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Angola vor den Wahlen

Die Fachzeitschrift zum Südlichen Afrika. Afrika Süd liefert kritische Hintergrundanalysen, stellt konkrete Projekte vor und lässt Akteure zu Wort kommen. // THEMENSCHWERPUNKT Angola vor den Wahlen // www.africanclimatevoices.com, www.afrika-sued.org

Die Fachzeitschrift zum Südlichen Afrika. Afrika Süd liefert kritische Hintergrundanalysen, stellt konkrete Projekte vor und lässt Akteure zu Wort kommen. // THEMENSCHWERPUNKT Angola vor den Wahlen // www.africanclimatevoices.com, www.afrika-sued.org

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Potemkisches Dorf<br />

Äußerlich betrachtet erfüllt angola viele<br />

Standard-Kriterien von „guter regierungsführung“.<br />

die verfassung gewährt jeder<br />

Bürgerin und jedem Bürger „rechte und<br />

fundamentale Freiheiten“ und schreibt<br />

zwei oberste gerichte <strong>vor</strong>. es gibt einen<br />

rechnungshof und andere gremien der gewaltenteilung<br />

wie <strong>den</strong> nationalen ombudsmann.<br />

die regierung erlaubt und inanziert<br />

sogar etliche oppositionsparteien, die ihre<br />

Sitze im Parlament durch wenn auch ungleiche<br />

wahlkämpfe errungen haben. Insofern<br />

scheint angola die formalen Kriterien eines<br />

modernen demokratischen rechtsstaats<br />

zu erfüllen. In wirklichkeit aber handelt es<br />

sich in <strong>den</strong> meisten Fällen um Scheininstitutionen,<br />

um Bühnen für verordnete rituaangola<br />

<strong>vor</strong> <strong>den</strong> wahlen<br />

Foto: Jens Aarsteln Holm / cc: by-nc-nd<br />

Gelegenheit macht Diebe<br />

ANGOLAS RENTEN-ÖKONOMIE. „Gelegenheit macht Diebe“ lautet eine uralte Weisheit. Im Falle des in <strong>den</strong><br />

globalisierten Kapitalismus eingebun<strong>den</strong>en <strong>Angola</strong> sind es die im Ausland sich bieten<strong>den</strong> Gelegenheiten, die zum<br />

Verschwin<strong>den</strong>lassen des größten Teils der Beute führen.<br />

die Situation: Unter der Patronage und<br />

dem Schutz eines Big Man, der seit langen an<br />

der Macht ist, und mit hilfe ihres aus <strong>den</strong> exporteinnahmen<br />

gewonnenen reichtums sichern<br />

sich die Mitglieder der angolanischen<br />

elite ihre Privilegien mit eigennützigen geschäften.<br />

Sie plündern <strong>den</strong> reichtum des<br />

landes und schafen ihn ins ausland. Innerhalb<br />

wie außerhalb des gesetzes eignen sie<br />

sich land und Immobilien an und organisieren<br />

für sich und ihre Komplizen kommerzielle<br />

Monopole. der Staat subventioniert<br />

ihren lebensstil und gewährt ihnen <strong>vor</strong>rangigen<br />

Zugang zu gesundheit, Schulbildung<br />

und anderen dienstleistungen. dabei zeigen<br />

sie keine hemmung, ihren Status-quo mit<br />

ofener und verdeckter repression aufrechtzuerhalten.<br />

gilt das für das heutige angola? Ja, und<br />

doch beschreibt es auch das angola von<br />

gestern, besonders in <strong>den</strong> 1950er- und 60er<br />

Jahren, <strong>den</strong> letzten deka<strong>den</strong> der portugiesischen<br />

Kolonialzeit. natürlich ist die Situation<br />

2017 in vielerlei hinsicht anders. So war<br />

angolas Kolonialwirtschaft weit diverser.<br />

Sie produzierte <strong>den</strong> großteil der eigenen<br />

nahrungsmittel und sogar viele gebrauchsgüter.<br />

Im vergleich zu anderen Ökonomien<br />

südlich der Sahara hatte sie ein großes lohnabhängiges<br />

Proletariat, viele afrikanische<br />

Farmer nutzten fortschrittliche technische<br />

anbaumetho<strong>den</strong>. Im postkolonialen angola<br />

sind solche sozialen Kategorien weitgehend<br />

in sich zusammengebrochen, dafür schritten<br />

eine umfassende Urbanisierung, allgemeine<br />

alphabetisierung und der ausbau der Kommunikationssystemen<br />

<strong>vor</strong>an. <strong>den</strong>noch haben<br />

Institutionen, Praktiken und haltungen,<br />

die <strong>den</strong>en in der Kolonialzeit gleichen, im<br />

heutigen angola überlebt. Schlechte regierungsführung<br />

und Korruption sind nun mal<br />

nichts neues und betrefen keinesfalls nur<br />

angola.<br />

le. natürlich ist nicht alles symbolisch, aber<br />

die meisten Prozesse dienen dazu, ein verdecktes<br />

System zu legitimieren und zu stabilisieren,<br />

von dem die Mächtigen sowohl<br />

innerhalb als auch außerhalb des landes<br />

proitieren.<br />

Betrügerische extraktive geschäfte von<br />

hochrangigen Politikern, ihren Familien<br />

und privaten Unternehmen wer<strong>den</strong> regelmäßig<br />

in journalistischen Beiträgen wie<br />

wissenschaftlichen abhandlungen zum<br />

postkolonialen angola thematisiert. die Berichte<br />

sind so zahlreich, dass sie kaum noch<br />

schockieren. <strong>den</strong>noch haben viele hart dafür<br />

gearbeitet und sind große risiken eingegangen,<br />

um ihre recherchen an die Öfentlichkeit<br />

und <strong>vor</strong> gericht zu bringen. Unabhängige<br />

politische Persönlichkeiten angolas<br />

wie Filomeno vieira lopes, unerschrockene<br />

Journalisten wie raphael Marques, erfahrene<br />

akademiker wie ricardo Soares de<br />

oliveira und aktivisten zu hause und in der<br />

angolanischen diaspora haben alle dazu<br />

beigetragen, das öfentliche Bewusstsein zu<br />

schärfen.<br />

die Kenntnisse über Machenschaften häufen<br />

sich trotz gesetzen zur Kriminalisierung<br />

der Informationsfreiheit, androhungen von<br />

Strafverfolgung und Strafprozessen. Mit<br />

großangelegten werbekampagnen unter<br />

einbeziehung gut bezahlter Pr-Firmen und<br />

afrika süd wahldossier angola 2017 27

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