ökovolumen per Einheit<br />
Biovolumen, was teilweiser durch eine sinkende Landschaftshomogeneität erklärt wird. Eine positive<br />
Beziehung zwischen Ökovolumen und Ökoniederschläge konnte sowohl auf Gemeinde- als auch<br />
auf Departementsebene nachgewiesen werden. In dem PK Be-E.5 wurde im Jahr 2008 die Entwicklung<br />
des Monitoring Tools, mit dem für beliebige Zeiträume die aus MODIS Daten abgeleitete<br />
räumliche Verteilung der von Buschfeuer beeinflussten Gebiete in Benin abgefragt werden können,<br />
bis <strong>zu</strong> einer stabilen Beta Version vorangetrieben und mit einer benutzerfreundlichen Eingabemaske<br />
versehen. Weiterhin wurde iMAPFIRE, das Model für mit dem die Ausbreitung von Buschfeuer für<br />
unterschiedliche Randbedingungen modelliert werden kann, weiterentwickelt und in das ISDSS<br />
eingebunden. Für die Simulierung größerer Gebiete mit vielen Buschfeuerherden entstand eine Parallelrechenversion,<br />
mit der heterogene Rechner sehr einfach <strong>zu</strong> einem Cluster <strong>zu</strong>sammengefasst<br />
werden können.<br />
Im Rahmen der bilateralen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Benin wurden die Bereiche<br />
Dezentralisierung, Wasserversorgung, Umwelt und Schutz ländlicher Ressourcen als Interventionsschwerpunkte<br />
definiert. Die Verbesserung des Zugangs <strong>zu</strong> sauberem Trinkwasser steht auch im<br />
Vordergrund der Entschuldungs- und Armutsbekämpfungsinitiative der Weltbank für Benin. Vor<br />
diesem Hintergrund liefern die Forschungsergebnisse <strong>zu</strong>m gesellschaftlichen Umgang mit Wasser<br />
wichtige Informationen für die Umset<strong>zu</strong>ng dieser Politiken. Die zentralen Zwischenergebnisse des<br />
Themenbereichs „Gesellschaft und Gesundheit“ im Jahr 2007 sind in den PKs Be-G.1 bis Be-G.5<br />
<strong>zu</strong>sammengefasst. Der PK Be-G.1 hat in Zusammenarbeit mit den PK Be-G.2 und Be-G.3 das gemeinsame<br />
Informationssystem „Livelihood Security in Upper Ouémé Catchment“ (LISUOC) entwickelt,<br />
das aus drei Modulen besteht. Der PK Be-G1 bedient das Modul „LISUOC-Demographie“<br />
(Demographische <strong>Projekt</strong>ionen für das HVO). In Abstimmung mit den anderen Modulen und auf<br />
die Nutzergruppe fokussiert das IS-Modul das Ein<strong>zu</strong>gsgebiet des Oberen Ouémé mit sechs Gemeinden<br />
<strong>zu</strong>züglich der Gemeinde Ouaké. Die Berechnungen sind abgeschlossen und das Modul ist<br />
in Zusammenarbeit mit den Entwicklern in einer ersten Version fertig gestellt, die auch in Ouagadougou<br />
auf der Statuskonferenz vorgestellt wurde. Folgen wird eine abschließende Optimierung auf
Zusammenfassung IMPETUS 5<br />
der Grundlage von Anregungen bezüglich der ersten Version. Im Rahmen des PK Be-G.2 wurde im<br />
Laufe des Jahres 2008 die Implementierung der Datenbank <strong>zu</strong> den Trinkwasserstellen (traditionelle<br />
Brunnen, geschlossene Brunnen, Pumpen, Wassertürme.) realisiert. Die im Jahr 2007 abgelaufene<br />
Entwicklung eines eigenen Informationssystems in enger Kooperation mit den Problemkomplexen<br />
PK Be-G.1 (Demographische <strong>Projekt</strong>ionen) und Be-G.2 (Wassermanagement und Institutioneller<br />
Wandel) wurde im Jahr 2008 optimiert und abgeschlossen. Zahlreiche Verbesserungen und Datenoptimierungen<br />
<strong>zu</strong>m – dem Problemkomplex <strong>zu</strong>grunde liegenden – Modul „Existenzsicherung und<br />
Ressourcen“ konnten mit Fertigstellung der Version 1 erwirkt werden. Optimierungsleistungen fanden<br />
nicht nur auf visueller Ebene statt, sondern auch bezüglich einer verbesserten Strukturierung<br />
der Abrufbarkeit des statistisch repräsentativen Datensatzes <strong>zu</strong>r Existenzsicherung in sieben Kommunen<br />
des HVO. Als zentrales Tool erweist sich im Feedback der Nutzer <strong>zu</strong>dem die umfangreiche<br />
Dokumentation. In französischer, englischer und deutscher Sprache werden darin Basisinformationen<br />
bereitgestellt, beispielsweise <strong>zu</strong>r Ausgangsthese und Systemstruktur und <strong>zu</strong> methodischen<br />
Grundlagen. Zudem stehen insgesamt zwölf Texte bereit, in denen komplexe Themen der lokalen<br />
Existenzsicherung kompakt und leicht verständlich vermittelt werden. Basierend auf entomologischen<br />
und parasitologischen Malariastudien aus Westafrika und Kamerun konnte die bisher im PK<br />
Be-G.4 verwendete LMM-Version erstmals direkt mit Malariabeobachtungen verglichen werden.<br />
Da die simulierte Stichrate als auch die Anzahl der infizierten Mücken deutlich über den beobachteten<br />
Werten liegen, wurde die Modellstruktur des LMM verändert. Aus diesem Grund und <strong>zu</strong>r Absicherung<br />
der Einstellung der Modellparameter wurde eine umfangreiche Literaturrecherche durchgeführt.<br />
Die Kenntnisse aus über 160 Artikeln führten u. a. <strong>zu</strong>m Ausbau des Malaria-Archivs im IS<br />
MalaRis. Darüber hinaus wurde das ausgebaute IS MalaRis im Oktober 2008 auf den IMPETUS-<br />
Internetseiten freigestellt. Seit dem Erstellen der ursprünglichen Brunnendatenbank in den Jahren<br />
2000/2001 hat sich die Situation der Trinkwasserversorgung in vielen Dörfern des Oberen Ouémé<br />
Ein<strong>zu</strong>gsgebietes geändert, so dass im PK Be-G.5 von August 2007 bis Juli 2008 die Datenbank<br />
vollständig überarbeitet und aktualisiert wurde. Der neue Datensatz wurde daraufhin in das Informationssystems<br />
SIQeau integriert, um Entscheidungsträgern in Form einer interaktiven GIS-Karte<br />
einen möglichst vollständigen Überblick über den aktuellen Zustand der Wasserversorgung und -<br />
qualität ihrem jeweiligen Ein<strong>zu</strong>gsgebiet <strong>zu</strong> bieten. SIQeau wird seit September 2008 in Benin erprobt<br />
und evaluiert, damit es auf Grundlage des Feed-backs der Nutzer weiterentwickelt werden<br />
kann. In dem Dorf Kaki Koka wurde zwischen April und Juni 2008 eine zweimonatige Studie von<br />
zwei Medizin-Doktorandinnen durchgeführt, um Aufschluss über die Gesundheitsrisiken der Konsumenten<br />
Salmonellen-belasteten Trinkwassers <strong>zu</strong> erhalten. Viele der bereits bestehenden Kooperationen<br />
des <strong>Impetus</strong>-Labors wurden 2008 weitergeführt und neue Kontakte sind entstanden, aus denen<br />
sich <strong>zu</strong>künftige <strong>Projekt</strong>e ergeben. Im Laufe des Jahres sind die Kontakte <strong>zu</strong> den NGOs<br />
PROTOS/PAGIREL, BETHESDA BENIN, MCDI, HELVETAS, CREPA und der KfW durch Planung<br />
und Durchführung gemeinsamer <strong>Projekt</strong>e vertieft worden.<br />
In den einzelnen Problemkomplexen wurden folgende herausragende Fortschritte für Marokko erzielt:<br />
Die Ressource Wasser wird in der Drâa-Region in Marokko hauptsächlich für die landwirtschaftliche<br />
Produktion in den Oasen genutzt. Die im Themenbereich „Existenzsicherung“ <strong>zu</strong>sammengefassten<br />
Problemkomplexe Ma-E.1 bis Ma-E.3 widmen sich verbesserten Wasser-<strong>Management</strong>systemen<br />
unter Beibehaltung landwirtschaftlicher Produktivität und touristischer Entwicklung. Im
Zusammenfassung IMPETUS 6<br />
Jahre 2008 wurde im PK Ma-E.1 neben weiteren Verfeinerungen im Model MIVAD ein Schwerpunkt<br />
auf die Konzeption des MIVAD-SDSS gelegt. Die Berechnung von Szenarien, die in das<br />
SDSS eingehen wurde verbessert, und das SDSS Tool mit verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten<br />
ausgebaut, die es dem Entscheidungsträger nun ermöglicht individuelle Tabellen und Diagrammformate<br />
<strong>zu</strong> erstellen, und den Output in verschiedenen Formaten <strong>zu</strong> exportieren. Das SDSS wurde<br />
in Ouarzazate mehrfach vorgestellt. Zusätzlich wurde auf der Konferenz in Ouagadougou ein großes<br />
Interesse an dem SDSS MIVAD bekundet. Im Rahmen des PK Ma-E.2 wurde für die Modellierung<br />
der Produktivität im Ackerbau in den mittleren Drâa-Oasen vor allem an den Inhalten im IS<br />
AGROSIM und der Kalibrierung des Pflanzenwachstumsmodells EPIC weitergearbeitet. Die Datenbasis<br />
wurde überprüft, mit den Erhebungen aus anderen PKs harmonisiert und wo nötig erweitert.<br />
Die Kalibrierung des Modell SAVANNA <strong>zu</strong>r Abschät<strong>zu</strong>ng der Weideproduktivität wurde abgeschlossen.<br />
Mit dem räumlich verteilten Modell wurden Klima- und Weidemanagementszenarien<br />
für das gesamte Drâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet gerechnet. In allen Szenarien ist eine Abnahme der Gesamtproduktivität<br />
<strong>zu</strong> erwarten, wobei Wechselwirkungen zwischen Klima und <strong>Management</strong> möglich<br />
sind.<br />
Der Themenbereich „Wasserdargebot, Wasserverbrauch, Wasserqualität“ umfasst vier Problemkomplexe.<br />
Die Wasserwirtschaft semi-arider Wüstenrandgebiete ist in hohem Maße von variablen<br />
Niederschlägen abhängig. Im PK Ma-H.1 wurden 2008 die Kernmodelle des SDSS HYDRAA ergänzt.<br />
Das Modellkonzept von SWAT2005 wurde um eine detaillierte Höhengliederung erweitert.<br />
Die Bewässerungsmodellierung mit CropWat wurde erfolgreich auf der Grundlage vorhandener<br />
Informationen parametrisiert. Weitere über den Abflussvergleich hinaus gehende Validierungsmethoden<br />
wurden entwickelt. Szenarienrechnungen auf Basis unterschiedlicher Ausprägungen der<br />
IMPETUS-Klimaszenarien wurden durchgeführt. Im Capacity-Development wurden die grundlegenden<br />
Kenntnisse <strong>zu</strong>m Umgang mit den Systemen vermittelt, darauf aufbauend werden in 2009<br />
einzelne SDSS-Verantwortliche in Marokko gezielt intensiv geschult. Im Rahmen des PK Ma-H.2<br />
wurde im engen Dialog mit den Partnerinstitutionen bei der Vorstellung des lauffähigen Prototyps<br />
des SDSS IWEGS während eines Workshops in Ouarzazate/Marokko eine Anpassung des SDSS an<br />
deren Bedürfnisse initiiert. Anregungen und Kritikpunkte der marokkanischen Partner führten <strong>zu</strong><br />
einer Optimierung des SDSS IWEGS. Beispielsweise wurde in das Modell BIL eine Funktion <strong>zu</strong>r<br />
Berücksichtigung von Gerinnebettverlusten für die Abschät<strong>zu</strong>ng der Verfügbarkeit von Oberflächenwasser<br />
für die Bewässerung der Oasen implementiert. Die technische Umset<strong>zu</strong>ng und die Implementierung<br />
von Bedienungselementen für das SDSS IWEGS erfolgten in enger Zusammenarbeit<br />
mit Teilprojekt C2. Im PK Ma-H.3 wurde das Monitoringtool PRO-RES weiterentwickelt und umfasst<br />
jetzt eine bei jedem Programmstart aktualisierte Tabelle der Datengrundlage. MODIS-<br />
Satellitenbilder können vom Anwender in die Datenbank eingelesen und automatisch auf der Basis<br />
der räumlichen Diskretisierung der Teilein<strong>zu</strong>gsgebiete ausgewertet werden. Das Kernmodell<br />
Snowmelt Runoff Model (SRM) sowie die PRO-RES-Module <strong>zu</strong>r Berechnung des Stauseefüllstands<br />
wurden mit weiteren Daten kalibriert und validiert. Der Vergleich mit Messdaten ist <strong>zu</strong>frieden<br />
stellend, so dass auf der Basis von Klimaszenarien des Wettergenerators SMGHydraa <strong>zu</strong>künftige<br />
Stausee<strong>zu</strong>flüsse berechnet werden können. Im Rahmen des PK Ma-H.5 wurde die meteorologische<br />
Datenbasis für die Anwendung des regionalen Downscalings verbessert, indem erstmals eine<br />
Rekombination von Niederschlag und Verdunstung für das vergrößerte Simulationsgebiet (Hoher<br />
Atlas und Becken von Ouarzazate) erstellt wurde. Da<strong>zu</strong> sind die Bodenarten aus der IMPETUS-
Zusammenfassung IMPETUS 7<br />
Bodenkarte in das FOOT3DK-Kataster integriert und die verwendbare Anzahl von Bodenarten im<br />
Modell erhöht worden. Ähnlich wie in den Arbeiten für das kleinere Gebiet im nordöstlichen Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
werden Kriterien <strong>zu</strong>r Auswahl von Repräsentanten der CWT ausgewählt. Eine Simulation<br />
dieser Repräsentanten erfolgt mit dem Modell FOOT3DK.<br />
Im Themenbereich „Landnut<strong>zu</strong>ng“ werden Fragen nach der Regenerationsfähigkeit der natürlichen<br />
Vegetation, nach Anpassungsstrategien der lokalen Bevölkerung sowie den Gefahrenpotenzialen<br />
durch extreme Wetterereignisse bearbeitet. Die Untersuchungen des PK Ma-L.1 gehen davon aus,<br />
dass die Wasser- und Weidenut<strong>zu</strong>ng nicht nur von naturräumlichen Faktoren bestimmt werden,<br />
sondern <strong>zu</strong> einem wichtigen Teil vom sozialen und politischen Handeln, also den Nut<strong>zu</strong>ngsstrategien<br />
der Akteure vor Ort, abhängig sind. Die tatsächlich in einem Anbaugebiet verfügbaren Ressourcen<br />
hängen dabei aber nicht nur von der naturräumlich bedingten lokalen Ressourcenverfügbarkeit<br />
ab, sondern auch von historisch gewachsenen und sozial kontrollierten Verfahren der Ressourcenverteilung<br />
und –Nut<strong>zu</strong>ng. Neben der Oasenlandwirtschaft die sich im Arbeitsgebiet nur wenig<br />
verändert hat gab es bei der transhumanten Weidewirtschaft in den letzten Jahrzehnten spürbare<br />
Veränderungen der Nut<strong>zu</strong>ngsmuster. Im Zentrum von PK Ma-L.2 steht das raum-zeitliche Verhalten<br />
der Pflanzendecke vor allem in den Weidegebieten des Drâa Ein<strong>zu</strong>gsgebietes. Bekanntlich ist<br />
die Verteilung des Niederschlagwassers wesentlich von der Dichte und der Struktur der Pflanzendecke<br />
abhängig. In Feldexperimenten wird deshalb vergleichend die Vegetationsdynamik auf Flächen<br />
mit bzw. ohne Beweidung untersucht. Parallel und auf der Basis der Geländemessungen wurden die<br />
verschiedenen IS und SDSS fertig gestellt (IS PLANT) bzw. weiterentwickelt (SDSS VegSat und<br />
SDSS PADRÂA). Die Ergebnisse der in PK Ma-L.3 entwickelten Werkzeuge, das SDSS<br />
SEDRAA (Bodenerosion) und das IS SMGHydraa (Klimadaten), wurden evaluiert. Dabei sind<br />
Probleme in der Anwendbarkeit der Modelle ebenso wie in der Interpretation von Szenarien erkannt<br />
worden. In Diskussion mit Anwendern wurden die Eingriffsmöglichkeiten für Interventionsszenarien<br />
angepasst. In SMGHydraa wurden statistische Eigenschaften beobachteter Klimadaten für die<br />
Szenarien aus Klimamodellen übernommen, um hydrologische und Erosions-Modellierung realitätsnaher<br />
<strong>zu</strong> gestalten. Die Extremwert- und Dürrenanalyse wurde implementiert. Für SEDRAA<br />
wurden neue Szenarien des Beweidungsdrucks auf die Vegetation aufgebaut.<br />
Im Drâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet, einer marginalen Region mit schwacher Wirtschaftskraft, niedriger Bevölkerungsdichte,<br />
un<strong>zu</strong>reichender Infrastruktur und einer oft prekären Wassersituation, sind die wichtigsten<br />
„Driving forces“ für menschliche Entwicklung Migration und daraus resultierende Urbanisierung.<br />
Dieses behandelt der Themenbereich „Gesellschaft“. Im Zuge einer Neuausrichtung des<br />
PK Ma-G.1 wurden bisherige Arbeiten abgeschlossen und der Fokus nunmehr auf die sozialen und<br />
ökonomischen Auswirkungen der Migration auf das gesellschaftliche Gefüge Ouled Yaoubs gelegt.<br />
Arbeitsmigration stellt seit den 1960er Jahren eine <strong>zu</strong>nehmend wichtige Strategie <strong>zu</strong>r Existenzsicherung<br />
der Haushalte dar, die heut<strong>zu</strong>tage alle gesellschaftlichen Gruppen umfasst. Die Bedeutung der<br />
Landwirtschaft geht in gleichem Maße <strong>zu</strong>rück. 20% der Haushalte einer Untersuchung <strong>zu</strong>r Einkommensdiversifizierung<br />
sind gänzlich von den Transferleistungen aus der Migration abhängig.<br />
Die Abwanderung ganzer Familien hat seit der Jahrtausendwende stark <strong>zu</strong>genommen. Im Fokus des<br />
Problemkomplexes PK Ma-G.2 steht die Nut<strong>zu</strong>ng der kollektiven natürlichen Ressourcen die variabel<br />
genutzt werden und deren Zugang prinzipiell von den Entscheidungen der entsprechenden lokalen<br />
Kontrollinstitutionen abhängig ist. Eine zentrale Rolle spielen dabei ökologische und sozioökonomische<br />
Mechanismen eines nachhaltigen Weidemanagements. Dabei wird von der Hypothese
Zusammenfassung IMPETUS 8<br />
ausgegangen, dass ein nachhaltiges Weidemanagement ökologische und ökonomische Puffer<br />
schafft bzw. erhält, wodurch die raum-zeitliche Variabilität der Naturressourcen aufgefangen wird.
Spatial Decision Support Systems (SDSS) IMPETUS 9<br />
II Spatial Decision Support Systems (SDSS)<br />
Abb. II-1: Struktur und Schnittstellen eines modernen computer-basierten SDSS<br />
(Bareth 2009, verändert nach Leung 1997).<br />
Moderne räumliche Entscheidungsunterstüt<strong>zu</strong>ngssysteme (engl. Spatial Decision Support Systems<br />
= SDSS) vereinen DSS, GIS, Fernerkundung, numerische Modellierung und Expertenwissen (vgl.<br />
Abb.II-1) (Laudien 2008b). Innerhalb von IMPETUS wird die plattformunabhängige Entwicklung<br />
solcher SDSS unter Verwendung von Geotools (OpenGIS), ArcGIS Engine (ESRI ® ) und Java<br />
durchgeführt. Dabei zeigt sich, dass Geodaten und Modelle dem potentiellen Anwender fachgerecht<br />
aufbereitet und für dessen Entscheidungsfindung als <strong>zu</strong>sätzliches Werkzeug, spezifisch der eindeutigen<br />
Fragestellung, eingesetzt werden können. Um diese Anforderungen <strong>zu</strong> gewährleisten, sind die<br />
einzelnen Systeme an Datenbanken, Modelle und Expertenwissen gekoppelt. Individuell programmierte<br />
Graphical User Interfaces (GUI) führen den Nutzer durch die Systeme hin <strong>zu</strong>m Ergebnis, das<br />
<strong>zu</strong>r Entscheidungsunterstüt<strong>zu</strong>ng herangezogen werden kann.
Spatial Decision Support Systems (SDSS) IMPETUS 10<br />
II.1 Entwicklungsstand der SDSS/IS/MT<br />
Problemstellung<br />
Abb. II.1-1: Der <strong>Impetus</strong>Client mit allen Systemen.<br />
Während der ersten zwei IMPETUS <strong>Projekt</strong>phasen (2000 - 2006) sind Daten erhoben, Modelle<br />
entwickelt und evaluiert worden. Um die Fülle an Informationen den verschiedenen Nutzern in Benin,<br />
Marokko und Deutschland bereit<strong>zu</strong>stellen, werden in der dritten IMPETUS <strong>Projekt</strong>phase raumbezogene<br />
Entscheidungsunterstüt<strong>zu</strong>ngssysteme (SDSS) benutzerspezifisch entwickelt.<br />
Mitarbeiter<br />
A. Enders, R. Laudien, S. Brocks, S. Krüger, C. Kunze, M. Schmitz, S. Weyler<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
In Anlehnung an die Problemstellung befindet sich die nutzerspezifische Entwicklung von Softwaretools<br />
in der Implementierung, die vor Ort in Benin und Marokko <strong>zu</strong>r Entscheidungsunterstüt<strong>zu</strong>ng<br />
eingesetzt werden sollen. Im Einzelnen handelt es sich dabei um räumliche Entscheidungsunterstüt<strong>zu</strong>ngssysteme<br />
(eng. Spatial Decision Support Systems = SDSS), Informationssysteme (IS)<br />
und Monitoring Tools (MT).
Spatial Decision Support Systems (SDSS) IMPETUS 11<br />
Nutzergruppen<br />
Alle Kooperationspartner des IMPETUS-<strong>Projekt</strong>es, Wissenschaftler im In- und Ausland.<br />
Tab. II.1-1: Übersicht über die entwickelten Systeme (Spatial Decision Support Systeme, Information Systeme und<br />
Monitoring Tools).<br />
Nr. PK Kurztitel<br />
1 Be E1 BenIMPACT-Crop<br />
2 Be E2 PEDRO<br />
3 Be E3 (ClimModInfo) PREMA<br />
4 Be E4 SYMBA<br />
5 Be E5 BenIMPACT-ANIMAL<br />
6 Be E6 AGROLAND<br />
8 Be E7 BenIVIS<br />
9 Be G1 LISUOC DP<br />
10 Be G2 LISUOC WiW<br />
11 Be G3 LISUOC WaE<br />
12 Be G4 MalaRIS<br />
13 Be G5 SIQeau<br />
14 Be H1 Benhydro<br />
15 Be H2 BenEau<br />
16 Be H3 PrecipMon<br />
17 Be H3 PrecipInfo<br />
18 Be L1 LUMIS<br />
19 Be L3 ILUPO<br />
20 Be L4 FARM-ADA-M<br />
21 Be L5 iMABFIRE<br />
22 Ma E1 MIVAD<br />
23 Ma E2 AGROSIM<br />
24 Ma H1 HYDRAA<br />
25 Ma H2 IWEGS<br />
26 Ma H3 PRO-RES<br />
27 Ma H5 IDEP-DRAA<br />
28 Ma L1 LUD-HA<br />
29 Ma L2 PADRAA<br />
30 Ma L2 PLANT<br />
31 Ma L2 Veg-Sat<br />
32 Ma L3 SEDRAA<br />
33 Ma L3 SGMHydraa
Spatial Decision Support Systems (SDSS) IMPETUS 12<br />
II.2 Entwicklungsstand des SDSS Framework – ein System <strong>zu</strong>r einfachen<br />
Implementierung einer komplexen Entscheidungsunterstüt<strong>zu</strong>ng<br />
Problemstellung<br />
Abb II.2-1: Das SDSS Framework.<br />
Anfang 2007 haben sich die Mitarbeiter des Teilprojektes C2 entschieden, die <strong>zu</strong> entwickelnden<br />
Entscheidungsunterstüt<strong>zu</strong>ngssysteme, Informationssysteme und Monitoringtools in einer Softwareumgebung<br />
(SDSS Framework) integriert <strong>zu</strong> entwickeln. Dieses soll die Mehrfachnut<strong>zu</strong>ng komplexer<br />
Komponenten, die Integration der Systeme sowie den Informationsaustausch zwischen den Systemen<br />
ermöglichen.<br />
Mitarbeiter<br />
A. Enders, C. Kunze, M. Schmitz, S. Krüger<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
In der Entwicklung der Decision Support Systeme / Informationssysteme / Monitoringtools<br />
(SDSS/IS/MT) für die Partnerländer müssen verschiedene teilweise widersprüchliche Anforderungen<br />
erfüllt werden. Einerseits soll ein System alleine nutzbar sein, andererseits ist eine Integration<br />
verschiedener Systeme gefordert. Der einfachen Bedienbarkeit steht die Forderung nach komplexen
Spatial Decision Support Systems (SDSS) IMPETUS 13<br />
Funktionalitäten gegenüber. Das Framework soll flexibel konfigurierbar, aber die Systeme einfach<br />
<strong>zu</strong> entwickeln sein. Einzelne Softwarekomponenten müssen wieder verwendbar sein, obwohl individuelle<br />
Lösungen benötigt werden. Die Benutzerfreundlichkeit muss gewährleistet sein, aber es<br />
soll viele Eingriffsmöglichkeiten geben. Eine schnelle Entwicklung der Systeme muss möglich sein,<br />
auch wenn ausgereifte Funktionen gefordert sind.<br />
Das SDSS Framework tritt an, diese Widersprüche möglichst <strong>zu</strong> entschärfen und eine Applikation<br />
<strong>zu</strong>r Verfügung <strong>zu</strong> stellen, in der die einzelnen Systeme schnell und effizient entwickelt werden<br />
können.<br />
Nutzergruppen<br />
Alle Partner des IMPETUS-<strong>Projekt</strong>es, Wissenschaftler im In- und Ausland<br />
Stand der SDSS Framework-Entwicklung<br />
Das SDSS Framework (Abb. II.2-1) liegt derzeit in der Version 2 vor. Diese enthält die in Tab. 1<br />
genannten Komponenten.<br />
Tab. II.2-1: Übersicht des Entwicklungsstandes und der Zeitplanung.<br />
Funktion Funktionell 1. Version 2. Version<br />
Grundfunktion 02.2007 11.2007<br />
Erste SDSS Einbindung 03.2007 11.2007<br />
SMILEngine 05.2007 01.2008 11.2008<br />
FormEngine 05.2007 11.2007 11.2008<br />
Komponente: Progressview 05.2007 03.2008 11.2008<br />
Komponente: Excelanbindung 07.2007 09.2007<br />
Komponente: Webstart / CD-Version 07.2007 11.2007 12.2008<br />
Komponente: DB-Anbindung 09.2007 11.2007<br />
Komponente: Ergebnisauswertung 09.2007 11.2007 11.2008<br />
Komponente: Benutzereinstellung 11.2007 11.2007<br />
Komponente: Atlasintegration 11.2007 02.2008 10.2008<br />
Komponente: Geotools 05.2007 02.2008<br />
Dokumentation: Quickstart 07.2007 09.2007<br />
Dokumentation: SDSS Framework 09.2007 02.2008 10.2008<br />
Komponente: Fehlerbehandlung 06.2008 11.2008<br />
Komponente: Szenarienspeicherung 11.2007 05.2008 09.2008
Spatial Decision Support Systems (SDSS) IMPETUS 14<br />
Die Weiterentwicklung des SDSS Frameworks geschieht laufend. Die Version 1 wurde im Juni<br />
2008 ausgeliefert. Weiterentwicklungen vor allem in der Ergebnispräsentation führten <strong>zu</strong>r Version 2<br />
im November 2008. Diese wird bis Januar 2009 einem grundlegenden Test unterzogen und dann<br />
freigegeben.
Spatial Decision Support Systems (SDSS) IMPETUS 15<br />
II.3 Datenbanken<br />
Metadatenbank und zentrale Sicherung des IMPETUS Datenbestandes<br />
Mitarbeiter<br />
R. Hoffmann<br />
Implementierung<br />
Die zentrale Sicherung des IMPETUS Datenbestandes in der AFS-Zelle „impetus.uni-koeln.de“ und<br />
der Zugriff auf öffentliche Daten wurde 2008 weiter ausgebaut. Die Ablage erfolgt im SAN-<br />
Speicherbereich des RRZK (Regionales Rechenzentrum <strong>Köln</strong>), wodurch eine hohe Datensicherheit<br />
und die Haltung der Datenbestände über die Laufzeit von IMPETUS hinaus gewährleistet werden.<br />
Von insgesamt 428 in der Metadatenbank katalogisierten Datensätzen sollen bis <strong>Projekt</strong>ende 280<br />
Datensätze öffentlich verfügbar gemacht werden. Davon sind 253 bereits im zentralen Datenbestand.<br />
Für 105 Datensätze kann aus Gründen des Urheberrechts oder der Vertraulichkeit kein Zugang<br />
gewährt werden. Dies beinhaltet kommerziell erworbene Daten sowie Daten von Dritten, z.B.<br />
von Behörden der Partnerländer, die für den internen Gebrauch <strong>zu</strong>r Verfügung gestellt wurden. Somit<br />
handelt sich um Datensätze, die nicht in IMPETUS generiert wurden.<br />
Weitere Datensätze sind noch nicht zentral gehalten, weil sie noch fortgeführt werden, in Bearbeitung<br />
sind, Publikationen noch nicht abgeschlossen wurden oder Klärungsbedarf hinsichtlich Copyright<br />
oder Vertraulichkeit besteht. Weiterhin wird eine zentrale Haltung dann nicht vorgesehen,<br />
wenn die Datensätze über originale Quellen verfügbar sind, bereits entsprechende Datensätze höherer<br />
Qualität im Bestand vorliegen oder die Datensätze nicht digital vorliegen.<br />
Zugangsbeschränkung<br />
nach<br />
<strong>Projekt</strong>ende<br />
Tab. II.3-1: Zentrale Haltung von Datensätzen nach Zugangsbeschränkungen, Stand 12/2008.<br />
Zentral<br />
gehalten<br />
Nicht zentral<br />
gehalten<br />
(in Bearbeitung<br />
oder Klärung)<br />
Gesamt<br />
für zentrale Haltung<br />
vorgesehen<br />
Nicht für<br />
zentrale Haltung<br />
vorgesehen<br />
Gesamt<br />
in Metadatenbankkatalogisiert<br />
öffentlich 253 27 280 26 306<br />
kein Zugang 73 32 105 17 122<br />
Gesamt 326 59 385 43 428<br />
Die Ablage und Katalogisierung der Datensätze beinhaltete folgende Aktivitäten:<br />
- Koordinierung der Erfassung, Aktualisierung und Bereinigung des Metadatenkatalogs sowie<br />
der Übergabe von Datensätzen
Spatial Decision Support Systems (SDSS) IMPETUS 16<br />
- Qualitätsprüfung der Metadaten und Optimierung der Verschlagwortung sowie Verortung<br />
durch das Datenmanagement<br />
- Prüfung der Daten auf Vollständigkeit und Funktionsfähigkeit der Dateien<br />
- Prüfung korrekter <strong>Projekt</strong>ion bzw. <strong>Projekt</strong>ionsangaben bei Geodaten und gegebenenfalls <strong>zu</strong>sätzliche<br />
Bereitstellung der Datensätze in Standardformaten (Shape, GeoTiff) und <strong>Projekt</strong>ionen<br />
(für Benin: WGS 84, UTM 31 N; für Marokko: WGS 84, Lambert IMPETUS Marokko)<br />
- Ablage bzw. Überführung der Datensätze und <strong>zu</strong>gehöriger Dokumente (Vorschau, Readme-<br />
Dateien) in den AFS-Speicherbereich<br />
Die Tätigkeiten <strong>zu</strong>r Erfassung, Sammlung und Ablage der Daten werden kontinuierlich fortgesetzt.<br />
Die Daten werden sukzessive in Abstimmung mit den Mitarbeitern der Fachdisziplinen frei gegeben.<br />
Die Bereitstellung für die Öffentlichkeit wurde als Such- und Downloadfunktionalitäten in der<br />
IMPETUS-Webseite implementiert (http://www.impetus.uni-koeln.de/daten/suche.html). Für die<br />
Mitarbeiter (Authentisierung durch Login) wurde außerdem die Möglichkeit geschaffen, die Verzeichnishierarchie<br />
direkt <strong>zu</strong> durchsuchen und Downloads vor<strong>zu</strong>nehmen.<br />
Über die Webseite ist der gesamte Metadatenkatalog einsichtig, also sowohl öffentliche als auch<br />
intern beschränkte Datensätze. Ausgehend von den Metadatenblättern stehen für den öffentlichen<br />
Download (Download-Button) derzeit 209 Datensätze <strong>zu</strong>r Verfügung. Noch nicht abgelegte und<br />
interne Datensätze können angefordert werden (Request-Button) und nach Prüfung der Vorrauset<strong>zu</strong>ngen<br />
gegebenenfalls übergeben werden. Der Abruf der Metadaten wurde um eine Funktionalität<br />
für die standardisierte Ausgabe in XML nach ISO 19115/19139 ergänzt. Damit wird der Import in<br />
andere Datenkataloge, z.B. in das für die <strong>Projekt</strong>länder entwickelte Geodatensystem auf Basis von<br />
GeoNetwork, ermöglicht.
Spatial Decision Support Systems (SDSS) IMPETUS 17<br />
II.4 Implementierung des Geodatensystems in den <strong>Projekt</strong>ländern<br />
Mitarbeiter<br />
Abb. II.4-1: Schulung auf den Techniken des IMPETUS Geodatensystems.<br />
R. Hoffmann, A. Enders, R. Mrzyglocki, M. Schmitz, C. Kunze<br />
Problemstellung<br />
Nach Ende der <strong>Projekt</strong>laufzeit soll den <strong>Projekt</strong>partnern und Wissenschaftlern in den Ländern Marokko<br />
und Benin die Datenbasis von IMPETUS in einer möglichst benutzerfreundlichen Form <strong>zu</strong>r<br />
Verfügung gestellt werden. So soll sichergestellt werden, dass die Daten auch nach der <strong>Projekt</strong>laufzeit<br />
noch einwandfrei auch für die infrastrukturell nicht optimal ausgestatteten Partner nutzbar sind.<br />
Diesbezüglich musste festgestellt werden, dass die Möglichkeit der Bereitstellung von Daten über<br />
das Internet nicht ausreicht bzw. nicht praktikabel ist. In der Regel sind nur langsame oder instabile<br />
Internetverbindungen vorhanden, die für die Übertragung umfangreicher Datensätze nicht geeignet<br />
sind. Die zentrale Datenhaltung in Deutschland alleine stellt aufgrund der schlechten Internetanbindung<br />
keine Erfolg versprechende Lösung dar.<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Ziel ist deshalb die Übergabe der Daten in einem Geodatensystem für die lokale Installation. Nach<br />
Mrzygłocki (2008) soll unter einem Geodatensystem eine informative, interaktive, netzwerkfähige,
Spatial Decision Support Systems (SDSS) IMPETUS 18<br />
jedoch auch netzwerkunabhängige Computeranwendung verstanden werden, die einem Anwender<br />
benutzerfreundlichen Zugriff auf den Geodatenbestand ermöglicht. Zu den Merkmalen zählen somit,<br />
dass die Anwendung lokal eingesetzt werden kann, gleichzeitig aber auch über die Schnittstellen<br />
verfügt, die bei potentieller Nut<strong>zu</strong>ng in einer Geodateninfrastruktur den interoperablen Daten<strong>zu</strong>griff<br />
ermöglichen.<br />
Insgesamt richten sich grundlegende Anforderungen an:<br />
- Benutzerfreundlichkeit: Bedienung über grafische Nutzeroberflächen, einfache Installation<br />
der Software und Daten „Out-of-the-Box“<br />
- Funktionalitäten: Bereitstellungsfunktionalitäten für Metadaten, Geodaten und Dokumente,<br />
Wiederfindung von Daten durch Suchabfragen und interaktive geografische Suche, Darstellung<br />
von Geodaten in einer Karte <strong>zu</strong>r Einschät<strong>zu</strong>ng der Zweckmäßigkeit, Download von<br />
Datensätzen, Bearbeitungsfunktionalitäten für Metadaten inklusive Datenupload<br />
- Netzwerkfähigkeit: Softwarearchitektur nach dem Server-Client-Prinzip<br />
- Verwendung von Standards: Gewährleistung der Interoperabilität durch Verwendung von<br />
Normen und Standards; Metadaten nach ISO 19115, OGC Dienste für Bereitstellung von<br />
Geodaten, Vermeidung proprietärer Datenformate<br />
- Entwickelbarkeit: Einsatz von Open-Source-Produkten erlaubt eigene Entwicklungen<br />
- Geringe Kosten: Freeware und Open-Source-Software <strong>zu</strong>r Vermeidung von Lizenzkosten<br />
für die Partner<br />
- Sprache: französische Lokalisierung für frankophone Zielgruppe<br />
Damit haben die <strong>Projekt</strong>partner die Möglichkeit, das Geodatensystem <strong>zu</strong>r Strukturierung und Verarbeitung<br />
auch eigener Daten <strong>zu</strong> nutzen. Die Datenbasis soll dauerhaft vor Ort gepflegt werden<br />
können. Je nach Bedarf ist der lokale Betrieb als auch die Integration in institutionsweite Netze oder<br />
das Internet möglich.<br />
Client<br />
Schnittstelle<br />
Server<br />
Filesystem,<br />
Datenbank<br />
Thick Clients Thin Clients<br />
OGC Schnittstellen<br />
WMS – WFS – WCS<br />
OGC Web Map Server<br />
Rasterdaten, Vektordaten<br />
Abb. II.4-2: Strukturübersicht des IMPETUS Geodatensystems.<br />
OGC Schnittstellen<br />
CSW / z.B. ISO 19139<br />
Metadatenbankserver<br />
Metadatenbank
Spatial Decision Support Systems (SDSS) IMPETUS 19<br />
Dabei muss neben dem Aufbau einer geeigneten Software für die Verarbeitung der Geodaten auch<br />
die Rechnerinfrastruktur in ausgewählten Bereichen verbessert werden, um die Haltung und den<br />
Betrieb des Systems <strong>zu</strong> ermöglichen.<br />
Nutzergruppen<br />
Allgemein sind alle Partner des IMPETUS-<strong>Projekt</strong>es und Wissenschaftler in den <strong>Projekt</strong>ländern<br />
mögliche Nutzer. Speziell wurden folgende Institutionen identifiziert, die bei der Installation des<br />
Geodatensystems unterstützt werden. Die Auswahl erfolgte aus Gesichtspunkten vorhandener<br />
und erfolgreicher Kooperationen:<br />
- Benin: DGEau, INRAB, UAC, LASDEL, CePED, DMN, DAT<br />
- Marokko: ORMVAO, Service Eau, DRPE, MATHUE, Univ. Cadi Ayyad Marrakech<br />
Stand der Systementwicklung<br />
Auf Basis des von der FAO (Food and Agricultural Organization) entwickelten und frei verfügbaren<br />
„GeoNetwork opensource 2.2“ wurde 2008 das Geodatensystem entwickelt und angepasst<br />
(Mrzyglocki 2008). Das System installiert einen Datenkatalog für Metadaten und für die Referenzierung<br />
der <strong>zu</strong>gehörigen Datensätze sowie eine Web-Portal-Komponente <strong>zu</strong>r Eingabe der Daten,<br />
Suchfunktionen <strong>zu</strong>r Wiederfindung insbesondere über räumliche Suche, Ansicht von Geodaten sowie<br />
Datenupload und Download über Webformulare. Zusätzlich wurden folgende Anforderungen<br />
implementiert:<br />
- Upload-Funktionalität für Geodaten erleichtert die Bereitstellung durch OGC konforme<br />
Geodatenservices im integrierten Geodatenserver (GeoServer 1.5)<br />
- Download von Rasterdatenausschnitten verringert die Netzlast durch geringere Datenmengen<br />
und ermöglicht einen komfortablen Download<br />
- Skripten <strong>zu</strong>r Überführung der relational gehaltenen Metadaten in ISO 19115/19139 konformes<br />
XML-Format. Dieses kann von GeoNetwork einfach importiert werden.<br />
- Einspeisung von Metadaten und Daten in GeoNetwork. Derzeit wird der jeweils betreffende<br />
Datenbestand getrennt für Benin (aktuell 130) und Marokko (aktuell 78) eingespeist.<br />
- Konfiguration der Geodatenservices in Geoserver ermöglicht Visualisierung und Download<br />
in GeoNetwork<br />
- Einfacher Installer für integrierte Installation des Geodatensystems und der Daten
Spatial Decision Support Systems (SDSS) IMPETUS 20<br />
Abb. II.4-3: Benutzeroberfläche von GeoNetwork im Browser: oben das einfache Formular für Suche nach<br />
Begriffen und räumliche Suche <strong>zu</strong>sammen mit der Auflistung von Suchtreffern; unten das Ansichtsfenster<br />
für Geodaten.
Spatial Decision Support Systems (SDSS) IMPETUS 21<br />
Verbesserung der Hardwareinfrastruktur<br />
In den verschiedenen Institutionen sind sehr unterschiedliche Vorrausset<strong>zu</strong>ngen an<strong>zu</strong>treffen. Deshalb<br />
werden in technischer Hinsicht drei Kategorien unterschieden, die gemäß der Ausstattung einer<br />
Institution mit lokaler Netzinfrastruktur (LAN) und IT-Personal, sowie der jeweiligen Bedürfnisse<br />
z.B. des Zugriffs für mehrere Nutzer, eingesetzt werden:<br />
- Bereitstellung und Einrichtung von Servern für den Betrieb im LAN: Damit kann von den<br />
an das LAN angebundenen Arbeitsplatzrechner der Datenbestand durchsucht und die Daten<br />
aus dem lokalen Netz bezogen werden. Die Clients der Arbeitsplatzrechner für die Ausgabe<br />
sind browserbasiert und erfordern keine Installation spezieller Software.<br />
- Bereitstellung und Einrichtung von Desktoprechnern: Hier werden die gleichen Applikationen<br />
wie bei den Servern eingesetzt, da Server- und Client-Applikation auf demselben Rechner<br />
betrieben werden können.<br />
- Bereitstellung der Daten auf einem externen Speicherlaufwerk<br />
Damit wird ein dezentrales Konzept verfolgt, bei dem einzelne Partnerinstitutionen Server bzw.<br />
Festplattenlaufwerke erhalten, auf denen die Daten gespeichert sind und die genügend Platz für Erweiterung<br />
bieten:<br />
Für das Partnerland Marokko wurden folgende Hardwarekomponenten angeschafft:<br />
- 2 Serverrechner mit überaus guten Ausstattung mit 4 Prozessoren, 4 GB RAM und 1,6 TB<br />
HDD<br />
- 7 NAS Speicherplatten <strong>zu</strong>r netzwerkintegrierten <strong>zu</strong>r Nut<strong>zu</strong>ng der IMPETUS-Daten, jeweils<br />
1 TB<br />
Für Benin wurden folgende Komponenten angeschafft:<br />
- 5 Desktoprechner mit einer guten Ausstattung mit 2 Prozessoren, 4 GB RAM und 0.5 TB<br />
HDD<br />
- 7 NAS Speicherplatten <strong>zu</strong>r netzwerkintegrierten <strong>zu</strong>r Nut<strong>zu</strong>ng der IMPETUS-Daten, jeweils<br />
1 TB<br />
Auf den Rechner konnten aufgrund einer Kooperation mit der Firma ESRI ArcGIS-Lizenzen installiert<br />
werden. Die Rechner wurden mit geeigneter Software <strong>zu</strong>m nachhaltigen Betrieb in den Ländern<br />
ausgestattet. Hier<strong>zu</strong> gehört eine Virtualisierungsplattform (VMWare), eine Wiederherstellungsroutine<br />
(ACRONIS), Remote<strong>zu</strong>griffsroutinen und eine Backuplösung (PersonalBackup).<br />
Daneben werden die in IMPETUS entwickelte Software, das IMPETUS SDSS Framework, Geo-<br />
Network incl. der Systeme sowie die Daten installiert.<br />
Übergabe der beschafften Rechner für an Partnerinstitute in Marokko<br />
Die ORMVAO und der Service Eau haben gemeinsam eine Infrastruktur <strong>zu</strong>r Verfügung gestellt<br />
bekommen, mit der
Spatial Decision Support Systems (SDSS) IMPETUS 22<br />
1. die verschiedenen Außenstellen vernetzt werden können. Die benötigte Hardware hierfür wurde<br />
in Deutschland beschafft, konfiguriert. Es sind hierdurch folgende Verhältnisse verbessert<br />
worden:<br />
i. Service Eau hat wieder ein funktionierendes Intranet (die Netzwerkverbindungen zwischen<br />
den Rechnern war nicht mehr vorhanden gewesen).<br />
ii. Service Eau hat eine Internetanbindung über die ORMVAO geschaltet.<br />
iii. Service Eau und ORMVAO haben einen Server und auch 2 Lizenzen von ArcGIS 9.2<br />
erhalten.<br />
iv. Die beiden Gebäude der ORMVAO wurden Netzwerktechnisch über eine Langstreckenverbindung<br />
(WLAN) verbunden.<br />
v. Das Netzwerk der ORMVAO wurde diesbezüglich umgestaltet.<br />
2. Ein Server für die beiden Stellen wurde einrichtet und übergeben.<br />
3. Eine Einführung in die Verwendung der entsprechenden Servertechnologie wurde gegeben.<br />
4. Eine Einführung in die Verwendung des von IMPETUS verwendeten Geodatenbanksystems<br />
wurde geben und die erste Version ausgeliefert.<br />
Die Übergabe des 2. Serverrechners für das Umweltministerium in Rabat ist für Januar 2009 geplant.<br />
Übergabe der beschafften Rechner an Partnerinstitute in Benin<br />
Die beschafften 5 Rechner wurden an die Empfänger ausgeliefert und in Betrieb genommen. Die<br />
Rechner wurden in Deutschland vorher aufgesetzt und entsprechend mit der Geodatenbank und dem<br />
SDSS-Framework ausgestattet.<br />
Im November 2008 fand eine Einführungsschulung statt, an der die verantwortlichen Personen und<br />
Techniker teilgenommen haben. Eine entsprechende Ausstattung haben die Partnerinstitutionen<br />
DG-Eau Cotonou, FSA – Uni, LSSEE – INRAB, CEPED, CIPMA erhalten. Die Festplatten werden<br />
nach begründetem Antrag an weitere Kooperationspartner im März 2009 ausgeliefert.
Spatial Decision Support Systems (SDSS) IMPETUS 23<br />
II.5 Internet<br />
Mitarbeiter<br />
R. Hoffmann<br />
Die Internetpräsenz wurde 2009 kontinuierlich gepflegt und aktuell gehalten, wobei grundlegende<br />
Veränderungen nach der kompletten Neugestaltung im Vorjahr nicht notwendig wurden.<br />
Als wesentliche Ergän<strong>zu</strong>ngen wurden die Erweiterung des Datendownloads, insbesondere für die<br />
Öffentlichkeit, implementiert (http://www.impetus.uni-koeln.de/daten/suche.html; näheres siehe<br />
oben Abschnitt Datenbanken) und die aktuellen Versionen des Interaktiven Digitalen IMPETUS<br />
Atlasses und der Druckversionen neu präsentiert (http://www.impetus.uni-koeln.de/iida).<br />
Abb. II.5-1: Webseite der digitalen Atlanten und der Druckatlanten.
Spatial Decision Support Systems (SDSS) IMPETUS 24<br />
II.6 Capacity Development im Teilprojekt C2<br />
Mitarbeiter<br />
A. Enders, M. Schmitz, C. Kunze<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Für die Übergabe der Systeme an die <strong>Projekt</strong>partner ist eine fundierte Schulung in der Bedienung<br />
und der Weiterentwicklung notwendig, um die nachhaltige Nut<strong>zu</strong>ng in den Ländern <strong>zu</strong> ermöglichen.<br />
Stand der Arbeiten<br />
Im Jahre 2008 wurde vom Teilprojekt C2 in beiden <strong>Projekt</strong>ländern eine Maßnahme <strong>zu</strong>r detaillierten<br />
Präsentation der IMPETUS SDSS/IS/MT durchgeführt. Eine intensive Schulung in softwaretechnische<br />
Aspekte des Frameworks ist für ausgewählte Personen für das Jahr 2009 geplant.<br />
SDSS-Workshop Marokko:<br />
Die Vorstellung der derzeit in Entwicklung befindlichen Systeme hat den Anwesenden die Möglichkeit<br />
geben, die Systeme <strong>zu</strong> testen, <strong>zu</strong> beurteilen sowie Verbesserungsvorschläge <strong>zu</strong> machen. Das<br />
Ziel war <strong>zu</strong> vermitteln, dass die Systeme einfach <strong>zu</strong> bedienen und technisch hochwertig sind und<br />
gut nutzbare Ergebnisse erzeugen. Die Systeme wurden insgesamt von den Anwesenden positiv<br />
beurteilt. Viele der Verbesserungsvorschläge konnten kurzfristig umgesetzt werden und wurden auf<br />
der IMPETUS-Konferenz im Oktober 2008 in Ouarzazate vorgestellt.<br />
Abb. II.6-1: SDSS-Workshop Marokko.
Spatial Decision Support Systems (SDSS) IMPETUS 25<br />
SDSS-Workshop in Benin:<br />
Wie schon in Marokko im Frühjahr so wurde auch im Benin ein SDSS-Workshop durchgeführt.<br />
Da<strong>zu</strong> wurden die unterschiedlichen Stakeholder in den Bereichen Uni und Ministerien / Agenturen<br />
eingeladen. Mit 46 Teilnehmern war der Workshop gut besucht.<br />
Im Workshop wurden alle bisher entwickelten SDSS, welche in einer lokalisierten und dokumentierten<br />
Form vorlagen, vorgestellt. An den beiden Tagen konnten die Teilnehmer die Systeme auch<br />
testen. Die vorgeschlagenen Verbesserungen werden kurzfristig implementiert.<br />
Abb. II.6-2: SDSS-Workshop Benin.
Spatial Decision Support Systems (SDSS) IMPETUS 26<br />
II.7 Aktuelle Veröffentlichungen im Teilprojekt C2<br />
BARETH, G., (2009, in print): GIS- and RS-based spatial decision support: Structure of a Spatial Environmental Information<br />
System (SEIS). – International Journal of Digital Earth.<br />
LAUDIEN, R., BROCKS, S., & BARETH, G., 2008a. Designing and developing Spatial Decision Support Systems by using<br />
ArcGIS Engine and Java. - Proc. 4th GIS Conference & ISPRS Workshop on Geoinformation and Decision<br />
Support Systems, 6-7 January 2008, CDRom Proceedings, Tehran, Iran.<br />
LAUDIEN, R. 2008. Verwendung von ArcGIS Engine <strong>zu</strong>r räumlichen Entscheidungsunterstüt<strong>zu</strong>ng. ArcAktuell 1/2008,<br />
p. 43.<br />
LAUDIEN R., BROCKS, S., WEYLER, S, & BARETH, G. 2008b. Development and implementation of a multi-temporal<br />
SDSS scenario viewer by using ArcGIS Engine: The ArcGISDoubleMap- Panel, ArcUser, Vol. 11, No. 3<br />
(Summer 2008), p. 16-19.<br />
LAUDIEN, R. , KLOSE, S., KLOSE, A., RADEMACHER, C. & BROCKS, S. 2008c. Implementation of non-Java based interfaces<br />
to embed existing models in Spatial Decision Support Systems - Case study: Integration of MSR Excelmodels<br />
in IWEGS. - Proc. XXXVII, Part B2, Commission II (Edited by: Chen, J., Jiang J., Kainz, W.), ISPRS<br />
Congress, 3-11 July 2008, Beijing, China, ISSN 1682-1750, p. 527-532.<br />
LAUDIEN, R., POFAGI, M., & RÖHRIG, J. (in review). Development and implementation of an interactive Spatial Decision<br />
Support System for decision makers in Benin to evaluate agricultural land resources - Case study:<br />
AGROLAND - , International Journal of Applied Earth Observation and Geoinformation (JAG).<br />
RÖHRIG, J. & LAUDIEN, R. (in review): Evaluation of agricultural land resources by implementing a GIS- and RS-based<br />
SDSS for national decision makers in Benin (West Africa), Journal of Applied Remote Sensing (JARS).<br />
MRZYGŁOCKI, R. 2008: Konzeptionelle und praktische Entwicklung eines Geodatensystems für die IMPETUS-<br />
<strong>Projekt</strong>länder Benin und Marokko, Diplomarbeit, Geographisches Institut der <strong>Universität</strong> Bonn, pp. 127.
Ernährungssicherung IMPETUS __27<br />
III Stand der Problemkomplexe<br />
III.1 Benin und seine Themenbereiche<br />
III.1.1 Ernährungssicherung<br />
Der <strong>Projekt</strong>bereich Ernährungssicherung befasst sich mit verschiedenen Faktoren, die sowohl eine<br />
verbesserte Ressourcennut<strong>zu</strong>ng für die Primärproduktion als auch die Tierhaltung betreffen. Ziel ist<br />
es dabei, die noch verfügbaren Reserven so <strong>zu</strong> erschließen, dass <strong>zu</strong>m einen die Nut<strong>zu</strong>ng nachhaltig<br />
ist, <strong>zu</strong>m anderen Konfliktpotenziale minimiert werden. Eine Verbesserung der Produktionsbedingungen<br />
und ein Schutz der natürlichen Ressourcen beinhaltet aber gleichzeitig die Nahrungsmittelproduktion<br />
für eine wachsende Bevölkerung sicher <strong>zu</strong> stellen. Da bei jeder Entscheidung über Ressourcennut<strong>zu</strong>ng<br />
verschiedene Belastungen, Nutzen, Vor- und Nachteile ab<strong>zu</strong>wägen sind, ist es<br />
wichtig, angesichts der Dimensionen und Komplexität des Themas die vorhanden Daten in räumlich<br />
explizite Entscheidungshilfesysteme (SDSS) <strong>zu</strong> integrieren. Zur Unterstüt<strong>zu</strong>ng der Entscheidungsträger<br />
auf kommunaler und nationaler Ebene werden daher in den im Themenbereich „Ernährungssicherung“<br />
<strong>zu</strong>sammengefassten Problemkomplexen Decision Support Systeme bzw. Informationssysteme<br />
entwickelt und in das IMPETUS Framework (ISDSS) eingebaut.<br />
Nachdem in der ersten Hälfte der dritten <strong>Projekt</strong>phase der Schwerpunkt auf der konzeptionellen<br />
Entwicklung der SDSS und IS lag, wurden im Berichtszeitraum die Konzepte in Zusammenarbeit<br />
mit dem <strong>Projekt</strong>bereich C2 softwaretechnisch umgesetzt und nutzerfreundliche Schnittstellen geschaffen.<br />
Alle Systeme besitzen nun Nutzerführungen in drei Sprachen (deutsch, englisch und französisch)<br />
sowie eine Bedienungsanleitung sowohl im HTML- als auch im PDF-Format. Die grafische<br />
Nutzeroberfläche des SDSS BenImpact (PK Be-E.1 und PK E.5) wurde komplett neu überarbeitet<br />
und erlaubt eine einfache Auswahl aus einer Vielzahl von Simulationsergebnissen und deren<br />
Darstellung als Kuchendiagramme, Liniengrafiken oder Landkarten. Im SDSS PEDRO (PK Be-<br />
E.2) wurden sowohl die Eingabeformulare um wichtige Parameter (Aussaatterminierung, Bestandesdichte)<br />
erweitert als auch die Ausgabe der Simulationsergebnisse. Die Kartendarstellung der<br />
Ergebnisse ist so in das ISDSS Framework integriert, dass auch Elemente des IMPETUS Atlas auf<br />
bequeme Weise eingebunden werden können. Das SDSS AGROLAND (PK Be-E.6) bietet nun die<br />
Möglichkeit die Auswirkungen von Klimaszenarien auf den Marginalitätsindex ab<strong>zu</strong>schätzen. Außerdem<br />
wurden eine Vorschaufunktion und eine Plausibilitätsprüfung der Nutzereingaben eingebaut.<br />
Die Ergebnisse der Szenarienrechnungen deuten darauf hin, dass sich bis <strong>zu</strong>m Jahr 2025 die<br />
naturräumlichen Produktionsgrundlagen deutlich verschlechtern werden. Zur Visualisierung der<br />
Ergebnisse der im <strong>Projekt</strong> regionalisierten Klimaszenarien des globalen Klimamodells ECHAM5,<br />
wurde im PK Be-E.3 das IS ClimModInfo entwickelt und softwaretechnisch weitgehend umgesetzt.<br />
Es hat im ISDSS Framework die Aufgabe, den Nutzern in leicht verständlicher Sprache die Ergeb-
Ernährungssicherung IMPETUS __28<br />
nisse der Klimaszenarien <strong>zu</strong> erklären. Da die Klimaszenarien in fast allen SDSS als Eingabeoptionen<br />
verwendet werden, ist das IS ClimModInfo von zentraler Bedeutung.<br />
Neben der Umset<strong>zu</strong>ng der SDSS/IS Konzepte in lauffähige und nutzerfreundliche Softwareanwendungen<br />
wurde insbesondere in den Problemkomplexen Be-E.1, Be-E.2 und Be-E.7 an der Kalibrierung<br />
der in den SDSS verwendeten Modellen weitergearbeitet. Dies ist eine unabdingbare Vorausset<strong>zu</strong>ng,<br />
um die Unsicherheiten in den Modellen <strong>zu</strong> verringern und um sie <strong>zu</strong>r wissenschaftlich fundierten<br />
Entscheidungsunterstüt<strong>zu</strong>ng einsetzen <strong>zu</strong> können.<br />
Das Capacity Development wurde im Berichtszeitraum intensiviert. Im Jahr 2008 wurden im Themenbereich<br />
Ernährungssicherung <strong>zu</strong> jedem SDSS/IS mindestens eine Fortbildungsmaßnahme<br />
durchgeführt. Das dort erhaltene Feedback durch die Nutzer konnte dann direkt in die Verbesserung<br />
des Systemkonzepts bzw. der GUI umgesetzt werden..<br />
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass im Themenbereich „Ernährungssicherung“ im<br />
Berichtszeitraum große Fortschritte in der Umset<strong>zu</strong>ng der Systemkonzepte in bedienungsfreundliche<br />
Softwareprodukte gemacht wurden. Die Rückmeldungen der Anwender in Benin sind durchweg<br />
positiv und konstruktiv, wie die zahlreichen Seminare und Workshops vor Ort gezeigt haben. Durch<br />
die Einbindung lokaler Wissenschaftler und Behörden in die Entwicklung und Umset<strong>zu</strong>ng der Systeme<br />
ist der Grundstein für einen nachhaltigen Technologietransfer gelegt.
Ernährungssicherung IMPETUS __29<br />
PK Be E.1 Landnut<strong>zu</strong>ng und Versorgungssicherung bei<br />
Ressourcenknappheit und Niederschlagsvariabilität in Benin<br />
Problemstellung<br />
Die agrarische Landnut<strong>zu</strong>ng ist ein in <strong>zu</strong>nehmendem Maße wichtiger Bestandteil der Gesamtlandnut<strong>zu</strong>ng<br />
in Benin, und darüber hinaus die Basis für die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln.<br />
Kennzeichnend für die beninische Landwirtschaft ist nach wie vor der Wanderfeldbau,<br />
in welchem sich Feldfrüchte mit Bracheperioden abwechseln. Bewässerungslandwirtschaft<br />
wird bislang nur in sehr geringem Ausmaß betrieben. Damit bestehen zwischen Art und Umfang<br />
der landwirtschaftlichen Nut<strong>zu</strong>ng und dem Wasserkreislauf in erster Linie folgende Zusammenhänge:<br />
1. Der Klimawandel, insbesondere die Änderung von Höhe und Verteilung der Niederschläge verändert<br />
das Ertragspotenzial der wichtigsten Nutzpflanzen,<br />
2. der Nahrungsbedarf der <strong>zu</strong>nehmenden Bevölkerung bei geringem Betriebsmitteleinsatz kann<br />
aktuell nur durch die Kultivierung bisher ungenutzter Flächen sowie Verkür<strong>zu</strong>ng der Bracheperioden<br />
gedeckt werden;<br />
3. was eine <strong>zu</strong>nehmende Entwaldung des Landes und Bodendegradation und<br />
4. eine fortlaufenden Ausdehnung der agrarisch genutzten Landfläche bewirkt, und damit eine<br />
Veränderung der vegetativen Biomasse hinsichtlich Umfang und Zusammenset<strong>zu</strong>ng. Dies wiederum<br />
hat u.a. Rückwirkungen auf Klima und den Gebietswasserhaushalt.
Ernährungssicherung IMPETUS __30<br />
Da die menschlichen Aktivitäten letztlich ökonomisch getrieben sind, erfordert die Lösung der vorstehend<br />
genannten Probleme eine Berücksichtigung der <strong>zu</strong> Grunde liegenden ökonomischen Bedingungen.<br />
Die für eine Lösung erforderliche Optimierung von Interventionen ist schwierig und soll<br />
durch die Integration der diesen Änderungen <strong>zu</strong>grunde liegenden ökonomischen Prozesse in ein<br />
DSS erreicht werden.<br />
Der geringe Entwicklungsstand des Landes hat <strong>zu</strong> Folge, dass der Landbevölkerung kaum Alternativen<br />
<strong>zu</strong>r derzeitigen Subsistenzwirtschaft als Haupterwerbsquelle <strong>zu</strong>r Verfügung stehen. Die hohen<br />
Kosten für die Vermarktung von Produkten und den Kauf von Dünge- und anderen Betriebsmitteln<br />
sowie der weitgehend fehlende Zugang <strong>zu</strong> Kleinkrediten sorgen dafür, dass Produktivitätssteigerungen<br />
und Spezialisierung in den Farmhaushalten unterbleiben. Die noch frei <strong>zu</strong>gänglichen Landreserven<br />
sowie die angesichts der verbreiteten Unterbeschäftigung im Überfluss vorhandene Arbeitskraft<br />
in den Dörfern sind somit die Ressourcen, mit denen tatsächlich gearbeitet wird. Erst bei<br />
einer Erschöpfung der Landreserven, wie sie im Süden <strong>zu</strong> beobachten ist, beginnt etwa der Einsatz<br />
von Dünger für die Bauern wirtschaftlich interessant <strong>zu</strong> werden.<br />
Mitarbeiter<br />
A. Kuhn, I. Gruber, T. Gaiser<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Ziel des Problemkomplexes ist <strong>zu</strong>m einen die Weiterentwicklung von ökonomisch fundierten Szenarien<br />
hinsichtlich der Landnut<strong>zu</strong>ng, agrarischem Wasserbedarf und Lebensmittelversorgung in<br />
Benin für das Jahr 2025. Im Zentrum der Analyse steht die interdisziplinäre Simulation des Wanderfeldbaus<br />
im Ein<strong>zu</strong>gsgebiet des Oueme, aber auch die Landnut<strong>zu</strong>ng in anderen repräsentativen<br />
Gebieten Benins wie dem Baumwollgebiet und dem subtropischen Küstengebiet des Landes.<br />
Forschungsansatz und Modellierung<br />
In einem landwirtschaftlich geprägten Entwicklungsland wie Benin können Agrarsektormodelle als<br />
politische Entscheidungshilfen dienen, da sich mit ihrer Hilfe sowohl die Auswirkungen von exogenen<br />
Änderungen (Klimawandel, Bevölkerungsentwicklung, technischer Fortschritt) als auch alternative<br />
Strategien der Wirtschafts- und Agrarpolitik quantifizieren und bewerten lassen können.<br />
Die Erstellung und Anpassung derartiger Modellsysteme erfordert jedoch Ressourcen, die oftmals<br />
in den Partnerländern nicht bereitgestellt werden können. Insofern ist ein wichtiges Ziel in PK Be<br />
E.1, ein den besonderen Produktionsverhältnissen im Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet angepasstes Agrarsektormodell<br />
<strong>zu</strong> entwickeln und Wissenschaftlern und Entscheidungsträgern in Benin verfügbar <strong>zu</strong><br />
machen.
Ernährungssicherung IMPETUS __31<br />
Während die Vegetation sich unter natürlichen Bedingungen als Folge von Klima, Bodenverhältnis-<br />
sen und Biodiversität entwickelt, wird ihre Zusammenset<strong>zu</strong>ng bei Zunahme der landwirtschaftlich<br />
genutzten Fläche von ökonomischen Entscheidungen der Bewohner bestimmt. Insofern ist eine bioökonomische<br />
Modellierung der agrarischen Landnut<strong>zu</strong>ng unabdingbar, um Aussagen <strong>zu</strong>r künftigen<br />
Landbedeckung und der Vegetation treffen <strong>zu</strong> können. Mit den naturwissenschaftlich orientierten<br />
Disziplinen wird vor allem im Bereich der Ertragsmodellierung wichtiger Feldfrüchte sowie möglicher<br />
Anbauverfahren kooperiert. Mit den sozial- und humanwissenschaftlichen Disziplinen findet<br />
ein Austausch im Bereich Demographie, Migration, Urbanisierung und Lebensmittelkonsum statt.<br />
Die besondere Herausforderung an ein agrarökonomisches Modell für IMPETUS-Benin besteht nun<br />
darin, diejenigen wirtschaftlichen Prozesse <strong>zu</strong> identifizieren und ab<strong>zu</strong>bilden, welche letztlich die<br />
beobachtete Landnut<strong>zu</strong>ng bestimmen. Die Landnut<strong>zu</strong>ng determiniert die Vegetationsbedeckung des<br />
Landes, und spielt damit eine entscheidende Rolle im Wasserkreislauf. Landnut<strong>zu</strong>ng erfolgt <strong>zu</strong>m<br />
einen in der Form von Ackerbau und Dauerkulturen (Sträucher und Bäume). Aber auch der Wald<br />
bzw. Baumsavanne werden als Quelle für Bau- und Feuerholz, als Viehweide und als Jagdrevier<br />
genutzt. Die beobachteten Trends der letzten Jahre zeigen eine starke Zunahme der ackerbaulichen<br />
Nut<strong>zu</strong>ng mit entsprechenden Rückgängen der Nut<strong>zu</strong>ng von Wald. Verbunden ist dies mit einem<br />
Rückgang des Volumens der Vegetationsbedeckung. Aufgabe der Agrarsektormodellierung ist es,<br />
die ökonomischen Ursachen als auch die Geschwindigkeit dieses Nut<strong>zu</strong>ngswandels <strong>zu</strong> erklären.<br />
Hier<strong>zu</strong> ist es <strong>zu</strong>m einen nötig, ein Modell <strong>zu</strong> verwenden, das die wirtschaftlichen Bedingungen von<br />
Subsistenzlandwirtschaft unter Bevölkerungsdruck wiedergibt. Des weiteren ist eine angemessene<br />
dynamische Formulierung und Parametrisierung des Modells erforderlich, um künftige Entwicklungen<br />
abschätzen <strong>zu</strong> können. Wesentliche treibende Faktoren sind hier in erster Linie das lokale Bevölkerungswachstum<br />
und die Entwicklung alternativer Einkommensmöglichkeiten.<br />
Zur numerischen Analyse wird auf der Basis des oben beschriebenen methodischen Ansatzes das<br />
im Rahmen der bisherigen Arbeit von IMPETUS entwickelte Agrarsektormodell BenIMPACT<br />
(Benin Integrated Modelling System for Policy Analysis, Climate and Technology Change) verwendet.<br />
BenIMPACT ist ein regionales Simulationsmodell für Angebot und Nachfrage von Agrarprodukten<br />
in Benin (Partialmodell). Dieses setzt sich <strong>zu</strong>sammen aus einem numerischen Simulationsalgorithmus,<br />
der in der Sprache GAMS (Generalised Algebraic Modelling System) programmiert<br />
ist, sowie einem als Szenario-Viewer ausgelegten, neu entwickelten SDSS (BenImpact-Crop),<br />
das den paarweisen Vergleich der bislang verfügbaren Szenarioläufen über den 25-jährungen <strong>Projekt</strong>ionszeitraum<br />
ermöglicht.<br />
Stand der Entwicklung des SDSS BenImpact-Crop<br />
Der BenIMPACT Scenario Viewer ist eine graphische Benutzeroberfläche (graphical user interface<br />
GUI), die da<strong>zu</strong> dient, Ergebnisse von Szenariosimulationen durch BenIMPACT <strong>zu</strong> visualisieren.<br />
Das numerische Simulationsmodell BenIMPACT ist ein regionalisiertes Modell für den Agrar- und
Ernährungssicherung IMPETUS __32<br />
Nahrungssektor in Benin. Jede Szenariosimulation durch BenIMPACT resultiert in einer Vielzahl<br />
an numerischen Ergebnissen, die in GDX-Dateien ausgegeben werden. Der BenIMPACT Scenario<br />
Viewer wurde hauptsächlich da<strong>zu</strong> programmiert, um GDX-Dateien unabhängig von GAMS auf<br />
bequeme Weise <strong>zu</strong>gänglich <strong>zu</strong> machen. Dem Benutzer der GUI ist es insbesondere möglich:<br />
1. Ergebnisdaten aus GDX-Szenario-Dateien <strong>zu</strong> extrahieren,<br />
2. Daten von GDX-Dateien in Tabellen, Graphen und Karten <strong>zu</strong> transformieren und <strong>zu</strong><br />
strukturieren,<br />
3. diese Auswahl in andere Datenformate oder Dokumente <strong>zu</strong> exportieren,<br />
4. neue GDX-Dateien in der Szenario-Datenbank <strong>zu</strong> speichern.<br />
Die GUI von BenIMPACT Scenario Viewer wurde entwickelt, um neuen Benutzern rasch ein intuitives<br />
Verständnis der wichtigsten Funktionsweisen <strong>zu</strong> ermöglichen. Diese Bedienungsanleitung<br />
zielt darauf, den Benutzer mit denn wichtigsten Funktionen vertraut <strong>zu</strong> machen.<br />
Das erste Dialogfeld, auf dem der Benutzer eine Auswahl treffen kann, ist die Auswahl zwischen<br />
den Funktionen ’Szenarios hin<strong>zu</strong>fügen’ und ‚Szenarios betrachten’. Üblicherweise wünscht der<br />
Benutzer <strong>zu</strong>nächst, ein existierendes Szenario <strong>zu</strong> betrachten (GDX-Datei), welches bereits Teil der<br />
Szenario-Datenbank ist. Falls der Benutzer jedoch ein Szenarios selbst berechnet oder von anderer<br />
Seite erhalten hat, kann er ebenso GDX-Dateien hin<strong>zu</strong>fügen, welche diese Ergebnisse enthalten.<br />
Die erste mögliche Auswahl: Szenarien betrachten oder Szenarien hin<strong>zu</strong>fügen<br />
Wünscht der Benutzer, neue Szenarien in die Datenbank ein<strong>zu</strong>stellen, öffnet sich der folgende Bildschirm,<br />
der den Benutzer da<strong>zu</strong> auffordert, die neuen GDX- Szenario- Dateien <strong>zu</strong> identifizieren, ihnen<br />
einen Namen <strong>zu</strong> geben und etwas erläuternden Text <strong>zu</strong>m simulierten Szenario hin<strong>zu</strong><strong>zu</strong>fügen.
Ernährungssicherung IMPETUS __33<br />
Dateien, Kurzbezeichnungen und Beschreibungen für neue Szenarien hin<strong>zu</strong>fügen<br />
Im unteren Teil dieses Formulars wird der Benutzer aufgefordert, die interdisziplinären IMPETUS-Szenarien<br />
<strong>zu</strong> bestimmen, auf welchem jedes individuelle BenIMPACT-Szenario basiert. Jede Forschungsgruppen in<br />
IMPETUS arbeitet soweit als möglich mit diesen vordefinierten klimatischen und sozioökonomischen Szenarien.<br />
Sobald die neue GDX-Szenario-Datei <strong>zu</strong>r Szenariodatenbank hin<strong>zu</strong>gefügt wurde, steht diese <strong>zu</strong>r Betrachtung<br />
und <strong>zu</strong>m Vergleich mit anderen Szenarien <strong>zu</strong>r Verfügung, was die Schlüsselfunktion des BenIMPACT Scenario<br />
Viewer darstellt.<br />
Nachdem zwei Szenarien vom Benutzer ausgewählt worden sind, wird eine vorgegebene Tabellenansicht<br />
angezeigt (s. Abb. unten). Diese Tabellenansicht vergleicht die Marktbilanzen für agrarische Verbrauchsgüter<br />
zwischen den zwei Szenarien für das Jahr 2000, markiert mit ‚Szenario 1’ und ‚Szenario 2’ in der Abbildung.<br />
In den Tabellenzeilen sehen wir Agrargüter (Pflanzliche und tierische Erzeugnisse). In den Tabellen-
Ernährungssicherung IMPETUS __34<br />
spalten sind die Variablen angezeigt, die diese einfache Form einer Marktbilanz bilden: Produktion abzüg-<br />
lich Verluste und Saatgutverbrauch, menschlicher Konsum, Verarbeitung und der daraus resultierende regionale<br />
Überschuss oder Defizite. Die Szenarien gruppieren die Spalten; sie stellen die ‚Spaltengruppen’ dar.<br />
Die regionale wie auch die zeitliche Dimension sind nicht in den Zeilen und Spalten enthalten und müssen<br />
folglich über das Dropdownmenü in der oberen linken Ecke ausgewählt werden (‚Auswahl Region’ und<br />
„Auswahl Jahr’). Es wäre zwar ebenso möglich, ‚Zeilengruppen’ <strong>zu</strong> bilden, indem man entweder die regionale<br />
oder die zeitliche Dimension hin<strong>zu</strong>fügt, aber dies würde die Tabellen <strong>zu</strong> groß werden lassen, um noch<br />
einen schnellen Überblick <strong>zu</strong> gewährleisten. Das Hin<strong>zu</strong>fügen, Entfernen oder Verlagern von Datendimensionen<br />
kann über die Pivotierungsfunktion leicht realisiert werden, welche an späterer stelle erläutert werden<br />
wird.<br />
Startansicht: Marktbilanzen in Benin für das Jahr 2000<br />
Ch i Ch<br />
Scenario 1 Scenario 2<br />
Zusätzlich <strong>zu</strong>m den Dropdownmenüs, die andere Datendimensionen enthalten, kann der Benutzer einige<br />
<strong>zu</strong>sätzliche Buttons in der oberen linken Ecke der Tabellenansicht finden. Die nächste Abbildung zeigt diese<br />
Buttons detaillierter Form:<br />
• Ganz entscheidend ist die Toolbar, die Buttons <strong>zu</strong>m Kopieren/Einfügen von Tabellen- oder Graphikansichten<br />
enthält, <strong>zu</strong>m Exportieren von Dateien, Ansichtsoptionen, Pivotierung, sowie die Auswahl der<br />
Darstellungsart der Daten als Tabelle, Grafik oder Landkarte.<br />
• In jeder Tabelle, aber auch jeder Grafik oder Karte können individuelle Elemente einer Dimension ausgewählt<br />
werden, indem man die ‘Auswahlbuttons’ (unten links) anklickt. Darüber kann der Benutzer<br />
beispielsweise die Ergebnisdarstellung auf die Jahre 2000 und 2025 reduzieren oder lediglich die tierischen<br />
Produkte auswählen. Überdies ist eine Navigationsfunktion verfügbar, mit der man <strong>zu</strong>rück <strong>zu</strong>r<br />
vorherigen Ansicht gelangen kann.
Ernährungssicherung IMPETUS __35<br />
Die Toolbuttons für Tabellen<br />
Choose topic<br />
and table<br />
content<br />
Return to<br />
previous<br />
view<br />
Export to a file<br />
Copy table or<br />
graph to the<br />
clipboard<br />
Selection of<br />
row elements Selection of<br />
row elements<br />
View<br />
options<br />
Selection of row-group elements<br />
Pivot the table<br />
Choose between<br />
table, graph, or map<br />
• Thema und Tabelle – dieser Button erlaubt dem Benutzer, zwischen verschiedenen Themen<br />
(z.B. Ernährungssicherung => Landwirtschaft) <strong>zu</strong> wechseln. Jedes Thema enthält eine Vielzahl<br />
an vordefinierten Tabellen, welche wiederum Ergebnisse <strong>zu</strong>m Thema bereitstellen. Unter<br />
dem Thema Ernährungssicherung sind Tabellen <strong>zu</strong> Marktbilanzen, Preisen, Handel, Pro-<br />
Kopf-Verbrauch und Ernährung bereits angelegt. Das Thema Landwirtschaft wartet mit Tabellen<br />
<strong>zu</strong> Anbauflächen, Größe der Viehbestände, Erträgen und regionale Anbauanteilen auf.<br />
Der Abschnitt Ressourcenverbrauch arbeitet mit absoluten und Pro-Kopf-Nut<strong>zu</strong>ng von Kulturland<br />
und Wasser. Schließlich legen die Tabellen <strong>zu</strong> den Hauptantriebsfaktoren die Annahmen<br />
hinsichtlich Klimawandel, Bevölkerungswachstum und ökonomischer Entwicklung offen,<br />
die das spezifische Szenario charakterisieren. Der aktivierte „Inhalt und Tabelle“-Button<br />
wird in der nächsten Abbildung gezeigt.
Ernährungssicherung IMPETUS __36<br />
Vordefinierte Themen aussuchen und da<strong>zu</strong>gehörige Tabellen- und Kartenansichten<br />
Der Szenario-Viewer verfügt nun über eine Vielzahl von Funktionen, um Tabellen, Diagramme<br />
oder Landkarten <strong>zu</strong> erstellen und <strong>zu</strong> exportieren, deren Beschreibung den hiesigen Rahmen sprengen<br />
würde. Genauere Informationen sind der Dokumentation des Viewers <strong>zu</strong> entnehmen, die<br />
Bestanddteil des IMPETUS - Frameworks ist.<br />
Forschungsarbeit im Berichtszeitraum: Szenario-Simulationen <strong>zu</strong>r Düngernut<strong>zu</strong>ng<br />
Die un<strong>zu</strong>reichende Flächenproduktivität von Nahrungspflanzen ist ein wesentlicher erklärender<br />
Faktor für die <strong>zu</strong>nehmende Abhängigkeit afrikanischer Länder von Nahrungsmittelimporten und –<br />
hilfe. Die Verwendung von Mineraldünger in größerem Umfang als bisher könnte die Nahrungsbilanzen<br />
vieler Länder dramatisch verbessern und für niedrigere Nahrungsmittelpreise, einem größeren<br />
Angebot und Verbrauch sowie einer verbesserten Nahrungsmittelsicherheit und Ernährungssituation<br />
dienen. Unter bestimmten Vorausset<strong>zu</strong>ngen kann vermehrte Düngernut<strong>zu</strong>ng auch den Druck<br />
auf die Ressourcen Land, Wasser und Arbeitskraft verringern.<br />
Um die Bedingungen für eine verbesserte Nut<strong>zu</strong>ng von Mineraldünger mit Hilfe des Agrarsektormodells<br />
BenIMPACT simulieren <strong>zu</strong> können, wurden mit Hilfe des Pflanzenwachstumsmodells<br />
EPIC im SDSS PEDRO Ertragssimulationen für verschiedene Düngeniveaus durchgeführt (siehe<br />
PK Be-E.2). Aus diesen Simulationsreihen wurden für die Verwendung in BenIMPACT quadrati-
Ernährungssicherung IMPETUS __37<br />
sche N-Ertragsfunktionen approximiert. Die Düngeniveaus im Basisjahr 2000 wurden auf Grundlage<br />
dieser Ertragsfunktionen sowie den gängigen Düngemittel- und Produktpreisen unter der Annahme<br />
gewinnmaximierenden Düngereinsatzes kalibriert.<br />
Eine besondere Bedeutung hat in diesem Zusammenhang die düngerpolitische Praxis in Benin.<br />
NPK-Mischdünger wird zoll- und steuervergünstigt für den saisonal geplanten Baumwollanbau <strong>zu</strong>r<br />
Verfügung gestellt. Darüber hinausgehende Düngermengen müssen von den Landwirten <strong>zu</strong> den<br />
regional gängigen Marktpreisen (also Einfuhrpreis plus Zoll, Mehrwertsteuer, sowie Transport- und<br />
Vermarktungskosten) erworben werden. Der quotenmäßig beschränkte steuervergünstigte Dünger<br />
ist etwa 40% billiger als auf dem freien Markt. Es ist ein offenes Geheimnis in Benin, dass der für<br />
Baumwolle importierte Mineraldünger je nach der Preissituation im Baumwollsektor in großem<br />
Umfang für andere, vor allem Nahrungsfrüchte, abgezweigt wird. Dies erklärt auch die in den letzten<br />
Jahren <strong>zu</strong> beobachtende Zunahme von Erträgen etwa bei Cassava, während die Baumwollerträge<br />
<strong>zu</strong>rückgingen.<br />
Zwei Szenarien wurden mit Hilfe von BenIMPACT simuliert. Das Basisszenario stellt die Konsequenzen<br />
einer Fortführung der bisher verfolgten Düngepolitik bis 2025 dar. Es zeigt sich, dass Benin<br />
vor allem aufgrund der wachsenden Bevölkerung in eine <strong>zu</strong>nehmende Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten<br />
geraten würde. Die Nut<strong>zu</strong>ng von Dünger würde generell abnehmen, unter anderem<br />
deshalb, weil der Anbau von Baumwolle relativ <strong>zu</strong> anderen Produkten an Attraktivität verlöre<br />
und dadurch die bereitgestellten Mengen an steuervergünstigtem Dünger abnähmen.<br />
Das simulierte Politikexperiment hingegen zeigt die Auswirkungen einer Ausweitung der existierenden<br />
Düngepolitik für Baumwollanbau auf die gesamte Nut<strong>zu</strong>ng von Dünger. Eine Nicht-<br />
Besteuerung von Mineraldünger hätte positive Folgen für die Landwirtschaft in Benin und die Versorgung<br />
mit Nahrungsmitteln. Die Ausdehnung der Landnut<strong>zu</strong>ng würde gegenüber dem Basisszenario<br />
nur unwesentlich <strong>zu</strong>nehmen. Hingegen wäre die gesamte Nut<strong>zu</strong>ng von Mineraldünger fast<br />
doppelt so hoch, wovon vor allem der Anbau von Nahrungsmitteln profitieren würde (Abb.1). Die<br />
Zunahme der Importabhängigkeit könnte zwar nicht in ihr Gegenteil verkehrt, aber doch erheblich<br />
gebremst werden.
Ernährungssicherung IMPETUS __38<br />
Base year Baseline scenario, 2025 Tax exemption scenario, 2025<br />
Abb. III.1.1-1: Regionale Verwendung von NPK-Dünger 2000 and 2025 [in kg pro Hektar]
Ernährungssicherung IMPETUS __39<br />
PK Be-E.2: Auswirkungen von Landnut<strong>zu</strong>ngsänderungen, Klimaveränderungen<br />
und Pflanzenmanagement auf Bodendegradation und Ernteertrag<br />
im oberen Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
Problemstellung<br />
Anbau von Yams bei Parakou<br />
Aufgrund des anhaltenden Bevölkerungswachstums im Ein<strong>zu</strong>gsgebiet des Ouémé ist eine <strong>zu</strong>nehmende<br />
Ausdehnung der landwirtschaftlich genutzten Fläche sowie ein verstärkter Nut<strong>zu</strong>ngsdruck<br />
auf die bereits vorhandenen Flächen <strong>zu</strong> verzeichnen. Als Folge von verkürzten Brachezeiten, mangelndem<br />
Düngereinsatz, regelmäßigem Abbrennen der Biomasse sowie Bodenerosion durch Wasser,<br />
zeigen die Böden in einigen Teilen des Untersuchungsgebiets bereits starke Degradationserscheinungen.<br />
Mit dem Verlust an Wurzelraum durch Bodenerosion und der Abnahme der Nährstoffvorräte<br />
sowohl durch Bodenerosion als auch durch die Verkür<strong>zu</strong>ng der Brachezeiten ist kurz-<br />
(wenige Jahre) bis mittelfristig (Jahrzehnte) mit Einbußen bei den Ernteerträgen <strong>zu</strong> rechnen. Diese<br />
sind im Falle der Bodenerosion <strong>zu</strong>m Teil irreversibel und angesichts der vorherrschenden Subsistenzwirtschaft<br />
für die Landbevölkerung von existenzieller Bedeutung. Die Entwicklung der Erträge<br />
nimmt eine zentrale Rolle hinsichtlich der <strong>zu</strong>künftigen Landnut<strong>zu</strong>ngsänderungen ein, da sie<br />
maßgeblich die Flächenausdehnung der landwirtschaftlichen Nut<strong>zu</strong>ng bestimmt. Im Hinblick auf<br />
die Ernährungssicherung ist es daher wichtig, die Zusammenhänge zwischen Klima, Landnut<strong>zu</strong>ng,<br />
Ertrag, Bodeneigenschaften und Anbausystemen <strong>zu</strong> analysieren und <strong>zu</strong> quantifizieren, sowie mögliche<br />
Auswirkungen von Handlungsoptionen ab<strong>zu</strong>schätzen.<br />
Die zentralen Fragen sind daher:
Ernährungssicherung IMPETUS __40<br />
• Welche Effekte üben gegenwärtige und <strong>zu</strong>künftige Veränderungen in der Landnut<strong>zu</strong>ng und<br />
im Klima auf die Bodenerosion aus? Welche Gebiete im oberen Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet sind<br />
besonders erosionsgefährdet?<br />
• Wie wirken sich Klimaveränderungen, Verkür<strong>zu</strong>ng der Brachezeiten und Bodendegradation<br />
auf den Ernteertrag wichtiger Feldfrüchte aus?<br />
• Kann durch veränderte <strong>Management</strong>strategien, wie beispielsweise den Einsatz von Düngemitteln,<br />
der Ernteertrag gesteigert bzw. die Bodenerosion reduziert werden?<br />
• Welche Konsequenzen ergeben sich hinsichtlich der Ernährungssicherung für die Zukunft?<br />
Mitarbeiter<br />
T. Gaiser, C. Hiepe, A. Srivastava, A. Bossa, A. Enders<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Das Hauptziel der Arbeiten ist die Entwicklung des SDSS PEDRO (Protection du sol Et Durabilité<br />
des Ressources agricoles dans le bassin versant de l'Ouémé Supérieur) <strong>zu</strong>r Abschät<strong>zu</strong>ng des <strong>zu</strong>künftigen<br />
Bodenaustrages und der Ertragsentwicklung unter Berücksichtigung von Klima- und<br />
Landnut<strong>zu</strong>ngsszenarien, wie sie aus den IMPETUS Szenarien abgeleitet werden. Die Entwicklung<br />
beinhaltet <strong>zu</strong>m einen die Parametrisierung und Kalibrierung eines Ertragsmodells (EPIC) und eines<br />
hydrologischen Modells (SWAT), <strong>zu</strong>m anderen die Einbindung potenzieller Nutzer in das Design<br />
des SDSS, um die Modelle auf die Bedürfnisse der <strong>zu</strong>künftiger Nutzergruppen ab<strong>zu</strong>stimmen.<br />
Nutzergruppen<br />
• Direction Générale de l’Eau<br />
• Dr. Pierre Adisso (Chef Service Hydrologie)<br />
• Dr. Felix Azonsi (Chef Service Resources en Eau)<br />
• Mitarbeiter : Arnaud Zannou, Aurélien Tossa<br />
• Université d’Abomey-Calavi<br />
• Prof. Abel-Afouda (Faculté des Sciences Techniques)<br />
• Mitarbeiter : Eric Alamou<br />
• Prof. E. Agbossou (Faculté des Sciences Agronomiques)<br />
• Mitarbeiter : Dr. Luc Sintondji<br />
• Institut National des Recherches Agronomique du Bénin<br />
• Dr. Mouinou Attanda Igué<br />
• Rodrigue Dagberou, Patrice Attiogbe
Ernährungssicherung IMPETUS __41<br />
Stand der SDSS/IS/MT-Entwicklung<br />
Das SDSS PEDRO ist von der softwaretechnischen Seite her nun voll einsatzfähig. Neben einer<br />
Erweiterung der Anbauoptionen im Hinblick auf den Saattermin und die Pflanzendichte, wurde<br />
auch die Ergebnisausgabe um weitere Optionen erweitert (z.B. Differenzkarten für Ernteerträge,<br />
Ausgabe der hydrologischen Ausgabegrößen in monatlicher Auflösung). Außerdem ist sowohl die<br />
Nutzerführung als auch die Bedienungsanleitung in drei Sprachen verfügbar. Erste Einführungskurse<br />
für Anwender des SDSS wurden bereits durchgeführt, woraus sich u.a. Anregungen für eine<br />
Weiterentwicklung des Systems ergaben. Weitergehende Schulungen für Administratoren sind für<br />
das nächste Jahr geplant.<br />
Die Kalibrierung und Validierung des SDSS für Mais und Yams wurde im Berichtszeitraum vorangetrieben.<br />
Inhaltlich ist die Validierung auf regionaler Ebene für einzelne Kulturpflanzen noch nicht<br />
endgültig abgeschlossen. Inzwischen wurde auf beninischer Seite der Wunsch geäußert, das System<br />
um weitere Kulturpflanzen (Ananas, Cashew) <strong>zu</strong> ergänzen, die für die <strong>zu</strong>künftige Agrarproduktion<br />
und besonders für den Export von Bedeutung sein könnten.<br />
Erweiterung der Eingabe- und Ausgabeoptionen im SDSS PEDRO<br />
Die Vorstellung des SDSS für potentielle Nutzer des Systems ergab, dass die Optionen für die Parametrisierung<br />
der Anbaumaßnahmen, um die Einstellung des Saattermins sowie die Pflanzdichte<br />
erweitert werden mussten. Der Änderung des Saattermins ist für die Bauern eine einfache und kostenneutrale<br />
Maßnahme <strong>zu</strong>r Anpassung an Witterungs- und insbesondere Klimaveränderungen. Die<br />
Spanne der möglichen Aussaatmonate wurde gemäß den spezifischen Möglichkeiten bei der jeweiligen<br />
Kulturpflanze festgelegt. Innerhalb dieser Spanne kann der Nutzer den Aussaatmonat frei<br />
wählen (Abb.III.1.1-2). Eine weitere kostenneutrale Maßnahme <strong>zu</strong>r Anpassung an verändertes Wasser-<br />
und Nährstoffangebot ist die Variation der Pflanzdichte. Bei Rückgang der Niederschläge muss<br />
beispielsweise die Bestandesdichte von Getreide durch den Bauern reduziert werden, um die Erhaltung<br />
und Ausbildung der Körner und damit des verwertbaren Ertrags <strong>zu</strong> sichern. Bei höherer Wasserverfügbarkeit<br />
beispielsweise wenn eine Bewässerungsmöglichkeit besteht, ist eine Erhöhung der<br />
Bestandesdichte möglich und sogar nötig, um die bessere Wasserversorgung in eine optimale Biomasse-<br />
und Ertragsbildung umsetzen <strong>zu</strong> können. Zur Ermittlung der potentiell möglichen Bestandesdichten<br />
mussten umfangreiche Recherchen durchgeführt werden. Da die Spanne der möglichen<br />
Bestandesdichten bei den einzelnen Kulturpflanzen sehr unterschiedlich ist, wurde auch diese Einstellungsmöglichkeit<br />
für den Anwender kulturpflanzenspezifisch gestaltet. Bei Yams sind beispielweise<br />
Bestandesdichten von 0.3 bis 8 Pflanzen pro m2 üblich, während bei Reis bis <strong>zu</strong> 300 Pflanzen<br />
pro m2 möglich sind (Abb. III.1.1-2).
Ernährungssicherung IMPETUS __42<br />
Abb. III.1.1-2: Eingabeformular <strong>zu</strong>r pflanzenspezifischen Definition von Aussaatstärke und<br />
Pflanztermin im SDSS PEDRO<br />
Auf Empfehlung der Anwender wir in der Ergebnisausgabe eine Abfrageroutine entwickelt, um<br />
Differenzkarten bzw. –diagramme dar<strong>zu</strong>stellen. Die Ergebnisausgabe des SDSS Pedro enthält standardmäßig<br />
ein Referenzszenario (Klimadaten aus Messungen, Ausdehnung der Ackerflächen in den<br />
Jahren 1991/2000, Traditioneller Anbau ohne Bewässerung und Düngung). Durch die Abfrageroutine<br />
können nun die Ergebnisse der vom Nutzer definierten Szenarienkombination in Beziehung<br />
gesetzt werden <strong>zu</strong> den Ergebnissen des Referenzszenarios und Differenzkarten- oder Differenzdiagramme<br />
ausgegeben werden. Abbildung III.1.1-3 zeigt die Differenzen der Maiserträge des Szenarios<br />
Regenfeldbau mit Mineraldüngereinsatz (Klimadaten aus Messungen, Ausdehnung der Ackerflächen<br />
in den Jahren 1991/2000) <strong>zu</strong>m Referenzszenario. Die Differenzkarte zeigt, dass die Wirkung<br />
der Mineraldüngung abhängig ist vom Standort, aber allen Ein<strong>zu</strong>gsgebieten, in denen Ackerbau<br />
betrieben wird, <strong>zu</strong> einer Erhöhung der Maierträge um 1 bis >2.5 t/ha führt.
Ernährungssicherung IMPETUS __43<br />
Abb. III.1.1-3: Räumlich differenzierte Erhöhung der Maiserträge durch Einsatz von Mineraldüngung<br />
im Vergleich <strong>zu</strong>m Referenzszenario (Klimadaten aus Messungen,<br />
Ausdehnung der Ackerflächen in den Jahren 1991/2000, Traditioneller<br />
Anbau ohne Bewässerung und Düngung)<br />
4.2 Kalibrierung der Ertragsberechnungen für Yams und Mais<br />
Yams ist eine der ökonomisch bedeutendsten Kulturpflanzen im Oueme-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet, weil sie<br />
relativ hohe Flächenerlöse erwirtschaftet. Allerdings gibt es bisher kein Pflanzenwachstumsmodell,<br />
das in der Lage ist das Wachstum und die Ertragsbildung dieser Pflanze <strong>zu</strong> simulieren. Für die Abschät<strong>zu</strong>ng<br />
der Yamserträge im SDSS PEDRO bedurfte es des Aufbaus eines Parameterfiles für diese<br />
Kulturpflanze, welcher die für das EPIC Modell wichtigsten physiologischen Kenngrößen von<br />
Yams enthält. Die physiologischen Kenngrößen wurden teils durch umfangreichen Literaturrecherchen,<br />
teils durch die Auswertung der Feldexperimente in den Jahren 2000-2006 gewonnen. Nach<br />
dem Aufbau des Parameterfiles erfolgte die Kalibrierung des Modells anhand der Feldversuche in<br />
den Jahren 2005 und 2006.<br />
Total Biomass (Mg/ha)<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Figure 2(a)<br />
Observed<br />
biomass<br />
Simulated<br />
biomass<br />
Tuber yield (Mg/ha)<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Figure 2(b)<br />
Abb. III.1.1-4: Vergleich der mittleren simulierten und beobachteten Biomasse (links) und der<br />
Yamserträge (rechts) für die Jahre 2005 und 2006 aus Feldversuchen auf drei<br />
Standorten mit zwei Behandlungen (mit und ohne Mineraldüngung)<br />
Observed<br />
Tuber yield<br />
Simulated<br />
Tuber yield
Ernährungssicherung IMPETUS __44<br />
Neben Yams und Baumwolle ist Mais die flächenmäßig bedeutendste Feldfrucht. Die Kulturpflanzenerträge<br />
und insbesondere die Maiserträge im Oueme-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet sind abhängig von der Verfügbarkeit<br />
von Bracheflächen, weil die Brache traditionell die einzige Maßnahme <strong>zu</strong>r Erhaltung der<br />
Bodenfruchtbarkeit ist. Vorausset<strong>zu</strong>ng für die Erfassung der Brachewirkung auf die Maiserträge im<br />
SDSS PEDRO ist die Sensitivität des Modells EPIC bzgl. des Brache-Ackerflächeflächen-<br />
Verhältnisses und Kalibrierung auf regionaler Ebene. Deshalb musste für die Kalibrierung der<br />
Maiserträge auf der Ebene der Gemeinden (Commune), ein Klassifikationsschema für die räumlich<br />
differenzierte Quantifizierung der verfügbaren Bracheflächen entwickelt und in das SDSS eingebaut<br />
werden. Aus den Ergebnissen der Satellitenbildklassifikation wurden die Ackerflächen sowie Flächen<br />
unter verschiedene Savannentypen in den Teilein<strong>zu</strong>gsgebieten abgeleitet (Judex et al. 2007).<br />
Danach wurden jedes Teilein<strong>zu</strong>gsgebiete einer der sieben Fallow-Cropland–Klassen <strong>zu</strong>geordnet<br />
(Tab. III.1.1-1). Je Zugehörigkeit <strong>zu</strong> einer der Fallow-Cropland-Klassen wurde dann für jedes Teilein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
ein flächengewichtetes Mittel des Maisertrages aus Simulationsläufen mit bzw. ohne<br />
Brache ermittelt. Wenn die gesamte Savanne (boisée und arbustive) als Brache verfügbar wäre,<br />
wären die <strong>zu</strong> erwartenden Erträge deutlich höher als das statistische Mittel in den einzelnen Gemeinden<br />
(Tab. III.1.1-2). Jedoch, wenn die Annahme, dass die gesamte Brachefläche für die Rotation<br />
<strong>zu</strong>r Verfügung steht verändert wird und angenommen wird, dass weniger Brachefläche <strong>zu</strong>r Verfügung<br />
steht, sinken auch die simulierten Maiserträge. Erst bei der Annahme einer Bracheverfügbarkeit<br />
von 25% der Savannenfläche nähert sich der simulierte Durchschnittsertrag dem statistischen<br />
Ertrag an (Tab. III.1.1- 2).<br />
Fallowcropland<br />
class<br />
Tab. III.1.1-1: Definition regionaler Fallow-Cropland-Klassen gemäß des Verhältnisses von<br />
Ackerland <strong>zu</strong> Bracheflächen<br />
Crop cycles without<br />
fallow Fallow-crop cycles<br />
Average<br />
Average falcroplow-croplandland<br />
ratio Area Cropland Area Cropland<br />
(%) (%) (%) (%) (%)<br />
1 17 4.9 0 100 100 17<br />
2 25 3.0 10 100 90 17<br />
3 38 1.6 25 100 75 17<br />
4 50 1.0 40 100 60 17<br />
5 67 0.5 60 100 40 17<br />
6 83 0.2 80 100 20 17<br />
7 100 0.0 100 100 0 17
Ernährungssicherung IMPETUS __45<br />
Tab. III.1.1-2: Vergleich des Mittels der statistischen Maiserträge in den zehn Gemeinden des HVO von 1995 bis<br />
2000 mit den simulierten Mittelwerten für Annahmen mit unterschiedlicher Bracheverfügbarkeit (ME<br />
= Mittlerer Fehler, MRE = Mittlerer relativer Fehler)<br />
Mittelwert Mittelwert<br />
Statistik Simulation ME MR<br />
(kg ha -1 ) (kg ha -1 ) (kg ha -1 )<br />
(%)<br />
Gesamte Savanne als<br />
Brache 1241 1999 758 0.62<br />
50% der Savanne verfügbar<br />
25% der Savanne ver-<br />
1241 1781 540 0.44<br />
fügbar 1241 1428 187 0.15<br />
Dies bedeutet, dass man in einzelnen Teilein<strong>zu</strong>gsgebieten davon ausgehen muss, dass die verfügbare<br />
Brachefläche schon jetzt die Ertragsbildung bei Mais limitiert, obwohl über das gesamte obere<br />
Ein<strong>zu</strong>gsgebiet gesehen der Anteil der Ackerfläche an der Gesamtfläche nur 12 % beträgt. Dies<br />
hängt <strong>zu</strong>m einen damit <strong>zu</strong>sammen, dass der Schutzwald (Forêt Classée) einen erheblichen Teil des<br />
oberen Oueme-Ein<strong>zu</strong>gsgebietes einnimmt. Zum Anderen liegt es aber auch an den Bodenrechtsverhältnissen,<br />
die für viele Bauern, und insbesondere die eingewanderten Migranten, den Zugang <strong>zu</strong><br />
den noch reichlich verfügbaren Bracheflächen erschweren. Nicht <strong>zu</strong>letzt ist schließlich der physische<br />
Zugang durch fehlende Straßen und Wege ein Hindernis, um noch nicht erschlossene Bracheflächen<br />
nutzbar <strong>zu</strong> machen.<br />
Szenarienrechnungen<br />
Zur Abschät<strong>zu</strong>ng der Wirtschaftlichkeit des Einsatzes von Düngemitteln wurden mit dem SDSS<br />
Szenarien <strong>zu</strong>r Auswirkung des Düngemitteleinsatz auf die Pflanzenerträge gerechnet. Es wurden<br />
mit Hilfe des SDSS Düngersteigerungsexperimente durchgeführt, in denen die Zufuhr von Stickstoff,<br />
dem in der Regel am stärksten limitierenden Nährstoff, schrittweise erhöht von 0 auf 300<br />
kg/ha wurde.<br />
Die Abbildung III.1.1-5 zeigt beispielhaft die Ergebnisse der Simulationsläufe für die unterschiedlichen<br />
Stickstoffdüngungsstufen für Mais und Erdnüsse. Die Erträge sowohl von Mais als auch von<br />
Erdnuß werden durch Stickstoffdüngung deutlich erhöht. Allerdings ist der relative Ertrags<strong>zu</strong>wachs<br />
bei Mais höher als bei Erdnuß. Der Zuwachsfaktor bei Düngung von 100 kg Stickstoff beträgt bei<br />
Mais 2.5 während er bei Erdnuß nur 1.9 erreicht. Die Ergebnisse der Stickstoffproduktionsfunktionen<br />
ging u.a. in das SDSS BenImpact ein, und ermöglichte dort die Berechnung von Düngeszenarien<br />
und deren Wirtschaftlichkeit auf regionaler Ebene.
Relative yield increase compared<br />
to control (without N)<br />
Ernährungssicherung IMPETUS __46<br />
Tab. III.1.1-3: Annahmen <strong>zu</strong> den Szenarien <strong>zu</strong>r Stickstoffdüngung durch die Zufuhr von Mischdünger (NPK 14-23-14)<br />
und Harnstoff<br />
Stickstoffmenge Davon<br />
Davon<br />
Gesamt NPK 14-23-14 Netto N Harnstoff Netto N<br />
Kg N/ha Kg Dünger/ha Kg N/ha Kg Dünger/ha Kg N/ha<br />
25 178 25 1 0<br />
50 178 25 55 25<br />
75 178 25 108 50<br />
100 356 50 108 50<br />
200 356 50 326 150<br />
300 356 50 500 230<br />
3<br />
2.5<br />
2<br />
1.5<br />
1<br />
0.5<br />
Weitere Schritte<br />
y = -176.27x 2 + 32.773x + 0.9964<br />
Maize local<br />
Polynomisch (Maize local)<br />
0<br />
0 0.02 0.04 0.06 0.08 0.1 0.12 0.14<br />
Nitrogen (t/ha)<br />
Relative yield increase compared<br />
to control (without N)<br />
2.5<br />
2<br />
1.5<br />
1<br />
0.5<br />
y = -125.89x 2 + 21.764x + 0.9741<br />
R 2 = 0.9902<br />
Peanut<br />
Polynomisch (Peanut)<br />
0<br />
0 0.02 0.04 0.06<br />
Nitrogen (kg/ha)<br />
0.08 0.1 0.12<br />
Abb. III.1.1-5: Normierte Stickstoffertragsfunktionen für Mais (rechts) und Erdnuss (links)<br />
aus Simulationsläufen <strong>zu</strong> Düngerszenarien (Stickstoffsteigerung) mit dem<br />
SDSS PEDRO<br />
Für den nächsten Berichtszeitraum ist sind folgende Schritte geplant:<br />
1. Räumliche Ausdehnung des SDSS auf deas gesamte Ein<strong>zu</strong>gsgebiet des Oueme<br />
2. Regionale Validierung des SDSS für Yams<br />
3. Validierung des EPIC Modells für neue Reissorten für Afrika (NERICA) (siehe auch PK<br />
Be-E7)<br />
4. Fortset<strong>zu</strong>ng der Schulung von SDSS Administratoren und von interessierten Nutzern in Benin
Ernährungssicherung IMPETUS __47<br />
Literatur<br />
Williams, J.R. (1995): The EPIC Model, in Singh, V.P.: Computer Models of Watershed Hydrology. Water Resources<br />
Publications, Highlands Ranch, USA. pp 909-1000.<br />
Srivastava, A., Gaiser, T. (2008): Biomass Production and Partitioning pattern of Yam (Dioscorea rotundata). Agricultural<br />
Journal 3:334-337.<br />
Gaiser, T., Hiepe, C., Judex, M., Kuhn, A. (2008): Regional simulation of food and biomass production in the tropics.<br />
Agricultural Systems (submitted)<br />
Srivastava, A., Gaiser, T., Kanninkpo, C. (2008): Response of lowland rice to topography and different management<br />
practices in Inland valley in the sub-humid savannah of West Africa. J. Plant Nutr. Soil Sci. (submitted)
Ernährungssicherung IMPETUS __48<br />
PK Be-E.3 Saisonale und langfristige Niederschlagsvorhersage in Benin und<br />
Einsatzmöglichkeiten in der Landwirtschaft<br />
Abb. III.1.1-6: Aus den Konsortialläufen abgeleitete Prognose der Entwicklung des Niederschlags über Benin nach<br />
dem A1b-Szenario des IPCC (Klimamodell REMO, statistisch nachbearbeitet, Vergleich <strong>zu</strong> REMO-<br />
Läufen von 1960-1999)<br />
Mitarbeiter<br />
H. Paeth, M. Janssens, Z. Deng, C. Hiepe, K.-O. Heuer<br />
Problemstellung<br />
Die Verfügung von Süßwasser aus dem Niederschlag ist ein essentieller Faktor in der landwirtschaftlichen<br />
Produktion und der Ernährungssicherung in Benin. Bislang gibt es kaum operationelle<br />
Systeme <strong>zu</strong>r saisonalen Langfristvorhersage von Regenmengen im tropischen Westafrika. Solche<br />
saisonalen Vorhersagen stellen aber eine essentielle Grundvorausset<strong>zu</strong>ng für die kurzfristige landwirtschaftliche<br />
Planung dar. Langfristige Klimaänderungen werden sich vermutlich auch auf das<br />
landwirtschaftliche Potenzial in Benin auswirken. Es sind also möglichst realistische Szenarien einer<br />
Klimaänderung in Westafrika <strong>zu</strong> entwickeln, um auf der regionalen Skala mittel- bis langfristige<br />
Anpassungsstrategien der landwirtschaftlichen Produktion an veränderte klimatische Randbedingungen<br />
für die kommenden Jahrzehnte aus<strong>zu</strong>arbeiten.
