CliniCum pneumo 04/2017
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Bohle: „Die ideale allergenspezifische Immuntherapie<br />
sollte wirksam und zuverlässig sein,<br />
sicher, bequem anzuwenden, und die Behandlungsdauer<br />
sollte kurz sein.“<br />
ten kommt. Auch allergenspezifische T-Zellen spielen<br />
bei dieser Reaktion eine wichtige Rolle.<br />
„Bei der spezifischen Immuntherapie kommt es sehr<br />
rasch zu einer Reduktion der Sensitivität der Effektorzellen,<br />
und Mastzellen und Basophile verlieren an Reaktivität“,<br />
so Bohle. Ebenfalls in der frühen Therapiephase<br />
kommt es zu einer Erhöhung der Zahl regulatorischer<br />
T- und B-Zellen, die aber im weiteren Verlauf der Behandlung<br />
wieder abfallen. Erst später – also bei längerfristiger<br />
Therapie – setzt die Immundeviation ein. Darunter<br />
versteht man den erwünschten Wechsel von Th2- zu<br />
Th1-Immunantwort. Langfristig über den Zeitverlauf<br />
wurde ebenfalls eine Reduktion von Effektorzellen im<br />
Gewebe beobachtet.<br />
Parallel zu den zellulären Veränderungen finden humorale<br />
Veränderungen statt. Initial kommt es zu einem Anstieg<br />
und später wieder Abfall von Allergen-spezifischen<br />
IgE-Antikörpern. 5 Bohle dazu: „Für diesen Anstieg konnte<br />
allerdings keine klinische Relevanz nachgewiesen werden.“<br />
Parallel dazu folgt ein massiver Anstieg von Allergen-spezifischen<br />
IgG-Antikörpern. Diese ist am deutlichsten<br />
bei IgG4-Antikörpern ausgeprägt. Allerdings konnte<br />
bisher kein Nachweis erfolgen, dass dieser IgG4-Antikörper-Anstieg<br />
als Biomarker eingesetzt werden könnte. 6<br />
Becker: „Eine weitere Frage wäre, ob die molekulare<br />
Diagnostik als Monitoring von Therapieeffekten<br />
in Studien verwendet werden kann.“<br />
Bezüglich Sicherheit wurden im Rahmen eines europäischen<br />
Survey bei über 4.300 Patienten rund 109 systemische<br />
Reaktionen beobachtet. 7 Davon traten knapp 90 Prozent<br />
bei der subkutanen und etwa zehn Prozent bei der<br />
sublingualen Immuntherapie auf. Etwas mehr als 75 Prozent<br />
der Nebenwirkungen treten während der Steigerungsphase<br />
auf. Insgesamt waren milde Reaktionen am<br />
häufigsten, nur drei Prozent wurden als schwer eingestuft.<br />
„Die ideale allergenspezifische Immuntherapie sollte<br />
wirksam und zuverlässig sein, sicher, bequem bzw. praktisch<br />
anzuwenden, und die Behandlungsdauer sollte kurz<br />
sein“, resümiert Bohle. Vonseiten der Produktion sollten<br />
Herstellung und Standardisierung einfach sein, eine konstante<br />
Chargenqualität der Vakzine sollte garantiert werden<br />
können.<br />
„Weitere Nachteile der Gesamtextrakte sind, dass ausreichend<br />
hohe Konzentrationen von allen relevanten Allergenen<br />
nicht garantiert werden können, dass deren Zusammensetzung<br />
heterogen ist und eine Kontamination mit<br />
Buhl: „In der MITRA-Studie zeigte sich unter der<br />
höheren Dosis der Immuntherapie ein um signifikante<br />
50 Prozent reduziertes Risiko schwerer<br />
Asthmaexazerbationen.“<br />
Allergenen aus anderen Quellen bestehen kann“, so Bohle.<br />
Einen Ausweg dafür bieten rekombinante Allergene. Bei<br />
diesen konnte gezeigt werden, dass Hauptallergene in Birken-<br />
und Gräserpollen klinisch effektiv sind und den Gesamtextrakt<br />