Ernährungssicherung IMPETUS __49<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Geplant ist für die dritte Phase im IMPETUS-<strong>Projekt</strong> die operationelle Niederschlagsvorhersage für<br />
eine Regenzeit und die Kommunikation der Vorhersageergebnisse an Akteure in der landwirtschaftlichen<br />
Produktion. Das in IMPETUS entwickelte System basiert auf globalen und regionalen Klimamodellsimulationen,<br />
die an existierenden Beobachtungsdaten des Niederschlags geeicht werden,<br />
um die Zuverlässigkeit der simulierten Daten <strong>zu</strong> verbessern. Darüber hinaus gilt es, das Vorhersagesystem<br />
technisch-operationell <strong>zu</strong> implementieren, z.B. beim beninischen Wetterdienst in Cotonou.<br />
Das hier<strong>zu</strong> in den folgenden Monaten <strong>zu</strong> implementierende SDSS nennt sich „Prévision de la<br />
Mousson Africaine“ (kurz: PRÉMA). Der alte Name des Systems, „Prévision Saisonnièere de la<br />
Pluis Sous-saheliénne“ (kurz: PRÉSAPLUS), musste wegen <strong>zu</strong> großer Namensähnlichkeit mit anderen,<br />
afrikanischen Produkten, geändert werden.<br />
Ferner müssen die vorhergesagten Variablen an die Bedürfnisse der landwirtschaftlichen Akteure<br />
angepasst und entsprechende Kommunikationswege aufgebaut werden, damit die Vorhersageergebnisse<br />
die Entscheidungsträger vor Ort rechtzeitig erreichen. Die Verbindung zwischen Klima und<br />
Landwirtschaft wird <strong>zu</strong>nächst mit einem statistischen Modell untersucht. Darüber hinaus sollen<br />
klimabedingte Veränderungen im Pflanzenwachstum mit dem Wachstumsmodell EPIC berechnet<br />
werden. Damit soll neben den dekadischen Vorher-sagen aus der zweiten IMPETUS-Phase nun<br />
auch auf der saisonalen Zeitskala eine Vorhersage des landwirtschaftlichen Potenzials in verschiedenen<br />
Subregionen Benins formuliert werden. Dabei sollen die saisonalen Vorhersagen und das<br />
Kommunikationssystem für die kurzfristige Planung operationell implementiert werden. Hier<strong>zu</strong><br />
sind bereits einige Vorarbeiten geleistet worden.<br />
Kooperationspartner<br />
Insbesondere bei der saisonalen Vorhersage wird eine Kooperation mit der Direction de la Météorologique<br />
Nationale in Cotonou angestrebt. Erste Gespräche mit dem Direktor, Herrn Didé, sind bereits<br />
geführt worden. Die Verbindung zwischen Klima und landwirtschaftlicher Produktion soll<br />
gemein-sam mit Wissenschaftlern der Université Abomey-Calavi untersucht und ebenfalls in ein<br />
operationelles Vorhersagesystem aufgenommen werden. Nach erfolgreicher Implementierung des<br />
Vorhersagesystems ist aber auch eine Kooperation mit Vertretern verschiedener Verwaltungsebenen<br />
und Akteuren in der Landwirtschaft notwendig. Hierbei werden insbesondere die in IMPETUS<br />
bereits geknüpften Kontakte bis hin <strong>zu</strong>r Dorf und Gemeindeebene genutzt.<br />
Stand der bisherigen Arbeiten<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng im PK Be-E.3 für das Jahr 2008 waren:<br />
• eine Schulung in Cotonou, Benin mit dortigen Entscheidungsträgern und wichtigen Mitarbeitern<br />
<strong>zu</strong>r Vorbereitung auf das SDSS PREMA;<br />
• Realisierung eines Informationssystems <strong>zu</strong>r Klimamodellierung im IMPETUS-<strong>Projekt</strong> nach<br />
einer Idee aus dem Jahre 2007;
Ernährungssicherung IMPETUS __50<br />
• die Weiterentwicklung des DSS PREMA.<br />
Inwiefern die unteren beiden Ziele erfüllt wurden, steht im entsprechenden Kapitel <strong>zu</strong>m Stand der<br />
SDSS/IS/MT-Entwicklungen.<br />
Bei der Schulung, die am 30. März und 1. April 2008 im Chant d'Oiseau in Cotonou stattfand, ging<br />
es sowohl um einen Überblick der Klimaeinflüsse und -veränderungen auf die beninische Landwirtschaft,<br />
die Modellierung des Klimas im Allgemeinen als auch um die Hilfestellung seitens<br />
IMPETUS durch das SDSS PRÉMA, aber auch durch die weiteren angebotenen ISDSS-Systeme.<br />
Die Schulung wurde mit einer weiteren IMPETUS-Schulung an den folgenden Tagen von Malte<br />
Diederich (PK Be-H.3), u.a. <strong>zu</strong> seinem IS PrecipInfo, kombiniert. Neben Prof. Heiko Paeth als Vortragender<br />
und Kai O. Heuer nahmen über 20 Personen aus Benin teil, darunter z.B. Dr. Janvier Agbadjagan<br />
(DMN), Francis Dide (DNM), Césaire Gnangle (INRAB) und Gilles Nago (FSA). Besonders<br />
erwähnenswert war die dortige Mitarbeit von Dr. Mathias Pofagi vom CePED (Centre de Parterariat<br />
et d'Expertise pour le developpement durable), welche <strong>zu</strong> weiteren besonders fruchtbaren<br />
Gesprächen weit über die Tagung hinaus führte. Weitere Anwerbungen für und Gespräche über die<br />
ISDSS-Angebote des PK Be-E.3 fanden u.a. in Ouagadougou bei der GLOWA-Statuskonferenz<br />
Ende Oktober 2008 statt.<br />
Stand der SDSS/IS/MT-Entwicklung<br />
Als wichtigstes Element für den PK Be-E.3 gilt in der dritten Phase das SDSS PREMA. Ziel dieses<br />
SDSS ist das Erstellen einer saisonalen Vorhersage des Monsunverlaufs in Benin, welche für den<br />
Abb. III.1.1-7: Blockschaubild <strong>zu</strong>r geplanten Abfolge der PREMA-Prognosekette
Ernährungssicherung IMPETUS __51<br />
Zeitraum März bis September/Oktober berechnet werden.<br />
Aufgrund der Auswahl der <strong>zu</strong> benutzenden Anfangsdaten (möglichst aktuelle Beobachtungsreanalysen<br />
der Meeresoberflächentemperaturen) und die für die verschiedenen Datenpakete vorhandenen<br />
Überarbeitungsperioden, hat sich herausgestellt, dass derzeit nur eine monatliche Berechnung anvisiert<br />
werden kann. Zudem gibt es noch Unsicherheiten über die Auswahl der letztendlichen Vorhersageparameter<br />
in den Modelldaten für die statistische Nachbearbeitung. Dies ist insbesondere eine<br />
Frage des <strong>zu</strong>r Verfügung stehenden Arbeitsspeichers.<br />
Die für PREMA benötigten außerordentlichen Datengrößen der Klimamodelle ECHAM und<br />
REMO, verbunden mit den ständig nötigen Neuberechnungen, lassen es nicht <strong>zu</strong>, dieses Programmpaket<br />
<strong>zu</strong>sammen mit den anderen IS/SDSS-Modulen <strong>zu</strong> verbreiten. Es wird nicht davon ausgegangen,<br />
dass die Rechneranlagen und Speicherkapazitäten beim Beninischen Wetterdienst ausreichend<br />
sind, um die integrierten Modellrechnungen durch<strong>zu</strong>führen bzw. sämtliche auch zwischendurch<br />
anfallenden Daten von bis knapp über 100 Gigabyte ab<strong>zu</strong>speichern. Von daher ist es nötig,<br />
die Berechnungen auf einem fremden Großrechner durch<strong>zu</strong>führen. Bevor<strong>zu</strong>gt wird dabei die Rechneranlage<br />
des Deutschen Klimarechenzentrums (DKRZ) in Hamburg, da auf diesem auch die bisherigen<br />
Klimamodellläufe erstellt, deren Rohdaten abgespeichert worden sind und genügend Speicherkapazitäten<br />
für die Modelldaten des globalen Klimamodells ECHAM-5 und dem eingebetteten<br />
REMO vorhanden ist.<br />
Problematisch in dieser Hinsicht jedoch, dass der <strong>zu</strong>r Klimamodellierung benötigte Großrechner<br />
vom Deutschen Klima- und Rechenzentrum ausgetauscht werden sollte, wovon die Verantwortlichen<br />
im PK erst dieses Jahr erfahren haben; die diesbezüglichen Aktivitäten haben sich jedoch auf<br />
mehrere Monate verschoben. Dieser Austausch, inklusive des Ausfalls der Rechenkapazitäten über<br />
mehrere Monate, welcher nunmehr Anfang des Jahres 2009 stattfinden wird, wird die Justierung der<br />
<strong>zu</strong> bildenden REMO-Ausgabedaten für die statistische Prognosebearbeitung zeitlich auf das Ende<br />
(Frühjahr/Sommer 2009) der dritten IMPETUS-Phase schieben.<br />
Weiterhin sind der Aufbau und die Bedienung vom Gesamtpaket PREMA für die Kunden in Benin<br />
äußerst komplex. Es ist das Ziel den dortigen Anwendern, <strong>zu</strong>mindest einen Teil von ihnen, angeeignet<br />
werden, die nötigen <strong>zu</strong> wiederholenden Berechnungen neu <strong>zu</strong> starten. Daher soll das SDSS in<br />
zwei Versionen ausgehändigt werden. Während die kleinere Version lediglich das Ausgabemodul<br />
der Klimadaten sowie eine Downloadfunktion enthält, wird die größere Version auch die Elemente<br />
beinhalten, welche für die Berechnung der Modelldaten nötig sind.<br />
Die Vorausset<strong>zu</strong>ngen und Verbindungen hierfür wurden auf der bereits angesprochenen Schulung<br />
in Cotonou geknüpft. Von beiden Seiten wurde der Wunsch geäußert, mehrere Personen aus Benin<br />
zeitnah mit dem Ende des IMPETUS-<strong>Projekt</strong>s Mitte 2009 nach Deutschland ein<strong>zu</strong>laden, um die<br />
letztendlichen Ausführprogramme für PREMA <strong>zu</strong> erlernen, damit das Vorhersagesystem vor Ort<br />
bedient werden kann.
Ernährungssicherung IMPETUS __52<br />
Eine Bearbeitung der graphischen Oberfläche hatte aufgrund der Großrechnersituation noch keine<br />
große Priorität und wurde <strong>zu</strong>gunsten der Bearbeitung der anderen ISDSS-Module im IMPETUS-<br />
<strong>Projekt</strong>, problemkomplexbezogen auf das im nächsten Abschnitt <strong>zu</strong> erklärende IS ClimModInfo,<br />
auf den Winter 2008/2009 <strong>zu</strong>rückgestellt. Die Gestalt von PREMA soll sich jedoch nach dem Corporate<br />
Design der anderen Module richten.<br />
Abb. III.1.1-8: Erstes Beispiel (französische Version): Überblick auf die Startseite des IS ClimModInfo mit <strong>zu</strong>gehöriger<br />
Blockgrafik.<br />
Das IS ClimModInfo<br />
Auf Wunsch seitens vieler IMPETUS-Mitglieder, ist im Laufe des vergangenen Jahres das IS<br />
ClimModInfo entstanden, welches als Ziel hat, der Bevölkerung in Benin einen Eindruck von dem<br />
Aufbau der verwendeten Klimamodellen bzw. deren Nutzen und Genauigkeit <strong>zu</strong> liefern. Ferner<br />
wird ein Teil der bisherigen Berechnungen mit den REMO-Konsortialläufen mit Hilfe dieses IS den<br />
dargestellt. Das IS wurde dafür de facto in zwei Teile gegliedert.
Ernährungssicherung IMPETUS __53<br />
Der erste Teil, welcher sowohl über den ISDSS-Informationsknopf, als auch die Startseite des IS<br />
aufrufbar ist, behandelt, eingeteilt in drei Unterkapiteln, folgende Themenschwerpunkte <strong>zu</strong> erklären:<br />
− der Aufbau von Klimamodellen an sich, ihr Unterschied <strong>zu</strong> synoptischen Wettervorhersagemodellen<br />
sowie ihre prognostischen Möglichkeiten und Schwächen;<br />
− die in den letzten Jahren (weiter-)entwickelten Treibhausgasszenarien und ihr Einbau in<br />
verschiedene Klimamodelle;<br />
− die nähere Erläuterung der im IMPETUS-<strong>Projekt</strong> benutzten Klimamodelle.<br />
Abb. III.1.1-9: Zweites Beispiel (englische Version): Überblick auf das dritte Unterkapitel <strong>zu</strong>m Thema<br />
Klimamodellierung im IMPETUS-<strong>Projekt</strong>. Die Blockgrafik wird als Wegweiser im IS weiter benutzt.<br />
Dabei wurde bewusst der Ansatz verfolgt, den Interessierten einige wichtige Begriffe so einfach wie<br />
möglich <strong>zu</strong> erklären, schließlich sollen in diesem ersten Teil weniger die bereits mit Fachwissen<br />
vertrauten Personen in Führungskreisen angesprochen werden, sondern vielmehr die Anwender des<br />
ISDSS, welche noch wenig oder gar keine Kenntnisse <strong>zu</strong> diesem Themengebiet haben. Ein wichtiger<br />
Stichpunkt ist der Hinweis auf die Nichtvollkommenheit von Klimamodellen, um keine Allmacht<br />
von Klimamodellen vor<strong>zu</strong>geben; andererseits aber auch die Informationen, die man trotzdem<br />
aus den Modellen ziehen kann, unter anderem durch die Abschät<strong>zu</strong>ng der möglichen Fehler durch
Ernährungssicherung IMPETUS __54<br />
das (im PK durchgeführten) Ensemble-Prinzip und die (ebenfalls vorhandene) statistische Nacharbeitung.<br />
Das Unterkapitel bezieht sich vornehmlich auf die für Benin benutzten (Klimamodell-)<br />
Programme beziehen, ist aber auch für Anwender in Marokko gedacht.<br />
Der zweite Teil von ClimModInfo besteht aus der Darstellung von Klimakarten für das in den Konsortialläufen<br />
der zweiten IMPETUS-Phase benutzten REMO-Gebiets.<br />
Im zweiten Teil wird ein ausgewählter Teil an Daten graphisch vorgestellt, die aus den im zweiten<br />
Teil erstellten REMO-Konsortialläufen und der statistischen Nachbearbeitungen mittels WEGE<br />
erstellt wurden. Die REMO-Daten sind Karten <strong>zu</strong>r Verteilung der meteorologischen Parameter<br />
Mittlere Temperatur, Niederschlagssumme und Niederschlagstage; der Augenmerk ist auf die Veränderung<br />
der Mittelwerte (durch die im IMPETUS-<strong>Projekt</strong> benutzten Modelle und Zukunftsszenarien<br />
berechnet) dieser Parameter im Laufe der nächsten Jahrzehnte gelegt worden. Über die Risiken<br />
bei der Interpretation dieser Karten wurde im ersten Teil von ClimModInfo eingegangen. Daher<br />
richtet sich der zweite Teil des Informationssystems auch an Personen, die bereits Erfahrung in der<br />
Klimamodellierung haben oder sich mit dem ersten Teil bereits auseinander gesetzt haben. Die Karten<br />
im IS sind sowohl für das gesamte REMO-Gebiet (Nord- und Mittelafrika) abrufbar, als auch<br />
<strong>zu</strong>r Vergrößerung für die Staaten Marokko und Benin.<br />
Bei den WEGE-Daten, die für ClimModInfo herangezogen werden, handelt es sich um die bereits<br />
im <strong>Projekt</strong> bekannten Klimadiagramme (ähnlich den Walter-Lieth-Klimadiagrammen), die für 24<br />
ausgewählte Orte (von mehreren hundert Orten) in Benin einen Überblick für die mittleren Jahreswerte<br />
bei Temperatur und Niederschlag sowohl der nahen Vergangenheit (Klimamittel 1961-1990)<br />
als auch den IPCC-SRES-abhängigen Zukunftsszenarien für die nächsten Dekaden, basierend auf<br />
den REMO-Daten und statistisch nachbearbeitet, liefern sollen. Auf weiterführende Karten wurde<br />
in diesem Abschnitt verzichtet, da Überschneidungen mit dem IS PrecipInfo (PK Be-H.3) vermieden<br />
werden sollten, welcher die entsprechenden Modelldaten ebenfalls, aber hauptsächlich auf<br />
Landkartenbasis darstellt.<br />
Die Arbeiten <strong>zu</strong>m Informationssystem ClimModInfo seitens des PK Be-E.3 sind im Laufe des Jahres<br />
2008 fertig gestellt worden. Es fehlen aber noch einige französische Textbausteine, für die von<br />
den Hauptverantworlichen des ISDSS-<strong>Projekt</strong>s ein Überset<strong>zu</strong>ngsbüro beauftragt wurde.
Ernährungssicherung IMPETUS __55<br />
Abb. III.1.1-10: Zweites Beispiel (englische Version): Überblick auf das dritte Unterkapitel <strong>zu</strong>m Thema<br />
Klimamodellierung im IMPETUS-<strong>Projekt</strong>. Die Blockgrafik wird als Wegweiser im IS weiter benutzt.<br />
Abb. III.1.1-11: Viertes Beispiel (englische Version): Beispiel für die Menüwahl und die graphische Darstellung im<br />
zweiten Teil von ClimModInfo.
Ernährungssicherung IMPETUS __56<br />
Literatur:<br />
[1] Paeth, H.; Girmes, R.; Menz, G.; Hense, A. (2005): Improving seasonal forecasts in the low latitudes; Mon. Wea.<br />
Rev. 134, 1859-1879<br />
[2] Paeth, H.; Busche, H.; Diekkrüger (2006): A dynamical-statistical weather generator for past and future climate; in<br />
Vorbereitung<br />
[3] Paeth, H.; Capo-Chichi, A.; Endlicher, W. (2007): Climate change and food security in tropical west Africa; Erdkunde;<br />
in Begutachtung<br />
[4] Paeth, H.; Born, K.; Girmes, R.; Pod<strong>zu</strong>n, R.; Jacob, D. (2008): Regional climate change in tropical Africa under<br />
greenhouse forcing and land-use changes; Journal of Climate; geplant, Version vorerst nur online abrufbar<br />
(Stand: 8. 12. 2008): http://ams.allenpress.com/archive/1520-<br />
0442/preprint/2008/pdf/10.1175_2008JCLI2390.1.pdf<br />
[5] Offizielle Website des AMIP-<strong>Projekt</strong>s (2006): http://www-pcmdi.llnl.gov/projects/amip/; PCMDI, Livermore, Kalifornien,<br />
USA; letzter Zugriff am 8. 1. 2008<br />
[6] Daniel S. Wilks (2006): Statistical Methods in the Atmospheric Sciences – Second Edition; Academic Press
Ernährungssicherung IMPETUS __57<br />
PK Be-E.4 Ausweisung von geeigneten Standorten und nachhaltiges <strong>Management</strong><br />
von Kleinstauseen für die Landwirtschaft<br />
Problemstellung<br />
Die Verfügbarkeit von Wasser ist eine wichtige Vorausset<strong>zu</strong>ng für Landwirtschaft und Viehhaltung.<br />
Während der Trockenzeiten ist der Wassermangel ein limitierender Faktor für die landwirtschaftliche<br />
Produktion in Zentral und Nord Benin. Es ist davon aus<strong>zu</strong>gehen, dass dieser Wassermangel<br />
durch Klimaveränderung noch verschärft wird. Vor dem Hintergrund und einer wachsenden Bevölkerung<br />
bei gleichzeitig <strong>zu</strong>rückgehenden Niederschlägen kann die Versorgungssicherheit gefährdet<br />
sein. Bis <strong>zu</strong> einem gewissen Grad kann dem durch die Anlage von kleinen Stauseen <strong>zu</strong>r Produktionssteigerung<br />
in der Landwirtschaft begegnet werden.<br />
Deshalb ist Ausweisung von geeigneten Standorten für den Bau der Stauseen, sowie die Abschät<strong>zu</strong>ng<br />
der dadurch möglichen potentiellen Steigerung agrarischer Produktion eine Notwendigkeit. Es<br />
genügt aber nicht nur Kleinstauseen <strong>zu</strong> bauen. Wie einige negative Beispiele in der Vergangenheit<br />
gezeigt haben, muss bei der Anlage eines kleinen Stausees neben der technischen Machbarkeit ein<br />
tragfähiges Nut<strong>zu</strong>ngskonzept in enger Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung und den lokalen<br />
Behörden erarbeitet werden. Dies stellt eine nachhaltige Nut<strong>zu</strong>ng sicher und kann eventuelle<br />
negative Folgen (Konflikte, Bodendegradierung, u.a.) vermeiden.
Ernährungssicherung IMPETUS __58<br />
Ziel<br />
Ziel des PKs ist die Schaffung eines Gesamtkonzepts für die Planung und nachhaltige Nut<strong>zu</strong>ng von<br />
Kleinstauseen, das neben den naturräumlichen Aspekten wie Hydrologie, Klimatologie, Vegetion,<br />
Boden und Geologie auch ökonomische und soziologische/ethnologische Aspekte berücksichtig.<br />
Auf dieser Grundlage soll ein Decision Support System (mit dem Namen SYMBA) erstellt werden,<br />
mit dem neben einer optimierte Standortwahl für Kleinstauseen auch eine nachhaltige Nut<strong>zu</strong>ngsplanung<br />
unterstützt werden kann. Neben den technischen Vorausset<strong>zu</strong>ngen sollen durch einen strukturierten<br />
Prozess partizipative Mechanismen und Instrumente <strong>zu</strong>m Interessensausgleich der unterschiedlichen<br />
Nutzergruppen und <strong>zu</strong>m Konfliktmanagement der im Rahmen des Baus und Betriebs<br />
des Stausees auftretenden Spannungen geschaffen und implementiert werden.<br />
Da diese Kleinstauseen in ganz Westafrika im Rahmen der Nahrungssicherung eine wachsende Bedeutung<br />
erfahren, ist die Schaffung eines tragfähigen Gesamtkonzepts mit den da<strong>zu</strong>gehörigen Planungswerkzeugen<br />
von überregionalem Nutzen.<br />
Mitarbeiter<br />
H.-P. Thamm, M. Judex, V. Orekan, G. Steup, T. Gaiser, N. Bako-Arifari,<br />
Nutzergruppen<br />
• Direction Générale de l’Eau<br />
• INRAB<br />
o Dr. Pierre Adissou (Chef Service Hydrologie)<br />
o Dr. Felix Azonsi (Chef Service Resources en Eau)<br />
o Dr. V. Mama<br />
• Université d’Abomey-Calavi<br />
• UTE<br />
o Prof. Houndagba (Faculté des Geograpy)<br />
o Mitarbeiter : Dr. Vincent Orekan<br />
o Prof. N. Honkonou (CIMPA)<br />
o N.N.
Ernährungssicherung IMPETUS __59<br />
Stand der SDSS/IS/MT-Entwicklung<br />
Zielset<strong>zu</strong>ngen dieses PK sind die Ausweisung von geeigneten Standorten für die Errichtung von<br />
kleinen Stauseen sowie die Erstellung von nachhaltigen <strong>Management</strong>konzepten für Kleins-<br />
Stauseen. Hierfür werden entsprechende Werkzeuge <strong>zu</strong>r Entscheidungsunterstüt<strong>zu</strong>ng (SDSS von<br />
Spatial Decision Support System) geschaffen. Das SDSS für die Nut<strong>zu</strong>ng von Kleinstauseen,<br />
SYMBA, besteht aus unterschiedlichen Modulen. Wie die einzelnen Module ineinandergreifen ist<br />
in Abbildung III.1.1-12 aufgeführt.<br />
Für das Modul Topo (PK Be-E.4-1) wurden Werkzeuge für eine räumliche Analyse der Oberfläche<br />
und des verfügbaren Wasservolumens bei frei wählbarer Lage und Höhe der Staumauer geschaffen.<br />
Dies erfolgte erst als Plug-In der im Rahmen von IMPETUS entstandenen raumbezogenen Modellierplattform<br />
XULU (eXtended Unified Land Use and Land Cover Change). Als Eingabe wird ein<br />
digitales Geländemodell benötigt. Dann wird in einem nutzerfreundlichen Fenster die Möglichkeit<br />
gegeben eine Staumauer an der gewünscten Stelle im DGM ein<strong>zu</strong>zeichnen. Anschließend kann die<br />
gewünschte Stauhöhe vorgegeben werden. Das Topo-Modul in Symba berechnet dann das jeweilge<br />
Stauvolumen und die Wasserfläche. So kann die jeweils theoretisch nutzbare Wassermenge in Abhängigkeit<br />
der Stauhöhe berechnet werden. Die Ausgabe erfolgt graphisch in einem Fenster und als<br />
Werte Tabellenform, auf die von anderen Modulen <strong>zu</strong>gegriffen werden können.<br />
Die real <strong>zu</strong>r Verfügung stehende Wassermenge verringert sich jedoch durch Evaporation und Infiltration.<br />
Für Einbeziehung dieser Größen wurden in SYMBA definierte Schnittstellen geschaffen um<br />
diese Parameter, die von den Klimatolgoen bzw. Bodenkundlern/Hydrogeologen bestimmt werden,<br />
<strong>zu</strong> berücksichtigen. Dabei können die Daten in unterschiedlichen Detaillierungsgraden eingegeben<br />
werden. Es ist möglich einfache „look up“ Tabellen, in denen die Verdungstungsmenge pro Tag<br />
aufgelistet sind, <strong>zu</strong> verwenden, aber auch direkte Kopplung an komplexe Verdungstungsmodelle<br />
die witterungsabhängige Evaporation oder sogar Evapotranspiration (durch Ufervegetation) berücksichtigen<br />
ist möglich. Welcher Detaillierungsgrad verwendet wird ist abhängig von den <strong>zu</strong> Verfügung<br />
stehenden Daten und anderen Restriktionen (Arbeitskraft, Rechnerleistung, Netzanbindung<br />
etc). Das Topographie Modul in SYMBA zeigt dann dynamisch die jeweilige Wasseroberfläche des<br />
Kleinstausse. Hiermit steht dem Planer ein System <strong>zu</strong>r Verfügung in dem bei gegebenem Naturraum,<br />
gekennzeichnet durch Topographie, Boden, Klima etc., die <strong>zu</strong>r für eine Bewässerung <strong>zu</strong>r<br />
Verfügung stehende Wassermenge berechnet werden kann. Es ist möglich auch die Wasserentnahme<br />
durch Bewässerung und, falls entsprechende Daten <strong>zu</strong>r Verfügung stehen, durch Viehtränke <strong>zu</strong><br />
berücksichtigen.
Ernährungssicherung IMPETUS __60<br />
Abb. III.1.1-12: Struktur des DSS Symba (Thamm)<br />
Nun ist es möglich durch eine Kopplung mit einem Entscheidungsunterstüt<strong>zu</strong>ngssytem das den Ertrag<br />
von Feldfrüchen unter variablen Rahmenbedingungen abschätzt, wie z.B. das im IMPETUS<br />
Kontext entstandene PEDRO, die Ertragssteigerung durch eine optimale Wasserversorgung, wie sie<br />
durch die Kleinstauseen gewährleistet wird, <strong>zu</strong> berechnen. Damit kann der Nutzen der Kleinstauseen<br />
am gegebenen Standort unter dem Gesichtspunkt der Ernährungssicherung modelliert werden.<br />
Wenn nun die Marktpreise für die Feldfrüchte berücksichtig werden, z.B. unter Verwendung eines<br />
ökonomischen Modells, ist es möglich diesen Mehrwert auch monteär ab<strong>zu</strong>schätzen und in Be<strong>zu</strong>g<br />
<strong>zu</strong> den Kosten für die Kleinstauseen <strong>zu</strong> setzen. Dies ist die Basis für eine langfristige Nutzen-<br />
Kosten Rechnung.<br />
Das in XULU geschaffene Plug-In wurde in das ISDSS integriert.<br />
Sozio-ökonomische Erhebungen im Zusammenhang mit Kleinstauseen<br />
Erfahrungen der Vergangenheit mit Kleinstauseen zeigten, dass den sozio-ökonomische Verhältnisse<br />
und hierbei insbesondere die Organisation der Nut<strong>zu</strong>ng der Kleinstauseen entscheidende Bedeutung<br />
für einen nachhaltigen, konfliktarmen Betrieb der Kleinstauseen <strong>zu</strong>kommt.<br />
Für das Modul „sozio-ökonomie Nutz“, wurde deshalb in Zusammenarbeit mit der UAC (<strong>Universität</strong><br />
Abomey Calavi) unter Federführung von Prof. Dr. Bako-Arifari eine Befragung und Evaluation
Ernährungssicherung IMPETUS __61<br />
von bestehenden Kleinstauseen im HVO durchgeführt. Zunächst erfolgte eine Stratigraphie der bestehenden<br />
Kleinstauseen im HVO und es wurden exeplarisch eine Auswahl in Be<strong>zu</strong>g auf Größe und<br />
Art ausgewählt.<br />
Folgenden Themen wurden in dem Zusammenhang untersucht:<br />
• Eigentumsverhältnisse des Geländes vor dem Bau<br />
Hierbei sollen die unterschiedlichen Strategien für den Bau erfaßt werden. Welche Eingentumsverhältnisse<br />
gab es (Gemeindebesitz, Privatbesitz, Besitz kleinerer Gruppen, etc.). Welche Vorteile<br />
bieten die unterschiedlichen Varianten, wo treten Konflikte auf.<br />
• Finanzierung des Kleinstausees<br />
Bei dieser Frage wurde erfaßt wie die Finanzierung des Stausees bewerkstelligt wurde. Folgende<br />
Varianten gibt es: Einzelperson, Gruppe von Privatpersonen, Dorfgemeinschaft, Entwicklungs<strong>zu</strong>sammenarbeit.<br />
Es gibt auch Mischformen. Eine Frage in dem Kontext war die Frage in welchen<br />
Anteilen die Finanzierung getragen wurde und welche Chancen und Konflikte sich bei der jeweiligen<br />
Finanzierungsform ergaben. Wichtig ist in dem Kontext welche Finanzierung auf unterschiedliche<br />
Gebiete übertragbar ist und ein nachhaltiges Konzept darstellen kann.<br />
• Organisation des Baus<br />
Abgefragt wurde wer oder welche Gruppe für die Planung <strong>zu</strong>ständig war, wer die Bauleitung hatte<br />
und wer konkret mit dem Bau betraut war, wie die Verzahlung mit den offiziellen Organen (DH,<br />
INRAB, etc. waren). Auch hierbei war das Ziel die Vor- und Nachteile der jeweiligen Modelle<br />
strukturiert <strong>zu</strong> erfassen.<br />
• Land und Nut<strong>zu</strong>ngsrechte<br />
Diesem Punkt kommt eine entscheidende Bedeutung für eine nachhaltige Nut<strong>zu</strong>ng des Kleinstauseen<br />
bei. Es wurde aufgenommen wie das bewirtschaftete Land aufgeteil wurde, ob es Gemeinbesitz<br />
oder Privatbesitz ist, wer welche Leistungen für bei der Anlage und der Pflege des Besitzes<br />
bringen muss. Auch die unterschiedlichen Strategien für die Behandlung von auftretenden Konflikten<br />
standen im Fokus dieser Frage. Besonders die Regelungen der Konflikte zwischen Viehhaltern<br />
und Ackerbauen ist in dem Zusammenhang wichtig.<br />
• Anbaufrüchte<br />
Wie wird der Kleinstausee genutzt? Welche Anbaufrüchte werden verwendet? Gibt es eine zweite<br />
oder gar dritte Ernte? Sind die Fruchtwechsel allgemein oder gibt es viele regionale Unterscheide.<br />
Welche Regelmechanismen steuern den Anbaus; Absatzmöglichkeiten, Marktpreise, regionale Vorlieben<br />
usw..<br />
• Bewässerungssystem<br />
Wie wird das Wassser des Kleinstausees genutzt? Wird einfach die höhere Bodenfeuchte genutzt?<br />
Gibt es Brunnen oder sogar komplexere Bewässerungssysteme? Hierbei sollte auch evaluiert werden<br />
welche Technik beherrschbar ist und welche Technik welche Organisationsform benötigt. Was<br />
ist im sozialen und ökonomischen Kontext die angepassteste Möglichkeit.<br />
• Auftretende Konflikte
Ernährungssicherung IMPETUS __62<br />
Welche Konflikte treten bei der Konzeption, Bau, Betrieb, Aufteilung des nutzbaren Landes etc.<br />
auf. Ein wichtiger Punkt ist hierbei welche Strategien für die Konfliktvermeidung / Konfliktbewältiung<br />
vorkommen. Welche Vor- und Nachteile haben die unterschiedlichen Konzepte. Gibt es allgemeine<br />
Muster die generell übertragen werden können, oder ist es sehr regionalspezifisch.<br />
Mit dieser Befragung soll das Verständnis über die sozialen / ökonomischen Implikationen im Kontext<br />
der Kleinstausen vertieft werden, um diese bei der Anlage von neuen Kleinstaussen <strong>zu</strong> berücksichtigen.<br />
Dieser Punkt ist ein zentraler bei SYBMA.<br />
Eine abschließende Bewertung konnte aus der Studie noch nicht gezogen werden. Hier sind weitere<br />
Arbeiten notwendig, die von Prof. Bako-Arifari und seinen Mitarbeitern weiter bearbeitet werden.<br />
Literatur<br />
El-Najdawi, M. K. & A. C. Stylianou (1993) “Expert support systems: integrating AI Technologies,” Communications<br />
of the ACM 36(2), 55-65.<br />
Keenan, P. (1997), Using a GIS as a DSS Generator. http://mis.ucd.ie/staff/pkeenan/gis_as_a_dss.html<br />
Laudien, R., Giertz, S., Thamm, H.-P., Diekkrüger, B., & Bareth, G. (2006): Customizing ArcGIS for spatial decision<br />
support - Case study: Locating potential small water reservoirs in Benin.- Proceedings of Spie (Vol. 6421),<br />
Geoinformatics 2006: Geospatial Information Technology, Huayi Wu & Qing Zhu (Editors), 64210KY, ISSN<br />
0277-786X, ISBN 0-8194-6530-5, 28-29.10.2006, Wuhan, China.<br />
Leung, Y. (1997): Intelligent Spatial Decision Support Systems, Springer - Verlag, Berlin.<br />
Malczewski, J. (1999): GIS and multicriteria decision analysis, Wiley, New York.<br />
Manoli, E.; Arampatzis, G.; Pissias, E., Xenos, D. & D. Assimacoloulo (2001), “Water demand and supply analysis<br />
using a spatial decision support system,” Global NEST: The International Journal, 3(3), 199-209.<br />
Thamm, H.-P.; Judex,M.; Orekan, V.; Giertz, S., Diederich, M.; Sogalla, M.; Hiepe, C.; Singer, U.; Doevenspeck, M.<br />
& G. Menz (2006): Present and Future Vegetation Dynamics in the Ouémé Catchment and its Influence on the<br />
Hydrological Cycle, International conference on Integrated river basin management in contrasting climate zones,<br />
14.12.-15.12., Stutgart<br />
Thamm, H.-P. (2006) „Ausweisung von geeigneten Standorten und nachhaltiges <strong>Management</strong> von Kleinstauseen für die<br />
Landwirtschaft,“ P. Speth and B. Diekkrüger (2006): IMPETUS: Sechster Zwischenbericht, Zeitraum:1.1.2005 –<br />
31.12.2005,<br />
Singh, A.(2004): Towards decision support models for an ungauged catchment in India, the case of Anas catchment,<br />
Dissertation an der <strong>Universität</strong> Karlsruhe, Fak. f. Bauingenieur-, Geo- und Umweltwissenschaften, KarlsruheP.<br />
Speth, B. Diekkrüger, M. Christoph & A. Jaeger (2005:, “IMPETUS-West Africa- An integrated approach to the<br />
efficient management of scarce water resources in West Africa – Case studies for selected river catchments in<br />
different climate zones,” ptDLR– <strong>Projekt</strong>träger im DLR (eds.), GLOWA – German Programme on Global<br />
Change in the Hydrological Cycle. Status Report 2005. 86-94 (2005), http://www.impetus.uni-koeln.de<br />
Turban, E.; Aronson, J. E. & T.P. Linag(2005): Decision support systems and intelligent systems. Prentice Hall, New<br />
York<br />
Yeh, A. (1999): “Urban planning and GIS,” P.A. Longley, M.F. Goodchild, D.J. Maguire, and D.W. Rhind (eds.), Geographic<br />
information system, Vol.2, John Willey and Sons, New York
Ernährungssicherung IMPETUS __63<br />
PK Be-E.5 Land- und Wasserbedarf der Nutztierhaltung in Benin<br />
Transhumante bei der Überquerung des Ouémé<br />
Problemstellung<br />
In Benin ist die extensive Weidetierhaltung ein wesentlicher Bestandteil der Landnut<strong>zu</strong>ng. Für die<br />
Produktion von tierischen Lebensmitteln werden vor allem die beiden natürlich vorkommenden<br />
Ressourcen Land und Wasser als Produktionsfaktoren eingesetzt. Jedoch konkurriert die Tierhaltung<br />
<strong>zu</strong>nehmend mit Ackerbau und Plantagenwirtschaft um verfügbare Flächen. Auf den Wasserkreislauf<br />
wirkt die Weidetierhaltung im Wesentlichen auf zwei Ebenen ein. Zum Einen konkurrieren<br />
Tiere mit Menschen um das verfügbare Trinkwasser. Hierbei sind sowohl verfügbare Wassermengen<br />
als auch der Einfluss der Viehtränken auf die lokale Wasserqualität <strong>zu</strong> berücksichtigen.<br />
Zum Anderen verändert der <strong>zu</strong>nehmende Druck der Tierbestände auf die immer knapper werdenden<br />
Weideressourcen die Vegetations<strong>zu</strong>sammenset<strong>zu</strong>ng und beeinflusst dadurch den hydrologischen<br />
Kreislauf. Während der Aspekt des Tränkewasserverbrauchs regional und saisonal bedeutend ist,<br />
betreffen die Probleme von Flächenknappheit und Überweidung das ganze Land. Hintergrund ist<br />
das Aufeinandertreffen zweier gegenläufige Trends: einerseits steigt die Nachfrage nach tierischen<br />
Produkten durch das Bevölkerungswachstum und veränderte Konsumgewohnheiten stark an. Andererseits<br />
sorgt das Bevölkerungswachstum für einen <strong>zu</strong>nehmenden Bedarf nach Ackerland und verdrängt<br />
damit die derzeit noch dominante Form der extensiven Weidehaltung. Produktions<strong>zu</strong>nahmen<br />
im Tierhaltungssektor erfolgen momentan ausschließlich über die Ausdehnung der Viehzahlen, und<br />
nicht über Steigerungen der Produktionseffizienz. Es ist somit absehbar, dass mit steigenden Tierzahlen<br />
die Wanderungen der viehhaltenden Ethnien bereits bestehendes Konfliktpotenzial weiter<br />
vergrößern. Zusätzlich reduzieren regionale Klimaänderungen die Produktivität der unter <strong>zu</strong>nehmendem<br />
Weidedruck stehenden natürlichen Vegetation. Angesichts der geringer werdenden heimi-
Ernährungssicherung IMPETUS __64<br />
schen Produktionsspielräume, werden entweder die Importe von Fleisch und Milchprodukten <strong>zu</strong>nehmen,<br />
was eine Fortset<strong>zu</strong>ng des wirtschaftlichen Aufwärtstrends voraussetzt um die Importe finanzieren<br />
<strong>zu</strong> können, oder Preisanreize lassen durch gestiegene Nachfrage intensivere und damit<br />
flächensparende Produktionsverfahren rentabel werden.<br />
Mitarbeiter<br />
I. Gruber, A. Kuhn, J. Röhrig, H.-P. Thamm<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Ein bedeutendes Ziel dieses Problemkomplexes ist die Abschät<strong>zu</strong>ng der Versorgung mit tierischen<br />
Nahrungsmitteln bis 2025 in Abhängigkeit von Einkommensentwicklungen und Verfahrensänderungen<br />
der Produktionstechnik in der Viehhaltung. Dies soll ausgehend von der Verfügbarkeit von<br />
Produktionsressourcen, vor allem von Land, und dem Einfluss bzw. der Möglichkeit von Importen<br />
tierischer Erzeugnisse erfolgen. Da<strong>zu</strong> werden Berechnungen des Wasserbedarfs für Nutztiere und<br />
der Landnut<strong>zu</strong>ngsänderung durchgeführt. Darauf aufbauende Szenarienrechnungen mit variierenden<br />
Klimaausprägungen, Landnut<strong>zu</strong>ngs- und Haltungsformen werden berechnet, um frühzeitig möglichen<br />
Handlungsbedarf aufzeigen <strong>zu</strong> können.<br />
Forschungsarbeiten im Berichtszeitraum<br />
Die IMPETUS-Szenarienberechnungen für das bestehende Tierhaltungsmodul in BenIMPACT<br />
wurden im Berichtszeitraum vervollständigt. In den Szenarienberechnungen wurden die Auswirkungen<br />
sowohl einer intensiveren Produktionstechnik als auch verschiedene Waldschutzmaßnahmen<br />
auf die Tierhaltung simuliert. Somit sind alle IMPETUS Szenarien B1 (Innovation), B2 (Stagnation)<br />
und B3 (BAU) gerechnet. Zudem wurde das Konzept für das SDSS BenIMPACT-Animal<br />
weiterentwickelt. Das SDSS BenIMPACT-Animal ist aufgrund der inhaltlichen Nähe, der gleichen<br />
Modellbasis und <strong>zu</strong>r Erhöhung der Nutzerfreundlichkeit wie das SDSS BenIMAPCT-Crop (PK Be<br />
E1) aufgebaut.<br />
Im Folgenden wird die Umset<strong>zu</strong>ng der Modellierung und ausgewählte Ergebnisse vorgestellt. Seit<br />
dem letzten Zwischenbericht wurden die IMPETUS-Szenarien um das IMPETUS B2 Szenario<br />
„Stagnation“ ergänzt. Tabelle III.1.1-4 zeigt die Umset<strong>zu</strong>ng der einzelnen Parameter Entwicklung<br />
von Gesamtwirtschaft, Agrarsektor, Demographie und Umwelt- und Ressourcennut<strong>zu</strong>ng in den drei<br />
entsprechenden IMPETUS-Szenarien.
Ernährungssicherung IMPETUS __65<br />
Tab. III.1.1-4: Umset<strong>zu</strong>ng der IMPETUS-Szenarien im PK Be E5<br />
Gesamtwirtschaft<br />
Agrarsektor<br />
Demographie<br />
Szenario B1<br />
Innovation<br />
Szenario B2<br />
Stagnation<br />
Szenario B3<br />
BAU<br />
Konst. Nicht-lawi Ein- Steigendes Nicht-<br />
Steigendes Nichtkommen<br />
pro Kopf, Lawi Einkom-<br />
Lawi Einkommen<br />
kein int. Handel men<br />
Extensive + intensive<br />
Extensive Tierhaltung<br />
Tierhaltung<br />
Extensive Tierhaltung<br />
Geringe Verlangsa- Geringe Verlangsa- Geringe Verlangmungmungsamung<br />
Umwelt/ Ressour- Niedrigste Entwal-<br />
Hohe Entwaldung<br />
cendung<br />
Mittlere Entwaldung<br />
Da sich die Effekte der unterschiedlichen Parameter nicht eindeutig zwischen den verschiedenen<br />
Szenarien isolieren lassen, wird nachfolgend exemplarisch der Parameter Umwelt und Ressourcen<br />
betrachtet. Im PK Be-E5 spielen hierbei vor allem die verfügbaren Waldreserven bzw. die realisierten<br />
Entwaldungsraten eine entscheidende Rolle für die extensive Tierhaltung.<br />
Die extensive Tierhaltung ist auf das Vorhandensein von „Wald“ als Futterquelle in der Trockenzeit<br />
angewiesen, weil Futterbau in Benin bisher noch nicht praktiziert wird. Somit sind die Verfügbarkeit<br />
und der Zugang <strong>zu</strong> nicht-geschützten Wäldern entscheidend für die adäquate und ausreichende<br />
Futterversorgung der Wiederkäuer.<br />
Im Modell wird die vorhandene Gesamtfläche aufgeteilt in Siedlungen, Ackerfläche, geschützte<br />
Wälder, nicht-geschützte Wälder und Savanne. Momentan findet eine Ausdehnung der Ackerbauaktivitäten<br />
sowohl in Savanne als auch nicht-geschützte Wälder statt. Um der stetigen Entwaldung<br />
entgegen<strong>zu</strong>wirken, können verschiedene Waldschutzmaßnahmen realisiert werden, worüber in Benin<br />
momentan diskutiert wird. Abbildung III.1.1-13 stellt dar wie zwei verschiedene Waldschutzmaßnahmen,<br />
hier mit A und B gekennzeichnet, in BenIMPACT umgesetzt wurden. Bei der Waldschutzmaßnahme<br />
A wird das Bewusstsein der Bevölkerung für die Bedeutung des Waldes - nicht<br />
nur für die Tierhaltung sondern auch für den gesamten ökologischen Haushalt - geschärft. Durch<br />
dieses vermehrte Verständnis wird die Abbol<strong>zu</strong>ngsrate pro Jahr reduziert. Bei der Waldschutzmaßnahme<br />
B werden <strong>zu</strong>sätzlich <strong>zu</strong> den bestehenden Schutzwäldern neue Waldschutzgebiete ausgewiesen.<br />
Das hat <strong>zu</strong>r Folge, dass mehr Wald bestehen bleibt, dieser jedoch nicht mehr frei <strong>zu</strong>gänglich<br />
ist.
Ernährungssicherung IMPETUS __66<br />
Abb. III.1.1-13: Umset<strong>zu</strong>ng der Waldschutzmaßnahmen in BenIMPACT<br />
Quelle: Gruber (2008)<br />
In Abbildung III.1.1-14 wird die Reduzierung der Anzahl an Wiederkäuer aufgrund von Futterknappheit<br />
in der Trockenzeit durch Entwaldung bzw. Waldschutzgebieten in Benin aufgezeigt. Es<br />
sind verschiedene Kombinationen von Waldschutzmaßnahmen (reduzierte Abhol<strong>zu</strong>ngsraten und die<br />
Etablierung neuer Schutzgebiete) abgebildet. Die Schutzwirkung einer Reduzierung der Entwaldung<br />
von derzeit 2,2 % pro Jahr (UNEP, 2007) auf 1,1 % pro Jahr entspricht der Einführung von 30<br />
% Waldschutzgebieten bezogen auf die derzeitigen Wälder. Dabei ist <strong>zu</strong> bedenken, dass sich <strong>zu</strong>sätzliche<br />
Waldschutzgebiete in dieser Größenordnung schwer realisieren lassen, weil die allgemeine<br />
Flächenknappheit wenig Verständnis für weitere Schutzgebiete hervorbringt.<br />
Abb. III.1.1-14: Auswirkungen verschiedener Waldschutzmaßnahmen auf die Anzahl der Wiederkäuer<br />
Quelle: Gruber (2008)<br />
Bei der Interpretation von Abbildung III.1.1-14 ist <strong>zu</strong> beachten, dass eine Gesamtbetrachtung von<br />
Benin vorliegt, bei der die drei Großregionen Süden, Zentrum und Norden <strong>zu</strong>sammengefasst sind.<br />
Jedoch sind der Einfluss und die Notwenigkeit des Vorhandenseins von Wald für die Haltung von<br />
Wiederkäuern regional unterschiedlich. So sind im Süden die Tierhalter von Wiederkäuern wenig
Ernährungssicherung IMPETUS __67<br />
von Entwaldung betroffen, da hier andere Futterquellen <strong>zu</strong>m tragen kommen bzw. der entscheidende<br />
Faktor für die extensive Wiederkäuerhaltung das <strong>zu</strong> geringe Flächenangebot ist. Für die zentrale<br />
Region sind die Konsequenzen der reduzierten Waldverfügbarkeit nicht so stark da hier für die simulierten<br />
Tierbestände noch ausreichend Futter vorhanden ist, was aber nicht heißen soll, dass dort<br />
die Entwaldung ohne Auswirkungen für die Bevölkerung und die ökologische Stabilität bleibt. Somit<br />
sind die Auswirkungen geringerer frei <strong>zu</strong>gänglicher Waldgebiete vor allem in den nördlichen<br />
Departments <strong>zu</strong> spüren, die Region die derzeit noch die höchsten Tierbestände hat. Wie sich aber in<br />
Abbildung III.1.1-15 zeigt wird sich diese Tatsache laut Modellergebnissen ändern, und Zentralbenin<br />
wird <strong>zu</strong>r Region mit den höchsten Tierbeständen.<br />
Abb. III.1.1-15: Regionale Auswirkungen verschiedene Entwaldungsraten auf den Tierbestand<br />
Quelle: Gruber (2008)<br />
Als Folge werden sich auch die Einkommen und die Transportströme in und aus den Regionen verändern,<br />
vorausgesetzt das bisherige extensive Produktionssystem bleibt die dominierende Art und<br />
Weise tierische Lebensmittel her<strong>zu</strong>stellen. Da bisher keine grundlegenden Veränderungen <strong>zu</strong> beobachten<br />
sind und Innovationen sich nur zaghaft etablieren, ist an<strong>zu</strong>nehmen, dass bis <strong>zu</strong>m Ende des<br />
Modellierzeitraums 2025 die extensive Tierhaltung weiterhin eine entscheidende Rolle spielen<br />
wird.<br />
Literatur<br />
Gruber, I. (2008): The impact of socio-economic development and climate change on livestock management in Benin.<br />
Dissertation Bonn.<br />
< http://hss.ulb.uni-bonn.de/diss_online/landw_fak/2008/gruber_ina/index.htm><br />
UNEP (2007): Forests, Grasslands and Drylands – Country Profile Benin.<br />
Ernährungssicherung IMPETUS __68<br />
PK Be-E.6 Erhaltung der natürlichen Produktionsgrundlagen unter<br />
Problemstellung<br />
Berücksichtigung des globalen Wandels<br />
Sorghumfeld am Fuße eines Berges im Norden Benins<br />
Die Folgen von Bevölkerungswachstum und stagnierenden Erträgen sind insbesondere in stark agrarisch<br />
geprägten Räumen wie Benin bedeutsam. Knappe Landressourcen und ein damit ansteigender<br />
Druck auf die natürlichen Produktionsgrundlagen äußern sich unter anderem in einer weiteren<br />
Intensivierung und Expansion der landwirtschaftlichen Aktivitäten. Beides stößt jedoch insbesondere<br />
auf naturräumlich bedingten marginalen Produktionsstandorten rasch an Grenzen. Diese Gebiete<br />
lassen aufgrund ungünstiger Wachstumsbedingungen durch bestehende naturräumliche Einschränkungen<br />
nur begrenzte landwirtschaftliche Nut<strong>zu</strong>ngsaktivitäten bei einem hohen Degradationsrisiko<br />
<strong>zu</strong>. Übernut<strong>zu</strong>ngsbedingte Landdegradierungsprozesse verschlechtern die landwirtschaftliche Produktionsgrundlage<br />
weiter und beeinflussen darüber hinaus den Wasserkreislauf in vielfältiger Weise.<br />
Die Erhaltung und nachhaltige Nut<strong>zu</strong>ng agrarischer Produktionsstandorte ist daher von entscheidender<br />
Bedeutung für die Gewährleistung der aktuellen und <strong>zu</strong>künftigen Ernährungssicherheit sowie<br />
für die gesellschaftliche Stabilität Benins. In PK Be-E.6 werden folgende Fragestellungen untersucht:<br />
• Wo liegen agrarisch marginale Standorte in Benin und wie stark sind die naturräumlichen Beschränkungsfaktoren?<br />
• Wie verändert sich die agrarische Marginalität unter verschiedenen Szenarienannahmen im<br />
Rahmen des Globalen Wandels?<br />
• Welche Möglichkeiten sind geeignet, die naturräumlichen Begren<strong>zu</strong>ngsfaktoren der landwirtschaftlichen<br />
Produktion <strong>zu</strong> kompensieren?
Ernährungssicherung IMPETUS __69<br />
Mitarbeiter<br />
J. Röhrig, T. Gaiser, C. Hiepe, Z. Deng<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Ein wichtiges Ziel ist die Bewertung der naturräumlichen Ressourcen Benins für eine landwirtschaftliche<br />
Nut<strong>zu</strong>ng in einer räumlichen Auflösung von 1 km x 1 km. Dafür werden, modifiziert<br />
nach dem Ansatz von CASSEL-GINTZ ET AL. (1997), verschiedene naturräumliche Beschränkungsfaktoren<br />
quantifiziert und <strong>zu</strong> einem Index, dem Marginalitätsindex für die landwirtschaftliche Produktion,<br />
<strong>zu</strong>sammengefasst (vgl. RÖHRIG 2008). Damit werden Gebiete identifiziert, die aufgrund<br />
ihrer Limitationen nur begrenzt agrarisch nutzbar sind und auf denen eine erhöhte Degradationsgefahr<br />
durch Übernut<strong>zu</strong>ng besteht. Darüber hinaus kann über die Berechnung für jeden Raum der wesentliche<br />
naturräumliche Beschränkungsfaktor bestimmt und damit notwendige Kompensationsmaßnahmen<br />
sowie an die Bedingungen angepasste Kulturen abgeleitet werden. Tatsächlich übernut<strong>zu</strong>ngsgefährdete<br />
Räume werden über die Implementierung von Informationen <strong>zu</strong>r Landnut<strong>zu</strong>ng<br />
aus PK Be-L.1 und <strong>zu</strong>m Bevölkerungsdruck aus PK Be-G.1 ausgewiesen. Die Degradation der<br />
Vegetationsbedeckung, eine erste Form der Landdegradation, wird flächenhaft aus Fernerkundungsdaten<br />
abgeleitet.<br />
In einem weiteren Schritt wird untersucht, inwiefern sich die naturräumlich bedingte Marginalität<br />
unter verschiedenen Klimaszenarienannahmen bis ins Jahr 2025 verändern wird. Über demographische<br />
Szenarien kann der <strong>zu</strong>künftige Bevölkerungsdruck bestimmt werden. Darüber hinaus sollen<br />
über Interventionsszenarien, wie z.B. Einsatz von Düngemittel, Kompensationspotenziale analysiert<br />
werden. Diese Informationen, die als digitale Karten und im SDSS AGROLAND aufbereitet werden,<br />
sollen nationalen Entscheidungsträgern ebenso wie im Entwicklungsbereich tätigen Organisationen<br />
<strong>zu</strong>r Verfügung gestellt werden, um inhaltliche aber auch räumliche Schwerpunkte <strong>zu</strong>künftiger<br />
Aktivitäten <strong>zu</strong>m Ressourcenschutz sowie <strong>zu</strong>r nachhaltigen Ressourcennut<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong> unterstützen.<br />
Potenzielle Nutzergruppen<br />
CENAP/INRAB<br />
• Dr. A. M. Igué (Chef Division Inventaire et Evaluation des Ressources en Sols)<br />
Centre National de Télédetection<br />
• C. K. Koudoro (Direktor)<br />
• Mitarbeiter: C. P. Akpassonou<br />
Délégation à l’Aménagement du Territoire<br />
• S.B. Okiri
Ernährungssicherung IMPETUS __70<br />
Stand der SDSS-Entwicklung<br />
Das SDSS AGROLAND<br />
Erste Ergebnisse der Klimaszenarien A1b und B1 haben gezeigt, dass sich die klimatischen Bedingungen<br />
für die landwirtschaftliche Nut<strong>zu</strong>ng in Benin signifikant verschlechtern werden. In Kombination<br />
mit dem gegenwärtig hohen Bevölkerungswachstum wird sich der Druck auf die agrarischen<br />
Landressourcen weiter erhöhen und die Gefahr der Landdegradation <strong>zu</strong>nehmen. Eine <strong>zu</strong>nehmende<br />
Degradation kann <strong>zu</strong>r Verschlechterung der Bodeneigenschaften, höherem Oberflächenabfluss und<br />
damit auch erhöhten Erosionsraten führen. Das SDSS AGROLAND soll nationale Entscheidungsträger<br />
dabei unterstützen, angepasste Vorsorge- und Kompensationsmaßnahmen sowie Landnut<strong>zu</strong>ngspläne<br />
<strong>zu</strong> entwickeln. Eine wesentliche Grundlage dafür ist eine fundierte Kenntnis über Ressourcen<br />
und deren Bewertung. Bei der Bewertung haben Experten die Möglichkeit, ihr Wissen interaktiv<br />
in das SDSS ein<strong>zu</strong>bringen. Ein Kernelement von AGROLAND ist der Marginalitätsindex.<br />
Mittels Fuzzy Logik werden dabei verschiedene naturräumliche Beschränkungsfaktoren quantifiziert<br />
und <strong>zu</strong> einem Index <strong>zu</strong>sammengefasst. Der Vorteil des Marginalitätsindex ist, dass nur eine<br />
überschaubare Anzahl, aber für die landwirtschaftliche Nut<strong>zu</strong>ng wesentliche Faktoren, berücksichtigt<br />
werden. Neben der Aufbereitung von Informationen über die aktuelle und <strong>zu</strong>künftige naturräumliche<br />
landwirtschaftliche Eignung soll AGROLAND in seiner finalen Version, Informationen<br />
<strong>zu</strong>m gegenwärtigen und <strong>zu</strong>künftigen Bevölkerungsdruck sowie <strong>zu</strong>m Einfluss unterschiedlicher Anbaumethoden<br />
beinhalten. Der Nutzer kann damit Auswirkungen bestimmter Handlungsoptionen<br />
analysieren, wie beispielsweise das räumliche Kompensationspotenzial von Düngemitteleinsatz.<br />
Dafür notwendige Daten konnten teilweise in 2008 schon aufbereitet werden; sie sind jedoch in der<br />
gegenwärtigen SDSS-Version noch nicht integriert.<br />
Abb. III.1.1-16: Konzeption des SDSS AGROLAND
Ernährungssicherung IMPETUS __71<br />
AGROLAND ist für nationale Entscheidungsträger konzipiert, die in den Bereichen der Landnut<strong>zu</strong>ng<br />
und Ressourcenschutz arbeiten. Die potenziellen Nutzer sind vor allem Regierungsorganisationen,<br />
beratende Institutionen (z.B. DAT, CENAP oder CENATEL) und Entwicklungsorganisationen.<br />
Das System hilft bei Entscheidungen auf der regionalen und nationalen Ebene.<br />
Aktueller Stand von AGROLAND<br />
Im Berichtszeitraum wurde das SDSS AGROLAND unter Berücksichtigung von Anregungen potenzieller<br />
Nutzer in Benin während zweier Aufenthalte (Dezember 2007 & April 2008) weiterentwickelt<br />
und die Benutzerfreundlichkeit erhöht. Die gegenwärtige Version enthält alle Elemente für<br />
die Berechnung des Marginalitätsindexes (MI). Darüber hinaus sind Klimaszenarien und Informationen<br />
über die Bevölkerungsdichte eingebunden. Zudem hat der Nutzer erweiterte Möglichkeiten bei<br />
der Berechnung des Marginalitätsindex sein Expertenwissen interaktiv <strong>zu</strong> integrieren.<br />
Im Folgenden wird die Benutzerführung der aktuellen Version des SDSS AGROLAND erläutert<br />
(siehe auch LAUDIEN ET AL. 2007). Diese Version wurde im Berichtszeitraum in die deutsche, englische<br />
und französische Sprache übersetzt. Zusätzlich wurde eine umfassende Dokumentation in<br />
deutscher und englischer Sprache verfasst, in dem Daten, Methoden und Funktionsweise des SDSS<br />
ausführlich beschrieben werden. Für das SDSS wurde ein dynamischer Ansatz gewählt, der bislang<br />
in drei Module unterteilt werden kann. Modul 1 bietet dem Nutzer die Möglichkeit, alle Eingangsrasterdaten<br />
aus der Geodatenbank aus<strong>zu</strong>lesen. Experten können in diesem Modul überdies die Bewertung<br />
der Eingabeparameter bezüglich ihres Einschränkungsgrad für eine landwirtschaftliche<br />
Nut<strong>zu</strong>ng interaktiv modifizieren. Modul 2 berechnet den Marginalitätsindex basierend auf den fuzzifizierten<br />
Rasterdaten des Moduls 1. In Modul 3 können Veränderungen zwischen dem MI der<br />
Gegenwart und der Zukunft (auf Basis der IPCC Szenarien A1B und B1) berechnet und visualisiert<br />
werden.<br />
In einem ersten Schritt kann der Nutzer auswählen, für welchen Zeitraum der Marginalitätsindex<br />
berechnet werden soll: Gegenwart (bis 2000) oder Zukunft (2001-2025) (Abb. III.1.1-17).<br />
Abb. III.1.1-17: Auswahl des Simulationszeitraums
Ernährungssicherung IMPETUS __72<br />
Der Marginalitätsindex wird über einen Zeitraum und nicht für einen bestimmten Zeitpunkt ermittelt.<br />
Für die Bestimmung der <strong>zu</strong>künftigen naturräumlichen Bedingungen für die landwirtschaftliche<br />
Nut<strong>zu</strong>ng in Benin, werden Klimadaten basierend auf den zwei IPCC SRES (Special Report on<br />
Emission Scenarios) Szenarien A1B und B1 (IPCC 2001, IPCC 2007) sowie angenommenen Landnut<strong>zu</strong>ngsveränderungen<br />
der FAO verwendet. Die Unterschiede zwischen den beiden Szenarien sind<br />
bis 2025 jedoch gering.<br />
Durch Wählen von ‘Weiter’ wird das Hauptfenster mit allen Eingangsdaten und der Bewertung der<br />
naturräumlichen Beschränkungen geöffnet. Im Hauptfenster sind auf der linken Seite alle naturräumlichen<br />
Einflussfaktoren aufgelistet, die für die Berechnung des Marginalitätsindex notwendig<br />
sind (siehe III.1.1-18). Außerdem werden die Parameter hinsichtlich ihrer generellen Beschränkung<br />
für die landwirtschaftliche Nut<strong>zu</strong>ng bewertet. Die Bewertung der Eingabeparameter in<br />
AGROLAND ebenso wie die Berechung des Marginalitätsindexes beruht auf Fuzzy Logik. Der<br />
Nutzer hat durch in 2008 realisierte Erweiterungen, die Möglichkeit neben den Grundwerten ebenso<br />
die Fuzzifizierungsmethode <strong>zu</strong> bestimmen. Neben linearen Zugehörigkeitsfunktionen, stehen nun<br />
<strong>zu</strong>dem sigmoidale und J-förmige Funktionen <strong>zu</strong>r Auswahl. Darüber hinaus kann der Nutzer in der<br />
aktuellen Version die Grundwerte für die Bestimmung von Temperatureinschränkungen bearbeiten.<br />
Dabei können über die Selektion von ‚Symmetrisch’ Einschränkungen von sowohl <strong>zu</strong> hohen Temperaturen<br />
als auch <strong>zu</strong> niedrigen Temperaturen berücksichtigt werden.<br />
Abb. III.1.1-18: Hauptfenster mit Auflistung aller naturräumlichen Einflussfaktoren und ihrer Bewertung
Ernährungssicherung IMPETUS __73<br />
Die vordefinierten Grundwerte sind Ergebnisse aus Forschungsarbeiten im Rahmen von IMPETUS<br />
(vgl. RÖHRIG 2008). Für Experten gibt es die Möglichkeit ihr fach- und geländespezifisches Wissen<br />
ein<strong>zu</strong>bringen und die Grundwerte in einer definierten sinnvollen Bandbreite <strong>zu</strong> modifizieren.<br />
Über den ‚Bearbeiten’-Button öffnet sich ein weiteres Fenster, indem die entsprechende natürliche<br />
Ressource für Benin in einer räumlichen Auflösung von 1 km dargestellt wird (III.1.1-19).<br />
Abb. III.1.1-19: Interaktive Modifikation einer Bewertungsfunktion am Beispiel der Hangneigung<br />
Für eine bessere Orientierung sind geographische Informationen (Breiten- und Längengradsangaben)<br />
und der Maßstab mit angegeben (oberer rechte Ecke). Darüber hinaus können administrative<br />
Grenzen, Städte und Strassen mit angezeigt werden. Außerdem stehen dem Nutzer gängige GIS-<br />
Funktionalitäten <strong>zu</strong>r Verfügung. Angeregt von der Diskussion mit potenziellen Nutzern wurde <strong>zu</strong>sätzlich<br />
ein Übersichtsfenster integriert, das den gewählten Raumausschnitt als rote Box auf der<br />
rechten Seite anzeigt. Über die Funktion ‚Wert auswählen’ kann der Nutzer ihm bekannte Standorte,<br />
wo der biophysikalische Faktor eine landwirtschaftliche Nut<strong>zu</strong>ng nicht beschränkt (falls er den<br />
Wert der ersten Spalte des Hauptfensters bearbeitet) oder wo eine landwirtschaftliche Nut<strong>zu</strong>ng aufgrund<br />
der hohen Beschränkung des Faktors nicht möglich ist (falls er den Wert der zweiten Spalte<br />
des Hauptfensters bearbeitet), mit der Maus selektieren und die Werte mit den Initialwert vergleichen.<br />
Der Nutzer hat im selben Fenster die Möglichkeit über die ‚Vorschau’-Funktion <strong>zu</strong> sehen, in wiefern<br />
sich das Fuzzifizierungsergebnis durch die gewählte Modifikation des Grundwertes verändert.
Ernährungssicherung IMPETUS __74<br />
Abb. III.1.1-20: Vorschau-Funktion<br />
Das Fenster, das sich bei der Aktivierung des Buttons öffnet, stellt auf der linken Seite das Ergebnis<br />
der Fuzzifizierung des gewählten Faktors mit den vordefinierten Grundwerten (Ursprungswerte)<br />
und rechts das Ergebnis mit dem von ihm bearbeiteten Grundwerten dar. Dabei sind in roter Farbe<br />
(Werte um 1) Gebiete dargestellt, wo der Faktor <strong>zu</strong> schwerwiegenden Limitierung einer landwirtschaftlichen<br />
Nut<strong>zu</strong>ng führt, gelb Gebiete (Werte um 0,5) mit mittleren Einschränkungen und in<br />
grün (Werte um 0) Gebiete, wo der Faktor keine limitierende Rolle spielt. Beide Bilder sind mit<br />
einander verlinkt, so dass die Ergebnisse visuell aber auch quantitativ (über ‚Wert auswählen’)<br />
(rechts oben) gut miteinander verglichen werden können. Auf dieser Basis kann der Nutzer entscheiden,<br />
ob er den Grundwert modifizieren oder den Initialwert beibehalten möchte.<br />
Wenn der Nutzer mit den Grundwerten und Zugehörigkeitsfunktionen für alle Faktoren <strong>zu</strong>frieden<br />
ist, kommt er über den ‚Weiter’-Button im Hauptfenster <strong>zu</strong>m Modul 2. Bevor der Marginalitätsindex<br />
allerdings abschließend berechnet wird, prüft das System intern, ob die definierten Grundwerte<br />
der Zugehörigkeitsfunktion plausibel sind. Weichen die modifizierten Werte <strong>zu</strong> weit von den ursprünglichen<br />
Grundwerten ab wird der Wert als nicht plausibel gewertet ebenso wie wenn das Größenverhältnis<br />
(< oder >) zwischen zwei Grundwerten eines Datensatzes verändert wird (siehe Abb.<br />
III.1.1-21. Die Grafik oben zeigt ein Beispiel indem ein Grundwert der Hangneigung unplausibel<br />
definiert wurde. In beiden Fällen müssen die Werte noch einmal im Hauptfenster überarbeitet werden,<br />
bevor der Index vom System berechnet wird.
Ernährungssicherung IMPETUS __75<br />
Abb. III.1.1-21: Plausibilitätsprüfung<br />
Nachdem alle Zugehörigkeitsfunktionen plausibel gewählt wurden, werden die Eingabedaten verarbeitet<br />
und der Marginalitätsindex berechnet. Dabei werden auf der Basis der Grundwerte erst die<br />
Eingangsdaten fuzzifiziert wodurch Beschränkungsfaktoren abgeleitet werden, welche dann über<br />
einen logischen Entscheidungsbaum miteinander verknüpft werden (vgl. CASSEL-GINTZ ET AL.<br />
1997, RÖHRIG 2008). Der Nutzer kann dabei den Stand der Prozessierung verfolgen, die ihm links<br />
als Text und rechts im Aufbau des Entscheidungsbaumes angezeigt werden. Dabei sind die Bilder<br />
im Entscheidungsbaum fest definiert und entsprechen nicht der aktuell gewählten Bewertung.<br />
In Ergebnisframe wird die räumliche Verteilung des Marginalitätsindex in einer räumlichen Auflösung<br />
von 1 km dargestellt (siehe III.1.1-22). Außerdem können alle Beschränkungsfaktoren als<br />
Layer angezeigt werden. Darüber hinaus, können Informationen über die Bevölkerungsdichte überlagert<br />
werden. Dieser Datensatz wurde aus den Zensusdaten von 2002 mittels ArcGIS 9.2 interpoliert<br />
(INSAE 2003). Dadurch können marginale Gebiete identifiziert werden, die sehr wahrscheinlich<br />
landwirtschaftlich genutzt werden, ebenso wie Gunsträume, in denen die Bevölkerungsdichte<br />
bislang sehr gering ist. Das Fenster enthält ähnliche Funktionalitäten, wie das Fenster in dem die<br />
Grundwerte <strong>zu</strong> Bewertung der naturräumlichen Ressourcen modifiziert werden können. Wie in dem<br />
Vorschau-Fenster sind in roter Farbe (Werte um 1) Gebiete dargestellt, wo naturräumliche Beschränkungsfaktoren<br />
<strong>zu</strong> einer schwerwiegenden Limitierung einer landwirtschaftlichen Nut<strong>zu</strong>ng<br />
führen, in gelb Gebiete (Werte um 0,5) mit mittleren Einschränkungen und in grün (Werte um 0)<br />
sind Flächen mit hohem naturräumlichen Agrarpotenzial dargestellt.
Ernährungssicherung IMPETUS __76<br />
Abb. III.1.1-22: Ergebnisframe von AGROLAND<br />
Wurde <strong>zu</strong> Beginn eines der beiden Szenarien A1B und B1 gewählt, bietet AGROLAND über den<br />
‚Weiter’-Button die Möglichkeit, die Differenz <strong>zu</strong>r gegenwärtigen Situation <strong>zu</strong> bestimmen, um den<br />
Einfluss des Klimawandels abschätzen <strong>zu</strong> können. Die Karte in III.1.1-23 zeigt die Veränderungen<br />
des Marginalitätsindexes nach dem gewählten Szenario gegenüber der Berechnung auf Basis der<br />
gegenwärtigen Klimabedingungen. In rot sind dabei Verschlechterungen und in blau Verbesserungen<br />
der der naturräumlichen Bedingungen für eine landwirtschaftliche Nut<strong>zu</strong>ng angezeigt. Kenntnisse<br />
über mögliche Veränderungen der biophysikalischen Bedingungen sind notwendig, um frühzeitig<br />
Vorsorge- und Anpassungs-Strategien entwickeln <strong>zu</strong> können. Das Ergebnis zeigt, dass sich<br />
die naturräumlichen Bedingungen für eine landwirtschaftliche Nut<strong>zu</strong>ng bis 2025 durch veränderte<br />
Klimabedingungen überall in Benin verschlechtern werden. Neben einer weiteren Verschlechterung<br />
in dem ohnehin durch hohe Marginalitätswerte geprägten Norden, werden vor allem auch gegenwärtige<br />
Gunstgebiete in Zentral- und Südbenin betroffen sein. Insbesondere Temperaturanstieg und<br />
Verkür<strong>zu</strong>ngen der Anbauperiode bei gleichzeitig höherer Variabilität von Begin und Ende der Regenzeit<br />
werden landwirtschaftliche Aktivitäten erschweren.
Ernährungssicherung IMPETUS __77<br />
Literatur<br />
Abb. III.1.1-23: Impakt des Klimawandels auf das Ergebnis des Marginalitätsindexes<br />
Cassel-Gintz, M. A., Lüdeke, M. K. B., Petschel-Held, G., Reusswig, F., Pöchl, M., Lammel, G. & H. J. Schellnhuber<br />
(1997): Fuzzy logic based global assessment of marginality of agricultural land use. In: Climate Research. Interactions<br />
of Climate with Organism, Ecosystems, and Human Societies. 8 (2). S. 135-150.<br />
INSAE (2003): Troisième Recensement Général de la Population et de l'Habitat de Février 2002. La population des<br />
communes de Tchaourou, N'dali, Parakou, Bassila, Djougou. Cotonou.<br />
IPCC (2001): Climate Change 2001: The Scientific Basis. In: HOUGHTON, J. T., DING, Y. GRIGGS, D. J.<br />
NOGUER, M. VAN DER LINDEN, P. J. DAI, X. MASKELL, K. & C. A. JOHNSON (EDS.): A Contribution<br />
of Working Group I to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate. Cambridge University<br />
Press. Cambridge, United Kingdom and New York.<br />
IPCC (2007): Climate Change 2007: Impacts, adaptation and vulnerability. In: PARRY, M. CANZIANI, L.,<br />
OSVALDO F., PALUTIKOF, J. P., VAN DER LINDEN, P. J., & C. E. HANSON (EDS.): Contribution of Working<br />
Group II to the Fourth Assessment Report of the IPCC. Cambridge University Press. Cambridge, United<br />
Kingdom and New York.<br />
Laudien, R., Röhrig, J., Bareth, G. und Menz, G. (2007): Spatial Decision Support System <strong>zu</strong>r Modellierung der agrarischen<br />
Marginalität in Benin (Westafrika).- in Strobl, Blaschke und Griesebner (Hrsg.): Angewandte Geoinformatik<br />
2007, Wichmann: Heidelberg, 430-439.<br />
Röhrig, J. (2008): Evaluation of agricultural land resources in Benin by regionalisation of the marginality index using<br />
satellite data. Dissertation. <strong>Universität</strong> Bonn. Bonn.
Ernährungssicherung IMPETUS __78<br />
PK Be-E.7 Nut<strong>zu</strong>ngspotenzial von Inland-Valleys im Oberen Ouémé Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
Problemstellung<br />
Reisanbau in einem Inland-Valley in Dogué<br />
Die Landwirtsch1aft in Benin erfolgt traditionell im Trockenfeldbau. Die ohnehin nur wenig<br />
fruchtbaren Böden können durch unsachgemäße Nut<strong>zu</strong>ng schnell erodieren und an Nährstoffen verarmen.<br />
Hin<strong>zu</strong> kommt, dass ein ausreichendes Wasserangebot nur in der Regenzeit gegeben ist, so<br />
dass ohne <strong>zu</strong>sätzliche Bewässerung keine ganzjährige landwirtschaftliche Produktion stattfinden<br />
kann. Verstärkt durch eine wachsende Bevölkerung kann es durch Bodendegradation <strong>zu</strong> einer Verknappung<br />
potenzieller Anbauflächen kommen, die in Zukunft die Ernährungssicherung der Bevölkerung<br />
gefährden könnte.<br />
Eine Ausweitung der Agrarproduktion in die bisher nur wenig genutzten Inland-Valleys könnte<br />
einen Beitrag <strong>zu</strong>r <strong>zu</strong>künftigen Ernährungssicherung darstellen. Die Böden in den Inland-Valleys<br />
sind in der Regel fruchtbarer als andere Böden im Ein<strong>zu</strong>gsgebiet, da Nährstoffe von den Hängen in<br />
diesen Bereich transportiert werden. Gleichzeitig ermöglicht das Wasserangebot eine wesentlich<br />
längere landwirtschaftliche Nut<strong>zu</strong>ng pro Jahr als auf anderen Flächen im Ein<strong>zu</strong>gsgebiet, womit<br />
Problemen bei einer eventuellen Verkür<strong>zu</strong>ng der Regenzeit begegnet werden kann.<br />
Folgende Fragen sind von zentraler Bedeutung:<br />
• Wie groß ist die potenziell verfügbare Inland-Valley-Fläche im Oberen Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet?
Ernährungssicherung IMPETUS __79<br />
• Inwieweit kann der landwirtschaftliche Anbau in den Inland-Valleys ausgeweitet werden (Nut<strong>zu</strong>ngspotenzial)?<br />
• Sind die hydrologischen Verhältnisse der Inland-Valleys für den Anbau bestimmter Kulturen<br />
geeignet?<br />
• Wie verhält sich der Nährstoffhaushalt der Inland-Valleys bei intensivierter Nut<strong>zu</strong>ng?<br />
• Wie wirken sich Umweltveränderungen (Klimawandel, Landnut<strong>zu</strong>ngsänderung) auf die Hydrologie<br />
und den Nährstoffhaushalt der Inland-Valleys aus? (Szenarien)<br />
Mitarbeiter<br />
G. Steup, T. Gaiser, A. Srivastava, S. Giertz<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Ziel des Problemkomplexes ist die Abschät<strong>zu</strong>ng des Nut<strong>zu</strong>ngspotenzials der Inland-Valleys und<br />
damit ihres möglichen Beitrages <strong>zu</strong>r <strong>zu</strong>künftigen Ernährungssicherung.<br />
Nutzergruppen<br />
• Direction de Genie Rurale (Cellule Bas-Fonds)<br />
Ansprechpartner : Felix Gbaguidi (Directeur de Cellule Bas-Fonds)<br />
• Inland Valley Consortium (IVC)<br />
Ansprechpartner : Dr. Paul Kiepe (Wissenschaftlicher Koordinator des IVC)<br />
Lokaler Koordinator Benin: Dr. Gustave Dagbenonbakin<br />
• Communes des HVO:<br />
Tchaourou, Djougou, Bassila, N’Dali, Kopargo<br />
Stand der SDSS/IS-Entwicklung<br />
Das SDSS BenIVIS besteht aus einem Informationssystem und einem Modul <strong>zu</strong>r Modellierung potenzieller<br />
Erträge in Inland-Valleys.<br />
1. Entwicklung des Informationssystems BenIVIS<br />
Das Informationssystem BenIVIS wurde mit dem Ziel entwickelt, <strong>zu</strong>künftigen Nutzern eine einfache<br />
Auswertung von Inland-Valleys anhand von ausgewählten Kriterien <strong>zu</strong> ermöglichen. Wichtigster<br />
Kooperationspartner ist die nationale Behörde Cellule Basfonds, die für die Planung und Durchführung<br />
von <strong>Management</strong>-Maßnahmen in Inland-Valleys <strong>zu</strong>ständig ist. Weitere <strong>zu</strong>künftige Nutzer<br />
sind die Kommunen, denen im Rahmen der Dezentralisierung <strong>zu</strong>nehmend Bedeutung im Bereich<br />
der Planung von Maßnahmen <strong>zu</strong>r Inwertset<strong>zu</strong>ng von Inland-Valleys <strong>zu</strong>kommt, das Inland-Valley-<br />
Consortium (IVC), Organisationen der Entwicklungs<strong>zu</strong>sammenarbeit sowie Entscheidungsträger in
Ernährungssicherung IMPETUS __80<br />
beninischen Behörden und Ministerien. Die Weiterentwicklung des Informationssystems erfolgte in<br />
enger Zusammenarbeit mit der Cellule Basfonds und dem IVC, so dass die Bedürfnisse <strong>zu</strong>künftiger<br />
Nutzer direkt berücksichtigt wurden.<br />
Das System basiert auf der Inland-Valley Datenbank, die auf den Ergebnissen der Inventarisierungskampagne<br />
aufbaut und in der für jedes Inland-Valley 115 Parameter gespeichert sind. Gerade<br />
auf der kommunalen Ebene fehlen jedoch oft die notwendigen Kenntnisse über den Umgang mit<br />
Datenbanken und GIS-Daten, so dass BenIVIS hier einen wichtigen Beitrag für die Bereitstellung<br />
von Informationen leisten kann. Das Informationssystem ist in das IMPETUS-Framework integriert<br />
und besteht aus mehreren Komponenten <strong>zu</strong>r Auswahl, Auswertung und Darstellung von Inland-<br />
Valleys und ihren Eigenschaften. Mit Hilfe einer Abfragemaske kann der Nutzer <strong>zu</strong>nächst Inland-<br />
Valleys auswählen (Abbildung III.1.1-24). Die Abfragemaske enthält zwölf der wichtigsten Auswahlkriterien<br />
für die Inwertset<strong>zu</strong>ng von Inland-Valleys (Größe der Inland-Valleys, Größe der Ein<strong>zu</strong>gsgebiete,<br />
Lage in einer bestimmten Kommune, Nut<strong>zu</strong>ng der Inland-Valleys, Hauptanbaufrüchte<br />
etc.).<br />
Abb. 2: Abfragemaske <strong>zu</strong>r Auswahl der Inland-Valleys<br />
Abb. III.1.1-24: Abfragemaske <strong>zu</strong>r Auswahl der Inland-Valleys
Ernährungssicherung IMPETUS __81<br />
Nach dieser Abfragemaske wurde ein neues Modul integriert, das eine Auswertung wichtiger Eigenschaften<br />
der Inland-Valleys bereitstellt (Abbildung III.1.1-25). Die Auswertungen beziehen sich<br />
dabei immer auf die <strong>zu</strong>vor getroffene Auswahl der Inland-Valleys. Die Ergebnisse können als Diagramm<br />
oder als Tabelle dargestellt werden.<br />
Abb. III.1.1-25: Auswertung der Eigenschaften von ausgewählten Inland-Valleys<br />
Der Nutzer hat somit die Möglichkeit, sehr schnell und einfach Auswertungen über eine selbst gewählte<br />
Auswahl von Inland-Valleys <strong>zu</strong> bekommen, z.B. die Hauptanbaufrüchte in Inland-Valleys<br />
einer bestimmten Größe in einer Kommune. Alle Auswertungen können an dieser Stelle direkt als<br />
Excel- bzw. als Grafikdatei exportiert werden, um für weitere Anwendungen <strong>zu</strong>r Verfügung <strong>zu</strong> stehen.<br />
Insgesamt können folgende Auswertungen gewählt werden:<br />
• Inland-Valley-Flächen nach Größenklassen<br />
• Summe der Inland-Valley-Flächen pro Kommune<br />
• Zugangsarten <strong>zu</strong>m Inland-Valley (asphaltierte Straße, Piste, Fußweg etc.)<br />
• Distanz zwischen dem Inland-Valley und dem nächstgelegenen Dorf<br />
• Hauptanbaufrüchte im Inland-Valley
Ernährungssicherung IMPETUS __82<br />
• Anteil der genutzten Fläche an der gesamten Inland-Valley-Fläche pro Kommune in der Regenzeit<br />
• Anteil der genutzten Fläche an der gesamten Inland-Valley-Fläche pro Kommune in der<br />
Trockenzeit<br />
• Aktuelle Bodenfruchtbarkeit in den Inland-Valleys<br />
Die ausgewählten Inland-Valleys können im nächsten Schritt auf einer mit GEOTOOLS realisierten<br />
GIS-Oberfläche dargestellt werden (Abbildung III.1.1-26). Hier können auch weitere Layer hin<strong>zu</strong>gefügt<br />
und in die Karte integriert werden. Des Weiteren gibt es die Möglichkeit, die ausgewählten<br />
Inland-Valleys mit Hilfe einer Expertenabfrage weiter <strong>zu</strong> filtern und die Ergebnisse direkt in der<br />
Karte dar<strong>zu</strong>stellen. Alle Ergebnisse können als Karte oder als Tabelle exportiert werden.<br />
Abb. III.1.1-26: GIS-Oberfläche von BenIVIS<br />
Des Weiteren sind die Ergebnisse von bodenkundlichen Detailuntersuchungen in repräsentativen<br />
Inland-Valleys in das Informationssystem integriert.<br />
Das SDSS ermöglicht es dem Nutzer, schnell und unkompliziert anhand von ausgewählten Kriterien<br />
Inland-Valleys <strong>zu</strong> selektieren und sie räumlich dar<strong>zu</strong>stellen. Um das System auch <strong>zu</strong>künftig auf<br />
einem aktuellen Stand halten <strong>zu</strong> können und so eine nachhaltige Nut<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong> ermöglichen, ist es von
Ernährungssicherung IMPETUS __83<br />
Anfang an so aufgebaut worden, dass neue Daten leicht eingepflegt werden können. Dies gilt sowohl<br />
für die Inland-Valley-Datenbank als auch für weitere Fallstudien oder Detailuntersuchungen<br />
in einzelnen Inland-Valleys. Die Methode für die Inventarisierung der Inland-Valleys ist von der<br />
Cellule Basfonds übernommen worden, die mittlerweile mit derselben Methode Inland-Valleys in<br />
zwei weiteren Ein<strong>zu</strong>gsgebieten aufgenommen hat, so dass jetzt auch Daten für die Ein<strong>zu</strong>gsgebiete<br />
der Flüsse Mono und Kouffo im Süden Benins vorliegen. Die Ergebnisse dieser Feldkampagne<br />
werden <strong>zu</strong>r Zeit in die Inland-Valley-Datenbank eingepflegt und anschließend in BenIVIS integriert.<br />
2. Weiterentwicklung des Modellierungsansatzes in BenIVIS<br />
Abbildung III.1.1-27 zeigt den Ansatz für die Modellierung der potenziellen Erträge in Inland-<br />
Valleys sowie die benötigten Eingangsdaten. Als Ertragsmodelle kommen EPIC und ORYZA <strong>zu</strong>r<br />
Anwendung. Mit dem hydrologischen Modell UHP-HRU werden die lateralen Zuflüsse berechnet,<br />
die aus einem Ein<strong>zu</strong>gsgebiet in das Inland-Valley gelangen. Die Ergebnisse der hydrologischen<br />
Modellierung werden benötigt, um den Wasserhaushalt der Inland-Valleys in den Ertragsmodellen<br />
Abb. III.1.1-27: Darstellung des Modellierungskonzeptes von BenIVIS<br />
abbilden <strong>zu</strong> können. Durch diesen Ansatz ist es <strong>zu</strong>m einen möglich, die Ertragsmodellierung für<br />
verschiedene Ein<strong>zu</strong>gsgebiete durch<strong>zu</strong>führen, die sich hinsichtlich Größe, Landnut<strong>zu</strong>ng, Morphologie<br />
und anderer Parameter unterscheiden. Zum anderen können Landnut<strong>zu</strong>ngs- und Klimaszenarien<br />
gerechnet werden, so dass der Einfluss von Landnut<strong>zu</strong>ngs- und Klimawandel auf den Wasserhaus-
Ernährungssicherung IMPETUS __84<br />
halt der Inland-Valleys abgeschätzt werden kann. Aufgrund der pedologischen Untersuchungen in<br />
Inland-Valleys (vgl. Schönbrodt 2007) und der Auswertungen der Inland-Valley-Datenbank (vgl.<br />
Zwischenbericht 2007) werden in den Ertragsmodellen typische Böden für den zentralen Inland-<br />
Valley-Bereich sowie typische Zusammenset<strong>zu</strong>ngen der Anbaufrüchte für verschiedene Ethnien<br />
parametrisiert.<br />
Einfluss von Topographie und Anbaupraxis auf den Ertrag beim Reisanbau in Inland-Valleys<br />
In die Modellierung des Nut<strong>zu</strong>ngspotenzial von Inland-Valleys sollen auch verschiedene Anbaustrategien<br />
integriert werden. Um den Einfluss verschiedener Anbaumethoden auf den potenziellen<br />
Ertrag von Reis in Inland-Valleys abschätzen <strong>zu</strong> können, wurden in den Jahren 2006, 2007 und<br />
2008 ein mehrfaktorieller Feldversuch durchgeführt (vgl. Zwischenbericht 2007). Um das ganze<br />
Potenzial der Produktivität von Reis ab<strong>zu</strong>decken, wurde im Jahr 2006 die Reissorte Sahel 108, in<br />
den Jahren 2007 und 2008 die Sorte NERICAL-26 angebaut. Bei einer Vegetationsdauer von 105<br />
Tagen erbringt NERICAL-26 durchschnittlich einen Ertrag von 5,5 t/ha. Die Sorte zählt <strong>zu</strong> den<br />
NERICA (New RICe for Africa) Arten. Nach Kreu<strong>zu</strong>ng der asiatischen Art Oryza sativa var. mit<br />
der afrikanischen Reisart Oryza glaberrima entstanden die NERICA Arten durch eine Rückkreu<strong>zu</strong>ng<br />
mit einem Hybrid der afrikanischen Mutterart. So kombinieren diese Arten die hohe Widerstandsfähigkeit<br />
der afrikanischen mit der hohen Produktivität der asiatischen Mutterart.<br />
Mittels eines split-split-plot Designs und 4 Wiederholungen wurden die folgenden Ergebnisse erzielt<br />
(für eine genaue Beschreibung des Versuchsaufbaus siehe Zwischenbericht 2007):<br />
1. Die Parzellen im Randbereich der Inland-Valleys erbrachten in allen Versuchsjahren höhere<br />
Erträge als die Parzellen im Zentrum (Abbildung 6 und 7)<br />
2. In den eingedeichten Reisparzellen wurde 2007 ein Ertrag von durchschnittlich 4,4 t/ha erzielt.<br />
Parzellen ohne Eindeichung erzielten lediglich einen durchschnittlichen Ertrag von 2,7<br />
t/ha (Abbildung 6 )<br />
3. In den Jahren 2007 und 2008 wurden zwar auf den gedüngten Parzellen (Urea 130 kg/ha +<br />
TSP 87 kg/ha) höhere Korn- bzw. Biomasseerträge erzielt, aber die Unterschiede <strong>zu</strong> den ungedüngten<br />
Parzellen waren nur im Jahr 2008 signifikant (Abbildung III.1.1-28 und III.1.1-<br />
29).<br />
Im frühen Wuchsstadium zeigten die Reispflanzen deutliche Anzeichen dafür, dass Ertragsunterschiede<br />
verschiedener Standorte auf die toxische Wirkung von Eisen <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>führen sind (Srivastava<br />
et al. 2008, Kanninkpo 2008). Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, dass weder der<br />
Einsatz von Düngemitteln noch die Eindeichung der Parzellen die toxische Wirkung von Eisen eindämmen<br />
bzw. kompensieren konnten (Tab. III.1.1-5). Lediglich die unterschiedliche Lage in der<br />
Landschaft führte <strong>zu</strong> deutlichen Unterschieden in den Eisengehalten der Reisblätter.
Ernährungssicherung IMPETUS __85<br />
Tab. III.1.1-5: Eisenkonzentrationen in Blättern der Reispflanze bei unterschiedlichen Anbaumethoden<br />
Änderungen der Anbau- Eisenkonzentration (56 Eisenkonzentration (87 DAS)<br />
methode<br />
DAS)<br />
Mittelwert Standard- Mittelwert Standard-<br />
(ppm) abweichung (ppm) abweichung<br />
Position Randbereich 429 146 245 59<br />
Deiche<br />
Düngung<br />
Zentrum 911 169 699 319<br />
Ohne Deiche 668 371 590 363<br />
Mit Deichen 615 244 487 332<br />
Ohne Düngung 685 174 480 337<br />
Mit Düngung 656 417 465 359<br />
Trotz der verhältnismäßig unfruchtbaren Böden zeigen die Versuche in den Inland Valleys relativ<br />
gute Potenziale für den Reisanbau auf. Maßgeblich ertragsmindernd wirkte vor allem die hohe<br />
Konzentration an reduziertem Eisen bei Wassersättigung im Boden. Die daraus resultierende Toxizität<br />
beeinflusste vor allem die Parzellen der unteren Hangbereiche und der Senken (Abbildung<br />
III.1.1-28 und III.1.1-28, Tab. III.1.1-5). In den Senkenbereichen akkumulieren die Reispflanzen<br />
offensichtlich viel mehr Eisen als an den Randbereichen der Inland-Valleys. Dies lässt sich durch<br />
die längere Dauer der Wassersättigung im Zentralbereich sowie durch die Zufuhr von gelöstem,<br />
leicht verfügbaren Eisen aus den Hangbereichen erklären, das sich dann im Zentralbereich akkumuliert<br />
(Kanninkpo 2008).<br />
2006<br />
b b<br />
a<br />
Abb. III.1.1-28: Reisertrag bei unterschiedlichen Anbaumethoden in den Jahren 2006 und 2007 (a = kein signifikanter<br />
Unterschied zwischen den Anbaumethoden, b = signifikanter Unterschied).<br />
Das Anlegen von Deichen sowie der Einsatz von Düngemitteln können in Jahren mit ausreichenden<br />
Niederschlägen den Ertrag aber durchaus steigern. Insbesondere Stickstoff scheint ein Mangelfaktor<br />
<strong>zu</strong> sein, da im Jahr 2007 die Konzentrationen in den Blättern in allen Behandlungen unterhalb des<br />
Schwellenwertes für Stickstoffmangel lagen (Tab. III.1.1-6). Deshalb wurden wohl in den regenreichen<br />
Jahren 2007 und 2008 auch höhere Erträge in den gedüngten Parzellen erzielt.<br />
2007<br />
a b b
Ernährungssicherung IMPETUS __86<br />
Weshalb die Ertragssteigerungen nicht signifikant waren, könnte daran liegen, dass in der gedüngten<br />
Variante entweder nicht genug Stickstoff oder <strong>zu</strong>m falschen Zeitpunkt ausgebracht wurde. Im<br />
Versuch wurde der gesamte Stickstoff <strong>zu</strong>r Aussaat verabreicht, obwohl ein Splitten der Stickstoffdüngung<br />
empfohlen wird. Das Splitten der Düngung und damit die Ausbringung einer zweiten<br />
Stickstoffgabe im Schossen gestaltet sich jedoch in den Inland Valleys als technisch sehr schwierig,<br />
da die Parzellen <strong>zu</strong> diesem Zeitpunkt in der Regel überstaut sind und das Wasser, <strong>zu</strong>mindest im<br />
Zentralbereich, nicht abgelassen werden kann. Hier besteht noch Forschungsbedarf.<br />
Tab. III.1.1-6: Stickstoffkonzentrationen in Blätter der Reispflanze bei unterschiedlichen Anbaumethoden<br />
Änderung der Anbaumethode<br />
Position<br />
Deiche<br />
Dünger<br />
ab ab ab<br />
Abb. III.1.1-29: Biomassertrag (Frischmasse) <strong>zu</strong>m Zeitpunkt des Schossens bei unterschiedlichen Anbaumethoden<br />
im Jahr 2008 (ab = signifikanter Unterschied zwischen den Anbaumethoden<br />
Stickstoff- Konzentration<br />
(32 DAS)<br />
Stickstoff- Konzentration<br />
(58 DAS)<br />
Mittelwert (%) Mittelwert (%)<br />
Randbereich 2.3 1.1<br />
Zentrum 2.0 1.2<br />
Ohne Deiche 1.8 1.0<br />
Mit Deichen 2.5 1.3<br />
Ohne Dünger 2.2 1.15<br />
Mit Dünger 2.2 1.17<br />
Die Regionalisierung der auf Feldskala modellierten Erträge erfolgt über die erfassten Inland-<br />
Valleys der Inventarisierungskampagne und eine Abschät<strong>zu</strong>ng der nicht erfassten Flächen durch<br />
GIS-Analysen und Fernerkundung. Die Fertigstellung dieses Moduls <strong>zu</strong>r Ertragsmodellierung ist<br />
für Ende Februar geplant.
Ernährungssicherung IMPETUS __87<br />
Literatur<br />
Schönbrodt, Sarah (2007) : Inventarisierung und bodenkundliche Charakterisierung von Bas-fonds im Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
des Oberen Ouémé in Benin, Westafrika. Diplomarbeit <strong>Universität</strong> Göttingen.<br />
Kanninkpo, C. (2008): Etude des potentialités en production rizicole du bas fond Kpèn’drè de Doguè (Commune de<br />
Bassila – Département de la DONGA). DESS, Faculté des Sciences Agronomiques, Université d’Abomey-<br />
Calavi, Abomey-Calavi, Benin.<br />
Srivastava, A., Gaiser, T., Kanninkpo, C. (2008): Response of lowland rice to topography and different management<br />
practices in Inland valley in the sub-humid savannah of West Africa. J. Plant Nutr. Soil Sci. (submitted)
Hydrologie IMPETUS 88<br />
III.1.2 Hydrologie<br />
Im Themenbereich „Wasserdargebot, Wasserverbrauch, Wasserqualität“ sind alle Problemkomplexe<br />
<strong>zu</strong>sammengefasst, bei denen das Wasser im Fokus der Untersuchungen steht. Hy-drologische<br />
Aspekte sind jedoch in einer Vielzahl weiterer Problemkomplexe integriert (z.B. PK Be-E.7, PK<br />
Be-E.4) und stellen häufig wichtige Eingangsdaten dar.<br />
Der PK Be-H.1 analysiert die Wasserverfügbarkeit und den Wasserverbrauch im Ouémé-<br />
Ein<strong>zu</strong>gsgebiet. Im Fokus steht die Entwicklung des SDSS BenHydro, welches Stakeholdern im Bereich<br />
Wassermanagement <strong>zu</strong>r Verfügung gestellt wird. Im Berichtzeitraum wurde schwerpunktmäßig<br />
das Wasserverbrauchsmodul BenEau entwickelt, das den häuslichen, gewerblichen und landwirtschaftlichen<br />
Wasserverbrauch in Benin ermittelt. Des Weiteren wurde die Simulation der<br />
Grundwasserkomponente mit MODFLOW und die Kopplung zwischen dem hydrologischen Modell<br />
UHP-HRU und MODFLOW weiterentwickelt und die Simulation benutzerdefinierter Landnut<strong>zu</strong>ngsszenarien<br />
in das SDSS integriert. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeiten des PKs im Berichtzeitraum<br />
stellte die Ausarbeitung einer ausführlichen Dokumentation des SDSS in Deutsch, Französisch<br />
und Englisch dar, die über das Framework abrufbar ist.<br />
Im Rahmen des PK-Be.H2 wird die aktuelle sowie <strong>zu</strong>künftige sektorale Wassernachfrage (Haushalt,<br />
Industrie, Landwirtschaft) abgeschätzt. Die Ergebnisse der umfassenden Wasserverbrauchsstudien<br />
in Zusammenhang mit den IMPETUS Szenarien werden dem Entscheidungsträger über das<br />
SDSS BenEau nutzerfreundlich <strong>zu</strong>r Verfügung gestellt. Hierbei hat der Nutzer die Möglichkeit, den<br />
Wasserverbrauch im Zeitraum 2002-2025 <strong>zu</strong> analysieren. Dabei besteht neben der Wahl der<br />
IMPETUS Szenarien auch die Möglichkeit, eigene Szenarien <strong>zu</strong> erstellen. Weiterhin ist eine Verknüpfung<br />
mit dem PK-Be.H1 SDSS BenHydro vorgesehen, die eine Bilanzierung von Wasserangebot<br />
und Nachfrage <strong>zu</strong>m Ziel hat und somit wertvolle Informationen für ein nachhaltiges Wasserressourcenmanagement<br />
liefern kann.<br />
Im PK-Be.H2 wurde eine erste Version des Monitoring-Tools <strong>zu</strong>r Echtzeitschät<strong>zu</strong>ng von Niederschlag<br />
in Benin (PrecipMon) wurde im März 2008 an den MSG-Empfänger am Flughafen in Cotonou<br />
gekoppelt. Der Ausfall des Systems nach 2 Monaten erfolgreicher Laufzeit durch einen nicht<br />
berücksichtigten Formatwechsel von Seiten des Satelliten zeigte, dass mehr manuelle Eingriffsmöglichkeiten<br />
für die Administratoren in <strong>zu</strong>künftigen Versionen notwendig sind. Das Informationssystem<br />
PrecipInfo wurde um eine HTML-Basierte, internetfähige Visualisierung der Monitoringdaten<br />
erweitert. Eine Methode <strong>zu</strong>m statistischen Downscaling der REMO-Klimaszenarien anhand der<br />
stündlichen Monitoring-Daten von 1983 bis 2005 wurde erarbeitet.
Hydrologie IMPETUS 89<br />
PK Be-H.1 Wasserverfügbarkeit und Wasserverbrauch im Ouémé-<br />
Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
Problemstellung<br />
Frauen auf dem Weg <strong>zu</strong>m Brunnen<br />
Die hydrologischen Prozesse und die Grundwasserneubildung werden stark von Umweltfaktoren<br />
(Boden, Landnut<strong>zu</strong>ng, Klima) beeinflusst. Die <strong>zu</strong> beobachtenden Umweltveränderungen (Klimaänderung,<br />
Landnut<strong>zu</strong>ngsänderung, Bodendegradation) haben somit große Auswirkungen auf diese<br />
Prozesse und die <strong>zu</strong>künftige Verfügbarkeit von Grund- und Oberflächenwasser in der Region. Ein<br />
Problem ist die Zunahme des Wasserverbrauchs, die v.a. durch die Bevölkerungsentwicklung hervorgerufen<br />
wird. Folgende Fragenstellungen werden im PK Be-H.1 bearbeitet:<br />
• Wie viel Oberflächen- und Grundwasser steht im Ein<strong>zu</strong>gsgebiet des Ouémé <strong>zu</strong>r Verfügung? (Ist-<br />
Zustand und Szenarien)<br />
• Wie hoch ist der Wasserverbrauch im Ein<strong>zu</strong>gsgebiet des Ouémé?<br />
• Welchen Einfluss haben Umweltveränderungen auf die Wasserverfügbarkeit?<br />
Mitarbeiter<br />
S. Giertz, B. Höllermann, G. Steup, A. Kocher,
Hydrologie IMPETUS 90<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Die Zielset<strong>zu</strong>ng des Problemkomplexes ist eine Abschät<strong>zu</strong>ng der Verfügbarkeit von Oberflächen-<br />
und Grundwasser, der Veränderung des Grundwasserspiegels durch Grundwasserentnahme und<br />
veränderte Grundwasserneubildung sowie eine Abschät<strong>zu</strong>ng des Wasserverbrauchs im Ouémé Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
für verschiedene Szenarien vor<strong>zu</strong>nehmen. Dieser Problemkomplex basiert auf den Erkenntnissen<br />
der kleinräumigen Prozessstudien und nutzt diese, um Aussagen auf der regionalen<br />
Skale <strong>zu</strong> ermöglichen. Die lokale Skala wird in weiteren PKs behandelt (siehe PK Be-E.4 und PK<br />
Be-E.7).<br />
Nutzergruppen<br />
• Direction Générale de l’Eau<br />
- Dr. Pierre Adissou (Chef Service Hydrologie)<br />
- Dr. Felix Azonsi (Chef Service Resources en Eau)<br />
- Mitarbeiter: Arnaud Zannou, Aurélien Tossa<br />
• Université d’Abomey-Calavi<br />
- Prof. Abel-Afouda (Faculté des Sciences Techniques)<br />
- Mitarbeiter: Eric Alamou<br />
- Prof. E. Agbossou (Faculté des Sciences Agronomiques)<br />
- Mitarbeiter: Dr. Luc Sintondji<br />
Stand der SDSS-Entwicklung<br />
1. Das SDSS BenHydro<br />
Das SDSS BenHydro ist vor allem für Nutzer der DGEau und der Ein<strong>zu</strong>gsgebietskommissionen<br />
konzipiert. Es kann von den Nutzern als Tool <strong>zu</strong>r Abschät<strong>zu</strong>ng der derzeitig und <strong>zu</strong>künftig verfügbaren<br />
Wasserressourcen (Oberflächenwasser und Grundwasser) und des Wasserverbrauchs im Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
eingesetzt werden. Dieses ist vor allem für den GIRE 1 -Prozess in Benin von<br />
großer Bedeutung, da hier auf Ein<strong>zu</strong>gsgebietsebene Wassermanagement-Konzepte erarbeitet werden<br />
sollen. Auf einem SDSS-Workshop im Oktober 2008 in Cotonou konnten die potentiellen Anwender<br />
der DGEau und anderen Institutionen kennenlernen.<br />
Abbildung III.1.2-1 zeigt einen Überblick über den Aufbau des SDSS. Die Hauptkomponenten stellen<br />
die Modelle UHP-HRU und das Grundwassermodell MODFLOW dar. Der Wasserverbrauch<br />
(Haushalte, Gewerbe, Landwirtschaf) wird im 2008 neu entwickeltem SDSS BenEau ermittelt. Eine<br />
direkte Verknüpfung zwischen BenHydro und BenEau wird derzeit konzipiert. Das SDSS WANA<br />
wurde nicht weiterentwickelt, da aufgrund der hohen räumlichen Aggregationsebene der Daten eine<br />
Verknüpfung <strong>zu</strong> BenHydro nicht möglich war und die Bearbeiterin aus dem <strong>Projekt</strong> ausgeschieden<br />
ist.<br />
1 GIRE = Gestion integrée des resources en eau (<strong>Integratives</strong> <strong>Management</strong> der Wasserressourcen)
Hydrologie IMPETUS 91<br />
Abb. III.1.2-1: Hauptkomponenten des SDSS BenHydro<br />
Im Berichtzeitraum wurde schwerpunktmäßig das Wasserverbrauchsmodul BenEau entwickelt.<br />
BenEau ist ein eigenständiges SDSS <strong>zu</strong>r Analyse des Wasserverbrauchs in Benin. Auf der Basis<br />
von empirischen Daten, die im Rahmen des <strong>Projekt</strong>es erhoben wurden (vgl. Schopp 2004, Schopp<br />
& Kloos, 2006; Schopp et al. 2007), Sekundärdaten (INSAE, 2003) und berechneten Szenarien<br />
(Gruber, 2008; Doevenspeck & Heldmann, 2005; Paeth et al. in Press) wurde der Wasserverbrauch<br />
von Haushalten, Landwirtschaft und Industrie in Benin für den Zeitraum 2002-2025 für die drei<br />
IMPETUS-Szenarien B1, B2 und B3 berechnet. Eine genaue Erläuterung der Datengrundlagen und<br />
Szenarienergebnisse des SDSS BenEau ist im Berichtteil des PK Be-H.2 <strong>zu</strong> finden. Des Weiteren<br />
wurden im Berichtzeitraum die Simulation der Grundwasserkomponente mit MODFLOW und eine<br />
ausführliche Dokumentation des SDSS in Deutsch, Französisch und Englisch erstellt, die über das<br />
Framework abrufbar ist. Die Dokumentation gibt nicht nur Hilfestellung bei der Benut<strong>zu</strong>ng des Systems<br />
sondern gibt auch Hintergrundinformationen <strong>zu</strong> den verwendeten Modellen, Datengrundlagen<br />
und Auswertungsroutinen.<br />
Das SDSS ist in das IMPETUS-Framework integriert. Das Modell UHP-HRU ist für das gesamte<br />
Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet implementiert und beinhaltet ein Stauseemodul, was die Simulation von Interventionsszenarien<br />
mit potentiellen Stauseen ermöglicht. Ein Beispiel für ein Interventionsszenario<br />
(Bau eines Großstausees <strong>zu</strong>r Ausweitung der Bewässerungslandwirtschaft) wird in Abschnitt 1.3<br />
erläutert.
Hydrologie IMPETUS 92<br />
1.1 Benutzerführung des SDSS BenHydro<br />
Nach dem Start des SDSS über das Icon oder den Schlagwortkatalog im Framework erscheint nach<br />
dem Startbildschirm und dem Blockdiagramm das Fenster „Auswahl der Komponenten“. Hier kann<br />
der Benutzer auswählen, ob er das Wasserdargebot für verschiedene Szenarien berechnen will, eine<br />
Analyse der Wassernachfrage durchführen will oder vorgerechnete Szenarien analysieren will. In<br />
Kürze wird die Option des Vergleichs von Wasserdargebot und Wassernachfrage in das SDSS implementiert.<br />
Bei Auswahl der zweiten Option wird der Benutzer direkt <strong>zu</strong> dem SDSS BenEAU weitergeleitet<br />
und kann dort die gewünschten Szenarien berechnen. Bei der dritten Option wird sofort das Ergebnisfenster<br />
geöffnet. Hier hat der Benutzer die Möglichkeit, verschiedene vorgerechnete Szenarien<br />
miteinander <strong>zu</strong> vergleichen.<br />
Abb. III.1.2-2: Fenster „Auswahl der Komponenten“<br />
Wurde vom Benutzer die erste Option gewählt, hat er im nächsten Auswahlfenster die Möglichkeit,<br />
allgemeine Einstellung für die Modellierung mit UHP-HRU vor<strong>zu</strong>nehmen (vgl. Abb. III.1.2-2 und<br />
III.1.2-3). Hier erfolgt die Auswahl der Klimadaten (Messdaten oder Szenarien) und der Landnut<strong>zu</strong>ngsszenarien.<br />
Da bisher keine simulierten IMPETUS-Landnut<strong>zu</strong>ngsszenarien für das gesamte<br />
Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet vorliegen, wurde derzeit nur eine benutzerdefinierte Szenarienoption in das<br />
SDSS integriert. Die wichtigste Landnut<strong>zu</strong>ngsänderung im Ein<strong>zu</strong>gsgebiet stellt die Umwandlung<br />
von Savanne in Ackerfläche dar. Da diese stark von der im Ein<strong>zu</strong>gsgebiet lebenden Bevölkerung<br />
abhängt, wird die Umwandlungsrate der Savannenflächen in Ackerfläche in Abhängigkeit von den<br />
Bevölkerungsszenarien für jede Simulationseinheit (Teilein<strong>zu</strong>gsgebiet) berechnet. Der Benutzer<br />
kann über einen Schieberegler einstellen, wie groß der agrarische Nutzfläche pro Kopf für das Zieljahr<br />
der Simulation sein soll. Dadurch kann der Benutzer verschiedene Szenarien der Intensivierung<br />
der Landwirtschaft berechnen. Die Wälder werden in der Voreinstellung nicht in Ackerfläche umgewandelt,<br />
da es sich meist um staatliche geschützte Wälder handelt. Soll jedoch ein Szenario simuliert<br />
werden, dass auch die Umwandlung der Wälder impliziert, kann dies durch die Check-Box
Hydrologie IMPETUS 93<br />
aktiviert werden. Des Weiteren kann die Einstellung des Simulationszeitraumes durch benutzerfreundliche<br />
Schieberegler eingestellt werden.<br />
Abb. III.1.2-3: Fenster „Generelle Einstellungen des Modells UHP-HRU<br />
Interventionsszenarien Errichtung von Stauseen für Wasserkraft oder Bewässerung<br />
Im Auswahlfenster „Stauseemanagement“ hat der Benutzer die Möglichkeit den Bau, verschiedener<br />
Stauseen in die Modellierung <strong>zu</strong> integrierten. Es werden sieben Standorte für potentielle Stauseen<br />
vorgegeben, die vom Benutzer ausgewählt werden können. Diese Stellen wurden in Benin durch<br />
Voruntersuchungen des Ministeriums MMEE als geeignete Standorte für den Bau großer Stauseen<br />
bestimmt. Um die Lokalisierung für den Benutzer <strong>zu</strong> vereinfachen wurde eine Karte mit den potentiellen<br />
Standorten integriert (vgl. Abb. III.1.2-4).<br />
Wenn der Benutzer einen Stausee ausgewählt hat, kann über die Schieberegler eingestellt werden,<br />
wie das Wasser aus dem Stausee genutzt werden soll. Das Wasser kann für Bewässerungszwecke<br />
entnommen werden oder für die Wasserkraftnut<strong>zu</strong>ng aus dem Stausee fließen. Ein Beispiel für ein<br />
Interventionsszenario ist in Abschnitt 4.3 aufgeführt. Im nächsten Schritt erfolgt die Modellierung<br />
mit UHP-HRU.
Hydrologie IMPETUS 94<br />
1.2 Analyse der Ergebnisse<br />
Abb. III.1.2-4: Auswahlfenster ‚Stauseen’ des SDSS BenHydro<br />
Nach Abschluss der Modellierung hat der Benutzer die Möglichkeit, einzelne Ein<strong>zu</strong>gsgebiete aus<strong>zu</strong>wählen<br />
und sich die da<strong>zu</strong>gehörigen Ergebnisse als Diagramme, Tabellen und Karten anzeigen <strong>zu</strong><br />
lassen (vgl. Abb. III.1.2-5). Es können alle Komponenten des Wasserhaushaltes angezeigt werden<br />
(Niederschlag, Evapotranspiration, Abfluss, Grundwasserneubildung etc.). Es können auch verschiedene<br />
Szenarien verglichen werden.
Hydrologie IMPETUS 95<br />
Abb. III.1.2-5: Fenster „Ergebnisdarstellung Wasserverfügbarkeit“<br />
Abbildung III.1.2-6 zeigt die Darstellung der Simulationsergebnisse für die verschiedenen Komponenten<br />
des Wasserhaushaltes für das Klimaszenario A1B in BenHydro.
Hydrologie IMPETUS 96<br />
Abb. III.1.2-6: Darstellung der Wasserhaushaltskomponenten Niederschlag, Grundwasserneubildung und Gesamtabfluss<br />
in BenHydro für das Klimaszenario A1B<br />
1.3 Interventionsszenario Bau des Stausees Assanté-GbanlinHansoe <strong>zu</strong>r Bewässerung von<br />
Reisfeldern<br />
Als Beispiel für ein mögliches Interventionsszenario wurde der von der DGEau geplante Stausee<br />
bei Assanté-GbanlinHansoe integriert. Er ist mit einer Kapazität von 60 Mio. m³ geplant. Die Nut<strong>zu</strong>ng<br />
ist v.a. für die Bewässerung von landwirtschaftlichen Nutzflächen vorgesehen. In dem simulierten<br />
Interventionsszenario wird eine Großbewässerungsfläche von 10.000 ha mit Reis angenommen.<br />
Es gibt zwei Anbauzyklen pro Jahr. In den Monaten Dezember bis April (Trockenzeit) wird<br />
der Reis voll bewässert. In den Monaten Mai-Juli und November wird der Reis teilweise bewässert,<br />
da die Niederschläge bzw. das gespeicherte Bodenwasser für den Reisanbau nicht ausreichend sind.<br />
In den Monaten August bis Oktober ist keine Bewässerung notwendig, da aufgrund der hohen Niederschlagsmengen<br />
und des aufgefüllten Bodenspeichers ausreichend Wasser für das Pflanzenwachstum<br />
vorhanden ist. Es wird von einer Bewässerungsmenge von 11.500 m³/ha und Jahr ausgegangen.<br />
Das Szenario wurde für das Klimaszenario A1B simuliert. Abbildung III.1.2-7 zeigt die Entwicklung<br />
des Stauseevolumens als Mittelwert für die drei Läufe des Klimaszenarios A1B. Es wird deutlich,<br />
dass das Stauseevolumen in allen Jahren in der Trockenzeit deutlich <strong>zu</strong>rückgeht und in sehr
Hydrologie IMPETUS 97<br />
trockenen Jahren der Stausee sogar leer läuft. In der Regenzeit kommt es mit Ausnahme eines Jahres<br />
immer <strong>zu</strong>r vollständigen Auffüllung bis <strong>zu</strong>m maximalen Speichervolumen von 60 Mio. m³.<br />
Abb. III.1.2-7: Volumen des Stausees Assanté-GbanlinHansoe für das Klimaszenario A1B und Interventionsszenario-<br />
Ausweitung der Bewässerungslandwirtschaft<br />
Abbildung III.1.2-8 zeigt einen Vergleich der Hydrographen am Pegel Ouémé-Save unterhalb des<br />
Stausees beispielhaft für die Jahre 2015-2017. Der Unterschied zwischen den beiden Ganglinien ist<br />
gering. Nur in der Trockenzeit zeigt sich eine Verringerung des Abflussvolumens für das Stauseeszenario.<br />
Abb. III.1.2-8: Monatsmittel des Abflusses am Pegel Save im Klimaszenario A1B mit und ohne Stausee (Mittelwert<br />
der drei Ensembleläufe)
Hydrologie IMPETUS 98<br />
Das in Abbildung III.1.2-9 dargestellte Jahresvolumen des Abflusses für die verschiedenen Dekaden<br />
zeigt den Einfluss der Wasserentnahme am Stausee auf das Gesamtvolumen des Abflusses am<br />
Pegel Ouémé Save.<br />
Abb. III.1.2-9: Jahressumme des Abflussvolumens am Pegel Save im Klimaszenario A1B mit und ohne Stausee (Mittelwert<br />
der drei Ensembleläufe)<br />
Das erläuterte Beispiel zeigt, dass durch die Implementierung des Stauseemoduls in das Modell<br />
UHP-HRU und in das SDSS BenHydro der Einfluss eines Stauseebaus und der Wasserentnahme<br />
auf die Abflussdynamik am Unterlauf des Flusses abgeschätzt werden kann. Des weiteren kann der<br />
Einfluss der Wasserentnahme auf das Stauseevolumen analysiert werden. Dies ist für Entscheidungen<br />
des Wassermanagements von großer Bedeutung um z.B. Wassernut<strong>zu</strong>ngskonflikte zwischen<br />
Ober- und Unterliegern <strong>zu</strong> vermeiden oder Großbewässerungsflächen <strong>zu</strong> planen.<br />
2. Grundwassermodellierung<br />
Schwerpunkt der hydrogeologischen Arbeiten ist der Aufbau eines dynamischen, numerischen hydrogeologischen<br />
Modells für das gesamte Ouémé Ein<strong>zu</strong>gsgebiet um damit die Entwicklung der<br />
Grundwasserressourcen für die IMPETUS Szenarien <strong>zu</strong> simulieren. Basierend auf dem Prozessverständnis,<br />
das auf der lokalen Ebene entwickelt wurde (Fass 2004) sowie dem ersten sub-regionalen<br />
Grundwassermodell des Oberen Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet (El-Fahem 2008) konnte ein numerisches<br />
Strömungsmodell entwickelt werden (Abb. III.1.2-10). Für das <strong>zu</strong>grunde liegende konzeptionelle<br />
Modell mussten die bereits lokal und sub-regional vorhandenen Ergebnisse <strong>zu</strong>r hydrochemischen<br />
und isotopischen Charakterisierung ergänzt werden. Lokaler Schwerpunkt stellt hier die Kontaktzone<br />
zwischen dem Kluftaquifer des Grundgebirges <strong>zu</strong>m Porenaquifer des Sedimentbeckens im Süden<br />
dar. Für eine bessere Beschreibung der hydraulischen Parameter in dem 49.500 km² großen Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
wurden <strong>zu</strong>sätzlich Slug Tests durchgeführt und über 60 Langzeitpumpversuche aus dem<br />
Department Collines (Programme de l’hydraulique rurale) re-interpretiert.
Hydrologie IMPETUS 99<br />
Von entscheidender Bedeutung vor allem im Hinblick auf die Simulation der Entwicklung der<br />
Grundwasserressourcen unter dem Einfluss der verschiedenen Klimaszenarien war die erfolgreiche<br />
Koppelung mit dem hydrologischen UHP-HRU Modell mit seinen sowohl regional als auch zeitlich<br />
hochaufgelösten Informationen <strong>zu</strong>r Grundwasserneubildung (Abb. III.1.2-10: Layer 4).<br />
Abb. III.1.2-10: Das Grundwasserströmungsmodell (links) basiert neben den geologischen Charakteristika (zweite<br />
Lage), dem digitalen Geländemodell (dritte Lage) vor allem auf den Grundwasserneubildungsraten<br />
des UHP-HRU Modells (vierte Lage).<br />
Die Kalibrierung des numerischen Modells erfolgt <strong>zu</strong>rzeit schrittweise. Das Modell beschreibt hinreichend<br />
genau die Wasserbewegung in den Grundwasserleitern für kurzzeitige Abschnitte (z.B.<br />
Januar 1080) auf der lokalen Skala (Abb. III.1.2-11) und bestätigt damit die lokale Parametrisierung.<br />
Auf der regionalen Skala fallen für den gleichen Zeitraum jedoch noch mehrere Diskrepanzen<br />
auf. Insbesondere im oberen Grundwasserleiter (Abb. III.1.2-12 links) werden eine Vielzahl von<br />
Zellen inaktiv, fallen trocken. Da dies durch die kontinuierlich aufgezeichneten Grundwasserschwankungen<br />
nicht belegt ist, werden <strong>zu</strong>rzeit die hydraulischen Parameter angepasst.
Hydrologie IMPETUS 100<br />
Abb. III.1.2-11: Lokale Grundwasserbewegung in 1980. (vgl. Rotes Quadrat)<br />
hydraulic heads [m]<br />
100 - 150<br />
150 - 200<br />
200 - 250<br />
250 - 300<br />
300 - 350<br />
350 - 400<br />
400 - 450<br />
450 - 500<br />
500 - 550<br />
550 - 600<br />
600 - 650<br />
Abb. III.1.2-12: Grundwasserstände imJanuar 1980 im Regolithaquifer (links) und im Basement (rechts). Die weißen<br />
Flecken zeigen trockene Zellen (rotes Quadrat: vergrößerter Detailausschintt in Abb. III.1.2.-11).
Hydrologie IMPETUS 101<br />
Sobald das regionale Modell weitgehend stabil kalibriert ist, wird der Wasserverbrauch mit eingebunden<br />
um so die <strong>zu</strong>künftige Entwicklung der Grundwasserressourcen auch unter dem Einfluss der<br />
sozioökonomischen IMPETUS-Szenarien simulieren <strong>zu</strong> können.<br />
Literatur<br />
ADAMS, E. (2005): Wasserverbrauch und Wasserverfügbarkeit in ausgewählten urbanen Gebieten der Republik Benin.<br />
Diplomarbeit, Institut für Agrarpolitik, Abteilung Welternährungswirtschaft der <strong>Universität</strong> Bonn.<br />
Doevenspeck, M. & Heldmann, M. (2005) Population projections for Benin until 2025, http://www.rsrg.unibonn.de/<strong>Projekt</strong>e/hape_impetus_<br />
Atlas/source/pdf/BE_F_03.pdf.<br />
El-Fahem, T. (2008) Hydrogeological conceptualisation of a tropical river catchment in a crystalline basement area and<br />
transfer into a numerical groundwater flow model - Case study for the Upper Ouémé catchment in Benin. PhD<br />
thesis, Rheinische Friedrich-Wilhelms-<strong>Universität</strong>, Bonn, Germany<br />
Fass, T. (2004) Hydrogeology of the Aguima catchment in Benin/West Africa.- [in German language] Ph.D. Thesis,<br />
University of Bonn.<br />
Gruber, I., 2008. The impact of socio-economic development and climate change on livestock management in Benin.<br />
Hohe Landwirtschaftliche Fakultät, University of Bonn, (Dissertation), http://hss.ulb.unibonn.de/diss_online/landw_fak/2008/gruber_ina/1388.pdf.<br />
Paeth, H., Born, K., Girmes, R. ,Pod<strong>zu</strong>n, R. & Jacob D., 2008. Regional climate change in tropical and northern Africa<br />
due to greenhouse forcing and land use changes. Journal of Climate 2008. AMS Journals Online, in press.<br />
Schopp, M., 2004 Wasserversorgung in Benin unter Berücksichtigung sozioökonomischer und soziodemograpischer<br />
Strukturen - Analyse der Wassernachfrage an ausgewählten Standorten des Haute Ouémé. Hohe Landwirtschaftliche<br />
Fakultät, University of Bonn, (Dissertation), http://hss.ulb.unibonn.de/diss_online/landw_fak/2005/schopp_marion/0526.pdf.<br />
Schopp, M. & Kloos, J., 2006. Wassernachfrage der Sektoren (Haushalt, Industrie und Landwirtschaft) unter Berücksichtigung<br />
möglicher Wasserkonflikte. Siebter Zwischenbericht, http://www.impetus.unikoeln.de/fileadmin/content/veroeffentlichungen/projektberichte/IMPETUS_Zwischenbericht_2006.pdf.<br />
111-118.<br />
Schopp, M; E. Adams, J. Kloos & Laudien, R., 2007. Wassernachfrage der Sektoren (Haushalt, Industrie und Landwirtschaft)<br />
unter Berücksichtigung möglicher Wasserkonflikte. Achter Zwischenbericht http://www.impetus.unikoeln.de/fileadmin/content/veroeffentlichungen/projektberichte/IMPETUS_Zwischenbericht_2007.pdf.<br />
102-112.
Hydrologie IMPETUS 102<br />
PK Be-H.2 Wassernachfrage der Sektoren (Haushalt, Industrie und Landwirtschaft)<br />
unter Berücksichtigung möglicher Wasserkonflikte<br />
Problemstellung<br />
Bewässerung peri-urbaner Gemüseanbau<br />
Wasser spielt auf allen Ebenen, d.h. in den Sektoren Haushalt, Industrie und Landwirtschaft eine<br />
wesentliche Rolle. Dieser Problemkomplex geht aufgrund der klimatischen und sozioökonomischen<br />
Lage Benins von einer nicht kontinuierlichen Wasserverfügbarkeit mit temporären<br />
und räumlichen Disparitäten aus. Hierbei ist im Besonderen die kontinuierliche Wasserversorgung<br />
in ländlichen Gebieten nicht gewährleistet. Beispielsweise können internationale Vorgaben <strong>zu</strong>m<br />
Pro-Kopf-Verbrauch, wie z.B. der WHO, vielfach nicht eingehalten werden. Durch die Umstrukturierung<br />
des Wassersektors im Zuge der Dezentralisierung und der damit einhergehenden Verunsicherung<br />
der Bevölkerung bei der Beantragung von neuen Pumpen und Brunnen verschärft sich diese<br />
Situation. Durch das anhaltende Bevölkerungswachstum und eine ausgeprägte Migration werden<br />
sich die Pro-Kopf verfügbaren Wasserressourcen innerhalb der nächsten 20 Jahre halbieren und die<br />
Konflikte über die Aufteilung der Ressource zwischen Haushalt, Industrie und Landwirtschaft intensivieren.<br />
In Anbetracht der nationalen Bestrebungen den landwirtschaftlichen Sektor mit Hilfe<br />
von Bewässerungsprojekten <strong>zu</strong> fördern, werden diese Konflikte noch verstärkt.<br />
Mitarbeiter<br />
S. Giertz, M. Schopp, B. Höllermann
Hydrologie IMPETUS 103<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Die Zielset<strong>zu</strong>ng des vorliegenden Problemkomplexes ist eine übergreifende Abschät<strong>zu</strong>ng des Wasserverbrauchs<br />
auf nationaler Ebene in Benin, aufgeschlüsselt nach den Sektoren Haushalt, Industrie<br />
und Landwirtschaft (inkl. Wasserbedarf für Vieh) unter Zuhilfenahme interdisziplinär erhobener<br />
Daten verschiedener Arbeitsbereiche. Ausgehend von dieser Datengrundlage werden <strong>zu</strong>künftige<br />
Entwicklungen und staatliche Planungsvorhaben (Gesetze, Rahmenbedingungen, privatwirtschaftliche<br />
<strong>Projekt</strong>ionen, etc.) in der Szenarienberechnung berücksichtigt, um so einen Beitrag <strong>zu</strong>r Wasserbilanz<br />
in Hinblick auf eine gesamtwirtschaftliche Wassernachfragefunktion liefern <strong>zu</strong> können. Die<br />
Erkenntnisse aus der Modellierung und der Szenarienberechnungen werden in ein SDSS integriert,<br />
welches in der Lage ist, räumlich differenzierte Wassernachfrage unter Berücksichtigung von sozioökonomischen<br />
und Umweltveränderungen dar<strong>zu</strong>stellen. Weiterhin wird durch eine Verknüpfung<br />
mit dem SDSS BenHydro (PK-BeH1) ein direkter Vergleich zwischen Wassernachfrage und Wasserverfügbarkeit<br />
ermöglicht.<br />
Potentielle Nutzergruppen<br />
� Direction Générale de l’Eau (DG-Eau)<br />
� La Société Nationale des Eaux du Bénin (SONEB)<br />
� Université d’Abomey-Calavi, Faculté des Sciences Agronomiques (UAC/FSA)<br />
� Vertreter der Departements und Gemeinden<br />
� Internationale Organisationen, beispielsweise Partenariat français pour l’eau (PFE), Centre<br />
Régional pour l'Eau Potable et l'Assainissement à faible coût (CREPA), Helvetas, Danida,<br />
Weltbank<br />
Vorbemerkung <strong>zu</strong>m Stand des PKs und des SDSS BenEau<br />
Im Berichtszeitraum fand eine Umstrukturierung des PKs bezüglich der Ergebnisdarstellung im<br />
SDSS statt. Diese Veränderungen wurden eingeführt, um die Kompatibilität mit dem SDSS „Ben-<br />
Hydro“ des PK-BeH1 <strong>zu</strong> erhöhen. Somit wurde ein weiterer Beitrag <strong>zu</strong>r Bilanzierung des Wasserhaushalts<br />
geleistet, der den Entscheidungsträgern vor Ort eine verbesserte Basis für das integrative<br />
<strong>Management</strong> der Wasserressourcen in Benin bieten kann. Teil dieser Umstrukturierung war auch<br />
ein Wechsel in den personellen Zuständigkeiten des PKs.<br />
Stand der SDSS-Entwicklung BenEau<br />
Das räumliche Entscheidungsunterstüt<strong>zu</strong>ngssystem „BenEau“ <strong>zu</strong>r Analyse des Wasserverbrauchs<br />
von Haushalten, Industrie und Landwirtschaft basiert u.a. auf Erhebungen der empirischen Sozialforschung,<br />
die im Rahmen des IMPETUS <strong>Projekt</strong>s durchgeführt wurden (Database, siehe Abb.<br />
III.1.2-13). Expertenmodelle für häuslichen und industriellen Wasserverbrauch sowie das FAO<br />
Modell CropWat wurden genutzt, um Wasserverbrauchsszenarien <strong>zu</strong> entwickeln (Modelbase). Die<br />
Ergebnisse aus dem Zusammenspiel dieser beiden Komponenten können in der Toolbase bis auf
Hydrologie IMPETUS 104<br />
Gemeindeebene räumlich differenziert analysiert werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit das<br />
System den eigenen Fragestellungen über benutzerdefinierte Einstellungen an<strong>zu</strong>passen.<br />
1 Database und Modelbase<br />
Abb. III.1.2-13: Blockbild des SDSS BenEau<br />
Ermittlung der Wassernachfrage auf Haushaltsebene<br />
Die Studien der ersten und zweiten <strong>Projekt</strong>phase von Schopp (2004), Hadjer et al. (2005) und<br />
Adams (2005) haben gezeigt, dass der häusliche Wasserverbrauch stark vom Zugang abhängt. In<br />
ländlichen Gebieten werden Personen mit Zugang <strong>zu</strong> einem Brunnen oder Pumpe ca. 19 l pro Kopf<br />
und Tag verbrauchen, während Personen mit schlechterem Zugang (Wasserloch, Flusswasser) nur<br />
ca. 14 l verbrauchen. Die Untersuchung des Wasserverbrauchs urbaner Haushalte, die in insgesamt<br />
1100 Haushalten in 8 Städten in Benin durchgeführt wurde, zeigte, dass der Wasserverbrauch von<br />
Personen in Haushalten mit Leitungswasseranschluss je nach Stadt von ca. 40 l bis 80 l schwankt.<br />
Zur Berechnung des häuslichen Wasserverbrauchs wurden die ermittelten Pro-Kopf-Verbräuche mit<br />
den Zensusdaten (INSAE, 2004) und den demographischen Szenarien (Doevenspeck & Heldmann,<br />
2005) verknüpft. Der Zugang konnte ebenfalls aus den Zensusdaten entnommen werden. Die Entwicklung<br />
des Zugangs in den IMPETUS-Szenarien wurde, basierend auf den nationalen Planungen<br />
bezüglich des Ausbaus der Wasserinfrastruktur der verantwortlichen Strukturen (SONEB, DGE,
Hydrologie IMPETUS 105<br />
Entwicklungsorganisationen), abgeschätzt. Die Entwicklung der Wasserverbrauchshöhen in den<br />
IMPETUS-Szenarien wurde anhand von internationalen Standards (WHO), Minima des Wasserbedarfs<br />
<strong>zu</strong>r Erfüllung der Grundbedürfnisse (Gleick, 1996) und Expertengesprächen berechnet.<br />
Ermittlung der Wassernachfrage auf Industrieebene<br />
In Benin ist der industrielle Sektor bislang nur gering ausgebildet und vor allem in Küstennähe angesiedelt.<br />
Im Vergleich <strong>zu</strong> den anderen Sektoren macht der gewerbliche Wasserverbrauch aktuell<br />
nur einen geringen Anteil aus. Neben einigen wenigen Betrieben mit hohem Wasserverbrauch (Getränkeindustrie)<br />
gibt es vor allem Kleingewerbe mit eher geringem Verbrauch. Im Dienstleistungsbereich<br />
sind die Hauptverbraucher Hotelbetriebe, die sich auch in Küstennähe konzentrieren. In<br />
einer umfassenden Studie von Schopp (2005) wurden alle Industrien und Dienstleistungsbetriebe<br />
erfasst und der Wasserverbrauch für ca. 170 Betriebe auf der Grundlage der Abrechnungen der<br />
SONEB ermittelt. Basierend auf dieser Studie konnten, je nach vorgegebener wirtschaftlicher Entwicklung<br />
laut den Storylines der Szenarien, Aussagen über den <strong>zu</strong>künftigen industriellen Wasserverbrauch<br />
gemacht werden. Hier wurden v.a. regionale Studien von Shiklomanov (1998) und Rosegrant<br />
et al. (2002) verwendet, da auf nationaler Ebene keine Informationen über Entwicklung des<br />
Wasserverbrauchs der Industrie vorliegen.<br />
Ermittlung der Wassernachfrage auf Landwirtschaftsebene<br />
Bei der Ermittlung der Wassernachfrage der Landwirtschaft wird nur das ‚blaue’ Wasser betrachtet,<br />
da der Wasserverbrauch im Regenfeldbau durch Transpiration der Nutzpflanzen schon im hydrologischen<br />
Modell (UHP-HRU, PK Be-H.1) berechnet wird.<br />
Die beninische Bewässerungslandwirtschaft ist im Vergleich <strong>zu</strong> anderen Entwicklungsländern (v.a.<br />
in Asien) nur relativ schwach ausgebildet. Man unterteilt drei unterschiedliche Typen von Bewässerungsflächen<br />
in Benin: Großbewässerungsflächen, Bewässerung in Inland-Valleys und bewässerter<br />
periurbaner Gemüseanbau. Die bewässerte Flächen der drei Typen und die Anbaufrüchte wurden<br />
basierend auf den Arbeiten von Kloos (2005), den Ergebnissen des PKs Be-E.7 und Agrarstatistiken<br />
ermittelt. Der Bewässerungsbedarf für die Szenarien wurde mit dem Modell CropWat unter<br />
Verwendung der REMO-Klimaszenarien durchgeführt. Zur Ermittlung der Veränderung der Größe<br />
der Bewässerungsflächen in den Szenarien wurden die staatlichen Planungen herangezogen (u.a.<br />
<strong>Projekt</strong> ‚PAPPI’, Vision Eau 2025).<br />
Zur landwirtschaftlichen Wassernachfrage zählt auch der Wasserverbrauch der Nutztiere, der mit<br />
BenIMPACT in PK BE-E.5 für den Status quo und die IMPETUS-Szenarien ermittelt wurde.<br />
2 Toolbase<br />
Das SDSS „BenEau“ bietet vielfältige Möglichkeiten <strong>zu</strong>r Analyse des aktuellen und <strong>zu</strong>künftigen<br />
Wasserbedarfs in Benin. Es wurde so konzipiert, dass unterschiedliche Aspekte, die relevant für ein
Hydrologie IMPETUS 106<br />
integriertes Wasserressourcenmanagement (IWRM) sind, untersucht werden können. Hierbei wurde<br />
wert darauf gelegt, dass<br />
� Mehrere räumliche Skalen auswählbar sind (Benin, Department, Commune),<br />
� Mehrere zeitliche Skalen auswählbar sind (jährlich oder monatlich),<br />
� die Anzeige des Wasserbedarfs nach Nutzergruppen für eine sektorspezifische Untersuchung<br />
aufgeschlüsselt wird,<br />
� die Anzeige des Wasserbedarfs nach Wasserquellen (Grund- oder Oberflächenwasser) differenziert<br />
wird.<br />
Abb. III.1.2-14: Wasserverbrauch aufgeschlüsselt nach Wasserquelle (Grundwasser, Oberflächenwasser) für die Departments<br />
Alibori und Oueme
Hydrologie IMPETUS 107<br />
Abbildung III.1.2-14 stellt beispielsweise dar, wie unterschiedlich in verschiedenen Departments<br />
die Nachfrage nach bzw. die Strategie der Wasserversorgung mit Grund- bzw. Oberflächenwasser<br />
sein kann. Somit können räumliche Disparitäten schnell visualisiert werden, die eine hohe Relevanz<br />
für das IWRM haben.<br />
Eine weitere mögliche Darstellungsform ist die Kartendarstellung. In der folgenden Abbildung<br />
III.1.2-15 ist die Entwicklung des häuslichen Wasserbedarfs aufgeschlüsselt nach Com -<br />
Abb. III.1.2-15: Häuslicher Wasserverbrauch pro Commune für die Jahre 2002, 2015, 2025<br />
munes dargestellt. Eine solche Darstellung erlaubt beispielsweise die schnelle Identifizierung von<br />
Regionen, in denen dringender Handlungsbedarf bzgl. der Wasserinfrastruktur besteht bzw. <strong>zu</strong> erwarten<br />
sein wird.<br />
Neben der grafischen Darstellung der Ergebnisse im Diagramm- oder Kartenformat wird dem Nutzer<br />
ermöglicht, sich die Daten auch als Tabelle anzeigen <strong>zu</strong> lassen. Eine <strong>zu</strong>sätzliche Speicherfunktion<br />
ermöglicht weitere eigene Analysen mit den Daten.<br />
2.1 Anwendung des SDSS „BenEau“<br />
Das SDSS „BenEau“ ist so konzipiert, dass der Nutzer die Möglichkeit hat, sich die Ergebnisse der<br />
IMPETUS Szenarien anzeigen <strong>zu</strong> lassen, aber auch eigene Szenarien auf den Status quo aufbauen<br />
<strong>zu</strong> können (Abb. III.1.2-16).
Hydrologie IMPETUS 108<br />
2.1.1 IMPETUS Szenarien<br />
Abb. III.1.2.16: Auswahlmaske BenEau: Szenarienauswahl<br />
Bei der Auswahl der IMPETUS Szenarien erhält der Nutzer Informationen über die Gestaltung der<br />
Storylines der einzelnen Szenarien und deren Auswirkungen auf den Wassersektor. Weiterhin kann<br />
ein IPCC Klimaszenario gewählt werden, welches dann aktiv den Wasserbedarf der Bewässerungslandwirtschaft<br />
bestimmt. Die Einbeziehung verschiedener Klimaszenarien ermöglicht die Abschät<strong>zu</strong>ng<br />
von Anpassungsstrategien in diesem Sektor.<br />
Abbildung III.1.2-19 zeigt beispielhaft, wie die Entwicklung des Wasserbedarfs auf nationaler Ebene<br />
unter IMPETUS Szenario B3 „Business as usual“ und Klimaszenario IPCC A1B aussieht.
Hydrologie IMPETUS 109<br />
Abb. III.1.2-17: Wassernachfrage nach Sektoren (Jahressumme, Monatsmittel) – IMPETUS „Business as usual“ Szenario<br />
Die monatliche Analyse des Wasserbedarfs enthält wertvolle Informationen über die intra-annuelle<br />
Verteilung des Bedarfs und zeigt beispielsweise, dass der Druck auf die Ressource Wasser gerade<br />
in den Monaten der Trockenzeit besonders hoch ist. Wenn dieser Bedarf gedeckt werden soll, müssen<br />
Strategien entwickelt werden, Wasser auch in der Trockenzeit verfügbar <strong>zu</strong> machen.
Hydrologie IMPETUS 110<br />
2.1.2 Benutzerdefinierte Einstellungen<br />
Die manuellen Benutzereinstellungen können in allen drei Bereichen der Wassernachfrage (Haushalt,<br />
Industrie, Landwirtschaft) separat vorgenommen werden. Die einstellbaren Änderungen beziehen<br />
sich immer auf den Ausgangs<strong>zu</strong>stand vom Jahr 2002, der auch den IMPETUS Szenarien<br />
<strong>zu</strong>grunde liegt.<br />
Bei den benutzerdefinierten Einstellungen wurde darauf geachtet, dass der Anwender einen großen<br />
Freiheitsgrad hinsichtlich der Entwicklung seiner eigenen Szenarien hat, um gezielt auf bestimmte<br />
<strong>Management</strong>strategien oder Entwicklungen eingehen <strong>zu</strong> können. Die dadurch erhöhte Komplexität<br />
des Systems wird durch eine besonders hohe Nutzerfreundlichkeit ausgeglichen, da die Änderungen<br />
schrittweise erfolgen und die Auswirkungen der Einstellungen direkt einsehbar sind.<br />
Für den häuslichen Wasserverbrauch (Abb. III.1.2-18) kann die Höhe des Pro-Kopf-Verbrauchs je<br />
nach Zugang bestimmt werden. Weiterhin ermöglicht die Einstellung des Bevölkerungswachstums<br />
eine <strong>Projekt</strong>ion der potentiellen Wassernutzer bis 2025. Für den Planer und das IWRM ergibt sich<br />
hieraus die entscheidende Frage wie sich der Zugang <strong>zu</strong> den unterschiedlichen Wasserquellen verändert,<br />
da eine Veränderung des Zugangs Investitionen in die Wasserinfrastruktur bedeutet. Beispielsweise<br />
bedeutet eine Steigerung des Anteils der Bevölkerung mit Zugang <strong>zu</strong> Brunnenwasser,<br />
dass eine Erhöhung der Brunnendichte notwendig ist. Die Veränderung des Zugangs kann im folgenden<br />
Schritt eingestellt werden, indem die Anzahl der Nutzer einer unsicheren Quelle (z.B. Marigôt)<br />
für das Jahr 2025 bestimmt wird. So können die Auswirkungen bestimmter Ziele, wie der<br />
Millennium Development Goals, die Halbierung der Bevölkerung mit Zugang <strong>zu</strong> unsicheren Wasserquellen<br />
anstreben, analysiert werden und deren Auswirkungen auf die Wasserinfrastruktur abgeschätzt<br />
werden.<br />
Abb. III.1.2-18: BenEau Auswahlmaske: Benutzerdefinierte Einstellungen für häuslichen Wasserverbrauch
Hydrologie IMPETUS 111<br />
Die Auswirkungen der Entwicklung des industriellen Sektors auf deren Wasserbedarf kann der Benutzer<br />
über eine Änderung der Wasserverbrauchsrate der verschiedenen Sektoren sowie über die<br />
Änderung der Anzahl an Industriebetrieben pro Department ermitteln.<br />
Durch eine Ausdehnung der Bewässerungsflächen kann deren Wasserbedarf im Simulationszeitraum<br />
unter Berücksichtigung der klimatischen Verhältnisse abgeschätzt werden. Hierbei hat der<br />
Nutzer die Möglichkeit unterschiedliche Strategien an<strong>zu</strong>wenden, beispielsweise eine Ausdehnung<br />
der Basfonds-Nutzfläche für den Gemüseanbau versus einer Ausdehnung der peri-urbanen Bewässerungsfläche.<br />
Über die Einstellregler Bewässerungseffizienz kann eine Abschät<strong>zu</strong>ng hinsichtlich<br />
technologischer Fortschritte evaluiert werden. Für den Wasserbedarf in der Viehwirtschaft können<br />
ebenso Aussagen getroffen werden. Da die Änderungen auf den Status quo Daten basieren, besteht<br />
eine Lokalisierung des Bedarfs, die eine Analyse auf Commune/Department Ebene erlaubt.<br />
Die benutzerdefinierten Einstellungen können als Szenarien gespeichert werden und stehen so weiteren<br />
Analysen <strong>zu</strong>r Verfügung. Beispielsweise können so unterschiedliche <strong>Management</strong>strategien<br />
und Auswirkungen von bestimmten Förderpolitiken verglichen werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit<br />
die Ergebnisse für eine Verwendung im SDSS „BenHydro“ verfügbar <strong>zu</strong> machen und so<br />
einen Vergleich von Wassernachfrage und Wasserangebot her<strong>zu</strong>stellen (siehe Ausblick).<br />
Das SDSS „BenEau“ ist, bis auf einige Kartendarstellungen, schon in vollem Funktionsumfang<br />
vorhanden, befindet sich derzeit allerdings noch im Evaluationsprozess.<br />
Ausblick<br />
Für die verbleibende <strong>Projekt</strong>laufzeit sind der Abschluss der Evaluation des jetzigen Systems vorgesehen,<br />
die Verknüpfung mit dem SDSS „BenHydro“ (PK-BE.H1) und die Schulung potentieller<br />
Nutzer sowohl aus dem universitären Bereich sowie aus der DG-Eau.<br />
Die Kopplung der beiden SDSS „BenEau“ und „BenHydro“ stellt einen Schwerpunkt der verbleibenden<br />
<strong>Projekt</strong>laufzeit dar. Ziel der Verknüpfung ist die Gegenüberstellung von Wasserdargebot<br />
und Wassernachfrage bis auf Commune Ebene. Abbildung III.1.2-19 zeigt beispielhaft eine solche<br />
Wasserbilanz, die mithilfe des IWRM Modells WEAP (Water Evaluation and Planning System) für<br />
das Ouémé-Bonou Ein<strong>zu</strong>gsgebiet, modelliert wurde (Höllermann, 2008).
Hydrologie IMPETUS 112<br />
Ungedeckter Bedarf in Millionen m³<br />
3<br />
2.5<br />
2<br />
1.5<br />
1<br />
0.5<br />
0<br />
Januar<br />
Februar<br />
März<br />
April<br />
Mai<br />
Juni<br />
Juli<br />
August<br />
September<br />
Oktober<br />
Szenario B1, Klima A1B 2002-2014 Szenario B1, Klima A1B 2015-2025<br />
November<br />
Dezember<br />
Abb. III.2.1-19: Ungedeckter Bedarf im Ein<strong>zu</strong>gsgebiet des Ouémé-Bonou, Modellergebnisse aus WEAP<br />
Anhand dieser Abbildung wird deutlich, dass die Knappheiten in der Wasserversorgung verstärkt in<br />
der Trockenzeit auftreten und dass sich diese im Zuge des Klimawandels verstärken werden. Dies<br />
gilt <strong>zu</strong>m einen für die Höhe des ungedeckten Bedarfs und genauso für die Periode, in der mit Wasserknappheit<br />
<strong>zu</strong> rechnen ist.<br />
Die Kopplung der beiden Systeme soll darüber hinaus auch Aussagen darüber ermöglichen, wie<br />
hoch das Dargebot bzgl. verfügbaren Grund- und Oberflächenwassers sein wird und dieses ins Verhältnis<br />
<strong>zu</strong>r Nachfrage stellen. Es ist <strong>zu</strong> erwarten, dass die Ergebnisse der Verknüpfung der Systeme<br />
einen wertvollen Beitrag für das IWRM in Benin darstellen werden. Aktuell dienen die hier beschriebenen<br />
Ergebnisse bereits als Grundlage für ein <strong>Integratives</strong> Wasserein<strong>zu</strong>gsgebietsmanagement<br />
des Zou, Nebenfluss des Ouémé. Herr A. Tossa, DG-Eau Cotonou, nutzt im Rahmen seiner<br />
vom Geographischen Institut der <strong>Universität</strong> betreuten Dissertation die Daten und das Modellsystem<br />
WEAP in das er eine detaillierte Schulung erhalten hat.<br />
Im Rahmen der noch verbleibenden Capacity Development Maßnahmen sind auch Schulungen für<br />
potentielle Anwender des SDSS „BenEau“ geplant. Hierfür konnten u.a. schon Mitarbeiter der DG-<br />
Eau und auch Angehörige der Université Abomey-Calavi (UAC) gewonnen werden.<br />
Darüber hinaus hat der SDSS Workshop in Cotonou im November 2008 gezeigt, dass weiterhin<br />
großes Interesse an den Fragestellung des Wasserverbrauchs besteht. Direktes Interesse wurde u.a.<br />
vom Office National d’appui à la Securité Alimentaire (ONASA), Faculté des Sciences et Techniques<br />
(FAST/UAC), CREPA Benin und Chambre de Commerce et Industrie du Bénin (CCIB) bekundet.<br />
Auch Centre de formation et de recherche en matière de Population (CEFORP), Direction<br />
Générale des Forêts et des Ressources Naturelles (DGFRN) und Directorate of Hygiene and Rural<br />
Sanitation (DHAB) zeigten, neben weiteren universitären Einrichtungen Benins, allgemeines Interesse<br />
am System.
Hydrologie IMPETUS 113<br />
Literatur<br />
ADAMS, E.M. (2005) Wasserverbrauch und Wasserverfügbarkeit in ausgewählten urbanen Gebieten der Republik Benin.<br />
Institut für Agrarpolitik der <strong>Universität</strong> Bonn, Abteilung Welternährungswirtschaft, (Unveröffentlichte<br />
Diplomarbeit).<br />
BEHLE, C. (2005) Ländliche Trinkwasserversorgung in Benin unter besonderer Berücksichtigung der nationalen Versorgungsstrategie<br />
"Alimentation en eau potable et assainissement en milieu rural". Elektronische Dissertation<br />
der Landwirtschaftlichen Fakultät der <strong>Universität</strong> Bonn.<br />
DOEVENSPECK, M. & HELDMANN, M. (2005) Population projections for Benin until 2025. Retrieved 20.02.2008 from<br />
http://www.rsrg.uni-bonn.de/<strong>Projekt</strong>e/hape_impetus_ Atlas/source/pdf/BE_F_03.pdf.<br />
GLEICK, P.H. (1996) Basic Water Requirements for Human Activities: Meeting Basic Needs Water International 21,<br />
83-92.<br />
HADJER, K., KLEIN, T. & SCHOPP, M. (2005) Water consumption embedded in its social context, north-western Benin.<br />
Physics and Chemistry of the Earth 30, 357-364.<br />
HÖLLERMANN, B. (2008) Water a scarce resource in Bénin? – Modelling the water balance of the Ouémé catchment<br />
using WEAP “Water Evaluation and Planning’ system. Geographisches Institut der <strong>Universität</strong> Bonn, (Unveröffentlichte<br />
Diplomarbeit).<br />
INSAE (2004) Troisiéme Recensement Général de la Population et de l'Habitat de Février 2002. Résultats définitifs.<br />
Cotonou.<br />
KLOOS, J.R. (2006) Analyse der Wassernachfrage im landwirtschaftlichen Sektor in Benin und Perspektiven der Bewässerung.<br />
Landwirtschaftliche Fakultät der <strong>Universität</strong> Bonn, (unveröffentlichte Diplomarbeit).<br />
SCHOPP, M. (2004) Wasserversorgung in Benin unter Berücksichtigung sozioökonomischer und soziodemograpischer<br />
Strukturen - Analyse der Wassernachfrage an ausgewählten Standorten des Haute Ouémé. Elektronische Dissertation<br />
der Landwirtschaftlichen Fakultät der <strong>Universität</strong> Bonn.<br />
SCHOPP, M. (2005) Unpublished survey of industrial water use in Benin. University of Bonn - IMPETUS project.<br />
SHIKLOMANOV, I. (1998) World Water Resources at the Beginning of the 21st Century. St. Petersburg: SHI/UNESCO,<br />
http://webworld.unesco.org/water/ihp/db/shiklomanov/.<br />
ROSEGRANT, M.W., CAI, X. & CLINE, S.A. (2002) World Water and Food to 2025: Dealing with Scarcity. Washington<br />
D.C., USA: IFPRI, Battaramulla, Sri Lanka: IWMI.
Hydrologie IMPETUS 114<br />
PK Be-H.3 Satellitenbasiertes Niederschlags-Monitoring System für die Anwendung<br />
in der Landwirtschaft und der Abflussvorhersage<br />
Squall Line über Benin, METEOSAT 8 (MSG-1) im infraroten und visuellen Frequenzbereich<br />
Problemstellung<br />
Die geringe Dichte und oft niedrige Qualität der meteorologischen Messungen in Benin und Westafrika,<br />
insbesondere der Niederschlagsmessungen, stellt ein erhebliches Problem für die flächendeckende<br />
Abschät<strong>zu</strong>ng von den damit verbundenen landwirtschaftlichen und hydrologischen Risiken<br />
dar. Zusätzlich ist die kurz- oder mittelfristige Vorhersagbarkeit von tropischen konvektiven Niederschlägen<br />
schon allein wegen der Auflösung operationeller Wettervorhersagemodelle, und <strong>zu</strong>dem<br />
wegen der chaotischen Natur der Prozesse, die den Ort und Zeit von konvektivem Niederschlag<br />
bestimmen, nicht gewährleistet. Diese Tatsachen verhindern den effektiven Einsatz von durch Bodenmessungen<br />
oder Wettervorhersagemodellen gestützten hydrologisch oder phänologisch basierten<br />
Warnsystemen in West Afrika, insbesondere auf der für Entscheidungsträger relevanten nationalen<br />
Skala.<br />
Existierende satellitenbasierte Niederschlagsschät<strong>zu</strong>ngen sind durch ihre Ausrichtung auf die globale<br />
oder kontinentale Skala <strong>zu</strong> grob aufgelöst und <strong>zu</strong> allgemein kalibriert, um für quantitative Anwendungen<br />
auf nationaler Ebene von Nutzen <strong>zu</strong> sein. Ursache hierfür ist die regionale und zeitliche<br />
Abhängigkeit von systematischen Fehlern, die in global adaptierten Algorithmen außer Acht gelassen<br />
werden müssen. Zur flächendeckenden und schnellen Abschät<strong>zu</strong>ng des Niederschlags wird ein<br />
Überwachungssystem benötigt, welches einerseits den Verantwortlichen z.B. in Benin eine brauchbare<br />
Echtzeitdiagnose liefert, und andererseits bei zeitlicher Integration die Menge und regionale<br />
Variabilität des Niederschlags für planerische Maßnahmen und auch wissenschaftliche Zwecke<br />
brauchbar wiedergibt.<br />
Mitarbeiter<br />
M. Diederich
Hydrologie IMPETUS 115<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Ein Ziel ist die Umset<strong>zu</strong>ng eines operationellen Niederschlags-Monitoring-Systems auf nationaler<br />
Ebene für Benin, welches Entscheidungsträger und lokal beratende Wissenschaftler innerhalb eines<br />
Handlungs- und Reaktions-Zeitraumes mit verlässlichen Daten beliefert. Zusätzlich wird das im<br />
Laufe der Jahre aufgebaute extensive Archiv von hoch aufgelösten Satelliten- und Stationsdaten in<br />
Form eines Informations-Systems an Forschungseinrichtungen und an den nationalen Wetterdienst<br />
übertragen. Dieses erlaubt die allgemeine Abschät<strong>zu</strong>ng von Risiken durch die interannuelle Niederschlagsvariabilität<br />
sowie durch Extremereignisse, und stellt gleichzeitig eine für Modellkalibrierung<br />
und Validation ausreichend lange Datengrundlage dar. Außerdem werden die vom Monitoring-Tool<br />
generierten stündlichen Daten verwendet, um ein statistisches räumliches/zeitliches Downscaling<br />
und eine MOS (Model Output Statistics) Korrektur von REMO Klimaszenarien um<strong>zu</strong>setzen.<br />
Nutzergruppen<br />
• Direction de la Météorologie National (DMN)/Agence pour la Sécurité de la Navigation Aérienne<br />
en Afrique et à Madagascar (ASECNA):<br />
• Francis Didé (DMN, Direktor)<br />
• Wilfred Adjovi (ASECNA, Betreuer des METEOSAT Empfängers)<br />
• Tohio Dennis (ASECNA/DMN, Wettervorhersagen, Betreuer des Monitoring Tools PrecipMon)<br />
• Epiphane Ahlonssou : (DMN, Bureau Climatologie, Direktor)<br />
• Sagbo Avosse : (DMN, Bureau Climatologie, Base de données, Betreuer PrecipInfo)
Hydrologie IMPETUS 116<br />
• Janvier Agbadjagan: (DMN, Chef Bureau Agrométéorologie, Bilan Agrométéorologique)<br />
• Direction Générale de l’Eau<br />
• Arnaud Zannou, Aurélien Tossa: Abflussvorhersagen und Datenbank<br />
• Institut National des Recherches Agricoles du Bénin (INRAB)<br />
• Césaire Gnangle, Agrométéorologue<br />
• Projet de renforcement des capacités d’Adaptation des acteurs Ruraux Béninois face aux Changements<br />
Climatiques (PARBCC)<br />
• Said Hounkponou, Chargé de Projet<br />
Stand der MT/IS-Entwicklung<br />
Monitoring-Tool PrecipMon<br />
Die im Jahr 2007 entwickelten und für Benin kalibrierten Algorithmen <strong>zu</strong>r satelliten-basierten Echtzeitschät<strong>zu</strong>ng<br />
von Niederschlag, Globalstrahlung, Temperatur, relativer Feuchte und NDVI (Normalized<br />
Difference Vegetation Index) wurden in eine IDL Virtual-Machine-Umgebung (auf Linux<br />
sowie Windows PCs kostenfrei und ohne Lizenz ausführbar) mit graphischer Benutzeroberfläche<br />
umgesetzt (Abb. III.1.2-20).<br />
Abb. III.1.2-20: Graphische Oberfläche von PrecipMon
Hydrologie IMPETUS 117<br />
Die derzeitige Version unterstütz folgendes:<br />
• Extraktion, Format-Reduzierung und Archivierung (1 Archiv und ein backup-Archiv) aller<br />
MSG SEVIRI im infraroten und visuellen Frequenzbereich.<br />
• Berechnung und Archivierung von Niederschlag, Globalstrahlung, Temperatur, relative<br />
Feuchte, NDVI.<br />
• Aufsummierung der Parameter auf beliebige Anfangs- und Endzeiten<br />
• Export von Zeitreihen (stündliche und tägliche Auflösung) im ASCII-Format für von Benutzer<br />
auswählbare Orte.<br />
• Automatisches Versenden von Rasterdaten oder Zeitreihen per FTP (File Transfer Protokoll)<br />
an vom Benutzer ausgewählte Server. Dieses ermöglicht gleichzeitig das Kopieren bestimmter<br />
der Daten in verschiedene Verzeichnisse eines FTP-Servers, falls die Benutzer per FTP-<br />
GET und nicht per PUT auf die Daten <strong>zu</strong>greifen möchten.<br />
• Visualisierung aller Rohdaten (SEVIRI Kanäle) und abgeleiteten Parameter in Echtzeit-<br />
oder Archivmodus.<br />
• Auswahl der Größe des Bearbeitungsfensters.<br />
Die versendeten oder archivierten Daten können mit dem Informations-System PrecipInfo weiterverarbeitet<br />
werden (Änderung des räumlichen oder zeitlichen Be<strong>zu</strong>gs, Darstellung von Anomalien<br />
gegen den normalen Jahresgang, etc.)<br />
Installation einer ersten Version am Flughafen in Cotonou<br />
Ende März 2008 wurde die erste Echtzeit-Version des Monitoring-Tools an eine am Flughafen Cotonou<br />
vorhandene MSG-Empfangsstation gekoppelt, um den operationellen Betrieb bei der<br />
DMN/ASECNA in der Regenzeit 2008 <strong>zu</strong> testen und eine mögliche Umset<strong>zu</strong>ng in Benin vor<strong>zu</strong>bereiten.<br />
Da<strong>zu</strong> wurde ein PrecipMon-PC (2 Festplatten, Gesamtkapazität 1 Terrabyte, ftp-Server installiert,<br />
64-bit Linux <strong>zu</strong>r Sicherheit gegen Hacker-Angriffe) bei dem Meteorologischen Vorhersagedienst<br />
im Flughafengebäude installiert, bei dem sich auch die MSG-Empfangsanlage befindet und<br />
betreut wird. Die Bedingungen für die Administration und Betrieb von PrecipMon werden als für<br />
die Verhältnisse in Benin optimal angesehen:<br />
• Abgesicherte Stromversorgung am Flughafen<br />
• Durchgehende Klimatisierung<br />
• Local Area Network (LAN), Verbindung <strong>zu</strong>r DMN und dem Bureau Climatologie<br />
• Administratoren, die in Netzwerk, Linux Systemen, Meteorologie, und der Verwendung von<br />
METEOSAT Daten ausgebildet sind.<br />
Die empfangenen Rohdaten wurden per LAN auf den PrecipMon Rechner geleitet, wo sie von der<br />
IDL Software <strong>zu</strong> meteorologischen Parametern verarbeitet, reduziert, komprimiert, und archiviert<br />
werden. Unterschiede im Datenformat zwischen der Empfangsstation der <strong>Universität</strong> Bonn und der<br />
in Cotonou sowie die komplexe Codierung der per GTS empfangenen synoptischen Meldungen<br />
führte da<strong>zu</strong>, dass die synoptischen Meldungen erst in der nachfolgenden Version von PrecipMon in<br />
Echtzeit (<strong>zu</strong>r zeit noch manuell) mitverarbeitet werden können.
Hydrologie IMPETUS 118<br />
Die Netzwerk-Verbindung erlaubt außerdem den Zugriff auf den PrecipMon Rechner durch das<br />
Bureau Climatologie per ftp oder Secure Shell (ssh). Für den Testbetrieb in der Regenzeit 2008<br />
wurden die Daten erfolgreich per ftp täglich an das Meteorologische Institut der <strong>Universität</strong> Bonn<br />
gelenkt. Da im Frühjahr 2008 noch kein ftp Server bei der Direction Générale de l’Eau in Betrieb<br />
war, und auch die DMN laut Aussagen des System-Administrators den Zugriff auf ihre existierende<br />
HTML-Seite im Internet verloren hatte, musste die Ingangset<strong>zu</strong>ng des Transfers der Monitoring-<br />
Daten per Internet innerhalb Benins nach 2009 verschoben werden.<br />
Nach einem Stromausfall Ende April konnte das Monitoring-Tool von den Administratoren auch<br />
ohne fremde Hilfe neu in Gang gesetzt werden. Am 13. Mai 2008 wurde der Dienst von<br />
METEOSAT 9 (MSG 2) vorübergehend von METEOSAT 8 (MSG 1) übernommen, und das Monitoring-Tool<br />
konnte aufgrund eines Programmierfehlers diese Daten nicht richtig verarbeiten. Der in<br />
Benin auftretende Fehler konnte von Bonn aus nicht behoben werden, so dass eine robustere zweite<br />
Version Anfang 2009 bei der DMN installiert werden soll, die auch auf den fehlerfreien Wechsel<br />
zwischen den MSG-Satelliten getestet ist.<br />
Die Kurzfristvorhersage-Komponente von PrecipMon (Berechnung von Advektionsvektoren und<br />
Propagation der Niederschlagsfelder) hat noch keine <strong>zu</strong>frieden stellende Ergebnisse für quantitative<br />
Niederschlagsvorhersagen ergeben. Bislang werden die intuitiven Vorhersagen der Beniner Meteorologen<br />
am Flughafen, die aufgrund ihrer Erfahrung bessere Vorhersagen anhand der MSG Infrarot<br />
Bilder machen als die operationellen Wettermodelle, als genauer angesehen als es durch reines<br />
Celltracking möglich wäre.
Hydrologie IMPETUS 119<br />
Abb. III.1.2-21: Beispiel <strong>zu</strong>r Darstellung von Niederschlagssummen: Monatssummen (oben links),<br />
Anomalie des Monats (oben rechts), jährlich (unten links), Anomalie der Jahressumme<br />
(unten rechts).<br />
Da sich die Umset<strong>zu</strong>ng des Monitoring-Konzepts bei der DMN (als <strong>zu</strong> bevor<strong>zu</strong>gende Alternative<br />
gegenüber einer Operationalisierung in Deutschland, oder bei einem zweiten MSG-Empfänger im<br />
Landwirtschaftsministerium in Benin) als technisch möglich erwiesen hat, aber noch nicht einwandfrei<br />
funktioniert, sind folgende Dinge für eine endgültige Operationalisierung bei der DMN 2009<br />
noch um<strong>zu</strong>setzen:<br />
− Softwareupdate von PrecipMon <strong>zu</strong>r Verbesserung der Robustheit bei Wechsel zwischen<br />
MSG-Satelliten und für automatische Mitverarbeitung der empfangenen synoptischen Meldungen.<br />
− Erweiterung der grafischen Oberfläche, so dass die generierten Daten bequemer kopiert und<br />
zwischen Rechnern transferiert werden können.<br />
− Einweisung der Administratoren von PrecipMon und PrecipInfo, wie sie größere Datenmengen<br />
per Internet bereitstellen können.<br />
− Installation der PrecipInfo HTML-Oberfläche (siehe unten) für die automatisierte Darstellung<br />
der Daten bei der DMN.
Hydrologie IMPETUS 120<br />
Informations-System PrecipInfo<br />
Die IDL Virtual Machine Benutzeroberfläche (kostenfrei ohne und Lizenz verwendbar) von PrecipInfo<br />
(beschrieben im Zwischenbericht 2007) wurde in einer ersten Version den Kooperationspartnern<br />
vorgeführt und <strong>zu</strong>m Testen (Beispieldatensatz tägliche Satellitenniederschläge 2000 bis 2005)<br />
übergeben. Während sich mehrere Parteien eher an den Daten selbst als an einem Informations-<br />
System interessiert zeigten, wurden von anderen folgende Verbesserungsvorschläge übermittelt (die<br />
nun umgesetzt wurden):<br />
− Eine Option, die dargestellten Daten in höherer Auflösung als exportierbare Bilder abspeichern<br />
<strong>zu</strong> können.<br />
− Neben meteorologischen Parametern auch Ausgabe abgeleiteter Größen wie Potentielle<br />
Evapotranspiration, Anzahl der Regen/Trockentage, hydrologische Bilanz.<br />
HTML-Oberfläche von PrecipInfo<br />
Um eine schnelle und umfassende Übersicht auf die aktuelle Situation, vergangene Klimavariabilität<br />
und die Klimaszenarien für Benin <strong>zu</strong> geben, wurde eine HTML–Seite entworfen, die die aufgearbeiteten<br />
meteorologischen Daten als Karten und Zeitreihen darstellt (Abb. III.1.2-21). Diese Seite<br />
wird automatisch von einem IDL Programm (umsetzbar in IDL Virtual Machine, Linux und Windows)<br />
generiert und enthält auch von den PrecipMon-Daten abgeleitete Parameter wie Referenz-<br />
Evapotranspiration (Penmann-Monteith nach FAO Standard) und Referenz-Bodenfeuchte (als nur<br />
von meteorologischen Parametern abhängiger Dürre-Index: prozentualer Wassergehalt innerhalb<br />
von 50 cm Wurzeltiefe geteilt durch Feldkapazität minus permanentem Welkepunkt für einen typischen<br />
Ackerboden, berechnet durch ein einfaches eindimensionales Bodenmodel).<br />
Die HTML-Seite dient als interaktiver Klima-Atlas, der das Wetter und die Klimavariabilität ab<br />
1983 zeigt und kann in Echtzeit aktualisiert werden, um auf nationaler Ebene bestehende Risiken<br />
durch trockene oder feuchte Extreme auf<strong>zu</strong>zeigen (Abb. III.1.2-22). Die REMO Klimaszenarien<br />
sollen ebenfalls in die Seite eingearbeitet werden um eine Synthese der Vergangenheit, Gegenwart,<br />
und Zukunftsszenarien so transparent wie möglich dar<strong>zu</strong>stellen. Die HTML-Seite wurde <strong>zu</strong>sammen<br />
mit der Dokumentation in Deutsch, Französisch und Englisch erstellt.
Hydrologie IMPETUS 121<br />
Abb. III.1.2-22: Zeitreihendarstellung für (rechts von oben nach unten) tägliche Niederschläge, akkumulierten<br />
Niederschlag, Anzahl der aufeinander folgenden trockenen Tage, Referenz-<br />
Evapotranspiration der letzten 10 Tage, Referenz-Bodenfeuchte. Der normale Jahresgang<br />
von 1983 bis 2005 wird als graue Linie dargestellt.<br />
Statistisches Downscaling von Klimaszenarien<br />
Mit dem Monitoring-Tool wurde ein Datensatz erzeugt, der mit seiner Spannweite von 1983 bis<br />
2005 verwendet werden kann, um aus den gröber aufgelösten REMO Szenarien für ganz Benin<br />
Szenarien mit stündlicher und 10 km Auflösung <strong>zu</strong> generieren.<br />
Da<strong>zu</strong> wurden folgende Schritte durchgeführt:<br />
1. Auf die Klimaszenarien wird ein Post-Processing angewendet, das alle systematischen Abweichungen<br />
zwischen REMO (3 Läufe 1960-2000) und den Monitoring-Daten im Jahresgang eliminiert.<br />
Dabei wird per Histogramm-Abgleich die Wahrscheinlichkeitsdichte der täglichen<br />
REMO Daten in 0.5 Grad Auflösung für jeden Tag des Jahres den Beobachtungsdaten für den<br />
Zeitraum 1983-2005 angepasst.<br />
2. Die verwendeten meteorologischen Parameter ‚Niederschlag-Evapotranspiration’, ‚Maximaltemperatur’,<br />
‚Minimaltemperatur’, ‚Globalstrahlung’, ‚relative Feuchte’, ‚Wind Nord’, und<br />
‚Wind Ost’ werden auf 1.5 Grad räumliche Auflösung reduziert und per Histogramm-Abgleich<br />
in eine Normalverteilung transformiert (im folgenden ‚normalisierte’ Parameter genannt). Dies<br />
ist notwendig, um Clustering- und Zuordnungsalgorithmen effektiv anwenden <strong>zu</strong> können und<br />
auch Extremereignisse <strong>zu</strong>ordnen <strong>zu</strong> können.
Hydrologie IMPETUS 122<br />
HVO, Läufe 901 (Kontrolllauf) und 911 (A1b)<br />
Süd Benin, Läufe 901 (Kontrolllauf) und 911<br />
[mm]<br />
[mm]<br />
HVO, Läufe 901 (Kontrolllauf) und 921 (B1)<br />
Süd Benin, Läufe 901 (Kontrolllauf) und 921 (IPCC B1)<br />
Dünne Linie: Jahressumme Dicke Linie: Jahressumme gemittelt über 9 Jahre<br />
Blau: REMO Werte Rot: durch Rekombination der Beobachtungsdaten erreichte Werte<br />
Abb. III.1.2-23: Auf REMO-Läufen beruhende Jahresniederschläge zwischen 1960 und 2050 für HVO<br />
(oben) und Süd Benin (unten). Die rekombinierten Beobachtungsdaten geben die von<br />
REMO simulierte interannuelle Variabilität und Klimavariabilität gut wieder.<br />
3. Anschließend wird jedem REMO Tag zwischen 1983 und 2000 ein Tag der hoch aufgelösten<br />
Beobachtungstage <strong>zu</strong>gewiesen. Für jeden Monat einzeln werden die Tage zwischen 1983 und<br />
2005, für den es keine Datenlücke in den Monitoring-Daten gab (5088 Tage), mit einem Tag<br />
des Monats der REMO Läufe im selben Zeitraum verknüpft. Dies geschieht so, dass jeweils die<br />
REMO/PrecipMon Tage verknüpft werden, die sich am meisten ähneln, und die Gesamtabweichung<br />
(Summe aller Abweichungen zwischen den normalisierten Parametern) minimiert ist.<br />
Diese Vorgehensweise garantiert, dass auch bei systematischen Abweichungen zwischen den<br />
Häufigkeiten bestimmter Ereignistypen die beobachtete Häufigkeit erhalten bleibt. So wird z.B.<br />
die zwischen November und Februar beobachtete kleinskalige Konvektion im Süden Benins,<br />
auch wenn sie in den grob aufgelösten REMO Daten nicht vorkommt, einer REMO Wettersituation<br />
<strong>zu</strong>geordnet, die ihr in diesen Monaten am nächsten kommt.<br />
4. Ein k-Means Clustering Algorithmus wird auf die normalisierten REMO-Parameter angewendet,<br />
um tägliche Wettertypen in Klassen <strong>zu</strong>sammen<strong>zu</strong>fassen. Wegen der großen Zahl an Clustering-Variablen<br />
(7 Variablen mit einer Einteilung des Gebiets um Benin in 2x4 Pixel) ergaben<br />
sich 400 Ereignisklassen (von insgesamt 5008 Tagen) als eine optimale Zahl von Wettertypen<br />
für eine stabile Clusteringvorschrift und Wiedergabe des Klimas von 1983-2000.
Hydrologie IMPETUS 123<br />
HVO, Läufe 901 (Kontrolllauf) und 911 (IPCC A1b)<br />
Süd Benin, Läufe 901 (Kontrolllauf) und 911 (IPCC A1b)<br />
[mm]<br />
[mm]<br />
Dünne Linie: Jahressumme Dicke Linie: Jahressumme gemittelt über 9 Jahre<br />
HVO, Läufe 901 (Kontrolllauf) und 921 (IPCC B1)<br />
Süd Benin, Läufe 901 (Kontrolllauf) und 921 (IPCC B1)<br />
Blau: REMO Werte Rot: durch Rekombination der Beobachtungsdaten erreichte Werte<br />
Abb. III.1.2-24: Auf REMO-Läufen beruhende Jahressummen der Referenz-Evapotranspiration zwischen<br />
1960 und 2050 für HVO (oben) und Süd Benin (unten). Die rekombinierten<br />
Beobachtungsdaten geben die von REMO simulierte interannuelle Variabilität und<br />
Klimavariabilität gut wieder.<br />
5. Die für 1983 und 2000 erstellten Zuordnungs- und Clusteringvorschriften werden dann auf den<br />
Zeitraum 1960-2050 angewendet, um die hoch aufgelösten Beobachtungsdaten <strong>zu</strong> rekombinieren.<br />
Da jede Klasse mehrere Ereignisse <strong>zu</strong>r Auswahl bietet, wird das Ereignis ausgewählt nach<br />
• guter Ankettung an das Ereignis am Vortag (Vergleich der 24. Stunde des Vortags mit den<br />
0ten Stunden der <strong>zu</strong>r Auswahl stehenden Ereignisse, um <strong>zu</strong> große Sprünge in der Temperatur<br />
und der Position der innertropischen Diskontinuität <strong>zu</strong> vermeiden)<br />
• quantitativer Übereinstimmung des Gesamtniederschlags in Benin.<br />
• quantitativer Übereinstimmung der Referenz-Evapotranspiration.<br />
Mit dieser Methode wurden die REMO (0.5 Grad räumliche und 1 Tag zeitliche Auflösung) Ensemble<br />
Kontrollläufe (Läufe Nummer 901, 902, 903 von 1960-2000) sowie die durch IPCC A1b<br />
und B1 (Nummer 911, 912, 913 A1b und 921, 922, 923 für B1 Läufe 2001-2050) angetriebenen<br />
Szenarien mit veränderter Landnut<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong> stündlichen werten in 0.1 grad räumlicher Auflösung<br />
umgewandelt. Gleichzeitig wurden damit systematisch Abweichungen zwischen Beobachtungen
Hydrologie IMPETUS 124<br />
und Klimamodel im Lernzeitraum 1983-2000 korrigiert, wie z.B. falsche Häufigkeiten bestimmter<br />
Ereignistypen im Süden Benins (vereinzelte schwache Regenereignisse November bis Februar, und<br />
<strong>zu</strong> viele Ereignisse im Juni). Die für den Erfolg des statistischen Downscalings kritische Anzahl der<br />
Ereignisse im Clusteringverfahren ist ausreichend, um die interannuelle- und Klimavariabilität von<br />
Niederschlag zwischen 1960-2050 wieder<strong>zu</strong>geben (Abb. III.1.2-23 und III.1.2-24). Leichte Abweichungen<br />
zwischen REMO und rekombinierten Beobachtungsdaten sind <strong>zu</strong> erwarten, weil die Häufigkeit<br />
bestimmter Wettersituationen an die Beobachtungen 1983-2000 (z.B vor allem bei Niederschlag<br />
und der mit der Bewölkung <strong>zu</strong>sammenhängenden Globalstrahlung im Süden) angepasst und<br />
damit verändert wurde.<br />
Da die Evapotranspiration direkt mit der Temperatur in Bodennähe bzw. in 2 m Höhe <strong>zu</strong>sammenhängt,<br />
die wiederum mit Albedo des Bodens und Landnut<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong>sammenhängt, ist die Wiedergabe<br />
des gesamten Temperatur-Klimasignals durch eine Rekombination von Wetterlagen allein nicht <strong>zu</strong><br />
erwarten. Dies ist die Ursache für den leicht abgeschwächten Anstieg der Referenz-<br />
Evapotranspiration im Süden (Abb. III.1.2-24). Diese langfristige systematische Abweichung ist<br />
jedoch leicht nachträglich (in den abgebildeten Daten noch nicht geschehen) durch die Anwendung<br />
geeigneter Faktoren auf die rekombinierten Episoden <strong>zu</strong> kompensieren, da die Temperatur annähernd<br />
normal verteilt ist. Diese statistische Methode berücksichtigt die Landnut<strong>zu</strong>ngsänderung und<br />
Emissionsszenarien, die in den REMO Szenarien implizit enthalten sind und liefert Durchgehende<br />
Daten von 2000 bis 2050 in stündlicher und 0.1 Grad räumlicher Auflösung für alle REMO-<br />
Ensemble Läufe.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 125<br />
III.1.3 Landnut<strong>zu</strong>ng<br />
Im Themenbereich „Landnut<strong>zu</strong>ng“ sind alle Problemkomplexe <strong>zu</strong>sammengefasst, bei denen die<br />
natürliche Vegetation sowie ausgewählte Kulturpflanzen im Fokus der Untersuchungen stehen.<br />
Ökologische und sozio-ökonomische Aspekte <strong>zu</strong>r Landnut<strong>zu</strong>ng sind jedoch in einer Vielzahl weiterer<br />
Problemkomplexe integriert (z.B. PK Be-E.3, PK Be-E.4, PK Be-G.1 oder PK Be-H.1) und stellen<br />
häufig wichtige Eingangsdaten dar.<br />
Der Themenbereich umfasst vier Problemkomplexe. In PK Be-L.1 wird die Landnut<strong>zu</strong>ng/Landbedeckung<br />
durch die Klassifikation von multiskaligen Fernerkundungsdaten abgeleitet<br />
und darauf aufbauend raumzeitliche Veränderung der Landnut<strong>zu</strong>ng/Landbedeckung quantifiziert.<br />
Da<strong>zu</strong> wurde in 2008 das SDSS LUMIS (Land Use Modelling and Information System) für das<br />
HVO fertig gestellt und Szenarien gerechnet. In PK Be-L.3 wird der Einfluss der durch den Menschen<br />
veränderten Landnut<strong>zu</strong>ng auf die Niederschlagsvariabilität untersucht. In 2008 konnten die<br />
Simulationen der raumzeitlichen Niederschlagsfelder mit einem statistischen Ansatz in dem Modell<br />
FOOT3DK weiter verbessert werden. Die räumliche Auslösung liegt aktuell bei 3 x 3 km². Basierend<br />
auf den verbesserten Modellsimulationen des Niederschlages wurden das IS ILUPO (<strong>Impetus</strong><br />
Land Use Change and Precipitation for the Ouémé) erfolgreich weiter entwickelt. Der PK Be-L.4<br />
geht der Leitfrage nach, wie sich eine intensivierte Nahrungsmittelproduktion auf den Erhalt von<br />
wichtigen Ökosystemfunktionen auswirkt. Da<strong>zu</strong> wurde das SDSS FARMADAM (Farm Adaptation<br />
<strong>Management</strong> as to Water Availibility) konzeptionell entwickelt und mit lokalen Stakeholdern intensiv<br />
diskutiert. Für die Abschät<strong>zu</strong>ng von <strong>zu</strong>künftigen Anbaustrategien als Handlungsoptionen an die<br />
Anpassung von Klimaänderungen wird derzeit das konzeptionelle Modell ein rechnergestützten<br />
Modell kompiliert.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 126<br />
PK Be-L.1 Landnut<strong>zu</strong>ng und Landbedeckungsänderungen im Ouémé-<br />
Ein<strong>zu</strong>gsgebiet: Erfassung, Ursachen, Prognosen, Maßnahmen<br />
Problemstellung<br />
Landwirtschaftliche Felder in der Nähe von Doguè<br />
Die Landnut<strong>zu</strong>ng/Landbedeckung bzw. deren Veränderungen beeinflussen wichtige Schlüsselparameter<br />
des hydrologischen Kreislaufes. Die Quantifizierung der Landnut<strong>zu</strong>ngsveränderungen ist<br />
damit eine erste wichtige Anforderung für ein umfassendes Verständnis der Interaktion unterschiedlicher<br />
Systemkomponenten. Durch die Analyse und Auswertung von Fernerkundungsdaten können<br />
hier detaillierte Informationen gewonnen werden. Die Abschät<strong>zu</strong>ng der <strong>zu</strong>künftigen Änderungen<br />
der Landnut<strong>zu</strong>ng und Landbedeckung ist eine wichtige Vorausset<strong>zu</strong>ng für einen nachhaltigen Ressourcenschutz,<br />
der langfristige Planungen erfordert. Diese Ergebnisse sind ebenso ein wichtiger<br />
Input für andere Modelle, die ökosystemare Konsequenzen abschätzen, wie z.B. Bodenerosion oder<br />
Klimaänderung.<br />
Mitarbeiter<br />
H.-P. Thamm, M. Judex, I. Elberzhagen, V. Orekan, A. Kuhn, T. Gaiser
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 127<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Innerhalb des PK Be-L.1 soll für unterschiedliche Szenarien die Landnut<strong>zu</strong>ng räumlich explizit<br />
modelliert werden. Dabei werden unterschiedliche räumliche Auflösungen und Fragestellungen<br />
einbezogen. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeiten liegen in der Definition von kohärenten Szenarien<br />
und deren Umset<strong>zu</strong>ng im Modell. Die Ergebnisse werden als Input von anderen Problemkomplexen<br />
(PK Be-E.2; PK Be-E.4; PK Be-H.1; PK Be-L.3) verwendet und sind die Grundlage für ein<br />
ISDSS <strong>zu</strong>r Landnut<strong>zu</strong>ngsevaluation und –planung.<br />
Nutzergruppen<br />
− Planungsbehörden<br />
− Direction de Forêt et Ressources Naturelles (Seraphin DONOU)<br />
− Direction de la Planification et du Suivi-Evaluation, MTPT (Anatole KOUNZONDE)<br />
− Umset<strong>zu</strong>ngsebene<br />
− INRAB (Dr. Delphin KOUDANDE, Dr. Anastase HESSOU)<br />
− PGTRN<br />
− EZ<br />
− Betreuer / Entwickler<br />
− CIPMA (Prof. M. N. Hounkonnou)<br />
− Geographie UAC (Prof. Houndgaba)<br />
Stand der SDSS/IS/MT-Entwicklung<br />
Landnut<strong>zu</strong>ngsänderungsmodelle<br />
Das dem SDSS <strong>zu</strong>grunde liegende Modell basiert auf dem CLUE-S Landnut<strong>zu</strong>ngsmodell. Dieser<br />
Modellansatz wurde innerhalb der XULU Modelplattform (Schmitz 2006) neu implementiert und<br />
mittlerweile durch neue Funktionen verbessert. Abbildung III.1.3-1 gibt einen Überblick über die<br />
wichtigsten Komponenten des Modellansatzes. Es handelt sich um ein sogenanntes Allokationsmodell,<br />
das die räumliche Verteilung einer angenommen globalen Veränderung der Landnut<strong>zu</strong>ng iterativ<br />
berechnet. Wichtige Inputfaktoren sind hierbei auf der einen Seite räumliche Wahrscheinlichkeitskarten<br />
der Landnut<strong>zu</strong>ngsveränderung und auf der anderen Seite nicht-räumliche (also globale)<br />
Szenariendefinitionen.<br />
Eine Neuerung wurde im Bereich der „decision rules“ eingeführt. Mit den bisher vorhandenen<br />
Möglichkeiten konnte die in Benin sehr dynamische Brache-Rotation nicht adäquat simuliert werden.<br />
Daher wurde eine <strong>zu</strong>sätzliche zeitliche Komponente eingeführt, mit der solche nicht deterministische<br />
Prozesse besser abgebildet werden können.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 128<br />
Abb. III.1.3-1: Schema des CLUE-S-Modellkonzeptes, das <strong>zu</strong>r Modellierung der Landnut<strong>zu</strong>ngsänderungen<br />
verwendet wird. (Quelle: Judex, 2008.)<br />
Weiterentwicklung des Konzept des SDSS LUMIS<br />
Die in 2007 angefangene Entwicklung und Implementierung des SDSS LUMIS wurde erfolgreich<br />
weitergeführt. Da der Schwerpunkt des SDSS auf der Modell- und Szenarienkomponente liegt,<br />
wurde hier die meisten Veränderungen vorgenommen.<br />
Die einzelnen Komponenten des System sind in Abbildung 2 dargestellt. Die Datenbasis besteht aus<br />
Landnut<strong>zu</strong>ngsdaten, die aus LANDSAT Satellitenbildern abgeleitet wurden und einem umfangreichen<br />
Satz an räumlich expliziten Antriebskräften für die Landnut<strong>zu</strong>ngsveränderung. Zur Berechnung<br />
des Bedarfs werden weitere nicht-räumliche Daten verwendet (Bevölkerungsprognosen und<br />
ökonomische Daten). Mit diesen Daten und mit weiteren Modellparametern, wird das Landnut<strong>zu</strong>ngsänderungsmodell<br />
angetrieben. Das Modell selbst wurde in der XULU-Modelplattform implementiert,<br />
welche nahtlos in das SDSS-Framework integriert wurde. Die Modellergebnisse werden<br />
dem Benutzer in Form von Statistiken, Tabellen und Karten präsentiert. Dabei sind unterschiedliche<br />
räumliche Aggregationslevel möglich, um die Modellergebnisse besser analysieren <strong>zu</strong> können.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 129<br />
Abb. III.1-3-2: Übersicht über die Komponenten des Systems LUMIS<br />
Das Landnut<strong>zu</strong>ngsmodell XULU muss mit einer ganzen Reihe von Einstellungen parametrisiert<br />
werden, die für einen reinen Anwender, der „nur“ Szenarien rechnen will, nicht relevant sind. Daher<br />
wurden für das System LUMIS nur wenige relevante Parameter ausgewählt, die der Benutzer verändern<br />
kann. LUMIS kann also als ein vereinfachtes „User Interface“ für die Modellplattform<br />
XULU angesehen werden (Abbildung III.1.3-3). Tatsächlich sind jedoch alle Parameter über die<br />
XML Konfiguration bzw. als Parameterdatei <strong>zu</strong>gänglich und könnten bei bedarf angepasst werden.<br />
Auf diese Weise wurde gleichzeitig ein einfach <strong>zu</strong> benutzendes aber auch flexibles Werkzeug geschaffen.<br />
LUMIS ist als ein SDSS mit zwei Modulen<br />
konzipiert. Das eine Modul stellt Werkzeuge<br />
<strong>zu</strong>r Verfügung, mit denen hochaufgelöste<br />
Landnut<strong>zu</strong>ngsdaten analysiert werden können.<br />
Mit dem zweiten Modul können Szenarien<br />
<strong>zu</strong>künftiger Landnut<strong>zu</strong>ngsänderung berechnet<br />
werden. Diese Zweiteilung wurde im Prinzip<br />
aufrecht erhalten, aber für den Endanwender<br />
etwas vereinfacht. So ist nun die Abfrage der<br />
Ergebnisse der Landnut<strong>zu</strong>ngsdaten und der<br />
Modellergebnisse <strong>zu</strong>sammengefasst worden.<br />
Im ersten Optionsdialog kann zwischen den<br />
beiden Modulen „Abfrage der Ergebnisse“ und<br />
„Neue Szenarienberechnung“ ausgewählt werden<br />
(Abbildung III.1.3-4). Bei der Abfrage der<br />
Ergebnisse kann direkt auf bereits berechnete<br />
Abb. III.1.3-3: Integration von XULU in LUMIS
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 130<br />
Szenarien <strong>zu</strong>rückgegriffen werden, die innerhalb des SDSS-Frameworks gespeichert werden (zweiter<br />
Optionsbereich). Wird ein neues Szenario gerechnet, so können <strong>zu</strong>r einfacheren Parametrisierung<br />
schon berechnete Szenarien angewählt werde, deren Einstellungen dann übernommen werden.<br />
Berechnung neuer Szenarien der Landnut<strong>zu</strong>ngsänderung<br />
Eine neue Modellrechnung wird mit grundlegenden Szenarienannahmen begonnen (Abbildung<br />
III.1.3-5). Hier stehen bisher fünf verschiedene Szenarien <strong>zu</strong>r Auswahl, die auf den IMPETUS-<br />
Szenarien basieren und in Judex (2008) beschrieben sind. Momentan werden neue Szenarien entwickelt,<br />
die dann auf den Ergebnisse von BenIMPACT beruhen. Es wird davon ausgegangen, dass<br />
durch die Integration von BenIMPACT-Ergebnisse realistischere Daten für den bedarf des Landnut<strong>zu</strong>ngsmodells<br />
<strong>zu</strong>r Verfügung stehen, da hierbei die komplexe Ökonomie in Zentralbenin modelliert<br />
wird. Diese Szenariendefinitionen enthalten eine Vielzahl an einzelnen Annahmen, die in der<br />
Hilfe <strong>zu</strong>m System beschrieben sind.<br />
In weiteren Einstellungsdialogen können u.a. der Zeithorizont der Modellierung und die Behandlung<br />
der Schutzwälder eingestellt werden. Gerade der zweite Punkt stellt für die Anwender eine<br />
interessante Option dar, da damit mögliche Auswirkungen von Änderungen des Schutzstatus einzelner<br />
Regionen analysiert werden können. Eine weitere, für die Planung wichtige Steuergröße, ist<br />
die Integration und Veränderung der Straßeninfrastruktur. Dafür wurde ein neues Modul in XULU<br />
programmiert, das momentan getestet wird, aber schon vielversprechende Ergebnisse zeigt.<br />
Ergebnisdarstellung<br />
Ist ein Szenario fertig gerechnet, werden die Ergebnisse im System unter einem frei definierbaren<br />
Namen gespeichert. Generell können die Ergebnisse der Modellierung (Flächenabgaben der Landnut<strong>zu</strong>ng)<br />
als Summe über die gesamte Region oder auf Arrondissement-Ebene dargestellt werden.<br />
Die Werte können als sowohl als Tabelle, als Grafik oder als Karte visualisiert werden (Abbildung<br />
III.1.3-6 und Abbildung III.1.3-7). Momentan können nur der Startwert und der Endwert angezeigt<br />
werden, was aber in Zukunft verfeinert werden soll (z.B. 5-Jahres Werte).<br />
Durch die Benut<strong>zu</strong>ng des AtlasViewers <strong>zu</strong>r Visualisierung der Karten können beliebige andere Datensätze<br />
aus dem digitalen Atlas per drag and drop auf die Ergebniskarte gelegt werden. Dies ermöglicht<br />
dem Anwender sehr umfangreiche Analysemöglichkeiten.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 131<br />
Abb. III.1.3-1: Erstes Formular <strong>zu</strong>r Auswahl des Moduls<br />
Abb. III.1.3- 2: Konfiguration eines Modelllaufes mit grundlegenden Szenarienannahmen
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 132<br />
Abb. III.1.3-6: Grafische Darstellung der Ergebnisse einer Szenarienberechnung<br />
Abb. III.1.3-7: Darstellung der Ergebnisse einer Szenarienberechnung als Karte
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 133<br />
Stand der Integration der Landnut<strong>zu</strong>ngsdaten für das Gesamte Ouémé- Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
Bisher wurde LUMIS mit den Daten für das obere Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet erfolgreich implementiert.<br />
Bis <strong>Projekt</strong>ende soll mit LUMIS die Landnut<strong>zu</strong>ng für das gesamte Ouémé- Ein<strong>zu</strong>gsgebiet modelliert<br />
werden.<br />
Dieses Upscaling erfordert eine ein<strong>zu</strong>gsgebiets- bzw. landesweite Landnut<strong>zu</strong>ngsklassifikation.<br />
Das derzeitig beste verfügbare Produkt, das ganz Benin abdeckt ist GlobCover. Es basiert auf Daten<br />
des Sensors Meris und hat eine räumliche Auflösung von 300m. Es wurde aus einer Zeitreihe von<br />
01/2005 bis 06/2006 automatisch generiert. Die globale Genauigkeit des Datensatzes beträgt in der<br />
aktuellen Version V2.2 67, % (Bicheron P., Defourny P., Brockmann C., et.al. (2008))<br />
Aufgrund der hohen Heterogenität der Landbedeckung im Benin (vor allem im HVO) treten Diskrepanzen<br />
zwischen der klassifizierten und der tatsächlichen Landnut<strong>zu</strong>ng auf. Vor allem die kleinräumigen<br />
Agrarflächen und Siedlungen werden unterrepräsentiert und oft in Klassen für natürliche<br />
Vegetation wie Savanne und Wald abgebildet (Vgl.: Abbildung III.1.3-8).<br />
Um das Produkt in seiner Genauigkeit <strong>zu</strong> verbessern, wird der vorhandene Datensatz auf Basis der<br />
Daten von 1999 -2005 aus den projektinternen Daten des oberen Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet (Judex<br />
2008) und einer Landnut<strong>zu</strong>ngklassifikation der CENATEL aus dem Jahre 2003 angepasst (Igue, A.<br />
et.al. 2006).<br />
Erste Ergebnisse zeigen eine deutliche Verbesserung in der Abbildung der oben genannten Flächen.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 134<br />
Abb. III.1.3- 3: GlobCover Landnut<strong>zu</strong>ngsklassifikation. Links unkorrigiert. Rechts: Erste Korrektur mit<br />
Landnut<strong>zu</strong>ngsklassifikation des HVO (Judex 2008). Source data: © ESA / ESA GlobCover Project, led by<br />
MEDIAS-France<br />
Image: © ESA / ESA GlobCover Project, led by MEDIAS-France
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 135<br />
Literatur<br />
Bicheron P., Defourny P., Brockmann C., et.al. (2008): GLOBCOVER Products Description and Validation Report<br />
Judex, M. (2008): Modellierung der Landnut<strong>zu</strong>ngsdynamik in Zentralbenin mit dem XULU-Framework. Dissertation,<br />
<strong>Universität</strong> Bonn.<br />
Schmitz, M. (2006): Entwicklung einer generischen Plattform <strong>zu</strong>r Implementierung von Simulationsmodellen am Beispiel<br />
der Landnut<strong>zu</strong>ngsmodellierung. Diplomarbeit, <strong>Universität</strong> Bonn.<br />
Igue, A. M., Houndagba C.J., Gaiser T. and K. Stahr (2006): Land Use/Cover Map and its Accuracy in the Oueme Basin<br />
of Benin (West Africa). Tropentag 2006, Bonn.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 136<br />
PK Be-L.3 Einfluss der Landnut<strong>zu</strong>ngsänderung in den drei Untersuchungsregionen<br />
auf das <strong>zu</strong>künftige Niederschlagsverhalten<br />
Problemstellung<br />
Feldanbau im HVO. Foto: H. P. Thamm<br />
Der Klimawandel und die durch den Menschen veränderte Landnut<strong>zu</strong>ng beeinflussen die Niederschlagsvariabilität<br />
im Untersuchungsgebiet (HVO). Es ist daher für eine realistische Approximation<br />
<strong>zu</strong>künftiger Bedingungen notwendig, die im Wesentlichen bekannten Einflussfaktoren möglichst<br />
genau ab<strong>zu</strong>schätzen. Im PK Be-L.3 werden die Auswirkungen der von den globalen Klimamodellen<br />
vorgegeben Klimaänderung auf den Niederschlag in verschiedenen Regionen Benins untersucht.<br />
Dabei ist der atmosphärische Antrieb ein wesentlicher Faktor für diesen PK.<br />
Der zweite maßgebliche Faktor ist die Auswirkung von Landnut<strong>zu</strong>ngsänderungen (z. B. andere<br />
Nutzpflanzen, Wiederaufforstung, Siedlungsmanagement etc.). Die Vegetationsdynamik sowie die<br />
Bodenfeuchte können für das Ergebnis der lokalen Simulationen und somit für die Niederschlagsprozesse<br />
in manchen Fällen von mindestens ähnlich großer Bedeutung sein wie der großskalige<br />
Einfluss der SSTs (Meeresoberflächentemperaturen). Beide Faktoren und ihre Auswirkungen auf<br />
den Niederschlag sollen in Form von einfachen Diagrammen und tabellenbasierten PC-Programmen<br />
sichtbar und sowohl für Anwendungen in IMPETUS, als auch für den Anwender vor Ort nutzbar<br />
gemacht werden. In diesem Kontext ist die jahrzehntelange starke Ausdehnung der landwirtschaftlichen<br />
Flächen in Benin <strong>zu</strong> nennen, die den Umfang und das Gefüge der vegetativen Biomasse verändert<br />
hat; D. h. es fand de facto eine Verminderung des Waldbestandes, eine Verkür<strong>zu</strong>ng der Bracheperioden<br />
und eine Verringerung des Ökovolumens statt. Die Folgen dieser Veränderungen für
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 137<br />
den Wasserhaushalt und das lokale Klima sind bislang nur un<strong>zu</strong>reichend erforscht und bilden einen<br />
weiteren Schwerpunkt der Arbeit in diesem PK.<br />
Mitarbeiter<br />
A. Krüger, K. Born, M. Diederich, M. Janssens, M. Judex, V. Mulindabigwi, H. Paeth, H.-P.<br />
Thamm<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Für das Jahr 2008 lag der Schwerpunkt der meteorologischen Arbeiten im PK auf einer statistischen<br />
Verbesserung der Modellsimulationen des Modells FOOT3DK für den Bereich des HVO auf der<br />
Skala 3 km x 3 km. Die bisherigen Ergebnisse zeigen auf Basis des Vergleichs von Modellrechnung<br />
und Beobachtung eine Unterschät<strong>zu</strong>ng des Flächenniederschlags für das Modellgebiet. Die systematische<br />
Unterschät<strong>zu</strong>ng der Niederschläge rührt insbesondere daher, dass das Modell eine Überschät<strong>zu</strong>ng<br />
der stündlichen Raten zwischen 0,1 und 1 mm dagegen aber eine Unterschät<strong>zu</strong>ng der<br />
Raten oberhalb von 1 mm produziert. Mit Hilfe eines statistischen Postprocessings sollten für jede<br />
Masche des Modellgitters die stündlichen Niederschlagsraten in Richtung der tatsächlich gefallenen<br />
Mengen korrigiert werden. Mit der auf diese Weise generierten Zuordnungsvorschrift sollten im<br />
Folgenden auch die Simulationen des Klimaszenarios korrigiert werden. Eine Korrektur der Vorgabefehler<br />
des COSMO-LM (z. B. die Simulation produziert Niederschlag, obwohl in den Analyseprodukten<br />
kein Niederschlag fällt) ist mit einer derartigen Korrektur jedoch nicht möglich. Darüber<br />
hinaus wurde eine erste Version des Informations-System (IS) "<strong>Impetus</strong> - Landnut<strong>zu</strong>ngsänderung<br />
und Niederschlag für den Bereich des Ouémé“ (IMPETUS - Variabilité des précipitations et modification<br />
de l'utilisation des sols) weiterentwickelt.<br />
Mögliche Nutzergruppen<br />
• Beninischer Wetterdienst (DMN)<br />
• UAC<br />
• MEAP<br />
• INRAB<br />
Stand der bisherigen Arbeiten<br />
Meteorologische Modellierung des Niederschlags für das HVO<br />
In der <strong>zu</strong>rückliegenden Phase wurden <strong>zu</strong>sätzlich <strong>zu</strong> den bisher existierenden 31 Episodensimulationen<br />
für das Jahr 2002 weitere 9 Episoden simuliert. Die Simulationen dienten der Erweiterung der
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 138<br />
statistischen Grundgesamtheit um einige <strong>zu</strong>sätzliche bedeutsame Niederschlagsereignisse im HVO-<br />
Gebiet.<br />
Wie schon im IMPETUS-Endbericht 2007 festgestellt wurde, kann mit den Simulationen von<br />
FOOT3DK der Flächenniederschlag nicht ausreichend gut wiedergegeben werden, was eine statistische<br />
Aufbereitung der stündlichen Niederschlagsraten erforderlich macht. Im Gegensatz <strong>zu</strong> der Unterschät<strong>zu</strong>ng<br />
der mittleren Niederschlagssumme (IMPETUS-Endbericht 2007) zeigt sich anhand<br />
des berechneten Frequency Bias Index (FBI), dass FOOT3DK <strong>zu</strong> häufig (d.h. an <strong>zu</strong> vielen Zeitpunkten)<br />
Niederschläge generiert. Dabei gibt der FBI das Verhältnis zwischen simuliertem und beobachtetem<br />
Ereignissen an. Der FBI nimmt dabei Werte zwischen 0 und ∞ an, wobei ein Wert von<br />
1 als bester Wert angenommen wird. Liegt der FBI bei Werten viel größer als 1, dann simuliert das<br />
Modell an <strong>zu</strong> vielen Zeitpunkten Niederschlag.<br />
Tab. III.1.3-1 Formel für den FBI (links), Kontingenztabelle für den Modellparameter Niederschlag (rechts). Als Ereignis<br />
wird ein stündlich akkumulierter Niederschlag von mindestens 0,1 mm angenommen.<br />
A + B<br />
FBI =<br />
A + C<br />
Simulation<br />
Beobachtung<br />
Ja Nein<br />
Ja A B<br />
Nein C D<br />
Wobei A die Anzahl von Ereignissen mit simuliertem und beobachtetem stündlichen Niederschlag,<br />
B die Anzahl mit nicht simuliertem und nicht beobachtetem stündlichen Niederschlag und C die<br />
Anzahl von beobachtetem aber nicht simuliertem stündlichen Niederschlag pro Masche wiedergibt<br />
(vgl. auch Tab. Be-L3.1). Hierbei ist <strong>zu</strong> beachten, dass der Anteil geringer Niederschläge (0,1 –<br />
1 mm) durch FOOT3DK deutlich überschätzt wird. Aufgrund der beiden genannten Aspekte wird<br />
ein Verfahren entwickelt, welches den mit FOOT3DK simulierten Niederschlag in Richtung der<br />
beobachteten Niederschlagsmenge korrigiert.<br />
Zum Zweck der Korrektur wird <strong>zu</strong>nächst mit Hilfe eines geeigneten Interpolationsverfahrens ein<br />
Niederschlagsdatensatz anhand der Stationsbeobachtungen erstellt, dessen Auflösung identisch <strong>zu</strong><br />
der des Modellgitters ist (Shepard 1968). Bei der Interpolation werden einer Masche die vier<br />
nächstgelegenen Stationsmessungen mit Hilfe eines inversen Gewichtungsverfahrens <strong>zu</strong>geordnet.<br />
Aufgrund der unregelmäßigen Verteilung der Stationen über das Untersuchungsgebiet werden <strong>zu</strong>sätzlich<br />
Stationen in dessen näherer Umgebung für die Interpolation mit einbezogen. Mit der Erstellung<br />
dieses Datensatzes kann im weitern Verlauf ein Vergleich der Niederschläge für jede einzelne<br />
der 1225 Gittermaschen innerhalb des Untersuchungsgebietes auf stündlicher Basis angestellt werden.<br />
Da<strong>zu</strong> werden an jeder Masche die interpolierten Niederschlagswerte den simulierten Niederschlagswerten<br />
in absteigender Reihenfolge <strong>zu</strong>geordnet. Für die somit ermittelten Datenpaare wird<br />
mit Hilfe des Levenberg-Marquardt-Algorithmus (LMA) und der Gompertz-Funktion ein funktionaler<br />
Zusammenhang zwischen den interpolierten Beobachtungswerten und den von FOOT3DK<br />
simulierten Niederschlägen pro Masche hergestellt. Die Gompertz-Funktion gehört <strong>zu</strong>r Familie der
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 139<br />
Sigmoid-Funktionen. Diese finden bereits in früheren Arbeiten z. B. von Glahn & Bocchieri (1975)<br />
bei der Anpassung von Daten (in diesem Fall für die Bestimmung von Ausfallwahrscheinlichkeiten<br />
gefrorener Niederschläge aus Wolken) mit Hilfe einer Zuordnungsfunktion sigmoiden Charakters<br />
Verwendung.<br />
a) b) c)<br />
Abb. III.1.3-9: Anpassung der Gompertz-Funktion (blau) an Datenpaare (verbunden durch rote Kurve) von stündlich<br />
simulierten und interpolierten Niederschlagsraten für a) Masche 15:22, b) Masche 15:27 sowie c) Masche<br />
15:15.<br />
Die hier gefundenen Gompertz-Funktionen (einige Beispiel für die Anpassung finden sich in Abb.<br />
III.1.3-9) zeigen jedoch nicht immer <strong>zu</strong>friedenstellende Ergebnisse bei der Anpassung an die Datenpaare,<br />
so dass das verwendete Korrekturverfahren durch ein „Schwellenkriterium“ erweitert<br />
wird. Mit Hilfe des <strong>zu</strong>sätzlichen Kriteriums können Datenpaare, deren interpolierter Wert eine bestimmte<br />
Schwelle der Niederschlagsintensität überschreitet, und die oftmals stark vom sigmoiden<br />
Charakter der Gompertz-Funktion abweichen, aus der Anpassung mit Hilfe des LMA herausgenommen<br />
werden. Vor allem sind es einzelne Datenpaare im oberen Wertebereich, die stark vom<br />
Kurvenverlauf der angepassten Gompertz-Funktion abweichen und mit Hilfe des Schwellenkriteriums<br />
als „Ausreißer“ behandelt werden können. Dieses <strong>zu</strong>sätzliche Schwellenkriterium liefert letztendlich<br />
eine Korrekturfunktion für die simulierten Niederschläge jeder einzelnen Gittermasche.<br />
Gleichzeitig können die einzelnen Parameter der Korrekturfunktion im Rahmen eine Qualitätskontrolle<br />
für die Niederschlagsmessungen fungieren. Weichen die Parameter benachbarter Maschen<br />
stark voneinander ab, so könnte auch die Messung (meist von extremen Werten) fehlerhaft sein.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 140<br />
a) b) c)<br />
Abb. III.1.3-10: Niederschlagsverteilung [mm] im Untersuchungsgebiet; a) korrigierter simulierter Niederschlag, b)<br />
aus Stationsdaten interpolierter Niederschlag, c) Differenz von a) und b).<br />
Vergleicht man die groben Strukturen der Niederschlagsmuster (Abb. III.1.3-10 a, b), so lassen<br />
sich deutliche Übereinstimmungen erkennen. Sowohl das Maximum im mittleren südlichen Bereich<br />
des Untersuchungsgebiets wird durch die Niederschlagskorrektur wiedergegeben, als auch die Bereiche<br />
mit niedrigeren Niederschlagssummen im Bereich 2° Ost / 9,5° Nord sowie in den jeweiligen<br />
südlichen Randbereichen (Abb. III.1.3-10a). Das zweite Maximum der Niederschlagskorrektur im<br />
Bereich der Donga-Region (ca. 2° Ost / 9° Nord) ist etwas stärker ausgeprägt, als dieses durch die<br />
Interpolation der Stationsdaten auf die Gittermaschen wiedergegeben wird (Abb. III.1.3-10b). Insgesamt<br />
fällt auf, dass die Niederschlagssummen des korrigierten Niederschlags im Bereich der Maxima<br />
etwas höhere Werte aufweisen, als dies bei den interpolierten Werten der Fall ist. Zur besseren<br />
Darstellung wird ein Differenzplot zwischen den korrigierten simulierten und interpolierten Niederschlägen<br />
gezeigt (Abb. III.1.3-10c). Bei 611 der insgesamt 1225 Maschen innerhalb des Untersuchungsgebiets<br />
(was einem Anteil von 49,88 % entspricht) liegen die Abweichungen der Niederschlagskorrektur<br />
in einem Bereich größer als -15 mm bzw. kleiner als 15 mm um die interpolierten<br />
beobachteten Werte. Im mittleren südlichen Teil des Untersuchungsgebiets werden die durch das<br />
Korrekturverfahren gewonnen Niederschläge teilweise um mehr als 70 mm überschätzt, im Bereich<br />
der Donga-Region sogar bis <strong>zu</strong> Werten von über 130 mm. Negative Abweichungen finden sich seltener<br />
und erreichen kaum Werte unterhalb von -50 mm. Das Flächenmittel der korrigierten Episodensimulationen<br />
beträgt 696,9 mm, was im Vergleich <strong>zu</strong>m Mittel der interpolierten Niederschläge<br />
von 676,8 mm eine Überschät<strong>zu</strong>ng des korrigierten Niederschlags von etwa 20,1 mm (bzw. ~3 %)<br />
ergibt.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 141<br />
[mm]<br />
Abb. III.1.3-11: Verteilung stündlicher Niederschlagsintensitäten auf Intervalle von 1 mm in %; logarithmische Skalierung<br />
der Ordinate bis 0.025 %, darunter lineare Darstellung.<br />
Abb. III.1.3-12: Vergleich des FBI von Simulationen mit FOOT3DK (rote Balken) und nachträglicher Niederschlagskorrektur<br />
(blaue Balken); Abszisse: Startdatum der Episoden im Format mmdd.<br />
Die in Abbildung III.1.3-11 dargestellte Verteilung der Niederschlagsraten auf definiten Intervallen<br />
weist ebenfalls auf eine gute Anpassung der simulierten in Richtung der interpolierten Niederschläge<br />
hin. Dies spiegelt sich auch durch die erneute Kalkulation des FBI wieder. Erreicht dieses Maß<br />
vor der Korrektur noch einen Wert von 3,22, so ergibt sich nach der Korrektur des simulierten Niederschlags<br />
ein Wert von 1,16, welcher deutlich näher an dem Bestwert von 1,0 liegt (vgl. Abb.<br />
III.1.3-12).<br />
Auch die stündlich gemittelten Niederschlagsmaxima einzelner simulierter Regenereignisse können<br />
mit Hilfe des Korrekturverfahrens in Richtung der beobachteten Werte verbessert werden. Das
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 142<br />
Problem der zeitlichen Verschiebung zwischen simulierten und beobachteten Niederschlagsereignissen,<br />
kann mit dem erarbeiteten Korrekturverfahren jedoch nicht gelöst werden. Eine systematische<br />
zeitliche Verschiebung zwischen simulierten und beobachteten Niederschlägen ist nicht fest<strong>zu</strong>stellen.<br />
Vielmehr treten sowohl verfrühte, verspätete, als auch zeitlich übereinstimmende Simulationen<br />
von beobachteten Niederschlagsereignissen auf. Hier wäre eine ausführliche Untersuchung der<br />
vom DWD analysierten Feuchtefelder (mit Hilfe des GME), die als Antriebsdaten für Simulationen<br />
mit dem COSMO-LM dienen, sinnvoll. Da Analysen im Bereich von Westafrika aufgrund weniger<br />
vorhandener Messdaten oftmals nur von mangelhafter Qualität sind, kann hier ein Grund für die<br />
zeitlichen Diskrepanzen der Niederschlagsereignisse liegen.<br />
a)<br />
b)<br />
03.10.2002, 13UTC 03.10.2002, 14UTC 03.10.2002, 15UTC mm/h<br />
Abb. III.1.3-13: Passage des simulierten Niederschlagsereignisses am 03.10.2002 zwischen 13 und 15 UTC;<br />
a) mit FOOT3DK erzeugte Niederschlagsverteilung, b) nach Anwendung des Korrekturverfahrens<br />
modifizierte Niederschlagsfelder.<br />
An dieser Stelle sei auf die deutlich ausgeprägteren Strukturen stündlicher Niederschlagsverteilungen<br />
(stärkerer horizontale Gradienten, deutliche Lokalisierung von Extremwerten) über dem Untersuchungsgebiet<br />
nach der Korrektur hingewiesen, die dem Vergleich der Abbildungen III.1.3-13a<br />
und III.1.3-13b <strong>zu</strong> entnehmen ist. Anhand dieser ausgeprägten Strukturen können lokale Charakteristika<br />
(z.B. Wasserhaushalte einzelner Nebenflüsse, lokale Niederschlagsvariabilität) besser be-
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 143<br />
trachtet werden. Die Anwendung der gefundenen Zuordnungsfunktion auf die Simulationen für das<br />
Zieljahr 2025 wird in Kürze in Angriff genommen.<br />
Agrarökologische Entwicklung von räumlichen Szenarien in der Zeit<br />
Die Korrelation zwischen Niederschlag und Ökovolumen für die gewählten Gebiete <strong>zu</strong>r Repräsentanz<br />
typischer Landschaftstypen Benins ist durchgeführt worden. Eine Interpolation dieses Zusammenhangs<br />
für den Bereich des Ouémé steht <strong>zu</strong>r Verfügung. Des Weiteren wurde eine Approximation<br />
der künftigen Entwicklung des Niederschlags auf Grundlage der Biomassenentwicklung durchgeführt.<br />
Die Ergebnisse der Niederschlagswerte bzw. die Schwankungen auf Grundlage der Veränderung<br />
von <strong>zu</strong>künftiger Biomasse können sowohl als eigenständiger Parameter, als auch in die von<br />
FOOT3DK produzierten Niederschlagszeitreihen in das IS mit übernommen werden. Schritte <strong>zu</strong>r<br />
Umset<strong>zu</strong>ng stehen derzeit noch aus.<br />
Informations System (IS)<br />
Abb. III.1.3-14: Flussdiagramm des geplanten IS.<br />
Das im Rahmen diese Problemkomplexes erarbeitete Informations-System (IS) trägt den Titel „<strong>Impetus</strong><br />
- Landnut<strong>zu</strong>ngsänderung und Niederschlag für den Bereich des Ouémé“ (IMPETUS - <strong>Impetus</strong><br />
- Changement d’utilisation des sols et précipitations pour le domaine de l’Ouémé). Das Informa-
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 144<br />
tions-System soll eine Bedienoberfläche <strong>zu</strong>r Verfügung stellen, welche die möglichen Entwicklungen<br />
bzgl. Niederschlag und Verdunstung unter der Berücksichtigung verschiedener Randbedingungen<br />
vermitteln kann. Die einzelnen Prozesse, die in der Umset<strong>zu</strong>ng berücksichtigt werden, sind in<br />
Abb. III.1.3-14 in einem Flussdiagramm <strong>zu</strong>sammengefasst.<br />
Auf Grund des hohen Rechenbedarfs und der großen produzierten Datenmengen ist eine direkte<br />
Implementierung des Modells FOOT3DK in das Informations-System nicht möglich. Es ist <strong>zu</strong>nächst<br />
vorgesehen, die Ergebnisse des PK als Tabellenergebnisse für den Nutzer <strong>zu</strong>r Verfügung <strong>zu</strong><br />
stellen. Bisher sind die folgenden Auswahlmöglichkeiten geplant bzw. umgesetzt: Wahl zwischen<br />
zwei SRES-Szenarien A1B und B1. Zusätzlich darf der Nutzer den Startmonat und den Zeitraum<br />
der Klimatologie bestimmen (grüne Boxen oben rechts). Weiterhin sollen verschiedene Parameter<br />
<strong>zu</strong>r Auswahl bereitgestellt werden. Nachdem der Anwender eine für sich optimierte Auswahl getroffen<br />
hat, werden IS-intern die Auftrittshäufigkeiten für den gewählten Zeitraum <strong>zu</strong>sammengestellt<br />
und die Episodenniederschläge rekombiniert. Die Ergebnisse werden als Tabelle und/oder<br />
Grafik ausgegeben. Dieses IS-Ergebnis kann bereits als Informationsquelle genutzt, oder in weitere<br />
Simulationen integriert werden. Später soll die Möglichkeit geboten werden für bestimmte Zeiträume<br />
Zeitreihen <strong>zu</strong> extrahieren. Dafür müssen die vom Modell bereitgestellten Parameter unter Umständen<br />
noch weiterverarbeitet werden. Das Informations-System wird derzeit noch mit Testdatensätzen<br />
betrieben. Ab Frühjahr 2008 sollen diese durch reale Datensätze ersetzt werden.<br />
Literatur:<br />
Glahn H.R., Bocchieri J.R. (1975): Objective Estimation of the Conditional Probability of Frozen Precipitation. Mon.<br />
Wea. Rev., 103, 3-15.<br />
Glahn H.R., Lowry D.A. (1972): The use of model output statistics (MOS) in objective weather forecasting. J. Appl.<br />
Meteorol., 11, 1203-1211.<br />
Levenberg K. (1944): A Method for the Solution of Certain Problems in Least Squares. Quart. Appl. Math., 2, 164–168.<br />
Marquart D. (1963): An Algorithm for Least Squares Estimation on Nonlinear Parameters. Siam J. Appl. Math., 11,<br />
431–441.<br />
Paeth, H., K. Born, R. Girmes, R. Pod<strong>zu</strong>n and D. Jacob, 2008: Regional climate change in tropical and northern Africa<br />
due to greenhouse forcing and land-use changes. J. Climate, submitted.<br />
Shepard D., 1968: A two dimensional interpolation function for regularly spaced data. Proc. 23d National Conf. of the<br />
Association for Computing Machinery, Princeton, NJ, ACM, 517–524.<br />
Sogalla, M., A. Krüger, and M. Kerschgens, 2006: Mesoscale modelling of interactions between rainfall and the land<br />
surface in West Africa. Meteor. Atmos. Phys., 91, 211-221.<br />
Thamm, H.-P., M. Judex and G. Menz, 2005: Modelling of Land-Use and Land-Cover Change (LUCC) in Western<br />
Africa using Remote Sensing. Photogrammetrie, Fernerkundung, Geoinformation 3, 191-199
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 145<br />
PK Be-L.4 Ökovolumendynamik und Anpassung des Anbausystems an die Klimaänderung<br />
im Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
Foto: Valens Mulindabigwi Foto: Zhixin Deng<br />
Problemstellung<br />
Das nachhaltige <strong>Management</strong> des konfliktuellen Spannungsfeldes zwischen der sich intensivierenden<br />
Lebensmittelproduktion und dem Erhalt der Ökosystemkapazität stellt eine große Herausforderung<br />
dar. Ökologisch geprägte Anbaustrategien können die nachhaltige Agrarproduktion erhöhen,<br />
und gleichzeitig die unerwünschten Nebeneinflüsse der Intensivierung reduzieren.<br />
Das Ökovolumen eines Vegetationsbestandes ist ein dreidimensionaler räumlicher Begriff.<br />
Es ist ein wichtiger Indikator sowohl für die Ökosystemkapazität als auch für den Wasserkreislauf<br />
bei der laufenden Anpassung des Beninesischen Anbausystems an die Klimaänderung.<br />
Mitarbeiter<br />
M. Janssens, J. Röhrig, A. Kuhn, H. Paeth, N. Keutgen, S. Bäumert<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Aufbauend auf die Analysen der Anbausystemen und deren Anpassungen an die Klimaänderung<br />
werden die <strong>zu</strong>künftige Anbaustrategien als Handlungsoptionen anhand Expertenwissens und ökologischem<br />
Kenntnis (Agroklimax - Konzept) entwickelt und bewertet. Im Zusammenhang mit diesem<br />
Kontext lässt sich fragen:<br />
• Was sind die Unterschiede zwischen den nördlichen, mittleren und südlichen Anbausystemen<br />
je unter dem unimodalen und bimodalen Klima im ganzen Ein<strong>zu</strong>gsgebiet?<br />
• Wie lassen sich die Anbausystemen im Ein<strong>zu</strong>gsgebiet an die Klimaänderung anpassen?<br />
• Wie ändert sich die Ökovolumendynamik bei den <strong>zu</strong>künftigen anbaustrategischen Szenarien?