ersetzen konnten. Rekombinante Allergene<br />
lösen keine neuen Sensibilisierungen aus und stellen<br />
pharmazeutisch klar definierte Präparate mit Chargengleichheit<br />
dar. Bohle: „Dass sie sich bis jetzt noch nicht<br />
durchgesetzt haben, liegt daran, dass sie die Hoffnung,<br />
wirksamer als Allergenextrakte zu sein, nicht erfüllt haben,<br />
in der Produktion sehr teuer sind und hohen regulatorischen<br />
Auflagen unterliegen.“<br />
Eine Möglichkeit der Verbesserung rekombinanter Allergene<br />
liegt in der Herstellung von Hypoallergenen. Diese<br />
weisen eine deutlich reduzierte IgE-Bindung auf, können<br />
aber trotzdem IgG-Antikörper induzieren.<br />
Ein weiteres Konzept beinhaltet die Verabreichung von B-<br />
Zell-Peptiden. Diese beinhalten keine T-Zell-Epitope,<br />
werden von IgE nicht erkannt, induzieren aber IgG-Antikörper,<br />
die das Wildtyp-Allergen erkennen.<br />
Allergische Rhinitis<br />
„Bei der molekularen Diagnostik hat es in den letzten Jahrzehnten<br />
einen immensen Wissenszuwachs gegeben“, sagt<br />
auch Dr. Sven Becker, Oberarzt an der Hals-, Nasen-, Ohren-<br />
und Poliklinik, Universitätsmedizin Mainz. Sie setzt<br />
sich auch zunehmend in der klinischen Routine durch.<br />
Die Vorteile, die die molekulare Allergiediagnostik bei<br />
der allergischen Rhinitis bietet, sind neben der Identifikation<br />
der auslösenden Allergenquelle die Lösung von<br />
komplexen Sensibilisierungsmustern. Dies führt zu einer<br />
höheren Genauigkeit bei der Verschreibung der spezifischen<br />
Immuntherapie. Zudem steigert die molekulare<br />
Diagnostik das Verständnis für Kreuzreaktionen.<br />
„Eine weitere Frage wäre, ob die molekulare Diagnostik<br />
als Monitoring von Therapieeffekten in Studien verwendet<br />
werden kann“, unterstreicht Becker. Von Bedeutung<br />
ist weiters noch die Möglichkeit der Vorhersage von<br />
Schwere und Art von Symptomen vor allem bei Nahrungsmittelallergien,<br />
aber auch beim allergischen Asthma<br />
bronchiale.<br />
Asthma bronchiale<br />
Allergisches Asthma bronchiale. In der MITRA-Studie<br />
erhielten Patienten mit Hausstaubsensibilisierung, deren<br />
allergisches Asthma bronchiale mit inhalativen Kortikosteroiden<br />
nicht kontrolliert werden konnte, über ein Jahr<br />
eine spezifische Immuntherapie in zwei verschiedenen<br />
Dosen und in einem Arm Placebo. 7<br />
„Unter der höheren<br />
Dosis der Immuntherapie zeigte sich ein um signifikante<br />
50 Prozent reduziertes Risiko schwerer Asthmaexazerbationen“,<br />
fasst Prof. Dr. Roland Buhl, Leiter des Schwerpunktes<br />
Pneumologie III, Universitätsmedizin Mainz, die<br />
Ergebnisse zusammen.<br />
Bei schwerem allergischem Asthma bronchiale kann der<br />
monoklonale Antikörper Omalizumab eingesetzt werden.<br />
Der klassische Patient mit schwerem allergischem<br />
Asthma bronchiale präsentiert sich mit allergenbezogener<br />
Symptomatik und „allergischen“ Komorbiditäten.<br />
Seine Erkrankung beginnt in der Regel früh, oft schon im<br />
Kindes- und Jugendalter. Er weist einen positiven Allergie-Hauttest<br />
und entsprechend erhöhtes Gesamt- und<br />
spezifisches IgE auf, und er spricht auf Glukokortikoide<br />
und Anti-IgE an.<br />
18 <strong>pneumo</strong> CC 4/17