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 146<br />
FARMADAM, ein entsprechender SDSS (spatial decision support system) wurde entworfen und<br />
anhand dreier Workshops mit den künftigen Anwendern, partizipativ auf Gemeindeebene weiterentwickelt<br />
und validiert.<br />
Modellierung<br />
Das FARMADAM ISDSS (Farm adaptation management as to water availability) wird in<br />
März 2008 während des Cotonou Konferenzen vorgetragen. Es wird in drei Teilen aufgebaut:<br />
(i) Landnut<strong>zu</strong>ngssysteme und landwirtschaftliche Anbausysteme<br />
(ii) Räumliche und gewichtsbezogene Vegetationsparameter<br />
(iii) Beziehung zwischen Vegetation und Wasser<br />
Für jeden Teil können die Ergebnisse für folgende Ebenen abgerufen werden: Gemeinde, Departement,<br />
Ökologische Zone, IMPETUS Regionen, Ouémé Ein<strong>zu</strong>gsgebiet. Es besteht weiter die Möglichkeit<br />
mit einigen Kernparameter (z.B. Bracheanteil, CIC, Beweidungsintensität usw.) Interventionsszenarien<br />
beliebig <strong>zu</strong> simulieren.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 147<br />
Components of farming systems<br />
SDSS “FARM-ADA-M”<br />
Farm adaptation management as to water availability<br />
PK Be-L4<br />
Ökovolumendynamik<br />
PK Be-L3<br />
Niederschlag x Ökovolumen<br />
Gross Photosynthesis P b = 4C(m/h) = 4WNE.Rain = 4L t<br />
= 4Ls. Ko<br />
Ökoniederschlag = f (Ökovolumen)<br />
Landwirtschaft<br />
Wasserhaushalt<br />
PK Be-G.1 Demografie<br />
PK Be-L.1 Landnut<strong>zu</strong>ng<br />
PK Be-E.3 Regionale N.<br />
PK Be-E.5 Tierhaltung<br />
Abb. III.1.3-15: Hauptpfaden des SDSS FARMADAM für agroforstliche Anbausysteme<br />
Methodik<br />
Gemäß der zentralen Hypothese wird ein kausaler Zusammenhang zwischen Ökovolumen mit Öko-<br />
Niederschlägen unterstellt und mit empirischen Daten nachgeprüft. Weiter wird aufbauend auf der<br />
Chaos Theorie von Prigogine (2001) angenommen dass eine Vielfalt von möglichen Entwicklungsszenarien<br />
mit geringfügigen Wiederkehrbarkeit denkbar sind. Eine Hysteresis Funktion wird unterstellt<br />
wobei u.a. die Wasserspeicherkapazität des Bodens die Entforstung abpuffern wird. Die agroforstlichen<br />
Anbausysteme bewegen sich somit zwischen zwei Limitkonzepten, Ökoklimax einerseits,<br />
und degradierte Brache andererseits.<br />
Interventionsszenarien werden anhand Expertenwissen und Agroklimax-Index Analyse als eine<br />
Reihe möglicher Entwicklungspfade formuliert und nach Wahrscheinlichkeit bewertet mit dem<br />
Ausblick der praktischen und nachhaltigen Handhabung.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 148<br />
Beziehungen zwischen Boden, Vegetation und Niederschlag bei Agro-climax Equilibrium<br />
wobei<br />
Wenn hLt = mC + ΔB (Nye & Greenland 1959: in Janssens et al. 2004)<br />
h = Humifizierung<br />
m = Mineralisierung<br />
Lt = jährlichen Blattfall per Flächeneinheit<br />
C = Kohlstoffmenge in einer Bodenschicht von 0�20 cm<br />
und wenn der Biomassa<strong>zu</strong>wachs ΔB=0,<br />
dann ist der brutto Photosynthese Pb ~ 4 Lt<br />
Daraus erfolgt Pb = 4C(m/h) = 4Lt<br />
Aber, wenn der Wassernut<strong>zu</strong>ngseffizienz (Rain water efficiency) WNE = PT/(1+U/T)<br />
d.h. erzeugte Biomassa/mm Niederschlag/Jahr (Ehlers 1996)<br />
wo, „PT“ = Produktivität der Transpiration = P/T<br />
U = unproduktiver Wasserverlust<br />
T = produktiver Wasserverlust (Transpiration)<br />
dann ergibt sich wiederum eine Verbindung zwischen brutto Photosynthese Pb und Blattfall (Litter<br />
fall) Lt über PT im Falle eines Agro-climax Equilibrium<br />
Demnach erfolgt,<br />
P = WNE(T+U) = WNE . Niederschlag = NPP (Netto Primary Production)<br />
= Lt + ΔB<br />
= Lt<br />
when ΔB=0<br />
Pb = 4C(m/h) = 4WNE.Niederschlag = 4Lt<br />
Aber wenn der Olson Koeffizient Ko = Lt/Ls<br />
dann erfolgt<br />
wobei Ls = Bodenstreu<br />
Pb = 4C(m/h) = 4WNE.Niederschlag = 4Lt = 4Ls. Ko<br />
Hieraus ergibt sich eine Beziehung zwischen Niederschlag, Boden und Vegetation sobald<br />
das Ökosystem eine Gleichgewichtsebene erreicht hat.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 149<br />
Stand der Arbeiten<br />
Zusammenarbeit mit den Institutionen<br />
Während der 3. Phase wurden drei partizipatieve Modellierungsworkshops in Allada (2007), Dassa<br />
(2008) und Tchaourou (2008) organisiert. Verschiedene Institutionen haben aktiv <strong>zu</strong>sammengearbeitet<br />
wie z.B. die MAEP (die Betroffene Gemeinden und Departementen), INRAB, Wissenschaftler<br />
aus der FSA der <strong>Universität</strong> Abomey Calavi, und aus der <strong>Universität</strong> von Parakou. Die Bürgermeister<br />
haben jedes Mal die Veranstaltungen unterstützt.<br />
Feldarbeit<br />
In der ersten Phase, hat Herr Valens Mulindabigwi die Feldmessungen in Sérou und Dogué eingeleitet.<br />
Seit der 2. Phase hat Herr Zhixin Deng der Nord-Transekt im Ostlichen Teil rundum Ndali<br />
abgewickelt. Anschließend wurde den Süd-Transekt mit bimodaler Niederschlagsregimen in Pobé<br />
und Bohicon beprobt. Schließlich wurde Savé im Mitten-Transekt erhoben. In der 3. Phase wurden<br />
zwei weiteren Gemeinden, Kétou (Sophia Bäumert) und Savalou (Kim Moortgat) auf dem Mittentransekt<br />
erhoben. Anlässlich partizipatiever Modellierungsworkshops wurden die landwirtschaftliche<br />
Anbausysteme von drei weiteren Gemeinden in 2007-2008 kartiert bzw. Allada (Niaouli) auf<br />
dem Südtransekt, Dassa auf dem Mittentransekt und Tchaourou auf dem Nordtransekt.<br />
Kennzüge der landwirtschaftlichen Anbausysteme innerhalb des ganzen Ouémé Ein<strong>zu</strong>gsgebietes<br />
Die drei Ouémé Subregionen gehen sehr progressiv ineinander über. Die Verstädtung lässt sich quer<br />
durch die drei IMPETUS Regionen deutlich merken. Besonders davon getroffen sind die sich dramatisch<br />
reduzierende Brache- und Beweidungsfläche wie auch der ebenso dramatisch steigende<br />
CIC im Hinterland der Städte (Tabelle 1).<br />
Berechnung des Bracheanteils<br />
Bei der GIS Kartierung der Landnut<strong>zu</strong>ngskomponenten ist es schwierig um die brachliegenden Felder<br />
von der Savanne bzw. kultivierten Flächen <strong>zu</strong> trennen. Deshalb wurden in den erhobenen Gemeinden<br />
den Bracheanteil und den CIC-Koeffizient anhand Befragungen bestimmt.<br />
Da der Bracheanteil in der Landnut<strong>zu</strong>ngskategorie Savanne eingeblendet war, wird es hier als gesonderte<br />
Kategorie geführt. Zusammen mit der Kategorie “Annual crops” bekommt man jetzt das<br />
ganze Fruchtfolgeareal (superficies assolées). Entsprechend wird die Kategorie “Savanne” mit 6 %<br />
erniedrigt (Figuren 2 & 3). Die Korrektur ist umso wichtiger in der Südregion.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 150<br />
Tab. III.1.3-1. Landnut<strong>zu</strong>ngsparameter: Bracheanteil (Jachère), Ruthenbergkoeffizient und Feldbestellungsintensität<br />
(Cropping intensity)<br />
Région IMPE-<br />
TUS Département Commune<br />
Bas-Oueme Atlantique<br />
Jachère<br />
(quot.)<br />
R (Ruthenberg)<br />
CIC*<br />
Abomey<br />
Calavi 0,46 0,54 1,58<br />
Bas-Oueme Atlantique Allada 0,19 0,81 1,84<br />
Bas-Oueme Plateau Pobè 0,18 0,82 1,86<br />
Moyen-Oueme Plateau Kétou 0,43 0,57 1,69<br />
Moyen-Oueme Collines Dassa 0,14 0,86 1,96<br />
Moyen-Oueme Collines Savè 0,33 0,67 1,75<br />
Moyen-Oueme Zou Bohicon 0,32 0,68 1,61<br />
Haut-Oueme Borgou N'dali 0,39 0,61 1,31<br />
Haut-Oueme Borgou Tchaourou 0,28 0,72 1,36<br />
Haut-Oueme Donga Bassila 0,57 0,43 1,29<br />
Haut-Oueme Donga Djougou 0,52 0,48 1,31<br />
* CIC =Cropping Intensity Coefficient<br />
Der Brache <strong>zu</strong> Kultur Rate verringert sich sehr deutlich von Nord nach Süd (Figur 3). Hier würde<br />
die Brache mit der kurzfristige saisonale Brache entsprechend der CIC korrigiert. Daraufhin wird<br />
die Savanne Landnut<strong>zu</strong>ng noch ein zweites Mal abgespeckt diesmal mit dem Anteil des geschätzten<br />
Weideland (sehe Bericht 2009).<br />
TOTAL LAND USE IN THE OUEME BASIN IN 2004<br />
(BENIN)<br />
7% 1% 7% 1%<br />
69%<br />
17%<br />
6%<br />
Annual<br />
Jahresbrache (quot)<br />
Savanna (kor)<br />
Forest<br />
No vegetation<br />
Abb.III.1.3-16: Landnut<strong>zu</strong>ng im Oueme Ein<strong>zu</strong>gsgebiet, einschließlich Bracheland (2004)
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 151<br />
PERCENTAGE<br />
1.20<br />
1.00<br />
0.80<br />
0.60<br />
0.40<br />
0.20<br />
0.00<br />
LAND USE PER REGION IN THE OUEME BASIN IN<br />
2004 (BENIN)<br />
<strong>Impetus</strong><br />
North<br />
<strong>Impetus</strong><br />
Middle<br />
ZONE<br />
<strong>Impetus</strong><br />
south<br />
3.00<br />
2.50<br />
2.00<br />
1.50<br />
1.00<br />
0.50<br />
0.00<br />
BRACHE/KULTUR<br />
(ha/ha)<br />
No vegetation<br />
Forest<br />
Savanna (kor)<br />
Jahresbrache (quot)<br />
Annual<br />
Brache/Kultur<br />
Abb. III.1.3-17: Landnut<strong>zu</strong>ng und Brache/Kultur Trend je nach IMPETUS Region<br />
Anthropogene Diversifizierung der Landschaft im Süden<br />
Das Biovolumen der Vegetation steigt erwartungsgemäß von Nord nach Süd. Erstaunlicherweise<br />
verringert sich der Wesenbergkoeffizient von Nord nach Süd (Figur 4). Es bedeutet dass die Nördliche<br />
Vegetation ein größeres Okovolumen per Einheit Biovolumen bildet. Dies lässt sich teilweiser<br />
durch eine sinkende Landschaftshomogeneität erklären.<br />
BIO-VOLUME (m³/ha)<br />
500.00<br />
450.00<br />
400.00<br />
350.00<br />
300.00<br />
250.00<br />
200.00<br />
150.00<br />
100.00<br />
50.00<br />
0.00<br />
VEGETATION PARAMETERS PER REGION IN<br />
THE OUEME BASIN IN 2004 (BENIN)<br />
<strong>Impetus</strong><br />
North<br />
<strong>Impetus</strong><br />
Middle<br />
ZONE<br />
<strong>Impetus</strong><br />
South<br />
100.00<br />
90.00<br />
80.00<br />
70.00<br />
60.00<br />
50.00<br />
40.00<br />
30.00<br />
20.00<br />
10.00<br />
0.00<br />
LANDSCAPE (%)<br />
Vbio WT<br />
Wesenberg<br />
coeff. (W)<br />
Landscape<br />
homog.%<br />
Abb. III.1.3-18: Biovolumen, Wesenberg Koeffizient und Landschaftshomogeneität
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 152<br />
Empirische Beziehung zwischen Ökovolumen und Ökoniederschläge<br />
Das Ökovolumen ist ein Maß der räumlichen Kolonisierung durch eine bestimmte Vegetation. Die<br />
Ökoniederschläge ergeben sich aus Niederschlagrecycling innerhalb ökologisch bewirtschafteten<br />
Landschaften. Eine positive Beziehung zwischen Ökovolumen und Ökoniederschläge konnte nachgewiesen<br />
werden sowohl auf Gemeinde- als auch auf Departementsebene (Abb. III.1.3-19).<br />
Quelle: Gruppe Thamm<br />
Abb. III.1.3-19: Vergleichende Aufteilung des Ökovolumens und Ökoniederschläge für jedes<br />
Departement<br />
Literatur<br />
Adjagnissodé, G. 2007. La modélisation participative des écosystèmes de la zone méridionale<br />
du bassin versant de l’Ouémé. INRAB-Niaouli, 31 mai - 02 juin 2007, IMPETUS,<br />
Bénin<br />
Bäumert, S. 2008. Charakterisierung der agrarischen Landnut<strong>zu</strong>ngssysteme in Ketou, Benin. Diplomarbeit. <strong>Universität</strong><br />
Bonn<br />
Dotonhoue, F. 2008. Rapport du Séminaire de Formation à La Modélisation Participative des Systèmes Agraires dans<br />
l’Ouémé Supérieur. Tchaourou 1-3 sept. 2008. IMPETUS, Bénin<br />
Ehlers, W. 1996. Wasser in Boden und Pflanze. Ulmer, Stuttgart<br />
Janssens, M.J.J., Deng, Zh.X., & Mulindabigwi, V. 2004. Contribution agronomique à la validation des scénarios hydrologiques<br />
du bassin de l’Ouémé. Worshop Le cycle hydrologique du bassin versant de l’Ouémé et ses implications<br />
socioéconomiques, Cotonou, Octobre 2004.<br />
Janssens, M.J.J., Deng, Zh.X., Sonwa, D., Torrico, J.C., Mulindabigwi, V. & Pohlan, J. 2006. Relating agro-climax of<br />
orchards to eco-climax of natural vegetation. In: Proc. 7 th International Symposium on Modelling in Fruit Research<br />
and Orchard <strong>Management</strong>, 20-24 June 2004. Copenhague, Denmark. Acta Hort. (ISHS) 707:181-186<br />
Moortgat, K. 2008. Description of farming systems in the Upper Ouémé river catchment in Benin, Savalou: an estimation<br />
of biomass, bio-volupme and eco-volume. Diplomarbeit. Hogeschool Gent, Belgium<br />
Prigogine, I. 2001. La fin des certitudes. Editions Odile Jacob, France
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 153<br />
PK Be-L.5 Nachhaltiges Feuermanagement für Ressourcenschutz mit Fernerkundung<br />
und GIS<br />
Problemstellung<br />
Große Gebiete Benins sind in der Trockenzeit von Buschfeuern betroffen. Wie Untersuchungen im<br />
Rahmen des IMPETUS <strong>Projekt</strong>es zeigten, sind mehr als 70 % der Fläche des Ein<strong>zu</strong>gsgebietes des<br />
oberen Ouémé von Feuern beeinflusst. Im der tradionellen Form der Landbewirtschaftung ist Legen<br />
von Feuern eine Methode um Felder für den Anbau vor<strong>zu</strong>bereiten. Feuer wird aber auch von Viehzüchtern<br />
gelegt, um trockene, harte Gräser <strong>zu</strong> verbrennen, und so einen erneuten Aus-trieb von jungen<br />
frischen Gräsern <strong>zu</strong> ermöglichen, die vom Vieh bevor<strong>zu</strong>gt werden. Auch <strong>zu</strong>r Jagt werden Feuer<br />
gelegt.<br />
Durch die ansteigende Bevölkerungsdichte und das damit einhergehende Zusammenbrechen des<br />
traditionellen Feuermanagements stellen die Feuer ein <strong>zu</strong>nehmendes Problem dar, besonders in<br />
Hinblick auf die Bodendegradierung, Nährstoffkreislauf, Vegetations<strong>zu</strong>sammenset<strong>zu</strong>ng und CO2<br />
Haushalt. Insbesondere die späten Feuer („late fires“), definiert als Feuer nach dem 16.12. jeden<br />
Jahres, tragen besonders <strong>zu</strong>r Bodendegradation bei, da die in der Asche gebundenen Nährstoffe vor
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 154<br />
Einsetzen der Regenzeit nicht mehr in den Boden eingebunden werden können. So wird ein Großteil<br />
der wertvollen Nährstoffe vom Regenwasser weggespült.<br />
Aus diesem Grund gibt es gesetzliche Bestimmungen und Vereinbarungen zwischen Dörfern und<br />
Entwicklungsgesellschaften, dass nach dem 16. Dezember keine Feuer mehr gelegt werden dürfen.<br />
Allerdings werden diese Verordnung bzw. spezielle Vereinbarungen sehr oft nicht eingehalten und<br />
es stellt sich die Frage nach einem effektiven Kontrollsystem. Aus wissenschaftlicher Sicht ist die<br />
Quantifizierung der vom Feuer beeinflussten Gebiete und der Nährstoffkreislauf sowie die CO2<br />
Bilanz ein wichtiges Forschungsfeld.<br />
Mitarbeiter<br />
H.-P. Thamm, C. Linsoussi, M. Judex, V. Orkean, A. Mähler<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Ziel dieses PKs ist die raumzeitliche Untersuchung der Feuerdynamik in Benin und die Schaffung<br />
eines SDSS für nachhaltige Feuermanagement Systems.<br />
Da<strong>zu</strong> gehört die Erfassung der raumzeitliche Verteilung der Buschfeuer, sowie die Abschät<strong>zu</strong>ng der<br />
verbrannten Biomasse, die Erfassung des Nährstoffumsatzes und die durch Feuer verursachte Bodendegradierung<br />
sowie die Abschät<strong>zu</strong>ng des Einflusses von Buschfeuer auf den CO2 Haushalt.<br />
Weitere Aufgaben im Sinne eines nachhaltigen Feuermanagements, ist die Überprüfung der Einhaltung<br />
von gesetzlichen Bestimmungen und Dorfvereinbarungen bezüglich des Zeitpunktes der Feuer.<br />
Zuwiderhandlungen sollen umgehend erkannt werden und können an die verantwortlichen Stellen<br />
gemeldet werden. Die oben genannten Aufgaben sollen einem in dem PK erstellten Monitoring System<br />
unter Verwendung von frei <strong>zu</strong>gänglichen Fernerkundungsdaten geleistet werden.<br />
In einem weiteren Schritt erfolgt die Analyse der raumzeitlichen Muster der Feuer unter Einbeziehung<br />
von <strong>zu</strong>sätzlichen Informationen wie Vegetationsdaten, Klimaparameter wie Niederschlag und<br />
Wind, Bodendaten und sozioökonomischen Daten. Auf dieser Grundlage wird ein Prozessverständnis<br />
geschaffen, das die Grundlage für ein „Decision Support System“ (DSS) für ein nachhaltiges<br />
und effizientes Feuer <strong>Management</strong> darstellt. Das DSS iMABFIRE (Managing Bush Fire) soll den<br />
Verantwortlichen helfen, geeignete Stellen für ein kontrolliertes Brennen <strong>zu</strong> finden. Des Weiteren<br />
können mit dem DSS effizient die Stellen für Feuerschutzstreifen („pas feu“) geplant werden. Dies<br />
kann <strong>zu</strong> einem deutlich verbesserten Einsatz der knappen Mittel für den Feuerschutz führen. Weiterhin<br />
können die Auswirkungen unterschiedlicher Feuermanagementoptionen auf die Raummuster<br />
der Feuer, den Biomassenumsatz sowie den Nährstoffkreislauf abgeschätzt werden. iMABFIRE ist<br />
für die Verantwortlichen ein nützliches Werkzeug für die Organisation eines nachhaltigen Feuermanagements.<br />
Es kann mit entsprechenden Modifikationen für den gesamten Savannengürtel in<br />
West-Afrika eingesetzt werden.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 155<br />
Neben der direkten Nutzeranwendung für Behörden und Entwicklungsgesellschaften stellt die Erfassung<br />
und Modellierung der raumzeitlicher Dynamik der Buschfeuer aus wissenschaftlicher Sicht<br />
einen viel diskutierten Problemkomplex dar.<br />
Allgemeine Beschreibung von iMABFIRE<br />
Ein effizientes Feuermanagementsystem benötigt <strong>zu</strong>verlässige Informationen bezüglich der raumzeitlichen<br />
Verteilung der Feuer, auf deren Grundlage angemessene Entscheidungen getroffen und<br />
entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden können.<br />
Bei der Entwicklung eines Feuermonitoringsystems muss, besonders vor dem Hintergrund der<br />
schwachen ökonomischen Situtation Benins, darauf geachtet werden, anfallende Kosten <strong>zu</strong> minimieren.<br />
Des Weiteren muss eine Anwendbarkeit auch für weniger geschultes Personal <strong>zu</strong> garantieren<br />
(vgl. SPETH 2005).<br />
Vor diesem Hintergrund wird iMABFIRE so konzipiert, dass ein Großteil der relevanten Informationen<br />
aus frei verfügbaren Datensätze abgeleitet wird, die Prozessierungsketten weitgehend automatisiert<br />
arbeiten und die Bedienung sehr nutzerfreundlich gestatet ist. Allerdings kann angesichts der<br />
Komplexität des Themas auf „Capacity Building“ Maßnahmen für eine eigenverantwortliche Systempflege<br />
und Systemweiterentwicklung durch qualifiziertes Fachpersonal nicht ganz verzichtet<br />
werden können.<br />
Monitoring Modul von iMABFIRE<br />
Die Raummuster der Buschfeuer werden nicht durch das Monitoring der aktiven Feuer erkannt,<br />
sondern es werden gebrannte Flächen über Unterschiede in der Reflektanz ermittelt. Die Klassifikation<br />
der gebrannten Flächen erfolgt durch eine Zeitreihenanalyse von Reflektanz-Daten des<br />
MODIS-Sensors. MODIS steht für Moderate Resolution Imaging Spectroradiometer das von der<br />
NASA (National Aeronautic and Space Adminsitration) betrieben wird. Dieser Fernerkundungssenor<br />
ist auf zwei Satelliten, AQUA und TERRA montiert. Sie decken einen Großteil der Eroberfläche<br />
täglich ab. Die MODIS Daten werden von der NASA täglich prozessiert und als Level 2G Format<br />
für jeden <strong>zu</strong>gäglich gemacht. Level 2G Format bedeutet, dass die Daten räumlich korrigiert<br />
sind und 2.400 x 2.400 km Kacheln vorliegen. Die Auflösung dieser Daten beträgt je nach Spektralbereich<br />
zwischen 250 m x 250 m und 1000 m x 1000 m. Prinzipiell können die Daten sowohl<br />
vom Terra- (MOD09GHK), als auch vom Aqua-Satelliten (MYD09GHK) bezogen werden, wobei<br />
sich die bisherige Arbeit nur mit dem Terra-Satelliten beschäftigt hat. Eine tägliche Szene ist durchschnittlich<br />
150 MB groß.<br />
Da im Berichtszeitraum die Feuerprodukte von MODIS wie sie vom Satellitenbetreiber<br />
(http://modis.gsfc.nasa.gov/) erzeugt werden deutlich verbessert wurden, wurde beschlossen auf den<br />
aufwendigen Download der Rohbilder und die eigene Prozessierung der Bilder <strong>zu</strong> verzichten, da<br />
dies in Benin aufgrund der mangelhaften Rechneraussattung aufwändig <strong>zu</strong> realisieren wäre und statt<br />
dessen die schon prozessierten Standartprodukte <strong>zu</strong> verwenden. Dadurch werden die Ansprüche an<br />
die Leitstungsfähigkeit des Internetanschlusses deutlich vermindert. Das Pearl Skript für die automatisierte<br />
Datenbeschaffung wurde entsprechend abgeändert und getestet.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 156<br />
Stand der bisherigen Arbeiten<br />
Die Arbeiten im PK Be-L5 standen im Zeichen der Operationalisierung der Prozessketten, Moldelentwicklung<br />
und der Integration des Feuer Monitoring Tools sowie des Feuer Ausbreitungsmodells<br />
in das ISDSS (IMPETUS Spatial Decision Support System).<br />
Des Weiteren wurden bestehende Kontakte ausgebaut. Hierbei wurde in besonderem Maße die Anforderungen<br />
an die DSS („decision support systeme“) evaluiert und die notwendigen technischen<br />
Grundlagen und Schnittstellen abgestimmt besonders wichtig war in diesem Zusammenhang das<br />
Prinzip „What for Whom“. Eine Herausforderung bei der Implementation des ISDSS in Benin stellen<br />
die oft sehr un<strong>zu</strong>reichende Rechnerausstattung sowie die meist nur sehr rudimentären Computerkenntnisse<br />
an den Institutionen in Benin dar. Auf diesem Gebiet muss noch einiges Capacity<br />
Building geleistet werden. Hierbei wäre ein konzertiertes Vorgehen der unterschiedlichen Institionen<br />
der EZ wünschenswert, da dies von IMPETUS alleine nicht geleistet werden kann.<br />
Das Monitoringtool hat einen stabilen Beta-Stand erreicht. Das heist, die Informationen bezüglich<br />
bezüglich der von Feuer beeinflussten Flächen werden heruntergeladen und können visualisiert<br />
werden. Das System läuft stabil und der Nutzer kann einen Zeitraum frei wählen für den die gebrannten<br />
Flächen dargestellt werden können, die Visualisierung ist ansprechned. Ein beninscher,<br />
vom DAAD geförderter Doktorand arbeitet an diesem System, dadurch erhöht sich die Chance,<br />
dass das SDSS in Benin angewandt und weiterentwickelt wird.<br />
Die Validierung der Informationen erfolgte im Vergleich mit räumlich höher aufgelösten Daten. Es<br />
zeigt sich, dass die neuen Feuerprodukte von MODIS <strong>zu</strong>verlässige Informationen liefern, allerdings<br />
müssen aufgrund der gröberen räumlichen Auflösung der MODIS Daten diverse Abstriche in der<br />
Detailauflösung gemacht werden. Die systematische Untersuchung des Informationsverlusts durch<br />
die gröbere Auflösung von MODIS geht weiter. Dabei ist von Interesse ob bei unterschiedlichen<br />
Landnut<strong>zu</strong>ngsklassen systematische Fehler (Über- oder Unterschät<strong>zu</strong>ng) vorliegen. Es zeigte sich,<br />
dass in bewaldeten Gebieten die Feuer ehr unterschätzt werden und im Süden von Benin aufgrund<br />
von Bewölkung es vermehrt <strong>zu</strong> Fehlern bei der Ausweisung von Brandflächen kommt. Auffällig ist<br />
das unterschiedliche Feuerregime in den Nationalparks. Besonders deutlich wird es im Pedjari Nationalpark.<br />
Die Nationalparkgrenze ist aufgrund aufgrund des anderen Feuerregimes deutlich <strong>zu</strong><br />
erkennen. Da es dort keine Felder oder Plantagen gibt, die von den Einwohnern gegen Feuer geschützt<br />
werden, sind die Brandflächen <strong>zu</strong>sammenhängender als in besiedelten Gebieten.<br />
Mit dem Monitoring Tool ist es möglich die illegalen Feuer (nach dem 16.12.) <strong>zu</strong> erkennen und<br />
entsprechende Maßnahmen ein<strong>zu</strong>leiten und das mit frei verfügbaren Daten. Die Einhaltung der Gesetze<br />
und Regularien bezüglich des Feuermanagements, obliegt nun nur noch dem politischen Willen<br />
der Verantwortlichen. Die Werkzeuge stehen <strong>zu</strong>r Verfügung.<br />
Modellierung<br />
Nachdem die Buschfeuer in den Savannen Westafrikas, im Vergleich mit Waldbränden in anderen<br />
Gegenden der Welt (z.B. Australien, Indonesien), einfachen funktionalen Zusammenhängen unterliegen,<br />
kann deren Ausbreitung mittels zellularen Automaten in erster Näherung mit einer hinreichenden<br />
Genauigkeit beschreiben werden. In dem JAVA basierten Framework für räumlich explizite<br />
Modellierung, XULU (eXtended Unified LandUse and landcover modelling Plattform), das im<br />
IMPETUS Kontext entspand (Thamm et al 2007, Schmitz et al 2008) wurde ein Feuerausbrei-
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 157<br />
tungsmodel für Buschfeuer programmiert. Als Input Parameter dient die Landnut<strong>zu</strong>ng in einer beliebigen<br />
räumlichen Auflösung. Dies ermöglicht die Verwendung des Systems in einer groberen<br />
räumlichen Auflösung für größere Einheiten, bis hin <strong>zu</strong>m Nationalen Maßstab, aber auch Detailstudien<br />
in einer sehr feinen räumlichen Auflösung sind möglich.<br />
Die Brandneigung der einzelnen Landnut<strong>zu</strong>ngsklassen kann je nach vorhandener Datenlage parametrisiert<br />
werden. Zum Beispiel ist eine Parametrisierung aufgrund von statisitschen Analysen der<br />
im Monitoring Tools ausgewiesenen Brandflächen möglich. Es kann aber auch die Brandneigung in<br />
nahe Echtzeit aufgrund von NDVI Analysen, über die auf den Wassergehalt und damit die Brandneigung<br />
geschlossen werden kann, parametrisiert werden. Auch die anderen die Brandneigung<br />
steuernden Faktoren, wie Windgeschwindigkeit und Windrichtung können manuel vorgegeben<br />
werden. Es besteht aber auch die Möglichkeit aktueller Meßdaten <strong>zu</strong> verwenden oder sie sogar <strong>zu</strong><br />
Verlinken.<br />
Einer einfachen Bedienbarkeit und guter Benutzerführung wurde viel Aufmerksamkeit gewidmet.<br />
Allerdings gibt es Grenzen der Vereinfachbarkeit, da eine gewisse Komplexität der Modelle mit<br />
entsprechenden Einstellmöglichkeiten auch Fachkenntnis und eine gewisse Detailtiefe der Steuerungsmöglichkeiten<br />
bedingt. Dies macht eine gute Dokumentation und Schulung der Benutzer unabdingbar.<br />
In iMABFIRE können nun die initialen Brandstellen frei vorgegeben werden. Es gibt auch keine<br />
Beschränkung der Anzahl der Buschfeuer. Allerdings steigt der Rechenaufwand mit der Anzahl der<br />
Feuer stark an. Für den Nutzer ist allerdings kurze Rechenzeit sehr wünschenswert, damit unterschiedliche<br />
Feuerausbreitungsoptionen in einem vernünftigen Zeitrahmen modellierbar bleiben.<br />
Deshalb wurde begonnen das Feuerausbreitungsmodell paralellrechenbar <strong>zu</strong> gestalten. Hierfür wurde<br />
eine Arbeit in Zusammenhang mit dem Institut für Informatik begonnen. Vorgabe für die Paralellisierung<br />
war, dass unterschiedliche Rechner auf einfache Weise <strong>zu</strong>sammengeschaltet werden<br />
können. Dies soll auch für nicht Computerexperten durch einfache Installation eines Javaprogrammes<br />
möglich sein. Die Paralellisierung von Agenten basierten Modellen ist nicht trivial, da das Untersuchungsgebiet<br />
nicht einfach in Kacheln aufgeteilt werden kann, die dann unabhängig voneinander<br />
berechnet werden können. Es ist ständig eine Kontrolle notwendig, damit an den Rändern der<br />
Kacheln die Dependenzen der anderen Kachelabschnitte beachtet werden. Die Arbeiten sind noch<br />
nicht abgeschlossen aber die ersten Zwischenergebnisse sind sehr vielversprechend.<br />
Stand der Arbeiten an dem SDSS<br />
Es erfolgte eine Integration von iMABFIRE in das ISDSS von IMPETUS in dem gemeinsamen<br />
Framework. Das Modell wurde ausgiebig getestet, dabei fanden sich einige Schwachstellen die ausgebessert<br />
werden mussten. Beispielsweise war die Geschwindingkeit mit dem sich das Feuer im<br />
Model ausbreitete unrealistisch. Deshalb mussten die Parameter angepasst werden um <strong>zu</strong> plausiblem<br />
Ausbreitungsgeschwindigkeiten <strong>zu</strong> kommen. Eine weitere Schwachstelle sind, wie in vielen<br />
Modellen, un<strong>zu</strong>reichende oder fehlerhafte Inputdaten. Auch dadurch kann es <strong>zu</strong> unrealistischen<br />
Brandmustern kommen. Zum Beispiel verhindern in der Realität die ehr feuchte Vegetation entlang<br />
von Gewässern, wie z.B. Galeriewälder, das Übergreifen der Buschbrände auf die andere Gewässerseite,<br />
selbst wenn der feuchte Vegetationsstreifen nur einige Meter breit ist. In einer satellitenba-
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 158<br />
sierten Klassifizierung werden diese uferbegleitenden Vegetationsstreifen, je nach räumlicher Auflösung<br />
des Satelliten, nicht vollständig erfasst und es gibt Lücken in den Galeriewäldern. Durch<br />
diese in den Modellinputdaten vorhandenen Lücken kann im Modell das Feuer auf die andere Uferseite<br />
übergreifen.<br />
Abb: III.1.3-20: iMABFIRE Modellierte Ausbreitung von Buschfeuer.<br />
Die Behandlung dieser Fehler nahm viel Zeit in Anspruch. Um diese Arbeit nicht bei jedem neuen<br />
Inputdatensatz auf das neue machn <strong>zu</strong> müssen, wurde versucht „intelligente“ Algorithmen <strong>zu</strong> erarbeiten,<br />
die solche Fehler auch bei neuen Daten finden und korrigieren können. Als ein Beilspiel sie<br />
die Überlagerug der Landnut<strong>zu</strong>ngsklassifizierung mit einem Gewässernetz und entsprechende Buffer<br />
Funktionen genannt. Dadurch werden die unrealistischen Lücken in der Uferrandvegetation<br />
vermieden. Diese Arbeiten sind von allgemeiner Bedeutung und werden auch in der letzten<br />
IMPETUS Phase fortgeführt.<br />
Für die Integration des Monitoring Tools von iMABFIRE in das IMPETUS SDSS wird viel Speicherplatz<br />
benötigt, da die Feuerdatensätze auch komprimiert recht groß sind. Hier muss noch eine<br />
praktikable Lösung gefunden werden, z.B. durch die Integration eines reduzierten Beispieldatensatzen<br />
in das ISDSS und bei Bedarf die volle Funktionalität durch die Anbindung von mobilen Festplattenspeichern.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 159<br />
Nutzer von iMABFIRE<br />
In Benin besteht ein grosses Intersse unterschiedlicher Insitutionen an dem SDSS iMABFIRE. Auf<br />
der einen Seite sind es <strong>Projekt</strong>e die den Erhalt der natürlichen Ressourcen als Aufgabe haben wie<br />
ProPGTRN und PAMPF sowie deren Nachfolger. Auf der anderen Seite hat auch das INRAB großes<br />
Interesse der Verarmung der Böden durch die späten Feuer entgegen<strong>zu</strong>wirken.<br />
Neben den Institutionen die sich mit Ressourcenschutz beschäftigen, haben auch Botaniker und<br />
Förster ein gesteigertes Interesse an iMABFIRE<br />
Grundsätzlich sollte das System vom CENTAEL (Nationales Fernerkundungszentrum) betrieben<br />
werden. Im Moment scheinen sie da<strong>zu</strong> aufgrund von strukturellen und personellen Problemen da<strong>zu</strong><br />
noch nicht in der Lage <strong>zu</strong> sein. Es ist aber <strong>zu</strong> hoffen, dass im Rahmen der Umstrukturierungsmaßnahmen<br />
die Situation dort verbessert wird.<br />
Wissenschaftlich Verankert wird iMABFIRE im universitären Umfeld bei CIPMA (Zentrum für<br />
angewandt Mathematik und Modellierung) unter Professor Honkonou sowie im Geographischen<br />
Institut bei Prof. Houndagba.<br />
Es ist geplant, dass diese Institiutionen den Behörden Hilfestellung geben bei der Wartung, Einpflege<br />
von neuen Daten sowie Anpassung und Weiterentwicklung des SDSS.<br />
Literatur<br />
Giglio, L., van der Werf, G.R., Randerson, J.T., Collatz, G.J. & P. Kasibhatla (2005): Global estimation of burned area<br />
using MODIS active fire observations. In: Atmospheric Chemistry and Physics Discussions 5, S. 11091 – 11141.<br />
Goldammer, J.G. & C. de Ronde (2004): Wildland fire management, Handbook for Sub-Sahara Africa. Global Fire<br />
Monitoring Center. One World Books.<br />
Hettig,, F. (2002): Haushaltsökonomie und soziale Organisation in Zentralbenin am Beispiel des Dorfes Doguè, Ouémé<br />
Region. Master’s thesis, Institut für Völkerkunde der <strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Köln</strong><br />
NASA MODIS HOMEPAGE: http://modis.gsfc.nasa.gov/<br />
Oertel, D., Zhukov, B., Thamm, H.-P., Roehrig, J. & B. Orthmann (2004): Space-borne high resolution fire remote<br />
sensing in Benin, West Africa. In: International Journal Remote Sensing (IJRS) 25 (11), S. 2209-2216.<br />
Orthmann, B. (2005): Vegetation ecology of a woodland-savanna mosaic in central Benin (West Africa): Ecosystem<br />
analysis with a focus on the impact of selective logging. Dissertation, Mathematisch-naturwissenschaftliche Fakultät<br />
der <strong>Universität</strong> Rostock.<br />
Roy, D.P., Jin, Y., Lewis, P.E. & C.O. Justice (2005): Prototyping a global algorithm for systematic fire-affectd area<br />
mapping using MODIS time series data. In: Remote Sensing of Environment 97, S. 137 – 162.<br />
San-Miguel-Ayanz, J, Carlson, J.D., Alexander, M., Tolhurst, K., Morgan, G., Sneeuwjagt, R. & M. Dudley (2003):<br />
Current Methods to Assess Fire Danger Potential. In: Chuvieco, E. (ed.): Wildland fire danger estimation and<br />
mapping – The role of Remote Sensing data. Volume 4, Series in Remote Sensing. World Scientific Publishing<br />
Co. Pty. Ltd., Singapore. 2, S. 21 – 61.<br />
Speth, P., Diekkrüger, B., Christoph, M. & A. Jaeger (2005): IMPETUS West Africa, Scenario building process and<br />
problem cluster. In: IMPETUS Publikationen (http://www.impetus.uni-koeln.de/).<br />
Tandjiékpon, A. (2001): Fire Situation in Bénin. In: International Forest Fire News (IFFN) 25, S. 2-4.
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS<br />
III.1.4 Gesellschaft und Gesundheit<br />
Der Zugang <strong>zu</strong> sauberem Trinkwasser führt <strong>zu</strong>r Reduzierung von Krankheiten und <strong>zu</strong> wirtschaftlichen<br />
Wachstum (UNDP, 2006). Auch wenn Benin <strong>zu</strong> den wenigen afrikanischen Ländern<br />
zählt, die genügend Geld für das Erreichen der Millenniumsziele in Be<strong>zu</strong>g auf die Wasserversorgung<br />
investieren, steht das Land immer noch im Ranking des „Human Development<br />
Index“ (HDI) auf dem 161ten Platz von 179 Ländern (UNDP, 2008) und weltweit auf einem<br />
der zehn letzten Plätze der Skala des „Water Poverty Index“ (WPI) (Lawrence, P. et al.,<br />
2003). Im Rahmen der bilateralen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Benin wurden<br />
die Bereiche Dezentralisierung, Wasserversorgung, Umwelt und Schutz ländlicher Ressourcen<br />
als Interventionsschwerpunkte definiert. Die Verbesserung des Zugangs <strong>zu</strong> sauberem<br />
Trinkwasser steht auch im Vordergrund der Entschuldungs- und Armutsbekämpfungsinitiative<br />
der Weltbank für Benin. Vor diesem Hintergrund liefern die Forschungsergebnisse <strong>zu</strong>m<br />
gesellschaftlichen Umgang mit Wasser wichtige Informationen für die Umset<strong>zu</strong>ng dieser Politiken.<br />
Der Einfluss der globalen Erwärmung und der damit verbundenen Niederschlagsvariabilität<br />
auf die Erweiterung von Malariagebieten in Afrika konnte ebenfalls untersucht werden.<br />
Die Hauptaktivitäten des Themenbereichs „Gesellschaft und Gesundheit“ im Jahr 2008<br />
wurde die Integration der hervorgebrachten Ergebnisse in die drei Informationssysteme<br />
LISUOC, SIQeau und MaLaRIS fortgesetzt. Die drei Informationssysteme wurden in einer<br />
fast fertigen Version in Ouagadougou auf der Statuskonferenz vorgestellt.<br />
LISUOC (Livelihood Security in the Upper Ouémé Catchment) ist ein Informationssystem<br />
<strong>zu</strong>r Existenzsicherung im oberen Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet und besteht aus den folgenden drei<br />
Modulen: Demographische <strong>Projekt</strong>ion (PK Be-G.1), Wassermanagement und Institutionen<br />
(PK Be-G.2) sowie Existenzsicherung und Ressourcen (PK Be-G.3). Für das Modul „Demographische<br />
<strong>Projekt</strong>ion“ sind die Berechnungen abgeschlossen. Folgen wird eine abschließende<br />
Optimierung auf der Grundlage von Anregungen bezüglich der ersten Version. Im Rahmen<br />
des Moduls „Wassermanagement und Institutionen“ wurde die Datenbank <strong>zu</strong> den Trinkwasserstellen<br />
implementiert. Der Text <strong>zu</strong>m Wassermanagement wird bis Mitte Februar 2009 in<br />
das Modul eingebaut. Für das Modul „Existenzsicherung und Ressourcen“ konnten zahlreiche<br />
Verbesserungen und Datenoptimierungen mit Fertigstellung der ersten Version erwirkt werden.<br />
Optimierungsleistungen fanden nicht nur auf visueller Ebene statt, sondern auch bezüglich<br />
einer verbesserten Strukturierung der Abrufbarkeit des statistisch repräsentativen Datensatzes<br />
<strong>zu</strong>r Existenzsicherung in sieben Kommunen des HVO.<br />
SiQeau (Système d’information „Qualité de l’eau“) soll Entscheidungsträgern Handlungsoptionen<br />
aufzeigen, die auf den im Rahmen von PK Be-G.5 (Trinkwasserqualität) ermittelten<br />
Ergebnissen bezüglich der Trinkwasserqualität im Oberen Ouémé Ein<strong>zu</strong>gsgebiet beruhen und<br />
eine Prävention von Wasserkontaminationen im Vorfeld ermöglichen. Seit dem Erstellen der<br />
ursprünglichen Brunnendatenbank 2001 hat sich die Situation der Trinkwasserversorgung in<br />
vielen Dörfern verändert, so dass 2008 die Datenbank vollständig überarbeitet und aktualisiert<br />
wurde. Der neue Datensatz wurde in das Informationssystem SIQeau integriert. SIQeau wird<br />
seit September 2008 in Benin erprobt und evaluiert, damit es auf Grundlage des Feed-backs<br />
der Nutzer weiterentwickelt werden kann. Die aktualisierte Brunnendatenbank soll in das,<br />
sich im Entwicklungsstadium befindliche, Informationssystem SIQeau integriert werden.<br />
160
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS<br />
Für das Informationssystem MalaRis (Malaria Risk in Africa) wurden auf der Basis von<br />
REMO-Temperatur- und Niederschlagsdaten LMM-Ensembleläufe für den Zeitraum von<br />
1960 bis 2000 durchgeführt. Basierend auf entomologischen und parasitologischen Malariastudien<br />
aus Westafrika und Kamerun konnte die bisher verwendete LMM-Version erstmals<br />
direkt mit Malariabeobachtungen verglichen werden. Da die simulierte Stichrate als auch die<br />
Anzahl der infizierten Mücken deutlich über den beobachteten Werten liegen, wurde die Modellstruktur<br />
des LMM verändert. Aus diesem Grund und <strong>zu</strong>r Absicherung der Einstellung der<br />
Modellparameter wurde eine umfangreiche Literaturrecherche durchgeführt. Die Kenntnisse<br />
aus über 160 Artikeln führten u. a. <strong>zu</strong>m Ausbau des Malaria-Archivs im IS MalaRis. Darüber<br />
hinaus wurde das ausgebaute IS MalaRis im Oktober 2008 auf den IMPETUS-Internetseiten<br />
freigestellt.<br />
Informationssystem LISUOC (Be-G.1, Be-G.2, Be-G.3)<br />
Das Informationssystem LISUOC (Livelihood Security in Upper Ouémé Catchment) konnte<br />
erfolgreich erstellt werden. Die im letzten Zwischenbericht angekündigte Kernstruktur konnte<br />
umgesetzt werden:<br />
Abb. III.1.4-1: Struktur des IS LISUOC<br />
Die Fertigstellung des System erfolgte durch die Problemkomplexen Be-G.1,2 und 3. Sie stellen<br />
jeweils ein unabhängiges Modul bereit, in dem themenspezifische Datensätze abrufbar<br />
161
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS<br />
sind. Das Modul „Demographische <strong>Projekt</strong>ion“ (Be-G.1) stellt dem Nutzer Informationen <strong>zu</strong>r<br />
Bevölkerungsdynamik in Zentralbenin bereit. Abrufbar sind sowohl demographische Entwicklungen<br />
der Vergangenheit (seit 1992) als auch <strong>zu</strong>künftige Entwicklungstendenzen bis<br />
2025. Erfolgreich abgeschlossen wurde die Option einer vergleichenden Visualisierung dieser<br />
Informationen in zwei Fenstern nach Darstellungsart, Be<strong>zu</strong>gsraum und Zieljahr. In enger Kooperation<br />
mit dem Informationssystem SIQeau stellt das Modul „Wassermanagement und<br />
Institutionen“ (Be-G.2) eine gemeinsam entwickelte Datenbank <strong>zu</strong> Trinkwasserstellen und<br />
<strong>zu</strong>r räumlichen Verteilung moderner Wasserinfrastrukturen im Erhebungsraum Zentralbenin<br />
<strong>zu</strong>r Verfügung. Darüber hinaus liefert es einen umfangreichen Text <strong>zu</strong> Wassermanagementpraktiken.<br />
Auch die Implementierungsprozesse im dritten Modul „Existenzsicherung und<br />
Ressourcen“ (Be-G.3) konnten erfolgreich umgesetzt werden. Als zentraler Datensatz liegt<br />
ein statistisch repräsentativer Survey <strong>zu</strong>r Existenzsicherung und Ressourcennut<strong>zu</strong>ng in sieben<br />
Gemeinden <strong>zu</strong>grunde. Zu den verschiedenen Themenblöcken werden Analysen nach Geschlecht,<br />
Kommune, Häufigkeit oder Prozent angeboten. Auch die Abfrage von Einzelfragen<br />
steht <strong>zu</strong>r Option.<br />
Alle Module bieten darüber hinaus Sekundärinformationen, abfragbar über die jeweiligen<br />
Informationsbuttons. Begleitet wird das System von einem umfassenden Handbuch, mit dem<br />
technisches KnowHow, qualitative Sekundärinformationen und Analysebeispiele bereitgestellt<br />
werden.<br />
162
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS<br />
PK Be-G.1 Demographische <strong>Projekt</strong>ionen für das Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
Problemstellung<br />
Kinder in Zentralbenin<br />
Die demographische Entwicklung ist eine wesentliche Antriebskraft des Wandels von Ressourcennut<strong>zu</strong>ngsmustern<br />
und der wirtschaftlichen Entwicklung. Die Zunahme des Bevölkerungsdrucks<br />
auf Naturressourcen verursacht ihre Verknappung und häufig auch ihre Degradation<br />
und beeinträchtigt in der Folge die Existenzsicherung der Bevölkerung. Die Aufgabe des<br />
vorliegenden Problemkomplexes besteht in der Untersuchung der demographischen Entwicklung<br />
im Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet anhand der IMPETUS-Szenarien und der Erstellung demographischer<br />
<strong>Projekt</strong>ionen.<br />
Mitarbeiter<br />
M. Heldmann, M. Rubarth<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
<strong>Projekt</strong>ionen der demographischen Entwicklung in den IMPETUS-Szenarienregionen Hoch-<br />
Mittel- und Nieder-Ouémé. Die <strong>Projekt</strong>ionen werden auf Grundlage der storylines für die<br />
Ebene der Departements gerechnet und die Ergebnisse anschließend durch dynamisches<br />
downscaling auf die Ebene der Gemeinden und Arrondissements (z. T. bis auf Ebene der Dör-<br />
163
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS<br />
fer bzw. Stadtviertel) übertragen. Parallel da<strong>zu</strong> erfolgt eine <strong>Projekt</strong>ion der städtischen Bevölkerung<br />
im Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet. Alle demographischen Rechnungen haben einerseits <strong>zu</strong>m<br />
Ziel, anderen Problemkomplexen Basisgrößen für eine zentrale Antriebskraft <strong>zu</strong>r Verfügung<br />
<strong>zu</strong> stellen. Andererseits gilt es, die demographischen Rahmenbedingungen für Bevölkerungsentwicklungen<br />
in Benin bis 2025 <strong>zu</strong> analysieren. Um anderen Problemkomplexen eine größere<br />
Datenbasis <strong>zu</strong>r Verfügung <strong>zu</strong>stellen, und um interregionale demographische Prozesse analysieren<br />
<strong>zu</strong> können, wurden die Berechnungen vom Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet auf den Gesamtraum<br />
Benin erweitert.<br />
Nutzergruppen<br />
Tab. III.1.4-1: Ausgewählte Anwender des LISUOC-Moduls Demographie<br />
Institution Nutzer<br />
Departement Borgou<br />
Departement Donga<br />
Kommune Bassila<br />
Kommune Djougou<br />
Kommune Copargo<br />
Kommune Ouaké<br />
Kommune N’Dali<br />
Kommune Tchaourou<br />
Kommune Parakou<br />
Service régional de l’eau<br />
Service régional de l’eau<br />
Chef technique<br />
Chef technique<br />
Chef technique<br />
Chef technique<br />
Chef technique<br />
Chef technique<br />
Chef technique<br />
INSAE Mr. Gomez<br />
Ministère du Développement,<br />
de l'Economie et des<br />
Finances (MDEF)<br />
Dr. POFAGI, K. Mathias<br />
164
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS<br />
Stand der IS-Entwicklung<br />
Im Jahr 2008 wurden die demographischen Berechnungen der Jahre<br />
2005-2007 in das Modul LISUOC-Demographie eingebunden. Die Konzeption<br />
des Moduls wurde dabei sehr eng mit den PKs Be-G.2 und Be-<br />
G.3 abgestimmt, um ein kompaktes und benutzerfreundliches Informationssystem<br />
<strong>zu</strong> gewährleisten. Notwendig waren außerdem letzte Aktualisierungen<br />
alter Datensätze.<br />
Die ursprünglich bereits 2006 berechneten und 2007 verfeinerten demographischen<br />
<strong>Projekt</strong>ionen auf den Ebenen der 77 Gemeinden, 594 Arrondissements<br />
und 3742 Dörfer wurden abschließend den anderen Problemkomplexen<br />
<strong>zu</strong>r Verfügung gestellt. Die Berechnungen wurden neben weiteren<br />
Ergebnissen des PKs im IMPETUS-Atlas für Gesamtbenin veröffentlicht und gehen für<br />
Zentralbenin in das Informationssystem LISUOC ein.<br />
Die Konzeption von LISUOC-Demographie wurde in Zusammenarbeit mit den Entwicklern<br />
und den PK-Verantwortlichen der anderen beiden Module gestaltet. Das Modul soll dem Nutzer<br />
Informationen <strong>zu</strong>r Bevölkerungsdynamik in Zentralbenin liefern. Einbezogen werden sowohl<br />
demographische Entwicklungen der Vergangenheit (seit 1992) als auch mögliche <strong>zu</strong>künftige<br />
Entwicklungen bis 2025 im Rahmen der von IMPETUS entwickelten Szenarien. Im<br />
Vordergrund steht dabei das Szenario BIII „Business as Usual“, welches von einer Entwicklung<br />
unter ähnlichen demographischen Rahmenbedingungen wie zwischen 1992-2002 ausgeht<br />
und mit internationalen und nationalen Prognosen (UNDP, INSAE) für Gesamtbenin<br />
weitgehend übereinstimmt. Informationen <strong>zu</strong> den anderen Szenarien werden dem Nutzer über<br />
Textform übermittelt. Durch die Präferenz des Szenarios BIII wird eine höhere Nutzerorientierung<br />
und Stringenz erzielt.<br />
LISUOC-Demographie ist räumlich auf den Be<strong>zu</strong>gsraum des Oberen Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebietes<br />
fokussiert. Es orientiert sich jedoch an den räumlich-administrativen Einheiten der Region,<br />
um die Relevanz in Planung und Regionalentwicklung <strong>zu</strong> gewährleisten, und erweitert den<br />
Be<strong>zu</strong>gsraum <strong>zu</strong>sätzlich um die Gemeinde Ouaké, westlich des Ein<strong>zu</strong>gsgebiets. Es umfasst<br />
damit 7 Gemeinden und 41 Arrondissements.<br />
165
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS<br />
Dem Nutzer hat <strong>zu</strong>nächst die Möglichkeit,<br />
zwischen einer tabellarischen<br />
Darstellung der Ergebnisse für<br />
den gesamten Erhebungsraum Zentralbenin<br />
und einer Darstellung über<br />
Karten und Diagramme für die administrativen<br />
Subeinheiten des Erhebungsraumes<br />
<strong>zu</strong> wählen.<br />
Abb. III.1.4-2: Startbildschirm LISUOC-Modul<br />
In der tabellarischen Darstellung<br />
kann der Nutzer in zwei Spalten demographische<br />
Kerndaten, verschiedener<br />
Jahre (1992-2002) und projizierte<br />
Daten (2003-2025) miteinander<br />
vergleichen: Geschlechtsspezifische<br />
Daten, Altersstrukturdaten,<br />
Stadt- und Landbevölkerung, Bevölkerungsdichte.<br />
Über ein Pop-down-<br />
Menü in der ersten Zeile kann der<br />
Nutzer das jeweilige Zieljahr auswählen.<br />
Die Daten werden augenblicklich in den beiden Spalten angezeigt. Die Alterstrukturdaten<br />
sind außerdem über Alterspyramiden in die Tabelle eingebunden.<br />
166
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS<br />
Die Darstellung über Karten und Diagramme eröffnet dem Nutzer <strong>zu</strong>nächst Wahlmöglichkeiten,<br />
je nachdem auf welcher administrativen Ebene, für welches Jahr und in welcher Darstellungsform<br />
er die demographische Entwicklung visualisieren möchte. LISUOC-Demographie<br />
bietet drei Darstellungsebenen (Erhebungsraum Zentralbenin, Communes, Arrondissements)<br />
und drei Darstellungsmodi (Absolute Bevölkerung als Karte, Bevölkerungsdichte als Karte<br />
und geschlechtsspezifische Alterspyramiden). Die kartographische Darstellung erfolgt in statischen<br />
Klassen, so dass eine visuelle Vergleichbarkeit über Jahre und Ebenen möglich ist,<br />
wie folgend beispielhaft abgebildet.<br />
Abb. III.1.4-3: LISUOC Demographie: Darstellung von Bevölkerungsdichten auf Arrondissement-Ebene<br />
Über einen Schieberegler am unteren Bildschirmrand kann der Nutzer direkt verschiedene<br />
Zieljahre ansteuern. So kann er einerseits für dasselbe Jahr verschiedene<br />
Darstellungsmodi visualisieren oder andererseits den gleichen Darstellungsmodus für<br />
zwei unterschiedliche Jahre anwählen und vergleichen. Im Falle der Bevölkerungspyramiden<br />
kann der Nutzer <strong>zu</strong>sätzlich über ein Pop-down-Menü die Daten für die<br />
einzelnen Communes oder dem Gesamterhebungsraum anzeigen.<br />
167
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS<br />
Abb.: III.1.4-4: LISUOC Demographie: Darstellung von Altersgruppen und Gesamtbevölkerung<br />
Zusätzlich <strong>zu</strong> den interaktiven Informationen des Systems werden dem Nutzer ausführliche<br />
Hintergrundinformationen in Textform angeboten, die den regionalen Fokus erweitern, die<br />
Berechnunsggrundlage der <strong>Projekt</strong>ionen erläutern und grundsätzliche Aspekte der demographischen<br />
Entwicklung Benins diskutieren. Im IMPETUS Atlas werden <strong>zu</strong>sätzlich weitere sozio-ökonmische<br />
Aspekte erläutert und dargestellt: Ethnizität, Religion, Landrechte und Bildung.<br />
Ausblick<br />
Die Fertigstellung der endgültigen Version von LISUOC-Demographie ist für Ende Januar<br />
2009 vorgesehen. In Zusammenarbeit mit den Entwicklern werden letzte Feinheiten justiert<br />
und einige kleinere Korrekturen und Optimierungen vorgenommen: Dies betrifft vor allem<br />
Layout-Fragen, eine benutzerfreundlichere Einbindung der Legende, einen enggültigen Check<br />
der Exportfunktionen und die Überprüfung und Einbindung der dreisprachigen Hintergrundinformationen.<br />
Capacity-Buildingmaßnahmen und die Übergabe des Systems an unsere Beninischen<br />
Partner sind für das Frühjahr in Benin geplant.<br />
168
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS<br />
Literatur<br />
Hadjer, K., Klein, T. & U. Singer (2004): Unveröffentlichter Datensatz des Regionalsurveys <strong>zu</strong>r Existenzsicherung<br />
im Oberen Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
Hadjer, K., Klein, Th. & M. Schopp (2005):Water consumption embedded in its social context, north-western<br />
Benin. In: Physics and Chemistry of the Earth. Special Issue, Vol. 30, Issues 6-7, S. 357-364.<br />
Heldmann, M. and Dovenspeck, M. (2008): Demography: Spatial disparities and high growth rates”. In: Thamm,<br />
H.-P.; Recha, P.; Christoph, M. & Schütz, O. (2008) IMPETUS Atlas Benin. Bonn: University of Bonn.<br />
Also available online: http://www.impetus.uni-koeln.de/iida<br />
Heldmann, M. and Dovenspeck, M (2008).: “Demographic Projections for Benin until 2025”. In: Thamm, H.-P.;<br />
Recha, P.; Christoph, M. & Schütz, O. (2008) IMPETUS Atlas Benin. Bonn: University of Bonn Also<br />
available online: http://www.impetus.uni-koeln.de/iida<br />
INSAE (1992): Troisième Recensement Général de la Population et de l’Habitat de Février 2002. Institut National<br />
de la Statistique et de l’Analyse Economique, Cotonou, Bénin.<br />
INSAE (2003): Troisiéme Recensement Général de la Population et de l’Habitat de Février 2002. Institut National<br />
de la Statistique et de l’Analyse Economique, Cotonou, Bénin.<br />
169
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS<br />
PK Be-G.2 Wassermanagement und institutioneller Wandel<br />
Problemstellung<br />
Wasserknappheit in Benin ist weitgehend eine Folge sozial und politisch bedingter Zugangsregeln<br />
und äußert sich daher weniger als ein Problem der absoluten Wasserverfügbarkeit als<br />
vielmehr des Zugangs <strong>zu</strong> sauberem Trinkwasser. Im Zuge der Dezentralisierung und weiterer<br />
administrativer Reformen wurden Zuständigkeiten und die Kompetenzen der kommunalen<br />
Verwaltungen im Wassermanagement nicht klar definiert. Als Konsequenz verhindern die<br />
unterschiedlichen institutionellen Hemmnisse eine effektive Umset<strong>zu</strong>ng der Reformen im<br />
Bereich des Wassermanagements. Als zentrales institutionelles Hemmnis ist die geringe Abflussrate<br />
der Finanzmittel innerhalb des Wassersektors <strong>zu</strong> nennen. Beispiele sind die ausbleibende<br />
Wartung des bestehenden Versorgungsnetzes und die verzögerte Standortwahl neuer<br />
Wasserstellen. Von besonderem Interesse ist hierbei, ob das kommunale Wassermanagement<br />
<strong>zu</strong> einer besseren Versorgungssituation führen wird. Die Umset<strong>zu</strong>ngsprobleme der Reformen<br />
beziehen sich nicht nur auf Trinkwasserstellen, sondern vor allem auf die immer zahlreicheren<br />
Kleinstauseen. Da das Wassermanagement derzeit von institutioneller Unsicherheit geprägt<br />
ist, hängt seine Ausgestaltung stark von den Partikularinteressen und -strategien der beteiligten<br />
Akteure ab. Im Rahmen des Informationssystems LISUOC (Livelihood Security in the<br />
Upper Ouémé Catchment) <strong>zu</strong>r Existenzsicherung wurde ein Modul „Wassermagement und<br />
institutioneller Wandel“ entwickelt. Das Modul bietet den zahlreichen Akteuren im Wasserbereich<br />
eine Datenbank <strong>zu</strong> Trinkwasserstellen und Texte <strong>zu</strong> Wassermanagementpraktiken.<br />
Mitarbeiter<br />
V. Mulindabigwi, N. Bako-Arifari, K. Hadjer, M. Heldmann<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Ziel des Problemkomplexes ist es, die veränderten Planungs- und Implementierungspraktiken<br />
des Wassermanagements im Kontext der Sektorreformstrategien und der Dezentralisierung <strong>zu</strong><br />
verstehen. Dieses Verständnis stellt <strong>zu</strong>m einen eine unabdingbare Vorrausset<strong>zu</strong>ng dar, um<br />
IMPETUS-Transferprodukte im Bereich des Wassermanagements sinnvoll <strong>zu</strong> platzieren. Zum<br />
anderen soll der Wissenstransfer über neue <strong>Management</strong>regime im Bereich der Wasserversorgung<br />
an <strong>zu</strong>ständige Wasserinstitutionen <strong>zu</strong> einer effizienteren Planungspraxis im Sinne<br />
eines Capacity Development beitragen. Basis für den geplanten Wissenstransfer sind die analysierten<br />
„best“ und „worst practices“, die in einem Vergleich zwischen verschiedenen Verwaltungseinheiten<br />
identifiziert werden.<br />
Nutzergruppen<br />
Das Informationssystem LISUOC (Livelihood Security in the Upper Ouémé Catchment) und<br />
damit auch das Modul "Wassermanagement und Institutionen" wurde in erster Linie für die<br />
Gemeinden (Bassila, Djougou, Ouaké, Copargo, N' Dali, Parakou, Tchaourou) und <strong>Projekt</strong>e<br />
der Entwicklungs<strong>zu</strong>sammenarbeit im oberen Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet entwickelt. Dieses Modul<br />
dient ebenfalls als Informationstool für die SH (Services Hydrauliques) und für das LASDEL<br />
170
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS<br />
(Laboratoire d'Etudes et de Recherche sur les Dynamiques Sociales et le Développement Local).<br />
Tab. III.1.4-2: Ausgewählte Anwender des LISUOC-Moduls Wassermanagement und Institutionen<br />
Institution Nutzer<br />
Département Borgou Service régional de l’eau<br />
Département Donga Service régional de l’eau<br />
Kommune Bassila<br />
Chef technique<br />
Kommune Djougou Chef technique<br />
Kommune Copargo Chef technique<br />
Kommune Ouaké<br />
Chef technique<br />
Kommune N’Dali<br />
Chef technique<br />
Kommune Tchaourou Chef technique<br />
Kommune Parakou<br />
Chef technique<br />
LASDEL<br />
<strong>Universität</strong> Parakou<br />
<strong>Universität</strong> Abomey-Calavi<br />
Dr. Nassiro Bako-Arifari<br />
Dr. Imorou<br />
Stand der IS -Entwicklung<br />
Im Laufe des Jahres 2008 wurden vor allem die Aufarbeitung und Implementierung<br />
der Datenbank <strong>zu</strong> den Wasserstellen (traditionelle Brunnen,<br />
geschlossene Brunnen, Pumpen, Wassertürme) in den Gemeinden des oberen<br />
Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebietes durchgeführt. Die Integration dieser Informationen<br />
in das IS LISUOC wird durch das Modul Wassermanagement und<br />
institutioneller Wandel geleistet, dessen Struktur inzwischen verfügbar ist.<br />
Die Ergebnisse dieses Moduls sind in Form von GIS-Karten und HTLM-<br />
Texten abrufbar.<br />
Dezentralisierung und Wassermanagement<br />
Seit der Implementierung der Dezentralisierung (2002) stellt die Gemeinde im Wasserbereich<br />
eine zentrale Rolle in der lokalen Entwicklung dar. Gemeinden verfügen jedoch kaum über<br />
personale und finanzielle Kompetenzen für die Planung und Umset<strong>zu</strong>ng der Entwicklungsprojekte<br />
(MULINDABIGWI & SINGER, 2007). Die Bauaufträge für die Wasserinfrastrukturen,<br />
die eigentlich von den Gemeinden vergeben sein sollten, wurden immer noch von den Wasserbehörden<br />
auf Ebenen der Departements (Service Eau) gegeben. Trotz diesem Mangel an<br />
einem effektiven Kompetenztransfer der Finanzen und der Verwaltung, gibt es eine positive<br />
Entwicklung des Transferprozesses. Seit zwei Jahren ist das Ministerium für Wasser und<br />
171
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS<br />
Energie nicht mehr für die Verwaltung und Vergabe von Bauaufträgen für Wasserinfrastrukturen<br />
<strong>zu</strong>ständig, sondern stattdessen seine Wasserbehörde in den jeweiligen Departements.<br />
Bis 2010 ist es geplant, den Transfer bis auf die kommunale Ebene <strong>zu</strong> verwirklichen. Im Vorfeld<br />
eines effektiven Kompetenztransfers unterstützen die EZ-Wasserprojekte beispielsweise<br />
PADEAR, AFD und DANIDA die Gemeinden, eigenes Personal im Wasserbereich ein<strong>zu</strong>stellen<br />
oder aus<strong>zu</strong>bilden. In diesem Zusammenhang arbeiten die Geldgeber mit der „Direction<br />
Générale de l’eau“ <strong>zu</strong>sammen, um eine koordinierte Wasserpolitik gemeinsam um<strong>zu</strong>setzen.<br />
Zurzeit gibt es schon ein „Pot commun pour l’initiative eau“ (gemeinsamer Topf für Wasserinitiative).<br />
Wasserprojekte werden nicht mehr von einzelnen Geldgebern (z.B. DANIDA,<br />
AFD oder PADEAR), sondern aus dem „Gemeinsamen Topf für Wasserinitiative“ finanziert.<br />
Auch die <strong>Projekt</strong>santräge werden nicht mehr bei einem bestimmten Geldgeber, sondern direkt<br />
bei der Verwaltung des „Gemeinsamen Topf für Wasserinitaitive“ gestellt. Einer der Vorteile<br />
dieses neuen Ansatzes ist die Finanzierungsmöglichkeit von Wasserprojekten je nach realen<br />
und realistischen Wasserbedarf der lokalen Bevölkerungen. In der Vergangenheit gab es bei<br />
manchen Geldgebern bestimmte Beträge, die nicht überschritten werden durften, um z.B. ein<br />
Wasserturm <strong>zu</strong> finanzieren. In vielen Fällen wurden Wassertürme finanziert, deren Kapazitäten<br />
nicht dem Wasserbedarf der Dorfbewohner entsprachen. Mit dem neuen Ansatz werden<br />
Wassertürme und andere Wasserinfrastrukturen entsprechend dem Bedarf der Bevölkerung<br />
geplant und umgesetzt. Die Geldgeber fördern aber immer noch individuell bestimmte Wasserprojekte<br />
weiter: Sensibilisierung oder Schulung der lokalen Bevölkerung für ein nachhaltiges<br />
Wassermanagement,…<br />
Der Prozess des Kompetenztransfers beinhaltet institutionelle, finanzielle und politische Aspekte.<br />
Die Planung von Wasserprojekten für das Departement Borgou fand dieses Jahr in Zusammenarbeit<br />
zwischen der lokalen Bevölkerung und den Wasserbehörden statt. Die Planung<br />
von unten nach oben (von Lokalität nach Kommune), und nicht umgekehrt, ermöglicht die<br />
Partizipation der Bevölkerung und somit ein besseres <strong>Management</strong> der Wasserinfrastrukturen.<br />
Bisher sind die institutionellen und politischen Transfers in Benin sehr gut gelungen. Der Prozess<br />
des Transfers von Finanzen läuft jedoch sehr langsam. Die Erklärungen dafür sind unterschiedlich:<br />
- von einem regierungskritischen Standpunkt aus, befürchtet die Zentralregierung<br />
Macht- und Legitimitätsverlust im Falle einer tatsächlichen finanziellen Autonomie<br />
der Gemeinden<br />
- von einem regierungsnahen Standpunkt aus ist ein tatsächlicher Transfer der Finanzen<br />
<strong>zu</strong> den Kommunen so lange nicht möglich, solange Buchhaltung und Verwaltung dort<br />
nicht transparent und effizient sind. Die Gemeinden verfügen weder über genügend,<br />
noch über kompetentes Personal.<br />
Im Vergleich <strong>zu</strong> Benin wird der Transfer finanzieller Kompetenzen im Rahmen der Dezentralisierung<br />
in Ruanda erfolgreich umgesetzt. Alle Gemeinden verfügen über genügend Gelder<br />
und kompetentes Personal (Mulindabigwi & Singer, 2007). Ein ruandischer Minister begründet<br />
diesen Erfolg als Resultat eines Willens der Zentralregierung und vor allem des Präsiden-<br />
172
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS<br />
ten: „Es ist nicht einfach, als Minister <strong>zu</strong> akzeptieren, dass z.B. von 15 Milliarden FRW 7<br />
Milliarden an die Gemeinde transferiert und dort verwaltet werden“.<br />
Während die Dezentralisierung in Ruanda ein zentral gesteuerter und geförderter Prozess ist,<br />
wird der Dezentralisierungsprozess in Benin dagegen von der Zentralregierung verzögert<br />
(Mulindabigwi & Singer, 2007). Von daher ist der Transferprozess der Kompetenzen auch im<br />
Wasserbereich sehr langsam. Aber dieser langsame Entwicklungsprozess der Dezentralisierung<br />
in Benin basiert auf einem demokratischen Denken und kann künftig <strong>zu</strong> einer nachhaltigen<br />
und effektiven Dezentralisierung führen.<br />
Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit der Wasserinfrastrukturen<br />
Die beninische Regierung und Geldgeber streben an, viele Wasserprojekte <strong>zu</strong> planen und um<strong>zu</strong>setzen,<br />
um bis 2015 die Millieniumsziele bezüglich der Trinkwasserversorgung <strong>zu</strong> erreichen.<br />
Im März 2008 wurde ein neues Dekret des Ministeriums für Wasser und Energie eingeführt,<br />
das die Eigenbeiträge der lokalen Bevölkerung für die Finanzierung neuer Wasserinfrastrukturen<br />
bis <strong>zu</strong> 70 % reduziert. Für einen Wasserturm liegt z.B. der Eigenbeitrag maximal<br />
bei 2.000.000 CFA (ca. 3000 Euro), anstatt 5.000.000 CFA (7500 Euro). Von 2008 bis 2015<br />
sind z.B. im Departement Borgou 1706 EPE <strong>zu</strong> realisieren. Ein effektiver und nachhaltiger<br />
Zugang <strong>zu</strong>m Trinkwasser kann jedoch nicht gewährleistet werden, wenn die Wasserinfrastrukturen<br />
nicht in einem guten Zustand und funktionsfähig gehalten werden. Im Jahre 2008<br />
sind 735 (30,6%) von insgesamt 2404 EPE (Equivalent Point d’Eau = Wasserstelleäquivalent)<br />
außer Betrieb gewesen. Dies ist ein Ergebnis des nicht auf Nachhaltigkeit ausgerichteten<br />
Wassermanagements der lokalen Bevölkerung.<br />
Im Dorf Sirarou (N’Dali) ist ein von Weltbank finanziertes AEV (Wasserversorgungssystem<br />
mit einem riesigen Wasserturm) längst funktionsunfähig. Die Solarzellenpanelen wurden<br />
durch Kinder komplett zerstört und bisher nicht von den Dorfbewohnern oder der Wasserbehörde<br />
repariert bzw. ersetzt. Da es in diesem Dorf der akute Wasserbedarf ständig <strong>zu</strong>nimmt,<br />
haben sich die Dorfbewohner in Zusammenarbeit mit der Wasserbehörde entschieden, das<br />
ganze Wasserversorgungssystem <strong>zu</strong> rehabilitieren. Obwohl die Rehabilitierung technisch<br />
möglich und finanziell billiger als eine neue Wasserversorgungsanlage <strong>zu</strong> finanzieren ist, wird<br />
stattdessen ein neuer Wasserturm gebaut. Der Grund dafür ist nicht klar, aber man kann vermuten,<br />
dass in einem Land mit Korruptionproblemen, in dem viele Gelder für Wasserprojekte<br />
verfügbar sind, die Behörde versuchen, viele große Bauaufträge <strong>zu</strong> geben und davon <strong>zu</strong> profitieren.<br />
Dieses Verhalten führt auch da<strong>zu</strong>, dass die Dorfbewohner sich wenig mit den Wasserinfrastrukturen<br />
identifizieren.<br />
173<br />
Kommentar [H1]: Diesen Satz<br />
finde ich ganz schön hart
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS<br />
Abb. III.1.4-5: Defekte Wasserversorgungsanlage in Sirarou<br />
Obwohl die erneuerbaren Energien im Vordergrund der Entwicklungspolitik stehen, wurde<br />
die Solarenergienanlage bei den EZ-Wasserprojekten in Benin durch Generatoren ersetzt.<br />
Diese sind erstens nicht umweltfreundlich wegen des hohen CO2-Ausstoßes, zweitens erhöht<br />
sich der Wasserpreis entsprechend der Entwicklung des Dieselpreises, was die Nut<strong>zu</strong>ng sauberen<br />
Wassers negativ beeinflussen könnte. Folgende Gründe für die Anwendung von Generatoren<br />
anstatt Solarenergieanlage wurden von lokalen Bevölkerungen und Wasserbehörden<br />
aufgelistet:<br />
- die Solarzellenpanelen wurden oft durch Kinder beim Spielen kaputt gemacht oder<br />
von Erwachsen geklaut. Hier wäre die Lösung, die Solarzellenpanelen hoch z.B. auf<br />
den Wasserturm anstatt direkt nahe des Bodens <strong>zu</strong> installieren.<br />
- ein zweites Problem ist die Schwäche der Solarenergieanlage, nämlich Wasser bis in<br />
die Wasserturmhöhe <strong>zu</strong> pumpen. Die meisten Solarenergieanlagen sind sehr alt oder<br />
wurden aufgrund dessen mit veralteten Techniken gebaut, so dass ihre Kapazitäten beschränkt<br />
sind. Zudem funktionieren sie nur tagsüber während die Generatoren jederzeit<br />
auch abends Wasser pumpen können. Hier wären die Leistungen der u.a. in<br />
Deutschland neuesten entwickelten Modelle von Solarzellenpanelen wahrscheinlich<br />
effektiver als bisher und würden <strong>zu</strong> einem nachhaltigen Wasser<strong>zu</strong>gang in Benin beitragen.<br />
- bei Pannen der Solarenergieanlagen gibt es <strong>zu</strong> wenige Techniker, die schnell die Reparaturen<br />
machen können. In den 90er Jahren gab es eine beninische Firma, die die Wartung<br />
und Reparaturen durchgeführt hatte. In vielen Fällen dauerte es aber recht lange,<br />
174
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS<br />
bis die Dorfbewohner z.B. eine neue oder reparierte Batterie erhalten konnten. Seit<br />
diese Firma pleite gegangen ist, ist dies noch komplizierter.<br />
Zugangsmodalitäten für Trinkwasser<br />
Die Verfügbarkeit der modernen Wasserinfrastrukturen reicht nicht aus, um eine Nut<strong>zu</strong>ng von<br />
sauberem Trinkwasser durch die lokale Bevölkerung dauerhaft <strong>zu</strong> garantieren. Die Zugangsmodalitäten<br />
<strong>zu</strong> den modernen Wasserinfrastrukturen bestimmen nicht nur den Verbrauch des<br />
sauberen Trinkwassers, sondern auch die nachhaltige Nut<strong>zu</strong>ng dieser Infrastrukturen. Für die<br />
traditionellen und modernen Brunnen ist der Zugang <strong>zu</strong>m Trinkwasser kostenlos. Hingegen<br />
kaufen die Dorfbewohner Wasser aus den Wassertürmen und in seltenen Fällen aus den Pumpen.<br />
Im oberen Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet wurden zwei wichtige Zugangsmodalitäten <strong>zu</strong> Trinkwasser<br />
identifiziert.<br />
1. Das kollektive Wassermanagementsystem, das seinerseits drei Systeme beinhaltet:<br />
Zahlung vor der Wasserentnahme, monatlicher Pauschalbetrag und Beitrag<br />
bei Panne. Die Zahlung vor der Wasserentnahme unterteilt sich ebenfalls<br />
in täglicher Zahlung und Barzahlung (bei jeder Wasserentnahme)<br />
2. Das delegierte Wassermanagementsystem, das durch eine Person, eine Personengruppe<br />
oder durch ein Unternehmen gewährleistet wird<br />
Am häufigsten begegnet man dem kollektiven Wassermanagementsystem, das aber keine<br />
langfristige und nachhaltige Benut<strong>zu</strong>ng der Wasserinfrastrukturen garantiert. Zu weiteren<br />
Nachteilen zählen der Mangel an Motivation der Mitglieder der Nutzerkomitees und die langsamen<br />
Reparaturen der Wasserinfrastrukturen. Vor diesem Hintergrund wird von den genannten<br />
Akteuren des Wasserbereiches momentan das delegierte Wassermanagementsystem bevor<strong>zu</strong>gt.<br />
Dieses System sichert die Nachhaltigkeit der Wasserinfrastrukturen. Seine Implementierung<br />
führt jedoch seitens der Bevölkerung <strong>zu</strong>r Beunruhigung, da es mit erhöhten Kosten<br />
für die Nutzer/innen verbunden ist und damit in der Folgekette einkommensschwache<br />
oder arme Nutzer/innen <strong>zu</strong>r Nut<strong>zu</strong>ng unsauberen Trinkwassers zwingen würde.<br />
Für alle modernen Wasserstellen (Wassertürme, Pumpe), involvieren die Wassermanagementssysteme<br />
die Kommunen, die Wasserverbraucher und Privatunternehmer.<br />
Das Gesetz der Dezentralisierung und die Sektorenstrategie über den Zeitraum 2005 – 2015<br />
betonen eine wichtige Rolle der Kommunen im <strong>Management</strong> der Wasserinfrastrukturen folgendermaßen:<br />
(1) Die Kommune ist Inhaber der Wasserinfrastrukturen, (2) Die Kommune<br />
beauftragt die Wasserbewirtschaftung (Produktion und Distribution) und Wartung, (3) Die<br />
Kommune stellt die Kontrolle und Regelung sicher, um die Nachhaltigkeit der Infrastrukturen<br />
<strong>zu</strong> garantieren. Vier Modelle von Bewirtschaftungs- und Wartungsverträge der Wasserinfrastrukturen<br />
ermöglichen es der Kommune, ihre Rolle durch<strong>zu</strong>setzen: (1) Unternehmervertrag:<br />
Auftrag durch die Kommune an Unternehmer, (2) Dreiervertrag: Kommune – Wasserverbraucherkomitee<br />
- Privatunternehmer, (3) Produktion -Distributionsvertrag: Produktionsauftrag<br />
durch die Kommune an einen Unternehmer und der Distribution <strong>zu</strong> einem Wasserverbrau-<br />
175
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS<br />
cherkomitee, (4) Vertrag mit Wasserkomitee: Auftrag durch die Kommune an ein Wasserkomitee<br />
(IGIP, 2007).<br />
Implementierung der Datenbank <strong>zu</strong> Wasserstellen in LISUOC<br />
Für jede Gemeinde des oberen Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebietes wurde eine Datenbank mit den <strong>zu</strong>gehörigen<br />
Wasserstellen in LISUOC implementiert. Die Wasserstellen bestehen aus traditionellen<br />
Brunnen, modernen Brunnen, Pumpen und Wassertürmen. Die Datenbank enthält hauptsächlich<br />
die folgenden Informationen <strong>zu</strong> den Wasserstellen: Lokalisierung (geographische<br />
Koordinaten, Dorf, Arrondissement, Kommune), Art der Wasserstelle, Anzahl der modernen<br />
Wasserstellen pro 1000 Einwohner, Datum der Realisierung, Geldgeber, Zustand der Wasserstelle,<br />
Anzahl der Pumpen oder Wasserhähne, Art der Pumpe und Art der Wasserentnahme.<br />
In Zusammenarbeit mit dem PK Be-G.5 wurde diese Datenbank mit chemischen und biologischen<br />
Analyseergebnissen von 1500 Wasserstellen erweitert.<br />
176
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS<br />
Abb. III.1.4-6.: Beispiele räumlicher Verteilung der Trinkwasserstellen in den Kommunen Oaukè und Tchourou<br />
Ausblick<br />
Bis Mitte Februar 2009 wird das Text <strong>zu</strong>m Wassermanagement in LISUOC eingebaut und die<br />
vollständige Integration des Moduls „Wassermanagement und Institutionen“ in LISUOC abgeschlossen<br />
sein.<br />
177
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 178<br />
PK Be-G.3 Existenzsicherung und Ressourcennut<strong>zu</strong>ng<br />
Problemstellung<br />
Wasser als produktives Gut in der Nahrungsherstellung<br />
Wie sichern die Menschen in Zentralbenin ihren Lebensunterhalt? Welche Ressourcen nutzen sie<br />
dabei, und wodurch wird ihr Verhalten beeinflusst? Ein fundiertes Verständnis sozialer und ökonomischer<br />
Handlungsstrategien der Bevölkerung zählt <strong>zu</strong> zentralen Grundbedingungen für Entscheidungsfindungen<br />
innerhalb der Lokalplanung. Das Modul „Existenzsicherung und Ressourcennut<strong>zu</strong>ng“<br />
beantwortet die Frage danach, wie die ländliche und städtische Bevölkerung im oberen Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
ihre Existenz sichert. Die Einschät<strong>zu</strong>ng von Nachhaltigkeit und Vulnerabilität<br />
erfordert im ethnologischen Sinne einen holistischen (ganzheitlichen) Analyseansatz, der <strong>zu</strong>mindest<br />
die folgenden Lebensbereiche verknüpft: Arbeit, Produktion, Kapital(-bildung), Medizin, Gabentausch<br />
und Netzwerke, Ernährung, Ressourcennut<strong>zu</strong>ng, Risikostrategien und Soziale Organisation.<br />
Damit können zentrale Fragestellungen <strong>zu</strong>r Existenzsicherung statistisch repräsentativ beantwortet<br />
werden, darunter: Mit welchem finanziellen Budget wirtschaften Frauen und Männer? Trinkwasser<br />
ist nicht für alle Menschen gleichmäßig <strong>zu</strong>gänglich: Wie viele Menschen sind <strong>zu</strong>m Zukauf von<br />
Wasser gezwungen? Welchen Einfluss hat verunreinigtes Wasser auf die Gesundheit und damit auf<br />
die Existenzsicherung (Arbeitsausfall, Kosten, ...)? Welche Netzwerke werden in Zeiten der Nahrungs-<br />
oder Wasserunsicherheit bzw. im Krankheitsfall aktiviert?<br />
Mitarbeiter<br />
K. Hadjer, M. Heldmann, V. Mulindabigwi
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 179<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Der Problemkomplex zielt auf statistisch repräsentative Analysen von Bedingungen und Strategien<br />
lokaler Existenzsicherungsstrategien im HVO. Im Fokus stehen dabei Bezüge zwischen sozialem<br />
und ökonomischem Handeln und der Nut<strong>zu</strong>ng von beziehungsweise dem Zugang <strong>zu</strong> Ressourcen.<br />
Ein übergeordnetes Ziel stellt die Vermittlung und Bereitstellung statistisch repräsentativer Daten(analysen)<br />
an verschiedene Nutzergruppen dar. Sie betreffen die Bereiche Arbeit, Produktion,<br />
Kapital(bildung), Medizin, Risikostrategien, Ernährung, Wasserqualität, Ressourcennut<strong>zu</strong>ng und –<br />
<strong>zu</strong>gang. Als zentrales Transferprodukt dient das Informationssystem LISUOC.<br />
Nutzergruppen<br />
• Gemeindevertreter/innen und ReCPA (Responsable Communal pour la Promotion Agricole)<br />
der Communes Bassila, Djougou, Copargo, Ouaké, N’Dali, Tchaourou, Parakou<br />
• Planungsministerium<br />
• UNDP (United Nations Development Programm)<br />
• CeRPA (Centre Regional pour la Promotion Agricole)<br />
• SH (Service Hydraulique) Borgou, SH (Service Hydraulique) Donga<br />
• GTZ (Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit)<br />
• UAC (Université Abomey-Calavi): FLASH (Faculté des Lettres, Arts et Sciences Humaines)<br />
• DED (Deutscher Entwicklungsdienst)<br />
• Helvetas<br />
Stand der IS-Entwicklung<br />
Das Informationssystem LISUOC konnte im Jahr 2008 erfolgreich<br />
abgeschlossen und auf der Statuskonferenz in Ouagadougou präsentiert werden.<br />
Letzte laufende Optimierungen finden im Frühjahr 2009 ihren Abschluss.<br />
Anschließend erfolgt eine finale Feedback-Runde mit den beninischen Nutzern.<br />
Der <strong>zu</strong>grunde liegende Datensatz korreliert Aussagen von 839 Frauen und Männern<br />
<strong>zu</strong>r alltäglichen Existenzsicherung in ländlichen und städtischen Gebieten<br />
(7 Gemeinden). Die folgenden Themenblöcke stehen im modulinternen<br />
Startfenster <strong>zu</strong>r Auswahl: (1.) Arbeit, (2.) Produktion, (3.) Weiterverarbeitung,<br />
(4.) Ernährung, (5.) Distribution und Austausch, (6.) Kapital, (7.) Medizin und<br />
Wasser. In diesem Fenster sind weitere Optionen verfügbar.
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 180<br />
Ausgangsthese, Konzept und Problemstellung<br />
Der dem Modul <strong>zu</strong>grunde liegende Datensatz birgt zwei entscheidende Innovationen: (1.) Die Daten<br />
sind geschlechtsspezifisch aggregierbar: Erstmalig für Benin und Nachbarländer liegt ein statistisch<br />
repräsentativer Datensatz vor, der die Aussagen von Frauen und Männern gleichwertig einbezieht;<br />
(2.) Abrufbar sind die Daten entweder in Tabellenform, oder, sofern erwünscht, als räumliche<br />
Daten. Die Parameter lassen sich exportieren und in ein beliebiges anderes Geoinformationssytem<br />
(GIS) einspeisen.<br />
Mehrjährige sozialwissenschaftliche Forschungen in Zentralbenin und ein enges Zusammenleben<br />
mit der Bevölkerung waren nötig, um zentrale Ebenen menschlichen Handelns <strong>zu</strong> verstehen (Forschungsphase<br />
2000-2003). Dabei erwies sich der akteurszentrierte Ansatz als einzig sinnvoller Zugang<br />
<strong>zu</strong>m Verständnis von Risikostrategien der Existenzsicherung. Denn anders als etwa in den<br />
meisten europäischen oder asiatischen Ländern, verwalten Familien- und Haushaltsmitglieder in<br />
Benin ihr Einkommen vornehmlich getrennt. Hin<strong>zu</strong> kommt, dass Frauen und Männer oftmals hochgradig<br />
individuell wirtschaften und meistens keiner so recht weiß, was der oder die andere verdient.<br />
Die Strategie der Geheimhaltung ist eng verflochten mit der Angst vor Neid und Missgunst. Sie<br />
begünstigen den Einsatz okkulter Praktiken wie Schadenszauberei.<br />
Für die Entwicklung des Fragebogens, der den Daten im Modul „Existenzsicherung“ <strong>zu</strong>grunde<br />
liegt, resultierte aus diesem Sachverhalt die Zugrundelegung der folgenden, zentralen Ausgangsthese:<br />
Wirtschaftliches und soziales Handeln in Benin wird maßgeblich vom Geschlecht der Akteure<br />
und Akteurinnen, okkulten Praktiken und ausgeprägt individualisierten Handlungsentscheidungen<br />
und Sozialbeziehungen bestimmt (Hadjer 2006:6). Aus dieser These leiten sich die folgenden Annahmen<br />
ab: (1.) Soziales und wirtschaftliches Verhalten lässt sich nur dann adäquat erfassen, wenn<br />
wir Frauen und Männer beobachten und befragen. (2.) Nur wenn wir verschiedenste Themenfelder<br />
<strong>zu</strong>einander in Be<strong>zu</strong>g setzen, können wir Existenzsicherung ganzheitlich begreifen. (3.) Da<strong>zu</strong> ist eine<br />
Mixtur aus zwei Datenquellen nötig: quantitative Daten (statistisch repräsentative Umfrage) müssen<br />
ergänzt und erläutert werden durch qualitative Daten (Ethnologische Hintergrundtexte <strong>zu</strong>r Existenzsicherung).<br />
Systemstruktur<br />
Bereits im ersten Fenster erhält der Nutzer die Möglichkeit, die Art der Ergebnisausgabe <strong>zu</strong> steuern:<br />
Sollen die Ergebnisse der Umfrage im Geschlechtervergleich dargestellt werden oder die Gesamtzahlen?<br />
Ist eine Berechnung der Ergebnisse in Prozent oder nach Häufigkeit gewünscht? Wird ein<br />
Vergleich der 7 Kommunen erzielt oder sollen die Ergebnisse <strong>zu</strong> einer spezifischen Kommune abgebildet<br />
werden? Anschließend erfolgt die Wahl eines Oberthemas (z. B. Arbeit, Produktion, Gabentausch<br />
oder Kapital). Jedes Oberthema gruppiert spezifische Fragestellungen. Unter der Themenwahl<br />
„Gabentausch & soziale Netzwerke“ findet sich beispielsweise die Frage nach der Art<br />
getätigter Gaben innerhalb der letzten Woche vor dem Interview.
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 181<br />
Abb. III.1.4-7: ArcGIS-Benutzer-Interface für LISUOC, Modul Existenzsicherung<br />
Für die Ergebnisabfrage besteht neuerdings die Option, zwischen einer tabellarischen oder GISbezogenen<br />
Darstellung <strong>zu</strong> wählen, nachdem man sich entschieden hat, ob die Kommunen einzeln<br />
oder <strong>zu</strong>sammen abgebildet werden sollen:
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 182<br />
Abb. III.1.4-8: Ausgabevarianten: Tabelle oder GIS-bezogen<br />
Über den Button „Information / Inhaltliche Erläuterungen“ gelangt der User <strong>zu</strong>r Textsammlung<br />
„ethnologische Hintergrundtexte <strong>zu</strong>r Existenzsicherung“, die dreisprachig über wichtige Zusammenhänge<br />
und Hintergründe des sozialen und ökonomischen Handelns im lokalen Kontext infor-
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 183<br />
miert. Da der Aufbau der restlichen Datenabfrage im vorherigen Bericht ausführliche Beachtung<br />
fand, liefern die folgenden Ausschnitte einen exemplarischen Einblick in die Hintergrundinformationen.<br />
Beispiel 1: Grundzüge sozialen und ökonomischen Verhaltens (Hadjer 2006, 2008)<br />
„In Benin arbeiten die Menschen solidarisch <strong>zu</strong>sammen – Familien gehen gemeinsam <strong>zu</strong>r Ernte auf<br />
das Feld, Frauen bereiten im Wechsel das gemeinsame Abendessen <strong>zu</strong>, man arbeitet Hand in Hand.<br />
Neben Kooperation und Austausch tritt eine zentrale Strategie hervor: Frauen und Männer wirtschaften<br />
einerseits sehr eigenständig, andererseits in vielen Bereichen strikt getrennt voneinander.<br />
Jede Gesellschaft ist sozial organisiert. In Zentralbenin begünstigt die Sozialstruktur die Strategie<br />
von Frauen, sich unabhängig vom Mann eine eigene Existenz auf<strong>zu</strong>bauen. Denn beispielsweise<br />
Abstammungsregeln, Erbfolge und Namensgebung verlaufen über die männliche Linie. Frauen sichern<br />
sich über eigenes Einkommen ab, um beispielsweise beim Tod ihres Ehemannes nicht mittellos<br />
da<strong>zu</strong>stehen. Besonders gilt dies für Frauen, deren Ehemänner mit mehreren Frauen <strong>zu</strong>sammenleben.<br />
Bei der Hochzeit zieht die Frau <strong>zu</strong>m Mann, oft in eine neue Umgebung. Sie muss neue Netzwerke<br />
aufbauen, um sich und ihre Kinder ab<strong>zu</strong>sichern. Deshalb floriert der Gabentausch besonders zwischen<br />
Frauen gemäß dem lokalen Sprichwort “la pâte ne se mange pas avec un seul doigt” (siehe<br />
ausführlicher: “Netzwerke und Gabentausch”).<br />
Regen- und Trockenzeit beeinflussen stark den Zugang <strong>zu</strong> Ressourcen wie Wasser und Land. Frauen<br />
und Männer begegnen diesen Einschränkungen flexibel und nachhaltig: Viele üben im Jahresverlauf<br />
mehrere verschiedene ökonomische Tätigkeiten aus, um ihre Existenz <strong>zu</strong> sichern. Die LISUOC<br />
<strong>zu</strong>grunde liegenden Daten der Umfrage bestätigen dies. Eindeutig dominieren Männer die Landwirtschaft,<br />
was mit der Tatsache harmonisiert, dass nur wenige Frauen Land offiziell besitzen und<br />
der Griff <strong>zu</strong>r Hacke in einigen Regionen für Frauen tabuisiert wird. Lukrativer ist für sie deshalb<br />
der Handel. Er wird häufig von Frauen mit der Umwandlung von Agrarprodukten in Nahrungsmittel<br />
kombiniert – einer exklusiven Frauendomäne.<br />
In vielen Ländern praktizieren Eheleute ‘pooling’. Das heißt, die Einnahmen werden <strong>zu</strong>sammen<br />
getan und gemeinsam verwaltet. Dies kommt in den untersuchten Gemeinden nur sehr selten vor.<br />
Eher gilt: Keiner weiß so recht, was der andere verdient. Auch innerhalb von Haushalten kommt es<br />
deshalb <strong>zu</strong> teils großen Wohlstandsunterschieden. Sie werden begünstigt durch das Schweigen, das<br />
Geheimnis: Es schützt nicht nur vor Neid, der sich über okkulte Praktiken entladen kann. Sondern<br />
es ermöglicht eine individuelle Sicherung der Existenz (siehe ausführlicher: Das Geheimnis des<br />
Geldes).“<br />
Beispiel 2: Hinter den Kulissen von Haushalten (Hadjer 2006, 2008)<br />
„Existenzsicherungsstrategien lassen sich – <strong>zu</strong>mindest in Benin – nur dann verorten, wenn man ihre<br />
Einbettung in den sozialstrukturellen Kontext berücksichtigt. Wie der Blick auf Residenzstrukturen<br />
und Organisationsprinzipien zeigt, begegnet man im ländlichen Benin einer ausgeprägten Hetero-
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 184<br />
genität individueller Präferenzen und Interessen – nicht nur im Kontext sozialer Zuständigkeiten<br />
(Pflicht versus Realität), sondern vor allem auch bezüglich ökonomischer Strategien.<br />
Es zeigt sich, dass die patrifokale Sozialstruktur zwar durchaus eine Art interethnisch präsenten<br />
‚Überbau’ familiärer, verwandtschaftlicher und residenzieller Organisationsformen darstellt. Eine<br />
Ableitung dualer Geschlechterhierarchien erweist sich jedoch als verkürzt. Statusverteilungen,<br />
Rechte und Pflichten einzelner Mitglieder variieren nicht nur nach Alter, Geschlecht oder Haushalts<strong>zu</strong>sammenset<strong>zu</strong>ng,<br />
sondern beispielsweise auch in Abhängigkeit davon, ob sich Personen kontextspezifisch<br />
in Allianz- oder Deszendenzbeziehungen bewegen.<br />
Beziehungen sind innerhalb der agnatisch organisierten Verwandtschaft von Respekt, Zuneigung<br />
und Freundschaften geprägt, aber auch von Hierarchien und Konkurrenz. Blutsverwandtschaft stellt<br />
insgesamt einen zentralen und stabilen Referenzpunkt dar. Hingegen sind affinale Beziehungen<br />
über Heiratsbeziehungen häufigem Wandel ausgesetzt, was sich unter anderem in hohen Scheidungsraten<br />
niederschlägt.<br />
Die Tatsache, dass erfolgreich praktizierte Polygynie Männern eine Tür <strong>zu</strong>r Akkumulation von<br />
Prestige, Statusgewinn und einer hohen Kinderzahl öffnet und auch Frauen ökonomische und soziale<br />
Vorteile verschafft, führt <strong>zu</strong>m Fortbestand der Vielehe. Im Extremfall beinhaltet dies, dass eine<br />
Frau einen Mann (relativ problemlos) verlassen kann, wenn er sich weigert, eine zweite Frau <strong>zu</strong><br />
ehelichen (z. B. wegen Geldmangel). Viele polygyn lebende Frauen betonten, dass ihnen die Vielehe<br />
durch den Mobilitätsgewinn Tore <strong>zu</strong>r individuellen Akkumulation von Geld öffne. Andere betonen,<br />
die normierte Bindung ihrer Kinder aus erster Ehe an den neuen Ehemann sei seinem verantwortungsvollen<br />
Einsatz für die Nachkommen förderlich.<br />
Frauen kontrollieren die Kindererziehung und sind an der Beschaffung und Verteilung von Nahrung<br />
beteiligt. Spätestens mit Eintritt der Menopause steigen ihre soziale Macht und Autonomie. Doch<br />
der hohe Grad an Mobilität und Individualität hat seinen Preis. In der sozialen Praxis müssen Neid<br />
und Konkurrenz, Machtverhältnisse und Hierarchien ständig neu ausgelotet werden – etwa, wenn<br />
der Mann eine neue Frau in den Hof holt, wenn eine der Frauen erkrankt und pflegebedürftig wird<br />
oder eine Schwiegertochter ihr Arbeitspensum nicht verrichtet. Zwistigkeiten zwischen Ehefrauen<br />
sind dabei eher als Verteilungskämpfe um die materielle Unterstüt<strong>zu</strong>ng durch den Mann <strong>zu</strong> bewerten<br />
und weniger als Eifersüchteleien um seine affektive Gunst.<br />
Ein Ernteausfall gefährdet nicht nur die Ernährungssicherheit der Familie, sondern bedeutet für den<br />
Mann einen Autoritätsverlust, aus dem weitere Spannungen resultieren können. Kann er seine<br />
Frau(en) nicht adäquat versorgen, schadet dies seinem Ansehen. Gleichzeitig beinhaltet die ökonomische<br />
Emanzipation einer Frau für ihren Ehemann einen potentiellen Status- und Legitimitätsverlust.<br />
Haushalte erweisen sich im vorliegenden Kontext nicht als produktive und auch nicht als konsumtive<br />
Einheiten, sondern als Sozialgefüge, in denen unterschiedliche Individuen und strategische<br />
Gruppen als Überlebensgemeinschaften kooperieren und konkurrieren. Besonders mit Zunahme der<br />
Haushaltsgröße und der einhergehenden Multiplikation divergierender Akkumulationsinteressen<br />
steigt die Gefahr innerhäuslicher sozialer und ökonomischer Brüche.
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 185<br />
Die bewusste Aufrechterhaltung von Geschlechterdifferenzen und strukturierenden Normen wie<br />
Gütertrennung oder getrennte Kassen erweist sich als eine Form der Machtbegren<strong>zu</strong>ng, die für beide<br />
Geschlechter das Recht über eigene Arbeitsprodukte und individuellen Besitz beinhaltet. Folglich<br />
trifft man unter einem Dach auf eine Vielzahl unterschiedlicher Präferenzen und ökonomischer<br />
Akkumulationsbestrebungen, die soziale Differenzierung begünstigen und dem Einzelnen Chancen<br />
bieten, seine ökonomischen Existenzgrundlagen <strong>zu</strong> verbessern.“<br />
Beispiel 3: Arm und Reich (Hadjer 2006, 2008)<br />
„Être pauvre (frz.: arm sein) beschreibt in lokalen Sprachen wie Yom oder Lokpa ein Konzept, das<br />
sich eher dem Chambers’schen Verständnis von Vulnerablität (1989) annähert als dem klassischen<br />
Armutsbegriff, wie ihn die WHO bis heute mit dem Fokus auf Einkommenshöhen und Ressourcen<strong>zu</strong>gang<br />
verwendet. ‚Reich’ ist nicht unbedingt der, der am meisten Geld hat. Ist seine Akkumulation<br />
plötzlich erfolgt und betreibt er damit keine reziproken Austauschbeziehungen, so lebt er in großer<br />
Unsicherheit, wie etwa ein 32-jähriger Dorfbewohner schildert: „Reich ist jemand, der viele Kinder<br />
hat, der Probleme bewältigen und eine große Familie ernähren kann. Reich ist jemand, dessen Familie<br />
und Ahnen mit ihm <strong>zu</strong>frieden ist. Wer nicht gibt, kann nicht reich sein, denn schon morgen<br />
wird er krank oder mit Nichts dastehen“, so ein anonymer Dorfbewohner aus Bougou.<br />
Den Wohlhabenden zeichnet nicht nur sein potentiell hohes Einkommen, sondern vor allem sein<br />
nachhaltig erfolgreicher Umgang mit Unsicherheiten und Gefahren aus. Er sichert sich beispielsweise<br />
durch die Pflege redistributiver Sicherungsnetzwerke prophylaktisch davor, in Zeiten Existenz<br />
bedrohender Krisen wie Ernteausfällen allein da <strong>zu</strong> stehen. Er weiß, sich durch sein Verhalten<br />
vor Gefahren wie Hexereiangriffen und Schadenszauber <strong>zu</strong> schützen.<br />
Selbstverständlich unterliegen lokale Wohlstandsdefinitionen personen- und generationenspezifischer<br />
Variation und lassen sich vor dem multiethnischen Hintergrund nicht pauschalisierend <strong>zu</strong>sammenfassen.<br />
Doch die Identifikation von Überzeugungen und Strategien, die von vielen Interakteuren<br />
und -akteurinnen geteilt werden, ist gleichzeitig eine notwendige Vorausset<strong>zu</strong>ng für ein Verständnis<br />
ökonomischer Realitäten.<br />
Der Ältestenrat eines Dorfes identifizierte eine Residenzfamilie als „ärmster Haushalt des Dorfes“<br />
mit der Begründung, der Vorstand sei ein Alkoholiker. Er könne seinen Pflichten nur un<strong>zu</strong>reichend<br />
nachkommen, verpasse wichtige Zeremonien, auf ihn sei kein Verlass. Betritt man den Hof des Betroffenen,<br />
lässt sich kein offensichtlicher Unterschied <strong>zu</strong> als „reich“ eingestuften Gehöften ausmachen:<br />
Es ist sauber, es gibt mehrere Zimmer, Hühner, Kinder, einen Hausbrunnen und sogar ein<br />
Fahrrad.<br />
Der Wohlstand einer Person misst sich nicht nur an ihrer Verfügbarkeit von materiellem Kapital<br />
(z.B. Geld), sondern auch an ihrem symbolischen Kapital (z.B. Prestige). Beide lassen sich <strong>zu</strong>m<br />
Beispiel im Kontext von Gaben bei den so wichtigen Beerdigungszeremonien nicht trennen: Ökonomischer<br />
und sozialer Status von Gebenden und Empfangenden sind eng verbunden. Wer mehr<br />
hat, kann mehr geben. Integrität misst sich an seiner Partizipation an Austauschprozessen. Wer als<br />
„sehr reich“ eingestuft wird, entlohnt Gastgeber und -geberinnen bereits durch die Gabe seiner<br />
prestigiösen Präsenz. Er macht damit öffentlich, welch ranghohe Netzwerke der oder die Ausrichtenden<br />
pflegen. Sein tatsächlicher materieller Beitrag kann dabei nahe<strong>zu</strong> sekundär werden. Somit ist
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 186<br />
gerade der Ärmste <strong>zu</strong>m größtmöglichen Aufwand bei Zeremonien verpflichtet, wo<strong>zu</strong> viele Bauern<br />
nur dank eines komplizierten Systems von Krediten und Schulden in der Lage sind.<br />
Wohlstand bedeutet Sicherheiten, und diese sind weniger über Redistribution im Sinne einer egalisierenden<br />
Umverteilung von Gütern erreichbar als vor allem über eine hohe Kinderzahl (als Altersvorsorge)<br />
und einen erfolgreichen Umgang mit dem bedrohlichen Neid der anderen. Wohlstand<br />
beinhaltet <strong>zu</strong>dem die nötige Pflege reziproker Beziehungen, die nur so lange von Bestand sind, wie<br />
Ungleichheit aufrechterhalten wird („du schuldest mir etwas, ich kriege noch etwas von dir“).<br />
Offenkundige materielle Armut, die sich besonders in der Unfähigkeit ausdrückt, Gaben <strong>zu</strong> entgegnen,<br />
ist gefürchtet und muss verborgen werden, so weit es geht. Wie bereits angedeutet, gilt dies<br />
aber – nur <strong>zu</strong>nächst paradox erscheinend – auch für den so sehr angestrebten Wohlstand: Wer im<br />
Dorf plötzlich teure Kleidung trägt, kann verdächtigt werden, unredlich an Geld gekommen <strong>zu</strong> sein<br />
oder seine Familie <strong>zu</strong> vernachlässigen. Er oder sie zieht den potentiellen Neid anderer auf sich,<br />
womit sein oder ihr Risiko steigt, Opfer nivellierender Praktiken <strong>zu</strong> werden. Wer einmal als reich<br />
anerkannt wurde und sich somit abhebt, wird hingegen <strong>zu</strong> einer Art Prestigeträger/in, dessen oder<br />
deren Umgang Interaktionspartner und -partnerinnen aufwertet.<br />
Schlussendlich fügen sich lokale Wohlstandsdefinitionen in eine Gesellschaftsstruktur ein, in der<br />
jegliche Transaktion und Interaktion auf höchst anthropozentrische Weise personalisiert wird. Erneut<br />
rückt dabei die besondere Relevanz magisch-religiöser Glaubensformen in den Vordergrund.<br />
Denn spektakulärer Zuwachs an ökonomischem Kapital (Geld, Besitz) geht oft mit Hexereiverdacht<br />
einher – besonders, wenn es nicht geteilt wird.<br />
Nicht <strong>zu</strong>letzt vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum Geld im lokalen Kontext zwar ein<br />
allgegenwärtiges, gleichzeitig aber geheimnisumwobenes Gut darstellt. Bei lokalen Definitionen<br />
des bien-être, des Wohlseins, wird Bedürfnisbefriedigung auf Dorfebene vorrangig an einer sicheren<br />
Ernährungsgrundlage und Deckung des Konsumbedarfs gemessen, weniger an der Höhe von<br />
Investitionen oder gefüllten Sparbüchern.<br />
Ein weiteres Wohlstandskriterium ist soziales Prestige, das Haushaltsvorstände akkumulieren, wenn<br />
sie ihre Speicher mit der Ernte auffüllen und diese niemals ganz leer werden lassen. Im Extremfall<br />
kann es gar da<strong>zu</strong> kommen, dass die alte Ernte öffentlich als Zeichen des Überflusses verbrannt<br />
wird. In anderen Fällen werden Ernteüberschüsse gehortet, anstatt sie regelmäßig um<strong>zu</strong>verteilen,<br />
um einen vollen Speicher vorweisen <strong>zu</strong> können. Mit solchen Verhaltensweisen streben besonders<br />
ältere Männer Prestigegewinn an. In materieller Hinsicht trägt die Familie davon einen Nachteil, da<br />
– mikroökonomisch formuliert – keine optimalen Kosten-Nutzen-Kalküle vollzogen werden. Derart<br />
ausgerichtete Strategien bergen Konfliktpotential: Was beim Nachbarn für Anerkennung sorgt,<br />
kann in der Familie <strong>zu</strong> Wut und Schuld<strong>zu</strong>weisungen führen. Hier zeigt sich erneut und sehr deutlich<br />
die ständige Notwendigkeit innerhäuslicher Verhandlungen.“<br />
Beispiel 4: Das Geheimnis des Geldes (Hadjer 2006, 2008)<br />
„Wie im vorherigen Abschnitt deutlich wurde, verwalten viele Haushaltsmitglieder ihr Einkommen<br />
individuell. Dies gilt besonders für Familien, in denen mehrere Ehefrauen unter einem Dach leben<br />
(Polygynie). Wo die Zurschaustellung von Wohlstand tödlichen Neid produzieren kann, wo Frauen<br />
nach dem Tod ihres Ehemannes oft ohne Erbe in einen neuen Lebensabschnitt entlassen werden,
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 187<br />
wird individuelle Akkumulation im Verborgenen <strong>zu</strong> einer nachhaltigen Strategie der Existenzsicherung.<br />
Dies macht verständlich, warum viele westafrikanische Paare Gütertrennung praktizieren und<br />
ihr Geld getrennt verwalten. Die Unkenntnis des finanziellen Budgets von Lebenspartnern oder -<br />
partnerinnen betrifft nicht nur außergewöhnliche Investitionen, sondern vor allem auch den sozialen<br />
und ökonomischen Alltag.<br />
Gleichzeitig zirkuliert Geld auch in dem entlegensten beninischen Dorf ständig und vor aller Augen<br />
– beim Frühstückskauf, auf dem Markt, in den Anbaugruppen, in Sparclubs oder in Sammelaktionen<br />
für Dorffeste. Doch wer kein anerkannter homme publique ist (z. B. Politiker, Geschäftsmänner,<br />
Fußballspieler), wer sich nicht <strong>zu</strong>r Position des reichen Rückkehrers aus der Stadt bekannt hat,<br />
kurz, wer sich besonders im ländlichen Kontext im unteren Einkommensbereich bewegt, der vermeidet<br />
es tunlichst, seinen Wohlstand <strong>zu</strong>r Schau <strong>zu</strong> stellen. Und so kleidet sich die reiche Seherin<br />
Lara im Dorf mit alten Stoffen und akkumuliert materiellen Besitz fernab in Togo. Der reichste<br />
Mann des Dorfes wechselt nur selten seine Kleidung, und der 24jährige Issifou holt seine Brille (ein<br />
Prestigeobjekt) nur einmal im Jahr <strong>zu</strong>r islamischen Feier des Hammelfestes hervor. Die Beispiele<br />
sind zahlreich. Auch individuelles Sparverhalten verläuft hinter verschlossenen Türen. Sina, eine<br />
junge monogam lebende Lokpa-Frau, schilderte in nur wenigen Sätzen die zentralen Argumente<br />
befragter Frauen:<br />
„Eine Frau muss [Intonation] ihren Gewinn verstecken. Wenn dein Mann ahnt oder sogar weiß, dass du Geld<br />
hast, dann gibt er dir nichts mehr. (...) Wenn du das machst, dann sei dir sicher, dass du bald eine Nebenfrau haben<br />
wirst. Denn wenn du Männern Geld gibst, profitieren sie daraus, um sich eine andere Frau <strong>zu</strong> holen. (...) Ich<br />
behalte mein Geld auch, weil ich meiner Mutter helfen will. Wenn ihre Töchter sie nicht unterstützen, wer dann?<br />
Genau deshalb gibt er mir ja auch nur das Nötigste, er sagt, wenn ich dir mehr Geld gebe, dann verschwendest du<br />
es nur und gibst es deiner Familie“ (Bougou, anonymisiert)<br />
Sprich: Wenn der andere weiß, wie viel Geld man hat und wenn man ihm mehr gibt, als er gerade<br />
benötigt, „versickere“ es – beim Mann in Investitionen in andere Frauen, bei der Frau in der eigenen<br />
Verwandtschaftslinie. Das Versteckspiel zwischen Ehepartnern und -partnerinnen geht mit einer<br />
permanenten Auslotung von Hierarchien und Machtverteilungen einher. Der Wohlstand einer Ehefrau<br />
bedroht die Vormachtstellung des Mannes. Umgekehrt kann die Offenlegung von finanziellem<br />
Besitzes <strong>zu</strong> Umverteilungsansprüchen, Misstrauen und Streitereien zwischen Ehefrauen oder Verwandten<br />
führen.<br />
Es gibt durchaus Bereiche, in denen finanzielle Tabuzonen enden. Sie betreffen besonders kostenintensive<br />
Auslagen für die Ausrichtung von Zeremonien. Im Familienrat werden <strong>zu</strong> diesen Anlässen<br />
häufig anteilige Aufwendungen verteilt. Man bespricht, wie sich <strong>zu</strong>m Beispiel eine Totenfeier finanziell<br />
realisieren lässt. Klare Finanzgespräche werden auch dann geführt, wenn der Mann seine<br />
Frau(en) <strong>zu</strong>r Lohnarbeit anstellt oder ihnen Ernteanteile <strong>zu</strong>m Verkauf gibt. In letzterem Fall streicht<br />
die Frau ihren Eigenanteil ein, den sie lagert oder veräußert. Zusammenarbeit wird ausgehandelt,<br />
das Prinzip von Leistung und Gegenleistung verschafft risikomindernde Sicherheiten.<br />
Was kleinere finanzielle Transaktionen (z. B. Investitionen) anbelangt, teilen sich Haushaltsvorstände<br />
häufig dem Sohn mit, der später den Hof übernehmen soll. Frauen nannten in Umfragen<br />
Töchter und Söhne gleichermaßen als Ansprechpartner/innen. Eine weitere Ausnahme betrifft die<br />
bereits angesprochene, punktuelle Zurschaustellung von Besitz, wie etwa des Brautpreises bezie-
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 188<br />
hungsweise der Aussteuer von Müttern bei Tauffeiern. Das Exponat symbolisiert ihren Status als<br />
verheiratete Mutter und fällt damit in den Bereich anerkannter Rücklagen, womit sie sich nicht von<br />
anderen Müttern absetzt und somit auch keine Erzeugung von Neid <strong>zu</strong> befürchten hat. Eine weitere<br />
Ausnahme stellt die öffentliche Zurschaustellung von Ernteerträgen aus dem Baumwollanbau dar.<br />
Wer sich nicht in die Karten schauen lässt, kann nur eingeschränkt kollektive Risikostrategien formulieren<br />
und umsetzen. Wer getrennt wirtschaftet, um erst bei der Ertragsverteilung innerhäusliche<br />
Verwaltungsgespräche <strong>zu</strong> führen, ist auf die Etablierung individueller Sicherungsnetzwerke angewiesen.<br />
Und so kann es vorkommen, dass ein Bauer über akute Armut klagt, während seine Frau<br />
über genug Bargeld verfügt, um ihn <strong>zu</strong> verlassen und einen neuen Haushalt <strong>zu</strong> gründen. Oder umgekehrt.<br />
Dass es sich bei der Budgettrennung um ein in ganz Westafrika verbreitetes Phänomen<br />
handelt, ist längst kein Geheimnis mehr. Für den Untersuchungsraum können Gütertrennung und<br />
die getrennte Verwaltung monetärer Finanzen als Angelpunkt lokaler Risikostrategien bewertet<br />
werden, als Symbol grundlegender sozialer und ökonomischer Verhältnisse und als Ausdruck der<br />
allgegenwärtigen Angst vor Neid und potentiell resultierender Hexerei oder Schadenszauberei.“<br />
Capacity Development<br />
Die Ergebnisse von LISUOC und insbesondere des Moduls „Existenzsicherung und Ressourcen“<br />
konnten im Jahr 2008 zahlreichen Institutionen und Einzelpersonen vermittelt werden. Dies geschah<br />
über einen Workshop und Einführungen in die Nut<strong>zu</strong>ng des Systems. Ein abschließender Workshop<br />
zwecks Übergabe des fertigen Produktes ist im Frühjahr 2009 vorgesehen.<br />
Ausblick<br />
Das Gesamtsystem LISUOC und damit auch das Modul „Existenzsicherung und Ressourcennut<strong>zu</strong>ng“<br />
konnte erfolgreich abgeschlossen werden. Letzte Verbesserungen erfolgen bis Ende Januar<br />
2009. Geplant sind weitere Capacity-Maßnahmen im Frühjahr 2009. Besonders die Nutzergruppe<br />
„<strong>Universität</strong>en, Wissenschaftler/inne/en“ steht im ausbaufähigen Fokus weiterer Unternehmungen.<br />
Das System wird nicht nur den genannten Nutzergruppen übergeben, sondern erzielt wird eine breite<br />
Streuung der Information <strong>zu</strong>r Existenz dieses Tools über Publikationen, Vorträge und Konferenzen.<br />
Unter anderem steht ein Artikel in der Fachzeitschrift „Field Methods“ in Arbeit, der LISUOC<br />
als Endstück eines vierjährigen Forschungsprojektes <strong>zu</strong>r lokalen Existenzsicherung platziert.<br />
Literatur<br />
Chambers, R. 1989. Editorial Introduction: Vulnerability, Coping and Policy. In: IDS Bulletin 20 (2): 1-7.<br />
Hadjer, K., Klein, T. & U. Singer (2004): Unveröffentlichter Datensatz des Regionalsurveys <strong>zu</strong>r Existenzsicherung im<br />
Oberen Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
Hadjer, K., Klein, Th. & M. Schopp (2005): Water consumption embedded in its social context, north-western Benin. In:<br />
Physics and Chemistry of the Earth. Special Issue, Vol. 30, Issues 6-7, S. 357-364. Online Version:<br />
(15.11.2005).
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 189<br />
Hadjer, K. (2008): Das Informationssystem LISUOC. Modul Existenzsicherung und Ressourcennut<strong>zu</strong>ng. Ethnologische<br />
Hintergrundinformationen.<br />
Hadjer, K. (2006): Geschlecht, Magie und Geld. Sozial eingebettete und okkulte Ökonomien in Benin, Westafrika.<br />
Dissertation: Institut für Ethnologie, <strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Köln</strong>. http://kups.ub.uni-koeln.de/volltexte/2006/1852/<br />
INSAE (2003): Troisième Recensement Général de la Population et de l’Habitat de Février 2002. La population des<br />
communes de Tchaourou, N’dali, Parakou, Bassila, Djougou, Cotonou. Institut National de la Statistique et de<br />
l’Analyse Economique, Cotonou, Bénin.
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 190<br />
PK Be-G.4: Risikoabschät<strong>zu</strong>ng des Auftretens von Malaria in Afrika unter dem<br />
Einfluss des beobachteten und <strong>zu</strong>künftigen Klimawandels<br />
Problemstellung<br />
Anopheles Moskito beim möglichen Übertragen des Malariaerregers auf den Menschen.<br />
Die Malaria ist eine der wichtigsten Infektionskrankheiten auf der ganzen Welt, die von einzelligen<br />
Parasiten der Gattung Plasmodium hervorgerufen wird. Es wird geschätzt, dass jedes Jahr etwa 273<br />
Millionen Malariafälle und 1,12 Millionen Malariatote auftreten (Touré und Oduola, 2004). Südlich<br />
der Sahara kommen jedes Jahr etwa 90 % der weltweiten über 1 Millionen Malariatoten vor. Besonders<br />
betroffen sind Kleinkinder unter 5 Jahren, welche noch keine ausreichende Immunabwehr<br />
besitzen. Die Mortalitätsrate der Malaria beträgt in Afrika in etwa 0,86 % für Kinder zwischen 0<br />
und 4 Jahren, d. h. dass in dieser Altersgruppe jedes Jahr durschnittlich 8,6 von 1000 Kindern an<br />
dieser Tropenkrankheit sterben (Snow et al., 1999). Hauptverantwortlich für diese hohe Mortalität<br />
ist der klinisch bedeutsamste und gefährlichste Erreger Plasmodium falciparum, der in Afrika weit<br />
verbreitet ist (z. B. Snow et al., 1997).<br />
Für die Produktion von Eiern benötigen die weiblichen Stechmücken der Gattung Anopheles Proteine.<br />
Viele der Anopheles-Arten, wie <strong>zu</strong>m Beispiel Anopheles gambiae s. l. oder Anopheles funestus,<br />
bevor<strong>zu</strong>gen eine menschliche Blutmahlzeit. Trägt die Mücke oder der Mensch einen der vier für<br />
den Menschen gefährlichen Plasmodien in sich, kann es zwischen dem Moskito und Mensch <strong>zu</strong>r<br />
Übertragung des Malariaparasiten kommen.<br />
Auch wenn die Malaria nicht immer <strong>zu</strong>m Tode führt, können die betroffenen Menschen während<br />
der Krankheit nicht für ihren Lebensunterhalt sorgen. Der entstehende Arbeitsausfall führt <strong>zu</strong> erheblichen<br />
Einkommensverlusten, wovon besonders die arme Bevölkerung betroffen ist. Darüber hinaus<br />
verursacht die Malaria häufig Folgeschäden, welche das Leben der Betroffenen stark beeinträchti-
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 191<br />
gen. Für die finanzschwachen, westafrikanischen Staaten bewirkt die Krankheit damit sowohl einen<br />
nicht unerheblichen ökonomischen Schaden als auch eine Schwächung des Wirtschaftswachstums<br />
(Sachs und Malaney, 2002).<br />
Das tropische Klima Afrikas hat einen starken Einfluss auf die Verbreitung der Malaria (z. B. Patz<br />
et al., 1998). Die Witterung hat <strong>zu</strong>r Folge, dass die Temperaturen weit oberhalb des Schwellwertes<br />
für die Parasitentwicklung (sog. sporogonische Temperaturschwelle) liegen. Zusätzlich entstehen<br />
während der Regenzeit stehende Gewässer, welche ideale Brutstätten für die Moskitos darstellen<br />
und die Mückenpopulation stark anwachsen lassen. Der 4. Klimastatusbericht des IPCC (Engl.:<br />
"Intergovernmental Panel on Climate Change") schätzt, dass der Klimawandel unterschiedliche<br />
Effekte auf die Malariaverbreitung haben wird. Es wird damit gerechnet, dass die geographische<br />
Verbreitung in einigen Gebieten <strong>zu</strong>rückgeht. In anderen Regionen ist eine Ausbreitung der Krankheit<br />
und eine Veränderung der Malariasaison wahrscheinlich (Confalonieri et al., 2007). Genau diese<br />
Sachverhalte sollen im PK Be-G.4 für einen Großteil Afrikas analysiert und modelliert werden.<br />
Mitarbeiter<br />
V. Ermert, A. H. Fink, A. P. Morse, A. E. Jones, H. Paeth,<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Das Auftreten der Malaria soll <strong>zu</strong>nächst in der Vergangenheit und Gegenwart analysiert werden.<br />
Anschließend wird auf der Grundlage von Klimaszenarien eine Risikoabschät<strong>zu</strong>ng für die Zukunft<br />
vorgenommen.<br />
Mit Hilfe von zwei verschiedenen Malariamodellen wird das Auftreten der Malaria in der Bevölkerung<br />
simuliert. Dies geschieht durch das sog. „Liverpool Malaria Model” (LMM; Hoshen und<br />
Morse, 2004)" und durch das „MARA Seasonality Model” (MSM; MARA: Engl.: „MApping Malaria<br />
Risk in Africa project“; Tanser et al., 2003). Zunächst wird die Sensitivität des LMM in Be<strong>zu</strong>g<br />
auf die Einstellung der Modellparameter als auch auf den Antrieb des Modells durch Tagesmitteltemperaturen<br />
und Niederschläge abgeschätzt. Zu diesem Zweck wird die Malariaverbreitung in der<br />
Bevölkerung mit Hilfe von Wetterdaten synoptischer Stationen entlang eines Nord-Süd-Transekts<br />
in etwa 2 °O für die Jahre 1973 bis 2006 als auch an weiteren afrikanischen Orten nachsimuliert. Im<br />
Anschluss an die Analyse der Modellsensitivität werden die Simulationen des LMM durch zahlreiche<br />
entomologische und parasitologische Studien validiert.<br />
Die am Besten geeignete Modelleinstellung wird schließlich für die 2-dimensionale Berechnung der<br />
Malaria für 1960-2000 und die beiden transienten Malariaprojektionen A1B und B1 verwendet. Zu<br />
diesem Zweck werden Daten des regionalen Klimamodells REMO (Engl.: „REgional climate MOdel“)<br />
verwendet (Paeth et al., 2007), welche die IPCC-Szenarien A1B und B1 (Nakicenovic et al.,<br />
2000) darstellen. Zusätzlich beinhalten die transienten REMO-Szenarien eine sich mit der Zeit ändernde<br />
Landoberfläche und Landnut<strong>zu</strong>ng, welche einem Szenario der FAO (Engl.: "Food and<br />
Agriculture Organization") entspricht.
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 192<br />
Nutzergruppen<br />
• World Health Organization (WHO)<br />
• Ministère de la Santé Publique, Benin, Cotonou<br />
• Directions Départementales de la Santé Publique, Benin, Borgou/Alibori, Parakou<br />
• Centre de Recherche Médicale et Sanitaire, Niger, Niamey<br />
Stand der bisherigen Arbeiten<br />
Temperaturkorrektur der REMO-Daten<br />
Die Überprüfung der REMO-Temperaturen mit Hilfe von ERA40 zeigen, dass eine Korrektur der<br />
Daten notwendig ist (vgl. IMPETUS, 2008). Da REMO und ERA40 auf unterschiedlichen<br />
Orographien beruhen können aufgrund der Höhenabhängigkeit der Temperatur die jeweilig modellierten<br />
Temperaturen nicht unmittelbar miteinander verglichen werden. Um dieses Problem <strong>zu</strong> umgehen,<br />
werden potenzielle Temperaturen auf dem Referenznivau 850 hPa berechnet. Die potenziellen<br />
Temperaturen auf dieser Druckfläche lassen sich mittels der Poissongleichung berechnen, weshalb<br />
<strong>zu</strong>sätzlich <strong>zu</strong> den 2 m Temperaturen auch noch der Bodendruck erforderlich ist. Aus diesen<br />
Differenzen auf der 850 hPa Fläche lassen sich <strong>zu</strong>nächst die potenziellen Temperaturen von REMO<br />
korrigieren. Die korrigierten potenziellen Temperaturen werden schließlich in der Poissongleichung<br />
<strong>zu</strong>r die Berechnung der korrigierten 2 m Temperaturen verwendet.<br />
Validierung der bisherigen LMM-Version<br />
Bisher wurde das LMM in einer leicht abgewandelten Version ggü. Hoshen und Morse (2004) verwendet.<br />
Zunächst wurde die Modellsensitivität entlang des Nord-Süd-Transekts in etwa 2 °O getestet.<br />
Im Anschluss daran fanden flächige LMM Simulationen auf der Basis von REMO-Daten für<br />
große Teile Afrikas statt. Die erzielten Ergebnisse wurden bereits im IMPETUS-Zwischenbericht<br />
von 2007 ausführlich beschrieben (vgl. IMPETUS, 2008).<br />
Ein Problem entsteht durch die Tatsache, dass das LMM bisher nicht umfassend mit Hilfe von Malariabeobachtungen<br />
überprüft wurde. Hoshen und Morse (2004) haben lediglich die Malariaprävalenz<br />
des LMM mit klinischen Malariafällen aus Hwang (Simbabwe) der Jahre 1995 bis 1998 verglichen.<br />
In der Fläche konnten die Modellsimulationen bisher nur mit Ergebnissen des MSM sowie<br />
des sog. „MARA Distribution Models“ (Craig et al., 1999) kontrolliert werden. Die Validation von<br />
wichtigen Teilen des LMM, wie etwa der Größe der Moskitopopulation und der daraus resultierenden<br />
Stichrate oder das Vorkommen des Malariaparasiten in der Bevölkerung konnte nicht durchgeführt<br />
werden. Zu diesem Zweck wurden aus 80 entomologischen und parasitologischen Studien<br />
Daten verschiedener Malariaparameter entnommen. Gleichzeitig wurden in der Nähe der Studienorte<br />
tägliche Temperatur und Niederschläge bereitgestellt, um das LMM antreiben <strong>zu</strong> können.
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 193<br />
Abb. III.1.4-9: Darstellung von Feldbeobachtungen (schwarze Punkte und Balken) sowie LMM-Simulationen (Farbpunkte<br />
und –balken) der jährlichen menschlichen Stichrate (HBRa) bezüglich (a) des Jahresniederschlages<br />
und (b) ihrer Häufigkeitsverteilung. Die unterschiedlichen Farben zeigen Ergebnisse unterschiedlicher<br />
LMM-Läufe, die auf verschiedenen Niederschlagsmultiplikatoren (RR•) basieren. Im Zeitraum<br />
1973-2006 wurde das LMM mit Daten von 16 westafrikanischen Stationen angetrieben. Die beobachteten<br />
HBRa-Werte stammen aus unterschiedlichen Standorten in Westafrika als auch Kamerun<br />
und basieren auf der Periode 1982-2006. Aufgrund fehlender Messungen wurde den Feldbeobachtungen<br />
der durchschnittliche Niederschlag von benachbarten meteorologischen Stationen der Jahre 1973-<br />
2006 <strong>zu</strong>geordnet. Im oberen Teil der Grafik sind lediglich HBRa-Werte mit weniger als 10.000 Stichen<br />
eingetragen (vgl. die rote senkrechte Linie in b).<br />
Erste Vergleiche zwischen beobachteten und simulierten jährlichen menschlichen Stichraten<br />
(HBRa; Engl.: „annual Human Biting Rate“) zeigen, dass im LMM die Rate der Malariaübertragung<br />
oberhalb (unterhalb) eines bestimmten Schwellwertes deutlich <strong>zu</strong> hoch (niedrig) ist (vgl. Abb.<br />
III.1.4-9). Demnach treten in der Malariasimulation große Unterschiede ab einem bestimmten Jahresniederschlag<br />
auf. Der Schwellwert zwischen <strong>zu</strong> hohen und <strong>zu</strong> niedrigen Stichraten ist dabei stark<br />
abhängig vom verwendeten Niederschlagsmultiplikator (RR•), der die Anzahl der abgelegten Eier<br />
steuert. In den Modellsimulationen wurde RR• bisher auf den Wert 1 gesetzt (blaue Punkte/Balken<br />
in Abb. III.1.4-9). Der Schwellwert des Jahresniederschlags liegt bei dieser Modellsimulation bei<br />
etwa 200 mm. Die beobachten HBRa-Werte liegen bei Jahresniederschlägen von mehr als 1000 mm<br />
in den meisten Fällen zwischen 1000 und 10.000 Stichen. In der Simulation befinden sich viele der<br />
simulierten jährlichen Stichraten jedoch deutlich über Werten von 10.000 (vgl. die Balken rechts<br />
der roten Linie in Abb. III.1.4-9). An manchen Stationen und während bestimmter Regenzeiten<br />
werden sogar vereinzelt mehr als 500.000 Moskitostiche simuliert (s. Abb. III.1.4-9). Dies ist ein<br />
Wert der in Afrika nicht annähernd beobachtet wird (vgl. Hay et al. 2000, 2005). Mehr als 40 % der
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 194<br />
Beobachtungen jährlicher Stichraten liegen zwischen 1.000 und 5.000 Mückenstichen. Auch bei<br />
veränderten RR•-Werten treten in den Simulation des LMM niemals vergleichbare Häufungen in<br />
den HBRa-Werten auf. Das LMM besitzt demnach ein strukturelles Problem in Be<strong>zu</strong>g auf die Berechnung<br />
der Größe der Moskitopopulation. Die Moskitopopulation muss oberhalb (unterhalb) des<br />
beschriebenen Schwellwertes im Jahresniederschlag verkleinert (erhöht) werden.<br />
Aufgrund der Probleme bei den Modellsimulationen ist es notwendig Teile des LMM neu <strong>zu</strong> strukturieren.<br />
Deshalb und auch <strong>zu</strong>r Absicherung der Einstellung der Modellparameter wurde im Jahr<br />
2008 eine umfangreiche Literaturrecherche gestartet. Die Recherche umfasste insgesamt über<br />
160 Malariaartikel von entomologischen und parasitologischen Studien. Die Folge der Literaturrecherche<br />
sind strukturelle Veränderungen am LMM als auch geänderte Parametereinstellungen.<br />
Veränderungen an der LMM-Modellstruktur<br />
Aufgrund der Probleme des LMM wurden Veränderungen am LMM und die Neujustierung verschiedener<br />
Modellparameter beschlossen. Die Veränderungen an der Modellstruktur betreffen die<br />
Produktion der Eier, die Überlebenswahrscheinlichkeit während der Reifezeit von Moskitos als<br />
auch die Übertragung des Malariaparasiten vom Menschen <strong>zu</strong>r Mücke.<br />
a) Prozess der Eiablage<br />
Eine realitätsnahe Simulation der Größe der Moskitopopulation ist eine Grundvorausset<strong>zu</strong>ng für die<br />
Berechnung der Malariaübertragung. In der bisherigen Version des LMM wird die Eiablage der<br />
Moskitos proportional <strong>zu</strong>m 10-tägig akkumulierten Niederschlag (RRΣ10d) gesetzt. Der Proportionalitätsfaktor<br />
dabei ist der bereits vorgestellte RR•. Die Anzahl der abgelegten Eier orientiert sich<br />
<strong>zu</strong>nächst nicht mehr am RRΣ10d, sondern hängt fortan von der Anzahl der während des gonotrophischen<br />
Zyklus entwickelten Eier ab. Der verwendete Wert für die Anzahl der produzierten Moskitoeier<br />
wird <strong>zu</strong>künftig auf einen Wert zwischen 50 und 150 Eier festgelegt (vgl. Lyimo und Takken,<br />
1993; Hogg et al., 1996; Takken et al., 1998).<br />
Wie viele der produzierten Eier nun wirklich erfolgreich in eine Brutstätte abgelegt werden wird im<br />
Folgenden von den Umgebungsbedingungen abhängig gemacht. Mit Hilfe einer sigmoidalen Funktion<br />
(vgl. Craig et al., 1999) wird der Prozess der Eiablage in Be<strong>zu</strong>g auf den gefallenen Niederschlag<br />
fuzzifiziert (s. Abb. III.1.4-10). Die Fuzzifizierung unterscheidet einerseits zwischen trockenen<br />
wenig geeigneten und geeigneten feuchten Umgebungsbedingungen. Darüber hinaus wird der<br />
häufig beschriebene Prozess der Auswaschung von Brutstätten durch Starkniederschläge imitiert<br />
(z. B. Gimnig et al., 2001; Drakeley et al., 2005; Shaman und Day, 2005). Durch die angewandte<br />
Fuzzifizierung wird die Eiablage im LMM stärker als bisher an die Prozesse in der Natur angepasst.
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 195<br />
Abb. III.1.4-10: Veranschaulichung der Fuzzifizierung in Be<strong>zu</strong>g auf des Einfluss vom RRΣ10d auf die Anzahl der<br />
erfolgreich abgelegten Eier sowie die Überlebenswahrscheinlichkeit während der Reifung von Mücken.<br />
Die verwendeten Schwellwerte von 0 mm und 500 mm (keine Eignung) sowie von 10 mm (optimale<br />
Eignung) sind lediglich Beispielwerte. Die endgültige Festlegung der Schwellwerte erfolgt<br />
durch die Validation des Modells mit Hilfe von entomologischen Daten.<br />
Die Modellierung der Moskitopopulation erfordert ebenfalls eine Limitierung der Anzahl der Eier<br />
legenden Moskitos. Simulationen mit dem LMM zeigen, dass aufgrund des Aufbaus des Malariamodells<br />
die Moskitopopulation bei bestimmten Bedingungen während der Regenzeit ohne einen<br />
Limitierungsfaktor exponentiell wächst. Dieser Vorgang kann durch eine einfache Differenzialgleichung<br />
verdeutlicht werden. Die Notwendigkeit der Limitierung der Mücken die Eier legen kann<br />
unter realen Bedingungen in der Natur mehrere Gründe haben. Eine Begren<strong>zu</strong>ng kann einerseits<br />
darin begründet sein, dass auf einen Mensch nur eine begrenzte Anzahl an Mücken einwirken können.<br />
Beispielsweise können örtlichen Gegebenheiten wie die abschirmende Wirkung eines Hauses<br />
oder die von Moskitonetzen ursächlich sein. Nicht alle der vorhandenen Mücken werden die Möglichkeit<br />
erhalten in den Kontakt mit einem Menschen <strong>zu</strong> treten. Andererseits können sich die begrenzten<br />
natürlichen Ressourcen auf die Größe der Moskitopopulation auswirken. Mücken haben<br />
eine begrenzte Reichweite (z. B. Gillies 1961), weshalb den Anopheles Weibchen nur eine begrenzte<br />
Anzahl an Brutstellen <strong>zu</strong>r Verfügung steht. Auch bei optimalen Niederschlagsbedingungen ist die<br />
Anzahl der vorhandenen Wasserstellen, welche sich als Brutplätzen eignen begrenzt. Folglich wird<br />
bei einer großen Menge Eier legender Moskitos und einer vergleichsweise geringen Anzahl an<br />
Brutstätten die Larvendichte steigen. Studien haben in diesem Zusammenhang nachgewiesen, dass<br />
die Überlebenswahrscheinlichkeit von Moskitolarven bei steigender Larvendichte sinkt (Lyimo et<br />
al., 1992; Schneider et al., 2000; Gimnig et al., 2002; Munga et al., 2006). Bei einer hohen Larvendichte<br />
haben Takken et al. (1998) darüber hinaus gezeigt, dass sich aufgrund der reduzierten Körpergröße<br />
und damit verbundenen geringeren Nahrungsreserven die Mortalität der erwachsenene<br />
Moskitos erhöht.<br />
b) Reifezeit der Moskitos<br />
In der bisherigen LMM-Version ist die Reifezeit von Mücken (MMA; Engl.: „Mosquito Mature<br />
Age“) auf 15 Tage festgelegt. Feldstudien in Kenia und Mali haben jedoch gezeigt, dass die Zeit<br />
von der Eiablage bis <strong>zu</strong>m Schlüpfen der Mücke im Mittel innerhalb von etwa 12 Tagen abgeschlos-
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 196<br />
sen ist (vgl. Service 1971, 1973, 1977; Edillo et al., 2004; Mwangangi et al., 2006). Aus diesem<br />
Grund wird MMA in der neuen LMM-Version von 15 auf 12 Tage herunter gesetzt.<br />
c) Überlebenswahrscheinlichkeit während der Reifezeit<br />
Der Moskito-Lebenszyklus umfasst insgesamt vier Stadien, dass Ei-, Larven-, Puppen- und Erwachsenenstadium.<br />
Das Ei-, Larven- und Puppenstadium ist wassergebunden und damit hauptsächlich<br />
von den vorherrschenden Niederschlagsverhältnissen abhängig. Für die Mortalität während der<br />
Reifeperiode spielen neben dem Einfluss der Niederschlagsbedingungen und der Wassertemperatur<br />
die Überbevölkerung, die Wasserqualität, das Nahrungsangebot, der Kannibalismus sowie natürliche<br />
Feinde und Krankheitserreger eine wichtige Rolle (z. B. Service, 1973; Koenraadt und Takken,<br />
2003; Bayoh und Lindsay, 2004; Munga et al., 2006; Paaijmans et al., 2007). In der bisherigen<br />
LMM-Version wurde die tägliche Überlebenswahrscheinlichkeit während der Reifezeit (ld) lediglich<br />
in Abhängigkeit vom RRΣ10d nach folgender Formel parametrisiert:<br />
ld = (1+RRΣ10d)/(2+ RRΣ10d)<br />
Dies führt da<strong>zu</strong>, dass auch bei geringen Niederschlägen ein großer Larvenanteil die Reifungszeit<br />
von 15 Tagen (der bisher festgelegte Wert) überdauert. Beispielsweise überleben 27,1 (49,8) % die<br />
Larvenentwicklung bei einem konstant gehaltenen RRΣ10d-Wert von 10 (20) mm. Altersverteilungen<br />
aus sog. vertikalen Lebenstabellen zeigen allerdings, dass meist nur ein Bruchteil (2-8 %) der abgelegten<br />
Eier das Erwachsenenalter erreichen (vgl. Service 1971, 1973, 1977; Aniedu et al. 1993;<br />
Mwangangi et al., 2006). Laboruntersuchungen haben hingegen nachgewiesen, dass unter kontrollierten<br />
Bedingungen meist über 90 % der Eier, Larven und Puppen einen Tag überdauern (z. B. Lyimo<br />
et al., 1992; Schneider et al., 2000; Gimnig et al., 2002; Edillo et al., 2004; Munga et al., 2006).<br />
Die höhere Überlebenswahrscheinlichkeit im Labor ist dadurch begründet, dass unter kontrollierten<br />
Bedingungen verschiedene natürliche Einflussfaktoren auf die Reifung der Mücken ausgeschaltet<br />
werden. In Experimenten werden die heranreifenden Moskitos in der Regel lediglich unterschiedlichen<br />
Temperaturen, Larvendichten, Nahrungsangeboten und Wasserqualitäten ausgesetzt. Der Einfluss<br />
von Räubern und Krankheitserregern (vgl. Koenraadt und Takken, 2003) kann im Labor nicht<br />
nachgestellt werden, der des Kannibalismus unter den Larven ist jedoch enthalten. Die tägliche<br />
Überlebenswahrscheinlichkeit während der Reifezeit ohne den Einfluss des Niederschlags (ld,¬RR)<br />
wird im Folgenden auf 82,5 % festgelegt, da in Feldstudien in der Regel weniger als 10 % das Erwachsenenstadium<br />
erreichen und die Reifeperiode auf 12 Tage festgelegt wird (0,825 12 =0,099).<br />
Wie bereits beschrieben ist das Überdauern der Reifezeit ebenfalls von den Niederschlagsverhältnissen<br />
abhängig. Wenn kein Regen fällt, werden die meisten Brutstätten austrocknen. Bei <strong>zu</strong>nehmenden<br />
Niederschlägen wird davon ausgegangen, dass mehr Brutstätten erhalten bleiben und folglich<br />
ld steigt. Andererseits führen selbst schwache Niederschläge <strong>zu</strong> einem Verlust an Larven, welche<br />
durch Niederschläge und Winde aus z. B. Pfützen herausgespült werden (vgl. Paaijmans et al.,<br />
2007). Die beschriebenen Prozesse werden in der neuen LMM-Version erneut durch eine Fuzzifizierung<br />
in Abhängigkeit vom RRΣ10d nachgebildet. Die Überlebenswahrscheinlichkeit während der<br />
Reifezeit wird schließlich durch die Multiplikation von ld,¬RR mit dem Wert der Fuzzifizierung (fuzzy(RRΣ10d);<br />
vgl. Abb. III.1.4-9) berechnet:<br />
ld = ld,¬RR fuzzy(RRΣ10d)
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 197<br />
Abschließende Modellsimulationen<br />
Auf Basis der neuen LMM-Struktur wird mit Hilfe der recherchierten Feldbeobachtungen das Modell<br />
neu parametrisiert. Durch die Anpassung an entomologische und parasitologische Studien ist<br />
das Modell automatisch validiert. Mit Hilfe des neuen Variablensatzes wird das LMM somit <strong>zu</strong>künftig<br />
die Prozesse der Malariaübertragung wirklichkeitsgetreuer als bisher simulieren können.<br />
Mit dieser realistischeren Modellversion werden schlussendlich erneut die 2-dimensionale Berechnungen<br />
der Malaria für 1960-2050 gestartet. Dabei werden diesmal jedoch die korrigierten REMO-<br />
Temperaturdaten verwendet.<br />
Stand der IS-Entwicklung<br />
IS MalaRis: Risikoabschät<strong>zu</strong>ng des Auftretens der Malaria in Afrika während des Klimawandels<br />
(Engl.: „The impact of climate change on Malaria Risk in Africa“; Franz.: „Estimation du Risque<br />
de Malaria en Afrique sous le changement climatique“)<br />
Das bestehende IS MalaRis soll die WHO sowie nationale und regionale Gesundheitsbehörden in<br />
Afrika über das Malariarisiko in Afrika in den nächsten Jahrzehnten informieren. Den potenziellen<br />
Nutzer von MalaRis soll Auskunft über die möglichen Folgen des Klimawandels bzgl. der Malariaverbreitung<br />
gegeben werden. Die durch HTML-Seiten leicht <strong>zu</strong>gänglichen Informationen können<br />
bei der Planung von langfristigen Gegenmaßnahmen behilflich sein. Darüber hinaus können sich<br />
Forscher über Ergebnisse bisheriger Malariastudien informieren. Seit Oktober 2008 ist die das IS<br />
MalaRis auf den IMPETUS-Internetseiten frei verfügbar: http://www.impetus.uni-koeln.de/malaris<br />
Inzwischen wurde die zweite Version (Version 1) des IS MalaRis entwickelt. Das System umfasst<br />
der jetzigen Version etwa 50 englischsprachige und ca. halb so viele französische Internetseiten, auf<br />
denen z. Z. 1346 Grafiken, 17 Textdateien und eine pdf-Datei vernetzt sind. Die Seiten sind in vier<br />
Hauptabschnitte unterteilt: Zusammenfassung und Einleitung, Malaria-Archiv, Malaria-<br />
Modellierung und Malaria-Simulationen. Die Hauptabschnitte „Malaria-Modellierung“ sowie „Malaria-Simulation“<br />
beinhalten weitere Teilabschnitte. Im Fall der Malaria-Modellierung bestehen<br />
diese aus einer Erläuterung der verwendeten Szenarien, LMM- und MSM-Eingabedaten als auch<br />
einer Beschreibung der beiden angewendeten Modelle. Bei den Malaria-Simulationen wird die Analyse<br />
der Malariasimulationen des LMM und MSM für die Zeiträume 1960-2000 und 2001-2050<br />
vorgestellt. Weitere technische Abschnitte sind der Ausblick auf anstehende Arbeiten, die Literaturreferenzen,<br />
das Abkür<strong>zu</strong>ngsverzeichnis sowie ein Glossar mit einer Erklärung von wichtigen Begriffen.
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 198<br />
Abb. III.1.4-11: Veranschaulichung von Teilen der englischsprachigen Internet-Startseite des IS MalaRis. Dargestellt<br />
sind die Startseite (links), eine dynamische Ansicht von Grafiken der Malariasaison (rechts oben)<br />
sowie eine Tabelle mit recherchierten Werten aus der Literatur (rechts unten).<br />
Das IS bietet ein Malaria-Archiv, in dem Ergebnisse von zahlreichen öffentlich <strong>zu</strong>gänglichen Malariastudien<br />
eingesehen werden können. Das Archiv kann für viele individuelle Zwecke dienen, z. B.<br />
kann mit den vorhandenen Informationen leicht ein Überblick über vorhandene Publikationen gewonnen<br />
werden. Darüber hinaus bietet das Archiv dem Nutzer die Möglichkeit von sich aus die<br />
Genauigkeit der Malariasimulationen des LMM und MSM <strong>zu</strong> prüfen. Aus urheberrechtlichen<br />
Gründen können die vorhandenen Artikel (pdf-Dokumente) nur in Einzelfällen bereitgestellt werden.<br />
Jedoch kann der Nutzer im Malaria-Archiv zahlreiche publizierte Grafiken einsehen. Die Grafiken<br />
sind in verschiedene Kategorien eingeteilt und mit weiteren hilfreichen Informationen versehen.<br />
Des Weiteren werden von Keiser et al. (2004) und Hay et al. (2000, 2005) gesammelte entomologische<br />
und parasitologische Daten in Form von zwei unterschiedlichen Tabellenformaten bereitgestellt.<br />
Im Zuge der umfassenden Literaturrecherche konnten weitere Tabellen mit Werten aus<br />
zahlreichen Studien <strong>zu</strong>sammengestellt werden (s. Abb. III.1.4-11). Diese umfassen die Dauer des<br />
gonotrophischen Zyklus und der Reifung der Mücken, die Anzahl der produzierten Moskitoeier, die<br />
Überlebenswahrscheinlichkeit während der Reifezeit von Moskitos im Labor und im Feld, den Anteil<br />
der Stiche von Anopheles Weibchen am Menschen, die Übertragungseffizienz des Malariaerregers<br />
von der Mücke <strong>zu</strong>m Menschen und vom Menschen <strong>zu</strong>m Moskito, Daten bzgl. der Prävalenz<br />
von Gametozyten sowie der Zeitspanne bis Gametozyten Anopheles Weibchen infizieren können.<br />
Auf den Internetseiten bzgl. der Malaria-Modelle wird der Nutzer <strong>zu</strong>nächst über die verwendeten<br />
Szenarien und Eingabedaten informiert. Ferner wird der Aufbau der verwendeten Malariamodelle<br />
LMM und MSM ausführlich skizziert. In der nächsten Version von MalaRis (Version 2) ist ebenfalls<br />
die Schilderung der Validierung der Eingabedaten mit Beobachtungs- oder Reanalyse-Daten<br />
geplant.<br />
Im Hauptabschnitt „Malaria-Simulation“ sind Ergebnisse der Simulationen der bisherigen LMM-<br />
Version dargestellt. In diesem Teil informiert MalaRis über die mögliche Lage von Gebieten, in
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 199<br />
denen das Risiko für Epidemien <strong>zu</strong>künftig steigt. Sobald neue Malariaprojektionen vorliegen, werden<br />
die alten Ergebnisse ersetzt. Inzwischen sind die Simulationen des MSM integriert worden,<br />
welche mögliche Veränderungen in der Malariasaison aufzeigen. Mit Hilfe einer dynamischen Internetseite<br />
kann der Nutzer in diesem Fall zahlreiche vorgefertigte Bilder selbstständig analysieren<br />
(vgl. Abb. III.1.4-11). Zusätzlich sollen in der Version 2 die endgültige Validation und Parametrisierung<br />
des LMM detailliert beschrieben werden.<br />
Literatur<br />
Aniedu I., M. J. Mutinga & C. M. Mutero (1993): Vertical estimates of survivorship of larvae and pupae of Anopheles<br />
gambiae Giles complex in Baringo district, Kenya. Insect Science and its Application, 14, 39-48.<br />
Bayoh, M. N. & S. W. Lindsay (2004): Temperature-related duration of aquatic stages of the Afrotropical malaria vector<br />
mosquito Anopheles gambiae in the laboratory. Medical and Veterinary Entomology, 18, 174-179.<br />
Confalonieri, U., B. Menne, R. Akhtar, K. L. Ebi, M. Hauengue, R. S. Kovats, B. Revich & A. Woodward (2007): Human<br />
health. Climate Change 2007: Impacts, Adaptation and Vulnerability. Contribution of Working Group II to<br />
the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, M. L. Parry, O. F. Canziani, J.<br />
P. Palutikof, P. J. van der Linden and C. E. Hanson, Eds., Cambridge University Press, Cambridge, United Kingdom,<br />
391-431.<br />
Craig, M. H., R. W. Snow & D. le Sueur (1999): A Climate-based Distribution Model of Malaria Transmission in Sub-<br />
Saharan Africa. Parasitology Today, 15, 105-111.<br />
Drakeley, C. J., I. Carneiro, H. Reyburn, R. Malima, J. P. A. Lusingu, J. Cox, T. G. Theander, W M. M. M. Nkya,<br />
M. M. Lemnge & E. M. Riley (2005): Altitude-Dependent and -Independent Variations in Plasmodium falciparum<br />
Prevalence in Northeastern Tanzania. The Journal of Infectious Diseases, 191, 1589-1598.<br />
Edillo, F. E., Y. T. Touré, G. C. Lanzaro, G. Dolo & C. E. Taylor (2004): Survivorship and Distribution of Immature<br />
Anopheles gambiae s.l. (Diptera: Culicidae) in Banambani Village, Mali. Journal of Medical Entomology, 41,<br />
333-339.<br />
Gillies, M. T. (1961): Studies on the dispersion and survival of Anopheles gambiae Giles in East Africa, by means of<br />
marking and release experiments. Bulletin of Entomological Research, 52, 99-127.<br />
Gimnig, J. E., M. Ombok, L. Kamau & W. A. Hawley (2001): Characteristics of Larval Anopheline (Diptera: Culicidae)<br />
Habitats in Western Kenya. Journal of Medical Entomology, 38, 282-288.<br />
Gimnig, J. E., M. Ombok, S. Otieno, M. G. Kaufman, J. M. Vulule & E. D. Walker (2002): Density-dependent development<br />
of Anopheles gambiae (Diptera: Culicidae) larvae in artificial habitats. Journal of Medical Entomology,<br />
39, 162-172.<br />
Hay, S. I., D. J. Rogers, J. F. Toomer & R. W. Snow (2000): Annual Plasmodium falciparum entomological inoculation<br />
rates (EIR) across Africa: literature survey, Internet access and review. Transactions of the Royal Society of Tropical<br />
Medicine and Hygiene, 94, 113-127.<br />
Hay, S . I., C. A. Guerra, A. J. Tatem, P. M. Atkinson & R. W. Snow (2005): Urbanization, malaria transmission and<br />
disease burden in Africa. Nature reviews. Microbiology, 3, 81-90.<br />
Hogg, J. C., M. C. Thompson & H. Hurd (1996): Comparative fecundity and associated factors for two sibling species<br />
of the Anopheles gambiae complex occuring sympatrically in The Gambia. Medical and Veterinary Entomology,<br />
10, 385-391.<br />
Hoshen, M. B. & A. P. Morse (2004): A weather-driven model of malaria transmission. Malaria Journal, 3:32.<br />
IMPETUS (2008): Achter Zwischenbericht. Zeitraum: 1.1.2007-31.12.2007. <strong>Köln</strong>, Bonn, 342 Seiten.<br />
Keiser, J., J. Utzinger, M. Caldas de Castro, T. A. Smith, M. Tanner, and B. H. Singer (2004): Urbanization in sub-<br />
Saharan Africa and malaria control. The American Journal of Tropical Medicine and Hygiene, 71 (Suppl. 2),<br />
118-127.<br />
Koenraadt, C. J. M. & W. Takken (2003): Cannibalism and predation among larvae of the Anopheles gambiae complex.<br />
Medical and Veterinary Entomology, 17, 61-66.<br />
Lyimo, E. O., W. Takken & J. Koella (1992): Effect of rearing temperature and larval density on larval survival, age at<br />
pupation and adult size of Anopheles gambiae. Entomologia Experimentalis et Applicata, 63, 265-271.<br />
Lyimo, E. O. & W. Takken (1993): Effects of adult body size on fecundity and the pre-gravid rate of Anopheles gambiae<br />
females in Tanzania. Medical and Veterinary Entomology, 7, 328-332.<br />
Munga, S., N. Minakawa, G. Zhou, E. Mushinzimana, O.-O. J. Barrack, A. K. Githeko & G. Yan (2006): Association<br />
between land cover and habitat productivity of malaria vectors in western Kenyan highlands. The American<br />
Journal of Tropical Medicine and Hygiene, 74, 69-75.
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 200<br />
Mwangangi, J. M., E. J. Muturi, J. Shililu, S. M. Muriu, B. Jacob, E. W. Kabiru, C. M. Mbogo, J. Githure & R. Novak<br />
(2006): Survival of immature Anopheles arabiensis (Diptera: Culicidae) in aquatic habitats in Mwea rice irrigation<br />
scheme, central Kenya. Malaria Journal, 5:114.<br />
Nakicenovic, N., J. Alcamo, G. Davis, B. de Vries, J. Fenhann, S. Gaffin, K. Gregory, A. Grübler, T. Y. Jung, T. Kram,<br />
E. L. La Rovere, L. Michaelis, S. Mori, T. Morita, W. Pepper, H. Pitcher, L. Price, K. Riahi, A. Roehrl, H.-H.<br />
Rogner, A. Sankovski, M. Schlesinger, P. Shukla, S. Smith, R. Swart, S. van Rooijen, N. Victor & Z. Dadi<br />
(2000): Special Report on Emissions Scenarios: A Special Report of Working Group III of the Intergovernmental<br />
Panel on Climate Change. Cambridge, 599 Seiten.<br />
Paaijmans, K. P., M. O. Wandago, A. K. Githeko & W. Takken (2007): Unexpected High Losses of Anopheles gambiae<br />
Larvae Due to Rainfall. PLoS ONE, 2: e1146.<br />
Patz, J. A., K. Strzepec, S. Lele, M. Hedden, S. Green, B. Noden, S. I. Hay, L. Kalkstein & J. C. Beier (1998): Predicting<br />
key malaria transmission factors, biting and entomological inoculation rates, using modelled soil moisture in<br />
Kenja. Tropical Medicine and International Health, 3, 818-827.<br />
Paeth, H., K. Born, R. Girmes, R. Pod<strong>zu</strong>n & D. Jacob (2007): Regional climate change in tropical and northern Africa<br />
due to greenhouse forcing and land-use changes. Eingereicht im Journal of Climate.<br />
Sachs, J. & P. Malaney (2002): The economic and social burden of malaria. Nature, 415, 680-685.<br />
Schneider, P., W. Takken & P. J. McCall (2000): Interspecific competition between sibling species larvae of Anopheles<br />
arabiensis and An. gambiae. Medical and Veterinary Entomology, 14, 165-170.<br />
Service, M. W. (1971): Studies on Sampling Larval Populations of the Anopheles gambiae complex. Bulletin of the<br />
World Health Organization, 45, 169-180.<br />
Service, M. W. (1973): Mortalities of the larvae of the Anopheles gambiae Giles complex and detection of predators by<br />
the precipitin test. Bulletin of Entomological Research, 62, 359-369.<br />
Service, M. W. (1977): Mortalities of the immature stages of species B of the Anopheles gambiae complex in Kenya:<br />
comparison between rice fields and temporary pools, identification of predators, and effects of insecticidal spraying.<br />
Journal of Medical Entomology, 13, 535-545.<br />
Shaman, J. & J. F. Day (2005): Achieving Operational Hydrologic Monitoring of Mosquitoborne Disease. Emerging<br />
Infectious Diseases, 11, 1343-1350.<br />
Snow, R. W., J. A. Omumbo, B. Lowe, C. S. Molyneux, J. O. Obiero, A. Palmer, M. W. Weber, M. Pinder, B. Nahlen,<br />
C. Obonyo, C. Newbold, S. Gupta & K. Marsh (1997): Relation between severe malaria morbidity in children<br />
and level of Plasmodium falciparum transmission in Africa. The Lancet, 349, 1650-1654.<br />
Snow, R. W., M. H. Craig, U. Deichmann & D. le Sueur (1999): A Preliminary Continental Risk Map for Malaria Mortality<br />
among African Children. Parasitology Today, 15, 99-104.<br />
Takken, W., M. J. Klowden & G. M. Chambers (1998): Effect of Body Size on Host Seeking and Blood meal Utilization<br />
in Anopheles gambiae sensu stricto (Diptera: Culicidae): the Disadvantage of Being Small. Journal of Medical<br />
Entomology, 35, 639-645.<br />
Tanser, F. C., B. Sharp & D. le Sueur (2003): Potential effect of climate change on malaria transmission in Africa. The<br />
Lancet, 362, 1792-1798.<br />
Touré, Y. T. & A. Oduola (2004): Focus: Malaria. Nature reviews. Microbiology, 2, 276- 277.
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 201<br />
PK Be-G.5 Bakteriologische und virologische Belastung von Trinkwasser-<br />
quellen im oberen Ouémé Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
Problemstellung<br />
Wasserabhängige Infektionskrankheiten stellen ein erhebliches Risiko für die Bevölkerung in einem<br />
Versorgungsgebiet dar, mit ökonomischen und gesundheitlichen Folgen für die Konsumenten.<br />
Weltweit haben 1,1 Milliarden Menschen, also 18 % der Bevölkerung keinen Zugang <strong>zu</strong> Trinkwasser<br />
[WHO/UNICEF, 2005]. In Benin fehlen zwei von fünf Haushalten der Zugang <strong>zu</strong> einer sicheren<br />
Trinkwasserquelle [INSAE, 2003].<br />
Das siebte Millennium Development Goal der Vereinten Nationen [UN, 2001] sieht vor, die Zahl<br />
von Menschen ohne Zugang <strong>zu</strong> sauberem Trinkwasser bis ins Jahr 2015 <strong>zu</strong> halbieren. Für Benin ist<br />
dies ein ehrgeiziges Ziel, denn im Rahmen dieses Forschungsvorhabens wurde festgestellt, dass die<br />
Mehrzahl (> 70 %) aller offenen Wasserquellen wie traditionelle oder moderne Brunnen, die im<br />
oberen Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet mit 90 % den Hauptanteil an der Wasserversorgung bilden, mit E.<br />
coli kontaminiert sind. 8 % der registrierten Wasserquellen weisen Kontaminationen durch Salmonellen<br />
auf, wohingegen Wasser aus Bohrlöchern, die mit geschlossenen Pumpen-Systemen versehen<br />
sind, bakteriologisch unbedenklich ist. Da eine staatliche Überwachung der bakteriologischen<br />
Trinkwasserqualität nicht stattfindet, kommt es in Benin immer wieder <strong>zu</strong>m Ausbruch von Cholera-<br />
Epidemien [WHO, 2007]. Bislang hat es außer der von IMPETUS initiierten Feldkampagne in Benin<br />
nur sehr wenige Untersuchungen <strong>zu</strong>r bakteriologischen Trinkwasserqualität gegeben, die darüber<br />
hinaus ausschließlich im Süden des Landes durchgeführt wurden [Bossou B. 2001; Assani<br />
A.K. 1995; Baba Moussa A. 1994].<br />
Mitarbeiter<br />
A. Uesbeck, J. Verheyen, R. Baginski, F. Mazou, M. Dossou, L. Bourgeois, O. Budayeva, M. Timmen-Wego,<br />
N. Zobel, B. Kröger
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 202<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Eine nachhaltige Nut<strong>zu</strong>ng der bakteriologischen und chemischen Wasser-Analysemethoden des<br />
<strong>Impetus</strong>-Labors und des Know-hows der Labor-Mitarbeiter in Parakou soll sichergestellt werden,<br />
damit für das <strong>zu</strong>künftige beninische Trinkwasser-<strong>Management</strong> eine Evaluierungs-Einrichtung in<br />
Zentral-Benin besteht.<br />
Um dies gewährleisten <strong>zu</strong> können, wird die Übergabe des Labors nebst Inventar und etablierten<br />
Methoden nach Abschluss der 3. Förderperiode an die staatliche Wasserbehörde DG-Eau, vorbereitet.<br />
Das im Laufe des Jahres entwickelte Informations-System SIQeau („Système d´Information Qualité<br />
de l´eau“), das es Entscheidungsträgern ermöglichen soll, einen Überblick <strong>zu</strong>r aktuellen Lage der<br />
Wasserversorgung und -qualität im oberen Ouémé Ein<strong>zu</strong>gsgebiet <strong>zu</strong> erhalten, soll erprobt und auf<br />
Grundlage des Feed-backs der <strong>zu</strong>künftigen Nutzer weiterentwickelt werden.<br />
SIQeau wird um die Funktion eines Monitoring Tools erweitert, damit die einzelnen Nutzer neue<br />
Brunnendaten und Analyseergebnisse einfügen können, die in ihrem jeweiligen Verantwortungsgebiet<br />
relevant sind.<br />
Nach Fertigstellung des Systems soll es mit der integrierten <strong>Impetus</strong>-Brunnen-Datenbank, die Informationen<br />
aller Wasserstellen des Städtedreiecks Parakou-Bassila-Djougou enthält, an alle Nutzer<br />
einzeln übergeben werden.<br />
Viele der bereits bestehenden Kooperationen des <strong>Impetus</strong>-<strong>Projekt</strong>es <strong>zu</strong> Brunnenbau-<strong>Projekt</strong>en und<br />
verschiedenen Organisationen wurden 2008 weitergeführt. Neue Kontakte sind entstanden, aus denen<br />
Kooperationen, wie beispielsweise mit der KfW, initiiert wurden.<br />
Nutzergruppen<br />
• Gemeinden<br />
• DG-Eau<br />
• SR-Eau<br />
• DHAB<br />
• SHAB<br />
• Entscheidungsträger auf dem Gesundheitssektor<br />
• Verantwortliche Chefärzte auf Arrondissement-Ebene<br />
• Wassernutzer-Komitees auf Dorfebene<br />
• NGOs aus dem Bereich Brunnenbau, Wasserhygiene
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 203<br />
Stand der bisherigen Arbeiten<br />
Neuauflage der Brunnendatenbank, Übergabe der Daten und Dorfbefragung<br />
Die Situation der Wasserversorgung hat sich in einigen Dörfern des Oberen Ouémé Ein<strong>zu</strong>gsgebietes<br />
im Laufe der vergangenen Jahre geändert. In einigen Dörfern ist eine Vielzahl neuer traditioneller<br />
Brunnen gebaut worden (beispielsweise in Kpawa), es sind einige neue Bohrlöcher realisiert worden<br />
und ein großer Anteil der Brunnen, die in den Jahren 2000/2001 bei der Entstehung der Brunnendatenbank<br />
noch in Betrieb waren, ist in der Zwischenzeit ausgetrocknet oder versandet.<br />
Die im August 2007 initiierte Aktualisierung der Datenbank und die Erhebung der Daten aller neuen<br />
Wasserstellen im Beprobungsgebiet wurde im Juli 2008 fertig gestellt. Alle Quellen, die einem<br />
Dorf <strong>zu</strong>r Trinkwasserversorgung dienen (traditionelle und moderne Brunnen, Pumpen, AEVs, Anschlüsse<br />
an nahe gelegene städtische Wasserversorgung, etc.) wurden mit der vorhandenen Datenbank<br />
abgeglichen und neue Quellen wurden registriert, fotografiert, georeferenziert und vermessen.<br />
Daten über die Erbauung, das Umfeld und den Zustand der Wasserquelle in der Trockenzeit (trocknet<br />
die Quelle nach einer regenfreien Periode aus oder nicht) wurden ebenfalls erhoben, sowie die<br />
bakteriologischen und chemischen Analyse-Ergebnisse des Wassers der zehn am häufigsten genutzten<br />
Wasserquellen eines jeden Dorfes.<br />
Die Daten über die Wasserqualität wurden im Zuge dieser Aktualisierungskampagne den Bewohnern<br />
der einzelnen Dörfer und insbesondere den „groupements des femmes“ und „Comités de<br />
gestion des points d´eau“ erläutert und überreicht. Gleichzeitig wurde mit Hilfe eines Fragebogens<br />
ermittelt, wie die Dorfbewohner die Wasserversorgung in ihrem Dorf einschätzen und ob der Zusammenhang<br />
zwischen Fäkal-Kontaminationen des Wassers und Durchfallerkrankungen von ihnen<br />
erkannt wird.<br />
Lediglich die Vertreter (meist Chef du village, Comité de gestion des points d´eau und Groupement<br />
des femmes) von zwei Dörfern von insgesamt 34 befragten Dörfern, haben angegeben, die Versorgung<br />
mit Trinkwasser in ihrem Dorf sei sehr gut. Fast die Hälfte aller Befragten schätzte die Situation<br />
in ihren Dörfern als un<strong>zu</strong>reichend oder sehr schlecht ein. In knapp 75% der Dörfer wurde angegeben,<br />
die Anzahl an sicheren Trinkwasserquellen (Pumpen, AEV) reiche nicht aus. In 60% der<br />
Dörfer steht den Einwohnern in der Trockenzeit nicht genügend Wasser <strong>zu</strong>r Verfügung.<br />
Alle Befragten haben angegeben, dass sie Wasser aus Pumpen bevor<strong>zu</strong>gen, da es im Gegensatz <strong>zu</strong><br />
Wasser aus offenen Brunnen sauber ist.
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 204<br />
Bakteriologische Wasseranalytik<br />
Studie über Salmonellen in Stuhl - und Trinkwasserproben in dem Dorf Kaki Koka<br />
Die in den vergangenen Jahren durchgerührten bakteriologischen Trinkwasseranalysen haben gezeigt,<br />
dass mehr als 8% aller offenen Wasserquellen (Marigots, traditionelle und moderne Brunnen)<br />
mit enteritischen Salmonellen kontaminiert sind.<br />
Die überwiegende Anzahl der isolierten Serotypen ist in Veröffentlichungen wissenschaftlicher<br />
Studien bislang noch gar nicht oder nur sehr kurz beschrieben worden. Das humanpathogene Potential<br />
dieser Isolate kann bisher nur abgeschätzt werden. Aus diesem Grund wurde bereits von Oktober<br />
2003 bis Januar 2004 eine Studie in dem Dorf Kaki Koka durchgeführt, die Aufschluss darüber<br />
geben sollte, wie hoch das Infektions-Risiko für die Wasser-Konsumenten ist.<br />
Stuhlproben von Probanden und sämtliche Wasserstellen in Kaki Koka wurden auf Salmonellen<br />
untersucht und die assoziierten Daten <strong>zu</strong>r Anamnese bei Salmonellenerkrankungen erhoben. Ziel<br />
der Arbeit war die Ermittlung der Prävalenz von Keimträgertum und Morbidität in einem geschlossenen<br />
und repräsentativen Beobachtungsraum.<br />
Um die Ergebnisse der damaligen Studie <strong>zu</strong> überprüfen, wurden die Wasser- und Stuhluntersuchungen<br />
von den beiden cand. med. Frau Nicola Zobel und Britta Kröger von April - Juni 2008<br />
erneut durchgeführt.<br />
Im Rahmen dieser Studie wurden Wasseranalysen von 25 Trinkwasserquellen (3 geschlossene<br />
Pumpen-Systeme, 5 modere Brunnen, 8 traditionellen Brunnen und 9 offene Wasserlöcher) in Kaki<br />
Koka, sowie Stuhlproben von 201 Einwohnern aller Altersstufen des Dorfes auf Salmonellen und<br />
Shigellen untersucht. Die mikrobiologischen Analysen wurden im Labor in Parakou durchgeführt.<br />
Verdächtige Kolonien wurden kryokonserviert und in <strong>Köln</strong> durch weitere mikrobiologische und<br />
biochemische Tests verifiziert.<br />
Während das Wasser aus Pumpen frei von enteritischen Salmonellen war, zeigte sich bei den traditionellen<br />
Brunnen und offenen Wasserlöchern eine Kontaminationsrate von 62% bzw. 77% (s.<br />
Abb.III.1.4-12).<br />
Weder in Wasser-, noch in Stuhlproben waren Shigellen nachweisbar, wohingegen aus ca. 24% der<br />
Stuhlproben enteritische Salmonellen isoliert wurden, deren genaue Serotypisierung <strong>zu</strong>rzeit noch in<br />
entsprechenden Referenzzentren in Deutschland durchgeführt wird.<br />
Die Befragung der Keimträger bezüglich ihres aktuellen Gesundheitsstatus zeigte, dass 5% von<br />
ihnen am Tag der Probenentnahme an Durchfall litten.<br />
Auf die gesamte Probandenanzahl bezogen, gaben ca. 39% an, im Verlauf des letzten Jahres mehrfach<br />
an Durchfall gelitten <strong>zu</strong> haben. Bei den unter 5-jährigen waren es sogar 65%. Von gastrointestinalen<br />
Beschwerden im weiteren Sinne (Durchfall, Erbrechen, Bauchschmerzen, Dysenterie)<br />
berichteten 74% der Probanden.<br />
Nachdem die Analysen der Studie von 2003/2004 unterschiedliche Serotypen enteritischer Salmonellen<br />
in Stuhl- und Wasserproben gezeigt hatten, war es nun erneut Ziel dieser Studie, unter anderem<br />
den Zusammenhang zwischen dem Konsum Salmonellen-kontaminierten Wassers und<br />
Keimträgertum <strong>zu</strong> ermitteln, um sowohl Aufschluss über den Infektionsweg, sowie möglicherweise
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 205<br />
vorhandene Abwehrmechanismen gegen Salmonellen in der natürlichen Darmflora der Konsumenten<br />
<strong>zu</strong> erlangen. Während sich ca. 30% der Probanden, die mit Salmonellen kontaminiertes Wasser<br />
getrunken hatten, als Keimträger präsentierten, wurden nur in 16% der übrigen Stuhlproben enteritische<br />
Salmonellen gefunden (s. Abb.III.1.4-13). Genaue Aussagen über die Zusammenhänge sind<br />
aber noch nicht möglich, da die Serotypisierung der Salmonellen noch nicht abgeschlossen ist.<br />
Um mögliche bakteriozide Stoffe in der Darmflora der Wasserkonsumenten gegen lokale enteritische<br />
Salmonellen <strong>zu</strong> entdecken, wurden spezielle Tests <strong>zu</strong>nächst im Institut für Medizinischen Mikrobiologie<br />
in <strong>Köln</strong> entwickelt und dann in Parakou durchgeführt. Die endgültigen Resultate und<br />
Auswertungen dieser Untersuchungen liegen <strong>zu</strong>r Zeit noch nicht vor, vorläufige Ergebnisse weisen<br />
aber auf Hemmpotential verschiedener Enterobakterien sowie einiger gram-positiver Bakterien der<br />
natürlichen Darmflora hin.<br />
Abb. III.1.4-12: Salmonellen-Kontamination der verschiedenen Trinkwasserquellen in Kaki Koka (Zobel<br />
und Kröger, 2008)
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 206<br />
Abb. III.1.4-13: Zusammenhang zw. Konsum Salmonellen-kontaminierten Wassers und Salmonellen im<br />
Stuhl (Zobel und Kröger, 2008)<br />
Risiken bakterieller Kontamination von Trinkwasser während Transport und Lagerung<br />
Der Student des Masterstudiengangs „<strong>Management</strong> Environnemental et Qualité des Eaux“<br />
an der „Facultés des Sciences et Techniques (FAST)“ der <strong>Universität</strong> Abomey-Calavi, Mouissou<br />
Lagnika, hat im Rahmen seiner DESS-Abschlussarbeit Trinkwasseranalysen im <strong>Impetus</strong>-Labor,<br />
Parakou durchgeführt. Ziel seiner Arbeit war es, die Gefahr der Wasserkontamination auf dem<br />
Transportweg von der Pumpe, bzw. dem Brunnen <strong>zu</strong> den Haushalten <strong>zu</strong> untersuchen, sowie den<br />
Kontaminationsverlauf während der Lagerung des Wassers fest<strong>zu</strong>stellen. Hier<strong>zu</strong> hatte er ab Februar<br />
2007 in zwei Dörfern, die sich in unmittelbarer Nähe <strong>zu</strong> Parakou befinden, das Verhalten mehrerer<br />
Familien über einen Zeitraum von einigen Monaten beobachtet. Auf verschiedenen Etappen des<br />
Wassertransports und der -Lagerung sind Proben entnommen worden: an der Pumpe direkt, in der<br />
Transportschüssel, im Lagerbehälter und vom gelagerten Wasser am darauf folgenden Tag. Begleitend<br />
<strong>zu</strong> den Wasseranalysen ist das Hygiene-Verhalten der ausgewählten Familien mittels Fragebogen<br />
ermittelt worden. Seine Untersuchungen geben Einsicht in die Auswirkungen des Hygieneverhaltens<br />
der Wassernutzer auf die Trinkwasserqualität und zeigen, dass bakteriologisch einwandfreies<br />
Trinkwasser aus Bohrlöchern nach einer Lagerung von 24h bereits in 50% der untersuchten<br />
Haushalte Kontaminationen durch E. coli aufweist. In zwei Haushalten konnten sogar Kontaminationen<br />
durch enteritische Salmonellen im gelagerten Wasser festgestellt werden. Die Krankheitserreger<br />
können von den Händen der Konsumenten über ein Trinkgefäß (häufig Kalebasse), die alle<br />
Hausbewohner <strong>zu</strong>m Schöpfen des Trinkwassers nutzen und das nach dem Trinken wieder in den<br />
Lagerbehälter <strong>zu</strong>rückgelegt wird, ins Wasser gelangen.
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 207<br />
Cholera-Epidemie in Cotonou: Identifizierung kontaminierter Brunnen<br />
Während einer Cholera-Epidemie, die im Juli 2008 mit über 400 Fällen in Cotonou ausgebrochen<br />
ist, hat der Labor-Mitarbeiter Farouk Mazou in verschiedenen Stadtbezirken Cotonous<br />
Wasserproben genommen und bakteriologisch untersucht. Durch die Analysen konnten die Brunnen<br />
identifiziert werden, die trotz vorheriger Chlor-Desinfektionen mit dem Erreger Vibrio cholerae<br />
kontaminiert waren. Die <strong>zu</strong>ständige Direktorin des Gesundheitsministeriums wurde umgehend über<br />
die Gefährdung der Konsumenten informiert, um entsprechende Sanierungs-Maßnahmen in die<br />
Wege leiten <strong>zu</strong> können.<br />
Virologische Wasseranalytik<br />
Die virologischen Trinkwasseranalysen wurden fortgeführt und schon bestehende Ergebnisse in das<br />
SQIeau eingepflegt. Eine virologische Kontamination konnte in ca. 13% der Trinkwasserquellen<br />
nachgewiesen werden, wobei in erster Linie Adenoviren gefunden wurden. Durch die Analyse der<br />
georeferenzierten Daten konnte als Risikofaktor für eine virale Kontamination das Vorhandensein<br />
einer Latrine im Umkreis von 50m identifiziert werden. Dieses deutet auf eine mögliche fäkale<br />
Kontamination der Trinkwasserquellen hin als Ursache für den positiven Virusnachweis. Bei Stuhluntersuchungen<br />
von Kindern unter 5 Jahren, die wegen Durchfall in der Kinderklinik Parakou behandelt<br />
wurden, fanden sich erwartungsgemäß virale Durchfallerreger wie Rotaviren, Adenoviren<br />
Typ 41/40 und Noroviren, aber auch Adenoviren Typ 3/5, die ansonsten eher mit respiratorischen<br />
Erkrankungen assoziierte sind. Durch diese breite Variabilität der Adenovirusinfektionen, die da<strong>zu</strong><br />
führen, dass Adenoviren in die Umwelt gelangen können, erklärt dich der häufige Nachweis von<br />
Adenoviren in den von uns untersuchten Trinkwasserproben. Adenoviren wären somit ein mögliches<br />
Indikatorsystem für eine virale Kontamination von Umweltproben.<br />
Chemische Wasseranalytik<br />
Um die dem Informations-System SIQeau <strong>zu</strong>grunde liegende Datenbank mit Brunnendaten und<br />
Analyse-Ergebnisse weiter <strong>zu</strong> vervollständigen, werden seit September 2008 Bohrlöcher, die sich<br />
außerhalb des Städte-Dreiecks Parakou-Bassila-Djougou befinden, ebenfalls chemisch untersucht.<br />
Die Daten dieser Wasserstellen stammen aus der Brunnendatenbank der SR-Eau, die neben der <strong>Impetus</strong>-Brunnendatenbank<br />
ebenfalls in SIQeau einfließen wird, um den Kommunen des oberen Ouémé-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
eine umfangreiche Datenbasis <strong>zu</strong>r Verfügung stellen <strong>zu</strong> können.<br />
Der Labor-Mitarbeiter Martial Dossou beprobt seit September Wasser aus Pumpen, die sich in Dörfern<br />
nördlich von Parakou entlang der Straße nach N´Dali befinden. Die Analyseergebnisse werden<br />
in SIQeau eingearbeitet.<br />
Im Rahmen der Kooperation mit der beninischen NGO BETHESDA BENIN wurden Wasser-<br />
Analysen in Malanville durchgeführt, wobei festgestellt wurde, dass das Leitungswasser der Stadt
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 208<br />
eine hohe Nitrat-Kontamination aufweist (s. Ausweitung der Kooperationen/ Capacity Development).<br />
Ausweitung der Kooperationen/ Capacity Development<br />
Der Ausbau weiterer Kooperationen <strong>zu</strong> Brunnenbau- und Gesundheits-<strong>Projekt</strong>en in denen das <strong>Impetus</strong>-Labor<br />
Trinkwasserqualität und technische Sanierungskonzepte überprüft und eine beratende<br />
Funktion übernimmt, stellt einen Beitrag für die langfristige Verbesserung der wasserhygienischen<br />
Situation im ländlichen Benin dar.<br />
Im Jahr 2007 wurde die Kooperation <strong>zu</strong> der belgischen NGO PROTOS/PAGIREL («Projet d’appui<br />
à la GIRE locale au Bénin») - ein <strong>Projekt</strong> <strong>zu</strong>r Unterstüt<strong>zu</strong>ng des lokal integrierten Wassermanagement<br />
in Benin - initiiert.<br />
Im März 2008 wurde eine Studie über die Kontamination gelagerten Wassers im Raum Natitingou<br />
<strong>zu</strong>r Überwachung von Hygiene-Sensibilisierungs-Maßnahmen der Bevölkerung, mit PROTOS-<br />
Mitarbeitern geplant und durchgeführt.<br />
Im Zuge der Wasser-Beprobungen und -Analysen sollte vom <strong>Impetus</strong>-Laborpersonal, Farouk Mazou<br />
und Martial Dossou, die Arbeit von zwei von PROTOS beschäftigten Mitarbeitern, die die<br />
Trinkwasserqualität im Raum Naitingou mit Hilfe eines Wasser-Analysekits überwachen sollten,<br />
kontrolliert und bewertet werden. Es stellte sich heraus, dass die Mitarbeiter keine Kompetenz im<br />
Bereich Wasser-Beprobung und -Analytik aufweisen konnten und im Umgang mit sterilen Materialien<br />
und Bakterien keinerlei Erfahrung hatten. Folglich sind die Ergebnisse der im Laufe mehrerer<br />
Monate von PROTOS durchgeführten Wasseranalysen wertlos.<br />
Auf Grund dieser Erkenntnisse wurde vereinbart, dass Farouk Mazou im November 2008 einen<br />
einwöchigen Workshop für PROTOS-Mitarbeiter leitet, in dem die Entnahme bakteriologischer<br />
Trinkwasser-Proben, steriles Arbeiten, Umgang mit Mikroorganismen und die Handhabung des von<br />
PROTOS genutzten Wasseranalyse-Koffers erklärt und praktisch gelehrt werden. Ziel des<br />
Workshops ist, dass <strong>zu</strong>künftig die beiden Mitarbeiter selbständig in ihrem Untersuchungs-Gebiet<br />
Wasserproben entnehmen und analysieren können. Gleichzeitig soll die Verlässlichkeit der Analyse-Ergebnisse<br />
des von ihnen genutzten Wasseranalyse-Koffers sichergestellt werden.<br />
Im Rahmen der Kooperation mit der beninischen NGO BETHESDA BENIN, die in den Bereichen<br />
Gesundheit, Mirkofinanzen, Sanierungsprogrammen und Umweltschutz arbeitet, wurden im April<br />
2008 Wasseranalysen durchgeführt, um einen Überblick über die Trinkwasser-Situation in der Stadt<br />
Malanville <strong>zu</strong> bekommen. Die Ergebnisse der chemischen Untersuchungen des Leitungswassers der<br />
Stadt zeigen, dass eine starke Nitrat-Kontamination des Trinkwassers vorliegt. Die Konzentrationen<br />
liegen bei bis <strong>zu</strong> 300,65 mg/L NO3, bei einem Grenzwert von 50 mg/L NO3 (s. Abb. III.1.4-14). Die<br />
WHO geht von einer duldbaren Menge Nitrat von 220 mg/Tag aus. Eine lebensbedrohliche Gesundheits-Gefährdung<br />
besteht insbesondere für Säuglinge unter 3 Monaten.
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 209<br />
Ein möglicher Erklärungs-Ansatz für die hohen Nitrat-Konzentrationen ist die Tatsache, dass das<br />
Bohrloch der SONEB, aus dem die Wasserleitungen der Stadt gespeist werden, sich auf einem<br />
Baumwoll-Feld befindet, wo Nitrat als Bestandteil von Natur- und Kunstdünger in den Boden und<br />
in das Grundwasser gelangen könnte.<br />
Farouk Mazou und Martial Dossou haben im Anschluss an die Analysen die Ergebnisse in Malanville<br />
präsentiert und erläutert. Auf dieser Grundlage hat BETHESDA BENIN den Bericht „Stratégie<br />
du PHABEP pour améliorer l´accès à l´eau potable à Malanville“ erstellt, der auf die problematische<br />
Trinkwasserversorgung in der Stadt hinweist. Die SONEB, die offiziell in Benin für die städtische<br />
Wasserversorgung und -qualität verantwortlich ist, soll mit Hilfe dieses Dokuments <strong>zu</strong>m<br />
Handeln aufgefordert werden.<br />
BETHESDA BENIN möchte im kommenden Jahr mit dem <strong>Impetus</strong>-Labor ein Pilot-<strong>Projekt</strong> <strong>zu</strong>m<br />
Thema Haushalts-Abwässer durchführen, wofür bereits der Bau einer Kläranlage geplant ist.<br />
Abb. III.1.4-14: Ergebnisse der Wasseruntersuchungen auf Nitrat in Malanville (Quelle: Stratégie du<br />
PHABEP pour améliorer l´accès à l´eau potable à Malanville - rapport final)<br />
Seit Juli 2008 wird eine Kooperation mit der KfW geplant, bei der das <strong>Impetus</strong>-Labor den Part der<br />
Wasseranalytik ein einem groß angelegten Wasser-Qualitäts-<strong>Projekt</strong> übernehmen soll. Im Rahmen<br />
des <strong>Projekt</strong>es sollen von 2009 bis 2010 in 300 Dörfern drei verschiedener Departements Wasserstellen<br />
und insgesamt 3000 Haushalte in Regen- und Trockenzeit beprobt werden. Gleichzeitig werden<br />
von einem Team der <strong>Universität</strong> Cotonou sozio-ökonomische Daten erhoben und mit den Wasserdaten<br />
in Zusammenhang gebracht.
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 210<br />
Im Dezember 2008 fand eine Pilotstudie in dem Departement Mono statt, bei der verschiedene bakteriologische<br />
und chemische Wasseranalytik-Kits auf ihre Handhabung und Eignung für das <strong>Projekt</strong><br />
getestet wurden.<br />
Ein Kooperationsvertrag soll noch Ende des Jahres abgeschlossen werden, so dass die Wasserbeprobungen<br />
ab Mitte Februar 2009 stattfinden können.<br />
Erste Gespräche für eine Zusammenarbeit <strong>zu</strong>m Thema Lagerung von Trinkwasser in Schulen fanden<br />
bereits im Oktober 2007 mit Verantwortlichen der amerikanischen NGO MCDI („Medical Care<br />
Development International“) statt. MCDI hatte in den Departements Atacora und Donga Pumpen<br />
für Schulen gebaut und es sollte überprüft werden, wie die Qualität des Wassers sich bei verschiedenen<br />
Lagerungs-Formen ändert. Hierfür wurden verschiedene Behältnisse untersucht: offene Tonnen,<br />
aus denen jedes Kind mit einem Trinkgefäß Wasser schöpft und geschlossene Wassercontainer,<br />
die über einen kleinen Zapfhahn verfügen.<br />
Zwischen Dezember 2007 und Januar 2008 wurden vom <strong>Impetus</strong>-Labor insgesamt 106 Wasserproben<br />
im Rahmen dieser Kooperation entnommen und analysiert auf E. coli, coliforme Bakterien,<br />
Präsenz weiterer pathogener Bakterien, Nitrit, Nitrat, Sulfat, Phosphat, Ammonium, pH-Wert, Leitfähigkeit<br />
und Temperatur.<br />
Die bereits seit 2004 bestehende Kooperation mit dem schweizer <strong>Projekt</strong> Helvetas wurde auch im<br />
Jahr 2008 weitergeführt: im Juni wurden Trinkwasser-Hochbehälter, die Helvetas für mehrere Gesundheits-Stationen<br />
errichtet hatte, vom <strong>Impetus</strong>-Labor untersucht.<br />
Im Mai 2008 erschien die Helvetas/PACEA-Broschüre „Modification des puits à grand diamètre<br />
pour une meilleure qualité de l´eau“, in der der Umbau großer Dorfbrunnen <strong>zu</strong> geschlossenen Pumpensystemen<br />
und die Untersuchungs-Ergebnisse der vom <strong>Impetus</strong>-Labor in den Jahren 2004- 2005<br />
begleitend da<strong>zu</strong> durchgeführten Hygiene-Überwachungen, erläutert werden.<br />
Zukünftiges Bestehen des Labors nach <strong>Projekt</strong>-Ende<br />
Das Labor in Parakou soll <strong>zu</strong>sammen mit den dort etablierten Methoden, dem Inventar und dem<br />
geschulten Personal nach dem Ende der dritten Phase an die DG-Eau übergeben werden, um so einen<br />
nachhaltigen Wissenstransfer und die Weiterführung der Wasseranalytik in Zentralbenin gewährleisten<br />
<strong>zu</strong> können.<br />
Um die Weiterbeschäftigung der <strong>Impetus</strong>-Mitarbeiter Farouk Mazou und Martial Dossou und somit<br />
die Transmission des Know-hows <strong>zu</strong>künftig sicherstellen <strong>zu</strong> können, wurden im September 2008 in<br />
Absprache mit dem Direktor der DG-Eau Anträge auf ihre Übernahme in den Staatsdienst ab August<br />
2009 gestellt und an das entsprechende Ministerium weitergeleitet.
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 211<br />
Bei einem Treffen des <strong>Impetus</strong>-Koordinators Andreas Preu, der KfW-Direktorin in Cotonou, Ina<br />
Joachim und der Labor-Verantwortlichen Alexandra Uesbeck mit dem Direktor der DG-Eau, Monsieur<br />
Bani, Samari, wurde das Thema der im Rahmen der KfW-Kooperation durch<strong>zu</strong>führenden Studien<br />
vom im August 2009 an die DG-Eau übergehenden <strong>Impetus</strong> Labors, besprochen. Ziel war,<br />
vom Direktor eine Zusage der Verfügbarkeit und Funktionalität des Labors auch in 2010 <strong>zu</strong> erhalten.<br />
Der Direktor informierte die Anwesenden <strong>zu</strong>nächst darüber, dass die <strong>Impetus</strong>-Mitarbeiter in<br />
den Dienst der DG-Eau übernommen werden würden. Zudem sicherte er <strong>zu</strong>, das Labor in seiner<br />
Funktionalität mit der derzeitigen Analysemethodik <strong>zu</strong> erhalten. Eine entsprechende Vereinbarung<br />
zwischen DG-Eau und <strong>Impetus</strong> wird derzeit vorbereitet.<br />
Informationssystem SIQeau<br />
Die vier geplanten Module des Informationssystems <strong>zu</strong>m Thema Trinkwasserversorgung und –<br />
qualität im ländlichen oberen Ouémé Ein<strong>zu</strong>gsgebiet, SIQeau „Système d´Information sur la Qualité<br />
de l´eau“, wurden erstellt und in das System implementiert:<br />
- Basis-Informationen über Trinkwasserqualität und die Situation der Trinkwasserversorgung<br />
im oberen Ouémé Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
- eine interaktive GIS-Karte <strong>zu</strong>r räumlichen Darstellung der Trinkwasserversorgungs-<br />
Situation und von Risiko-Konstellationen in den Dörfern, basierend auf der aktualisierten<br />
<strong>Impetus</strong>-Brunnendatenbank und der Datenbank der SR-Eau (die Brunnendatenbank der SR-<br />
Eau wird <strong>zu</strong>sätzlich <strong>zu</strong> der <strong>Impetus</strong>-Brunnendatenbank in SIQeau einfließen, um den Nutzern<br />
eine möglichst umfangreiche Datenbasis <strong>zu</strong>r Verfügung stellen <strong>zu</strong> können - insgesamt<br />
beinhaltet SIQeau dann Daten <strong>zu</strong> ca. 3700 Wasserstellen).<br />
- Handlungsoptionen, die auf den im Rahmen von PK Be-G.5 ermittelten Ergebnissen bezüglich<br />
der Trinkwasserqualität beruhen und eine Prävention von Wasserkontaminationen und<br />
dem Ausbruch von wassergebundenen Durchfall-Epidemien im Vorfeld ermöglichen sollen<br />
- eine Kontaktdatenbank, die Daten aller verantwortlichen Ärzte, Krankenhäuser, Gesundheitszentren,<br />
Hygiene-Services, etc. der jeweiligen Region beinhaltet und eine Liste von ersten<br />
Maßnahmen <strong>zu</strong>r Eindämmung einer Durchfall-Epidemie<br />
Als weiteres Modul wird seit November 2008 in SIQeau die Option eines Monitoring Tools <strong>zu</strong>r<br />
Bearbeitung vorhandener und dem Einfügen neuer Brunnen- und Wasseranalyse-Daten implementiert.<br />
Eine erste lauffähige Version des Systems wurde im Juli 2008 fertig gestellt und im August auf der<br />
GLOWA-Abschlusskonferenz in Ouagadougou präsentiert.
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 212<br />
Seit September 2008 wird SIQeau von dem Labor-Mitarbeiter Martial Dossou in Benin den <strong>zu</strong>künftigen<br />
Nutzern einzeln vorgestellt und mit ihnen erprobt und diskutiert.<br />
Durch den direkten Kontakt <strong>zu</strong> beispielsweise Gemeinde-Mitarbeitern, die die <strong>zu</strong>künftige Haupt-<br />
Nutzergruppe von SIQeau darstellen, können Verständnis-Schwierigkeiten, Logik-Fehler im System,<br />
Anregungen und neue Ideen besser erkannt und aufgenommen werden. Das Feed-back der<br />
Nutzer ist in dieser Erprobungs- und Evaluierungsphase für die Weiterentwicklung von SIQeau<br />
grundlegend.<br />
Literatur:<br />
Assani A. K. (1995) Qualité et mode de gestion de l’eau de boisson dans la sous-préfecture de Grand-Popo, Mémoire<br />
IRSP, Cotonou, 124 pages<br />
Baba Moussa A. (1994) Etude de la pollution bactériologique de la nappe phréatique à partir d’une latrine en Afrique<br />
Subtropicale. Thèse de doctorat du 3ème cycle ès sciences Techniques, 185 pages<br />
Bossou B. (2001) Analyse et esquisse cartographique de la contamination bactériologique de la nappe phréatique alimentant<br />
les puits traditionnels de la ville de Cotonou et sa banlieue DESS-MEQUE, 81 pages<br />
Dovonon, L. F (2001): Rapport définitif de l´étude physico-chimique des eaux des département l´Alibori et du Borgou,<br />
Département des ressources en eau<br />
Projet PADEAR-DANIDA : Cotonou, 78 pages<br />
INSAE: RGPH3 (Oct. 2003) Synthèse des analyses, 42 pages<br />
UN: Millennium Development Goals<br />
WHO/UNICEF: Water for life, 2005<br />
WHO, 2007, Global Task Force on Cholera Control: Cholera Country Profile BENIN
Gesellschaft und Gesundheit IMPETUS 213
Existenzsicherung IMPETUS 214<br />
III.2 Marokko und seine Themenbereiche<br />
III.2.1 Existenzsicherung<br />
Im <strong>Projekt</strong>gebiet ist Wasser die primär limitierende Ressource, welche wirtschaftliche Aktivitäten<br />
eindeutig in ihrer Weiterentwicklung begrenzt. Dabei sind die wesentlichen Einkommensquellen im<br />
Drâa Tal Oasenlandwirtschaft, extensive, teils transhumante Weidewirtschaft und Tourismus. Im<br />
<strong>Projekt</strong>bereich Existenzsicherung stehen die Oasenwirtschaft mit ihren Anpassungsmöglichkeiten<br />
und ökonomischen Aspekten im Vordergrund. Einkommen aus Tourismus und dessen Ansprüche<br />
an den Wasserbedarf wurden im letzen Berichtszeitraum abschließend untersucht.<br />
Die Ressource Wasser wird in der Region Drâa hauptsächlich für die landwirtschaftliche Produktion<br />
in den Oasen genutzt. Prinzipiell gibt es für die Bewässerung zwei Wasserquellen: Das staatliche<br />
kontrolliert durch sogenannte Lâchers aus dem Staudamm Mansour Eddahbi <strong>zu</strong>r Verfügung gestellte<br />
Oberflächenwasser und das immer mehr an Bedeutung gewinnende Grundwasser. Das Oberflächenwasser<br />
aus dem Staudamm ist qualitativ gut, aber zeitlich (nach Lâchers) und räumlich (abhängig<br />
von der Entfernung vom Stausee) nur beschränkt verfügbar. Außerdem ist die Verfügbarkeit des<br />
Oberflächenwasser stark klimatisch bestimmt. Dies führt <strong>zu</strong> einer deutlichen Ertragsminderung und<br />
ggf. <strong>zu</strong>r Aufgabe von Ackerflächen, in trockenen Jahren und insbesondere in den südlichen Oasen<br />
oder am Oasenrand. Zudem nimmt die Versal<strong>zu</strong>ng der Böden durch den steigenden Einsatz des<br />
salzhaltigeren Grundwassers immer mehr <strong>zu</strong>, besonders um und südlich von Zagora. Für Familien,<br />
die hauptsächlich von landwirtschaftlichen Erträgen leben müssen, bedeutet das erhebliche Einkommensverluste<br />
oder gar eine Bedrohung ihrer Existenz.<br />
Im PK MaE2 werden daher Strategien <strong>zu</strong>r Steigerung der Wassernut<strong>zu</strong>ngseffizienz mit Hilfe von<br />
Feldversuchen und Pflanzenwachstumsmodellen untersucht. Ziel ist die Entwicklung des Informationssystem<br />
AGROSIM <strong>zu</strong>r Ableitung der regionalen Ertragserwartungen in den einzelnen Oasen in<br />
Abhängigkeit vom Wasser- und Nährstoffmanagement. Im Berichtszeitraum wurde die Datenbasis<br />
für die Modellierung der Produktivität im Ackerbau in den mittleren Drâa-Oasen überprüft, mit den<br />
Erhebungen aus anderen Problemkomplexen harmonisiert und wo nötig erweitert. Außerdem wurde<br />
die Parametrisierung des Modell SAVANNA <strong>zu</strong>r Abschät<strong>zu</strong>ng der Weideproduktivität abgeschlossen.<br />
Mit dem räumlich verteilten Modell wurden Klima- und Weidemanagementszenarien für das<br />
gesamte Drâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet gerechnet. In allen Szenarien ist bis <strong>zu</strong>m Jahr 2050 eine Abnahme der<br />
Gesamtproduktivität <strong>zu</strong> erwarten, wobei mögliche Wechselwirkungen zwischen Klima und <strong>Management</strong><br />
beobachtet wurden. Weideausschluss führte im Mittel <strong>zu</strong> einer höheren Produktivität der<br />
Weiden. Allerdings war im Klimaszenario B1 der Rückgang der Nettoprimärproduktion in der beweideten<br />
Variante im Laufe der Simulation geringer als in der Ausschlussfläche.
Existenzsicherung IMPETUS 215<br />
Die ökonomisch optimierte Nut<strong>zu</strong>ng und Bewirtschaftung der äußerst knappen Ressource Wasser<br />
sind für die Existenzsicherung im <strong>Projekt</strong>gebiet von fundamentaler Bedeutung. Die Entwicklung<br />
des ökonomisch basierten Planungs- und Optimierungstools MIVAD für die Wasserverteilung ist<br />
daher eine zentrale Aufgabe des PK Ma-E.1. Im Berichtszeitraum wurden unter anderem mit<br />
MIVAD Klima- und Wasserverteilungsszenarien gerechnet und deren Einfluss auf den Anteil der<br />
Grundwassernut<strong>zu</strong>ng bzw. auf das landwirtschaftliche Einkommen abgeschätzt. Außerdem wurde<br />
neben weiteren Verfeinerungen im Modell ein Schwerpunkt auf die Konzeption des MIVAD-SDSS<br />
gelegt. Die Berechnung von Szenarien, die in das SDSS eingehen wurde verbessert, und die grafische<br />
Nutzeroberfläche mit verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten ausgebaut, die es dem Entscheidungsträger<br />
nun ermöglichen individuelle Tabellen und Diagrammformate <strong>zu</strong> erstellen, und<br />
den Output in verschiedenen Formaten <strong>zu</strong> exportieren. Während mehrerer Tagungen und<br />
Workshops in Marokko wurde das SDSS MIVAD vorgestellt und die Ergebnisse bzw. das SDSS<br />
selbst stießen auf großes Interesse. Die Rückkopplung aus den Nutzergruppen wurde in das SDSS<br />
eingearbeitet, sowohl hinsichtlich der Funktionalität als auch der berücksichtigten Parameter.
Existenzsicherung IMPETUS 216<br />
PK Ma E.1 Ökonomische Aspekte des Wassermanagements im Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
des Drâa<br />
Problemstellung<br />
Dattelpalmenproduktion und landwirtschaftliche Anbau in der Oase Mezguita<br />
Die Zukunft vieler Landwirte des Drâa Ein<strong>zu</strong>gsgebietes hängt von einem effizienten Wassermanagement<br />
ab. Aufgrund der langen Dürreperioden und Subventionen für Motorpumpen ist in den letzten<br />
Jahren vermehrt Grundwasser für die Bewässerung der Felder verwendet worden. Dies führte <strong>zu</strong><br />
einem stetigen Absinken des Grundwasserspiegels, <strong>zu</strong> vermehrten Kosten und <strong>zu</strong> langfristig steigenden<br />
externen Kosten der Ressourcenübernut<strong>zu</strong>ng. Daher ist die ökonomische Analyse des Wassermanagements<br />
und die Bewertung von Wasser im ökonomischen Sinne ein entscheidender Bestandteil<br />
eines effektiven Wassermanagements in der Drâa Region.<br />
Mit der Umstrukturierung der <strong>zu</strong>ständigen Institutionen wird auch <strong>zu</strong>künftig die Bedeutung von<br />
politischen Eingriffsmöglichkeiten im Wassermanagement des Drâa Tals steigen. Ökonomische<br />
Instrumente wie Wasserpreise, Subventionen, Mengensteuerungen gewinnen an Relevanz für ein<br />
Gebiet, dass bisher von politischen Eingriffen weitgehend ausgenommen wurde. Mit Hilfe des Models<br />
MIVAD können unterschiedliche Politikinstrumente simuliert und in verschieden Interventionsszenarien<br />
verglichen werden.
Existenzsicherung IMPETUS 217<br />
Mitarbeiter<br />
C. Heidecke, A. Kuhn, S. Klose<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Die Zielset<strong>zu</strong>ng des Problemkomplexes ist die Auswirkung von Oberflächen- und Grundwasserverfügbarkeit<br />
auf die landwirtschaftliche Produktion und somit auf das landwirtschaftliche Einkommen<br />
ab<strong>zu</strong>schätzen und politische Eingriffsmöglichkeiten <strong>zu</strong> diskutieren. Da<strong>zu</strong> wird ein hydroökonomisches<br />
Modell verwendet, das den Einfluss von Wasserverfügbarkeit und Wasserqualität<br />
insbesondere der Salzgehalte im Bewässerungswasser abbildet und die Auswirkungen von landwirtschaftlichen<br />
Erträgen und Flächennut<strong>zu</strong>ng in den sechs Drâaoasen errechnet. Der Problemkomplex<br />
bezieht Modellierungsansätze aus dem PK Ma. H2, insbesondere aus dem Bilanzierungsmodell, und<br />
Daten aus dem PK Ma. E2 mit ein.<br />
Forschungsansatz und Modellierung<br />
Hauptbestandteil des PK Ma. E1 ist das Plannungsmodell MIVAD, das die sechs Oasen des mittleren<br />
Drâatals und die hydrologische Bilanz der Region in einem Knotennetzwerk abbildet. In der<br />
Modelliersprache GAMS werden landwirtschaftliche Deckungsbeiträge unter den zwei wichtigsten<br />
Ressourcenbeschränkungen, Land und Wasser, maximiert. Dabei stellt MIVAD eine Verknüpfung<br />
zwischen landwirtschaftlicher Wassernut<strong>zu</strong>ng und Ressourcenverfügbarkeit her und ist somit Bindeglied<br />
zwischen verschiedenen Disziplinen und Schnittstelle <strong>zu</strong> unterschiedlichen PKs. Es werden<br />
Ergebnisse für alle sechs Oasen den mittleren Drâatals sowie für die Hauptanbauprodukte Weizen,<br />
Gerste, Luzerne, Mais, Datteln und Gemüse, errechnet. Alle Anbauaktivitäten sind durch spezifische<br />
Input- und Wasserbedürfnisse sowie Ertragsfunktionen definiert.<br />
Fortschritte der Modellierung im Berichtszeitraum<br />
Im Berichtszeitraum wurde ein Schwerpunkt auf die Weiterentwicklung des SDSS MIVAD gelegt.<br />
In der Modellierung wurde vor Allem die Einbindung der Klimaszenarien verbessert. Mit einer Maximum<br />
Likelihood Schät<strong>zu</strong>ng konnte die derzeitige Verteilung der Stausee<strong>zu</strong>flüsse sowie die <strong>zu</strong>künftige<br />
Verteilung der Zuflüsse berechnet werden, die als Monte Carlo Simulation in das MIVAD<br />
Modell einfließen. Die Berechnung von <strong>zu</strong>künftigen landwirtschaftlichen Einkommen und Wassernut<strong>zu</strong>ng<br />
kann somit genauer abgebildet werden. Zusätzlich wurde eine Studie <strong>zu</strong>r Modellvalidierung<br />
im Drâa Tal durchgeführt. Dafür wurde im Rahmen einer Diplomarbeit die Zahlungsbereitschaft<br />
der Landwirte in den Drâa Oasen untersucht, um den Wert von Wasser in der Region besser<br />
abschätzen <strong>zu</strong> können. Die vorläufigen Ergebnisse <strong>zu</strong> dieser Studie sollen im Folgenden kurz dargestellt<br />
werden.
Existenzsicherung IMPETUS 218<br />
Studie <strong>zu</strong>r Zahlungsbereitschaft von Bewässerungswasser der Landwirte in der Oase Ternata<br />
im Mittleren Drâa Tal- vorläufige Ergebnisse<br />
Ziel der Studie ist es eine Datengrundlage <strong>zu</strong> schaffen, die <strong>zu</strong>r Schät<strong>zu</strong>ng einer Nachfragefunktion<br />
für Bewässerungswasser herangezogen werden kann. Verwendet wurde da<strong>zu</strong> die Contingent Valuation<br />
Method (CVM), bei der die Befragten ihre Zahlungsbereitschaft oder willingness to pay (WTP)<br />
für ein Gut angeben, das ihnen <strong>zu</strong>vor in einem hypothetischen Szenario beschrieben wurde. In der<br />
Befragung wurden die Landwirte gebeten ihre WTP für eine <strong>zu</strong>sätzliche Einheit Grundwasser (GW)<br />
bzw. Oberflächenwasser (OW) im Sommer und im Winter <strong>zu</strong> nennen. In Kombination mit ihrem<br />
tatsächlichen Wasserverbrauch und weiteren erklärenden Variablen sollen diese Werte <strong>zu</strong>r Schät<strong>zu</strong>ng<br />
einer Nachfragefunktion herangezogen werden.<br />
Die Befragung wurde im Zeitraum vom 20.10.08 bis <strong>zu</strong>m 20.11.08 durchgeführt. Aufgrund des<br />
limitierten zeitlichen Rahmens beschränkte sich die Befragungsregion auf die Oase Ternata, die mit<br />
24,6% der gesamten landwirtschaftlichen Fläche im Drâa Tal die größte der sechs Oasen darstellt<br />
(Ouhajou, 1996, S. 20). Nach einem fünftägigen Pretest wurden insgesamt 72 Interviews geführt,<br />
die <strong>zu</strong>r Auswertung herangezogen werden können.<br />
WTP (in DH/m³)<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Media = 1,18 DH/m³<br />
Y = 1,17 DH/m³<br />
σ = 0,44<br />
y = -0.0007x + 1.4271<br />
R 2 = 0.1305<br />
n=29<br />
0 200 400 600 800 1000 1200<br />
Grundwasser<br />
Verbrauch pro Monat im Winter (in m³/ha)<br />
Abb. III.2.1-1: WTP für eine <strong>zu</strong>sätzliche Einheit Grundwasser im Winter, in Abhängigkeit vom Grundwasser<br />
Verbrauch pro Monat und Hektar (Storm 2008).<br />
Abbildung III.2.1-1 zeigt exemplarisch vorläufige Ergebnisse für das Szenario GW Winter. Anhand<br />
des Streudiagramms lässt sich der erwartete negative Zusammenhang zwischen dem tatsächlichen<br />
Grundwasserverbrauch und der WTP für eine <strong>zu</strong>sätzliche Einheit Grundwasser erkennen (Korr.<br />
nach Pearson (2-seitig) -0,361 (0,054)). Für die Darstellung wurden nur Landwirte ausgewählt, für<br />
die Grundwasser auch im Winter ein limitierender Faktor darstellt. Somit ist es möglich die WTP<br />
für eine <strong>zu</strong>sätzliche Einheit Grundwasser als Schattenpreis <strong>zu</strong> interpretieren. Mithilfe der Methode<br />
der kleinsten Quadrate lässt sich daraus näherungsweise eine Nachfragefunktion für Grundwasser<br />
ableiten.<br />
Im weitern Verlauf der Arbeit ist <strong>zu</strong>nächst eine genaue Überprüfung der Datengrundlage vorgesehen,<br />
insbesondere im Hinblick auf Ausreißerwerte. Anschließend ist geplant die Analyse auf alle<br />
vier Szenarien aus<strong>zu</strong>weiten und neben dem Wasserverbrauch weitere erklärende Variable in eine<br />
Regressionsanalyse ein<strong>zu</strong>beziehen.
Existenzsicherung IMPETUS 219<br />
Stand der SSDSS/IS/MT-Entwicklung<br />
MIVAD MMIVAD MMIVAD M IVAD SDSS<br />
DSS Wie wird sich die Landwirtschaft im Drâa Tal unter den derzeitigen Bedingungen<br />
entwickeln, wenn eine konstante Abnahme der Oberflächenwasserverfügbarkeit<br />
angenommen wird? Welche Auswirkungen hat dies<br />
auf die landwirtschaftlichen Erträge, auf das landwirtschaftliche Einkommen<br />
sowie auf die Wasserressourcennut<strong>zu</strong>ng? Wie entwickeln sich<br />
diese Indikatoren unter den Annahmen der IMPETUS Klimaszenarien A1B und B1? Wie beeinflussen<br />
<strong>zu</strong>sätzliche Wasserpreise oder Wasserkosten für die Bewässerung die landwirtschaftliche Flächenausnut<strong>zu</strong>ng<br />
und den Anteil an Anbaukulturen? Welche Rolle spielt die derzeitige Wasserverteilung<br />
auf das Einkommen der Landwirte und wie könnte die Wasserverteilung verändert werden?<br />
Dies sind Kernfragen, die für ein nachhaltiges Wassermanagement im Drâa Tal eine große Rolle<br />
spielen und die mit Hilfe des SDSS MIVAD beantwortet werden können. Daher richtet sich das<br />
MIVAD SDSS an die administrative Ebene in Marokko, die für die Wasserverteilung sowie für die<br />
Strukturen in der Landwirtschaft <strong>zu</strong>ständig sind. Insbesondere sind die DGH und das Landwirtschaftsministerium<br />
angesprochen, die in die Konzeption des SDSS verstärkt mit einbezogen worden<br />
sind. Das dem SDSS <strong>zu</strong>grunde liegende Modell MIVAD ist an der <strong>Universität</strong> Hassan II verankert.<br />
Dort sind Schulungen <strong>zu</strong>r Modellprogrammierung durchgeführt worden sowie mehrere Masterarbeiten<br />
entstanden, die den an der<br />
<strong>Universität</strong> Bonn entwickelten<br />
Modellansatz auf zwei weitere<br />
Ein<strong>zu</strong>gsgebiete in Marokko, Tadla<br />
und Loukkos, übertragen und das<br />
Modell MIVAD für das Drâa Tal<br />
<strong>zu</strong>künftig weiterentwickeln und<br />
anwenden können.<br />
Abb. III.2.1-2: Startscreen des MIVAD SDSS<br />
Das MIVAD SDSS ist als Datenbank konzipiert, in welche die Szenarienergebnisse des Modells<br />
MIVAD eingelesen werden. Der Nutzer kann die Ergebnisse der Szenarien auf eine strukturierte<br />
Weise abfragen. Aus der Szenariendatenbank können spezifische Tabellen für unterschiedliche Parameter<br />
abgefragt, Diagramme und Karten erstellt werden. Der Aufbau des SDSS geht aus Abbildung<br />
III.2.1-3 hervor.
Existenzsicherung IMPETUS 220<br />
Economic analysis<br />
Befragung 2005<br />
IMPETUS Daten<br />
Daten ORMVAO<br />
Abb. III.2.1-3: Aufbau des SDSS MIVAD<br />
Modellergebnisse<br />
(Szenariodatenbank)<br />
Auswahl des Klimaszenarios<br />
(Stauseefüllmengen)<br />
Auswahl der Wasserkosten<br />
Auswahl der Wasserverteilung<br />
Karten Tabellen Diagramme<br />
Das MIVAD SDSS bietet dem Nutzer am Anfang zwei Auswahlmöglichkeiten. Der Nutzer kann<br />
entweder neu gerechnete Szenarien laden, die in einem .gdx Format vorliegen. Des Weiteren kann<br />
er die neu geladenen und/ oder Szenarien aus der Datenbank paarweise vergleichen.<br />
In der Szenariendatenbank sind eine große Anzahl vorgerechneter Szenarien integriert, die strukturiert<br />
oder im Einzelnen abgefragt und mit anderen Szenarien verglichen werden können. Dabei hat<br />
der Nutzer die Möglichkeit aus drei verschiedenen Klimaszenarien aus<strong>zu</strong>wählen, unterschiedliche<br />
Wasserkosten an<strong>zu</strong>nehmen oder die Wasserverteilungsregel zwischen den Oasen <strong>zu</strong> ändern.<br />
Für die Berechnung der Klimaszenarien im SDSS wurden die IMPETUS-Remo-Läufe bis <strong>zu</strong>m Jahr<br />
2025 auf die Stauseeeinträge umgerechnet, die dann als exogener Parameter in das MIVAD Modell<br />
einfließen. Die Beobachtung einer starken Korrelation zwischen Niederschlag und Stausee<strong>zu</strong>flüssen<br />
konnte somit genutzt werden, um die Klimaszenarien A1B und B1 in MIVAD um<strong>zu</strong>setzen. Als<br />
Vergleichsmöglichkeit bietet das Szenario „konstante Reduktion“ eine kontinuierliche Abnahme<br />
der Stausee<strong>zu</strong>flussmengen bis 2025 an. Mit diesem Szenario kann eine sehr lange Dürreperiode<br />
untersucht werden, aber auch die Wirkung einzelner Parameter wird hier deutlicher.
Existenzsicherung IMPETUS 221<br />
Abb. III.2.1-4: Auswahl der Klimaszenarien im SDSS MIVAD<br />
Die Kosten für die Grundwassernut<strong>zu</strong>ng kann der Nutzer anpassen. Dabei stehen drei Möglichkeiten<br />
<strong>zu</strong>r Verfügung. Zum ersten die Möglichkeit ab<strong>zu</strong>bilden, dass Grundwassernut<strong>zu</strong>ng keine Kosten<br />
verursacht. Diese Möglichkeit ist <strong>zu</strong>m Vergleich mit kostenlosen Oberflächenwasser gut geeignet,<br />
mit der Annahme das beide Ressourcen gratis <strong>zu</strong>r Verfügung stehen. In der Realität sind die Landwirte<br />
aber mit Kosten von 0,58 Dirhams pro Kubikmeter konfrontiert, da sie Öl und Benzin für die<br />
Nut<strong>zu</strong>ng der Motorpumpen kaufen müssen (Heidecke 2008). Dann gibt es noch die Möglichkeit die<br />
Kosten auf 1 Dirham pro Kubikmeter <strong>zu</strong> erhöhen. Dies ist denkbar, wenn die Benzinkosten auf dem<br />
Weltmarkt steigen, oder eine Wasserpreispolitik im Drâa Tal eingeführt werden würde.<br />
Abb. III.2.1-5: Auswahl von zwei Szenarien des SDSS MIVAD <strong>zu</strong>m Vergleich
Existenzsicherung IMPETUS 222<br />
Abbildung III.2.1-6 zeigt Ergebnisse für den Vergleich von einem Klimaszenario (A1B) mit der<br />
konstanten Reduktion der Staussee<strong>zu</strong>flüsse von 2000 bis 2020. Es wird deutlich, dass die Schwank<strong>zu</strong>ngen<br />
des Klimaszenarios sich direkt auf die Einkommen und auf die Grundwassernut<strong>zu</strong>ng übertragen.<br />
Unter dem Szenario der konstanten Reduktion (Red) stiegt die Grundwassernut<strong>zu</strong>ng nach<br />
dem vierten Jahr stark an, da nicht mehr genug Oberflächenwasser für die Bewässerung <strong>zu</strong>r Verfügung<br />
steht.<br />
Mm³, MDH<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
2007<br />
2008<br />
2009<br />
2010<br />
2011<br />
2012<br />
2013<br />
2014<br />
2015<br />
2016<br />
2017<br />
2018<br />
2019<br />
2020<br />
A1B_GW USE A1B_Income Red_GW USE Red_Income<br />
Abb. III.2.1-6: Landwirtschaftliches Einkommen und Grundwassernut<strong>zu</strong>ng unter eine Dürreperiode (red) und unter<br />
Klimaszenario A1B<br />
Eine dritte Option ermöglicht die Auswahl von zwei Verteilungsregeln zwischen den Oasen. Die<br />
erste Möglichkeit, das Oberflächenwasser an der Flächenverteilung der Oasen <strong>zu</strong> koppeln, bildet<br />
eine realistische Situation zwischen den Drâa Oasen ab. Die zweite Möglichkeit verteilt Wasser<br />
anhand einer modelloptimalen Verteilung. Letzteres bedeutet, dass die Verteilung über alle Oasen<br />
nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung im Modell erfolgt. Tabelle 1 fasst die Unterschiede zwischen<br />
den Verteilungsformen <strong>zu</strong>sammen. Das durchschnittliche landwirtschaftliche Einkommen mit<br />
einer Modell „optimalen“ Verteilung erzielt ein leicht höheres Einkommen. Jedoch wird die Varianz<br />
zwischen den Oasen im Vergleich <strong>zu</strong>r Wasserverteilung nach Flächenanteilen sehr viel größer.<br />
Dies bestätigen die Standardabweichung und der Variationskoeffizient.
Existenzsicherung IMPETUS 223<br />
Tab. III.2.1-1: Ergebnisse als Durchschnitt über 20 Jahre<br />
Verteilung nach Fläche ‚Optimale’ Verteilung<br />
Einkommen (Mio. Dirham) Einkommen (Mio. Dirham)<br />
Mezguita 28.95 24.91<br />
Tinzouline 26.75 21.94<br />
Ternata 37.68 48.74<br />
Fezouata 16.32 18.22<br />
Ktaoua 23.51 24.50<br />
Mhamid 8.81 6.57<br />
Mittelwert 23.67 24.15<br />
Standardabweichung 10.08 13.82<br />
Variationskoeffizient 0.43 0.57<br />
Die benutzerfreundliche Oberfläche vom SDSS MIVAD bietet die Möglichkeit, sich nach der Auswahl<br />
von zwei Szenarien Tabellen und Karten ausgeben <strong>zu</strong> lassen. Die Tabellen lassen sich dann<br />
mit Hilfe einer Umkehrfunktion (siehe Abbildung III.2.1-7) individuell gestalten. So können Zeilen<br />
und Spaltenformate angepasst werden, einzelne Kulturen oder Oasen speziell verglichen werden,<br />
sowie Kreuztabellen in individueller Formatierung exportiert werden.<br />
Abb. III.2.1-7: Pivot Funktion im MIVAD SDSS <strong>zu</strong>r individuellen Erstellung von Tabellen
Existenzsicherung IMPETUS 224<br />
Dies gilt auch für die Darstellung der Ergebnisse mit Diagrammen und Karten. Abbildung III.2.1-8<br />
zeigt die Modellergebnisse für den Stauseefüllstand, für Stausee<strong>zu</strong>flüsse, und die Abgabe von Lacher<br />
aus dem Stausee. Diese Indikatoren können einzeln oder gemeinsam dargstellt und verglichen<br />
werden. Der Entscheidungsträger hat somit die Möglichkeit, dass die Ergebnisse des SDSS MIVAD<br />
als Diskussionsgrundlage für Wassermanagementpolitiken im Drâa Tal heran<strong>zu</strong>ziehen. Durch verschiedene<br />
Ausgabeformate hat der Nutzer die Möglichkeit, die Ergebnisse des SDSS MIVAD beliebig<br />
weiter <strong>zu</strong> verwenden.<br />
Capacity Development<br />
Abb. III.2.1-8: Diagrammgestaltung im MIVAD SDSS<br />
Das Capacity Development der vorangegangen Perioden wurde im Jahr 2008 weitergeführt und<br />
verstärkt. Die Kooperation mir Prof R. Doukkali der <strong>Universität</strong> Hassan II wurde weiterhin gepflegt<br />
und ausgebaut. Die Modellanpassung für das Ein<strong>zu</strong>gsgebiet Tadla wurde unter der Betreuung von<br />
Prof. Doukkali erweitert insbesondere mit Verbesserungen von Klimasimulationen.<br />
Der konstante Kontakt <strong>zu</strong> Kooperationspartnern der ORMVAO ermöglicht eine ständige Anpassung<br />
der Modellsimulation an die Bedürfnisse der <strong>Projekt</strong>partner. Auch konnten während den Konferenzen<br />
in Ouagadougou und Ouarzazate die Modellergebnisse und das SDSS MIVAD vorgestellt<br />
und diskutiert werden.<br />
Ausblick<br />
In den kommenden Monaten wird das SDSS MIVAD fertig gestellt. Dafür soll insbesondere die<br />
Dokumentation des SDSS MIVAD in allen Sprachen verbessert und ausgebaut werden. Weitere
Existenzsicherung IMPETUS 225<br />
Szenarieneinbindung erscheint <strong>zu</strong>sätzlich sinnvoll, um die vollen Möglichkeiten des SDSS aus<strong>zu</strong>schöpfen.<br />
Die Maßnahmen im Rahmen des Capacity Development werden fortgeführt; vor allem<br />
die kontinuierliche Diskussion mit den Stakeholdern hilft bei der Verbesserung des Modells und des<br />
SDSS. Dafür ist insbesondere die Auswertung der Studie <strong>zu</strong>r Zahlungsbereitschaft von Wasser der<br />
Landwirte interessant und ein Schwerpunkt, um die Modellsimulationen <strong>zu</strong> validieren, und die Politikempfehlungen<br />
<strong>zu</strong> fundieren.<br />
Literatur<br />
Heidecke, C. (2008): Irrigation in the Drâa region in 2005. In: Schulz, O., Judex, M.: IMPETUS Atlas Morocco. Cologne:<br />
71-72.<br />
Heidecke, C., Kuhn, A., Klose, S. (2008): Water pricing options for the Middle Drâa river basin in Morocco. African<br />
Journal of Agricultural and Resources Economics 2(2), 170-187<br />
Ouhajou, L. (1996): Espace Hydrolique et Société au Maroc: Cas Des Systèmes D’Irrigation Dans la Vallée du Draa,<br />
Thèses et Mémoires, Publications de la Faculté des Lettres et des Sciences Humaines Agadir, Université Ibn<br />
Zohr.<br />
Storm, H. (in Vorbereitung): Diplomarbeit, <strong>Universität</strong> Bonn.
Existenzsicherung IMPETUS 226<br />
PK Ma E.2 Landwirtschaftliche Anbaustrategien in den Drâa-Oasen bei Wasserknappheit<br />
Problemstellung<br />
Die zeitliche und räumliche Variabilität der Niederschläge sowie die Tendenz <strong>zu</strong> singulären Stark-<br />
regenereignissen führt <strong>zu</strong> einem schwierigen Wassermanagement des Stausees "Barrage el Mansour<br />
Eddahbi“ bei Ouarzazate, mit der immer häufigeren Folge von verminderten Lâchergaben. Lâcher<br />
sind staatlich gesteuerte Bewässerungsgaben aus dem Stauseereservoir. Es stehen geringere Mengen<br />
Wasser für die Bewässerung <strong>zu</strong>r Verfügung. Die landwirtschaftliche Produktion in den Drâa-<br />
Oasen wird stärker begrenzt und risikoreicher. Um einen ausreichenden Erntertrag <strong>zu</strong> erwirtschaften,<br />
müssen die meisten Landwirte <strong>zu</strong>nehmend auf individuelle Brunnenbewässerung <strong>zu</strong>rückgreifen,<br />
welche in Folge das Grundwasserreservoir negativ beeinflusst. Aus diesen Gründen ist die Modellierung<br />
von Szenarien der <strong>zu</strong>künftigen Entwicklung der Wasserversorgung für die landwirtschaftliche<br />
Grundversorgung essentiell.<br />
Ein weiterer <strong>zu</strong> betrachtender Punkt ist die Entwicklung der Vegetation in den Weidegebieten.<br />
Übernut<strong>zu</strong>ng und eine Abnahme der Niederschläge führt da<strong>zu</strong>, dass die Produktivität der Weideflächen<br />
abnimmt. Mittels eines Modells sollten Einfluss des Beweidungsmanagements und der Entnahme<br />
verholzter Pflanzenteile für Bau- und Brennstoffnut<strong>zu</strong>ng abgeschätzt und eine Basis <strong>zu</strong>r Abschät<strong>zu</strong>ng<br />
der tatsächlichen Tragfähigkeit der Vegetation erhalten werden.<br />
Mitarbeiter:<br />
A. Roth, T. Gaiser, M. Abdel-Razek Mohammad, C. Heidecke, R. Laudien
Existenzsicherung IMPETUS 227<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng:<br />
Die Zielset<strong>zu</strong>ng des Problemkomplexes ist <strong>zu</strong>m einen die Nut<strong>zu</strong>ng von On-farm Erhebungen in den<br />
Oasen des mittleren Drâa-Tals aus diesem und anderen Problemkomplexen <strong>zu</strong>r Kalibrierung des<br />
Pflanzenwachstumsmodells EPIC als Grundbaustein des Agrar-Informationssystems (AGROSIM).<br />
An die Kalibrierung soll eine Regionalisierung des Modells anhand von statistischen Daten <strong>zu</strong>r<br />
landwirtschaftlichen Produktion, sowie bereits vorhandener Boden- und Klimainformationen, anschließen.<br />
AGROSIM soll im ISDSS Framework die Modellarbeiten anderer Problemkomplexe<br />
(Wasserverbrauch, Grundwassernut<strong>zu</strong>ng, Bodenversal<strong>zu</strong>ng) ergänzen bzw. abrunden. Zum anderen<br />
sollten im Berichtszeitraum Sensitivitätsanalysen mit dem Modell SAVANNA durchgeführt werden,<br />
um die Auswirkungen von Klimaszenarien auf das Futterangebot im Drâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet unterverändertem<br />
Temperatur- und Niederschlagsregime ab<strong>zu</strong>schätzen<br />
Methodik:<br />
Die Grundlagen für die Modellierungen des Ackerbaus in den Oasen stellen Datensammlungen aus<br />
Kartenmaterialien, Befragungen und eigenen Erhebungen innerhalb des Bearbeitungsschwerpunktes<br />
der Oase Oulad Youb (Oase Tinzouline, Drâa) dar. Da sich herausstellte, dass die aus dieser Oase<br />
gesammelten Daten <strong>zu</strong> einer Modell-Validierung nicht ausreichten sollten diese Daten durch Erhebungen<br />
auf Feld- und Farmebene in den anderen Oasen (Abb. III.2.1-9) ergänzt werden. Neben der<br />
zentralen Oase Tinzouline mit der höchsten Datendichte wurden weitere Standorte bei kooperierenden<br />
Farmern in Agdz, Tamgroute, Zagora, Tagounite und M’Hamid identifiziert. Die Datenerhebungen<br />
auf Feldebene stellen die Datenbasis für die Kalibrierung des Modells für Weizen und Luzerne<br />
dar (Abb.III.2.1-10). Mit Hilfe der regional verfügbaren Klima- und Bodendaten sowie den<br />
aggregierten Daten aus den Farm surveys und der Agrarstatistik kann das Modell das regionalisiert<br />
werden und Simulationen für die einzelnen Oasen liefern. Das regionale Modell erlaubt dann die<br />
Abschät<strong>zu</strong>ng der Produktivitätsfunktionen für einzelne agrarpolitische Maßnahmen sowie der Auswirkungen<br />
von Klimaveränderungen für die einzelnen Oasen (Abb.III.2.1-10).<br />
Für die Modellierungen des Futterangebots auf der Ebene des Gesamtein<strong>zu</strong>gsgebiets wurde das<br />
Modell SAVANNA (Coughenor 1993, 2005, Coughenor et al. 1995) gewählt (siehe Zwischenbericht<br />
2006, S.306 ff.). Das SAVANNA Modell wurde entwickelt, um die Vorhersagbarkeit der folgender<br />
Systemfunktionen in ariden und semi-ariden Ökosystemen <strong>zu</strong> verbessern: Reaktion der Vegetation<br />
auf Trockenstress, Nährstoffkreisläufe und Wasserhaushalt. Die Randbedingungen für das<br />
Modell sind Klima, Boden, Geländeeigenschaften und Weidemanagement. Das Modell war eines<br />
der ersten, das in der Lage war, die weite Spanne der für Veränderungen in Ökosystemen relevanten<br />
Prozesse wie Pflanzenwachstum, Tierbesatz und Nährstoffumsätze durch Mikroorganismen ab<strong>zu</strong>bilden.<br />
Im Vergleich <strong>zu</strong> vielen anderen bio-geochemischen Modellen simuliert es nicht nur Pflanzenwachstum<br />
in unterschiedlichen funktionellen Gruppen, Boden- und Nährstoffprozesse, sondern<br />
es schließt auch die Tiere als eine weitere komplexe Einheit ein. Darüber hinaus beschreibt es nicht
Existenzsicherung IMPETUS 228<br />
nur vertikale Umsatz- und Verlagerungsprozesse sondern schließt die räumliche und zeitliche Variabilität<br />
in der Landschaft ein. Es ist ein grid-basiertes Modell, das unterschiedliche Landschaftssegmente<br />
gleichzeitig, aber unabhängig von einander simuliert. Die Kalibrierung des Modells wurde<br />
inzwischen abgeschlossen und es wurde die Sensitivität des Modells auf die in IMPETUS entwickelten<br />
Klimaszenarien getestet.<br />
Abb. III.2.1-9: Übersicht über die Verteilung der Beobachtungsstandorte in den Drâa-Oasen<br />
Abb. III.2.1-10: Arbeitsablauf <strong>zu</strong>r Entwicklung des Regionalmodells als Basis für AGROSIM
Existenzsicherung IMPETUS 229<br />
Stand der bisherigen Arbeiten:<br />
Wegen der unbefriedigenden Datensituation lag im Berichtszeitraum der Fokus der Arbeiten <strong>zu</strong>r<br />
Modellierung des Ackerbaus mit dem Modell EPIC (IS AGROSIM) auf der Überprüfung der Plausibilität<br />
der vorhandenen Daten sowie der Identifizierung neuer Datenquellen (Literatur, Vor-Ort-<br />
Erhebungen). Die Modellierung des Futterangebots mit dem numerischen Simulationsmodell<br />
SAVANNA hat dagegen gute Fortschritte gemacht. Die Kalibrierung des Modells war erfolgreich<br />
und es konnten schon erste Szenarienrechnungen mit dem Modell durchgeführt werden. Sensitivitätsanalysen<br />
müssen noch erfolgen und weitere Plausibilitätskontrollen durchgeführt werden, um<br />
das Modell auch für die Anwender in der Region übergeben <strong>zu</strong> können.<br />
Modellierung des Ackerbaus in den Oasen<br />
Zur Verbesserung der Datengrundlage auf Feldebene wurden On-Farm Standorte ausgewählt auf<br />
denen in Kooperation mit den Bauern in unter unterschiedlichen <strong>Management</strong>bedingungen die Ertragsentwicklung<br />
beobachtet wird.<br />
Drei Feldversuche wurden angelegt, um den Effekt von Bewässerungsmethoden, Düngemittelintensitäten<br />
und Düngerarten auf die Ertragsentwicklung von Weizen <strong>zu</strong> testen und <strong>zu</strong> simulieren. Die<br />
Ergebnisse dienen <strong>zu</strong> einer fundierten Kalibrierung des EPIC Modells für die spezifischen Bedingungen<br />
im Drâa-Tal. Weizen wurde als Kulturpflanze in den Versuchen ausgewählt, weil diese<br />
Fruchtart nach der Dattelpalme, die größte ökonomische Bedeutung hat und da<strong>zu</strong> die größte flächenmäßige<br />
Verbreitung besitzt. Die Versuche wurden <strong>zu</strong>sammen mit der <strong>zu</strong>ständigen Landwirtschaftsbehörde<br />
ORMVAO angelegt und betreut. Daneben wurden weitere zehn Beobachtungsstandorte<br />
ausgewählt auf denen das Wachstum von Weizen und Luzerne (der flächenmäßig zweithäufigsten<br />
Kulturpflanze) ausgewählt. Es handelt sich um Versuchstandorte in den Oasen Mezguita,<br />
Tinzouline, Ternata, Fezouata, Ktoua, and M'Hamid. Dort werden von den Bauern in Zusammenarbeit<br />
mit der ORMVAO, die Anbaumaßnahmen protokolliert und quantifiziert (insbesondere die<br />
Bewässerungsintervalle und –mengen sowie die Herkunft des Bewässerungswassers), um später <strong>zu</strong>r<br />
Modellkalibrierung genutzt werden <strong>zu</strong> können. Wichtig war eine weite Streuung der Beobachtungsstandorte<br />
über alle Oasen, weil das Problem der Bodenversal<strong>zu</strong>ng von den nördlichen <strong>zu</strong> den südlich<br />
gelegenen Oasen <strong>zu</strong>nimmt.<br />
Neben der Nut<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong>r Modellkalibrierung und –validierung wurden die Experimente <strong>zu</strong>r Aufklärung<br />
folgender Fragen: Experiment (1) soll die Bedeutung der Kaliumversorgung auf den Weizenertrag<br />
klären; Experiment (2) Ertragseffekte unterschiedlicher Düngermengen (NPK Volldünger<br />
14/28/14) auf Weizen, (3) Vergleich der Wassereffizienz unterschiedlicher Bewässerungsstrategien<br />
bei Wasserentnahme aus dem Grundwasser. In allen Experimenten werden der oberirdische Trockenmasseertrag,<br />
der Kornertrag sowie die Salz- und Natriumgehalte im Boden gemessen. Letzteres
Existenzsicherung IMPETUS 230<br />
insbesondere deshalb, um eventuelle kurzfristige Anstiege der Salzgehalte durch sehr hohe Düngermengen<br />
nach<strong>zu</strong>weisen.<br />
Besonders die Bewässerungsstrategien sind von großem Interesse für die ORMVAO und die CMV,<br />
weil sie einen Beitrag <strong>zu</strong>r Frage in wieweit die Wassereffizienz erhöht und Einsparungspotentiale<br />
bei der Wassernut<strong>zu</strong>ng erschlossen werden können (Tab. III.2.1-2).<br />
Tab. III.2.1-2: Feldversuch in Kooperation mit ORMVAO <strong>zu</strong> unterschiedlichen Bewässerungsstrategien<br />
Entwicklungs-<br />
stadium <br />
Aussaat <br />
Bestockung<br />
Ende der<br />
Bestoc-<br />
kung <br />
Schossen1 <br />
Schossen2 <br />
Rispenschieben<br />
Strategie 1 70 70 70 70<br />
Strategie 2 70 70 70<br />
Strategie 3 70 70 70 70 70 70 70<br />
Strategie 4 50 40 40 40 40 40 40<br />
Ende der<br />
Blüte<br />
Szenarienanalysen mit dem Modell SAVANNA:<br />
Das SAVANNA-Modell wurde herangezogen, um vier verschiedene Szenarien als Kombination<br />
aus Klima- und Weidemanagement <strong>zu</strong> simulieren. Die Szenarien wurden für das gesamte Drâa-<br />
Ein<strong>zu</strong>gsgebiet gerechnet. Nachstehend werden nur die Ergebnisse eines diagnostischen Ausschnittes<br />
im Becken von Ouarzazate (Abb. III.2.1-11) dargestellt. Das Ziel war es, die Veränderung der<br />
Weideproduktivität bei unterschiedlicher Besatzdichte und verändertem Klima <strong>zu</strong> vergleichen. Zuerst<br />
wurden Simulationen für eine diagnostische Zelle in einer hypothetischen Weideausschlussflächen<br />
im Nordosten des Ein<strong>zu</strong>gsgebiets durchgeführt (siehe Abb.III.2.1-11).<br />
Abb. III.2.1-11: Das Drâa Ein<strong>zu</strong>gsgebiet und zwei hypothetische Weideausschlußgebiete. (Geographische <strong>Projekt</strong>ion:<br />
IMPETUS-Lambert Conform Conical)
Existenzsicherung IMPETUS 231<br />
Abb. III.2.1-12 gibt einen Überblick über die jährliche Nettoprimärproduktion (ANPP) der oberirdischen<br />
Biomasse wenn die hypothetische Ausschlussfläche beweidet („No Reserve“) oder nicht beweidet<br />
(„Reserve“) wird. Diese zwei <strong>Management</strong>strategien wurden jeweils mit den Klimaszenarien<br />
A1B und B1 kombiniert. In allen Varianten ist ein rückläufiger Trend der ANPP beobachtbar. Wie<br />
erwartet, wurde der stärkste Rückgang im Szenario A1B ohne Weideausschluss vorhergesagt. Der<br />
geringste Rückgang ist im Szenario A1B auf einer Weideausschlussfläche („Reserve ANPP-A1B“)<br />
<strong>zu</strong> verzeichnen. Interessanterweise ist der Rückgang der oberirdischen Biomasse im Szenario B1<br />
ohne Weideausschluss geringer als auf der Ausschlussfläche. Dies könnte auf einen zeitweise positiven<br />
Einfluss der Beweidung auf die Biomasseproduktion von Gräsern und Büschen <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>führen<br />
sein.<br />
Daraufhin wurden für das gesamte Ein<strong>zu</strong>gsgebiet vier Szenarien gerechnet, die auf folgenden Annahmen<br />
basierten:<br />
1. IPCC Klimaszenario A1B, mittlere Besatzdichte (200,000 sesshafte und 400,000 wandernde<br />
Ziegen- und Schafe)<br />
2. IPCC Klimaszenario B1 und mittlere Besatzdichte<br />
3. IPCC Szenario A1B und höhere Besatzdichte (350,000 sesshafte und 550,000 wandernde<br />
Ziegen- und Schafe)<br />
g m -2<br />
70.0<br />
60.0<br />
50.0<br />
40.0<br />
30.0<br />
20.0<br />
10.0<br />
0.0<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
Linear (Reserve ANPP-B1) Linear (No Reserve heavy grazing A1B)<br />
Linear (Reserve ANPP-A1B) Linear (No reserve ANPP B1)<br />
2006<br />
2007<br />
2008<br />
2009<br />
2010<br />
2011<br />
2012<br />
2013<br />
2014<br />
2015<br />
2016<br />
2017<br />
2018<br />
2019<br />
2020<br />
2021<br />
2022<br />
2023<br />
years of simulation<br />
4. IPCC Szenario B1 und höhere Besatzdichte<br />
2024<br />
2025<br />
2026<br />
2027<br />
2028<br />
2029<br />
2030<br />
2031<br />
2032<br />
2033<br />
2034<br />
2035<br />
2036<br />
2037<br />
2038<br />
2039<br />
2040<br />
2041<br />
2042<br />
2043<br />
2044<br />
2045<br />
2046<br />
2047<br />
2048<br />
2049<br />
2050<br />
Abb. III.2.1-12: Vergleich der linearen Trends der jährlichen Nettoprimärproduktion (ANPP) der oberirdischen Biomasse<br />
(Gräser und Büsche) für die Klimaszenarien A1B und B1 in Kombination mit unterschiedlichen<br />
Besatzdichten (mittlere Dichte = “Reserve”, höhere Dichte = “No Reserve”)
Existenzsicherung IMPETUS 232<br />
Im Modell wird der Pflanzenbestand in funktionelle Typen nach Kräutern, Büschen und Bäumen<br />
unterteilt, die wiederum in weitere Unterklassen unterteilt werden können. Die Entwicklung des<br />
oberirdischen Anteils der Grasvegetation wird in Abb. III.2.1-13 beschrieben. Hier wird die Grasvegetation<br />
weiter unterteilt in Gräser mit unterschiedlichem Wuchshabitus (Feine, grobblättrige und<br />
alpine Gräser). Im Allgemeinen unterscheidet sich die Biomasseproduktion der Gräser in den einzelnen<br />
Szenarien wenig, mit Ausnahme von Szenario 1 (A1B und mittlere Besatzdichte). Der<br />
Grund ist die der Produktion der feinblättrigen Gräser während dieser in den anderen Szenarien<br />
mehr oder weniger konstant bleibt. Das Klimaszenario A1B in Verbindung mit mittlerer Besatzdichte<br />
scheint das Wachstum dieses Gräsertypus <strong>zu</strong> fördern. Im Klimaszenario A1B ist deshalb der<br />
Unterschied zwischen den <strong>Management</strong>szenarien in Be<strong>zu</strong>g auf die Biomasseproduktion der oberirischen<br />
Pflanzenteile erheblich, während im Klimaszenario B1 kein Unterschied zwischen den <strong>Management</strong>szenarien<br />
fest<strong>zu</strong>stellen ist Die Biomasseproduktion der grobblättrigen Gräser nimmt in<br />
allen Szenarien von anfänglich 5 g m -2 auf unter 0.5 g m -2 ab. Dies deutet darauf hin, dass der Anteil<br />
dieser Gräser bei der Definition der Startbedingungen überschätzt wurde. Die feinblättrigen Gräser<br />
zeigen die beste Anpassung an veränderte Klima- und <strong>Management</strong>bedingungen.<br />
g D WT/ m2<br />
g D WT/ m2<br />
1)<br />
5<br />
4.5<br />
4<br />
3.5<br />
3<br />
2.5<br />
2<br />
1.5<br />
1<br />
.5<br />
c)<br />
3)<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050<br />
Year<br />
2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050<br />
Year<br />
Grass-Fine<br />
Grass Coarse<br />
Grass Alpine<br />
Grass-Fine<br />
Grass Coarse<br />
Grass Alpine<br />
g D WT/ m2<br />
g D WT/ m2<br />
Abb. III.2.1-13: Entwicklung der oberirdischen Biomasse verschiedener Gräsertypen (feinblättrig =grass Fine: rot; grobblättrig =Grass Coarse:<br />
gestrichelt blau, alpine Gräser =Grass Alpine: grün) in g m -2 für vier Szenarien 1.) A1B Szenario 200,000 sesshafte and 400,000<br />
wandernde Ziegen und Schafe 2.) B1 scenario 200,000 sesshafte und 400,000 wandernde Ziegen und Schafe 3.) A1B Szenario,<br />
350,000 sesshafte und 550.000 wandernde Tiere, 4.) B1 Szenario, 200,000 sesshafte und 400.000 wandernde Ziegen und Schafe<br />
2)<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
d) 4)<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045<br />
Year<br />
2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045<br />
Year<br />
Grass-Fine<br />
Grass Coarse<br />
Grass Alpine<br />
Grass-Fine<br />
Grass Coarse<br />
Grass Alpine
Existenzsicherung IMPETUS 233<br />
Abb. III.2.1-14 zeigt die Produktivität der Strauchvegetation unterteilt nach immergrünen Sträuchern,<br />
laubabwerfende Sträucher mit geringem Futterwert („low DMD shrubs“) und Artemisia<br />
Sträucher („sage brush“). Die immergrünen Sträucher nehmen in allen Szenarien im Laufe des<br />
Simulationszeitraums von 10.0 g m 2 auf unter 1 g m 2 ab. Dasselbe gilt für die laubabwerfenden<br />
Sträucher mit geringem Futterwert im Szenario 3 stark. In den anderen Szenarien ist die Abnahme<br />
der Produktivität dieser Strauchtypen moderater. Insgesamt liegt die Produktivität dieser Sträucher<br />
in der Größenordnung der Artemisia Vegetation, und mit Ausnahme von Szenario 3 übertrifft sie<br />
diese sogar im Laufe der Zeit. Offensichtlich besitzen beide funktionale Strauchtypen ähnliche Anpassungsstrategien<br />
an veränderte Klima- und <strong>Management</strong>bedingungen. Die höhere Verdaulichkeit<br />
und damit Vorzüglichkeit der Artemisia Vegetation führt im Laufe der Zeit insbesondere bei höheren<br />
Besatzdichten da<strong>zu</strong>, dass die Produktivität unter derjenigen der laubabwerfenden Sträucher mir<br />
geringem Futterwert fällt.<br />
1.) 2.)<br />
g g DD WT/ m2<br />
g D WT/ m2<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
15<br />
10<br />
10<br />
5<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050<br />
2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050<br />
Year<br />
Year<br />
2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045 2050<br />
Shrub Shrub evergree evergree<br />
Shrub Shrub low low DMD DMD<br />
Shrub-Sage<br />
Shrub-Sage<br />
3.) 4.)<br />
Shrub evergree<br />
Shrub low DMD<br />
Shrub-Sage<br />
g D WT/ m2<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045<br />
Year<br />
2005 2010 2015 2020 2025 2030 2035 2040 2045<br />
Shrub evergree<br />
Shrub low DMD<br />
Shrub-Sage<br />
Year<br />
Year<br />
Abb. III.2.1-14: Produktivität von immergrünen Sträuchern, (Shrub-Evergreen-rote Linie), laubabwerfenden Sträuchern mit geringem Futterwert(<br />
Shrub low DMD- gestrichelte blaue Linie) und Artemisia Sträuchern (Shrub-sage-grüne Linie) in g m -2 für vier Szenarien: 1.)<br />
A1B Szenario 200,000 sesshafte and 400,000 wandernde Ziegen und Schafe 2.) B1 scenario 200,000 sesshafte und 400,000 wandernde<br />
Ziegen und Schafe 3.) A1B Szenario, 350,000 sesshafte und 550.000 wandernde Tiere, 4.) B1 Szenario, 200,000 sesshafte<br />
und 400.000 wandernde Ziegen und Schafe<br />
g D WT/ m2<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
Shrub evergree<br />
Shrub low DMD<br />
Shrub-Sage
Existenzsicherung IMPETUS 234<br />
Das Modell SAVANNA stellt ein nützliches Werkzeug <strong>zu</strong>r Abschät<strong>zu</strong>ng von Maßnahmen <strong>zu</strong>r Begren<strong>zu</strong>ng<br />
von Besatzdichten und Beweidungssteuerung dar. Es sind noch weitere Fragen der Anwendbarkeit<br />
und Übertragbarkeit des Modellansatzes <strong>zu</strong> prüfen, wobei Modelläufe noch mit längeren<br />
Vorlaufzeiten <strong>zu</strong> testen sind hinsichtlich der Stabilität der Ergebnisse. Nach erfolgreicher weiterer<br />
Modellvalidierung und –Anpassung wird dann das Modell der ORMVAO <strong>zu</strong>r Verfügung gestellt<br />
und die Betreiber in die Modellnut<strong>zu</strong>ng eingeführt.<br />
Monitoring der Bodenversal<strong>zu</strong>ng:<br />
In den südlichen Drâa-Oasen wird Bodenversal<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong> einem immer akuteren Problem für die Bevölkerung.<br />
In den achtziger und neunziger Jahren wurden bereits großangelegte Messkampagnen in<br />
der Oase Ktaoua durchgeführt an geo-referenzierten Probepunkten. Um die Entwicklung der Bodenversal<strong>zu</strong>ng,<br />
insbesondere in jüngerer Zeit durch die <strong>zu</strong>nehmende Bedeutung der Grundwassernut<strong>zu</strong>ng<br />
besser quantifizieren <strong>zu</strong> können, wurden im November 2008 einige der Bohrpunkte neu<br />
beprobt. Außerdem wurden die Versal<strong>zu</strong>ngskarten, die aus den letzten Messkampagnen hervorgegangen<br />
sind, digitalisiert (Abb. III.2.1-15).<br />
Capacity development<br />
Abb. III.2.1-15: Versal<strong>zu</strong>ngskarte der Oase Ktaoua und Lage der im<br />
November 2008 beprobten Bohrpunkte<br />
Im Rahmen der Aufenthalte im März und Juni 2008 wurde das Konzept von AGROSIM auf verschiedenen<br />
Ebenen des landwirtschaftlichen Beratungsdienstes (ORMVAO) vorgestellt. Die Feldversuche<br />
wurden in Kooperation mit der ORMVAO bzw. den untergeordneten Behörden (CMV)<br />
sowie den beteiligten Bauern konzipiert. Die CMV (Center for Agricultural Investment) und auch<br />
die Bauern erwarten, dass die Feldversuche Aufschluss geben über drängende Fragen der landwirt-
Existenzsicherung IMPETUS 235<br />
schaftlichen Praxis in den Drâa-Oasen, insbesondere der Entscheidungshilfen für die Nut<strong>zu</strong>ng oder<br />
Aufgabe von Ackerflächen.<br />
Ausblick<br />
In den kommenden Monaten wird die weitere Modellprüfung und –Anpassung von SAVANNA<br />
fertig gestellt. Dafür sollen noch a posteriori Validierung und Sensitivitätsanalyse die Tauglichkeit<br />
des Modells weiter prüfen. Eine weitere Szenarieneinbindung erscheint sinnvoll, um die vollen<br />
Möglichkeiten des Modells aus<strong>zu</strong>schöpfen. Die Maßnahmen im Rahmen des Capacity Development<br />
werden fortgeführt; vor allem die kontinuierliche Diskussion mit den Stakeholdern hilft bei<br />
der Verbesserung der Modelle und des SDSS.<br />
Literatur<br />
Coughenour M (1993). The SAVANNA landscape model–documentation and user´s guide. Natural Resource Ecological<br />
Laboratory, Colorado State University, Ft. Collins, USA.<br />
Coughenour M (2005). Bison and elk carrying capacity in Yellowstone National Park – An assessment based upon<br />
spatial ecosystem modelling. Final Report to U.S. Geological Survey. Biological Resources Division, Bozeman,<br />
Montana. USA.<br />
Coughenour M B a und Chen D X (1997). Assessment of grassland ecosystem responses to atmospheric change using<br />
linked plant-soil process models. Ecological Applications 7(3): 802-827.<br />
Gresens F (2006). Untersuchungen <strong>zu</strong>m Wasserhaushalt ausgewählter Pflanzenarten im Drâa-Tal - Südost Marokko.<br />
Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz, <strong>Universität</strong> Bonn, Bonn.<br />
IPPC (2007a). Climate Change 2007 - The Physical Science Basis: Contribution of Working Group I to the Fourth<br />
Assessment Report of the IPCC, Cambridge University Press,<br />
Paeth H (2004). Key factors in African climate change evaluated by a regional climate model. Erdkunde 58: 290-315.<br />
Roth A, Coughenour M B und Goldbach H (2006). Future scenarios of biomass dynamics under pastoral conditions and<br />
regional water balance aspects for the Draa catchment in SE Morocco. Proceedings of the 14th Conference of<br />
International Soil Conservation Organization on Water <strong>Management</strong> and Soil Conservation in Semi-Arid Environments,<br />
Marrakech, Morocco
Hydrologie IMPETUS 236<br />
III.2.2 Hydrologie<br />
Im Themenbereich „Wasserdargebot, Wasserverbrauch, Wasserqualität“ sind alle Problemkomplexe<br />
<strong>zu</strong>sammengefasst, bei denen das Wasser im Mittelpunkt des Interesses steht. Darüber hinaus ist<br />
das Thema Wasser jedoch für eine Vielzahl weiterer Problemkomplexe wichtig.<br />
Der Themenbereich umfasst vier Problemkomplexe. Im PK Ma-H.1 wurden 2008 im SDSS<br />
HYDRAA die Kernmodelle ergänzt. Das Modellkonzept von SWAT2005 wurde um eine detaillierte<br />
Höhengliederung erweitert. Die Bewässerungsmodellierung mit CropWat wurde erfolgreich auf<br />
der Grundlage vorhandener Informationen parametrisiert. Weitere über den Abflussvergleich hinaus<br />
gehende Validierungsmethoden wurden entwickelt. Szenarienrechnungen auf Basis unterschiedlicher<br />
Ausprägungen der IMPETUS-Klimaszenarien wurden durchgeführt. Im Capacity-Building<br />
wurden die grundlegenden Kenntnisse <strong>zu</strong>m Umgang mit den Systemen vermittelt, darauf aufbauend<br />
werden in 2009 einzelne SDSS-Verantwortliche in Marokko gezielt intensiv geschult.<br />
Im Rahmen des PK Ma-H.2 wurde im engen Dialog mit den Partnerinstitutionen bei der Vorstellung<br />
des lauffähigen Prototyps des SDSS IWEGS während eines Workshops in Ouarzazate/Marokko<br />
eine Anpassung des SDSS an deren Bedürfnisse initiiert. Anregungen und Kritikpunkte<br />
der marokkanischen Partner führten <strong>zu</strong> einer Optimierung des SDSS IWEGS. Beispielsweise wurde<br />
in das Modell BIL eine Funktion <strong>zu</strong>r Berücksichtigung von Gerinnebettverlusten für die Abschät<strong>zu</strong>ng<br />
der Verfügbarkeit von Oberflächenwasser für die Bewässerung der Oasen implementiert. Die<br />
technische Umset<strong>zu</strong>ng und die Implementierung von Bedienungselementen für das SDSS IWEGS<br />
erfolgten in enger Zusammenarbeit mit Teilprojekt C2.<br />
Im PK Ma-H.3 wurde das Monitoringtool PRO-RES weiterentwickelt und umfasst jetzt eine bei<br />
jedem Programmstart aktualisierte Tabelle der Datengrundlage. MODIS-Satellitenbilder können<br />
vom Anwender in die Datenbank eingelesen und automatisch auf der Basis der räumlichen Diskretisierung<br />
der Teilein<strong>zu</strong>gsgebiete ausgewertet werden. Das Kernmodell Snowmelt Runoff Model<br />
(SRM) sowie die PRO-RES-Module <strong>zu</strong>r Berechnung des Stauseefüllstands wurden mit weiteren<br />
Daten kalibriert und validiert. Der Vergleich mit Messdaten ist <strong>zu</strong>frieden stellend, so dass auf der<br />
Basis von Klimaszenarien des Wettergenerators SMGHydraa <strong>zu</strong>künftige Stausee<strong>zu</strong>flüsse berechnet<br />
werden können.<br />
Im Rahmen des PK Ma-H.5 wurde die meteorologische Datenbasis für die Anwendung des regionalen<br />
Downscalings verbessert, indem erstmals eine Rekombination von Niederschlag und Verdunstung<br />
für das vergrößerte Simulationsgebiet (Hoher Atlas und Becken von Ouarzazate) erstellt<br />
wurde. Da<strong>zu</strong> sind die Bodenarten aus der IMPETUS-Bodenkarte in das FOOT3DK-Kataster integriert<br />
und die verwendbare Anzahl von Bodenarten im Modell erhöht worden. Ähnlich wie in den<br />
Arbeiten für das kleinere Gebiet im nordöstlichen Ein<strong>zu</strong>gsgebiet werden Kriterien <strong>zu</strong>r Auswahl von<br />
Repräsentanten der CWT ausgewählt. Eine Simulation dieser Repräsentanten erfolgt mit dem Modell<br />
FOOT3DK.
Hydrologie IMPETUS 237<br />
PK Ma-H.1 Natürliche und anthropogene Einflüsse auf die Dynamik von<br />
Wasserressourcen im Drâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
Problemstellung<br />
Der Wasserkreislauf semi-arider Wüstenrandgebiete ist in hohem Maße von variablen Niederschlägen<br />
abhängig. Neben den klimatischen Rahmenbedingungen ist die Entwicklung der Wasserressourcen<br />
auch von der Wirtschaftsweise des Menschen und seinem Bedarf an Wasser gesteuert. Die<br />
natürliche Ungunstlage des Drâa-Tals und die hohe wirtschaftliche Abhängigkeit vom Wasser, sowohl<br />
in der Landwirtschaft als auch im Tourismussektor, erfordern einen nachhaltigen Umgang mit<br />
der knappen Ressource. Ein nachhaltiges <strong>Management</strong>konzept muss jedoch nicht nur den aktuellen<br />
Zustand des Systems kennen, sondern auch künftige Entwicklungen, natürlich wie anthropogen, in<br />
ihren Auswirkungen abschätzen können. Daher ist es wichtig, die raum-zeitliche Variabilität der<br />
Wasserflüsse <strong>zu</strong> erfassen und Simulationsmodelle <strong>zu</strong> entwickeln, die die Auswirkung des Globalen<br />
Wandels auf die Wasserressourcen quantifizieren können.<br />
Mitarbeiter<br />
H. Busche, K. Born, P. Fritzsche, A. Klose, S. Klose, O. Schulz
Hydrologie IMPETUS 238<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Das Ziel dieses Problemkomplexes ist eine quantitative Bewertung der verfügbaren Wasserressourcen<br />
für das gesamte Drâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet. Ausgehend von einer Erfassung und Modellierung des Ist-<br />
Zustandes, werden die verschiedenen IMPETUS-Szenarien sowie Interventionsszenarien gerechnet.<br />
Auf der vorliegenden Datenbasis (DRH, ORMVAO, eigene Arbeiten) werden mit einem konzeptionellen<br />
Modellansatz quantitative Änderungen in den einzelnen Subsystemen (Schneespeicher,<br />
Bewässerung, Grundwasser, Stausee) abgeschätzt. Das niederschlagsgesteuerte hydrologische System<br />
des oberen Drâatals endet am Stausee Mansour Eddahbi, der für das Wassermanagement der<br />
Oasen des mittleren Drâatals von großer Bedeutung ist. Das anthropogen überprägte hydrologische<br />
System südlich des Stausees hingegen ist vorrangig vom Lâcher-<strong>Management</strong> und der Bewässerung<br />
in den Oasen geprägt. Die hydrologische Szenarienmodellierung, das Kernstück der Arbeit im PK<br />
Ma-H.1, berücksichtigt daher geänderte naturräumliche Bedingungen, um das künftige Wasserdargebot<br />
<strong>zu</strong> bestimmen, aber auch sozioökonomische Szenarien um die Wassernachfrage und Bewässerungspraxis<br />
<strong>zu</strong> berücksichtigen. Das Produkt dieses PKs stellt das SDSS HYDRAA (Hydrologisches<br />
Modell für das Drâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet) dar, das die Auswirkungen der IMPETUS-Szenarien, der<br />
Interventionsszenarien und benutzerbestimmter Einflüsse auf die Ressource Wasser quantifizieren<br />
kann.<br />
Modellierung<br />
Die Anpassung und Anwendung hydrologischer Modelle steht im Mittelpunkt der PK-Arbeit. Das<br />
zentrale Modellsystem SWAT (Soil Water Assessment Tool) ist räumlich differenziert und kann<br />
die im Untersuchungsgebiet relevanten hydrologischen Prozesse auf monatlicher Basis darstellen.<br />
Das Modell SWAT ist lose mit dem Modell CropWat gekoppelt, das den Bewässerungsbedarf der<br />
Landwirtschaft ermittelt (Abb.III.2.2-1). Die Parametrisierung der Bewässerungspolitik und Bewässerungspraxis<br />
fußt auf dem Dialog mit den marokkanischen Kooperationspartnern auf lokaler,<br />
regionaler und staatlicher Ebene.<br />
SDSS HYDRAA<br />
Das im PK Ma-H.1 entwickelte SDSS HYDRAA (Hydrologisches Modell für das Drâa-<br />
Ein<strong>zu</strong>gsgebiet) soll die natürlichen und anthropogenen Einflüsse auf das Wasserdargebot im Drâa-<br />
Ein<strong>zu</strong>gsgebiet quantifizieren. Ein mit dem Modell SWAT vertrauter Nutzer kann die Gestaltung<br />
von Szenarien direkt in den Modelldateien vornehmen und die Modellierung mit den veränderten<br />
Inputdaten durchführen. Die Wahl der Szenarien kann jedoch auch über eine grafische Benutzeroberfläche<br />
erfolgen. Hier besteht die Möglichkeit, auf vorgefertigte Szenarien <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>greifen,<br />
oder für die Anpassung freigeschaltete Parameter über Schieberegler <strong>zu</strong> verändern. Ein tief greifendes,<br />
technisches Modellverständnis ist hierfür nicht zwingend erforderlich. Ein grundsätzliches Modellverständnis<br />
hingegen ist unabdingbar, allein um die Aussagekraft der Ergebnisse abschätzen <strong>zu</strong><br />
können.
Hydrologie IMPETUS 239<br />
Zu den in HYDRAA implementierten Klimaszenarien zählen die REMO-Klimaszenarien A1B und<br />
B2. Als relevante sozioökonomische Größen sind die Oasenflächen und eine variable Gewichtung<br />
unterschiedlicher Feldfrüchte in das System integriert.<br />
Für eine bedarfsgerechte Implementierung von Interventionsszenarien ist der Dialog mit den örtlichen<br />
Planungsbehörden intensiviert worden. Insbesondere werden marokkanische Partner im Rahmen<br />
der letzten Capacity-Building-Maßnahmen Deutschland besuchen, intensiv am System geschult<br />
werden und eigene Ideen in das System integrieren. Diese Partner entstammen den Planungsbehörden,<br />
die als Empfänger des Systems vorgesehen sind:<br />
Direction Générale Hydraulique (Rabat), Agence de Basin Sous Massa (Agadir), Organisation Régional<br />
de Mise en Valeur Agricole (Ouarzazate), Service Eau (Ouarzazate)<br />
Capacity Development<br />
Abb. III.2.2-1: Struktur des SDSS HYDRAA<br />
Die vom PK Ma-H.1 durchgeführten Capacity-Building-Maßnahmen bereiten die Übergabe des<br />
SDSS HYDRAA an die marokkanischen Kooperationspartner vor. Die Teilnehmer sollen die<br />
grundlegende Modellstruktur verstehen, die Aussagekraft der Ergebnisse bewerten sowie die<br />
<strong>zu</strong>grunde liegenden Datensätze aktualisieren und in das Modell einpflegen können. Zu diesem<br />
Zweck ist im März 2007 ein Workshop <strong>zu</strong> den benötigten, grundlegenden Computerfähigkeiten im<br />
Bereich der Tabellenkalkulation und der Geographischen Informationssysteme durchgeführt worden.
Hydrologie IMPETUS 240<br />
Darauf aufbauend hat im März 2008 ein Workshop <strong>zu</strong>m SDSS stattgefunden, in dessen Rahmen die<br />
Handhabung des SDSS HYDRAA vermittelt wurde. Das Ziel war die Vermittlung eines Grundverständnisses<br />
für das Kernmodell SWAT und dessen Konzepte sowie die Vermittlung der Fähigkeit,<br />
Ausgaben des SDSS im Rahmen der gegebenen Unsicherheiten beurteilen <strong>zu</strong> können.<br />
Eine tiefer gehende, abschließende Schulung ist für das Frühjahr 2009 in Deutschland vorgesehen.<br />
In diesem Rahmen wird eine vertiefte und kritische Auseinanderset<strong>zu</strong>ng mit den Modellkonzepten<br />
von SWAT stattfinden und die Befähigung <strong>zu</strong>r Beschaffung, Aufbereitung und Einarbeitung von<br />
Klima- und Landnut<strong>zu</strong>ngsdaten vermittelt.<br />
Stand der bisherigen Arbeiten<br />
Hydrologische Modellierung mit SWAT<br />
Das in Fallstudien erlangte Prozessverständnis wurde auf das gesamte Drâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet oberhalb<br />
des Stausees übertragen. Außerdem wurden Niederschlagsanomalien analysiert und in Ihrer Bedeutung<br />
für die Abflußbildung bewertet (Schultz et al. 2008). Darauf aufbauend wurde das Modellkonzept<br />
von SWAT um eine detaillierte Höhengliederung ergänzt, um den Besonderheiten eines semiariden<br />
bergigen Ein<strong>zu</strong>gsgebietes Rechnung <strong>zu</strong> tragen. Insbesondere wurde ein Algorithmus entwickelt<br />
der ausgehend von den IMPETUS-Klimamessungen (2000-2008) eine Höhenanpassung für<br />
Niederschläge vornahm (Abb. III.2.2-2). Somit konnten Simulationen des Wasserhaushaltes im<br />
Stauseeein<strong>zu</strong>gsgebiet auch für die Zeiträume durchgeführt werden, in denen keine Niederschlagsmessungen<br />
für die Höhenlagen verfügbar sind. Dieses auf das Ein<strong>zu</strong>gsgebiet angepasste Modell<br />
bildet die Grundlage für das SDSS HYDRAA, das vorrangig die Wasserverfügbarkeit im Stausee<br />
prognostiziert.<br />
Abb. III.2.2-2: Schema <strong>zu</strong>r Höhenanpassung von Niederschlägen in SWAT
Hydrologie IMPETUS 241<br />
Abb. III.2.2-3: Gemessene und simulierte Zuflüsse des Mansour-Eddahbi (15.000 km²) 1972-2003.<br />
HYDRAA ist in der Lage die monatliche Abflussdynamik im oberen Drâa-Tal auf monatlicher Basis<br />
gut abbilden (Abb. III.2.2-3). Da die Pegeldaten im Untersuchungsgebiet hohen Unsicherheiten<br />
unterworfen sind (extremes Abflussgeschehen, selten aktualisierte Durchfluss-<br />
Wasserstandsbeziehungen etc.) erfolgt derzeit eine Validierung des Modells über weitere Variablen.<br />
Schulz (2006) hat über den Zeitraum 2000-2008 mittels MODIS-Daten ein Schneedecken-<br />
Monitoring durchgeführt. Ab einem Normalized Difference Snow Index (NDSI) von 0,3 gilt eine<br />
Gitterzelle (463*463 m²) als schneebedeckt. Auf Grundlage eines Vergleichs mit höher aufgelösten<br />
Landsat-Daten ist dies als eine tatsächliche Bedeckung von mindestens 50% <strong>zu</strong> werten. MODIS-<br />
Bedeckungsgrade sind daher eher als maximale Bedeckung auf<strong>zu</strong>fassen. Insbesondere da die Niederschläge<br />
in den höheren Lagen weitestgehend simuliert werden, ist die Dynamik der Schneebedeckung<br />
von SWAT hinreichend gut erfasst (Abb. III.2.2-4).<br />
Abb. III.2.2-4: Gemessene und simulierte mittlere monatliche Schneebedeckung in der Höhenzone 2500-3000 m (1235<br />
km²) für die Jahre 2000-2003.
Hydrologie IMPETUS 242<br />
Derzeit wird geprüft, inwiefern Oberflächenabfluss und Sedimentfracht über einen Modell-Modell-<br />
Vergleich (PESERA, siehe PK Ma-L.3) sowie Stausee-Bathymetrien validiert werden können.<br />
Ferner wurde in HYDRAA eine Datenausgabe integriert, die es erlaubt, beliebige Wasserhaushaltsgrößen<br />
regional differenziert aus<strong>zu</strong>geben, und somit den Nutzern für Modell-Modellvergleiche oder<br />
als Eingangsdaten für sonstige Modelle <strong>zu</strong>r Verfügung <strong>zu</strong> stellen.<br />
Landnut<strong>zu</strong>ng<br />
Die agrarische Nut<strong>zu</strong>ng im Untersuchungsgebiet ist hochvariabel hinsichtlich der Anteile unterschiedlicher<br />
Kulturen, der bewässerten Fläche und auch der Bewässerungsquelle (Grund- oder<br />
Oberflächenwasser). Ferner stehen viele Parameter für einen deterministischen Modellansatz nicht<br />
<strong>zu</strong>r Verfügung. Daher wurde die statische Landnut<strong>zu</strong>ngskomponente in SWAT durch den empirisch-konzeptionellen<br />
CropWat-Ansatz ersetzt. CropWat wurde für das Referenzjahr 1998/1999<br />
parametrisiert (Ministère des travaux publics 1998). Ein Vergleich mit den verfügbaren Agrarstatistiken<br />
(Heidecke in Vorb., Abb. III.2.2-5) legt nahe, dass dieser Ansatz praktikabel ist.<br />
Meteorologie<br />
Abb. III.2.2-5: Vergleich von HYDRAA ermittelter Bewässerungsmengen<br />
mit tatsächlich bewässerter Fläche 1979-2003 (Heidecke in<br />
Vorb.)<br />
Da die Klimadaten aus großskaligen Klimamodellen nicht direkt in täglich auflösenden hydrologischen<br />
Modellen verwendet werden können, wurden im PK Ma.H-1 mehrere Alternativen erprobt,<br />
die mit REMO ermittelten Klimatrends für die hydrologische Impact-Modellierung <strong>zu</strong> verwenden:<br />
Mit Hilfe eines jährlich auflösenden Regressionsmodells können REMO-Daten direkt verarbeitet<br />
werden (Abb. III.2.2-6). Diese Daten können weitere Verwendung in jährlich auflösenden Grundwassermodellen<br />
des mittleren Drâatales (PK MaH.2 IWEGS) finden.
Hydrologie IMPETUS 243<br />
Abb. III.2.2-6: Entwicklung der Stausee<strong>zu</strong>flüsse und –abflüsse<br />
Mit SMGHydraa wurde im Rahmen von IMPETUS ein Wettergenerator entwickelt, der den Gegebenheiten<br />
eines (semi-)ariden Raumes Rechnung trägt (siehe PK Ma-L3). Dieses Downscaling-<br />
Verfahren bereitet großaufgelöste Klimamodelldaten für die Verwendung in SWAT auf und berücksichtigt<br />
dabei von REMO nicht erfasste subskalige Effekte wie Niedertschlagsintensitäten, Höhengliederung,<br />
und lokale Niederschlagsmuster. Erste SWAT-Läufe mit diesen Klimadaten zeigen<br />
viel versprechende Ergebnisse (Abb. III.2.2-7).<br />
Abb. III.2.2-7: Stausee<strong>zu</strong>flüsse berechnet mit SWAT, Klimadaten (REMO/SMGHyDraa)<br />
Derzeit werden weitere Wettergeneratorkonzepte (LARS-WG, Semenov & Barrow 1997; WGEN,<br />
Richardson & Wright 1984) getestet.
Hydrologie IMPETUS 244<br />
Literatur<br />
Heidecke, C. (in Vorbereitung): The effects of pricing irrigation water for sustainable resource use in the Drâa region,<br />
Morocco.<br />
Ministère des travaux publics (1998): Etude du plan directeur de l'aménagement des eaux des bassins sud-atlasiques,<br />
Misssion 3: Etude des schemas d'aménagement, Volume 4: Unités du Draa, 1998 (S. 54, Nr. 7032)<br />
Richardson, C.W., and D.A. Wright. 1984. WGEN: a model for generating daily weather variables. U.S. Department of<br />
Agriculture, Agricultural Research Service, Washington, D.C., ARS-8, 88p.<br />
Schulz, O. (2006): Analyse schneehydrologischer Prozesse und Schneekartierung im Ein<strong>zu</strong>gsgebiet des Oued M’Goun,<br />
Zentraler hoher Atlas (Marokko). Dissertation, Math.-Nat. Fakultät der <strong>Universität</strong> Bonn. 149 p.<br />
Schulz, O.; Busche, H & Benbouziane, A (2008): Decadal Precipitation Variances and Reservoir Inflow in the Semi-<br />
Arid Upper Drâa basin (South-Eastern Morocco). In: Climatic Changes and Water Resources in the Middle East<br />
and in North Africa, Zereini and Hoetzl (Hrsg.), Springer Verlag, Wien, p 165-178<br />
Semenov MA & Barrow EM (1997) Use of a stochastic weather generator in the development of climate change scenarios.<br />
Climatic Change, 35. p 397-414
Hydrologie IMPETUS 245<br />
PK Ma-H.2: Wechselwirkungen zwischen Wassernut<strong>zu</strong>gsstrategien und<br />
den Grundwasser- und Bodenverhältnissen im mittleren Drâa-<br />
Tal<br />
Pumpe für die Bewässerung (Feija de Zagora); Traditioneller Ziehbrunnen (Ouled Yaoub) (v. li. n. re.).<br />
Problemstellung<br />
Im mittleren Drâa-Tal basiert die Wasserversorgung sowohl auf Grundwasser- wie auf Oberflächenwasservorkommen.<br />
Für Trinkwasserzwecke wird Grundwasser, für Bewässerungszwecke<br />
Grund- und Oberflächenwasser genutzt. Das Vorkommen von Oberflächenwasser ist hauptsächlich<br />
von behördlich geregelten Lâchers (Auslässen) aus dem Stausee Mansour Eddhabi nahe der Stadt<br />
Ouarzazate abhängig. Die herrschende klimatische und nut<strong>zu</strong>ngsbedingte Wasserknappheit resultiert<br />
in der vermehrten privaten Entnahme von Grundwasser vor allem <strong>zu</strong> Bewässerungszwecken.<br />
Diese Entnahme hat eine Absenkung des Grundwasserspiegels sowie eine Beeinflussung der Wasserqualität<br />
und eine Versal<strong>zu</strong>ng der Böden <strong>zu</strong>r Folge. Zudem ist die traditionelle Grundwassergewinnung<br />
an Ziehbrunnen für häusliche Zwecke von den Auswirkungen der modernen Grundwassernut<strong>zu</strong>ng<br />
betroffen. Diese lokal variierenden Nut<strong>zu</strong>ngsstrategien bergen daher ein erhebliches<br />
Konfliktpotential.<br />
In diesem Wirkungsgefüge werden die natürlichen und anthropogenen Einflüsse wie Zu- und Abfluss<br />
von Grundwasser, Grundwasserneubildung, Grundwasserentnahmen und die Bodenversal<strong>zu</strong>ng<br />
untersucht. Räumliche Schwerpunkte dieser Untersuchungen liegen auf lokaler Ebene um den Ort<br />
Ouled Yaoub (Oase Tinzouline) sowie auf regionaler Ebene um die Oase Fezouata.<br />
Mitarbeiter<br />
S. Klose, C. Rademacher, A. Klose
Hydrologie IMPETUS 246<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Die Weiterentwicklung des SDSS IWEGS sowie die Optimierung und Validierung der Modellierungen<br />
(häuslicher Wasserverbrauch, Wasserbedarf der Kulturen, Grundwasservorkommen und<br />
Bodenversal<strong>zu</strong>ng) standen auch im Jahr 2008 im Vordergrund der Arbeiten. Zusätzlich wurde im<br />
engen Dialog mit den Partnerinstitutionen bei der Vorstellung des lauffähigen Prototyps des SDSS<br />
IWEGS im Rahmen eines Workshops in Ouarzazate/Marokko eine Anpassung des SDSS an deren<br />
Bedürfnisse initiiert.<br />
SDSS IWEGS<br />
Das SDSS IWEGS ist ein modelbasiertes System, welches die Notwendigkeit für weitergehende<br />
Untersuchungen <strong>zu</strong>r Grundwasserverfügbarkeit und Bodenversal<strong>zu</strong>ng abschätzt. Es kann Szenarienberechnung<br />
im regionalen Maßstab auf jährlicher Basis durchführen. Zudem dient das System<br />
der Prüfung und Bewertung einzelner Parameter im System<strong>zu</strong>sammenhang.<br />
Dem SDSS IWEGS liegt die Kopplung von vier Modellen <strong>zu</strong>grunde, C.E.M. Drâa, CropDem, BIL<br />
und SahysMod (Abb. III.2.2.-8). Das Modell C.E.M. Drâa berechnet den häuslichen Wasserbedarf<br />
in Abhängigkeit von Bevölkerungswachstum und Siedlungsraum. CropDem ist eine look-up table,<br />
mit deren Hilfe der vorgerechnete Wasserbedarf der Kulturen (mittels des Models CropWat, FAO,<br />
http://www.fao.org/nr/water/infores_databases_cropwat.html) auf die Skala der sechs Drâa-Oasen<br />
gebracht wird. CropDem gibt den Pflanzenwasserbedarf in Abhängigkeit von Klima, Größe der<br />
bewirtschafteten Fläche und Zusammenset<strong>zu</strong>ng der Kulturen aus. BIL ist ein Bilanzmodell <strong>zu</strong>r Abschät<strong>zu</strong>ng<br />
der Grundwasserverfügbarkeit auf Basis der hy-draulischen Aquifereigenschaften sowie<br />
unter Berücksichtigung von Zu- und Abflüssen, Speichervermögen und Entnahmen. SahysMod ist<br />
ein numerisches Modell <strong>zu</strong>r Berechnung der Boden- und Grundwasserversal<strong>zu</strong>ng und arbeitet auf<br />
der Grundlage von landwirtschaftlichen Nut<strong>zu</strong>ngsoptionen (z.B. Bewässerung) und naturräumlichen<br />
Gegebenheiten wie Bodeneigenschaften und Grundwasserdynamik<br />
(http://www.waterlog.info/sahysmod.htm).<br />
Abb. III.2.2.-8: Prinzip der Modellkopplung im SDSS IWEGS.<br />
Die Modellreihe startet mit der Berechnung des häuslichen Wasserverbrauchs pro Oase durch das<br />
Model C.E.M. Drâa und der Abschät<strong>zu</strong>ng des Wasserbedarfs der Kulturen pro Oase mit der look-up
Hydrologie IMPETUS 247<br />
table CropDem. BIL bilanziert das mittlere jährliche Grundwasservorkommen pro Oase und nutzt<br />
die Ergebnisse aus C.E.M. Drâa und Cropdem als negative Bilanzposten (Abb. III.2.2.-8). Der Wasserbedarf<br />
der Kulturen wird in BIL um einen vom Nutzer modifizierbares Vielfaches korrigiert, um<br />
der Bewässerungseffizienz und den realen Entnahmebedingungen Rechung <strong>zu</strong> tragen. So wird der<br />
Gesamtbedarf an Bewässerungswasser mit den Gesamtentnahmen für Bewässerung gleichgesetzt<br />
und abgeschätzt. Der Bewässerungsbedarf wird vornehmlich aus dem Oberflächenwasser des Drâa<br />
während Lâchers gedeckt und durch Grundwasserentnahmen ergänzt. Für die Berechnung des verfügbaren<br />
Bewässerungswassers aus den Lâchers werden die Gerinneverluste entlang des Drâa von<br />
den Abflussvolumina abgezogen. Reicht dieser Anteil nicht aus, um den Bewässerungsbedarf <strong>zu</strong><br />
decken, wird auf das Grundwasserreservoir <strong>zu</strong>rückgegriffen. Ein Teil des Bewässerungswassers<br />
kann als Rückfluss das Grundwasserreservoir erreichen und stellt daher einen positiven Bilanzposten<br />
in den Berechnungen von BIL dar. Parallel <strong>zu</strong>r Bilanzierung der Grundwasserressourcen berechnet<br />
das Model SahysMod basierend auf den Ergebnissen von CropDem den mittleren jährlichen<br />
Bodensalzgehalt (als elektrische Leitfähigkeit) pro Oase (Abb. III.2.2.-8).<br />
Die Ergebnisse des SDSS IWEGS (jährlicher prozentualer Füllstand und mittleres jährliches<br />
Grundwasservolumen der Aquifere sowie die mittlere jährliche Bodenversal<strong>zu</strong>ng der sechs Drâa-<br />
Oasen) werden in regionalen Karten, Tabellen und als Zeitreihen in Form von Balkendiagrammen<br />
dargestellt. Im Kartenbild wird anhand einer dreigliederigen Schwellenwertabfrage der Handlungsbedarf<br />
visualisiert. Dabei wird der Status des Handlungsbedarfes in drei Farbabstufung wiedergegeben,<br />
wobei z.B. bei Überschreiten eines bestimmten Schwellenwerts für die Bodenversal<strong>zu</strong>ng die<br />
jeweilige Oasenfläche im Kartenbild von grüner auf gelbe Darstellung überspringt. Die Auswahl<br />
der Schwellenwerte wurde im Prototyp seitens der Bearbeiter vorläufig implementiert und wird in<br />
Zusammenarbeit und Absprache mit den potentiellen Nutzern angepasst (siehe Capacity Development).<br />
Zurzeit ist eine ergänzende Dokumentation in Arbeit, in der Informationen <strong>zu</strong> möglichen<br />
Untersuchungskonzepten und –kosten mit Verweisen auf Fallbeispiele abrufbar sein werden.<br />
Capacity Development<br />
Die Vorstellung des SDSS IWEGS sowie der Austausch über Methoden und Modelle waren Thema<br />
des 2,5-tägigen Workshops „Interaction des stratégies d’utilisation d’eau, des eaux souterraines et<br />
des sols dans la Vallée du Drâa Moyen“ (Club Drâa, Ouarzazate, 5. – 7. Mai 2008). Die probeweise<br />
Anwendung eines Prototyps des SDSS IWEGS, aber auch der disziplinären Einzelmodelle zeigte,<br />
dass seitens der marokkanischen Partner Ergän<strong>zu</strong>ngen sowie Anpassungen erforderlich sind.<br />
Die Teilnehmer wurde von den <strong>Impetus</strong>-Partnerinstitutionen Service Eau Ouarzazate und<br />
ORMVAO gestellt. Darüber hinaus konnte mit dieser Maßnahme der Kontakt <strong>zu</strong>r ONEP Ouarzazate<br />
wiederbelebt werden. Als sehr hilfreich bei der Auswahl geeigneter Teilnehmer erwies sich der<br />
„SDSS-Workshop“ unter der Leitung von Andreas Enders (11.-12. März 2008), sowie der Leiter<br />
des <strong>Impetus</strong>-Büros in Ouarzazate Jamal Ait El Hadj, der nicht nur die Organisation der Workshops<br />
übernommen, sondern durch seine Teilnahme an dem Workshop eine wichtige integrative Rolle<br />
gespielt hat.<br />
Um den Workshop-Charakter <strong>zu</strong> unterstreichen wurde die Vorstellung der Methoden, der Modelle<br />
und des SDSS IWEGS nur durch kurze frontale Präsentationen eingeleitet. Die in Themenblöcke
Hydrologie IMPETUS 248<br />
gegliederten Inhalte wurden weitestgehend in Diskussionen behandelt, ergänzt durch angeleitete<br />
Testläufen der Modelle und des SDSS IWEGS.<br />
Einleitend <strong>zu</strong>m Workshop wurden Ansichten <strong>zu</strong>m Thema Wasserressourcen, <strong>zu</strong>m Systemverständnis<br />
und <strong>zu</strong> Forschungsvorhaben ausgetauscht. Dabei wurde für alle grundlegenden Auffassungen<br />
Übereinkünfte und somit eine solide Diskussionsbasis gefunden. So stellt das Systemverständnis<br />
die Vorausset<strong>zu</strong>ng für die Modellbildung dar und sollte durch verschiedene Methoden verifiziert<br />
werden. Folglich streben alle Teilnehmer die Anwendung von Methodenkombinationen, um unsichere<br />
oder nicht gemessene Größen, wie z.B. die Grundwasserentnahmemengen eingrenzen <strong>zu</strong><br />
können.<br />
Das seitens IMPETUS vorgestellte hydrogeologische konzeptionelle Modell traf auf allgemeines<br />
Einverständnis, wobei vor allem unter den Teilnehmern die Aktualisierung der Datenbasis für die<br />
Beschreibung des Systems intensiv diskutiert wurde. Betreffs der hydraulischen Aquiferkenndaten<br />
basiert die aktuelle Literatur auf die Arbeit von Chamayou (1966). Um den offensichtlichen Untersuchungsbedarf<br />
hinsichtlich der Aktualisierung der Datenbasis <strong>zu</strong> decken wurden verschieden Vorschläge<br />
formuliert, wie z.B. erneute Geländekampagnen in Zusammenarbeit mit internationalen<br />
<strong>Projekt</strong>en, die Aufarbeitung der Archivdaten des Service Eau Ouarzazate und die Wiederaufnahme<br />
von regelmäßigen Grundwasserbeobachtungen etc. Hierbei wurde konkreter Untersuchungsbedarf<br />
hinsichtlich der Grundwasserhöffigkeit in Kluftaquiferen, und potentieller Bohransatzpunkte bzw.<br />
Brunnenstandorte formuliert.<br />
Die Vorstellung der hydro-geochemischen Untersuchungen, die im Rahmen von IMPETUS durchgeführt<br />
wurden, stieß auf großes Interesse, da Untersuchungen dieser Art selten sind und für den<br />
Raum außerhalb der Oasen gänzlich fehlen. In diesem Kontext wurde die Idee Tracer-Tests durch<strong>zu</strong>führen<br />
seitens der ORMVAO aufgeworfen.<br />
Ein Schwellenwert-Ansatz wurde für die Differenzierung der Szenarien betreffs des Füllstands des<br />
Stausees Mansour Eddahbi vorgeschlagen. Ferner regten die Teilnehmer an, für die Klimaszenarien<br />
<strong>zu</strong>sätzliche ein Klassifikation nach Perioden „trocken“, „humid“ und „normal“ ein<strong>zu</strong>führen.<br />
Zum Thema Bodenversal<strong>zu</strong>ng entstand eine intensive Diskussion über das Prozessverständnis und<br />
die resultierende Modellbildung. Die präsentierte Modellvorstellung eines offenen Systems, dem<br />
via Flusswasser<strong>zu</strong>flüsse sowie durch Evapotranspirationsverluste während der Bewässerung sowie<br />
Grundwasserflüssen Salze <strong>zu</strong>- und abgeführt werden können, wurde allgemein akzeptiert. Die Fallstudie<br />
„Ouled Yaoub“ regte den Vergleich mit Untersuchungen der ORMVAO (in Zusammenarbeit<br />
mit dem belgischen <strong>Projekt</strong> „Sigmadra“) an. Nach näheren Erläuterungen <strong>zu</strong>r Entnahme von<br />
Mischproben aus dem Boden etc. wurde der Wunsch geäußert, weitere Bodenversal<strong>zu</strong>ngsstudien <strong>zu</strong><br />
organisieren, wobei eventuell eine Erweiterung in Be<strong>zu</strong>g auf Ionenanalysen aus dem Bodenwasser<br />
resp. Bodeneluat sinnvoll wäre.<br />
Verschiedene Auffassungen bestanden über den Parameter Bewässerungseffizienz, der allgemein<br />
mit ca. 45-60% bei Überstaubewässerung angegeben wird. Seitens der ORMVAO wird sie jedoch<br />
mit 75% höher eingeschätzt, wobei dieser Einschät<strong>zu</strong>ng eine mehrfache Wertung der Bewässerungsmenge<br />
im Stockwerksanbau der Oasen <strong>zu</strong> Grunde liegt. Die Modellannahmen innerhalb von<br />
IWEGS beziehen sich jedoch auf eine einfache Wertung der Bewässerungsmenge.
Hydrologie IMPETUS 249<br />
Die Teilnehmer äußerten ihr generelles Einverständnis und ihre Interesse hinsichtlich der vorgestellten<br />
Modelle. Die ORMVAO nutzt gemäß eigener Auskünfte ebenfalls die aktuelle Modellversion<br />
von CROPWAT (FAO) <strong>zu</strong>r Ermittlung der Evapotranspiration. Im Falle von CropDem bzw.<br />
CROPWAT schlugen die Teilnehmer die Parametrisierung von monatlich differenzierten Kc-<br />
Werten für Dattelpalmen und Gemüse vor. Ferner schlugen sie eine Validierung der Berechnungen<br />
mit den Klimadaten aus Asrir für die 4 Jahre vor, in denen um diese Klimastation Ackerbau betrieben<br />
wurde. Zu diesem Zwecke bot die ORMVAO den Vergleich mit einer „belgischen Studie“ an,<br />
der noch aussteht. Um die Parametrisierung des Modells BIL <strong>zu</strong> verbessern bietet die ORMVAO<br />
die Einsicht in einen Fachbericht von SOGHREA an. Als Ergebnis der Diskussion soll die Verteilung<br />
des Lâchervolumes auf die einzelnen Oasen verändert werden, da im Flussbett der obersten<br />
beiden Oasen die volle Lâchermenge, in der untersten Oase nichts von der Lâcher für die Versickerung<br />
<strong>zu</strong> Verfügung steht.<br />
Nach dem Testlauf des SDSS IWEGS regten die potentiellen Nutzer an, die „Entwicklung des Wasserbedarfs“<br />
im Modell C.E.M. Drâa modifizierbar <strong>zu</strong> gestalten. Für die Parametrisierung von BIL in<br />
IWEGS wünschten sich die Teilnehmer 6 unabhängige Einzelschieber für die „Verteilung der<br />
Lâchermenge“ in Kombination mit einer Fehlerbehandlung, die den Modellstart so lange verhindert,<br />
solange die Summe der Lâchermenge nicht 100% beträgt.<br />
Modellanpassungen und Modellvalidierung<br />
Anregungen und Kritikpunkte der marokkanischen Partner führten <strong>zu</strong> einer Optimierung des SDSS<br />
IWEGS. Beispielsweise wurde im Model BIL die Verteilung der Lâcher-Anteile auf die Oasen entsprechend<br />
der Workshop-Ergebnisse (vgl. Capacity Development) geändert. Die technische Umset<strong>zu</strong>ng,<br />
wie z.B. die Implementierung der dafür nötigen Schieberegler im SDSS IWEGS erfolgte in<br />
Zusammenarbeit mit Teilprojekt C2. Daneben wurden die einzelnen Modelle weiterhin inhaltlich<br />
geprüft und gemäß der Datenlage optimiert.<br />
Mit Hilfe des Models C.E.M. Drâa wurde der häusliche Wasserverbrauch in den urbanen Zentren<br />
<strong>zu</strong> dem in den ruralen Gegenden für die einzelnen Drâa-Oasen vergleichen (Abb. III.2.2.-9). Der<br />
häusliche Wasserverbrauch der urbanen Bevölkerung im Mittel mit 50 l pro Kopf und Tag wirkt<br />
sich auf der regionalen Skala überproportional höher aus, als der von der ruralen (30 l pro Kopf und<br />
Tag). Eine mögliche Verzerrung dieser Ergebnisse könnte infolge der inkonsistenten Datenbestände<br />
und der Definition des urbanen und ruralen Siedlungsraums liegen. Aufgrund der räumlichen Begren<strong>zu</strong>ng<br />
der vorliegenden Daten ist <strong>zu</strong>sätzlich die Regionalisierung der Wasserverbrauchstudien<br />
kritisch <strong>zu</strong> bewerten. Mit ergänzenden Datenerhebungen <strong>zu</strong>m häuslichen Wasserverbrauch in Dörfern<br />
der Oase Tinzouline im Kontext einer Diplomarbeit im Herbst 2008 sollen vorhandenen Lücken<br />
aufgefüllt werden. Ein Schwerpunkt dieser Arbeit ist die Erfassung des Wasserverbrauchs in<br />
Abhängigkeit <strong>zu</strong>r Art des Wasser<strong>zu</strong>gangs (ONEP-Anschluss, kollektiver Wasserturm, Ziehbrunnen,<br />
gemischte Nut<strong>zu</strong>ng).
Hydrologie IMPETUS 250<br />
Mm³ / a<br />
1<br />
0.9<br />
0.8<br />
0.7<br />
0.6<br />
0.5<br />
0.4<br />
0.3<br />
0.2<br />
0.1<br />
urban water consumption<br />
rural water consumption<br />
urban population<br />
rural population<br />
Inhabitants<br />
70000<br />
60000<br />
50000<br />
40000<br />
30000<br />
20000<br />
10000<br />
0<br />
0<br />
Mezguita Tinzouline Ternata Fezouata Ktaoua M'Hamid<br />
Abb. III.2.2.-9: Vergleich des häuslichen Wasserverbrauchs in den Drâa-Oasen für urbane und rurale Siedlungsräume<br />
für das Jahr 2000 (C.E.M. Drâa).<br />
Auf der regionalen Skala beträgt der Wasserbedarf der Kulturen ein Vielfaches im Vergleich <strong>zu</strong>m<br />
häuslichen Wasserverbrauch (Abb. III.2.2.-9 und III.2.2.-10). Eine Besonderheit in diesem Verhältnis<br />
entsteht zwischen den Oasen Ternata und Fezouata, da die Trinkwassergewinnung für die Stadt<br />
Zagrora (Oase Ternata) im Zuflussgebiet der Oase Fezouata lokalisiert ist (Abb. III.2.2.-9 und<br />
III.2.2.-10). Auch wenn der häusliche Wasserverbrauch auf der regionalen Skala erwartungsgemäß<br />
nur einen Bruchteil des landwirtschaftlichen Wasserverbrauchs für die Bewässerung (Abb. III.2.2.-9<br />
und III.2.2.-10) ausmacht, ist die laufende Studie für das Aufzeigen von potentiellen Nut<strong>zu</strong>ngskonflikten<br />
auf der sub-regionalen und lokalen Ebene in Zeiten von Wassermangel unerlässlich.<br />
Mm³ / a<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Total water demand<br />
Cultivated surface<br />
Mezguita Tinzouline Ternata Fezouata Ktaoua M'Hamid<br />
Abb. III.2.2.-10: Vergleich des mittleren jährlichen Wasserbedarfs der Kulturen und der Größe der bewirtschafteten<br />
Flächen in den Drâa-Oasen (2001-2006) (CropDem).<br />
8000<br />
6000<br />
4000<br />
2000<br />
0<br />
ha
Hydrologie IMPETUS 251<br />
Ein flächendeckender Datensatz <strong>zu</strong>r Überprüfung der aktuellen Situation <strong>zu</strong>r Bodenversal<strong>zu</strong>ng besteht<br />
derzeit nicht, wobei <strong>zu</strong> diesem Zwecke ein Austausch mit der ORMVAO besteht. Im Vergleich<br />
von bisher gemessenen Bodensalzgehalten und modellierten Werten (als spezifische elektrische<br />
Leitfähigkeit der Gleichgewichtsbodenlösung) zeigt sich, dass die modellierten Werte im Jahre<br />
1980 für die geringe Versal<strong>zu</strong>ngsklasse (0 bis 4 mS/cm) höher und für die höhere Versal<strong>zu</strong>ngsklasse<br />
(4 bis 8 mS/cm) geringer liegen als die gemessenen (siehe Abb. III.2.2.-11). Somit wird die Bodenversal<strong>zu</strong>ng<br />
vom Modell unterschätzt. Im Beobachtungszeitraum 1968 bis 1998 ist den Messwerten<br />
eine <strong>zu</strong>nehmende Bodenversal<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong> entnehmen, da <strong>zu</strong>m späteren Zeitpunkt im Verhältnis<br />
mehr Messwerte in die höhere Versal<strong>zu</strong>ngsklasse (4 bis 8 mS/cm) fallen (Abb. III.2.2.-11). Dieser<br />
Trend setzt sich in der Modellierung fort<br />
% of the oases surface<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
0-4 4-8 8-16 16-32 > 32<br />
Salinity class [mS/cm]<br />
1968 measured<br />
1980 measured<br />
1980 modelled<br />
1998 modelled<br />
Abb. III.2.2.-11: Vergleich von gemessener (1968, 1980) und mit SahysMod modellierter (1980, 1998) Bodenversal<strong>zu</strong>ngsklassen<br />
in der Oase Mezguita.<br />
Das Modell BIL wurde gemäß den Anregungen und den Ergebnissen der Diskussion im Rahmen<br />
der Vorstellung des Prototyps von IWEGS angepasst (vgl. Capacity Development). Demnach wurde<br />
z.B. eine Funktion <strong>zu</strong>r Berücksichtigung von Gerinnebettverluste implementiert, um die verfügbare<br />
Menge an Oberflächenwasser für die Bewässerung besser ab<strong>zu</strong>schätzen. Ferner war eine Anpassung<br />
der Speicherkoeffizienten für die Berechung der verfügbaren Grundwasservolumina notwendig.<br />
Hiefür diente der Abgleich der Bohrgutansprachen aus Sondierungen (Datenquelle: Service<br />
Eau Ouarzazate) mit allgemeinen Literaturwerten. Folglich wurden die Speicherkoeffizienten von 2<br />
bis 5 % auf 10 bis 12 % angehoben. Weitere Anpassungen und Plausibilitätstests werden <strong>zu</strong>rzeit<br />
durchgeführt, wobei der lückenhafte Datenbestand hauptsächlich die Überprüfung von Stützpunkten<br />
anhand von einzelnen Messwerten <strong>zu</strong>lässt. Die Ergebnisse des Modells BIL wurden mit Grundwasserstandsmessungen<br />
des Service Eau Ouarzazate in der Oase Tinzouline verglichen und ergaben
Hydrologie IMPETUS 252<br />
eine <strong>zu</strong>friedenstellende Übereinstimmung von gemessenen <strong>zu</strong> modellierten Aquiferfüllständen<br />
(Abb. III.2.2.-12).<br />
Filling level of aquifer [%]<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
73/74<br />
75/76<br />
77/78<br />
79/80<br />
81/82<br />
83/84<br />
85/86<br />
87/88<br />
89/90<br />
91/92<br />
93/94<br />
95/96<br />
97/98<br />
99/00<br />
01/02<br />
Hydrological year<br />
03/04<br />
05/06<br />
07/08<br />
09/10<br />
Tinzouline modeled<br />
Tinzouline observed<br />
11/12<br />
13/14<br />
15/16<br />
17/18<br />
19/20<br />
21/22<br />
Abb. III.2.2.-12: Vergleich der gemessenen (dunkelblau) und modellierten (hellblau) mittleren prozentualen<br />
Füllstände des Aquifers der Oase Tinzouline (1973/74 bis 2024/25) – nach 2006 Fortschreibung<br />
des beobachteten Klimatrends.<br />
Die Berechnung und Auswertung von kombinierten Szenarien und Interventionsszenarien basierend<br />
auf den IMPETUS – Klimaszenarien und den sozio-ökonomischen Szenarien stehen im Fokus der<br />
aktuellen und <strong>zu</strong>künftigen Arbeiten.<br />
Literatur<br />
Heidecke, C., Kuhn, A. and Klose, S. (2008): Water pricing options for the Middle Drâa River Basin in Morocco. Af-<br />
JARE Vol 2 No 2.<br />
url: http://www.aaae-africa.org/afjare/docs/AfJAREHeidecke%20FINAL.pdf.<br />
Klose, S., Reichert, B. and Lahmouri, A. (2008): <strong>Management</strong> options for a sustainable groundwater use in the Middle<br />
Drâa Oases under the pressure of climatic changes. In: Zereini, F and Hötzl, H.: Climatic changes and water resources<br />
in the Middle East and North Africa. Contributions to the 3 rd Environmental Symposium of the German-<br />
Arab Society for Environmental Studies, Frankfurt, September 18.-19., 2006. Springer. Heidelberg.<br />
23/24
Hydrologie IMPETUS 253<br />
PK Ma-H.3: Saisonale Abflussprognosen aus der Schneeschmelze für das <strong>Management</strong><br />
des Mansour Eddahbi Stausees<br />
Problemstellung<br />
Oued Dadès im Becken von Ouarzazate vor schneebedecktem Hohem Atlas<br />
Der Stausee Mansour Eddahbi bei Ouarzazate vereint die Zuflüsse aus dem südlichen Hohen Atlas.<br />
Ein Teil der Niederschläge fällt hier im Winter überwiegend als Schnee. Für die Wasserversorgung<br />
des Drâatals (Qualität des Trinkwassers, Quantität des Bewässerungswassers, Anzahl der Lâchers)<br />
sind sowohl die kurz- bis mittelfristige als auch die langfristige Entwicklung dieser Niederschläge<br />
und ihres Schneeanteils von Bedeutung.<br />
Die beiden Leitfragen, an der sich die Arbeit im PK Ma-H.3 orientiert, sind:<br />
1. Wie wirkt sich der Klimawandel auf den Schneespeicher und die Zuflüsse <strong>zu</strong>m Stausee<br />
Mansour Eddahbi bei Ouarzazate aus?<br />
2. Wie viel Wasser werden die Hochgebirgsflüsse voraussichtlich in den nächsten Monaten für<br />
den Stausee liefern?<br />
Frage 1 hat die langfristige Entwicklung der Wasserverfügbarkeit der Region im Focus. Die <strong>zu</strong>künftig<br />
<strong>zu</strong> erwartenden Schneemengen sowie die Gesamtniederschläge im Hohen Atlas und im Becken<br />
von Ouarzazate werden in Klimaszenarien abgeschätzt, die auf Ergebnissen der meteorologischen<br />
Modellkette beruhen. Die Auswirkungen der Klimaszenarien auf den hydrologischen Kreislauf und<br />
letztlich auf die Zuflüsse <strong>zu</strong>m Stausee werden im Schneeschmelz-Abflussmodell SRM (Snowmelt<br />
Runoff Model) modelliert. Die Gesamtmenge der Zuflüsse sowie der Füllstand des Stausees werden<br />
auf der Basis von Wasserverlusten aus dem Flussbett über die jeweilige Flusslänge im Monitoring
Hydrologie IMPETUS 254<br />
Tool PRO-RES (PROnostic de la fonte de neige pour un barrage REServoir; PROgnosis of snowmelt<br />
runoff for a water REServoir) berechnet.<br />
Eine Antwort auf Frage 2 setzt die Kenntnis der <strong>zu</strong> einem Stichtag vorhandenen Schneemenge sowie<br />
eine Abschät<strong>zu</strong>ng der Witterungsentwicklung in den darauf folgenden Monaten voraus. Dieser<br />
interdisziplinäre Ansatz wird mit der Entwicklung des Monitoring Tools PRO-RES beschritten. Hier<br />
werden aktuelle Beobachtungsdaten und statistische Witterungsprognosen mit dem Schneeschmelz-<br />
Abflussmodell gekoppelt und die berechneten Abflüsse in den Stausee geleitet.<br />
Mitarbeiter<br />
O. Schulz, K. Born, H. Busche, K. Piecha<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Ziel des PKs für 2008 war der Ausbau des Monitoringtools PRO-RES für eine saisonale Abflussvorhersage<br />
im Gesamtein<strong>zu</strong>gsgebiet des oberen Drâa bis <strong>zu</strong>m Stausee Mansour Eddahbi. Da<strong>zu</strong> war<br />
die Beschaffung und Aufbereitung weiterer und aktueller Klima-, Abfluss- und Schneebedeckungsdaten<br />
notwendig. Für die Pläne des PK konnten der Betreiber des Stausees sowie die übergeordnete<br />
nationale Behörde für Wasserressourcen gewonnen werden. Die Behörden sicherten ihre Unterstüt<strong>zu</strong>ng<br />
<strong>zu</strong> und halfen bei der Datenbeschaffung. In einer Grundlagenschulung für die Mitarbeiter der<br />
Behörden wurde eine gemeinsame Basis für den Umgang mit Klima- und Geodaten gelegt, auf der<br />
eine speziellere Schulung im Monitoringtool PRO-RES aufbauen kann.<br />
Ein weiteres Ziel war die Programmierung einer Schnittstelle <strong>zu</strong>m Wettergenerator SMGHydraa<br />
(Statistical Model for the Generation of Climate Data for Hydrological Applications in the Draa<br />
Region), der die Grundlagen für eine statistische Vorhersage der Witterung vom späten Winter bis<br />
<strong>zu</strong>m Sommer liefert. Trotz der relativ hohen Unsicherheit statistischer Vorhersagen sind sie für eine<br />
Abschät<strong>zu</strong>ng des Schmelzverlaufs einer winterlichen Schneedecke sowie der neuen Niederschläge<br />
und somit für die verfügbaren Wassermengen, die über die Gebirgsflüsse bis in den Stausee transportiert<br />
werden, notwendig. Da<strong>zu</strong> wurden die Klimamodelldaten auf die in PRO-RES verwendeten<br />
Höhenzonen abgebildet.<br />
Nutzergruppen<br />
• Ministère de l'Energie, des Mines, de l'eau et de l'environnement, Direction de la Recherche et<br />
de la Planification en Eau (DRPE), Rabat<br />
- Abddaim Lahmouri<br />
- Reddouan Bouaicha (Chef DRPE)<br />
- Mitarbeiter : M’Hamed Slimani
Hydrologie IMPETUS 255<br />
• Service Eau de Ouarzazate<br />
- Mustapha Sabbar (Chef du Service)<br />
- Mitarbeiter : Hassan Rida<br />
• ORMVA de Ouarzazate<br />
- Abdellouahed El Gharbaoui (Chef)<br />
Im März 2008 fand eine Schulung für die Nutzer aller Systeme in Ouarzazate statt. Darüber hinaus<br />
gab es für PRO-RES und SMGHydraa im April Schulungen bzw. Diskussionen an der <strong>Universität</strong><br />
Hassan II und bei der Direction Nationale de la Météorologie in Casablanca. Weitere Schulungen<br />
mit ausgewählten Mitarbeitern oben genannter Institutionen sind für das Frühjahr 2009 geplant.<br />
Stand der SDSS-Entwicklung<br />
Das Monitoringtool PRO-RES<br />
Die Entwicklung des Monitoringtools PRO-RES wurde in folgenden Punkten vorangetrieben:<br />
• Integration weiterer Messdaten <strong>zu</strong> Klima und Abfluss in die Datenbank<br />
• Update der MODIS-Satellitenbildprodukte <strong>zu</strong>r Berechnung der Schneebedeckung in den<br />
Ein<strong>zu</strong>gsgebieten<br />
• Integration der neuesten Version des Wettergenerators SMGHydraa für einen Zugriff auf<br />
Klimaszenarien<br />
• Ausbau und Verfeinerung der Funktionen sowie der Benutzeroberfläche von PRO-RES im<br />
Framework<br />
• Berechnung von Szenarien der Stausee<strong>zu</strong>flüsse<br />
Die räumliche Diskretisierung des oberen Drâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebiets orientiert sich an den Abflusspegeln<br />
des Service Eau (Ouarzazate), so dass neun Teilein<strong>zu</strong>gsgebiete definiert wurden. Die Höhendifferenzen<br />
vom Stausee bei Ouarzazate (1050 m) bis <strong>zu</strong>m Gipfelgrat des Jebel M’Goun (4071 m)<br />
betragen 3000 m. Um jeweils annähernd homogene Niederschlags- bzw. Temperaturwerte für die<br />
Modellierung <strong>zu</strong> gewährleisten, die über Niederschlagsart bzw. der Schneeschmelze <strong>zu</strong>r Verfügung<br />
stehende Energie entscheiden, wurde eine Höhenzonierung in 250 m-Schritten vorgenommen.<br />
Die tägliche Schneebedeckung in den einzelnen Höhenzonen der neun Teilein<strong>zu</strong>gsgebiete des Stausees<br />
ist eine Eingangsvariable des SRM. Zur Extraktion der erforderlichen Werte aus täglichen<br />
MODIS-Daten (Satellitenbildprodukt MOD09 des United States Geological Survey, USGS) dient<br />
das Modul MODISsnowmap. Dafür wurde unter Einbindung des frei verfügbaren Modis Reprojection<br />
Tools MRT (USGS) eine Routine definiert und im SDSS-Framework programmiert.
Hydrologie IMPETUS 256<br />
In der Routine werden aus dem MOD09 zwei von sieben Spektralkanälen angesteuert und in die<br />
Kartenprojektion Lambert-IMPETUS-Marokko gebracht. Nachfolgend wird der Normalized Difference<br />
Snow Index NDSI berechnet und das Ergebnis anhand eines regional angepassten Schwellwerts<br />
in die beiden Klassen „schneebedeckt“ bzw. „schneefrei“ eingeteilt. Diese Schneemaske wird<br />
mit der Zoneneinteilung des Untersuchungsgebietes (oberes Drâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet) verschnitten. Ergebnis<br />
ist eine Tabelle mit prozentualer Schneebedeckung in den einzelnen Höhenzonen aller neun<br />
Teilein<strong>zu</strong>gsgebiete für jeden Aufnahmezeitpunkt des Satelliten. Im SRM werden die Werte an nicht<br />
durch Satellitenbilder abgedeckten Tagen durch Interpolation mit einem internen Algorithmus ergänzt.<br />
Die Datenbank umfasst <strong>zu</strong>rzeit ca. 400 Satellitenbilder aus dem Zeitraum 2001 bis 2008 und<br />
wird weiterhin aktualisiert.<br />
Nach dem Start des Monitoringtools erfolgt <strong>zu</strong>nächst eine Aktualisierung der vorhandenen Datengrundlage<br />
<strong>zu</strong>r Modellierung (Abb. III.2.2-13). In der Tabelle erscheinen die in PRO-RES verwendeten<br />
Temperatur- und Niederschlagsdaten sowie Abflüsse und Schneebedeckungsgrade für jedes<br />
Teilein<strong>zu</strong>gsgebiet.<br />
Abb. III.2.2-13: Tabelle mit aktuellem Stand der Datengrundlage in PRO-RES.<br />
An dieser Stelle können auch neue Satellitenbilder in die Datenbank geladen werden (Abb. III.2.2-<br />
14). Es wird erklärt, welche Rolle die MODIS-Satellitenbilder in PRO-RES spielen und von wo die<br />
Satellitenbilder bezogen werden können (Land Processes Distributed Active Archive Center des<br />
United States Geological Survey). Eine Recherche- und Bestellfunktion für MODIS ist im PRO-<br />
RES nicht vorgesehen, wohl aber das Öffnen eines Fensters mit Internet browser und Start auf der<br />
in Abb. III.2.2-14 dargestellten Seite des USGS.
Hydrologie IMPETUS 257<br />
Abb. III.2.2-14: Aktualisierungsseite für MODIS-Satellitenbilder in PRO-RES.<br />
Die Berechnung des NDSI-Schneeindex der neu eingeladenen Bilder und die Verschneidung mit<br />
den vordefinierten Höhenzonen finden im Anschluss automatisch statt. Dieser Vorgang kann solange<br />
wiederholt werden, bis alle gewünschten neuen Satellitenbilder geladen und verarbeitet sind.<br />
Der nächste Schritt ist die Auswahl der Datengrundlage und der Simulationsperiode für die Abflussmodellierung<br />
(Abb. III.2.2-15). Da<strong>zu</strong> gehören die Auswahl der Teilein<strong>zu</strong>gsgebiete – wobei der<br />
Anwender darauf hingewiesen wird, dass für die Berechnung des gesamten Stausee<strong>zu</strong>flusses und<br />
des Stauseefüllstands alle Teilein<strong>zu</strong>gsgebiete benötigt werden – sowie der Klimadaten. Hier hat der<br />
Anwender nun die Wahl, mit Messdaten oder Klimaszenarien <strong>zu</strong> modellieren sowie für mittelfristige<br />
(saisonale) Vorhersagen bis <strong>zu</strong> einem Stichtag Messdaten und danach Szenariendaten <strong>zu</strong> verwenden.
Hydrologie IMPETUS 258<br />
Die Auswahl der Simulationsperiode ist abhängig von der Datengrundlage und liegt für Messdaten<br />
zwischen 2001 und 2007, für Szenarien zwischen 2001 und 2020 und für saisonale Vorhersagen<br />
<strong>zu</strong>rzeit zwischen 2001 und 2007, da hierfür bis <strong>zu</strong> einem vom Anwender festgelegten Zeitpunkt<br />
Messdaten verwendet werden.<br />
SMGHydraa<br />
Abb. III.2.2-15: Auswahlseite <strong>zu</strong>r Klimadatengrundlage in PRO-RES.<br />
Die Daten der Klimamodellierungen werden in SMGHydraa für Zonen geliefert, die je nach Fragestellung<br />
unterschiedlich definiert sind. Sie werden mit Hilfe rein klimatologischer Bedingungen<br />
(Aridität), Abflusscharakteristika (Fluss-Unterein<strong>zu</strong>gsgebiete) oder als Höhenzonen definiert. Der<br />
Vorteil dieser Darstellungsweise liegt in der Kombination räumlicher Heterogenität, Berücksichtigung<br />
der Fragestellung und möglichst geringem Datenumfang.<br />
Im Jahr 2008 wurden folgende Arbeiten vorgenommen: Die digitalen Geländedaten wurden in den<br />
Problemkomplexen vereinheitlicht, weshalb die Definitionen der Zonen neu vorgenommen und die<br />
Klimadaten neu präprozessiert werden mussten. Für die Regionalisierung der Klimadaten wurden<br />
die Transferfunktionen überarbeitet, um die Modellniederschläge so an<strong>zu</strong>passen, dass ihren Häufigkeitsverteilungen<br />
möglichst nahe an denen der Beobachtungen sind. Die Auswertungen der Niederschlagsdaten<br />
bezüglich der Extremereignisse auf der interannuellen Skala (Dürren) und täglichen<br />
Skala (Starkniederschläge) wurde in das Framework implementiert. Die Änderungen besonders der<br />
täglichen Niederschlagsraten und der Anzahl der Niederschlagstage pro Monat als räumlich verteilte<br />
Größen beeinflusst die Ergebnisse sowohl der Abflussmodellierungen als auch in der Berechnung<br />
der Bodenerosionsraten außerordentlich stark.<br />
Die Arbeiten konzentrierten sich auch auf Telekonnektionen mit den tropischen und extratropischen<br />
SST (Sea Surface Temperatures) des Atlantischen Ozeans. Bislang liefern die Beziehungen zwi-
Hydrologie IMPETUS 259<br />
schen SST und Winterniederschlägen jedoch keine statistische Basis, die eine saisonale Vorhersage<br />
für PRO-RES verbessern würde. Mit den bis 2007 aktualisierten Beobachtungsdaten, sowohl für<br />
Stationen als auch für auf ein Gitter interpolierte Produkte (CRU TS 2.1 und VASCLIMO) wurden<br />
die REMO Klimaszenarien evaluiert (Born, 2008a). Es wurden sowohl ein Bias der Modellszenarien<br />
als auch ein <strong>zu</strong>künftiger Trend <strong>zu</strong> trockeneren Klimaten in den IMPETUS-Szenarien bestätigt.<br />
Um die Vergleichbarkeit von Beobachtungen mit Modelldaten <strong>zu</strong> ermöglichen, wurde ein standardisierter<br />
Regenindex (standardized precipitation index, SPI, McKee et al., 1993) aus den Beobachtungsdaten<br />
und den Szenarien berechnet (Born et al., 2008b). Die Arbeiten zeigten, dass auch hier<br />
Häufigkeit und Stärke der Trockenperioden in den Szenarien <strong>zu</strong>nehmen wird, die Feuchtperioden<br />
hingegen unverändert bleiben. Mit Hilfe dieser Ergebnisse wurde die Statistik für die Analyse der<br />
Trockenperioden auf das Untersuchungsgebiet übertragen. Bei der Auswertung der Szenarien wurde<br />
deutlich, dass ab etwa 2020 eine deutlich Zunahme der Auftrittswahrscheinlichkeit trockener<br />
Jahre <strong>zu</strong> erwarten ist.<br />
Ergebnisse der Modellierung mit PRO-RES<br />
Der Kern des MT PRO-RES, das Schneeschmelz-Abfluss-Modell SRM, konnte durch eine erweiterte<br />
Datengrundlage (Klima- und Abflussdaten sowie Satellitenbilder) auf den Zeitraum 2000-2006<br />
angewendet werden. Die Daten für 2007 und 2008 waren noch lückenhaft, konnten aber durch Vereinbarungen<br />
mit den marokkanischen Partnern anlässlich der IMPETUS-Konferenz in Ouarzazate<br />
Ende Oktober 2008 inzwischen akquiriert werden. Eine Modellierung der jüngsten Vergangenheit<br />
ist somit jetzt möglich und wird vorbereitet. Die Ergebnisse der Kalibrierung des Abflussmodells<br />
sind als <strong>zu</strong>frieden stellend <strong>zu</strong> bewerten, die der Validierungsphase sind gerade noch <strong>zu</strong>frieden stellend<br />
(Abb. III.2.2-16). Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Stauseefüllung auch durch ein<br />
inneres Ein<strong>zu</strong>gsgebiet beeinflusst wird, welches nicht über einen Pegel erfasst und wird, ist die<br />
Qualität der Ergebnisse als viel versprechend <strong>zu</strong> bezeichnen. Durch die Verlängerung der Datenreihe<br />
werden sich weitere Verbesserungen ergeben. Die gesamte monatliche Zuflussmenge aller<br />
Zuflüsse in den Stausee Mansour Eddahbi kann somit als Basis für weitere Abschät<strong>zu</strong>ngen dienen,<br />
<strong>zu</strong>m Beispiel für den monatlichen Füllstand des Stausees (Abb. III.2.2-17). Da hier noch weitere<br />
Prozesse eine Rolle spielen (Verdunstungsverluste sowie die Entnahme von Wasser), wurde dieser<br />
in das PRO-RES eingebettete Teil separat kalibriert und validiert. Auch hier sind die Ergebnisse<br />
insgesamt <strong>zu</strong>frieden stellend. Eine Nut<strong>zu</strong>ng des PRO-RES für die Modellierung von Szenarien ist<br />
somit möglich.<br />
Die Berechnung der Klimaszenarien A1B und B1 fand für die Teilein<strong>zu</strong>gsgebiete im Wettergenerator<br />
SMGHydraa statt. Aufgrund der statistisch-dynamischen Modellierung ist ein direkter zeitlicher<br />
Vergleich mit Messdatenreihen nicht mehr möglich. Aus den bisherigen Ergebnissen ist ab<strong>zu</strong>leiten,<br />
dass es bei hoher intraannueller Variabilität der Abflüsse <strong>zu</strong> keiner signifikanten Veränderung der<br />
monatlichen Abflussmengen bis <strong>zu</strong>m Jahr 2020 kommen wird (Abb. III.2.2-18 und 19). Eine weitergehende<br />
statistische Analyse nach Integration weiterer Daten ist in Vorbereitung. Ebenso vorgesehen<br />
ist eine statistische Abschät<strong>zu</strong>ng der vorläufigen Ergebnisse für die saisonale Vorhersage,<br />
welche <strong>zu</strong>rzeit nur auf der Basis der Szenariendaten erfolgen kann. Die Arbeiten <strong>zu</strong>r saisonalen<br />
Vorhersage der Abflüsse bilden den Abschluss der PRO-RES-Entwicklung und werden im Frühjahr
Hydrologie IMPETUS 260<br />
2009 abgeschlossen. Darauf aufbauend werden Capacity Development-Maßnahmen durchgeführt<br />
werden.<br />
Stausee<strong>zu</strong>fluss (Mio. m³/Monat)<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Kalibrierungsphase (2000/01-2002/03) :<br />
R² = 0,68<br />
31.10.2000<br />
31.01.2001<br />
30.04.2001<br />
31.07.2001<br />
31.10.2001<br />
31.01.2002<br />
30.04.2002<br />
31.07.2002<br />
31.10.2002<br />
31.01.2003<br />
30.04.2003<br />
31.07.2003<br />
31.10.2003<br />
31.01.2004<br />
30.04.2004<br />
31.07.2004<br />
31.10.2004<br />
31.01.2005<br />
30.04.2005<br />
31.07.2005<br />
31.10.2005<br />
31.01.2006<br />
30.04.2006<br />
31.07.2006<br />
MODELLIERT GEMESSEN<br />
Validierungsphase (2003/04-2005/06) :<br />
R² = 0,54<br />
Abb. III.2.2-16: Mit PRO-RES modellierter monatlicher Gesamt-Stausee<strong>zu</strong>fluss, Modellierungsantrieb durch Klimamessdaten.<br />
Stausee-Zufluss (Mio. m³/Monat)<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
31.10.2001<br />
31.01.2002<br />
30.04.2002<br />
31.07.2002<br />
31.10.2002<br />
31.01.2003<br />
30.04.2003<br />
31.07.2003<br />
31.10.2003<br />
31.01.2004<br />
30.04.2004<br />
31.07.2004<br />
31.10.2004<br />
31.01.2005<br />
30.04.2005<br />
modelliert gemessen<br />
Kalibrierung 2001-04: R² = 0.75<br />
Validierung 2004-06: R² = 0.58<br />
(hydrol. Jahre)<br />
Abb. III.2.2-17: Mit PRO-RES modellierter mittlerer monatlicher Stauseefüllstand, Modellierungsantrieb durch Klimamessdaten.<br />
31.07.2005<br />
31.10.2005<br />
31.01.2006<br />
30.04.2006<br />
31.07.2006
Hydrologie IMPETUS 261<br />
Abflussmenge (Mio. m³/Monat)<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Abb. III.2.2-18: Mit PRO-RES modellierter monatlicher Gesamt-Stausee<strong>zu</strong>fluss, Modellierungsantrieb durch Daten<br />
<strong>zu</strong>m Klimaszenario A1B des Wettergenerators SMGHydraa für 2001 bis 2020.<br />
Abflussmenge (Mio. m³/Monat)<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
31.10.2001<br />
31.08.2002<br />
30.06.2003<br />
30.04.2004<br />
28.02.2005<br />
31.12.2005<br />
31.10.2006<br />
31.08.2007<br />
30.06.2008<br />
30.04.2009<br />
28.02.2010<br />
31.12.2010<br />
31.10.2011<br />
31.08.2012<br />
30.06.2013<br />
30.04.2014<br />
28.02.2015<br />
31.12.2015<br />
31.10.2016<br />
31.10.2001<br />
31.08.2017<br />
31.08.2002<br />
30.06.2018<br />
30.06.2003<br />
30.04.2019<br />
30.04.2004<br />
29.02.2020<br />
28.02.2005<br />
31.12.2005<br />
31.10.2006<br />
31.08.2007<br />
30.06.2008<br />
30.04.2009<br />
28.02.2010<br />
31.12.2010<br />
31.10.2011<br />
31.08.2012<br />
30.06.2013<br />
30.04.2014<br />
28.02.2015<br />
31.12.2015<br />
31.10.2016<br />
31.08.2017<br />
30.06.2018<br />
30.04.2019<br />
29.02.2020<br />
Abb. III.2.2-19: Mit PRO-RES modellierter monatlicher Gesamt-Stausee<strong>zu</strong>fluss, Modellierungsantrieb durch Daten<br />
<strong>zu</strong>m Klimaszenario B1 des Wettergenerators SMGHydraa für 2001 bis 2020.<br />
Die Darstellung aller hier vorgestellten Ergebnisse in PRO-RES ist als Grafik und als Tabelle sofort<br />
nach Ende eines Modellierungsdurchgangs möglich, beides kann exportiert oder direkt ausgedruckt<br />
werden.
Hydrologie IMPETUS 262<br />
Literatur<br />
BORN, K., M. CHRISTOPH, A. H. FINK, P. KNIPPERTZ, H. PAETH AND P. SPETH (2008a): Moroccan Climate in the Present<br />
and Future: Combined View from Observational Data and Regional Climate Scenarios. In: ZEREINI AND HOETZL<br />
(EDS.): Climatic Changes and Water Resources in the Middle East and in North Africa. Springer Verlag, Wien,<br />
ISBN 978-3-540-85046-5, p. 29-45.<br />
BORN, K., A. H. FINK AND H. PAETH (2008b): Dry and Wet Periods in the northwestern Maghreb for Present Day and<br />
Future Climate Conditions. Meteorol. Zeitschrift 17, 533-551.<br />
KIRSCHT, H. AND SCHULZ, O. (2008): Morocco. In: SCHULZ, O. AND M. JUDEX (EDS.) (2008): IMPETUS Atlas Morocco.<br />
Research Results 2000-2007, p. 5-6. Bonn, Cologne.<br />
MCKEE, T. B., N. J. DOESKEN, J. Kleist (1993): The relationship of drought frequency and duration to time scales. --<br />
Preprints, 8th Conference on Applied Climatology, Jan. 17-22, Anaheim, CA, 179-184.<br />
SCHULZ, O., BUSCHE, H. AND A. BENBOUZIANE (2008): Decadal Precipitation Variances and Reservoir Inflow in the<br />
Semi-Arid Upper Drâa basin (South-Eastern Morocco). In: ZEREINI, F. AND H. HÖTZL (Eds.): Climatic Change<br />
and Water Resources in the Middle East and North Africa, p. 165-178. Heidelberg.<br />
SCHULZ, O. AND M. JUDEX (EDS.) (2008): IMPETUS Atlas Morocco. Research Results 2000-2007. Bonn, Cologne.<br />
SCHULZ, O. (2008): The Drâa Catchment. In: SCHULZ, O. AND M. JUDEX (EDS.) (2008): IMPETUS Atlas Morocco. Research<br />
Results 2000-2007, p. 7-8. Bonn, Cologne.<br />
SCHULZ, O. (2008): The IMPETUS Climate Monitoring Network. In: SCHULZ, O. AND M. JUDEX (EDS.) (2008):<br />
IMPETUS Atlas Morocco. Research Results 2000-2007, p. 17-18. Bonn, Cologne.<br />
SCHULZ, O. (2008): Precipitation in the Upper and Middle Drâa Basin. In: SCHULZ, O. AND M. JUDEX (EDS.) (2008):<br />
IMPETUS Atlas Morocco. Research Results 2000-2007, p. 19-21. Bonn, Cologne.<br />
SCHULZ, O. (2008): Snow Cover Variability in the High Atlas Mountains. In: SCHULZ, O. AND M. JUDEX (EDS.) (2008):<br />
IMPETUS Atlas Morocco. Research Results 2000-2007, p. 53-54. Bonn, Cologne.<br />
SCHULZ, O. (2008): Snowmelt Modelling in the High Atlas Mountains. In: SCHULZ, O. AND M. JUDEX (EDS.) (2008):<br />
IMPETUS Atlas Morocco. Research Results 2000-2007, p. 55-56. Bonn, Cologne.
Hydrologie IMPETUS 263<br />
PK Ma-H.5 Auswirkung von Klimawandel und veränderter Wassernut<strong>zu</strong>ng<br />
auf den Niederschlag und die Verdunstung<br />
Überschussbewässerung in der Flussoase, auch gerne als „Ozean der Palmen“ bezeichnet, in der<br />
Nähe von Agdz. Die bewässerte Fläche ist deutlich an der dunklen Färbung <strong>zu</strong> erkennen (Foto: K. Born).<br />
Problemstellung<br />
Für klimatologische Zeiträume (≥30 Jahre) mit gleichzeitig hoher räumlicher Auflösung (≤3km) ist<br />
Niederschlag und Verdunstung weder aus Messungen noch aus Simulationen für die Region südlich<br />
des Hohen Atlas verfügbar. Auf diesen Skalen sind jedoch präzise Informationen <strong>zu</strong>m Verständnis<br />
des aktuellen Klimas und <strong>zu</strong>r Abschät<strong>zu</strong>ng möglicher <strong>zu</strong>künftiger Entwicklungen unerlässlich. Interdisziplinäre<br />
Untersuchungen über die Zusammenhänge zwischen z. B. Bevölkerungswachstum,<br />
Landnut<strong>zu</strong>ng, Hydrologie und Klima sind notwendig, um Änderungen realistisch einschätzen <strong>zu</strong><br />
können. Besonders für Fragen der Erosion und der Niederschlagseinträge in verschiedene hydrologische<br />
Ein<strong>zu</strong>gsgebiete ist eine hohe zeitliche und räumliche Auflösung der meteorologischen Daten<br />
bedeutsam.<br />
Mitarbeiter<br />
K. Piecha, K. Born, A. Klose, O. Schulz<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Im PK Ma-H.5 bestand die Zielset<strong>zu</strong>ng des Jahres 2008 in einer Ausdehnung des Simulationsgebiets<br />
auf den Hohen Atlas und das Becken von Ouarzazate bis nach Asir. Weiterhin wurde mit den
Hydrologie IMPETUS 264<br />
Arbeiten im PK eine Verbesserung der bereits existierenden Rekombinationsvorschrift <strong>zu</strong>r Verbesserung<br />
der Berechnung der Evapotranspiration auf Grundlage von aktuelleren Bodeninformationen<br />
angestrebt. Hier<strong>zu</strong> sollte die Aufstellung von Kriterien für das Simulationsgebiet <strong>zu</strong>r Auswahl geeigneter<br />
Repräsentanten ausgearbeitet werden. Repräsentanten sind die Termine, die die verschiedenen<br />
Circulation Weather Types (CWT) in der Rekombination vertreten. Für diese Auswahl stand<br />
ein Zeitraum von November 2001 bis Dezember 2002 <strong>zu</strong>r Verfügung. Die Simulation der gewählten<br />
Termine erfolgte mit dem mesoskaligen meteorologischen Modell FOOT3DK. Mit Hilfe der<br />
Klassifikation der CWT für das gegenwärtige und <strong>zu</strong>künftige Klima wurden erste Rekombinationen<br />
von Niederschlag und Verdunstung für das neue Simulationsgebiet durchgeführt. Darüber hinaus<br />
wurde eine erste Version des Informationssystems IMPETUS -Développements possibles de l'Évaporation<br />
et des Précipitations dans le bassin versant du Drâa (IDEP-Drâa) weiterentwickelt.<br />
Mögliche Nutzergruppen<br />
• Information Centre on Sustainable Energy & Environment<br />
• Université Hassan II<br />
Stand der bisherigen Arbeiten<br />
In den ersten beiden <strong>Projekt</strong>phasen ist <strong>zu</strong>nächst die Modellkette etabliert und anhand von Sensitivitätsstudien<br />
die Anwendbarkeit von FOOT3DK (s. a. Shao et al., 2001 und Huebener et al., 2007) im<br />
südlichen Untersuchungsgebiet nachgewiesen worden. Verschiedene Anpassungen (z. B. Einführung<br />
einer Methode die Bewässerung in den Oasen dar<strong>zu</strong>stellen, sowie die Implementierung eines<br />
tief liegenden Grundwasserspeichers) sind umgesetzt worden, um die realen Bedingungen im Untersuchungsgebiet<br />
angemessen ab<strong>zu</strong>bilden. Die Erstellung von Rekombinationen für Niederschlag<br />
und Verdunstung (Huebener und Kerschgens, 2007 und 2007b) auf Basis von statistischdynamischen<br />
Downscaling (vgl. Fuentes und Heimann, 2000; Heimann, 2001) ist für Oasen südlich<br />
von Ouarzazate abgeschlossen.<br />
Anfang der dritten <strong>Projekt</strong>phase ist die Anwendbarkeit von FOOT3DK für den Hohen Atlas getestet<br />
worden. Da<strong>zu</strong> wurde ein Simulationsgebiet in der nordöstlichsten Ecke des Drâaein<strong>zu</strong>gsgebiets gewählt<br />
(Abb. III.2.2-20, rote Box), welches die Höhenunterschiede des Hohen Atlas gut repräsentiert.<br />
Dieses Simulationsgebiet wurde im Folgenden nach Westen und Süden vergrößert und mit<br />
neueren Informationen über die Bodenarten (Abb. III.2.2-20) betrieben (Klose, 2008). Mit diesem<br />
Schritt wurde die Simulation der Evapotranspiration verbessert, da in der in IMPETUS erstellten<br />
Bodenkarte neben einer höheren Auflösung auch die Anzahl der Bodenarten größer ist als <strong>zu</strong>vor<br />
berücksichtigt. Nach einer Modifikation in FOOT3DK können 11 statt vorher 5 Bodenarten berücksichtigt<br />
werden. Pro Gittermasche wird die Bodenart verwendet, die in der Bodenkarte den Hauptanteil<br />
in der jeweiligen Gittermasche aufweist.
Hydrologie IMPETUS 265<br />
Abb. III.2.2-20: Vergrößertes Simulationsgebiet mit den neu in FOOT3DK verwendeten Bodenarten. Die rote Box<br />
zeigt das alte Simulationsgebiet.<br />
CWT-Berechnung für 2002<br />
Die zehn klassifizierten CWT können in zwei Zirkulations- und acht Richtungstypen unterschieden<br />
werden (Methode siehe Jones et al, 1993). Auf Grund ähnlicher Charakteristiken im Be<strong>zu</strong>g auf Niederschlag<br />
werden sie für die später dargestellte Rekombination <strong>zu</strong> sechs Gruppen <strong>zu</strong>sammengefasst.<br />
Die CWT werden für ein Gebiet berechnet, dass um den Punkt 30° N und 5° W zentriert ist. Die<br />
Verteilung der CWT in Prozent basiert auf Bodendruckdaten aus NCEP-Reanalysen im Jahr 2002<br />
(Abb. III.2.2-21). Den größten Anteil hauptsächlich in den Sommermonaten nimmt der CWT mit<br />
Strömung von Nordost ein. Sie wird später mit der Wetterlage Ost <strong>zu</strong>sammengefasst, welche über<br />
das gesamte Jahr recht gleichmäßig verteilt vorkommt. Die anderen CWT treten wesentlich seltener<br />
oder nur während bestimmter Jahreszeiten auf.
Hydrologie IMPETUS 266<br />
Abb. III.2.2-21: Häufigkeitsverteilung der CWT in Prozent nach Monaten unterteilt für das Jahr 2002<br />
Auswahl der Repräsentanten<br />
Als Antrieb für die Simulationen der verwendeten Repräsentanten mit FOOT3DK dienen Antriebsdaten<br />
des COSMO-LM (Consortium for Small-scale Modeling-Lokal Modell). Mit FOOT3DK<br />
werden Episoden von 24 h mit einer Auflösung von ca. 9 km² pro Gitterbox auf einem Gebiet von<br />
etwa 220 km x 227 km Gesamtgröße modelliert. Das Gebiet umfasst Teile des Hohen Atlas und des<br />
Beckens von Ouarzazate. Das Haupt-Kriterium bei der Auswahl der Repräsentanten ist, dass die<br />
Maschen, in denen sich die IMPETUS-Stationen Imeskar, Taoujgalt, Trab Labied und Asrir sowie<br />
die WMO-Station Ouarzazate befinden, Niederschlag simulieren, wenn Niederschlag an der <strong>zu</strong>geordneten<br />
Station gemessen wird. Wenn es an der jeweiligen Klimastation nicht geregnet hat, soll<br />
auch in der Simulation in den <strong>zu</strong>geordneten Maschen kein Niederschlag auftreten (das Kriterium<br />
soll für 60 % der Vergleiche <strong>zu</strong>treffen). Je Termin ‚ohne Niederschlag’ werden simulierte Werte<br />
kleiner 0,05 mm als ‚kein Niederschlag’ gewertet. Bei diesen Simulationen kommt es abhängig von<br />
der Anströmung <strong>zu</strong>m Teil <strong>zu</strong> Niederschlag auf der Nordseite des Hohen Atlas. Die Verwendung<br />
dieser Simulationen ist sinnvoll, da der Hohe Atlas als Wetterscheide dient und es somit <strong>zu</strong> erwarten<br />
ist, dass es dort <strong>zu</strong> Niederschlägen kommt wenn es südlich des Atlas nicht regnet. Ein Vergleich<br />
zwischen Messstation und simuliertem Wert einer Gitterbox ist in diesem Bereich mangels Messwerten<br />
jedoch nicht möglich.
Hydrologie IMPETUS 267<br />
Rekombination für das Jahr 2002<br />
Auf der Basis des statistischen-dynamischen Downscalings wird eine Rekombination von Niederschlag<br />
und Verdunstung für das Jahr 2002 durchgeführt. Da<strong>zu</strong> werden <strong>zu</strong>nächst die CWT für das<br />
Jahr klassifiziert (Abb. III.2.2-21). Nach der sich dabei ergebenden Auftrittshäufigkeit werden die<br />
Niederschlags- bzw. Evapotranspirationswerte der Repräsentanten aufsummiert.<br />
Abb. III.2.2-22: Rekombinierter akkumulierter Niederschlag des Jahres 2002 in mm auf Basis von CWT aus NCEP-<br />
Reanalysen (grau: Ein<strong>zu</strong>gsgebietsgrenze des Drâa, schwarze Isolinien: Orographie aus FOOT3DK,<br />
Punkte: gemessener Stationsniederschlag).<br />
Der rekombinierte akkumulierte Niederschlag des Jahres 2002 (Abb. III.2.2-22) zeigt die <strong>zu</strong> erwartende<br />
Verteilung. Auf der Nordseite des Hohen Atlas fällt sichtbar mehr Niederschlag als auf der<br />
Südseite. Bei einem Vergleich zwischen dem gemessenen Niederschlag an den IMPETUS-<br />
Klimastationen (Abb. III.2.2-22, eingefärbte Stationspunkte) und dem simulierten und rekombinierten<br />
Niederschlag in der entsprechenden Gitterbox wird deutlich, dass FOOT3DK im Jahr 2002 den<br />
Niederschlag an einigen Stationen unterschätzt an anderen wiederum überschätzt. Es muss berücksichtigt<br />
werden, dass der Niederschlag, der in einer Gitterbox simuliert wird, nur bedingt mit einem<br />
punktuell gemessenen Niederschlag vergleichbar ist. Für die Evaluierung der Evapotranspiration<br />
(Abb. III.2.2-23) liegen an den Stationen keine Messwerte vor, die <strong>zu</strong>m Vergleichen dienen können.<br />
Die negativen Werte der Evapotranspiration (also Kondensation) treten in den Simulationen auf,<br />
wenn eine Übersättigung der Feuchte in Bodennähe vorliegt. In einzelnen Maschen überwiegen die<br />
negativen Werte in der Rekombination für das Jahr 2002, was sich in Abb. III.2.2-23 zeigt.
Hydrologie IMPETUS 268<br />
Abb. III.2.2-23: Rekombinierte akkumulierte Evapotranspiration des Jahres 2002 in mm auf Basis von CWT aus<br />
NCEP-Reanalysen (grau: Ein<strong>zu</strong>gsgebietsgrenze des Drâa, schwarze Isolinien: Orographie aus<br />
FOOT3DK).<br />
Anwendung auf die SRES-Szenarien A1B und B1<br />
In Abb. III.2.2-24 ist die relative Häufigkeit der CWT-Verteilung für den 15-jährigen Zeitraum von<br />
2036 bis 2050 für die verwendeten Szenarien A1B und B1 abgebildet. Weiterhin sind die jeweiligen<br />
Differenzen <strong>zu</strong>r Kontrollperiode von 1986 bis 2000 dargestellt. Die Verteilungen, die mit REMO-<br />
Modelldaten berechnet werden, differieren zwischen den unterschiedlichen Szenarien lediglich gering.<br />
Das liegt daran, dass für die Szenarien B1 und A1B im Forcingzeitraum von 2036 bis 2050 ein<br />
ähnlicher Verlauf des Strahlungsforcings vorliegt (stärker in A1B), der die Häufigkeit der CWT<br />
ähnlich beeinflusst (Houghton et al.: IPCC, 2001).
Hydrologie IMPETUS 269<br />
Abb. III.2.2-24: Relative Häufigkeit der CWT für den 15-jährigen Zeitraum von 2036 bis 2050, basierend auf REMO-<br />
Modelldaten der Szenarien A1B und B1 (linke y-Achse), und deren Differenzen <strong>zu</strong>r REMO-<br />
Kontrollperiode von 1986 bis 2000 (rechte y-Achse).<br />
Im Vergleich <strong>zu</strong>r betrachteten Kontrollperiode weichen die beiden Szenarien-Verteilungen um weniger<br />
als 4 % von der Kontrollperiode ab, wobei das A1B-Szenario deutlichere Signale zeigt. Hier<br />
kommt es im Vergleich mit der Kontrollperiode <strong>zu</strong> einer Abnahme der antizyklonalen CWT und<br />
einer Zunahme der nordöstlichen und nördlichen Lagen von etwa 3 %, während im B1-Szenario die<br />
Abnahme der antizyklonalen CWT und Zunahme der Lage Nord und Nordost geringer ausfällt. Interessant<br />
für den Niederschlag in der Region ist die Zunahme der südwestlichen und westlichen<br />
Anströmungen, da diese feuchte Luft vom Atlantik ins Drâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet transportieren.<br />
Unter der Annahme, dass das Verhältnis der Tage mit Niederschlag und der Tage ohne Niederschlag<br />
innerhalb der einzelnen CWT gleich bleibt, werden in Kürze Rekombinationen für verschiedene<br />
Forcingabschnitte durchgeführt werden.<br />
Informations-System (IS)<br />
Das hier vorgestellte Informations-System (IS) (schematisch in Abb. III.2.2-25) trägt den Titel<br />
„Niederschlag und Verdunstung - mögliche <strong>zu</strong>künftige Entwicklungen“ (IMPETUS -<br />
Développements possibles de l'Évaporation et des Précipitations dans le bassin versant du Drâa,<br />
IDEP-Drâa). Es liefert Informationen, bzgl. der möglichen Entwicklungen von Niederschlag und<br />
Verdunstung unter der Berücksichtigung verschiedener Randbedingungen, die künftig <strong>zu</strong> erwarten<br />
sind.<br />
Auf Grund des hohen Rechenzeitbedarfs und der großen produzierten Datenmengen ist es nicht<br />
beabsichtigt, das Modell FOOT3DK in das IS <strong>zu</strong> integrieren. Dem Nutzer werden die unter dem<br />
Kapitel Stand der Forschung beschriebenen Ergebnisse als Datengrundlage im IS <strong>zu</strong>r Verfügung<br />
gestellt (Abb. III.2.2-25, grauer und roter Bereich). Es stehen die folgenden Auswahlmöglichkeiten<br />
<strong>zu</strong>r Verfügung: Der Anwender kann zwischen den beiden SRES-Szenarien A1B und B1 wählen. Er
Hydrologie IMPETUS 270<br />
kann den Startmonat und den Zeitraum der Klimatologie bestimmen (grüne Boxen oben rechts).<br />
Nachdem der Nutzer eine für sich optimierte Auswahl getroffen hat, werden IS-intern die Auftrittshäufigkeiten<br />
für den gewählten Zeitraum <strong>zu</strong>sammengestellt und die damit rekombinierten Parameter<br />
Niederschlag oder Verdunstung als Tabelle und/oder Grafik ausgegeben. Dieses IS-Ergebnis<br />
kann bereits als Informationsquelle genutzt oder in weitere Simulationen integriert werden. Später<br />
soll noch die Möglichkeit geboten werden, für bestimmte Zeiträume Zeitreihen <strong>zu</strong> extrahieren. Das<br />
IS wird z. Z. ausschließlich mit Niederschlagsdatensätzen betrieben, die noch nicht die letztendlich<br />
gewählten Repräsentanten berücksichtigen. In der ersten Jahreshälfte des nächsten Jahres werden<br />
die Daten für Niederschlag und Verdunstung aufgearbeitet und in das IS eingepflegt werden.<br />
Abb. III.2.2-25: Flowchart des Informationssystems IDEP-DRÂA<br />
Literatur<br />
Fuentes, U.; Heimann, D., 2000: An improved statistical-dynamical downscaling scheme and is application to the Alpine<br />
precipitation climatology. Theor. Appl. Climatol., 65, 119-135<br />
Heimann, D., 2001: A model-based wind climatology for the eastern Adriatic coast. Meteorologische Zeitschrift, 10, 5-<br />
16<br />
Houghton, J. T., Y. Ding, D. J. Griggs, M. Noguer, P. J. van der Linden, X. Dai, K. Maskell and C. A. Johnson: IPCC<br />
2001: Climate Change 2001: The Scientific Basis: Contribution of the Working Group I to the Third Assessment<br />
Report of an Intergovernmental Panel on Climate Change. University Press, Camebridge<br />
Huebener, H.; Schmidt, M.; Sogalla, M.; Kerschgens, M., 2005: Simulating Evapotranspiration in a Semi-Arid Environment.<br />
Theor. Appl. Climatol., 80, 153-167
Hydrologie IMPETUS 271<br />
Huebener, H.; Kerschgens, M., 2007: Downscaling of current and future rainfall climatologies for southern Morocco.<br />
Part I: Downscaling method and current climatology. Int. J. Climatol. , Published Online, DOI: 10.1002/joc.1491<br />
Huebener, H.; Kerschgens, M., 2007b: Downscaling of current and future rainfall climatologies for southern Morocco.<br />
Part II: Climate change signals. Int. J. Climatol. , 27, 1065 - 1073, DOI: 10.1002/joc.1457<br />
Huebener, H.; Born, K.; Kerschgens, M., 2007c: Downscaling heavy rainfall in the subtropics - a simple approach for<br />
dynamical nesting. Advances in Geophysics, 10, 9-16<br />
Jones, P. D., M. Hulme und K. R. Briffa, 1993: A Comparison of Lamb Circulation Types with an objective Classification<br />
Scheme. Int. J. Climatol. , 13: 655-663<br />
Klose, A.; Soil Properties in the Drâa Catchment. IMPETUS Atlas Morocco - Research Results 2000 - 2007<br />
Shao, Y.; Sogalla, M.; Kerschgens, M.; and Brücher, W., 2001: Effects of land surface heterogeneity upon surface<br />
fluxes and turbulent conditions. Meteorol. Atmos. Phys., 78, 15
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 272<br />
III.2.3 Landnut<strong>zu</strong>ng<br />
Im Themenbereich „Landnut<strong>zu</strong>ng“ sind alle Problemkomplexe <strong>zu</strong>sammengefaßt, bei denen die natürliche<br />
Vegetation sowie die Weidegebeite im Fokus der Untersuchungen stehen. Ökologische und<br />
sozioökonomische Aspekte <strong>zu</strong>r Landnut<strong>zu</strong>ng sind jedoch in einer Vielzahl weiterer Problemkomplexe<br />
integriert und stellen häufig wichtige Eingangsdaten dar.<br />
Der Themenbereich umfasst drei Problemkomplexe. PK Ma-L.1 untersucht die Wasser- und Weidenut<strong>zu</strong>ng.<br />
Es ist davon aus<strong>zu</strong>gehen, dass diese nicht nur von naturräumlichen Faktoren bestimmt<br />
wird, sondern <strong>zu</strong> einem wichtigen Teil vom sozialen und politischen Handeln, also den Nut<strong>zu</strong>ngsstrategien<br />
der Akteure vor Ort, abhängig ist. Die tatsächlich in einem Anbaugebiet verfügbaren<br />
Ressourcen hängen dabei aber nicht nur von der naturräumlich bedingten lokalen Ressourcenverfügbarkeit<br />
ab, sondern auch von historisch gewachsenen und sozial kontrollierten Verfahren der<br />
Ressourcenverteilung und –Nut<strong>zu</strong>ng. Neben der Oasenlandwirtschaft die sich im Arbeitsgebiet nur<br />
wenig verändert hat gab es bei der transhumanten Weidewirtschaft in den letzten Jahrzehnten spürbare<br />
Veränderungen der Nut<strong>zu</strong>ngsmuster.<br />
Im Zentrum von PK Ma-L.2 steht das raum-zeitliche Verhalten der Pflanzendecke vor allem in den<br />
Weidegebieten des Drâa Ein<strong>zu</strong>gsgebietes. Bekanntlich ist die Verteilung des Niederschlagwassers<br />
wesentlich von der Dichte und der Struktur der Pflanzendecke abhängig. In Feldexperimenten wird<br />
deshalb vergleichend die Vegetationsdynamik auf Flächen mit bzw. ohne Beweidung untersucht.<br />
Parallel und auf der Basis der Geländemessungen wurden die verschiedenen IS und SDSS fertig<br />
gestellt (IS PLANT) bzw. weiterentwickelt (SDSS VegSat und SDSS PADRÂA). Im PK Ma-L.3<br />
wurde die modellgestützte Entwicklung von zweier IS und SDSS <strong>zu</strong>r Abschät<strong>zu</strong>ng von Risiken und<br />
Gefahren durch extreme Niederschlagsereignisse und durch Bodenerosion fortgesetzt. Während mit<br />
dem IS SMGHydraa (Statistical Model for the Generation of Meteorological Data for Hydrological<br />
Modelling in the Draa Region) ein Prozessor <strong>zu</strong>r Aufbereitung und Visualisierung vom klimatologischen<br />
Daten erfolgreich weiterentwickelt wurde, erlaubt das SDSS SEDRAA (Soil Erosion in the<br />
Draa Region) die Berechnung von flächenhaften Bodenerosionsraten in Abhängigkeit von verändeter<br />
Landnut<strong>zu</strong>ng.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 273<br />
PK Ma-L.1 Strategien der Landnut<strong>zu</strong>ng unter limitierten Wasserressourcen im<br />
Zentralen Hohen Atlas<br />
Problemstellung<br />
Hirte im Hohen Atlas<br />
Unter der Maßgabe die Untersuchungen <strong>zu</strong> Strategien der Landnut<strong>zu</strong>ng unter limitierten Wasserressourcen<br />
im Zentralen Hohen Atlas in ein Informationssystem ein<strong>zu</strong>binden wurden die ethnologischen<br />
Untersuchungen aus den beiden für die Landnut<strong>zu</strong>ng relevanten Bereichen Anbau und Vieh<strong>zu</strong>cht<br />
abgeschlossen. Diese sich ergänzenden Wirtschaftsweisen nutzen unterschiedliche Nischen<br />
im Ökosystem: die bewässerten Oasen, die weniger als 5 Prozent der Gesamtfläche des Gebietes<br />
ausmachen und die <strong>zu</strong> verschiedenen Vegetationszonen gehörenden Weidegebiete außerhalb dieser<br />
Flächen. Anbau und Vieh<strong>zu</strong>cht stellen komplementäre Formen der Landnut<strong>zu</strong>ng dar und ermöglichen<br />
so unterschiedliche, sich ergänzende Strategien der Existenzsicherung. In der gesamten Region<br />
kommt es, wie in anderen Teilen des Drâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebietes auch, immer wieder <strong>zu</strong> Engpässen<br />
bei der Versorgung mit Wasser für die Landwirtschaft und bei der Verfügbarkeit von Futterpflanzen<br />
für die Tiere. Neben den natürlichen saisonalen Schwankungen wirken sich vor allem die starken<br />
inter-anuellen Veränderungen der Wasserverfügbarkeit negativ auf Anbau und Tierhaltung aus. Die<br />
tatsächlich in einem Anbaugebiet verfügbaren Ressourcen hängen dabei aber nicht nur von der naturräumlich<br />
bedingten lokalen Ressourcenverfügbarkeit ab, sondern auch von historisch gewachsenen<br />
und sozial kontrollierten Verfahren der Ressourcenverteilung und –Nut<strong>zu</strong>ng. Neben der Oasen-
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 274<br />
landwirtschaft die sich im Arbeitsgebiet nur wenig verändert hat gab es bei der transhumanten Weidewirtschaft<br />
in den letzten Jahrzehnten spürbare Veränderungen der Nut<strong>zu</strong>ngsmuster. Die idealtypischen<br />
Transhumanzzyklen werden seltener ausgenutzt und dorfnahe Weideflächen dafür stärker<br />
beansprucht. Diese Veränderung wirkt auch auf den Umgang mit Kollektivland, wo Viehzüchter in<br />
Konkurrenz mit Bauern treten (vgl.: El Alaoui 2002: 8ff.). Während an der feuchteren Nordflanke<br />
des Atlas Gebirges auf Kollektivland auch Regenfeldbau betrieben wird (vgl.: Kraus 1991: 55-56<br />
und 73-76) ist im Arbeitsgebiet des PK am Südabhang des Gebirges Kollektivland fast ausschließlich<br />
Weideland. Die während der vergangenen Phasen gesammelten Informationen und die daraus<br />
hervor gegangenen Analysen, vor allem über Strategien der Land- und Wassernut<strong>zu</strong>ng in der Oasenlandwirtschaft<br />
sowie Agrarökonomische Modellierungen über Vegetationsentwicklung auf Weideflächen<br />
flossen in das Informationssystem LUD-HA ein. Im Berichtzeitraum wurde vor allem die<br />
Bearbeitung weidewirtschaftlicher Themen in der PK-Arbeit verstärkt und Berechnungen und <strong>Projekt</strong>ionen<br />
<strong>zu</strong>m Zustand der Weideflächen mittels SAVANNA in das Informationssystem integriert.<br />
Der Vergleich von naturwissenschaftlichen Ergebnissen und durch ethnologische Befragungen gewonnenen<br />
emischen Konzepten und Klassifikationen hat interessante Erkenntnisse über die Bedeutungen<br />
bestimmter Vegetationstypen und ihre Nut<strong>zu</strong>ng durch mobile Viehhirten erbracht. Die durch<br />
sozialwissenschaftliche Befragungen gewonnenen Erkenntnisse <strong>zu</strong>r transhumanten Weidewirtschaft,<br />
wurden durch die Modellergebnisse <strong>zu</strong>r Berechnung der Weidekapazität ergänzt.<br />
Mitarbeiter H. Kirscht, A. Linstädter, G. Baumann, B. Kemmerling, A. Roth, A. Enders<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
In der Gemeinde Ighil N’Oumgoun, die weitgehend deckungsgleich mit dem hydrologischen Teilein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
Ifre ist, wurden die gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen natürlicher Wasserverfügbarkeit<br />
und anthropogen gestalteter Wasser- und Weidenut<strong>zu</strong>ng untersucht. Die dabei festgestellte<br />
Bandbreite aktueller Strategien der Landnut<strong>zu</strong>ng wurde dargestellt und wird derzeit für die<br />
Nutzer des Informations-Systems LUD-HA aufbereitet. Hierbei zeigen sich deutliche Schnittstellen<br />
und Synergieeffekte mit den Arbeiten in anderen PKs. Die PKs Ma-L.2, „Auswirkungen von<br />
Landnut<strong>zu</strong>ngs-und Klimawandel auf die Resilienz und Regenerationsfähigkeit der Vegetation in<br />
Südmarokko“ sowie Ma-G.2 „Wasser- und Weidenut<strong>zu</strong>ng im Spannungsfeld zwischen traditionellen<br />
Entscheidungsprozessen und staatlichen Institutionen“, liefern auch weiterhin wichtige inhaltliche<br />
oder methodische Beiträge <strong>zu</strong>r vorliegenden Arbeit. Die Analyse der Techniken und <strong>Management</strong>systeme<br />
die, von der lokalen Bevölkerung entwickelt wurden, flossen als qualitative Informationen<br />
direkt in die Auswertungen des PKs und in die Konzeption des Informationssystems LUD-<br />
HA ein. Darüber hinaus stehen Ergebnisse des stärker formalisierten Systems SAVANNA als Informationsebenen<br />
für LUD-HA <strong>zu</strong>r Verfügung. Der Umgang der lokalen Bevölkerung mit den<br />
knappen Ressourcen und die dabei implizit oder explizit verfolgten Strategien, bilden, neben der<br />
Untersuchung der naturwissenschaftlichen Disziplinen, weiterhin die Ausgangsbasis für die durchgeführten<br />
Analysen.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 275<br />
Stand <strong>zu</strong>r IS-Entwicklung<br />
Die Entwicklung des aus einer Kombination von naturwissenschaftlichen und sozialwissenschaftlichen<br />
Systemanalysen bestehenden Informationssystems (IS) ist für die erste Version abgeschlossen.<br />
Der dialogische Prozess mit institutionellen Vertretern in Marokko wurde fortgesetzt und erste erfolgreiche<br />
Anpassungen wurden vorgenommen. In weiteren Schritten sollen lokale Experten diese<br />
Daten ergänzen und in einem Prozess mit lokalen Entscheidungsträgern nutzen. Diese können daraus<br />
Handlungsstrategien <strong>zu</strong>r Optimierung der Ressourcennut<strong>zu</strong>ng entwickeln. Darüber hinaus werden<br />
Verfahren erstellt, das hierfür notwendige Wissen <strong>zu</strong> transferieren. Die Untersuchungen <strong>zu</strong>r<br />
Veränderung der Bevölkerungsstruktur die einen wichtigen Einfluss auf mögliche Strategien der<br />
Landbevölkerung hat, wurden <strong>zu</strong> Beginn der Berichtsphase abgeschlossen.<br />
Ethnologische Ergebnisse<br />
Um Aussagen über Strategien der Bevölkerung aus den Bereichen Land- und Weidenut<strong>zu</strong>ng sowie<br />
außerlandwirtschaftliche Einkommensgenerierung <strong>zu</strong> treffen kombiniert der PK Ma-L1 Daten aus<br />
den Bereichen Sozio-ökonomie und Ökologie. Dabei werden die Ergebnisse verschiedener disziplinärer<br />
Erhebungen und Modelle <strong>zu</strong>sammengefasst und gemeinsam mit den qualitativen Ergebnissen<br />
der ethnologischen Untersuchungen <strong>zu</strong>r Entwicklung des Informationssystems LUD-HA verwendet.<br />
Landwirtschaftliche Konzepte und lokale Entscheidungsfindung werden dabei in Relation <strong>zu</strong><br />
naturräumlichen, sozialen und demographischen Entwicklungen gesetzt. Auf Grundlage der gesammelten<br />
sozialwissenschaftlichen Daten werden Strategien der lokalen Bevölkerung in Nut<strong>zu</strong>ngsgrafiken<br />
dargestellt. Mit Hilfe des Moduls DemProj/SPECTRUM (Betreiber: Platt, vgl. Policy<br />
Project 1997), wurden demographische Variablen in unterschiedlichen Bevölkerungsprojektionen<br />
auf der kommunalen Ebene verarbeitet. Die zeitliche Auflösung bewegt sich in Ein-Jahres-<br />
Schritten zwischen 2004, in dem der derzeit aktuelle Zensus erhoben wurde, und dem Jahr 2020,<br />
dem <strong>Projekt</strong>ionsziel der IMPETUS-Szenarien.<br />
Das Pastorale Ökosystemmodell SAVANNA<br />
Das pastorale Ökosystemmodell SAVANNA (Betreiber: Roth) ist ein flächenhaft explizites, prozessorientiertes<br />
Modell <strong>zu</strong>r Ökosystemanalyse, das die Produktivität der Weideflächen und die<br />
Auswirkungen von Weidewirtschaft und Klimaverlauf auf die Vegetation der natürlichen Ökosysteme<br />
im Drâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet berechnet. SAVANNA wurde für Teilökosysteme parametrisiert und<br />
kalibriert. Dieses Modell dient der Modellierung der Dynamik von Pflanzenpopulationen basierend<br />
auf spezifischen Pflanzenverteilungsmustern (Habitatmustern), sowie der Modellierung ihrer Biomasseproduktion<br />
unter dem Einfluss von Beweidung und ihrer Funktion auf den Wasserhaushalt.<br />
Modell BUFFER<br />
Mit Hilfe des regelbasierten ökologisch-ökonomischen Modell BUFFER (Betreiber: Linstädter)<br />
sollen die Auswirkungen von unterschiedlichen Beweidungsstrategien von Hirtennomaden auf<br />
Weidegebiete im Drâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet untersucht werden. Das Modell befindet sich nach einem<br />
Wechsel des Bearbeiters noch in der Entwicklungsphase. Die Arbeit an Buffer ruhte seit März 2007<br />
mit dem Ausscheiden von Oliver Jakoby aus IMPETUS und wird seit Anfang 2008 durch Romina
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 276<br />
Drees fortgeführt. Da die Konzipierung des Modells <strong>zu</strong> Beginn 2007 weitgehend abgeschlossen<br />
war, konnten in den vergangenen beiden Jahren Datenlücken identifiziert und entsprechende Nacherhebungen<br />
sowohl weideökologischer als auch ethnologischer Daten initiiert werden. Diese sind<br />
inzwischen weitgehend abgeschlossen bzw. befinden sich in der Schlussauswertung (vgl. den Bericht<br />
<strong>zu</strong>m PK Ma-L.2 und PK Ma-G.2) und stehen für eine Integration in BUFFER <strong>zu</strong>r Verfügung.<br />
Die Modelle und Ergebnisse wurden in Zusammenarbeit mit A. Enders (C2) in das Informationssystem<br />
LUD-HA integriert.<br />
Stand der bisherigen Arbeiten<br />
Ethnologische Untersuchungen der Landwirtschaft und Viehhaltung<br />
In der <strong>zu</strong>rückliegenden <strong>Projekt</strong>phase wurden sowohl die Ergebnisse der Detailstudien im Assif Ait<br />
Ahmend sowie die in der standardisierten Vergleichsstudie in 17, <strong>zu</strong>r Commune Ighil Mgoun gehörenden<br />
Orten erhobenen Daten <strong>zu</strong>r Situation der Landwirtschaft und <strong>zu</strong> Strategien der Krisenbewältigung,<br />
in das Informationssystem LUD-HA eingearbeitet. Es zeigt sich, dass die im Assif Ait Ahmed<br />
gesammelten Informationen <strong>zu</strong>r Oasenlandwirtschaft prinzipiell auch auf die anderen Dörfer<br />
des hydrologisch definierten Ifre-Teilein<strong>zu</strong>gsgebietes angewendet werden können. Vor allem die<br />
verwendeten lokalen Techniken in der Landwirtschaft und die Systeme der Verteilung von Wasser<br />
weisen ähnliche Grundmuster auf.<br />
Trotz der beobachteten relativen Homogenität in vielen Bereichen, gibt es wichtige Unterschiede,<br />
die bei einer Darstellung von Landnut<strong>zu</strong>ngsstrategien berücksichtigt werden müssen. Diese betreffen<br />
unter anderem die bestehenden oder nicht bestehenden Allianzen zwischen den verschiedenen,<br />
am gleichen Abflusssystem gelegenen Dörfern. Hier besteht prinzipiell die Möglichkeit der Absprache<br />
bei der Verteilung und Zuteilung von Bewässerungswasser,<br />
bei dem jede Gemeinde<br />
Recht auf eine festgelegte Bewässerungszeit<br />
hat, oder die Möglichkeit, dass der Oberlieger<br />
seine Vorteile ausnutzt und das verfügbare<br />
Wasser <strong>zu</strong>r Bewässerung der eigenen Felder<br />
verwendet.<br />
Abb.: III.2.3-1: Regionen unterschiedlicher Wasserverfügbarkeit<br />
im Ifre Unterein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
Dass solche Beziehungen generell labil sind –<br />
selbst dort wo langjährige Absprachen existieren<br />
- zeigt ein im Jahr 2008 akut gewordener<br />
Konflikt zwischen dem oberen und unteren<br />
Ameskar. Die beiden im Assif Ait Ahmed gelegenen<br />
Gemeinden, die durch ethnische und<br />
verwandtschaftliche Beziehungen eng miteinander<br />
verbunden sind, gerieten wegen der Verteilung<br />
der Wassernut<strong>zu</strong>ng in Streit. Obwohl<br />
die Wasserverteilung lange Zeit fest geregelt<br />
war, mit leichten Zeitvorteilen für den Oberlie-
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 277<br />
ger, forderte das untere Ameskar mehr Wasser. Als Gründe wurden gestiegene Anbauflächen und<br />
gewachsene Bevölkerung genannt. Durch eine Blockade des Markt<strong>zu</strong>gangs für Bewohner des oberen<br />
Ameskar sollten die Forderungen durchgesetzt werden. Selbst die Intervention verschiedener<br />
Schlichter und des Kaids als <strong>zu</strong>ständigen Verwaltungsbeamten, konnten den Konflikt nicht beilegen.<br />
Im Moment ist er, was in der Vergangenheit ungewöhnlich für solche Streitfälle war, vor Gericht<br />
in der Provinzhauptstadt Ouarzazate anhängig. Hier zeigt sich die Schwierigkeit in der von<br />
einer Pluralität der Rechtssysteme geprägten Gesellschaft eindeutig <strong>zu</strong>ständige Institutionen für die<br />
Konfliktschlichtung <strong>zu</strong> benennen (vgl. hier<strong>zu</strong> die Arbeiten im PK-MaG1).<br />
Wie der Fall zeigt, stehen der relativen sozialen und kulturellen Homogenität nicht nur die innerhalb<br />
des Arbeitsgebietes verlaufenden "tribalen" Grenzen entgegen, auch innerethnische Differenzen<br />
können durchaus ein Kristallisationspunkt für Konflikte um Land- oder Wasserrechte sein. Die<br />
Untersuchungen haben aber auch gezeigt, dass in ausreichend feuchten Jahren die bestehenden,<br />
oder nicht bestehenden Allianzen wenig Bedeutung haben, da das verfügbare Wasser auch ohne<br />
Regulierung ausreicht. Das gilt sowohl für Allianzen zwischen Dörfern, als auch für Absprachen<br />
mit mobilen Teilen der Gesellschaft. Vor allem in Krisenjahren, mit geringen Niederschlägen, wenig<br />
verfügbaren Wasser und schlechten Weideressourcen, können fehlende Absprachen <strong>zu</strong> einer<br />
Zunahme von Konflikten und <strong>zu</strong> einer geringeren Produktivität des Wirtschaftssystems führen (vgl.:<br />
Ait Hamza 2002: 47ff). Die Ressourcensituation ist jedoch nicht in allen befragten Dörfern gleichermaßen<br />
problematisch. Generell lassen sich in Ifre Gebiet aufgrund der Befragungen vier Situationen<br />
der Wasserverfügbarkeit postulieren die sie aufgrund der natürlichen Verfügbarkeit von<br />
Wasser für die Feldbewässerung sowie durch das sozial und politisch bedingte <strong>Management</strong> dieser<br />
Ressource unterscheiden (siehe Abb. III.2.3-1).<br />
Situation 1) Gute Verfügbarkeit von Wasser, Strategien der Bauern durch fehlende Feldflächen bestimmt.<br />
Hier<strong>zu</strong> zählen die am Oberlauf der größeren Flüsse (z.B. am Mgoun-Fluss) gelegenen Dörfer.<br />
Situation 2) Mittlere Verfügbarkeit von Wasser. Dörfer häufig an einem Nebenfluss oder am Unterlauf<br />
der größeren Flüsse gelegen. Häufiger Allianzen <strong>zu</strong>r Wasserverteilung. Ausweitung der Anbaufläche<br />
aufgrund fehlender Flächen und nicht immer ausreichendem Wasserangebot kaum möglich.<br />
Bisher wenige Konflikte mit Oberliegern.<br />
Situation 3) Mittlere Verfügbarkeit von Wasser. Dörfer häufig am Unterlauf eines Nebenflusses<br />
gelegen. Allianzen <strong>zu</strong>r Wasserverteilung. Bisher einige Konflikte mit Oberliegern.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 278<br />
Situation 4) Schlechte Wasserverfügbarkeit. Lage auf einer Hochebene oder im Unterlauf der Bäche.<br />
Wenn keine Allianzen, oft Wasserkonflikte in Trockenjahren. Oft Flächen für potentiellen Anbau<br />
vorhanden, aber die Strategien der Landnut<strong>zu</strong>ng werden durch Wasserknappheit bestimmt. Zu<br />
diesem Typus gehören die Orte auf der Hochebene von Tajougalt, wobei von der Wasserknappheit<br />
vor allem die Unterlieger betroffen sind.<br />
Abb.: III.2.3-2: wichtigsten Feldfrüchte in drei Gemeiden<br />
des Arbeitsgebietes (aus LUD-HA)<br />
Abb.: III.2.3-3: Anbauzyklus ausgewählter Fedfrüchte in<br />
drei Gemeinden des Arbeitsgebietes (aus<br />
LUD-HA)<br />
Neben der unterschiedlichen Wasserverfügbarkeit bestimmen die topographische Situation (z.B.<br />
Höhe über N.N., Breite des Talbodens, Steilheit der Hänge etc.) sowie lokalklimatische Besonderheiten<br />
die in den jeweiligen Dörfern angebauten Produkte und die verwendeten Anbaustrategien. So<br />
zeigt sich, dass in den höher gelegenen Orten Mais und Weizen in Ihrer Bedeutung gegenüber der<br />
Gerste <strong>zu</strong>rückfallen (siehe Abb: III.2.3-2). Der spät angebaute Mais kann hier oft nur als<br />
Futterpflanze verwendet werden, da er bei ungünstigen Witterungsbedingungen nicht ausreift.<br />
Wintergetreide wird seltener gesät und es werden andere Gemüsesorten bevor<strong>zu</strong>gt (siehe Abb:<br />
III.2.3-3). Generell ist in den topographisch und klimatisch ungünstiger gelegenen Dörfern die<br />
Bedeutung der zweiten jährlichen Anbaufrucht geringer als in tiefer gelegenen Orten, da die<br />
mögliche Anbauperiode verkürzt ist bzw. bei einer frühen Aussaat und einer späten Ernte Verluste<br />
durch Schlechtwetterperioden drohen.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 279<br />
Da im Arbeitsgebiet der Anbau nur in den bewässerten Oasen möglich ist, die weniger als 5 Prozent<br />
der Gesamtfläche des Gebietes ausmachen, wurde die Untersuchung der transhumanten Weidewirtschaft<br />
die als komplementäre Form der Landnut<strong>zu</strong>ng eine unterschiedliche Nische im Ökosystem<br />
nutzt und damit eine den Anbau ergänzende Strategie der Existenzsicherung ermöglicht, weiter forciert.<br />
Neben der Kenntnis des Weidepotentials, das durch die Modellierung mit SAVANNA berechnet<br />
wird, sind es bewusste Strategien der Hirten, die die Beweidung, den Viehbestand und damit<br />
das wirtschaftliche Potential sowie die ökologischen Auswirkungen der Nut<strong>zu</strong>ng bestimmen.<br />
Die Analysen der bei der berberophonen Gruppe der Ait Toumert durchgeführten Feldforschungen<br />
von B. Kemmerling wurden mit einer Diplomarbeit abgeschlossen (Kemmerling 2008) In der Arbeit<br />
werden, vor dem Hintergrund des lokalen Wissens der Bevölkerung, Strategien der Ressourcennut<strong>zu</strong>ng<br />
unter variablen klimatischen, sozialen und ökonomischen Bedingungen untersucht. Ein<br />
Schwerpunkt der Untersuchungen bildete der Bereich der Ethnobotanik, der vor allem für die Modellierungen<br />
der weideökologischen Arbeitsgruppe (Linstädter) sowie als Ausgangsbasis für die<br />
Befragungen <strong>zu</strong>m Indigenen Wissen der mobilen Bevölkerung wichtig ist. Details hier<strong>zu</strong> finden<br />
sich in den Arbeitsberichten PK MaL2 und PK MaG2.<br />
Die Interaktionen von Pastoralnomaden mit ihrer räumlich und zeitlich variablen Umwelt kann<br />
durch einen dreistufigen Mechanismus beschreiben<br />
werden:<br />
Abb.: III.2.3-4: Weidegebiete der Ait Toumert und landwirtschaftlich<br />
genutzte Flächen in der Gemeinde<br />
Ighil N’Oumgoun<br />
(1) Die Wahrnehmung der Verfügbarkeit<br />
und Qualität der natürlichen Ressourcen<br />
durch die Hirten<br />
(2) Entscheidungsprozesse die <strong>zu</strong> einer<br />
kontextabhängigen Nut<strong>zu</strong>ng und Verwaltung<br />
der natürlichen Ressourcen führen<br />
(3) Den Einfluss den die Nut<strong>zu</strong>ngsentscheidungen<br />
auf Ressourcenverfügbarkeit und –<br />
Qualität haben<br />
Dabei wurde der ethnologische Fokus auf<br />
die emische Perspektive der Akteure gerichtet<br />
wobei das lokale Wissen das es Gesellschaften<br />
ermöglicht mit der Variabilität<br />
der Umwelt <strong>zu</strong>recht <strong>zu</strong> kommen, im Vor-<br />
dergrund stand. Das lokale Umweltwissen ist ein Mittel die Kultur und die <strong>Management</strong>-Strategien<br />
der Pastoralnomaden <strong>zu</strong> verstehen. Das lokale Wissen über die Variabilität des Klimas und der Futterpflanzen<br />
ist <strong>zu</strong>sammen mit den sozialen Netzwerken der Hirten eine wichtige Vorausset<strong>zu</strong>ng für<br />
ein erfolgreiches Weidemanagement. Pastoralnomadische Gruppen wie die Ait Toumert besitzen
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 280<br />
ein umfangreiches Umweltwissen Wissen um die Risiken un<strong>zu</strong>verlässiger Niederschläge und den<br />
sich ändernden Zugang <strong>zu</strong> Futterpflanzen <strong>zu</strong> minimieren. Von den mobilen Viehzüchtern der Ait<br />
Toumert wird ein vertikaler transhumanzzyklus praktiziert der die Dorf-fernen Ressourcen nutzt.<br />
Während der Sommermonate befinden die transhumant lebenen Familien in Awjgal, dem kollektive<br />
Weidegebiet der Ait Toumert im Ighil Mgoun-Massiv. Die Zwischenweiden in Asselda und Imaun<br />
nutzen die Ait Toumert im Frühjahr und im Herbst. Die Sommer- und Zwischenweiden werden<br />
ausschließlich von den Ait Toumert genutzt. Zwischenstationen auf dem Weg <strong>zu</strong>r entfernten Winterweide<br />
sind die nahe gelegnen Winterweiden am Fuß bzw. Abhang der Berge in Alatagh, Timassinine<br />
und Azweg. Der Winter wird im Dadès-Bassin verbracht, das in zwei Weidegebiete unterteilt<br />
ist: Imlil im Norden des Flusses Dadès und Saghro im Süden des Flusses, von wo es bis <strong>zu</strong> den<br />
Hängen des Jebel Saghro reicht. Diese beiden Weidegebiete werden hier als “entfernte Winterweiden”<br />
bezeichnet (vgl. Abb.: III.2.3-4). Die Winterweiden werden mit den benachbarten Fraktionen<br />
der Ait Zkri (im Westen) und der Ait Mgoun (im Osten) sowie anderen Gruppen aus dem Süden<br />
geteilt. Während des Winters können die drei Gruppen beliebige Weidegebiete nutzen, allerdings<br />
besteht die Tendenz, möglichst nahe bei den Sommerweiden <strong>zu</strong> verbleiben.<br />
Eine wichtige Institution bei der kollektiven Landnut<strong>zu</strong>ng ist der agdal. Während des agdals werden<br />
die hochgelegenen Sommerweiden für die Beweidung durch mobile Gruppen gesperrt, er ist also<br />
ein „Instrument“ um Futterpflanzen während der beginnenden Vegetationsperiode <strong>zu</strong> schützen. Eine<br />
lokale Versammlung der Nutzergruppen entscheidet über das Schließen und das Öffnen des agdal.<br />
Im Weidegebiet der Ait Toumert, entspricht der agdal dem Sommerweidegebiet Awjgal.<br />
Abb. III.2.3-5:: Mobilitätsentscheidungen im Winterfür die<br />
Jahre zwischen 2001/2002 und 2006/2007<br />
Die Befragungen <strong>zu</strong> den Transhumanzzyklen<br />
in den verschiedenen Jahren haben signifikante<br />
Abweichungen vom oben beschriebenen<br />
normativen Mobilitätsmuster ergeben.<br />
Vor allen während der Wintermonate Oktober<br />
bis März weichen die tatsächlichen Aufenthaltsorte<br />
stark von den normativ genannten<br />
ab. Die Variationen hängen eng <strong>zu</strong>sammen<br />
mit den Weide<strong>zu</strong>ständen in den einzelnen<br />
Jahren wobei die Bewertungen der 16<br />
Informanten nur eine reduzierte Korrelation<br />
mit den von IMPETUS erhobenen meteorologischen<br />
Daten ergeben. Eine Erklärung<br />
dafür ist sicherlich die verzerrte Erinnerung<br />
an <strong>zu</strong>rückliegende Jahre – je weiter <strong>zu</strong>rück,<br />
desto vager die Aussagen – aber auch, dass<br />
nicht nur Klima bzw. Niederschläge die<br />
Wahrnehmung eines Jahres bestimmen son-<br />
dern auch soziale Faktoren. Die Mobilitätsmuster sind dementsprechend nur lose mit den Niederschlägen<br />
gekoppelt. Neben der Futterpflanzenverfügbarkeit und -qualität sowie deren räumlicher<br />
Verteilung sind sozio-ökonomische Faktoren wie Wohlstand, Familienbeziehungen und andere<br />
Netzwerkbeziehungen ebenso wichtige Kriterien für die Mobilitätsentscheidungen. Obwohl die<br />
Nomaden generell im Winter die nahen oder fernen Winterweiden aufsuchen blieben in den letzten
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 281<br />
Jahren fast 24% auf den Zwischen- oder Sommerweiden (vgl.: Abb. III.2.3-5). Dagegen ziehen alle<br />
Nomaden auf die hochgelegenen Sommerweiden sobald der agdal im May geöffnet wird. In der<br />
Regel bleiben sie dort bis September. Auch die Zwischenweiden werden in der Regel von allem<br />
Nomaden im Frühjahr und Herbst aufgesucht.<br />
Die pastoralnomadische Praxis des Weidemanagements ist das Resultat komplexer Entscheidungsprozesse<br />
die unter Einbeziehung lokalen Wissens über Pflanzenverfügbarkeit, klimatischer Variabilität<br />
und den sozialen Verhältnisse der Gesellschaft <strong>zu</strong>nächst individuelle <strong>Management</strong>strategien<br />
ermöglichen. Im gesellschaftlichen Kontext ergibt sich jedoch ein Set von Handlungsmöglichkeiten<br />
aus dem sich die individuellen Akteure bedienen Für und bedeutet das, dass die Untersuchung der<br />
Rolle des lokalen Wissens <strong>zu</strong> einem funktionalen Verständnis der Resilienzmechanismen eines<br />
komplexen <strong>Management</strong>systems beitragen kann<br />
Die von ethnologischer Seite regional ausgeweiteten Befragungen <strong>zu</strong>r Situation der Landwirtschaft<br />
und Vieh<strong>zu</strong>cht sowie <strong>zu</strong> den Strategien der Krisenbewältigung bestätigten, dass die im Assif Ait<br />
Ahmed und im Ifre-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet gesammelten Informationen <strong>zu</strong>r Oasenlandwirtschaft prinzipiell<br />
auch auf die anderen Dörfer im Hohen Atlas angewendet werden können. Das betrifft sowohl die<br />
gesellschaftliche und politische Struktur der Gemeinden, als auch die verwendeten lokalen Techniken<br />
in Landwirtschaft und Vieh<strong>zu</strong>cht. Lediglich die Bedeutung der einzelnen Problemfelder variiert<br />
zwischen den einzelnen Gemeinden und Nutzergruppen.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 282<br />
Die <strong>zu</strong> erwartete demographische Entwicklung kann auf die Entstehung eines Konfliktpotentials, auf<br />
mittlere und längere Sicht, verstärkend wirken. Die bereits in der vergangenen <strong>Projekt</strong>phase von S.<br />
Platt mit dem Modell SPECTRUM/DemProj vorgenommenen Bevölkerungsprojektionen, die quantitative<br />
Daten z.B. bezüglich Migration, Fertilität, Mortalität, Altersstruktur und Urbanisierung berücksichtigen,<br />
gehen von einem Anstieg der Bevölkerung aus. Im Untersuchungsgebiet gab es zwischen<br />
Abb. III.2.3-6: <strong>Projekt</strong>ion der Bevölkerungsentwicklung der Kommune Ighil N’Oumgoun für die Jahre 2010, 2015 und 2020<br />
1994 und 2004 lediglich ein geringes Bevölkerungswachstum. Dieses war in der <strong>zu</strong>rückliegenden Dekade<br />
in urbanen Gegenden (durchschnittlich 3,1%) deutlich höher als in ruralen Gebieten (durchschnittlich<br />
0,8%). Die die Bevölkerungs<strong>zu</strong>nahme der Kommune Ighil N’Oumgoun lag mit 0,8%<br />
Wachstum p.a. genau im Durchschnitt dieser Entwicklung. Als Ursachen für diese uneinheitliche Entwicklung<br />
gelten neben einer sinkenden Fertilitätsrate von 5,45 Kindern 1994 auf 4,26 Kinder 2004,<br />
längere Geburtsintervalle, späteres Erstheiratsalter und eine immer noch hohe Kinder- und Müttersterblichkeit<br />
vor allem die Migration (vgl. Direction de la Statistique 1995, Haut Commisariat au Plan<br />
2005). Der signifikanteste demographische Wandel wird in den nächsten Dekaden die Struktur der<br />
Bevölkerungs<strong>zu</strong>sammenset<strong>zu</strong>ng betreffen. Ausgehend vom Jahr 2004 wurden <strong>Projekt</strong>ionen der Bevölkerungsentwicklung<br />
für die Kommune Ighil N’Oumgoun erstellt (siehe Abb.: III.2.3-6). Im Ausgangsjahr<br />
hat die Bevölkerungspyramide noch einen breiten, jungen Socke und eine regelmäßige<br />
Struktur. Die <strong>Projekt</strong>ionen, denen ein Status quo Szenario <strong>zu</strong>grunde liegt, zeigen für die Jahre 2010,<br />
2015 und 2020 eine weiterhin breite Junge Basis an, der Anteil der jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
nimmt jedoch relativ <strong>zu</strong>r Gesamtbevölkerungsentwicklung ab. Die ins Szenario eingeflossene<br />
Migrationsrate wurde bei den <strong>Projekt</strong>ionen sehr konservativ und für beide Geschlechter gleich angesetzt.<br />
Steigt die Migration junger Männer in Zukunft weiterhin an, wird sich der beschriebene Trend<br />
bei der Bevölkerungsentwicklung verstärken und <strong>zu</strong> einer Ungleichgewichtung der weiblichen und<br />
männlichen Hälften der Pyramiden führen.<br />
Neben einer hohen Urbanisierungs- und Migrationstendenz lässt sich eine nur langsam fallende Fertiliät<br />
und eine immer noch hohe Mortalität und Morbidität feststellen. Bei den auf Kommuneebene<br />
durchgeführten <strong>Projekt</strong>ionen für das Jahr 2020 ergeben selbst Interventionen mit extremen Annahmen<br />
(z.B. eine überproportional steigende oder fallende Fertilitätsrate) keine signifikanten Veränderungen<br />
in der Bevölkerungsentwicklung bis 2020. Lediglich eine Veränderung der angenommenen Migration<br />
kann deutlich sichtbare Modifikationen in der Bevölkerungsentwicklung verursachen. Allgemein sind<br />
signifikante demographische Veränderungen erst bei längerfristigen <strong>Projekt</strong>ionen <strong>zu</strong> erwarten, da demographische<br />
Prozesse generell nur langsam auf Veränderungen der Ausgangsparameter reagieren.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 283<br />
SAVANNA - Modellierung der Biomassedynamik unter Einfluss der Weidewirtschaft<br />
Mit dem von A. Roth im Teilprojekt B3 betriebenen SAVANNA Ökosystemmodell (nach Coughenour<br />
1991) wurde die im Folgenden dargestellte Entwicklung der Vegetationsstruktur berechnet,<br />
welche Aussagen über die Produktivität der Weideflächen und die Auswirkungen von Weidewirtschaft<br />
und Klimaverlauf auf die Vegetation der natürlichen Ökosysteme im Drâa Ein<strong>zu</strong>gsgebiet<br />
ermöglicht . Die während der ersten Modellorientierten Forschungsphasen von IMPETUS erhobenen<br />
Daten über Vegetationsentwicklung und –Struktur sowie ihr Einfluss auf den hydrologischen<br />
Kreislauf bildeten die Grundlage für die vorliegenden Modellierungen. Die beschriebenen<br />
SAVANNA-Resultate geben dabei ein und dasselbe Szenario für das gesamte Drâatal wieder. Das<br />
Ziel der Arbeiten liegt in der Bestimmung des Einflusses der Weidewirtschaft auf die Vegetationsbedeckung.<br />
Es wurde bestimmt, wie und in welchem Umfang die unterschiedlichen Vegetationseinheiten<br />
unter dem <strong>zu</strong>grunde liegenden Klima-Szenario auf den Gebietswasserhaushalt rückwirken.<br />
Für das ausgewählte Klimaszenario wurden für den Zeithorizont 2051 Modellläufe durchgeführt,<br />
um die <strong>zu</strong>künftige Biomassedynamik unter Szenarienbedingungen ab<strong>zu</strong>schätzen.<br />
Für den PK Mal1 und das daraus entwickelte Informationssystem LUD-Ha wurde die Region des<br />
Unterein<strong>zu</strong>gsgebietes Ifre sowie die <strong>zu</strong>m Transhumanzgebiet der Ait Toumert gehörenden Weidegebiete<br />
hervorgehoben und vergrößert dargestellt. Die Ergebnisse repräsentieren das IPCC A1B<br />
Klimaszenario unter konstanten Weideintensitäten. Diese Weideintensität wurde für das gesamte<br />
Daâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet von insgesamt ca. 32.000 km² auf 200.000 Schafe und Ziegen von sesshaften<br />
Viehaltern, sowie 400.000 Schafe und Ziegen von mobilen Viehaltern festgesetzt, was eine Bestockungsdichte<br />
von 0,05 Tieren pro km² entspricht. Darüber hinaus wurden 10.000 Dromedare als<br />
<strong>zu</strong>sätzliche Weidetiere, die ausschließlich im südlichen Ein<strong>zu</strong>gsgebiet verteilt wurden, in die Berechnungen<br />
aufgenommen. Die Zeitreihe der SAVANNA-Berechnungen reicht von 2001 bis 2051<br />
wovon lediglich die Jahre 2003, 2007, 2012, 2017, 2022, 2027, 2032, 2037, 2042 and 2047 für die<br />
Verwendung und Repräsentation im Informationssystem aufbereitet wurden.<br />
Die im Informationssystem dargestellten Grafiken (siehe Abb. III.2.3-7 und III.2.3-8) geben die<br />
Biomasseentwicklung als „Aboveground Net Primary Production (ANPP) (siehe Abb. III.2.3-7)<br />
des Forschungsgebietes an. Die Entnahme dieser Biomasse durch die Weidetiere wird in den Tabellen<br />
als OfftakeallSSP (siehe Abb. III.2.3-8) bezeichnet.<br />
Jeder Pixel der Grafiken entspricht einer Ausdehnung von einem mal einem Kilometer, bedeckt also<br />
die Fläche von 1 km². Die durch Farbkodierungen dargestellten Werte entsprechen der Trockenmasse<br />
der Pflanzen in Kilogramm pro Hektar. Die Pflanzenproduktion wurde auf zwei funktionale<br />
Einheiten von Pflanzen aufgeteilt. Es wurden die „Plant Functional Types“ (PFT) Gras<br />
(ANPP_Grass) und Sträucher (ANPP_Shrub) unterschieden. Bäume wurden wegen der geringen<br />
Bedeckung im Arbeitsgebiet nicht berücksichtigt. Zusätzlich wurde die Biomasseproduktion aller<br />
„Plant Functional Types“ (ANPPall) berechnet und graphisch dargestellt.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 284<br />
Ergebnisse<br />
Die Biomasseproduktion und –Entnahme wurde auf monatlicher Basis für die vier Unterklassen:<br />
ANPP_Grass; Aboveground primary production für den Plant Functional Type (PFT) Gräser;<br />
ANPP_shrub; Aboveground primary production for the PFT Sträucher und ANPP_all als kumulierter<br />
Wert für alles Subspezies, als auch für die Entnahme der Biomasse durch alle Tiere (OfftakeallSSP<br />
) berechnet.<br />
Das erste Jahr der Berechnungen (2001) der „Aboveground net Primary Production (ANPP) der<br />
Gräser ergab durchschnittliche Monatswerte zwischen 250 und 275 kg ha-1 für das gesamte Arbeitsgebiet.<br />
Besonders im Hohen Atlas und dem westlichen Teil des Arbeitsgebiets waren die Werte<br />
sehr hoch. Diese Modellergebnisse müssen aus umweltbedingten Gründen als <strong>zu</strong> hoch angesehen<br />
werden. Die ausgangswerte wurden deshalb bei der Parametrisierung des Modells niedriger angesetzt.<br />
Ein Vergleich mit den Modellergebnissen der folgenden Jahre ergab deutlich niedrigere Werte<br />
bei einer sehr hohen<br />
Variabilität. Die<br />
normalisierten Werte<br />
liegen in den Folgejahren<br />
zwischen realistischeren<br />
25 kg ha -<br />
Abb. III.2.3-7: Primärproduktion an Gräsern für die Monate Februar, Juni und Oktober<br />
des Jahres 2012 (SAVANNA Berechnungen A. Roth)<br />
1 -1<br />
und 275 kg ha für<br />
Gräser. Die grauen<br />
Farben in den Graphiken<br />
zeigen aber,<br />
dass weite Bereiche<br />
des Untersuchungsgebietes<br />
eine Grasproduktion<br />
von unter<br />
25 kg ha-1 aufweisen.<br />
Auch hier liegen<br />
die produktivsten<br />
Gebiete im Hohen<br />
Atlas, dem westlichen<br />
Teil des Beckens<br />
von Ouarzazate<br />
und westlich des<br />
Drâas.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 285<br />
Die Berechnungen der Jahre zwischen 2021 und 2024 weisen das westliche Ouarzazate-Becken und<br />
den Anti-Atlas als Regionen mit der ergiebigsten Biomasseproduktion aus, während das verbleibende<br />
Gebiet in Durchschnitt weniger als 25 kg ha-1 produziert. Die Vorschauen zeigen sogar für<br />
den Hohen Atlas eine abnehmende Biomassenproduktion. Die Tendenz der geringer werdenden<br />
Biomasseproduktion setzt sich, gestützt auf die Vorgaben des IPCC A1B Klimaszenarios, weiter<br />
fort. Nach den Berechnungen liefern lediglich einige „hot spots“ der Vegetationsentwicklung ausreichend<br />
Futter für die Tiere.<br />
Die „Aboveground net Primary Production der Sträucher (ANPP_ shrub) wurde mit Werten zwischen<br />
50 und 550 kg ha-1 errechnet. Hier ist die Variabilität der Biomasseproduktion deutlich geringer<br />
als bei den Gräsern. Die Biomasseproduktion der Sträucher steigt und fällt zwar im Verlauf<br />
der Jahre, allerdings ist die Tendenz stärker vom Weidedruck nahe der Brunnen geprägt. Vor allem<br />
im Süden beeinflusst die intensive Beweidung in der Umgebung der Brunnen die Vegetationsentwicklung<br />
erheblich (Siehe kreisförmige Signaturen im südlichen Teil des Arbeitsgebietes in Abb<br />
x2). Generell wird aber eine gleichmäßigere Entwicklung der Sträucher im Vergleich <strong>zu</strong> den Gräsern<br />
errechnet.<br />
Die letzten drei Jahre der Simulation ergeben einen deutlich abnehmenden Trend in der Biomasseproduktion<br />
die sich jetzt auch<br />
im westlichen Ouarzazate-<br />
Becken stärker auf Kreisförmige<br />
hot spots konzentriert.<br />
Diese Entwicklung zeigt sich<br />
auch auf den Grafiken mit<br />
kumulierten Rechnungen<br />
aller PFT, wo in den späten<br />
Jahren der Simulation ebenfalls<br />
kreisförmige Muster<br />
sichtbar werden und zwar in<br />
sämtlichen Teilregionen des<br />
Drâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebiets.<br />
Abb. III.2.3-8: Gesamtbiomasseverbrauch von allen Tieren für die Monate<br />
Februar, Juni und Oktober des Jahres 2012 (SAVANNA<br />
Berechnungen A. Roth)<br />
Die Berechnungen der Biomasseentnahme(OfftakeallSSP)<br />
zeigen <strong>zu</strong>nächst<br />
ein recht einheitliches Bild.<br />
Lediglich im Becken von<br />
Ouarzazate entstehen im<br />
Zeitraum der Analyse, Gebie-
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 286<br />
te mit besonders hoher Beweidung und den größten Biomasseentnahmen des gesamten Arbeitsge-<br />
bietes.<br />
Generell ist die Biomasseproduktion und –Entnahme räumlich und zeitlich ungleich verteilt. Während<br />
im Ouarzazate-Becken ca 276 kg ha-1 an Biomasse produziert werden (2002) sind es in den<br />
Beweidungs-hot-spots im Süden lediglich zwischen 75 kg ha-1 und 150 kg ha-1 Biomasse. Nach<br />
2032/37 kommt es entsprechen der den Modellierungen <strong>zu</strong>grunde liegenden Daten <strong>zu</strong> einer Zunahme<br />
der Gesamtniederschläge und dementsprechend <strong>zu</strong> einer steigenden Gesamtbiomasseproduktion;<br />
eine Tendenz die bis <strong>zu</strong>m Ende des Berechnungszeitraums 2051 anhält.<br />
Möglichkeiten der Landnut<strong>zu</strong>ng unter den gegebenen Szenarienbedingungen<br />
Die Simulationen zeigen, dass es Änderungen in der Vegetations<strong>zu</strong>sammenset<strong>zu</strong>ng geben wird,<br />
wenn die Bevölkerung weiterhin an einer hohen Viehzahl sowie der Sammlung von holzartigen<br />
Sträuchern als Brennstoff festhält. Viele Straucharten werden sich, trotz Beweidung, expansiv auf<br />
Gebiete ausbreiten, die bisher von Nischenbepflan<strong>zu</strong>ngen, der vor allem <strong>zu</strong>r oro-mediterranen Vegetationsgruppe<br />
gehörenden Spezialisten, besetzt sind. Darüber hinaus wird sich das gleichmäßige<br />
Muster vieler Steppengebiete auf andere Bereiche, vor allem in topographisch höheren Lagen ausweiten.<br />
Daraus resultiert eine sinkende Nahrungsvielfalt für die Tiere. Diese müssen auf andere<br />
Gebiete ausweichen, um die benötigte Energie <strong>zu</strong> erhalten.<br />
Zusammenarbeit mit anderen Institutionen<br />
Im <strong>zu</strong>rückliegenden Jahr wurden vor allem die Kontakte <strong>zu</strong>m Biodiversitätsprojekt „Projet pour la<br />
Conservation de la Biodiversité par la Transhumance dans le Versant Sud du Haut Atlas“ (CBTHA)<br />
und <strong>zu</strong>m Partnerprojekt BIOTA-Maroc, ausgebaut. Im März wurde die Arbeit des Problemkomplexes<br />
und eine erste Arbeitsversion des daraus hervorgegangenen Informationssystems LUD-HA sowie<br />
das Konzept des „Informationssystems Institutionelle Interdependenzen“ (ISII) (Siehe auch<br />
Bericht des PK Ma-G2) bei einer Sit<strong>zu</strong>ng des Comité de Pilotage in Ouarzazaze vorgestellt (siehe<br />
auch Arbeitsbericht des Comité) und mit den anwesenden Stakeholdern und Entscheidungsfindern<br />
diskutiert. Die Anregungen sind in die Weiterentwicklung des Systems eingeflossen. Am 11. und<br />
12. März 2008 wurde gemeinsam mit A. Enders das IMPETUS Framework in Ouarzazate marokkanischen<br />
Kollegen vorgestellt und vorläufige Versionen der IS und SDSS diskutiert. Gemeinsam<br />
von IMPETUS, der CBTHA und BIOTA Maroc organisiert fanden im Anschluss mehrere Arbeitstreffen<br />
mit Vertretern der genannten Institutionen statt in denen das System LUD-HA weiter entwickelt<br />
wurde. Es gab vor allem für die marokanischen Techniker die Möglichkeit eine erste Versionen<br />
des bereits in das Framework integrierten Informationssystems LUD-HA kennen <strong>zu</strong> lernen und<br />
selbständig Manipulationen an der Datenbasis als Vorausset<strong>zu</strong>ng für die spätere Erweiterung des<br />
Systems vor<strong>zu</strong>nehmen.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 287<br />
Auf der GLOWA Statuskonferenz wurde eine stabile Version des Informationssystem LUD-HA am<br />
Informationsstand vorgestellt. Die Präsentation ermöglichte es erste Erfahrungen mit nicht oder<br />
wenig geschulten Nutzern <strong>zu</strong> sammeln und damit die Stringenz der Abfragesyntax <strong>zu</strong> verbessern.<br />
Im August und im Oktober wurden bei mehreren Treffen mit dem Leiter der „CBTHA“ die Weiterentwicklungs<br />
eines Entwurfs für eine „Axes de partenariat“ zwischen IMPETUS, BIOTA Maroc<br />
und der CBTHA diskutiert, in dem die weitergehende Zusammenarbeit im Bereich der Weidewirtschaftsuntersuchungen<br />
dargestellt wird. Darüber hinaus kam es <strong>zu</strong> weiteren Arbeitstreffen mit Mitarbeitern<br />
die in erster Linie dem Kennen lernen und der Verbesserung des Informationssystems und<br />
den <strong>zu</strong>künftigen gemeinsamen Arbeiten <strong>zu</strong>m Ressourcenmanagement im Untersuchungsgebiet,<br />
zwischen Hohem Atlas und Saghro dienten. Für das Frühjahr 2009 ist ein weiterer Workshop geplant,<br />
mit dem Ziel, die Teilnehmer dabei <strong>zu</strong> unterstützen, eigene Forschungsergebnisse in das IS-<br />
LUDHA ein<strong>zu</strong>pflegen und das von IMPETUS verwendete Frameworks besser verstehen und die<br />
Aussagekraft der Ergebnisse bewerten <strong>zu</strong> können.<br />
Literatur<br />
Ait Hamza, Mohammed (2002): Etude sur les Institutions Locales dans le Versant Sud du Haut Atlas. Projet CBTHA,<br />
Ouarzazate<br />
El Alaoui, Mohammed (2003): Etude sur le Statut Jurisdique des Terres Collectives au Maroc et les Institutions Coutumières<br />
et Locales dans les Versant Sud du Haut Atlas. Projet CBTHA, Ouarzazate<br />
Gresens, Frank (2006): Untersuchungen <strong>zu</strong>m Wasserhaushalt ausgewählter Pflanzenarten im Drâa-Tal – Südost Marokko.<br />
Bonner Agrikulturchemische Reihe, Band 26. Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz,<br />
Bonn.<br />
Haut Commisariat au Plan (2005): Recensement Général de la Population et de l'Habitat 2004. Rabat.<br />
Kemmerling (2008): Sustainable Range <strong>Management</strong>: Local Strategies of a Pastoral-Nomadic Group in the High Atlas<br />
Mountains, Morocco. Unpublished Diploma Thesis, Geographisches Institut der <strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Köln</strong>.<br />
Kraus, Wolfgang (1991) Die Ayt Hdiddu. Wirtschaft und Gesellschaft im Zentralen Hohen Atlas. Veröffentlichungen<br />
der Ethnologischen Kommission, Band 7; Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien.<br />
Policy Project and the Future Group International (1997): SPECTRUM. Policy Modelling System. Washington.<br />
Roth A. (2007) : Modelling vegetation dynamics under pastoral conditions in a water limited ecosystem in south-eastern<br />
Morocco. Continental Biosphere Conference Paris. August 2007.p 45
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 288<br />
PK Ma-L.2 Auswirkungen von Landnut<strong>zu</strong>ngs- und Klimawandel auf die Resilienz<br />
und Regenerationsfähigkeit der Vegetation in Südmarokko<br />
Lokale Hirten als interessierte Beobachter des Experiments <strong>zu</strong>r Bestimmung der realen Nettoprimärproduktion und der<br />
pflanzlichen „Rain Use Efficiency“ (RUE) auf den Weidegebieten des Hohen Atlas. Photo G. Baumann.<br />
Problemstellung<br />
Die Vegetation und ihre raum-zeitlichen Muster stehen im Zentrum dieses Problemkomplexes. Gerade<br />
in Trockengebieten steuert die Pflanzendecke im erheblichen Maße die Verteilung des Niederschlagswassers.<br />
In Abhängigkeit von der Dichte und Struktur der Pflanzen versickert entweder ein<br />
großer Teil des Wassers im Boden, oder es fließt oberflächlich ab. Ist die Pflanzendecke sehr schütter,<br />
können oberflächlich abfließende Regenfälle <strong>zu</strong>r Bodenerosion führen. Weiterhin steuern die<br />
Pflanzen die Wasserverteilung ganz direkt über ihren Wasserverbrauch, der von der Menge der<br />
transpirierenden Biomasse abhängt.<br />
Andererseits stellt die Vegetation selbst in den semiariden und ariden Gebieten Marokkos – neben<br />
den Ressourcen „Wasser“ und „Boden“ – eine zentrale natürliche Ressource dar: Sie ist Weide für<br />
Nutztiere wie Ziegen, Schafe und Dromedare. Ihr Zustand und ihre raumzeitlichen Muster werden<br />
nicht allein durch die hochvariable Umwelt und langfristige Prozesse wie den Klimawandel beeinflusst.<br />
Vielmehr spiegelt ihr aktueller Zustand auch die Nut<strong>zu</strong>ngsgeschichte eines Gebietes sowie<br />
den aktuellen Nut<strong>zu</strong>ngsdruck in Abhängigkeit von individuellen oder kollektiven Entscheidungen<br />
der Hirten wider. Nur ein grundlegendes Verständnis dieser vielfältigen Wechselwirkungen bietet<br />
die Möglichkeit <strong>zu</strong> verstehen, was unter solchen Bedingungen ein nachhaltiges Weidemanagement<br />
ausmacht. Weil die Dynamiken der natürlichen Ressourcen eng aneinander gekoppelt sind, leistet<br />
ein nachhaltiges <strong>Management</strong> der Ressource „Weide“ auch einen wichtigen Beitrag <strong>zu</strong>m Boden-<br />
und Wasserschutz.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 289<br />
Mitarbeiter<br />
A. Linstädter, P. Fritzsche, A. Roth, G. Baumann, R. Drees, K. Born<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Kerndisziplin dieses PK ist die Weideökologie. Ihr wesentliches Ziel ist es, ein grundlegendes Verständnis<br />
der in der Problemstellung genannten Wechselwirkungen <strong>zu</strong> gewinnen. Sie muss mit Hilfe<br />
geeigneter Instrumentarien die Folgen der menschlichen Nut<strong>zu</strong>ng analysieren und fundierte Beurteilungen<br />
ableiten. Diese können in Handlungsempfehlungen und in ein Entscheidungsfindungssystem<br />
<strong>zu</strong> ökologisch verträglichen Nut<strong>zu</strong>ngsstrategien umgesetzt werden.<br />
Methodik<br />
Da Niederschlagsschwankungen und Nut<strong>zu</strong>ng ähnliche Vegetationsdynamiken bewirken können,<br />
ist die methodische Trennung dieser beiden Einflussgrößen in einem ariden Weidegebiet essentiell.<br />
Sie geschieht über den Vergleich der kurz- bis mittelfristigen Dynamiken auf Flächen mit bzw. ohne<br />
Beweidung. Hier kann inzwischen auf einen sechsjährigen experimentellen Beweidungsausschluss<br />
<strong>zu</strong>rückgegriffen werden, der Schlüsselinformationen <strong>zu</strong>r Resilienz der Vegetation liefert.<br />
Dabei lassen sich Indikatoren für Degradations- und Regenerationsprozesse auf verschiedenen hierarchischen<br />
Ebenen (Pflanzenindividuum, Population, Art) und in Be<strong>zu</strong>g auf einen nut<strong>zu</strong>ngsspezifischen<br />
Referenz<strong>zu</strong>stand identifizieren.<br />
Die Resilienz (im Sinne von Elastizität) und Erholungsfähigkeit der Vegetation im Drâa-<br />
Ein<strong>zu</strong>gsgebiet wird mit weideökologischen Methoden beurteilt. Schwerpunkte liegen auf der Hierarchie-Ebene<br />
der Arten sowie auf der Ebene der spezifischen Schädigung von Pflanzenindividuen<br />
durch Beweidung. Eine weitere Datenlücke stellt die – v.a. nut<strong>zu</strong>ngsabhängige – Umset<strong>zu</strong>ng der<br />
Niederschläge in pflanzliche Biomasse dar. Für alle drei Modelle, die für die Beantwortung der<br />
Kernfragen des Problemkomplexes Ma-L.2 entwickelt wurden (SAVANNA; <strong>zu</strong> Ergebnissen siehe<br />
den Bericht <strong>zu</strong>m PK Ma-L.1) bzw. noch werden (MOVEG-DRÂA und BUFFER), sind verlässliche<br />
Daten mit Be<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong>m analysierten Weidesystem von großer Relevanz. Daher werden Daten <strong>zu</strong>r<br />
Beziehung zwischen Niederschlag und Nettoprimärproduktion erhoben.<br />
Stand der Arbeiten<br />
Im Berichtsjahr 2008 sind die weideökologischen Arbeiten dem Zeitplan entsprechend abgeschlossen<br />
worden. Die Experimente und Datenerhebungen konzentrierten sich auf die Fallstudie „Weidegebiete<br />
der Ait Tourmert“, die sich von der M’Goun-Region über die Hochebene von Asselda bis in<br />
das Becken von Ouarzazate erstreckt und durch vier der IMPETUS-Testsites (Trab Labied, Taoujgalt,<br />
Ameskar und Tizi n’Tounza) repräsentiert wird.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 290<br />
Pflanzenfunktionstypen als Indikatoren für Weidequalität und Resilienz<br />
Im Rahmen des PK Ma-L.2 werden weideökologische Indikatoren für den Landnut<strong>zu</strong>ng in der Region<br />
Hoher Atlas identifiziert. Eine Methode hier<strong>zu</strong> ist die Bestimmung von Plant Functional Types<br />
(PFTs), genauer Response Groups, die sich je nach Intensität der Beweidung aus veränderlichen<br />
Arten bzw. Pflanzenmerkmalen <strong>zu</strong>sammensetzen. Um PFTs speziell für die Weidegebiete der Ait<br />
Toumert und die Region Hoher Atlas <strong>zu</strong> bestimmen, wurde im Jahr 2007 eine Datenbank mit 17 für<br />
Beweidung relevanten Merkmalen von 68 prägenden Pflanzenarten der Region erstellt (siehe Zwischenbericht<br />
2007). Diese Informationen sind seit 2008 über das Informationssystem PLANT abrufbar<br />
und werden in dieser Form an die Partnerorganisationen in Marokko weitergegeben. Weiterhin<br />
wurden aus den in der Datenbank <strong>zu</strong>r Verfügung stehenden Merkmalen mithilfe von multivariater<br />
Statistik vorläufige Response Groups mit spezifischen Eigenschaften für jeden Weidetyp generiert.<br />
Im vergangenen Jahr 2008 wurde der Erfolg der so erstellten Response Groups entlang von Weidegradienten<br />
in Trab Labied (TRB), Taoujgalt (TAO), Ameskar (IMS) und Tizi n’Tounza (TZT) ge-<br />
Abb. Ma-L.2.1: Schema <strong>zu</strong>r Verteilung von Response Groups entlang eines Weidegradienten. Group 1 bezeichnet<br />
eine typische „Decreaser Species“, die unter Beweidung in seiner Abundanz abnimmt, z.B. ausdauernde<br />
Gräser (z.B. Stipa parviflora); Group 3 profitiert als „Increaser Species“ oder Weideunkraut von Be<br />
Abb. III.2.3-9: Beweidung (z.B. annuelle Arten oder Peganum harmala). Group 2 zeigt ein intermediäres Verhalten<br />
(Quelle: Entwurf G. Baumann).<br />
testet. Ein Weidegradient bezeichnet auf jeder der vier Höhenstufen vier Lokalitäten unter verschieden<br />
intensiver Beweidung, die jedoch in allen weiteren Umweltparametern so wenig wie möglich<br />
differieren. Die Lokalitäten wurden im Herbst 2007 bei einer Begehung sowohl aufgrund eigener<br />
Erfahrungen als auch aufgrund von Gesprächen mit der lokalen Bevölkerung ausgewählt. Stufe 1<br />
stellt in jedem Fall die IMPETUS-Weideausschlussfläche um die Klimastationen dar. Stufe 4 war in<br />
der Regel der Ort in der Nähe einer IMPETUS- Klimastation, der sich durch sehr intensive Weidenut<strong>zu</strong>ng<br />
auszeichnete, z.B. in der Nähe von Dörfern oder das direkte Umfeld von aktuell genutzten<br />
Nomadenhöhlen.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 291<br />
Abb. III.2.3-10: Mittlere Vegetationsbedeckung pro Höhenstufe und Nut<strong>zu</strong>ngsintensität (n jeweils = 8; Stufe<br />
1: seit sechs Jahren ungenutzt, Stufe 4: stark genutzt). Mit <strong>zu</strong>nehmender Höhe über NN werden<br />
die Unterschiede in der Deckung zwischen sechs Jahre ungenutzten und sehr stark genutzten<br />
Flächen kleiner, der Gradient immer unschärfer. Für eine genaue Abgren<strong>zu</strong>ng der<br />
Nut<strong>zu</strong>ngs-Stufen ist der Deckungsgrad jedoch ein schlechtes Maß, hier wird die Analyse <strong>zu</strong>r<br />
Abundanz von Response Groups bessere Daten liefern (Quelle: Daten und Auswertung G.<br />
Baumann).<br />
Der Erfolg bzw. die Abundanz bestimmter Response Groups wurde von März bis Juni 2008 mithilfe<br />
von Vegetationsaufnahmen erhoben. Für jede Stufe eines Weidegradienten wurden acht 5 x 5 m<br />
Flächen betrachtet, die Pflanzenbedeckung pro Art geschätzt, Umweltparameter notiert und Oberbodenproben<br />
genommen.<br />
Desweiteren wurden je 16 weitere Flächen im Weidegebiet Imlil und auf der Hochebene von Asselda<br />
aufgenommen, um auch die Winter- und Zwischenweidegebiete (Aufenthaltsort der Herden im<br />
Frühjahr und Herbst) der Ait Toumert mithilfe von Plant Functional Types für das Modell BUFFER<br />
charakterisieren <strong>zu</strong> können. Insgesamt wurden 176 Vegetationsaufnahmen durchgeführt. An der<br />
entsprechenden Anzahl Oberboden-Mischproben wurden physikalische und chemische Bodenparameter<br />
bestimmt, um abiotische Standortunterschiede zwischen den Stufen eines Weidegradienten<br />
quantifizieren <strong>zu</strong> können. In Zusammenarbeit mit dem Teilprojekt B2 (Wasserverfügbarkeit und<br />
Bodendegradation) wurden im bodenkundlichen Labor der <strong>Universität</strong> Bonn Bodentextur, Salinität<br />
und pH-Wert bestimmt. Die Analysen des organischen Kohlenstoffs und des Stickstoffs erfolgten<br />
im Labor des Instituts für Pflanzenernährung (<strong>Universität</strong> Bonn). Sowohl die Vegetations- als auch<br />
die Bodendaten sind bereits in Form einer Datenbank verfügbar. Abschließend wird 2009 die Bearbeitung<br />
und statistische Auswertung der vorliegenden Werte erfolgen, um Indikator-Arten bzw.<br />
Indikator-Merkmale für bestimmte Nut<strong>zu</strong>ngsstufen <strong>zu</strong> extrahieren.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 292<br />
Beziehung zwischen Niederschlag und pflanzlicher Biomasse<br />
Zur Bestimmung der realen Nettoprimärproduktion und der Rain Use Efficiency (RUE) wurden im<br />
Jahr 2007 an den Standorten TRB, TAO, IMS und TZT Käfigexperimente aufgebaut. Dabei wird<br />
folgenden Forschungsfragen nachgegangen: (i) Wie groß ist die tatsächliche Nettoprimärproduktion<br />
der Vegetation auf den vier Höhenstufen und kann man einen Korrekturfaktor zwischen per Satellit<br />
gemessener und tatsächlicher Produktion angeben? (ii) Gibt es Hinweise auf einen Erholungseffekt<br />
der Vegetation, d.h. gesteigerte Produktivität bei Schonung?<br />
Im Berichtsjahr 2008 konnte die Feldforschung <strong>zu</strong> diesen Experimenten beendet werden. Im Frühjahr<br />
2008 wurden die Flächen TRB und TAO von Julian Brenner (Diplomand, Botanisches Institut<br />
der <strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Köln</strong>) abschließend bearbeitet. Im Herbst 2008 folgten die Flächen IMS und TZT<br />
im Hochgebirge. Auf jeder Höhenstufe wurden zehn langjährig geschonte (Exclosures von<br />
Abb. III.2.3-11: Mittlere oberirdische Nettoprimärproduktion (ANPP) in Taoujgalt (TAO) für die Vegetationsperiode<br />
2007/2008. LTE Long term exclosure (6 Jahre geschont, IMPETUS Weideausschlussfläche);<br />
STE Short term exclosure (eine Vegetationsperiode geschont, Käfige); Grazed normal<br />
beweidete Kontrollflächen. Zu erkennen ist der große Anteil der Sträucher (CH) an der Gesamtproduktion,<br />
Annuelle (T) und ausdauernde Kräuter und Gräser (H) stellen nur einen geringen<br />
Anteil. In TAO ist weiterhin ein Netto-Austrag von strauchiger Biomasse (CH) auf den<br />
normal beweideten Standorten fest<strong>zu</strong>stellen, während die geschonten Flächen großen Zuwachs<br />
aufweisen. Die Werte zeigen eine große Standardabweichung, da die ANPP einer Testfläche<br />
nicht nur vom Nut<strong>zu</strong>ngsgradienten, sondern auch noch von weiteren Standortfaktoren,<br />
insbesondere Bodenverhältnissen abhängt. (Quelle: Daten und Auswertung J. Brenner).<br />
IMPETUS / Biota Maroc, ca. sechs Jahre), zehn kurze Zeit geschonte (Käfig für eine Vegetationsperiode)<br />
und zehn normal beweidete Flächen ausgewertet. Hierfür wurden die Pflanzenindividuen<br />
vermessen, geerntet, getrocknet und ihre Biomasse bestimmt. Für alle ausdauernden Arten wurden<br />
Eichgeraden zwischen Pflanzenvolumen und Biomasse erstellt, indem Individuen vor und nach der<br />
Vegetationsperiode vermessen und ihre Biomasse <strong>zu</strong> dem Volumen in Beziehung gesetzt wurde.<br />
Aus den vorliegenden Biomasse-Daten konnte die sowohl die Produktivität der Testflächen in der
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 293<br />
Vegetationsperiode 2007/2008 als auch ein Korrekturfaktor zwischen der Produktivität beweideter<br />
und nicht beweideter Flächen berechnet werden. Folgende erste Ergebnisse stammen von Julian<br />
Brenner.<br />
-1.0 1.0<br />
2. CCA-Achse<br />
Grobkies-Oberflächendeckung<br />
Ton<br />
Stickstoff<br />
-1.0 1.0<br />
Sand<br />
C/N-Verhältnis<br />
1. CCA-Achse<br />
Abb. III.2.3-12: Kanonische Korrespondenzanalyse (CCA) der 28 Vegetationsaufnahmen (je 1 m²) in Taoujgalt (Abundanzmaß:<br />
Oberirdische Trockenbiomasse) in Abhängigkeit von abiotischen Standortfaktoren (Pfeile).<br />
� Long term exclosure (7 Jahre ausgeschlossene Fläche); Δ Short term exclosure (1 Vegetationsperiode<br />
ausgeschlossene Fläche); � Grazed plot (normal beweidete Fläche). Die Untersuchungsflächen<br />
ordnen sich gemäß ihrer Ähnlichkeit entlang zweier Hauptachsen im Koordinatensystem des Ordinationsdiagramms<br />
an. Die erste CCA-Achse wird dabei gut durch den Tonanteil bzw. das C/N-<br />
Verhältnis im Oberboden erklärt. Langjährig ausgeschlossene Flächen zeigen einen höheren Tonanteil<br />
und ein signifikant geringeres C/N-Verhältnis (p = 0,002) als kurz oder gar nicht ausgeschlossene<br />
Flächen. Weiterhin ist der Sandanteil im Oberboden ein Standortfaktor, der signifikant (p = 0,02) die<br />
floristische Ähnlichkeit der Flächen beeinflusst (Quelle: Daten und Auswertung J. Brenner).<br />
Um den Einfluss weiterer Umweltparameter auf die Produktivität der Standorte <strong>zu</strong> quantifizieren,<br />
wurden auf allen 120 Flächen (4 Höhenstufen x 3 Nut<strong>zu</strong>ngsstufen x 10 Flächen) Oberbodenproben<br />
genommen, und – analog <strong>zu</strong> den Mischproben von den 176 Vegetationsaufnahmen (s.o.) wurden<br />
teilweise in Zusammenarbeit mit dem Teilprojekt B2 die Parameter Textur, Salinität, pH-Wert, organischer<br />
Kohlenstoff und Stickstoff bestimmt. Mit Hilfe einer Faktorenanalyse konnten wesentliche<br />
Umweltparameter extrahiert werden, die <strong>zu</strong> den Standortunterschieden beitragen. Weitere Verfahren<br />
wie die Kanonische Korrespondenzanalyse (CCA) bestimmen die Ähnlichkeit von Aufnahmeflächen<br />
anhand der dort vorkommenden Pflanzenarten bzw. deren Biomasse. Abbildung Ma-
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 294<br />
L.2.4 zeigt als Beispiel eine direkte Ordination aller Vegetations- und ausgwählter Umweltdaten aus<br />
einer Artemisia-Steppe (Taoujgalt).<br />
Ende 2008 und Anfang 2009 wird die Auswertung der beiden oberen Höhenstufen (IMS und TZT)<br />
erfolgen. Ziel ist eine globale Betrachtung von Produktivität und Rain Use Efficiency (RUE) entlang<br />
des Höhengradienten im Hohen Atlas: Welche Prozesse bestimmen die Erholungsfähigkeit der<br />
Vegetation? RUE sowie Produktivität und ihre Abhängigkeit von der Nut<strong>zu</strong>ng sind dabei auch<br />
wichtige Größen <strong>zu</strong>r Modellierung der Mensch-Umwelt-Beziehungen in BUFFER.<br />
Arbeit an den Modellen: MOVEG Drâa<br />
Die Erstellung und Weiterentwicklung des Modells MOVEG Drâa für die Erfassung und Modellierung<br />
der natürlichen Vegetationsdynamik sowie deren Implementierung in vorhandene und <strong>zu</strong>künftige<br />
Module verschiedener SDSS werden seit November 2006 von Pierre Fritzsche übernommen.<br />
Nach der Fertigstellung der Datengrundlage 2007 wurden im Berichtjahr 2008 die Arbeiten an der<br />
Erstellung der Module für die Berechnung der Biomasse, der Erstellung eines hydrologisch basierten<br />
Bodenfeuchtemodells und den Arbeiten an der Extrapolation der Niederschlagsdaten vorgenommen.<br />
Im Zuge der Arbeitsaufenthalte von P. Fritzsche wurden umfangreiche Validierungsdaten<br />
für die Modellierung von MOVEG Drâa gesammelt, die als Fortset<strong>zu</strong>ng des kontinuierlichen Monitoring<br />
seit 2007 z.B. als höhenabhängiger Parameter <strong>zu</strong>r Verfügung stehen (Abb. III.2.3-13).<br />
Daneben wurden zahlreiche Daten durch das Käfigexperiment gesammelt.<br />
Abb. III.2.3-13: Höhenabhängigkeit der Vegetationsbedeckung im Drâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet. Jeder Punkt steht für die Gesamtdeckung<br />
auf einer Vegetationsaufnahme (Quelle: Daten und Auswertung P. Fritzsche).<br />
MOVEG Drâa wurde 2007 konzeptionell aufgestellt und 2008 methodisch und inhaltlich weiterentwickelt.<br />
Es ist als statistisches Regressionsmodell auf der Basis von zeitlich und räumlich hochaufgelösten<br />
Satellitendaten definiert. Dieses Modell wird die Analyse, Interpretation und Vorhersage<br />
der (natürlichen) Vegetation im Ein<strong>zu</strong>gsgebiet des Drâa ermöglichen.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 295<br />
Abb. III.2.3-14: Flowchart des Modells MOVEG Drâa (Quelle: Entwurf P. Fritzsche).<br />
Der dreiteilige Aufbau von MOVEG Drâa (Abb. III.2.3-14) ermöglicht die Erfassung, Analyse/Berechnung<br />
und Ausgabe biophysikalischer Parameter auf Basis zeitlich hoch aufgelöster Fernerkundungsdaten<br />
der Sensoren MODIS und Daten aus der Shuttle Radar Topography Mission<br />
(SRTM)([1]), sowie zahlreicher <strong>zu</strong>sätzlich erhobener und im <strong>Projekt</strong> IMPETUS generierter Daten.<br />
Die flächenhafte, kontinuierliche und zeitlich sehr hoch aufgelöste Erfassung phänologischer Abläufe<br />
im hochkomplexen, semiariden Drâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet mit seiner Größe von ca. 34.600 km² ermöglicht<br />
eine sehr exakte Abbildung und Analyse der tatsächlichen saisonalen und interannuellen<br />
Vegetationsentwicklung. Durch die Verwendung von Zeitreihenanalysen ist die automatisierte Erfassung<br />
des phänologischen Zyklus aus den Zeitreihen möglich. Dabei können räumliche Differenzierungen<br />
des Untersuchungsgebietes entsprechend dem Phänologiezyklus vorgenommen werden.<br />
Abb. III.2.3-15 zeigt die Klassifikation der Vegetation im Fallbeispiel auf Basis einer Fouriertransformation<br />
in Verbindung mit dem DGM.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 296<br />
Abb. III.2.3-16: Vergleich der Fourierklassifikation (rechts) mit einer Expertenklassifikation der Vegetation (links;<br />
Quelle: Entwurf P. Fritzsche).<br />
Abb. III.2.3-17: Abgleich zwischen den beiden Klassifikationen<br />
in Abb. III.2.3-16 mittels einer<br />
Confusion Matrix (Quelle: Daten und<br />
Entwurf P. Fritzsche).<br />
Diese Methode erlaubt eine exakte Klassifikation<br />
(overall accuracy of 73.96%, Kappa Coefficient<br />
= 0.6245) auf Basis der spektralen Informationen<br />
ohne Vorkenntnis oder Expertenwissen.<br />
Nachteilige Effekte einer monotemporalen<br />
Klassifikation, wie temporäre Nut<strong>zu</strong>ngen,<br />
annuelle Vegetationseffekte oder Aufnahmefehler<br />
durch die Funktion ausgeglichen.<br />
Diese Flächen werden als Inputklassen für die<br />
Modellierung genutzt und werden im Modul<br />
Klassenbildung erzeugt. Mit diesem Wissen<br />
können die nicht-räumlichen meteorologischen<br />
Daten den erzeugten Klassen <strong>zu</strong>ordnet werden, da diese nun als Räume mit nahe<strong>zu</strong> gleichartigem<br />
Verhalten auf gemessene Klimabedingungen ansprechbar sind (multi-temporal vegetation response<br />
units [VRU]). Die VRU geben eine Information über die Nutzbarkeit der Flächen, sie aggregieren<br />
Rechenzeit und liegen in einem maschinenlesbaren Format für die weitere Verarbeitung vor. Dabei<br />
ist die verringerte Rechenanforderung in späteren Berechnungsschritten ein weiteres Plus für die<br />
schnellere Berechnung von Szenarien und die <strong>zu</strong> erwartende geringe Rechenleistung in Entwicklungsländern.<br />
Die Resultate werden außerdem als Schnittstelle für weitere Modelle <strong>zu</strong>r Verfügung<br />
gestellt. Ergebnis ist die Erfassung der annuellen und interannuellen Vegetationsdynamik mit Möglichkeit<br />
der <strong>Projekt</strong>ion in die Zukunft. Dadurch lässt sich eine Aussage über die Veränderung der<br />
Vegetationsstruktur in Be<strong>zu</strong>g auf die ökologischen Einflussparameter ableiten. Über weitere imp-
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 297<br />
lementierte Modelle und Routinen werden Kenngrößen wie LAI (Leaf Area Index), NPP (Nettoprimärproduktion)<br />
und Koeffizienten der NPP geschätzt und ausgegeben. Über die Beständigkeit,<br />
Standfestigkeit und die Robustheit von Vegetation können multitemporale Auswertungen durch<br />
Verknüpfung von klimatischen Daten mit Vegetationseinheiten, unter Kenntnis von Sekundärvariablen<br />
der Vegetation, Simulationen <strong>zu</strong>künftiger Landbedeckungen durchführen. Die jährliche Nettoprimärproduktion<br />
ist dabei ein Maß für die Produktivität des Ökosystems. MOVEG Drâa bietet<br />
insbesondere die notwendige Grundlage und Ergän<strong>zu</strong>ng sowohl für die Kalibrierung als auch für<br />
die Validierung der SAVANNA- und BUFFER-Modellergebnisse (vgl. den Zwischenbericht 2007),<br />
sowie allgemeiner Vegetationsmodule anderer Modelle. Mit Hilfe der in den zweiten <strong>Projekt</strong>phasen<br />
entstandenen gebietsweiten Landnut<strong>zu</strong>ngskarten und regionalen Vegetationskarten des Ein<strong>zu</strong>gsgebietes<br />
unterscheidet MOVEG-Drâa verschiedene Vegetationseinheiten (inter- und intraannuelle<br />
Phänologie, Nut<strong>zu</strong>ng, physiologisches Verhalten auf Umwelteinflüsse) und ermöglicht damit vor<br />
allem die Unterscheidung zwischen natürlicher, d.h. vorrangig niederschlagsbedingter Vegetationsdynamik,<br />
und denjenigen Landoberflächen, die durch Bewässerungslandwirtschaft oder Regenfeldbau<br />
einem veränderten Regelzyklus unterworfen sind. Das Hauptaugenmerk wird hierbei auf die<br />
auf die Umset<strong>zu</strong>ng einer räumlichen Vorhersage der Pflanzenphysiologischen Parameter gesetzt.<br />
MOVEG Drâa bewertet dabei nur die tatsächlich stattfindenden Veränderungen, unabhängig von<br />
der möglichen pastoralen Nut<strong>zu</strong>ng und der damit einhergehenden Degradation der Vegetation. Diese<br />
Analysen führen <strong>zu</strong> einer Abschät<strong>zu</strong>ng des natürlichen Ressourcenpotenzials und damit <strong>zu</strong> einer<br />
Planungsgrundlage und einem Entscheidungswerkzeug für Ernährungssicherung oder Katastrophenschutz<br />
innerhalb des Untersuchungsgebietes. Gleichzeitig liefert MOVEG Drâa auch flächenhafte<br />
Informationen für die Definition verschiedener Weidetypen und die raumzeitlichen Muster<br />
ihrer Nut<strong>zu</strong>ng, die essentiell für die Modellierung des Weidemanagements mit BUFFER sind.<br />
Stand der Arbeit an den Modellen: BUFFER<br />
Die Modelliererstelle für das Modell BUFFER war 2007 für neun Monate vakant gewesen und<br />
konnte erst Anfang 2008 mit Romina Drees neu besetzt werden. Aus diesem Grund entspricht der<br />
Arbeitsstand am Modell BUFFER nicht den ursprünglichen Planungen. Im Berichtsjahr wurde auf<br />
der Basis der konzeptionellen Vorarbeiten eine räumlich implizite Struktur des Modells erstellt.<br />
Parallel wurde die Arbeit am SDSS PADRÂA in den modellunabhängigen Aspekten weitergeführt.<br />
Da<strong>zu</strong> gehörte ein intensiver Dialog mit den marokkanischen Ansprechpartnern während mehrerer<br />
Workshops in Ouarzazate, auf denen die Fragestellungen von PADRÂA sowie Möglichkeiten der<br />
Dateneinbindung aus marokkanischen Quellen spezifiziert wurden. Weiterhin wurden auch technische<br />
Fragen wie die Form des Output, der Eingriffsmöglichkeiten in das Entscheidungshilfesystem<br />
und der interaktiven Einbindung von Expertenwissen evaluiert.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 298<br />
Im Mai 2008 kristallisierte sich aus den Gesprächen mit den marokkanischen Stakeholdern (insbesondere<br />
Vertreter der CBTHA) eine anwendungsrelevante Fragestellung für das SDSS PADRÂA<br />
heraus. Daraus abgeleitet ergeben sich auch spezifische Anforderungen an das Modell BUFFER.<br />
Große Relevanz hat es, Information <strong>zu</strong> den Grenzen lokalen Wirtschaftens unter Beachtung des<br />
Klimawandels <strong>zu</strong> erhalten, um so Folgen für die Lebensweise der Nomadenhirten im Hohen Atlas<br />
ab<strong>zu</strong>schätzen. Da<strong>zu</strong> gehört insbesondere die Frage nach der Häufigkeit des Auftretens von agronomischen<br />
Dürren, d.h. wann und wo Engpässe in der natürlichen Futterversorgung der Tiere auftreten,<br />
sowie von sozioökonomischen Dürren. Damit im Zusammenhang steht die Frage, welche Anpassungsstrategien<br />
der Transhumanz über längere Zeit nachhaltig sind.<br />
Um die Futtervariabilität ab<strong>zu</strong>schätzen, bedarf es genauer Information <strong>zu</strong> den lokalen Klima- und<br />
Nut<strong>zu</strong>ngsbedingungen. Dafür wurden entlang eines Höhengradienten mehrere IMPETUS-<br />
Höhe<br />
Tizi-N-Tounza<br />
Imeskar<br />
Taoujgalt<br />
Trab Labied<br />
Niederschlag [mm]<br />
Temperatur [°C]<br />
Monate Monate<br />
Abb. III.2.3-18: Klimagradient entlang der Höhe der Weiden (Fallstudie: Weidegebiete der Berber-Fraktion Ait<br />
Toumert), linearisiert nach Monatsmittelwerten aus den Jahren 2000-2006 der vier IMPETUS- Klimastationen Trab<br />
Labied, Taoujgalt, Imeskar und Tizi-N-Tounza (Quelle: Entwurf Romina Drees).<br />
Klimastationen ausgewählt, die verschiedene Weidetypen der Ait Tourmert Nomaden repräsentieren.<br />
In einer konzeptionellen Auswertung (Abb. III.2.3-18) ist <strong>zu</strong>m einen der Niederschlag und auch<br />
die Temperaturverteilung entlang des Höhengradienten und im Jahresverlauf dargestellt. Dabei ist<br />
<strong>zu</strong> beachten, dass die Linearisierung grob extrapoliert. Der Ansatz erlaubt, anhand von zwei Klimavariablen<br />
auf intraannuelle Dynamiken der Vegetation <strong>zu</strong> schließen. In den höher gelegenen Regionen<br />
führt die niedrige Jahresdurchschnittstemperatur und der hohe Niederschlag <strong>zu</strong> einer kurzen<br />
Vegetationsperiode in der Sommerzeit. Dagegen kann in den wärmeren und tieferen Lagen der<br />
Winterregen nur im Herbst und im Frühjahr von der Vegetation <strong>zu</strong>m Wachstum genutzt werden<br />
kann.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 299<br />
Die Verlässlichkeit der Biomasseproduktivität ist<br />
schematisch in Abb. III.2.3-19 entlang eines Höhengradienten<br />
dargestellt. In den oberen Regionen findet<br />
sich ein höherer Anteil von ausdauernden, verholzten<br />
Pflanzen, die dadurch an das lokale Klima angepasst<br />
sind. Diese Pflanzen werden von den lokalen Hirten<br />
als Futter für ihre Weidetiere geschätzt (vgl. den<br />
Zwischenbericht <strong>zu</strong>m PK Ma-G.2: Lokales Wissen),<br />
da diese Pflanzen am wenigsten abhängig von den<br />
letzten Regenfällen sind und somit auch als Reserve<br />
in Trockenzeiten genutzt werden können. Je niedriger<br />
der durchschnittliche Jahresniederschlag in den<br />
tieferen Regionen wird, desto geringer wird der Anteil<br />
der verholzten Pflanzen. Im Falle von Überweidung<br />
finden sich in den tief gelegenen Weideflächen<br />
praktisch keine verholzten, fressbaren Pflanzen<br />
mehr.<br />
Degradiert<br />
Normal<br />
Verlässlichkeit von Futterpflanzen [%]<br />
Abb. III.2.3-19: Anteil ausdauernder Pflanzenbiomasse<br />
und damit Verlässlichkeit von<br />
Futterpflanzen entlang des Höhengradienten<br />
in den Weidegebieten des Hohen Atlas<br />
(Schema; Quelle: Entwurf Anja<br />
Linstädter, Romina Drees)<br />
Somit ist <strong>zu</strong> erwarten, dass in schlechten Regenjahren<br />
die tiefer liegenden Regionen gemieden werden, weil dort am wenigsten Futter <strong>zu</strong> finden ist.<br />
Wie die Futterpflanzenverfügbarkeit an bestimmten Orten genau, variiert soll durch das Buffer-<br />
Modell quantifiziert werden.<br />
Stand der Arbeit an den SDSS und IS<br />
PLANT – ein Informationssystem <strong>zu</strong> Weidepflanzen der Region Hoher Atlas<br />
In Zusammenarbeit mit dem PK Ma-L.2 wurde im Berichtsjahr 2008 das Informationssystem<br />
PLANT fertiggestellt. Die Anwendung vereint Informationen <strong>zu</strong> 68 ausgewählten Futterpflanzenarten<br />
der Weidegebiete der Ait Toumert. Mithilfe von PLANT ist es möglich, Informationen <strong>zu</strong>r Taxonomie,<br />
Morphologie, Ökologie; lokale Bezeichnung, Futterwert und Wahrnehmung von Pflanzen<br />
sowie <strong>zu</strong>r Verteilung von Pflanzenmerkmalen entlang eines Landnut<strong>zu</strong>ngsgradienten ab<strong>zu</strong>fragen.<br />
Das IS PLANT besteht aus einer Microsoft® Access Datenbank, in der ökologisches und anthropologisches<br />
Wissen sowie Fotos <strong>zu</strong> Futterpflanzenarten des Hohen Atlas-Gebirges <strong>zu</strong>sammengestellt<br />
sind. Mithilfe von SDSS Framework-Modulen können die enthaltenen Daten auf zwei verschiedenen<br />
Wegen aufbereitet und präsentiert werden: Botanische und ökologische Daten sowie Daten <strong>zu</strong>m<br />
lokalen Wissen über Pflanzenarten sind in Form von Karteikarten abfragbar. Informationen <strong>zu</strong>r<br />
Verteilung von Pflanzenmerkmalen über einen Weidegradienten werden dagegen in Form von Diagrammen<br />
abgefragt. Sowohl die Karteikarten als auch die dargestellten Diagramme können exportiert<br />
und ausgedruckt werden. Das System kann in den Sprachen französisch, englisch und deutsch<br />
genutzt werden. Eine Dokumentation und Hilfe steht in jeder Sprache <strong>zu</strong>r Verfügung und ist im<br />
Framework verlinkt. Das System wurde im Jahr 2008 in einem Workshop (im Mai 2008 in Ouarzazate)<br />
sowie <strong>zu</strong>r Konferenz in Ouarzazate den lokalen Stakeholdern sowohl in Form einer Präsentation<br />
als auch praktisch per Laptop-Labor vorgestellt und stieß bei Vertretern der CBTHA,
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 300<br />
ORMVAO und Service d’Élevage auf sehr positive Resonanz, vor allem weil es offen konzipiert ist<br />
und die Inkorporation weiterer Daten problemlos ermöglicht. Es soll 2009 an die Organisation<br />
CBTHA bzw. die ORMVAO übergeben werden.<br />
SDSS VegSat und Padrâa<br />
Die beiden SDSS VegSat und Padrâa sind noch nicht fertiggestellt, da die Arbeit an den <strong>zu</strong>grunde<br />
liegenden Modellen noch nicht abgeschlossen ist. Um Dopplungen <strong>zu</strong> vermeiden, wird das SDSS<br />
Padrâa detaillierter im Bericht <strong>zu</strong>m PK Ma-G.2 vorgestellt. Im Folgenden wird das SDSS VegSat<br />
präsentiert.<br />
Abb. III.2.3-20. Strukturdiagramm des Informationssystems PLANT. Übersicht über die Input-<br />
Daten, den Inhalt der Datenbank und der Form des erstellten Outputs.<br />
Da MOVEG Drâa eine sehr genaue Abschät<strong>zu</strong>ng des natürlichen Ressourcenpotenzials ermöglicht,<br />
soll VegSat als Planungsgrundlage und Entscheidungshilfewerkzeug für die Ernährungssicherung<br />
Verwendung finden. Es soll den Nutzern mit Hilfe von VegSat z.B. möglich sein, innerhalb des<br />
gesamten Drâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebietes solche Regionen <strong>zu</strong> identifizieren, die aufgrund von Dürren oder<br />
Störungen (wie Heuschreckenplagen) eine starke negative Abweichung der mittleren Produktivität<br />
verzeichnen. Das SDSS VegSat ist – anders als PADRÂA – auf den regelmäßigen Input aktueller<br />
flächenhafter Informationen <strong>zu</strong> Vegetationsdynamiken, d.h. auf ein satellitengestütztes Vegetationsmonitoring<br />
angewiesen. Entsprechend ist das Modell MOVEG Drâa auf die Grundlage eines<br />
langjährigen und aktualisierbaren Datensatzes kostenloser, frei verfügbarer Fernerkundungsdaten<br />
gestellt worden. Seine phänologische Fernerkundungsdatenbank mit sechzehntätigen MODIS<br />
NDVI-Daten (2000 bis heute fortlaufend) wird mit SPOT Vegetation durch einen zweiten Datensatz<br />
<strong>zu</strong>r Modellierung und Validierung ergänzt. Durch die von der NASA proklamierte Operationalität<br />
der Plattform Terra bis 2012 werden auch mittelfristig noch MODIS-Informationen <strong>zu</strong>r Verfügung<br />
stehen. Damit können sowohl die Datenbankfortführung als auch das Monitoring und eventuelle
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 301<br />
Veränderungen der Modellparameter in Zukunft durch lokale Partner fortgeführt werden. Das Modellierungswerkzeug<br />
ist eine Eigenentwicklung der Arbeitsgruppe Fernerkundung Bonn (RSRG)<br />
und wird den lokalen Kooperationspartnern <strong>zu</strong>sammen mit der Datenbank in Form der SDSS Veg-<br />
Sat und Padrâa <strong>zu</strong>r Verfügung gestellt werden. Ein großer Vorteil von MOVEG Drâa ist der Aufbau<br />
und die Nut<strong>zu</strong>ng einer phänologischen Fernerkundungsdatenbank mit sechzehntätigen MODIS<br />
NDVI-Daten (2000 bis heute fortlaufend), d.h. eines langjährigen Datensatzes kostenloser, frei verfügbarer<br />
Fernerkundungsdaten. Mit SPOT Vegetation steht ein zweiter Datensatz <strong>zu</strong>r Modellierung<br />
und Validierung <strong>zu</strong>r Verfügung. Durch die von der NASA proklamierte Operationalität der Plattform<br />
Terra bis 2012 stehen noch mittelfristig MODIS Informationen <strong>zu</strong>r Verfügung. Damit können<br />
sowohl die Datenbankfortführung als auch das Monitoring und eventuelle Veränderungen der Modellparameter<br />
in Zukunft durch lokale Partner fortgeführt werden. Das Modellierungswerkzeug ist<br />
eine Eigenentwicklung der RSRG und wird den lokalen Kooperationspartnern in Form der SDSS<br />
VegSat und PADRÂA <strong>zu</strong>r Verfügung gestellt.<br />
Die Arbeit an den SDSS VegSat und Padrâa werden im Jahr 2009 fortgesetzt werden. Details da<strong>zu</strong><br />
sind an den entsprechenden Stellen im Bericht genannt worden.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 302<br />
PK Ma-L3 Risiken und Gefahren durch extreme Niederschläge:<br />
Überflutungen und Bodenerosion im Drâatal<br />
Problemstellung<br />
Flutereignis im Atlas-Gebirge bei Ameskar am 27.10.2006.<br />
Extreme Niederschlagsereignisse treten in der Umgebung von Gebirgen aufgrund der <strong>zu</strong>sätzlich <strong>zu</strong>r<br />
atmosphärischen Instabilität stattfindenden erzwungenen Hebung der Luft besonders häufig auf. In<br />
semi-ariden Regionen stellt der stark erodierte Boden ein Risiko dar, weil die großen Wassermassen<br />
hier besonders leicht Zerstörungen mit sich bringen. Die verursachten Schäden – auf der kleinen<br />
zeitlichen Skala Überflutungen, Hangrutschungen und spontane Erosion, auf der langen Zeitskala<br />
anhaltende Bodenerosion – stellen neben der Aridität die wichtigste klimatische Bedrohung für die<br />
Menschen in der Drâa-Region dar. Neben den kurzfristigen wirtschaftlichen Schäden durch Vernichtung<br />
landwirtschaftlicher Güter (s. Foto) führt die anhaltende Erosion durch Wasserabfluss <strong>zu</strong><br />
starken Sedimenttransporten in den Flüssen und trägt somit <strong>zu</strong>r Versandung des Stausees „El Mansour<br />
Eddahbi“ bei, dessen Lâcher-<strong>Management</strong> ein wichtiges Werkzeug <strong>zu</strong>r Steuerung der Wasserversorgung<br />
ist. Die Einflussmöglichkeiten des Menschen auf diese negativen Umwelteinflüsse<br />
durch Rekultivierung besonders bedrohter Hänge oder geeignete bauliche Maßnahmen werden auf<br />
ihre Wirksamkeit hin geprüft.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 303<br />
Mitarbeiter<br />
K. Born, A. Klose, H. Busche, K. Piecha<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Der Einfluss gezielter Maßnahmen (Aufforstung, Abflusskanäle, neue Staubecken) auf das zeitliche<br />
Verhalten des Abflusses auf unterschiedlichen Zeitskalen sowie auf Bodenerosion und Sedimenttransporte<br />
in den Stausee wird unter den für Marokko beschriebenen Klima- und Entwicklungsszenarien<br />
dargestellt. Am Ende der Entwicklung steht ein Modellkomplex, mit dessen Hilfe Was-wärewenn-Analysen<br />
und Szenarien berechnet werden können. Dabei stehen die Auswirkungen von Änderungen<br />
der zeitlichen (saisonalen) und räumlichen Verteilung des Niederschlags, Änderungen für<br />
Häufigkeiten von Starkniederschlägen und Schneeniederschläge im Vordergrund.<br />
Stand der IS/SDSS-Entwicklung<br />
In diesem Problemkomplex werden zwei IMPETUS-Werkzeuge bearbeitet: SMGHydraa (Statistical<br />
model for the generation of meteorological data for hydrological modelling in the Drâa region /<br />
Modèle statistique pour la génération des données météorologiques visant la modélisation hydrologique<br />
dans la région du Drâa) dient <strong>zu</strong>nächst als Präprozessor <strong>zu</strong>r Aufbereitung und Ansicht klimatologisch<br />
relevanter Daten für verschiedene Problemkomplexe (s. Tabelle Ma-L3.1). Als Informationssystem<br />
stellt SMGHydraa wichtige Parameter des regionalen Klimas und seiner Zukunftsprojektionen<br />
für die Drâa-Region dar.<br />
Das SDSS SEDRAA (Soil Erosion in the Drâa region / Scénarios d'Érosion du sol dans la région<br />
du Drâa) erlaubt die Berechnung von Szenarien der Bodenerosion unter Interventionsszenarien der<br />
geänderten Landnut<strong>zu</strong>ng unter den in IMPETUS berechneten Klimaszenarien. Eine weitere behandelte<br />
Fragestellung ist die nach dem Zusammenhang zwischen Bodenerosion und der quantitativen<br />
Bestimmung der Sedimentationsraten im Stausee. Die untersuchten Szenarien bestehen <strong>zu</strong>m einen<br />
aus den IMPETUS Klimaszenarien, <strong>zu</strong>m anderen aus Interventionsszenarien bzgl. der Rekultivierung<br />
(SEDRAA) und dem Bau weiterer Staudämme (HYDRAA). In Abb. III.2.3-21 ist eine Übersicht<br />
über den PK Ma-L3 mit seinen Elementen dargestellt.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 304<br />
Abb. III.2.3-21: Flussdiagramm <strong>zu</strong>r Struktur des Problemkomplexes<br />
Ma-L3.<br />
Im Rahmen der Klimamodellierung stehen die<br />
in 2006 abgeschlossenen Klimasimulationen<br />
mit REMO, die für Nordafrika eine einmalige<br />
Basis für die Bewertung regionaler Klimaänderungen<br />
darstellt (Paeth et al., 2009 und 2005)<br />
<strong>zu</strong>r Verfügung. Als Triebkräfte für die Klimaänderung<br />
wurden hier neben den Treibhausgasemissionen<br />
des IPCC SRES-Szenarien A1B<br />
und B1 die Meeresoberflächentemperatur des<br />
Atlantik und, was erstmalig in einer so umfassenden<br />
Modellstudie geschehen ist, die auf Einschät<strong>zu</strong>ng<br />
der FAO basierende Landoberflächenänderung<br />
(Land Cover Change, LCC),<br />
projiziert bis 2050, berücksichtigt. In der Studie<br />
wurden Ensembles von je 3 Mitgliedern für die<br />
Zeiträume 1960-2000, 2001-2050 (SRES A1B)<br />
mit LCC, 2001-2050 (SRES A1B) ohne LCC<br />
und 2001-2050 (SRES B1) mit LCC berechnet.<br />
Auf Basis dieser regionalisierten Klimaszenarien<br />
wurden Zeitreihen für die Drâa-Region<br />
unter Zuhilfenahme statistischer Beziehungen<br />
<strong>zu</strong>r Orographie und Exposition der Flächen<br />
erzeugt, um sie als Antriebsdaten für von Klimadaten angetriebene IS/SDSS <strong>zu</strong> verwenden. Ein<br />
weiteres dynamisches Downscaling wurde nach Anpassungen der Modelldynamik (Huebener et al.,<br />
2007) für PK Ma-H5 mit Hilfe von FOOT3DK vorgenommen; diese Daten sollen in der letzten<br />
<strong>Projekt</strong>phase in SMGHydraa ebenfalls für andere PKs <strong>zu</strong>r Verfügung gestellt werden.<br />
(a) SMGHydraa – Prozessierung von Klimadaten <strong>zu</strong>r Modellierung in hydrologischen Applikationen<br />
Die Daten der Klimamodellierungen werden in SMGHydraa für Zonen geliefert, die je nach Fragestellung<br />
unterschiedlich definiert sind. Sie werden mit Hilfe rein klimatologischer Bedingungen<br />
(Aridität), Abflusscharakteristika (Fluss-Unterein<strong>zu</strong>gsgebiete) oder als Höhenzonen definiert. Der<br />
Vorteil dieser Darstellungsweise liegt in der Kombination räumlicher Heterogenität, Berücksichtigung<br />
der Fragestellung und möglichst geringem Datenumfang. Zur Illustration sind die bis jetzt<br />
implementierten Zonen in Abb. III.2.3-22 gezeigt. Die Verwendung der Daten ist nochmals in Tabelle<br />
III.2.3-1 dargestellt.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 305<br />
Tab. III.2.3-1: Verwendung klimatologischer Daten als Antrieb in IMPETUS Marokko<br />
Werkzeug Problemkomplex Datenanforderung<br />
HYDRAA Ma-H1 Tägliche Daten / Wettergenerator / hochaufgelöst<br />
PRORES Ma-H3 Tägliche Daten / Wettergenerator / hochaufgelöst<br />
SEDRAA Ma-L3 Jahresgang / Regionen<br />
MIVAD Ma-E1 Monatsdaten / Regionen<br />
PADRAA Ma-L2 Monatsdaten / Regionen<br />
EPIC Ma-E1 Monatswerte / Regionen<br />
Vegetationsklassifikation<br />
aus Satellitendaten<br />
-- Tägliche Daten / hochaufgelöst f. ca. 1995-heute<br />
SMGHydraa besteht aus zwei unterschiedlichen Bausteinen. Rechnerisch besonders aufwendige<br />
Prozesse werden Server-seitig bereitgestellt, so z. B. die Berechnung neuer klimatischer Zonen oder<br />
die Auswertung neu erstellter Klimaszenarien. Die Bearbeitung der Daten innerhalb des Informationssystems<br />
oder <strong>zu</strong>r direkten Anwendung durch den Nutzer werden Client-seitig (Auswahl und<br />
Auswertung der Antriebsdaten) implementiert.<br />
Abb. III.2.3-22: Die Zonen, die in SMGHydraa verwendet werden. Oben von links nach rechts: Zonen für<br />
PRORES, Hydraa und SEDRAA; unten: 3 Klimazonen (links), und 9 Ariditätszonen.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 306<br />
Arbeiten in 2008<br />
Im Jahr 2008 wurden folgende Arbeiten vorgenommen: Die digitalen Geländedaten wurden in den<br />
Problemkomplexen vereinheitlicht, weshalb die Definitionen der Zonen neu vorgenommen und die<br />
Klimadaten neu präprozessiert werden mussten. Für die Regionalisierung der Klimadaten wurden<br />
die Transferfunktionen überarbeitet, um die Modellniederschläge so an<strong>zu</strong>passen, dass ihren Häufigkeitsverteilungen<br />
möglichst nahe an denen der Beobachtungen sind. Die Auswertungen der Niederschlagsdaten<br />
bezüglich der Extremereignisse auf der interannuellen Skala (Dürren) und täglichen<br />
Skala (Starkniederschläge) wurde in das Framework implementiert. Die Änderungen besonders der<br />
täglichen Niederschlagsraten und der Anzahl der Niederschlagstage pro Monat als räumlich verteilte<br />
Größen beeinflusst die Ergebnisse sowohl der Abflussmodellierungen in PK Ma-H1 (HYDRAA)<br />
als auch in der Berechnung der Bodenerosionsraten SEDRAA außerordentlich stark.<br />
Abb. III.2.3-23: Zeitreihen des Standardized Precipitation Index (SPI) für<br />
Beobachtungen im Zeitraum 1901-2002 und die REMO<br />
Szenarien 1960-2000 (C20.1) und 2001-2050 (A1B.1).<br />
Räumliche Muster der Klimaparameter<br />
sind in Marokko wegen<br />
des Atlasgebirges und der Lage<br />
zwischen Mittelmeer und Sahara<br />
sehr heterogen. Die geringe Anzahl<br />
von Klimastationen, deren<br />
Zeitreihen lang genug für eine<br />
klimatologische Analyse sind, ist<br />
der Grund für eine sehr unsichere<br />
Beschreibung regionaler Klimate<br />
(s. a. Schulz, 2006). Die Arbeiten<br />
konzentrierten sich auch auf Telekonnektionen<br />
mit den tropischen<br />
und extratropischen SST<br />
(Sea Surface Temperatures) des<br />
Atlantischen Ozeans. Bislang<br />
liefern die Beziehungen zwischen SST und Winterniederschlägen jedoch keine statistische Basis,<br />
die eine saisonale Vorhersage für PRO-RES (PK Ma-H3) verbessern würde. Mit den bis 2007 aktualisierten<br />
Beobachtungsdaten, sowohl für Stationen als auch für auf ein Gitter interpolierte Produkte<br />
(CRU TS 2.1 und VASCLIMO) wurden die REMO Klimaszenarien evaluiert (Born, 2008a). Es<br />
wurden sowohl ein Bias der Modellszenarien als auch ein <strong>zu</strong>künftiger Trend <strong>zu</strong> trockeneren Klimaten<br />
in den IMPETUS-Szenarien bestätigt.<br />
Um die Vergleichbarkeit von Beobachtungen mit Modelldaten <strong>zu</strong> ermöglichen, wurde ein standardisierter<br />
Regenindex (standardized precipitation index, SPI, McKee et al., 1993) aus den Beobachtungsdaten<br />
und den Szenarien berechnet (Born et al., 2008b). Die Arbeiten zeigten, dass auch hier<br />
die Häufigkeit und die Stärke der Trockenperioden in den Szenarien <strong>zu</strong>nehmen wird, die Feuchtperioden<br />
hingegen unverändert bleiben. Mit Hilfe dieser Ergebnisse wurde die Statistik für die Analyse<br />
der Trockenperioden auf das Untersuchungsgebiet übertragen. In Zusammenarbeit mit den Arbeiten<br />
am Weidemanagement (PADRAA) wird in den nächsten Monaten noch der Zusammenhang<br />
zwischen Trockenperioden und Dürren, die Rückwirkungen auf Vegetation und Ertrag haben, her-
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 307<br />
gestellt (s. Abb. III.2.3-23). Bei der Auswertung der Szenarien wurde deutlich, dass ab etwa 2020<br />
eine deutlich Zunahme der Auftrittswahrscheinlichkeit trockener Jahre <strong>zu</strong> erwarten ist.<br />
Zur Abschät<strong>zu</strong>ng extremer Niederschläge wurde eine Extremwertstatistik auf Basis der Generalisierten<br />
Pareto-Verteilung (GPV) in SMGHydraa implementiert. Damit sind Auswertungen in der<br />
Fläche möglich (siehe als Beispiel Abb. III.2.3-24). Die statistische Anpassung der Klimadaten an<br />
die Beobachtungsdaten hat natürlich einen Einfluss auf die extremen Niederschläge. Die Evaluierung<br />
bezüglich der Absolutwerte ist noch nicht abgeschlossen.<br />
Abb. III.2.3-24: Abschät<strong>zu</strong>ngen der Wiederkehrwerte maximaler täglicher Starkniederschläge, die alle 10 Jahre<br />
auftreten, für die Zeiträume 1960-2000 (C20, REMO) und 2001-2050 (A1B und B1 kombiniert,<br />
REMO).<br />
(b) SEDRAA – Abschät<strong>zu</strong>ng der Bodenerosionen unter geänderten Randbedingungen des Klimas<br />
und der Landoberfläche<br />
Das SDSS SEDRAA (Soil Erosion in the Drâa region / Scénarios d'Érosion du sol dans la région<br />
du Drâa) unterstützt die Entscheidung, wo Maßnahmen <strong>zu</strong>r Minderung der Erosion durch Wasser<br />
am effizientesten durchgeführt werden sollen. Dabei können einerseits Klimaszenarien und andererseits<br />
Szenarien veränderter Landnut<strong>zu</strong>ng berechnet werden. Kern des SDSS ist das Bodenerosionsmodell<br />
PESERA (Pan European Soil Erosion Risk Assessment, Kirkby et al., 2004). Das Modell<br />
beurteilt aufgrund der Bodenverhältnisse, der Landnut<strong>zu</strong>ng, der Topographie und des Klimas das<br />
Erosionsrisiko. Abb. III.2.3-25 zeigt ein Flussdiagramm <strong>zu</strong> SEDRAA.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 308<br />
Arbeiten 2008<br />
Die Implementierung von SEDRAA in des IMPETUS Framework wurde vervollständigt. Die Bedienungsoberfläche<br />
wurde in Diskussion mit den Anwendern bei Schulungen (s. u.) an die Bedürfnisse<br />
der Anwender angepasst. Die Klimadaten aus Modellszenarien wurden implementiert und die<br />
damit verbundenen Erosionsszenarien wurden analysiert. Als Interventionsszenario wurde neben<br />
der Aufforstung in gefährdeten Gebieten (IMPETUS 2007) die Reduktion der Beweidung eingeführt<br />
und deren Einfluss auf großflächige Erosion untersucht.<br />
Abb. III.2.3-25: Flussdiagramm <strong>zu</strong>r Anwendung von SEDRAA<br />
Die Anbindung der Klimaszenarien zeigte, dass eine Anpassung der statistischen Eigenschaften des<br />
Niederschlags aus Klimamodellszenarien an die Beobachtungen unbedingt notwendig ist. Trotzdem<br />
ist der Bias gegenüber der Anwendung von SEDRAA mit Beobachtungsdaten noch so groß, dass<br />
die Interpretation der Szenarien sehr vorsichtig betrieben werden muss. Eine abschließende Evaluierung<br />
der Erosionen aus Modellszenarien steht noch aus. Ein Beispiel der Anwendung der Klimamodellszenarien<br />
ist in Abb. III.2.3-26 gezeigt. Bemerkenswert ist hier die Zunahme der Erosion in<br />
der südlichen Region, die trotz einer leichten Abnahme der Starkniederschläge in diesem Raum <strong>zu</strong><br />
beobachten ist. Dieses Verhalten muss noch genau überprüft und die Ursachen hierfür diskutiert<br />
werden. Zusätzlich zeigen die Klimadaten deutlich weniger Fläche mit geringer Erosion (Abb.<br />
III.2.3-27, links) als die Beobachtungsdaten. Die Ursachen für dieses Verhalten müssen ebenfalls<br />
noch genau geprüft werden.<br />
Die Beweidungsszenarien zeigten ein konsistenteres Bild, wie Abb. III.2.3-27 belegt. Hier wurde<br />
der Beweidungsdruck auf die Vegetation, der durch eine prozentuale Reduktion der Wachstumsrate<br />
der Vegetation simuliert wird, generell um 50% herabgesetzt, was <strong>zu</strong> einer deutlich stärkeren Vegetationsdecke<br />
und damit <strong>zu</strong> reduzierter Vulnerabilität bezüglich der Erosion führte. Dadurch bedingt<br />
ergeben sich Reduktionen der Erosionsraten vor allem in den Regionen außerhalb des Hochgebirges.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 309<br />
Abb. III.2.3-26: Bewertung von Bodenerosionsraten aus den Klimamodellszenarien für die Zeiträume 1960-<br />
2000 (links) und 2036-2050 (rechts). Zur Erstellung der Erosionsszenarien wurden die Klimamodelldaten<br />
mit SMGHydraa auf klimatisch ähnliche Zonen interpoliert.<br />
Abb. III.2.3-27: Bewertung von Bodenerosionsraten aus Klimaszenarien (links) und einem Interventionsszenario<br />
„Beweidung“ (rechts). Gezeigt sind jeweils die relativen Auftrittshäufigkeiten der Bewertungsklassen<br />
der Bodenerosion.<br />
Schulungen und Kooperationen<br />
April 2008 wurden die Arbeiten bezüglich der Klimaszenarien an der <strong>Universität</strong> Hassan II. an der<br />
Faculté des Lettres et des Sciences Humaines Ben M'Sick, Centre de Recherche de Climatologie<br />
(CEREC) vorgestellt und diskutiert. Wenn auch die Modellierungen selbst an der <strong>Universität</strong> mangels<br />
Kapazitäten nicht weitergepflegt werden können, so war der Ansatz der Regionalisierung von<br />
Klimadaten in IMPETUS und die Ergebnisse durchaus von Interesse. Eine Vorstellung der Arbeiten<br />
in IMPETUS bei der DNM (Direction Nationale de la Météorologie, heute météomaroc) fand ebenfalls<br />
Interesse. Vor allem die Analyse und die Prognosemöglichkeiten der Schneedecke sind hier<br />
diskutiert worden. Die Regionalisierung und die Analyse der Dürreperioden kann prinzipiell mit<br />
den Klimadaten von météomaroc erweitert werden, diesbezügliche Vereinbarungen einer Zusammenarbeit<br />
müssen in 2009 umgesetzt werden.
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 310<br />
Im Mai 2008 fand eine Schulung der marokkanischen Anwender statt, in der das IS SMGHydraa<br />
sowie das SDSS SEDRAA direkt vorgestellt wurden. Dabei wurden die theoretischen Grundlagen<br />
der Modellierung detailliert diskutiert, um die Anwender in die Lage <strong>zu</strong> versetzen, Szenarien für<br />
<strong>zu</strong>künftige Planungen <strong>zu</strong> interpretieren und – vor allem – ihre Aussagekraft <strong>zu</strong> bewerten. Es kam<br />
dabei <strong>zu</strong>r regen Diskussion sowohl der Vorausset<strong>zu</strong>ngen der Szenarien als auch <strong>zu</strong> Hinweisen, welche<br />
die Praktikabilität der Anwendung im IMPETUS Framework deutlich verbesserten.<br />
Ausblick auf Arbeiten in 2009<br />
Die statistische Auswertung der Klimadaten wird laufend gemäß den Anforderungen ergänzt. Die<br />
bisher angewandten Techniken, die weniger wissenschaftliche Arbeit als vielmehr technische Umset<strong>zu</strong>ng<br />
statistischer Methoden sind, werden in Form einer Diplomarbeit dokumentiert und bewertet.<br />
Die Daten der lokalskaligen Regionalisierung mit FOOT3DK (PK Ma-H5) werden ebenfalls in<br />
SMGHydraa <strong>zu</strong>r Verfügung gestellt. Die Regionalisierung wird in Kooperation mit météomaroc auf<br />
andere Teile Marokkos erweitert. Der Zusammenhang zwischen Dürre und meteorologischen Trockenperioden<br />
wird anhand der Analyse von Vegetationsdaten aus Weideausschluss-Experimenten<br />
(PK Ma-L2) untersucht.<br />
Die Modellergebnisse des Erosionsmodells in SEDRAA müssen noch im Detail evaluiert werden.<br />
Dabei ist möglicherweise noch ein weiterer Eingriff in die Transferfunktionen der größerskaligen<br />
Klimadaten auf die Region notwendig. Die Parametrisierung der Sedimentationsraten in den Stausee<br />
El Mansour Eddahbi wird noch überarbeitet.<br />
Zum Ende des <strong>Projekt</strong>s wird das System SEDRAA mit den Klimadaten und dem „Präprozessor“<br />
SMGHydraa den marokkanischen <strong>Projekt</strong>partnern übergeben und in einem Abschlussworkshop<br />
vorgestellt und diskutiert.<br />
Zusammenarbeit mit anderen Institutionen<br />
Durch die Schulungen des Vorjahres in Ouarzazate, den diesjährigen Workshop im Mai 2008 und<br />
die Diskussionen bei Besuchen von Organisationen konnte der Interessentenkreis am PK Ma-L3<br />
ausgebaut werden:<br />
• ORMVA Ouarzazate, Abteilung Bodenkunde (M. Tazi, Chef der ORMVAO ist M. Gharbaoui).<br />
• Service Eau Ouarzazate (M. Sabbar). ABH Souss Massa, Agadir (M. Makroum).<br />
• Haut Comissariat des Eaux et Forets et la Lutte contre la Desertification, Rabat (M. Yassin).<br />
• Météo Maroc (früher Direction Nationale de la Météorologie), M. Benassi<br />
• <strong>Universität</strong> Hassan II, Casablanca, FLSH Ben M'Sick, Centre de Recherche de Climatologie<br />
(CEREC), Prof. M.-S. Karrouk
Landnut<strong>zu</strong>ng IMPETUS 311<br />
Literatur<br />
Paeth, H., K. Born, R. Girmes, R. Pod<strong>zu</strong>n and D. Jacob, 2009: Regional climate change in tropical and northern Africa<br />
due to greenhouse forcing and land-use changes. J. Climate, in press.<br />
Born, K., M. Christoph, A. H. Fink, P. Knippertz, H. Paeth and P. Speth, 2008a: Moroccan Climate in the Present and<br />
Future: Combined View from Observational Data and Regional Climate Scenarios. In: Climatic Changes and<br />
Water Resources in the Middle East and in North Africa, Zereini and Hoetzl (eds.), Springer Verlag, Wien, ISBN<br />
978-3-540-85046-5, p. 29-45<br />
Born, K., A. H. Fink and H. Paeth, 2008b: Dry and Wet Periods in the northwestern Maghreb for Present Day and Future<br />
Climate Conditions. Meteorol. Zeitschrift 17, 533-551.<br />
Huebener, H., K. Born and M. Kerschgens (2007): Downscaling heavy rainfall in the subtropics – a simple approach for<br />
dynamical nesting. Adv. Geosci. 10, 9–16.<br />
IMPETUS, 2007: <strong>Integratives</strong> <strong>Management</strong>-<strong>Projekt</strong> für einen Effizienten und Tragfähigen Umgang mit Süßwasser in<br />
Westafrika: Fallstudien für ausgewählte Flussein<strong>zu</strong>gsgebiete in unterschiedlichen Klimazonen - Siebter Zwischenbericht,<br />
Zeitraum: 1.1.2006 – 31.12.2006<br />
(http://www.impetus.unikoeln.de/fileadmin/content/veroeffentlichungen/projektberichte/IMPETUS_Zwischenbericht_2<br />
006.pdf)<br />
Kirkby, M.J., Jones, R.J.A., Irvine, B., Gobin, A, Govers, G., Cerdan, O., Van Rompaey, A.J.J., Le Bissonnais, Y.,<br />
Daroussin, J., King, D., Montanarella, L., Grimm, M., Vieillefont, V., Puigdefabregas, J., Boer, M., Kosmas, C.,<br />
Yassoglou, N., Tsara, M., Mantel, S., Van Lynden, G.J. and Huting, J. (2004). Pan-European Soil Erosion Risk<br />
Assessment: The PESERA Map, Version 1 October 2003. Explanation of Special Publication Ispra 2004 No.73<br />
(S.P.I.04.73). European Soil Bureau Research Report No.16, EUR 21176, 18pp. and 1 map in ISO B1 format.<br />
Office for Official Publications of the European Communities, Luxembourg.<br />
McKee, T. B., N. J. Doesken, J. Kleist, 1993: The relationship of drought frequency and duration to time scales. -- Preprints,<br />
8 th Conference on Applied Climatology, Jan. 17-22, Anaheim, CA, 179-184.<br />
Paeth, H. and A. Hense, 2005: Mean versus extreme climate in the Mediterranean region and its sensitivity to future<br />
global warming conditions. Meteorologische Zeitschrift 14, 329-347.<br />
Paeth, H., K. Born, K.; R. Pod<strong>zu</strong>n and D. Jacob, 2005: Regional dynamical downscaling over West Africa: Model evaluation<br />
and comparison of wet and dry years. Meteorologische Zeitschrift 14, 349-367.<br />
Paeth, H., K. Born, R. Girmes, R. Pod<strong>zu</strong>n and D. Jacob, 2008: Projected significant drying and warming in tropical<br />
Africa due to land-use changes. Submitted to J. Climate.<br />
Schulz (2006): Analyse schneehydrologischer Prozesse und Schneekartierung im Ein<strong>zu</strong>gsgebiet des Oued M’Goun,<br />
Zentraler Hoher Atlas (Marokko). Dissertation <strong>zu</strong>r Erlangung des Doktorgrades (Dr. rer. nat.) der Mathematisch-<br />
Naturwissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-<strong>Universität</strong> Bonn.
Gesellschaft IMPETUS 312<br />
III.2.4 Gesellschaft<br />
PK Ma-G.1 Bevölkerungsdynamik im Ein<strong>zu</strong>gsgebiet des Drâa<br />
Die Arbeitsmigranten kehren <strong>zu</strong>m Opferfest <strong>zu</strong> ihren Familien nach Ouled Yaoub <strong>zu</strong>rück.<br />
Problemstellung<br />
Das Drâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet ist gekennzeichnet durch seine geographische Randlage im Südosten Marokkos,<br />
die sich in einer schwachen Wirtschaft, einer niedrigen Bevölkerungsdichte und einer un<strong>zu</strong>reichend<br />
ausgebauten Infrastruktur manifestiert. Staatliche Investitionen für eine Verbesserung in<br />
den Bereichen Bildung, Gesundheit und Wirtschaft sind ungenügend.<br />
Die wiederkehrenden Dürreperioden der letzten Jahre verschlimmerten die wirtschaftliche Lage der<br />
Bevölkerung, die einen großen Teil ihres Einkommens immer noch aus der Landwirtschaft generiert,<br />
aber schon seit Jahrzehnten auf <strong>zu</strong>sätzliche Einkommensquellen wie <strong>zu</strong>m Beispiel Transferleistungen<br />
aus der Arbeitsmigration angewiesen ist. Neben der prekären wirtschaftlichen Situation<br />
führen sinkende Grundwasserstände nicht nur <strong>zu</strong> einer <strong>zu</strong>nehmenden Verknappung von Bewässerungswasser,<br />
sondern auch <strong>zu</strong> einer Verschlechterung der Wassermenge und Wasserqualität für den<br />
häuslichen Gebrauch.<br />
Eine der Hauptstrategien der Bevölkerung, mit den verschlechterten Legensbedingungen im Drâa-<br />
Tal um<strong>zu</strong>gehen, ist die Arbeitsmigration vor allem junger Männer und Familienväter in die urbanen<br />
wirtschaftlichen Zentren des Landes und <strong>zu</strong>m geringen Teil ins Ausland. Ihre Transferleistungen<br />
tragen da<strong>zu</strong> bei, dass ihre Familien weiterhin im Drâa-Tal leben können.
Gesellschaft IMPETUS 313<br />
Mitarbeiter<br />
C. Rademacher<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Ziel des PKs war es, signifikante Korrelationen zwischen demographischen Dynamiken und wasserrelevanten<br />
Daten auf unterschiedlichen thematischen und räumlichen Ebenen <strong>zu</strong> analysieren. In<br />
diesem Zusammenhang wurde analysiert, wie sich sowohl Bevölkerungsgröße als auch Bevölkerungsstruktur<br />
im Ein<strong>zu</strong>gsgebiet des Drâa heute <strong>zu</strong>sammensetzen und wie sich die Entwicklung –<br />
besonders der Urbanisierung – bis <strong>zu</strong>m Jahr 2020 gestalten kann. Ebenso im Fokus stand der <strong>zu</strong>nehmende<br />
Tourismus in der Region in Be<strong>zu</strong>g auf die schon heute problematische Wassersituation.<br />
Nach dem Ausscheiden des federführenden Mitarbeiters Stephan Platt, der sich mit Phänomenen<br />
der Demographie, Urbanisierung und des Tourismus beschäftigt hat, wurden diese Arbeiten im PK<br />
beendet.<br />
Bei der Neuausrichtung des PKs sind nun die Auswirkungen der Arbeitsmigration auf gesellschaftliche<br />
Strukturen und ökonomische Verhältnisse in den Fokus gerückt, welche im Rahmen einer<br />
Langzeitstudie in der Pilotcommune Ouled Yaoub in der Oase Tinzouline (Mittleres Drâa-Tal) untersucht<br />
wurden.<br />
Nutzer- und Interessensgruppen<br />
• Observatoire National des Migrations, Rabat<br />
- Mme Mimouna El-Haouli (Chefin der Institution)<br />
- Ahlame Rahmi (Mitarbeiterin)<br />
• Provinzverwaltung Zagora<br />
- Stellvertreter des Gouverneurs<br />
- Omar Kiki (Abteilungsleiter)<br />
• Association de Développement d’Ouled Yaoub<br />
- Mohamed El Azizi<br />
- Mohamed El Khaloqi<br />
- Abdelmajid Hajji<br />
- Ahmed El Moussaoui<br />
Ergebnisse aus der Case study Ouled Yaoub<br />
Entwicklung der Migration in Ouled Yaoub<br />
Migration in Ouled Yaoub lässt sich historisch in mehrere Migrationswellen zwischen 1950 und<br />
2006 einteilen. Der Beginn der nationalen Arbeitsmigration in Ouled Yaoub wird von lokalen Ex-
Gesellschaft IMPETUS 314<br />
perten auf Ende der 1950er bzw. Beginn der 1960er Jahre datiert. Diese Migration war saisonaler<br />
Art: Einige Männer verließen während weniger Monate im Jahr das Dorf, um im Norden des Landes<br />
(vor allem in den Regionen um Marrakesch, Settat und Casablanca) bei der Ernte <strong>zu</strong> helfen. Erst<br />
in den 1970er Jahren weitete sich die nationale Migration aus, da die Landwirtschaft als primäre<br />
Einkommensquelle für viele Großfamilien nicht mehr genügte. Besonders die Dürreperiode zwischen<br />
1973 und 1977 zwang viele Männer in die Migration, wobei sich viele <strong>zu</strong> Gruppen <strong>zu</strong>sammenschlossen<br />
und im Bausektor ein Auskommen fanden. Während dieser Phase sind nicht nur<br />
Männer, sondern auch einige Jugendliche migriert. Sie verließen die Schule frühzeitig, um ihre Familien<br />
finanziell <strong>zu</strong> unterstützen.<br />
Da auch die 1980er Jahre Dürreperioden brachten, stieg die Anzahl der Migranten kontinuierlich<br />
an, und es kam <strong>zu</strong> weiterer Gruppenmigration in den Norden Marokkos. Zwischen 1977 und 1986<br />
ist die Anzahl der im Bausektor beschäftigten Migranten stark angestiegen. Neben dem Bausektor<br />
haben die Männer vor allem in Fabriken, als Wächter und Maler gearbeitet. Ende der 1980er Jahre<br />
begann die Arbeitsmigration in die Westsahara, deren Infrastruktur maßgeblich von marokkanischen<br />
Migranten aufgebaut wurde.<br />
Auch in der internationalen Migration fand in den 1970er und 1980er Jahren eine Diversifizierung<br />
in den Migrationszielen statt: Libyen und Saudi-Arabien wurden als reiche Ölstaaten Anziehungspunkte<br />
für marokkanische Arbeitsmigranten.<br />
Die 1990er Jahre zeigten dieselbe Entwicklung – die Migrationszahl im Dorf erhöhte sich. Neu war,<br />
dass der Anteil an jugendlichen Migranten anstieg, die die Schule abbrachen. Dies lag <strong>zu</strong>m einen an<br />
der wirtschaftlichen Situation und den fehlenden Arbeitsmöglichkeiten, <strong>zu</strong>m anderen aber auch an<br />
der Beeinflussung durch andere Migranten. Die heutige Migration umfasst alle Altersgruppen und<br />
betrifft alle Familien im Dorf.<br />
In Abb. III.2.4-1 wird die Entwicklung der Anzahl der Erstmigranten in Zehnjahresschritten von<br />
den 1960er Jahren bis heute dargestellt. Bereits in den 1990er Jahren ist die Anzahl der Migranten<br />
stark angestiegen. Diese Tendenz setzt sich ab 2000 fort. Während der ersten sechs Jahre des aktuellen<br />
Jahrzehnts wurde die Anzahl der Neumigranten aus den 1990er Jahren bereits übertroffen.<br />
Allein im Jahr 2006 sind 21 Personen erstmalig migriert und fünf ganze Familien endgültig abgewandert.<br />
Aktuell befinden sich ca. 65% aller Männer im aktiven arbeitsfähigen Alter in der Migration.
Gesellschaft IMPETUS 315<br />
Anzahl Neumigranten<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
1960-69 1970-79 1980-89 1990-99 2000-06<br />
Abb. III.2.4-1: Entwicklung der Erstmigration pro Dekade in Ouled Yaoub, Stand: 2006 (n=195),<br />
Rademacher (2008b).<br />
Migration in den Kaaba-Dörfern<br />
Ebenso wie in Ouled Yaoub ist das Leben auch in den anderen Kaaba-Dörfern von Migration geprägt.<br />
Diese acht Ortschaften im südlichen Tinzouline sind eng vernetzt – Abstammung, Verwandtschaft<br />
und eine gemeinsame Geschichte sind die verbindenden Elemente. In den staatlichen Zensuserhebungen<br />
werden sie ebenfalls als Gruppe der Kaaba behandelt. Ein Regionalvergleich zeigt<br />
Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede in Be<strong>zu</strong>g auf ihr Migrationsverhalten. Allgemeine Unterschiede<br />
können <strong>zu</strong>nächst in der Größe der Dörfer, ihrer ethnischen Zusammenset<strong>zu</strong>ng, der Größe<br />
der landwirtschaftlichen Anbaufläche und den hydrogeologischen Verhältnissen festgemacht werden.<br />
Auf der Karte (Abb. III.2.4-2) werden auf der Basis von Angaben des Scheikh (entspricht etwa einem<br />
Bürgermeister) für jedes der Kaaba-Dörfer die Anzahl der Haushalte mit der Anzahl der<br />
Migranten verglichen. Informationen der Gemeindeverwaltung von Tinzouline <strong>zu</strong>folge gab es im<br />
Jahr 2006 56 internationale Migranten aus den Kaaba-Dörfern (vgl. auch Mter 1995:156). Leider<br />
liegen keinerlei Informationen über die nationale Migration vor (auch in den Studien von Mter<br />
(1995) und Bounar (1993) über das Drâa-Tal wird die internationale Migration untersucht, die nationale<br />
Migration jedoch nur am Rande erwähnt und nicht quantifiziert).
Gesellschaft IMPETUS 316<br />
Abb. III.2.4-2: Karte des südlichen Teils der Oase Tinzouline mit den acht Kaaba -Dörfern sowie der Anzahl der<br />
Haushalte und der Migranten in diesen Dörfern. (Information durch den Scheikh der Kaaba, Stand<br />
November 2005)<br />
Aus der Karte wird ersichtlich, dass man die Kaaba-Dörfer in zwei Kategorien einteilen kann –<br />
einmal Dörfer, in denen es im Verhältnis mehr Migranten als Haushalte gibt und andererseits Dörfer<br />
mit annäherndem Gleichgewicht zwischen der Anzahl der Haushalte und der Migranten. Dem<br />
Scheikh <strong>zu</strong>folge haben alle Dörfer eine ähnliche Migrationsgeschichte mit saisonaler Migration ab<br />
den 1960er Jahren, einem Anstieg während der 1970er und 1980er Jahre aufgrund mehrerer Dürreperioden<br />
und stärker ansteigenden Migrationszahlen während der 1990er Jahre. Für Ende der<br />
1990er Jahre datiert der Scheikh den Beginn der Abwanderung ganzer Familien, die sich bis heute<br />
verstärkt.<br />
Den Einwohnern der nördlich gelegenen Dörfer Timkshat, Zawiyya al-Fagous und Qasbat ar-<br />
Ramad stand laut Aussagen des Scheikh bis in die 1990er Jahre kein Trinkwasser von guter Qualität<br />
<strong>zu</strong>r Verfügung. Außerdem trafen die Bauern beim Bau bzw. Ausbau von Feldbrunnen auf grünen<br />
Schiefer in geringer Tiefe. Die eher schwierigen topographischen und hydrogeologischen Verhältnisse<br />
der nördlichen Dörfer haben meiner Ansicht nach da<strong>zu</strong> geführt, dass die Menschen ihr Einkommen<br />
<strong>zu</strong> größeren Teilen aus der Migration bestreiten als Menschen in den südlicheren Kaaba-<br />
Dörfern. Die drei genannten nördlichen Dörfer haben in den 1990er Jahren Trinkwasserprojekte<br />
realisiert und verfügen über fließendes Wasser. Von den anderen Dörfern verfügt nur Ouled Yaoub
Gesellschaft IMPETUS 317<br />
über einen Wasserturm und ein Leitungsnetz für die Haushalte. Hier wird aufgrund von Problemen<br />
mit den beiden benachbarten Dörfern, die auch Anspruch auf das System erhoben haben, und vor<br />
allem Problemen mit der Wasserverfügbarkeit das System seit einigen Jahren nicht genutzt. In Ouled<br />
Ahmad Ben Ali bestreitet die Bevölkerung wie in den drei nördlichen Dörfern ihr Einkommen<br />
eher aus der Migration denn aus der Landwirtschaft. Kein Dorf außer Zawiyya al-Fagous konnte<br />
aufgrund der spezifischen naturräumlichen Gegebenheiten seine Agrarflächen in den letzten Jahrzehnten<br />
ausdehnen. In Ouled Yaoub und Afra konnten nur innerhalb der landwirtschaftlichen Anbaufläche<br />
kleine mit Gehölzen bestandene Flächen gerodet und urbar gemacht werden.<br />
Migrationsnetzwerke<br />
Migranten-Netzwerke werden als interpersonelle Beziehungsnetze definiert, die Migranten, ehemalige<br />
Migranten und Nicht-Migranten in Herkunfts- und Zielregionen miteinander verbinden (Massey<br />
et al. 1993:448). Soziale oder Migranten-Netzwerke basieren auf Gemeinsamkeiten wie Familie,<br />
Herkunftsort, Ethnizität oder Geschlecht oder aus einer Kombination dieser Faktoren (de Haan<br />
& Rogaly 2002:9) und dienen <strong>zu</strong>m Informationsaustausch über Arbeitsmöglichkeiten und Arbeitsbedingungen,<br />
um Örtlichkeiten <strong>zu</strong> finden, wo schon andere Migranten leben und arbeiten, <strong>zu</strong>r Unterstüt<strong>zu</strong>ng<br />
im Migrationsprozess und der konkreten Hilfe von Erstmigranten bei Wohnungs- und<br />
Arbeitssuche.<br />
Am Beispiel eines jüngeren Arbeitsmigranten (* 1978) wird anhand einer Marokkokarte nachvollzogen,<br />
welche bestehenden Netzwerke sein Mobilitätsverhalten maßgeblich beeinflusst haben und<br />
welche möglichen weiteren Optionen sich aus den bestehenden familiären Netzwerkstrukturen weiterhin<br />
ergeben können. Es werden daneben ehemalige sowie aktuelle Transferleistungen räumlich<br />
dargestellt. Amir hat neun Geschwister und ist der zweitälteste Sohn. Er hat nach der 8. Klasse das<br />
Collège in Zagora letztlich aus finanziellen Gründen abgebrochen, um seinem Vater in der Landwirtschaft<br />
<strong>zu</strong> helfen. Im Jahr 1995 ist Amir im Alter von 17 Jahren nach Casablanca <strong>zu</strong> seiner<br />
Großtante väterlicherseits migriert (siehe Abb. III.2.4-3 links). Seine Verwandten haben ihm eine<br />
Anstellung als Malergehilfe besorgt, und Amir arbeitete die nächsten Monate im Bausektor. Amir<br />
hat viele Verwandte väterlicher- und mütterlicherseits in Casablanca. Fast die gesamte Familie seines<br />
Vaters ist ab den 1970er Jahren in diese Stadt migriert, doch Amir hat nur <strong>zu</strong> wenigen Zweigen<br />
dieser Familie einen engen Kontakt.
Gesellschaft IMPETUS 318<br />
Abb. III.2.4-3: Amirs räumliche Mobilität als Arbeitsmigrant in den Jahren 1995-2008 (links);<br />
Amirs familiäres Netzwerk und bestehende Transferbeziehungen (rechts).<br />
Demgegenüber halten Amir und seine zwei ebenfalls migrierten Brüder einen engen Kontakt <strong>zu</strong> den<br />
Verwandten seiner Mutter, von denen einige Einzelpersonen bzw. Familien in Casablanca, Ouarzazate<br />
und Layyoune leben und arbeiten (siehe Abb. III.2.4-3 rechts).<br />
Nach gut acht Monaten ist Amir <strong>zu</strong> seiner Familie nach Ouled Yaoub <strong>zu</strong>rückgekehrt und hat wieder<br />
mit seinem Vater <strong>zu</strong>sammen die Felder bestellt. 1998 ist Amir erneut migriert und hat vier Monate<br />
in Al-Jadida im Straßenbau gearbeitet. Diese Arbeit wurde durch Freunde aus Ouled Yaoub vermittelt.<br />
Anschließend ist Amir nach Casablanca <strong>zu</strong>rückgekehrt, wo ihm sein Großonkel Mohamed eine<br />
Arbeit im Bausektor vermittelt hat. Während seines zweiten Aufenthalts in Casablanca hat er nicht<br />
mehr bei Verwandten gewohnt, sondern <strong>zu</strong>sammen mit anderen Jugendlichen aus Ouled Yaoub in<br />
einer „Zweck-Wohngemeinschaft“. Drei Jahre verbrachte Amir in Casablanca bei zwei verschiedenen<br />
Arbeitgebern im Bausektor. Nach dem Opferfest im Jahr 2001 ist Amir seinem Onkel Chalid<br />
nach Oujda gefolgt. Chalid lebte schon seit 8 Jahren in Oujda und hat in einer Bäckerei gearbeitet,<br />
in der auch Amir einen Arbeitsplatz fand und nach und nach in der Hierarchie der Bäckerei aufstieg.<br />
Im Jahr 2002 hat Amir seinen jüngeren Bruder Hussam nach dem Opferfest mit nach Oujda<br />
genommen.<br />
Amir träumt davon, sich eines Tages selbstständig <strong>zu</strong> machen und „sein eigener Herr“ <strong>zu</strong> werden.<br />
Als <strong>Projekt</strong>e kämen die Eröffnung einer Bäckerei, einer Téléboutique, eines Lebensmittelladens<br />
oder einer Milchbar in Frage. Bislang scheiterten seine Träume aber am fehlenden Startkapital. Dies<br />
liegt vor allem daran, dass Amir seit seiner Zeit in Al-Jadida seine Eltern finanziell unterstützt. Sein<br />
ältester Bruder Najib hat in Marrakesch studiert, und Amir hat ihn zeitweilig regelmäßig unterstützt.<br />
Seine Eltern sind auf Überweisungen aus der Migration angewiesen, die Ali und sein jüngerer<br />
Bruder Hussam regelmäßig nach Hause senden. Obwohl sein Vater schon über 60 Jahre alt ist,<br />
arbeitet er weiterhin in der Landwirtschaft und verkauft Datteln über Zwischenhändler nach Marrakesch.<br />
Wie die überwiegende Mehrheit der Haushaltsvorstände im Dorf bezieht er keine Rente und<br />
kann von der Landwirtschaft allein nicht leben.
Gesellschaft IMPETUS 319<br />
Transferleistungen<br />
Ein Ranking der Einkommensquellen gibt darüber Auskunft, aus welchen Quellen die Haushalte in<br />
Ouled Yaoub ihr Einkommen generieren (Abb. III.2.4-4). 65% der Haushalte gaben bei einer Untersuchung<br />
von 20 Haushalten Transferleistungen aus der Migration als erste Priorität und damit wichtigstes<br />
wirtschaftliches Standbein an. Die restlichen 35% nannten Migration als zweite Priorität<br />
nach Landwirtschaft oder Gehaltsbezügen. 40% der Haushalte gaben Erlöse aus der Landwirtschaft<br />
als zweite Priorität an – damit ist vor allem der Verkauf von Datteln und <strong>zu</strong> einem geringen Anteil<br />
auch von Getreide, Luzerne oder Gemüse gemeint. 20% der Haushalte nannten als dritte Priorität<br />
den Verkauf von Vieh, <strong>zu</strong>meist Schafen. Alle Haushalte im Sample besitzen Vieh, vor allem Schafe.<br />
Reichere Haushalte besitzen <strong>zu</strong>sätzlich Kühe. Viehbesitz bietet eine gewisse wirtschaftliche Sicherheit,<br />
da die Bauern bei finanziellen Engpässen einige Tiere auf dem Markt in Tinzouline verkaufen<br />
können. Nur sehr wenige Haushalte verfügen über ein festes lokales Gehalt z.B. als Lehrer<br />
oder über Lohneinnahmen aus dem Betrieb eines Taxis. Wenige Haushalte, und nur solche mit internationaler<br />
Migration, besitzen ein Geschäft (Lebensmittelladen mit oder ohne angeschlossener<br />
Telefonkabine) in Ouled Yaoub. Der Besitz von Immobilien in Städten dient mehr als Wertanlage<br />
und Feriendomizil denn als Einnahmequelle.<br />
Anzahl der Haushalte (%)<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Überweisungen aus<br />
Migration<br />
Erlöse aus<br />
Landwirtschaft<br />
Viehverkauf Löhne und Gehälter Geschäft Mieteinnahmen<br />
Einkommensquellen der Haushalte<br />
1. Priorität 2. Priorität 3. Priorität 4. Priorität 5. Priorität<br />
Abb. III.2.4-4: Ranking der Einkommensquellen der Haushalte in Ouled Yaoub (n=20).<br />
Eine Einschät<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong>m Einkommen durch die Befragten ergab, dass bei 30% der Haushalte das<br />
Einkommen nicht ausreicht und dass bei 35% der Haushalte das Einkommen nur mit Not und Mühe<br />
ausreicht. Die verbliebenen 35% der Haushalte gaben an, von ihrem Einkommen gut bzw. sehr gut<br />
leben <strong>zu</strong> können.<br />
Zum Vergleich mit dem oben aufgeführten Ranking wurden aus den in der Befragung erhobenen<br />
Angaben die Einkommensanteile am Gesamteinkommen errechnet. Diese decken sich im Wesentlichen<br />
mit der genannten Prioritätenset<strong>zu</strong>ng, sind in Abbildung III.2.4-6 aber in nationale und internationale<br />
Haushalte unterteilt. Hier fallen leichte Verschiebungen beim Stellenwert der Einkom-
Gesellschaft IMPETUS 320<br />
mensquellen auf. Bei Haushalten mit internationaler Migration sieht man im Vergleich <strong>zu</strong> Haushalten<br />
mit nationaler Migration eine leichte Verschiebung <strong>zu</strong>gunsten der Landwirtschaft. Haushalte mit<br />
internationaler Migration verfügen über ein höheres Einkommen, können mehr in die Landwirtschaft<br />
investieren und erzielen in der Folge ein höheres Einkommen aus der Landwirtschaft (23%)<br />
als Haushalte mit nationaler Migration (15%). Bei der Betrachtung der tatsächlichen Einkommensquellen<br />
der Haushalte im Jahr 2006 fällt auf, dass 20% der Haushalte des Sample nur eine einzige<br />
Einkommensquelle haben: die Migration (drei dieser vier Haushalte betreiben keine Landwirtschaft<br />
mehr, der vierte Haushalt nur etwas Landwirtschaft <strong>zu</strong>r Subsistenz). 40% der Haushalte verfügen<br />
über zwei Einkommensquellen: Migration an erster Stelle sowie Land- oder Viehwirtschaft, in einem<br />
Fall neben den Geldüberweisungen aus der Migration ein (lokales) Gehalt als Lehrer. 30% der<br />
Haushalte haben drei Einkommensquellen. Nur jeweils ein Haushalt (je 5%) verfügt über vier bzw.<br />
ein weiterer Haushalt über fünf Einkommensquellen.<br />
14%<br />
national international<br />
71%<br />
15%<br />
11%<br />
66%<br />
Landwirtschaft Migration andere Quellen<br />
Abb. III.2.4-5: Einkommensquellen nationaler und internationaler Haushalte. Die Klassen „andere Quellen“ umfasst<br />
Einkommen aus Viehverkauf, Löhnen und Gehältern, Geschäften und Mieteinnahmen.<br />
Der Grundannahme von Vertretern der neuen Migrationsökonomie, dass Migration <strong>zu</strong>r Unterhaltssicherung<br />
der Haushalte beiträgt, kann voll <strong>zu</strong>gestimmt werden. Der zweiten Grundannahme hingegen,<br />
dass Migration <strong>zu</strong> einer Einkommensdiversifizierung der Haushalte führt, kann für Ouled Yaoub<br />
nur bedingt <strong>zu</strong>gestimmt werden. Nur 40% der Haushalte haben drei und mehr Einkommensquellen,<br />
ein Fünftel der Haushalte ist jedoch <strong>zu</strong> 100% von der Migration abhängig. Hier ist jedoch<br />
das Entwicklungsstadium von Haushalten <strong>zu</strong> beachten und die Tatsache, dass viele Haushalte in<br />
Bildung investieren – eine Investition, die sich erst in der Zukunft „bezahlt“ machen wird.<br />
23%
Gesellschaft IMPETUS 321<br />
Literatur<br />
BOUNAR, Abdelhadi (1993): L'urbanisation dans un milieu d'oasis présahariennes (La vallée du Draa et le pays de<br />
Ouarzazate). Thèse de doctorat. U.F.R. de Sciences Humaines, Université de Poitiers.<br />
DE HAAN, Arjan & ROGALY, Ben (2002): Introduction: Migrant Workers and Their Role in Rural Change. In: DE<br />
HAAN, Arjan & ROGALY, Ben: Labour Mobility and Rural Society, S. 1-35.<br />
MASSEY, Douglas S.; ARANGO, Joaquín; HUGO, Graeme; KOUAOUCI, Ali; PELLEGRINO, Adela &<br />
TAYLOR, J. Edward (1993): Theories of International Migration: A Review and Appraisal. Population and<br />
Development Review 19 (3), S. 431-467.<br />
MTER, Abdellah (1995): La population ksourienne du sud du Maroc et l'émigration internationale. Le cas des vallées<br />
du Dadess et du Draa dans la Province de Ouarzazate. Geographie, Université de Poitiers, U.F.A. des Sciences<br />
Humaines et des Arts.<br />
RADEMACHER, Christina (2008a): Traditional and Modern Irrigation in Ouled Yaoub. In: SCHULZ, Oliver &<br />
JUDEX, Michael: IMPETUS Atlas Morocco. Research Results of the IMPETUS project 2000-2007, S. 75-76.<br />
Bonn.<br />
RADEMACHER, Christina (2008b): Work Destinations of Ouled Yaoub Labour Migrants. In: SCHULZ, Oliver &<br />
JUDEX, Michael: IMPETUS Atlas Morocco. Research Results of the IMPETUS project 2000-2007, S. 63-64.<br />
Bonn.<br />
RADEMACHER, Christina (2008c): Investments in Land and Water Rights in Ouled Yaoub. In: SCHULZ, Oliver &<br />
JUDEX, Michael: IMPETUS Atlas Morocco. Research Results of the IMPETUS project 2000-2007, S. 77-78.<br />
Bonn.
Gesellschaft IMPETUS 322<br />
PK Ma-G.2 Wasser- und Weidenut<strong>zu</strong>ng im Spannungsfeld zwischen traditionellen<br />
Entscheidungsprozessen und staatlichen Institutionen<br />
Der Wochenmarkt (souk) nahe dem Ort Ait Kassai. Ein Treffpunkt für Nomaden, Bauern und Händler. Neben dem<br />
Marktgelände befinden sich hier wichtige Infrastruktureinrichtungen wie ein Krankenhaus, eine Sekundarschule und<br />
das Kaidat als wichtigste Verwaltungseinrichtung im ländlichen Raum. Hier versammeln sich die transhumanten Viehzüchter<br />
der Region, um das Öffnen und Schließen des agdals im Frühjahr <strong>zu</strong> beschließen und <strong>zu</strong> verkünden.<br />
Problemstellung<br />
Im Fokus des Problemkomplexes PK Ma-G.2 steht die Nut<strong>zu</strong>ng der kollektiven natürlichen Ressourcen<br />
die variabel genutzt werden und deren Zugang prinzipiell von den Entscheidungen der entsprechenden<br />
lokalen Kontrollinstitutionen abhängig ist. Im Gegensatz <strong>zu</strong> den sich im Privateigentum<br />
befindlichen Oasenfeldern steht die Nut<strong>zu</strong>ng prinzipiell der gesamten Gemeinschaft offen. Allerdings<br />
haben sich bestimmte gewohnheitsrechtliche Nut<strong>zu</strong>ngsmuster herausgeprägt die den alltäglichen<br />
Zugang bestimmen. Wasser und Weideland sind also traditionell kollektive Ressourcen, deren<br />
Nut<strong>zu</strong>ng und Verteilung früher die ansässigen Gemeinschaften in Eigenverantwortung regelten.<br />
Seit Beginn der französischen Protektoratszeit beansprucht jedoch der Zentralstaat die Entscheidungskompetenz<br />
über den Zugang <strong>zu</strong> diesen Ressourcen. Trotz der formalen Zuständigkeit des<br />
Zentralstaates sind auf lokaler Ebene islamisch begründete und auf traditionellen Vorgehensweisen<br />
basierende Kontroll- und Verteilmechanismen wirksam.<br />
Während <strong>zu</strong>m Beispiel an der feuchteren Nordflanke des Atlas-Gebirges auf Kollektivland auch<br />
Regenfeldbau betrieben wird, wird im Arbeitsgebiet dieses Land bevor<strong>zu</strong>gt für die Weidewirtschaft
Gesellschaft IMPETUS 323<br />
verwendet. Das gilt fast uneingeschränkt für die Region am Südabhang des Hohen Atlas, wo Kol-<br />
lektivland fast ausschließlich Weideland ist. Die durch die Umnut<strong>zu</strong>g des ehemaligen Kollektivlandes<br />
aufgeworfenen Eigentumsfragen sind komplex und teilweise noch nicht endgültig gelöst.<br />
Der PK Ma-G.2 untersucht Strategien der Nut<strong>zu</strong>ng von kollektiven natürlichen Ressourcen und<br />
versucht Entscheidungsprozesse <strong>zu</strong> definieren und <strong>zu</strong> analysieren, die im Drâa-Ein<strong>zu</strong>gsgebiet den<br />
Zugang <strong>zu</strong> den Ressourcen regeln. Durch eine Institutionenanalyse die exemplarisch für ein Gebiet<br />
im Zentralen Hohen Atlas durchgeführt wurde, konnte die Kompetenzverteilung für das Ressourcenmanagement<br />
auf den verschiedenen Hierarchieebenen und Institutionen aufgezeigt werden. Wegen<br />
der de facto bestehenden Rechtspluralität wurden sowohl die modern-zentralstaatlichen als<br />
auch die traditionell-tribalen Institutionen berücksichtigt, die auf verschiedenen Ebenen der Entscheidungsfindung<br />
<strong>zu</strong>m Tragen kommen können. Viele <strong>Management</strong>probleme haben ihre Wurzeln<br />
in diesem Konfliktfeld konkurrierender Rechtsansprüche.<br />
Mitarbeiter<br />
H. Kirscht, A. Linstädter, G. Baumann, R. Drees, B. Kemmerling<br />
Zielset<strong>zu</strong>ng<br />
Ein zentrales Anliegen dieses Problemkomplexes ist es, ökologische und sozioökonomische Mechanismen<br />
eines nachhaltigen Weidemanagements <strong>zu</strong> verstehen. Dabei wird von der Hypothese<br />
ausgegangen, dass dieses ökologische und ökonomische Puffer schafft bzw. erhält, wodurch die<br />
raum-zeitliche Variabilität der Naturressourcen aufgefangen wird. Die Gültigkeit dieser Hypothese<br />
wird innerhalb der Problemkomplexe Ma-L.1, Ma-L.2 und Ma-G.2 über eine interdisziplinäre, weideökologische<br />
und ethnologische Bearbeitung und die Modellierung mit BUFFER überprüft. Im<br />
vorliegenden Problemkomplex steht dabei die Frage im Vordergrund, inwieweit traditionelle und<br />
staatliche Institution da<strong>zu</strong> die nötigen Rahmenbedingungen schaffen und ob die aktuell beobachteten<br />
Entscheidungsprozesse<br />
<strong>zu</strong> einem (im Sinne der<br />
Puffer-Hypothese) funktionell<br />
angepassten Weidemanagement<br />
führen.<br />
Abb. III.2.4-6 Die Überschneidung territorialer und administrativer Einheiten (aus<br />
Finckh, M. und H. Kirscht 2008)<br />
Der PK untersucht konkret,<br />
welche realen und<br />
virtuellen Gremien und<br />
Institutionen an Nut<strong>zu</strong>ngsentscheidungen<br />
beteiligt<br />
sind, wie formelle und<br />
informelle Instanzen inter-
Gesellschaft IMPETUS 324<br />
agieren, welche Prozesse der Entscheidungsfindung existieren und welche Kriterien für die jeweiligen<br />
Entscheidungen herangezogen werden. Die Kriterien erhalten ihre besondere Relevanz vor dem<br />
Hintergrund der Frage, inwieweit Landnut<strong>zu</strong>ngsentscheidungen im Sinne nachhaltiger Landnut<strong>zu</strong>ng<br />
lenkbar sind. Dafür ist ein gutes Verständnis der Kompetenzbereiche der verschiedenen Institutionen<br />
nötig, sowohl in ihrer räumlichen als auch in der administrativen Dimension. Als<br />
Inputdaten fließen Informationen über traditionelle-tribale und staatlich-administreative<br />
Institutionen auf den verschiedenen räumlichen Ebenen, in die Betrachtungen ein. Zur<br />
Visualisierung und späteren Verarbeitung in den Informationssystemen werden die<br />
Kompetenzbereiche der Institutionen in ein GIS-System integriert. Die Bestandsaufnahme der<br />
Institutionen des Ressourcenmanagements beschreibt dabei die Akteure funktional und räumlich.<br />
Elemente des IS sind also formelle und informelle Institutionen sowie Personen- und<br />
Personengruppen sowie die räumlich und quantitativ definierten Ressourcen. Die Einzelergebnisse<br />
der interdisziplinären Untersuchungen werden in einem konzeptionellen Expertenmodell, das die<br />
Entscheidungsbäume und Wirkungsmechanismen des Ressourcenmanagements abbildet integriert.<br />
Dieses Expertenmodell wird direkt in eine regelbasierte, ökologisch-ökonomische Modellierung des<br />
Ressourcenmanagements mit seinen Wechselwirkungen <strong>zu</strong>r Verfügbarkeit dieser natürlichen Ressourcen<br />
umgesetzt (BUFFER; vgl. PK Ma-L.2). Darüber hinaus bilden die Entscheidungsabläufe,<br />
die das konzeptionelle Modell nachbilden kann, die Grundlage des Informationssystems ISII. Die<br />
durch Überschneidungen der Kompetenzbereiche der beteiligten Akteure entstehenden Konfliktfelder<br />
werden dabei identifiziert. Es ergibt sich so die Möglichkeit institutionelle Ansatzpunkte für<br />
nachhaltige Landnut<strong>zu</strong>ngskonzepte und <strong>Management</strong>pläne auf<strong>zu</strong>spüren. Mit Hilfe des Simulationsmodells<br />
BUFFER können postulierte nachhaltige Landnut<strong>zu</strong>ngskonzepte direkt in ihrer Auswirkung<br />
auf die natürlichen Ressourcen abgeprüft werden. Da ein nachhaltiges Ressourcenmanagement<br />
in ariden und semiariden Klimata an die zeitlich und räumlich extrem heterogene Ressourcenverfügbarkeit<br />
angepasst sein muss, werden die <strong>zu</strong>grunde liegenden Prinzipien des Landmanagements<br />
ebenso im Fokus des ökologisch-ökonomischen Modells BUFFER stehen wie die Dynamiken<br />
und die „Puffer-Qualität“ der natürlichen Ressourcen Weide und Wasser.<br />
Stand der Arbeiten<br />
Im Jahr 2008 sind sowohl die Arbeiten <strong>zu</strong>r Weideökologie (vgl. den Zwischenbericht <strong>zu</strong>m Problemkomplex<br />
MA-L.2), <strong>zu</strong>m Weidemanagement in der Fallstudie „Weidegebiet der Ait Toumert“ als<br />
auch <strong>zu</strong> den relevanten Institutionen dem Zeitplan entsprechend umgesetzt worden. Dies erfolgte<br />
bei den ersten beiden Punkten in enger interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen ökologischen<br />
und ethnologischen Bearbeitern.<br />
Institutionelle Aspekte des Weidemanagements in der Atlasregion<br />
Um institutionelle Aspekte eines nachhaltigen Weidemanagements <strong>zu</strong> verstehen, müssen Indikatoren<br />
und Kriterien für Entscheidungen im Rahmen des lokalen Herden- und Ressourcenmanage-
Gesellschaft IMPETUS 325<br />
ments bekannt sein. Nur so werden beispielsweise Mobilitätsentscheidungen nachvollziehbar und<br />
damit regelbasiert modellierbar. Eine entsprechende Datenlücke wurde bereits <strong>zu</strong> Beginn der 3.<br />
Antragsphase identifiziert. Sie konnte im Berichtsjahr im Rahmen der Feldforschung für eine Diplomarbeit<br />
(B. Kemmerling) geschlossen werden. Die folgenden drei Aspekte wurden während der<br />
Feldforschung von September bis November 2007 untersucht: (i) lokales Wissen <strong>zu</strong>r Naturressource<br />
“Weide”, insbesondere <strong>zu</strong> Futterpflanzen, (ii) Weidemanagement und Mobilitätsmuster (vgl. den<br />
Bericht <strong>zu</strong>m PK Ma-L.1), und (iii) soziale Netzwerke und Institutionen.<br />
Lokales Wissen der Ait Toumert <strong>zu</strong> Futterpflanzen im Weidegebiet Hoher Atlas<br />
Im Jahr 2007 wurden Befragungen mit Hirtennomaden <strong>zu</strong>r Bedeutung von Futterpflanzen durchgeführt<br />
(Kemmerling et al.in prep.). Hierbei kam die Freelisting-Methode <strong>zu</strong>m Einsatz (siehe Zwischenbericht<br />
2007), bei der 17 Informanten auf Nachfrage spontan alle Pflanzenarten nannten, die<br />
von ihren Tieren gefressen werden. Resultat waren 17 Listen, die vergleichend <strong>zu</strong> den von Gisela<br />
Baumann im Gebiet erhobenen Vegetationsdaten ausgewertet werden konnten. Dabei bestand folgende<br />
Frage: Bemessen die Hirten der Ait Toumert den Wert von Weidepflanzen nach ihrer Häufigkeit?<br />
Wenn nicht, welche Pflanzeneigenschaften ziehen sie heran, um den Wert von Pflanzen<br />
Abb. III.2.4.-7: Gegenüberstellung von lokaler Wertschät<strong>zu</strong>ng (SIanthro) <strong>zu</strong> ökologischem Wert (SIeco) von Futterpflanzen<br />
im Weidegebiet Hoher Atlas. Es findet sich keine signifikante Korrelation der Werte.<br />
Pflanzen auf Sommerweidegebieten (schwarz, Hochgebirge) werden lokal als sehr bedeutsam bewertet,<br />
trotz ihrer geringen Häufigkeit. Einige Pflanzen der Winterweidegebiete (grün, Becken von<br />
Ouarzazate) sind von geringem lokalem Wert, kommen jedoch sehr häufig vor. Zur Orientierung<br />
ist eine Diagonale eingezeichnet (equal valuation line), die angibt, wo lokale und ökologische<br />
Wertschät<strong>zu</strong>ng übereinstimmen (Quelle: Daten von Gisela Baumann und Birgit Kemmerling,<br />
Entwurf: G. Baumann).<br />
bzw. einer Weide <strong>zu</strong> bestimmen und damit in Konsequenz ihre <strong>Management</strong>-Entscheidungen <strong>zu</strong><br />
treffen? Um einen direkten Vergleich von lokaler Wertschät<strong>zu</strong>ng und ökologischer Bedeutung vor-
Gesellschaft IMPETUS 326<br />
nehmen <strong>zu</strong> können, wurden Vegetationslisten und Freelistings so ausgewertet, dass jeder Pflanzenart<br />
je nach Listenplatz, Häufigkeit der Nennung und Länge der Liste ein lokaler und ein ökologischer<br />
Rank <strong>zu</strong>geordnet wurden. Dieser Rank oder Wert wird als Smith’s Index (SI) ausgedrückt.<br />
Damit kann für alle Pflanzen, für die eine eindeutige Zuordnung von Berber- <strong>zu</strong> wissenschaftlichem<br />
Namen möglich war, dem ökologischen Wert (SIeco) direkt ein lokaler Wert (SIanthro) gegenübergestellt<br />
werden.<br />
Die Gegenüberstellung von lokaler und ökologischer Bewertung zeigt, dass Häufigkeit allein für die<br />
Hirten der Ait Toumert noch kein Maß für den Wert einer Futterpflanze darstellt. Aufgrund von<br />
ähnlichen Ergebnissen in semiariden Weidegebieten Namibias und Befragungen in Marokko wurde<br />
überprüft, ob die Lebensform einer Pflanze (d.h. ihre Langlebigkeit) für ihre Bewertung eine Rolle<br />
spielt. Hierfür wurde ein einheitsloser Präferenz-Index aus der Differenz beider Ranks berechnet.<br />
Es zeigt sich, dass ausdauernde Pflanzen, insbesondere Bäume, Dornpolster- und Zwergsträucher,<br />
für die Hirtennomaden der Ait Toumert viel wichtiger sind als ihr geringes Vorkommen im Untersuchungsgebiet<br />
induziert. Umgekehrt zeigt sich, dass annuelle und kurzlebige Arten mit wenig<br />
Biomasse, z.B. annuelle Gräser und Kräuter, in ihrer Bedeutung gering geschätzt werden, obwohl<br />
sie im Gebiet häufig sind. Eine allgemeine Regel könnte lauten: Je langlebiger eine Pflanze, desto<br />
höher ist ihr Wert für die Nomaden.<br />
Abb. III.2.4-8: Abhängigkeit der lokalen Wertschät<strong>zu</strong>ng von funktionellen Kriterien, hier der Lebensform angeordnet<br />
von der langlebigsten <strong>zu</strong>r kurzlebigsten: TRE Bäume; C XE Dornpolster; D SH Zwergsträucher; P<br />
GR ausdauernde Gräser; P FO ausdauernde Kräuter; A FO annuelle Kräuter; A GR annuelle Gräser.<br />
Diese Lebensformen kommen auf den Weidetypen mit veränderlicher Abundanz vor: schwarz Sommerweide;<br />
rot Zwischenweide; grün Winterweide. Der gezeigte Präferenz-Index ist positiv bei häufigen<br />
Lebensformen mit geringem lokalem Wert und negativ bei seltenen Lebensformen, die lokal als<br />
wichtige Futterpflanzen eingeschätzt werden.<br />
Weiterhin kann aus diesen Ergebnissen abgeleitet werden, dass die Sommerweidegebiete für die<br />
lokalen Hirten von größerer Bedeutung sind als die Winterweidegebiete. Welche Erklärung können<br />
wir dafür finden? Anthropologische Begründungen können z.B. sein, dass sich die besondere Einordnung<br />
der Sommerweiden durch traditionelle Zugriffsrechte erklärt. Da die Sommerweiden die<br />
einzigen allein den Ait Toumert vorbehaltenen Gebiete sind, werden sie traditionell als sehr wichtig<br />
angesehen. Die Ergebnisse können aber auch im ökologischen Kontext interpretiert werden. Die
Gesellschaft IMPETUS 327<br />
Hirtennomaden der Ait Toumert schätzen besonders jene Pflanzen, die langlebig sind und die Weidegebiete,<br />
auf denen diese Pflanzen in großer Menge vorkommen. Sie bieten ihnen eine verlässliche<br />
Futterquelle selbst in Trockenperioden. Ausdauernde Pflanzen bilden Reservebiomasse aus und<br />
können so die Auswirkungen von Zeiten mit geringerem Niederschlag abpuffern. Die Hirtennomaden<br />
integrieren implizit ihre langjährige Erfahrung in ihr Wissen <strong>zu</strong> bestimmten Schlüsselarten.<br />
Insbesondere in Zeiten von Dürre ist die Verlässlichkeit von Pflanzen und Weiden ein wichtiges<br />
Hilfsmittel für die Mobilitätsentscheidungen der Nomaden.<br />
Aufnahme des Zustands von Weidegebieten als Ausgangs<strong>zu</strong>stand für BUFFER<br />
Zur Erfassung der Abundanz funktioneller Pflanzentypen auf den Weiden der Ait Toumert wurden<br />
im Frühjahr 2008 auf allen vier Höhenstufen (TRL, TAO, AMS, TZT) Vegetationsaufnahmen<br />
durchgeführt. Zusätzlich wurden die beiden Weidegebiete Imlil und Asselda vegetationsökologisch<br />
charakterisiert. Bereits im Herbst 2007 wurden im Gebiet Weidegradienten ausgewählt und nun mit<br />
je acht Aufnahmen erfasst. Dabei wurde die Deckung in Prozent für jede Pflanzenart geschätzt, Boden-,<br />
Lage- und Störungsparameter erfasst sowie eine Analyse des Verbiss<strong>zu</strong>stands dominanter<br />
Sträucher durchgeführt. Zu den vorläufigen Ergebnissen siehe den Zwischenbericht <strong>zu</strong>m Problemkomplex<br />
Ma-L.2. Im Jahr 2009 wird die statistische Auswertung erfolgen. Resultat ist die Charakterisierung<br />
der Weidegebiete der Ait Toumert via Response Groups als Ausgangs<strong>zu</strong>stand für das Modell<br />
BUFFER.<br />
Die Bedeutung der sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen für das Weidemanagement<br />
Obwohl die Entscheidungsfindungsprozesse für das Weidemanagement vom lokalen Umweltwissen<br />
der Hirten beeinflusst werden, müssen die konkreten <strong>Management</strong>entscheidungen von der Pastoralnomadischen<br />
Familie bzw. deren Oberhaupt getroffen werden. Diese sind stark von den ökonomischen<br />
Verhältnissen und sozialen Netzwerken der jeweiligen Familie abhängig. Sowohl Umweltals<br />
auch soziale Faktoren bestimmen das Risiko<br />
einer Familie Krisenzeiten ausgesetzt <strong>zu</strong> sein, sie<br />
sind also Indikatoren für ökonomische Vulnerabilität<br />
eines nomadischen Haushalts. Es hat sich gezeigt,<br />
dass die Vulnerabilität bei wohlhabenderen<br />
Familien geringer als bei ärmeren Familien ist wobei<br />
Wohlstand und Armmut durch vier Kriterien<br />
Abb. III.2.4-9:Weidewirtschaftliche Risikominimie- definiert wurde: 1) der innerhalb der Familie vorrungsstrategien<br />
in verschieden eingeschätzten<br />
Jahren<br />
handenen Arbeitskraft, 2) dem Herdenkapital, 3)<br />
dem Einkommen aus alternativen (<strong>zu</strong>r Vieh<strong>zu</strong>cht)<br />
Quellen und 4.) der Einbindung in lokale Verwandtschaftsnetzwerke, die als sozial institutionalisierte<br />
Ressource betrachtet wurden (Vgl. Breuer 2007: 170f.). Wohlabendere Familien mit vielen
Gesellschaft IMPETUS 328<br />
Arbeitsfähigen Mitgliedern, alternativen Einkommen und guter Vernet<strong>zu</strong>ng können auch in Krisenzeiten<br />
einen höheren Bestand an Tieren (und damit Vermögen) erhalten,während ärmere Familien<br />
eher gezwungen sind, ihre Herde <strong>zu</strong> verkleinern. Das zeigt sich auch darin, dass neben der Mobilität<br />
noch eine Reihe anderer Risikominimierungsstrategien <strong>zu</strong>m Tragen kommen, vor allem während<br />
trockener Jahre. Die Interviews mit Pastoralnomaden der Ait Toumert über ihre Familienstrukturen<br />
haben ergeben, dass die Mehrzahl der Familien <strong>zu</strong>sätzliche Einkommensquellen neben der Weidewirtschaft<br />
nutzt. Die Unterstüt<strong>zu</strong>ng verläuft meist vertikal, d.h. Söhne leisten finanzielle Hilfe für<br />
die Väter oder umgekehrt. Horizontale Unterstüt<strong>zu</strong>ng ist nicht üblich, so dass Geschwister nicht<br />
da<strong>zu</strong> tendieren, sich gegenseitig <strong>zu</strong> helfen, es sei denn, sie sind wirtschaftlich miteinander verbunden,<br />
beispielsweise über eine gemeinsame Herde. Vertiefende Befragungen machten deutlich, dass<br />
<strong>zu</strong>sätzliche Einkommensquellen essentiell für Risiko minimierende Strategien sind und den Handlungsspielraum<br />
im hohen Maße bestimmen. Der Zukauf von Futter während der Winterzeit ist inzwischen<br />
üblich. (Abb.: X6) Er wird häufig sogar in “normalen” Jahren praktiziert. Der Massenverkauf<br />
von Tieren in sehr schlechten Jahren ist oft die letzte Lösung, wenn es gilt einen Totalverlust<br />
<strong>zu</strong> verhindern, was vor allem bei ärmeren Familien, die nicht genügend finanzielle Mittel <strong>zu</strong>m Erwerb<br />
von Zusatzfutter aufbringen können, häufiger und mit gravierenden Konsequenzen passiert.<br />
Die pastoralnomadische Praxis des Weidemanagements ist das Resultat komplexer Entscheidungsprozesse<br />
die unter Einbeziehung lokalen Wissens über Pflanzenverfügbarkeit, klimatischer Variabilität<br />
und den sozialen Verhältnisse der Gesellschaft <strong>zu</strong>nächst individuelle <strong>Management</strong>strategien<br />
ermöglichen. Im gesellschaftlichen Kontext ergibt sich jedoch ein Set von Handlungsmöglichkeiten<br />
aus dem sich die individuellen Akteure bedienen Für und bedeutet das, dass die Untersuchung der<br />
Rolle des lokalen Wissens <strong>zu</strong> einem funktionalen Verständnis der Resilienzmechanismen eines<br />
komplexen <strong>Management</strong>systems beitragen kann.
Gesellschaft IMPETUS 329<br />
Stand der Arbeiten: Modelle<br />
Modell BUFFER<br />
Mit Hilfe des ökologischen Simulationsmodells BUFFER sollen die Auswirkungen von unterschiedlichen<br />
Beweidungsstrategien von Hirtennomaden auf Weidegebiete im Drâa-Ein<strong>zu</strong>gs-gebiet<br />
untersucht werden. Das Modell befindet sich nach einem Wechsel des Bearbeiters noch in der Entwicklungsphase.<br />
Seit Anfang 2008 arbeitet Romina Drees an BUFFER. Da die Konzipierung des<br />
Modells <strong>zu</strong> Beginn 2007 weitgehend abgeschlossen war, konnten in den vergangenen beiden Jahren<br />
Datenlücken identifiziert und entsprechende Nacherhebungen sowohl weideökologischer als auch<br />
ethnologischer Daten initiiert werden. Diese sind inzwischen weitgehend abgeschlossen bzw. befinden<br />
sich in der Schlussauswertung (vgl. den Bericht <strong>zu</strong>m PK Ma-L.2) und stehen für eine Integration<br />
in BUFFER <strong>zu</strong>r Verfügung.<br />
Aus Klimadaten der IMPETUS-Klimastationen 2000-2006 wurden schematische Abschät<strong>zu</strong>ngen<br />
Tizi-N-Tounza<br />
Imeskar<br />
Taoujgalt<br />
Trab Labied<br />
Normativer Transhumanzzyklus<br />
Monate<br />
Sommerweiden<br />
Zwischenweiden<br />
Nahe Winterweiden<br />
Ferne Winterweiden<br />
Abb. III.24.-10: Normativer Transhumanzzyklus der Ait Toumert in raum-zeitlicher Darstellung. Graustufen geben<br />
die geschätzte Verfügbarkeit oberirdischer fressbarer Biomasse. Quelle: sozioökonomische Daten<br />
von Birgit Kemmerling (Kemmerling et al.), Entwurf Romina Drees.<br />
von verfügbarer Biomasse entlang des Jahresverlaufs und des Höhengradienten vorgenommen<br />
(Abb. III.2.4-10, grau hinterlegt). Aus Befragungen der Nomaden <strong>zu</strong> den Zugstrategien<br />
(Kemmerling et al. in prep.) wurde der normative Transhumanzzyklus beschrieben. Normativ<br />
bedeutet, dass die tatsächlichen Zugwege vom idealtypischen Verlauf des Transhumanzweges<br />
abweichen können. Der normative Zyklus zeigt, dass die Nomadenhaushalte im Frühjahr von den<br />
fernen Winterweiden auf die Zwischenweiden ziehen. Dort verweilen sie bis nach der Agdal-<br />
Regelung die Sommerweiden im Sommer betreten dürfen. Im Herbst ziehen sie, wenn es auf den<br />
oberen Flächen wieder kalt wird, <strong>zu</strong>rück auf die Zwischenweiden.<br />
Allerdings variiert die Futterverfügbarkeit aufgrund der hohen klimatischen Variabilität sehr<br />
zwischen den Jahren. Dies spiegelt sich in entsprechenden Abweichungen vom normativen<br />
Transhumanzzyklus wider. Aus Befragungen von (Kemmerling et al. in prep.) wurde nach
Gesellschaft IMPETUS 330<br />
entsprechenden Abweichungen von der Norm in „gut“, „normal“ und „schlecht“ klassifizierten<br />
Jahren gefragt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Haushalte auch innerhalb der Ait Tourmert<br />
Fraktion aufspalten. Es gibt keine allgemein genutzte Strategie. Abb. Ma-G.2.“4“ zeigt, welche<br />
Strategie in Jahren mit guter, normaler und schlechter Ressourcenlage am meisten angewandt wird<br />
Höhe<br />
Gutes Jahr Normales Jahr Schlechtes Jahr<br />
Meist angewandte Strategie<br />
Nächst präferierte Strategie<br />
Normativer Transhumanzzyklus<br />
Summer pastures<br />
Intermediate pastures<br />
Near winter pasture<br />
Far winter pasture<br />
Monate Monate Monate<br />
Abb. III.2.4-11: Normativer Transhumanzzyklus sowie die beiden am häufigsten genannten, teilweise vom normativen<br />
Zyklus abweichenden Zugstrategien der Ait Toumert-Haushalte. Mit Graustufen dargestellt ist geschätzte Verfügbarkeit<br />
oberirdischer fressbarer Biomasse. Quelle: sozioökonomische Daten von Birgit Kemmerling (Kemmerling et al.), Entwurf<br />
Romina Drees.<br />
(ca. 50 % der Familien) und welche jeweils die nächst präferierte Strategie ist (die von<br />
durchschnittlich 30 % der Haushalte genannt wurde).<br />
Es fällt auf, dass Abweichungen von der Norm nur in der Winterzeit zwischen Oktober und März<br />
auftreten. Dies ist die Zeit mit der geringsten und am wenigsten sicheren Futterverfügbarkeit. In<br />
guten Jahren nutzt die Mehrheit der Familien nicht die fernen Winterweiden. Entgegen unserer<br />
Erwartung, dass in schlechten Jahren die fernen Winterweiden genutzt werden, um von den<br />
Stammflächen auf größere Flächen aus<strong>zu</strong>weichen, zeigen die Befragungen: Je weniger Regen fällt,<br />
desto weniger kann Futter auf den fernen Weiden wachsen, so dass diese in den schlechten Jahren<br />
komplett gemieden werden.<br />
Die Anpassungsstrategien der Nomaden erlauben Rückschlüsse auf ressourcenknappe Zeiten und<br />
Weidegebiete. Diese Informationen sollen mit dem Modell BUFFER auf der Grundlage von<br />
Klima- und Vegetationsdaten abgeglichen werden. In einem weiteren Schritt können die<br />
Auswirkungen von Klimawandel und Nut<strong>zu</strong>ngsänderungen (in Form der IMPETUS-Szenarien) für<br />
die Ressourcenverfügbarkeit und die Nachhaltigkeit der heutigen hirtennomadischen Strategien<br />
analysiert werden. Ein zentrales Ergebnis unserer bisherigen Untersuchungen ist, dass die Mobilität<br />
der nomadischen Familien entscheidend für die Anpassungsmöglichkeiten an die variable Umwelt<br />
ist. Dieses sollte immer bei der Entwicklung von Landnut<strong>zu</strong>ngsoptionen in dieser Region bedacht<br />
werden. Des weiteren können mit Hilfe des Buffer-Modells Auswirkungen klimatischer<br />
Veränderungen auf die Futterverfügbarkeit und damit auch die Veränderung der Zugrichtungen<br />
demonstriert werden. Auf der anderen Seite können Auswirkungen von einer bestimmten<br />
Nut<strong>zu</strong>ngsart, in Form einer bestimmten Herdengröße über eine Fläche und einer bestimmten Zeit
Gesellschaft IMPETUS 331<br />
verteilt, auf die verfügbare Futterpflanzenmenge im folgenden Jahr gezeigt werden.<br />
Stand <strong>zu</strong>r SDSS/IS/MT-Entwicklung<br />
ISII - Informations-System der Institutionellen Interdependenzen<br />
Die Arbeiten am Informations-System der Institutionellen Interdependenzen (ISII) haben sich in der<br />
<strong>zu</strong>rückliegenden <strong>Projekt</strong>phase auf einen Ausbau der Datengrundlage konzentriert. Es wurden vor<br />
allem Informationen <strong>zu</strong> lokalen NGOs aus dem Bereich Ressourcennut<strong>zu</strong>ng gesammelt. Da<strong>zu</strong><br />
zählen die Associations des Usager des Eaux Agricoles (AUEA) von denen die meisten zwischen<br />
1995 und 2003 gegründet wurden und die Organisme Pastorale (OP), die relativ rezent etabliert<br />
wurden. Darüberhinaus gibt es eine ganze Reihe von Vereinigungen deren Aufgabengebiet weiter<br />
definiert ist und neben Ressourcenschutz und –verwaltung oft die Förderung von Frauen im<br />
ländlichen Raum unterstützt. Als weitere Inputdaten wurden allgemeine Informationen über<br />
traditionelle und staatliche Institutionen auf verschiedenen Ebenen verwendet Daneben werden die<br />
Kompetenzbereiche der Institutionen (legal, räumlich und thematisch) in ein GIS-System integriert.<br />
Die Bestandsaufnahme der Institutionen des Ressourcenmanagements beschreibt dabei die Akteure<br />
funktional und räumlich. Objekte des IS sind relevante Stakeholder, also formelle und informelle<br />
Institutionen (z.B. Gemeinden, Kaidate, Douars,) sowie Personen- und Personengruppen (NGOs,<br />
Wassernutzer¬verbände) sowie die räumlich und quantitativ definierten Ressourcen. (z.B. tribale<br />
Weidegebiete, Bewässerungsflächen). Während staatliche administrative Strukturen (wie Province,<br />
Cercle, Commune oder Kaidat) räumlich gut definiert sind, sind traditionelle, tribale Strukturen<br />
räumlich nur sehr schwer <strong>zu</strong> fassen. Neue Versuche auch außerhalb des Kernbereichs der<br />
Untersuchungen gelegene Territorien mit GIS-Mitteln räumlich anhand der ethnischen<br />
Zusammenst<strong>zu</strong>ng der Dörfer <strong>zu</strong> erfassen, bedürfen noch einer Überprüfung im Feld. Die so erstellte<br />
Kartierung der räumlichen Kompetenzbereiche von Institutionen des Ressourcenmanagements wird<br />
um formelle und thematische Informationen ergänzt, um so ortsbezogene Informationen <strong>zu</strong>r<br />
Verflechtung von Institutionen des kommunalen Ressourcen-<strong>Management</strong>s im Hohen Atlas<br />
dar<strong>zu</strong>stellen. Die auf den verschiedenen, sich räumlich, konzeptionell und rechtlich<br />
überschneidenden Entscheidungsbäumen angeordneten Institutionen des Ressourcenmanagements<br />
können so dargestellt werden. Das IS soll Entscheidungsräume unterschiedlicher Inklusivität<br />
abbilden und die in den Entscheidungsräumen jeweils relevanten Akteure darstellen. Die<br />
potentiellen Konfliktfelder der beteiligten Akteure werden durch die Kompetenzüberschneidungen<br />
bestimmt bzw. identifiziert.<br />
SDSS Padrâa<br />
Das SDSS PADRÂA hat die Aufgabe, sowohl lokales Umweltwissen als auch wissenschaftliches<br />
Wissen Wichtige Aspekte des lokalen Umweltwissens der Hirtennomaden ist im Berichtsjahr in
Gesellschaft IMPETUS 332<br />
wissenschaftliches Wissen („messbare Größen“) übersetzt worden. Ein wichtiges Ziel des<br />
Entscheidungsunterstüt<strong>zu</strong>ngssystems PADRÂA ist es, dieses lokale Wissen mit weideökologischen<br />
Informationen <strong>zu</strong> verschneiden und als kombiniertes Wissen für Entscheidungsträger in der Region<br />
verfügbar <strong>zu</strong> machen. Das SDSS Padrâa integriert somit Daten, Modellergebnisse und Fragestellungen<br />
aus den PKs Ma-L.2 und Ma-G.2. Es ist noch nicht <strong>zu</strong>r „Version Null“ gelangt, da die Arbeit<br />
am <strong>zu</strong>grunde liegenden Modell BUFFER noch nicht abgeschlossen ist (siehe oben). Es existieren<br />
jedoch für Padrâa detaillierte Planungen der Zielgruppe, der Fragestellung und des notwendigen<br />
Dateninputs. Weiterhin ist bereits definiert worden, an welchen Stellen Experten in den Entscheidungsablauf<br />
eingreifen können und auf welche Weise ihr Wissen einfließt, und wie die Ergebnisse<br />
aufbereitet und ausgegeben werden sollen. Innerhalb des SDSS PADRÂA soll das Modell Buffer<br />
<strong>zu</strong>r Anwendung kommen und Aufschluss geben über die beiden (in enger Zusammenarbeit mit lokalen<br />
Stakeholdern identifizierten) Fragen „Welche Strategie der Ressourcennut<strong>zu</strong>ng ist nachhaltig?“<br />
und „Wo ist <strong>zu</strong> welchen Zeiten Futter besonders knapp?“<br />
Stand der Arbeiten:<br />
Capacity Development<br />
Bei der Auswahl der verfügbar gemachten Informationen muss beachtet werden, dass gezielte<br />
Interventionen, die ein langfristig nachhaltiges Ressourcenmanagement anstreben, für die lokale<br />
Bevölkerung nur dann attraktiv und akzeptabel sind, wenn Konsens darüber hergestellt werden<br />
kann, wem die nachhaltig nutzbar gemachte Ressource letztendlich <strong>zu</strong>gute kommen wird.<br />
Erfahrungen verschiedener Einrichtungen haben gezeigt, dass die vorhandene rechtliche<br />
Unsicherheit, aber auch eine mangelnde Akzeptanz geplanter Maßnahmen, oft lediglich kurzfristige<br />
Exploitationsstrategien fördern, die einem nachhaltigen Ressourcenmanagement entgegenstehen.<br />
Werden solche Maßnahmen trotzdem, <strong>zu</strong>m Beispiel durch staatlichen Druck, durchgeführt, kann<br />
das die traditionellen Instrumente des kollektiven Ressourcenmanagements untergraben und <strong>zu</strong><br />
einer Verschärfung latent vorhandener Interessenskonflikte führen. Die im Berichtsjahr 2008<br />
durchgeführten Capacity Development Maßnahmen zielten deshalb darauf ab, neben der Schulung<br />
an der technischen Plattform <strong>zu</strong>r Datenübergabe, in allen Phasen der Entwicklung die Akzeptanz<br />
und Nutzerfreundlichkeit der Anwendungen mit den lokalen Stakeholdern ab<strong>zu</strong>stimmen.<br />
Da<strong>zu</strong> wurden im <strong>zu</strong>rückliegenden Jahr die Kontakte <strong>zu</strong>m Biodiversitätsprojekt „Projet pour la Conservation<br />
de la Biodiversité par la Transhumance dans le Versant Sud du Haut Atlas“ (CBTHA)<br />
weiter ausgebaut. Im März wurde die Arbeit des Problemkomplexes und eine Konzept des geplanten<br />
„Informationssystems Institutionelle Interdependenzen“ (ISII) bei einer Sit<strong>zu</strong>ng des Comité de<br />
Pilotage in Ouarzazaze vorgestellt (siehe auch Arbeitsbericht des Comité) und mit den anwesenden<br />
Stakeholdern und Entscheidungsfindern diskutiert. Die Anregungen sind in die Weiterentwicklung<br />
des konzeptionellen Systemaufbaus eingeflossen. Am 11. und 12. März 2008 wurde gemeinsam mit
Gesellschaft IMPETUS 333<br />
A. Enders das IMPETUS Framework in Ouarzazate marokkanischen Kollegen vorgestellt und vor-<br />
läufige Versionen der IS und SDSS diskutiert.<br />
Im Mai 2008 wurde dementsprechend von den Federführenden des PK Ma-G.2 (Kirscht,<br />
Linstädter) ein weiterer viertägiger Workshop in Ouarzazate durchgeführt. Neben Mitarbeitern der<br />
veranstaltenden Organisationen nahmen Vertreter der ORMVAO aus Ouarzazate am Workshop teil.<br />
Auf der Tagesordnung stand die Arbeit an den Transferprodukten PADRÂA, PLANT, ISII und<br />
LUD-HA in Form von Vorträgen und Werkstattgesprächen. Konkret wurden das IS PLANT und<br />
das IS LUD-HA jeweils an einem Tag vorgestellt. Die Teilnehmer des Workshops hatten jeweils<br />
die Möglichkeit, mit Hilfe des IMPETUS-Laptoplabors die beiden Systeme ausführlich <strong>zu</strong> testen.<br />
Feedback (<strong>zu</strong>m Beispiel <strong>zu</strong>r Systemstruktur und <strong>zu</strong>r Dokumentation der IS) wurde mit Hilfe von<br />
Evaluationsfragebögen sowie direkt an den Systementwickler Andreas Enders gegeben und in den<br />
folgenden Monaten (d.h. bis <strong>zu</strong>r Statuskonferenz in Ouagadougou) in den beiden<br />
Informationssystemen umgesetzt. Auf der Statuskonferenz erhielten beide Systeme – sicherlich<br />
nicht <strong>zu</strong>letzt aufgrund des intensiven Dialogs während des Entwicklungsprozesses – von den<br />
marokkanischen Stakeholdern eine sehr positive Beurteilung.<br />
Ein weiterer Schwerpunkt des Workshops war das System PADRÂA. Während des letzten Tages<br />
des Workshops wurden im Rahmen eines Werkstattgesprächst aus den bereits identifizierten<br />
Fragestellungen von PADRÂA gemeinsam diejenigen ausgewählt, die für die Stakeholder<br />
besonders bedeutsam sind und daher ein hohes Nut<strong>zu</strong>ngspotential haben. Es zeigte sich, dass die<br />
Thematik des extremen Klimaereignisses „Dürre“ und seine Weiterreichung durch die<br />
verschiedenen Ebenen der Ressourcenverknappung als besonders relevant angesehen wird (vgl. den<br />
Zwischenbericht <strong>zu</strong>m PK Ma-L.2). Weiterhin wurden verschiedene SDSS und Monitoringsysteme<br />
vorgestellt (u.a. ein Weide-Monitoringsystem aus Australien), um anhand dieser konkreten<br />
Beispiele die Frage <strong>zu</strong> erörtern, ob die Implementierung von PADRÂA eher als SDSS oder aber als<br />
Monitoring Tools erfolgen soll, dessen Datengrundlage fortlaufend aktualisiert wird. Aufgrund<br />
personeller Schwierigkeiten wird <strong>zu</strong>m jetzigen Zeitpunkt eine Implementierung als SDSS<br />
favorisiert. Durch eine mögliche Kopplung an das SDSS Moveg-Draa (vgl. den PK Ma-L.2) bleibt<br />
die Option eines Monitoring Tools jedoch weiterhin erhalten.<br />
Literatur<br />
BREUER, I. (2007): Livelihood Security and Mobility in the High Atlas Mountains.-In: GERTEL,J. & BREUER, I.<br />
(eds.): Pastoral Morocco. Globalizing Scapes of Mobilityand Insecurity. Wiesbaden: 165-180.<br />
FINCKH, M und H. KIRSCHT 2008: The Incongruity of Territorial Perceptions as an Obstacle to Resource <strong>Management</strong><br />
in Communal Land – Southern Morocco. In : Mountain Forum Bulletin, July 2008 : 11-13.
IMPETUS Atlas IMPETUS 334<br />
IV: Kommunikation von wissenschaftlichen Ergebnissen:<br />
Der IMPETUS-Atlas<br />
Mitarbeiter<br />
O. Schulz, M. Judex, H.-P. Thamm, S. Krüger, T. Breuer, D. Kohn, A. Rachowka, P. Aben, U.<br />
Kutsch<br />
Herausforderung<br />
Während der <strong>Projekt</strong>laufzeit wurden in den verschiedenen Disziplinen sowie in interdisziplinärer<br />
Zusammenarbeit viele wissenschaftliche Erkenntnisse gewonnen. Neben deren Veröffentlichung in<br />
wissenschaftlichen Zeitschriften, die für viele Kooperationspartner in Marokko und Benin nicht<br />
oder nur schwer <strong>zu</strong>gänglich sind, ist die Aufbereitung und Verbreitung der wichtigsten Forschungsergebnisse<br />
in einfacher, überschaubarer und ansprechender Form erklärtes Ziel der <strong>Projekt</strong>mitarbeiter.<br />
Die IMPETUS-Atlanten für Marokko und Benin sind dafür konzipiert, eine Brücke zwischen den<br />
deutschen Wissenschaftlern und den aktuellen sowie potentiellen Nutzern der <strong>Projekt</strong>ergebnisse<br />
(Wissen, Daten, Analysemethoden und die Verknüpfung lokalen Wissens mit (inter-) disziplinärer<br />
Forschung) <strong>zu</strong> schlagen. Zu den Nutzern in Marokko und Benin gehören Wissenschaftler und Forschungsprojekte,<br />
lokale bis nationale Behörden und (Hilfs-) Organisationen sowie alle interessierten<br />
Personen und Gruppen vor Ort, von denen einige durch ihr Einverständnis und ihre Unterstüt<strong>zu</strong>ng<br />
erst so manche Forschungsarbeit über die Menschen vor Ort möglich machten.<br />
Die Atlanten sind gedacht als Grundlage für die Kommunikation zwischen den oben genannten<br />
Gruppen und auch für Planungszwecke, da in beiden Ländern Grundlagendaten wie Karten und<br />
Statistiken <strong>zu</strong> manchen Themen auf planungsrelevanten Maßstabsebenen entweder nicht existieren<br />
oder nur schwer bzw. nicht <strong>zu</strong>gänglich sind. Hier kann die Darstellung von punktuellen oder regionalen<br />
<strong>Projekt</strong>ergebnissen in den Atlanten den Anstoß <strong>zu</strong> weiterer Datenerhebung und <strong>zu</strong> weiteren<br />
Analysen geben. Es wäre wünschenswert, wenn durch das breite Spektrum der Themen Planer und<br />
Entscheider vor Ort miteinander ins Gespräch kämen.<br />
Auf der GLOWA-Konferenz in Ouagadougou im August 2008 sowie der IMPETUS-Konferenz in<br />
Ouarzazate im Oktober 2008 wurden die IMPETUS-Atlanten für Marokko und Benin in einer englischen<br />
Druckversion einem breiten Publikum vorgestellt und sehr interessiert aufgenommen (Abb.<br />
IV-1). Ende des Jahres war die französische Version für Marokko im Druck und für Benin in Vorbereitung,<br />
so dass bis <strong>zu</strong>m Frühjahr 2009 alle <strong>Projekt</strong>partner in Marokko und Benin versorgt sein<br />
werden. Parallel da<strong>zu</strong> wurde mit „open source software“ ein Digitalatlas entwickelt (Abb. IV-2), der<br />
ebenfalls auf den Konferenzen in Ouagadougou und Ouarzazate vorgestellt und von den <strong>Projekt</strong>partnern<br />
getestet wurde. Für diese Anlässe wurden auch Informations-Flyer und CDs vorbereitet.<br />
Der Digitalatlas ist dreisprachig (Englisch, Französisch, Deutsch) und vereinigt die Beiträge der<br />
Druckversionen beider Länder mit weiteren Grundlagendaten. Dabei sind Neu<strong>zu</strong>sammenstellungen<br />
der einzelnen thematischen Layer genauso möglich wie einfache Abfragen und Darstellungsände-
IMPETUS Atlas IMPETUS 335<br />
rungen. Der Funktionsumfang des Digitalatlas wird bis <strong>zu</strong>m Frühsommer 2009 noch erweitert, die<br />
Handhabung verbessert und eine Dokumentation erstellt, so dass ein vielseitiges Werkzeug an die<br />
<strong>Projekt</strong>partner weitergegeben werden kann, welches aufgrund der „open source“-Architektur nicht<br />
nur im <strong>Projekt</strong>rahmen sondern auch darüber hinaus für Weiterentwicklungen offen und frei <strong>zu</strong>gänglich<br />
ist.<br />
Abb. IV-1: Vorderseite der IMPETUS-Druckatlanten für Marokko und Benin (engl. Version).<br />
Druckatlanten<br />
Die Atlanten bestehen aus doppelseitigen Beiträgen im Format DIN A4 mit Text und kleineren Abbildungen,<br />
ggf. sind auch Tabellen und Karten integriert. Dadurch kann und muss ein Thema sehr<br />
übersichtlich dargestellt werden, wobei die einzelnen Beiträge nicht <strong>zu</strong>letzt aufgrund der interdisziplinären<br />
Autorenschaft untereinander vernetzt und Bezüge <strong>zu</strong> anderen Beiträgen kenntlich gemacht<br />
sind (z.B. 26). Die linke Seite ist eher dem Text vorbehalten, auf der rechten Seite ist –<br />
wenn vorhanden – eine große Karte platziert. Da die Beiträge thematisch und von der benutzten<br />
Datengrundlage her sehr unterschiedlich sind, variiert das Aussehen. Beim „Layouten“ eines jeden<br />
Beitrags unter Beachtung grundlegender Layout-Standards wurde auf eine gute Lesbarkeit und<br />
Übersichtlichkeit Wert gelegt. Die Anzahl der Beiträge liegt im Marokko-Atlas bei 33, im Benin-<br />
Atlas bei 58, welche thematisch gruppiert sind. Impressum, Vorwort, Autorenliste mit Adressen,<br />
Inhalts- und Abkür<strong>zu</strong>ngsverzeichnis komplettieren die Atlanten. Zur einfachen Handhabung und für<br />
den Einsatz außerhalb eines Büros sind die Atlanten mit transparenten Kunststoff-Deckfolien und<br />
einer Spiralbindung versehen.
IMPETUS Atlas IMPETUS 336<br />
Abb. IV-2: CD-Cover des IMPETUS-Digitalatlas (franz. für marokkanischen Teil).<br />
Das Layout der Atlanten erfolgte mit der „open source“ Software „Scribus“ (www.scribus.net), das<br />
Format für den Digitaldruck war PDF. Alle Beiträge wurden von Mitarbeitern auf Englisch geschrieben<br />
und projektintern von fachnahen und fachfernen Kollegen begutachtet. Eine sprachliche<br />
Verbesserung konnte beim externen Korrekturlesen durch die „American Journal Experts“<br />
(www.journalexperts.com) erreicht werden. Die französische Überset<strong>zu</strong>ng der Beiträge wurde und<br />
wird <strong>zu</strong>rzeit durch Kooperationspartner an der <strong>Universität</strong> von Cotonou in Benin geleistet (Gruppe<br />
um Dr. Vincent Orekan, der in Kooperation mit IMPETUS promovierte). Die Vergabe der Überset<strong>zu</strong>ngsarbeiten<br />
an Kooperationspartner sorgt für eine weitere Verbreitung der Atlanten und ihrer<br />
Inhalte und verankert die Forschungsergebnisse im Partnerland.<br />
Die Karten wurden von jedem Autor nach allgemein festgelegten Format- und Layoutvorgaben mit<br />
ArcGIS erzeugt und bei Bedarf in mehreren Iterationen mit der Atlas-Arbeitsgruppe inhaltlich und<br />
formal vereinheitlicht. Letztere lieferte auch Vorschläge und Beispiele <strong>zu</strong>m Layout der Druckatlanten.<br />
Für die letztendliche Genehmigung der Beiträge und des Erscheinungsbilds des Atlas zeichnete<br />
ein projektinternes „editorial board“ verantwortlich. Die Schriftart musste für die französischen<br />
Druckversionen geändert werden, da die gleichen Beiträge länger werden und sonst die Doppelseite<br />
überschritten hätten.<br />
Der Aufbau der Atlanten ist den folgenden Inhaltsverzeichnissen <strong>zu</strong> entnehmen. Nach einem Vorwort<br />
und einer Einführung in die Arbeit des IMPETUS-<strong>Projekt</strong>s sowie in die Länder und engeren<br />
Untersuchungsregionen (Ouémé in Benin und Drâa in Marokko) folgen die <strong>zu</strong> Themenbereichen<br />
gruppierten Beiträge über Klima, Wasser, Geologie und Boden, Landnut<strong>zu</strong>ng, Bevölkerung, Existenzsicherung,<br />
Gesundheit und anderes, wobei das Themenspektrum je nach Forschungsschwer-
IMPETUS Atlas IMPETUS 337<br />
punkten sowie Personalausstattung zwischen Marokko und Benin variiert. Beispielhaft werden auf<br />
den nächsten Seiten je ein Beitrag aus dem Marokko-Atlas und dem Benin-Atlas gezeigt.<br />
Inhaltsverzeichnis des IMPETUS Marokko-Atlas<br />
Inhaltsverzeichnis des IMPETUS Benin-Atlas
IMPETUS Atlas IMPETUS 338
IMPETUS Atlas IMPETUS 339<br />
Abb. IV-3 (Doppelseite): Beispiel für einen Beitrag aus dem Marokko-Atlas (engl. Version, verkleinert, Originalgröße:<br />
DIN A4).
IMPETUS Atlas IMPETUS 340
IMPETUS Atlas IMPETUS 341<br />
Abb. IV-4 (Doppelseite): Beispiel für einen Beitrag aus dem Benin-Atlas (engl. Version, verkleinert, Originalgröße:<br />
DIN A4).
IMPETUS Atlas IMPETUS 342
IMPETUS Atlas IMPETUS 343<br />
Digitalatlas<br />
Technische Grundlage für die Erstellung des Digitalatlas war eine Diplomarbeit im Studiengang<br />
Geographie (Stefan Krüger), die am Zentrum für die Fernerkundung der Landoberfläche (ZFL) in<br />
Bonn in Kooperation mit IMPETUS durchgeführt und betreut wurde. Der Atlas lässt sich in drei<br />
Arbeitsebenen strukturieren, den „Geopublisher“, den „AtlasStyler“ und den „AtlasViewer“ (Abb.<br />
IV-5).<br />
Abb. IV-5: Struktur und Datenfluss im IMPETUS-Digitalatlas für Marokko und Benin.<br />
Mit dem Geopublisher wurde eine von S. Krüger programmierte Umgebung geschaffen, in welcher<br />
die Erstellung eines mehrsprachigen Digitalatlas möglich ist. Im Geopublisher werden Aussehen<br />
und Funktionsumfang des Atlas festgelegt sowie Geo- und andere Daten für die Visualisierung<br />
verwaltet und vorverarbeitet. Alle im Atlas <strong>zu</strong> visualisierenden Daten müssen <strong>zu</strong>nächst importiert<br />
werden. Ein wichtiges Werkzeug innerhalb des Geopublishers ist der AtlasStyler. Hier wird die Art<br />
der Darstellung von in den Geopublisher importierten Geodaten, Tabellen und Multimediadaten mit<br />
Hilfe einer graphischen Benutzeroberfläche festgelegt. Da<strong>zu</strong> gehören Größen- und Farbwert<strong>zu</strong>weisungen<br />
für Vektor- und Rasterdaten u.a.<br />
Mit dem AtlasViewer schließlich werden die im Geopublisher vorbereiteten und exportierten Karten<br />
visualisiert (Abb. IV-6). Der AtlasViewer ist das Endprodukt für den einfachen Anwender. Karten<br />
können für die Darstellung beliebig kombiniert werden, da<strong>zu</strong> gibt es Auswahlmöglichkeiten<br />
(Zoom, Metadatenabfrage <strong>zu</strong> Datengrundlagen sowie <strong>zu</strong>r aktuellen Auswahl in der Karte, Transparenz<br />
und einfache Darstellungsänderungen).<br />
In den Digitalatlas wurden annähernd alle Karten der Druckversionen des Benin- und des Marokko-<br />
Atlas eingefügt. Dabei wurde versucht, die Darstellung der Karten möglichst <strong>zu</strong> übernehmen. Da<br />
der Geopublisher aber nicht die gleichen Möglichkeiten bietet wie z.B. ArcGIS, konnte dies nur<br />
teilweise umgesetzt werden. Insbesondere die Darstellung von Rasterformaten ist mit Einschränkungen<br />
verbunden, da nur ausgewählte Formate z.B. AsciGrid oder Tiff entsprechend dargestellt
IMPETUS Atlas IMPETUS 344<br />
werden. Eine Vorprozessierung der Rasterdaten außerhalb des Geopublishers war daher notwendig.<br />
Weitere Grundlagendaten sowie thematische Karten, die nicht in den Druckversionen dargestellt<br />
sind, wurden ebenfalls in den Geopublisher integriert.<br />
Abb. IV-6: Bildschirmansicht des IMPETUS-Digitalatlas für Marokko und Benin (AtlasViewer, franz. Version).<br />
Mit Hilfe des AtlasStylers können per Mausklick weitere Darstellungsstile für Punkte, Linien und<br />
Raster mit vorgegebenen Symbolen, oder Schraffuren vordefiniert und bei Bedarf auf neue Daten<br />
angewendet werden. Sollen unterschiedliche Informationen eines Layers bzw. eines Shapefiles dargestellt<br />
werden, so war es bisher notwendig das Shapefile auch doppelt auf<strong>zu</strong>nehmen. Durch die<br />
Funktionserweiterung „Additional Styles“ ist es nun möglich, einem Shapefile gleich mehrere Stile<br />
für die Darstellung mehrerer Informationen <strong>zu</strong><strong>zu</strong>ordnen.<br />
Alle Beschriftungen des Geopublisher wurden in die drei Atlassprachen Englisch, Französisch und<br />
Deutsch übersetzt. Ein Wechsel ist per Knopfdruck sofort möglich. Der Atlas startet automatisch in<br />
der Sprache des Rechner-Betriebssystems. Auch die Inhalte der einzelnen Layer (Titel und Beschriftungen)<br />
wurden in alle drei Sprachen übersetzt. Die Überset<strong>zu</strong>ng und Einpflege der Metainformationen<br />
und Text<strong>zu</strong>sammenfassungen ist im Frühjahr 2009 abgeschlossen.
IMPETUS Atlas IMPETUS 345<br />
Jeder einzelne Daten-Layer verfügt über eine Metadatenseite (HTML), welche z.B. über den Infobutton<br />
im AtlasViewer abrufbar ist und die <strong>zu</strong>sätzliche Informationen enthält (Autor, Datenherkunft,<br />
Erhebungszeitraum, genutzte Methoden bzw. Modelle sowie eine kurze Beschreibung der<br />
Daten). Auch hier wurde auf eine einheitliche Struktur nach Art eines vorgegebenen Formulars geachtet.<br />
Durch das HTML-Format bleiben dem Anwender dennoch viel Raum und viele Darstellungsmöglichkeiten<br />
für Informationen. Denkbar sind Verlinkungen auf andere Dateien oder die<br />
Einbeziehung von Tabellen oder Bildern. Bisher nur auf Deutsch und Englisch vorliegend, werden<br />
die Informationsseiten ebenfalls noch ins Französische übersetzt.<br />
Zu jeder Karte gibt es eine allgemeine Information, die <strong>zu</strong>rzeit die Zusammenfassungen der einzelnen<br />
Druckatlas-Beiträge enthält. So kann beim Aufrufen einer thematischen Karte (die aus einer<br />
Reihe von einzelnen Datenlayern besteht) sogleich ein Überblick über die dargestellten Inhalte gewonnen<br />
werden. Ebenso ist das Aufrufen eines PDF-Dokuments des ausgewählten Druckatlas-<br />
Beitrags möglich.<br />
Verfügbarkeit des Digitalatlas<br />
Neben der CD-Version des Digitalatlas ist inzwischen auch ein Serverbetrieb möglich. Bei letzterem<br />
werden nach dem Start des AtlasViewer nur die Inhalte vom Server herunter geladen, welche<br />
ausgewählt wurden (download on demand). Gegenüber dem bisherigen, kompletten Herunterladen<br />
des Atlas (ca. 600 MB) bringt das den Vorteil, auf lange Ladezeiten verzichten <strong>zu</strong> können.<br />
Schließlich ist der IMPETUS-Digitalatlas (AtlasStyler und AtlasViewer) auch mit dem IMPETUS-<br />
ISDSS Framework kompatibel und ist dort integriert.<br />
Der IMPETUS-Digitalatlas kann über die IMPETUS-Homepage abgerufen werden:<br />
http://www.impetus.uni-koeln.de/iida<br />
Auf der Entwicklerseite http://wald.intevation.org/projects/atlas-framework/ wurde der Quellcode<br />
des Geopublishers unter der LGPL Lizenz (Lesser General Public Licence) veröffentlicht. Die<br />
Wald-Webseite der Firma Intevation bietet für jedes freie Softwareprojekt (so auch für den Digitalatlas)<br />
die Möglichkeit, Programmfehler oder Wünsche für die Weiterentwicklungen online <strong>zu</strong> melden<br />
und <strong>zu</strong> verwalten.<br />
Literatur<br />
JUDEX, M. AND H.-P. THAMM (EDS.) (2008): IMPETUS Atlas Benin. Research Results 2000-2007. 3. edition (English).<br />
Bonn, Cologne.<br />
SCHULZ, O. AND M. JUDEX (EDS.) (2008): IMPETUS Atlas Morocco. Research Results 2000-2007. 3. edition (English).<br />
Bonn, Cologne.