medizinin salzburg - Dr. Dietmar Payrhuber
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April 2008 Der Salzburger Arzt akt uell<br />
Was die neuen Vorschläge<br />
zur Gesundheitsreform<br />
in der Praxis für Ärzte,<br />
Patienten und Krankenkassen<br />
bedeuten<br />
■ von Theodor Tomandl<br />
• Sozialpartner trafen Nagel<br />
auf den Kopf.<br />
• Ärzte und Kassen sollten ihre<br />
Probleme einvernehmlich lösen.<br />
• Notfalls zwingend Schlichter<br />
einschalten?<br />
Es besteht kein Zweifel, dass die Sozialpartner<br />
mit ihrem Vorschlag, die Finanzierung<br />
des Gesundheitswesens in einer<br />
Hand zu bündeln, den Nagel auf den<br />
Kopf getroffen haben. Die Sozialversicherung<br />
kann keinen Einfluss auf die<br />
Kostengestaltung in den Krankenanstalten<br />
nehmen und die Länder haben<br />
keinen Einfluss auf die niedergelassenen<br />
Ärzte. Eine kostensparende Abstimmung<br />
beider Bereiche ist daher nicht möglich.<br />
Die vorgeschlagene Reform müsste gegen<br />
den Widerstand der Bundesländer<br />
durchgesetzt werden, was leider unrealistisch<br />
ist.<br />
Es lohnt sich daher eher, auf die Vorschläge<br />
zur Neugestaltung der ärztlichen<br />
Versorgung einzugehen. Sie bedeuten<br />
einen einschneidenden Systemwandel.<br />
Seit es die gesetzliche Sozialversicherung<br />
gibt, wird die Krankenversicherung<br />
durch den fundamentalen Interessengegensatz<br />
zwischen Krankenkassen und<br />
Ärzteschaft geprägt. Die Krankenkassen<br />
streben nach einem umfassenden Gesundheitsschutz<br />
für ihre Mitglieder,<br />
allerdings zu möglichst geringen Kosten.<br />
Auch die Ärzte haben ein Interesse an<br />
der Gesundheit ihrer Patienten, gleichzeitig<br />
aber auch an einem angemessenen<br />
Einkommen. In ihrer Bemühung,<br />
die Kosten gering zu halten, haben die<br />
Krankenkassen drei Strategien verfolgt:<br />
Ein Match ohne Ende:<br />
Kassen gegen Ärzte<br />
Sie versuchten die Zahl an Kassenärzten<br />
zu beschränken, sie errichteten eigene<br />
Behandlungsstellen (Ambulatorien) und<br />
sie setzten die Kassenärzte unter <strong>Dr</strong>uck,<br />
die Behandlungskosten möglichst niedrig<br />
zu halten. Dadurch sahen sich die<br />
Ärzte nicht nur in ihrer wirtschaftlichen<br />
Existenz, sondern auch in der Ausübung<br />
der ärztlichen Kunst bedroht. Die Frühzeit<br />
der Krankenversicherung war daher<br />
von permanenten Auseinandersetzungen<br />
zwischen Ärzten und Krankenkassen<br />
geprägt, die an Erbitterung den<br />
massivsten Streikbewegungen um nichts<br />
nachstanden.<br />
Der Gesetzgeber des ASVG 1955 entschloss<br />
sich daher, das bewährte Modell<br />
der Sozialpartnerschaft auf die Krankenversicherung<br />
auszudehnen und<br />
machte sich dabei die Erfahrungen zu<br />
Nutze, die man im Arbeitsrecht gewonnen<br />
hatte. Ausgangspunkt war die<br />
Tatsache, dass der einzelne Arzt in<br />
seiner Verhandlungsmacht gegenüber<br />
einer Krankenkasse genau so hoffnungslos<br />
unterlegen ist, wie ein Arbeiter oder<br />
Angestellter gegenüber einem Großunternehmen.<br />
Er entschied sich daher<br />
für eine Anleihe an der bewährten<br />
Einrichtung des Kollektivvertrages. Die<br />
Rechte und Pflichten von Kassenärzten<br />
und Krankenkassen sollten durch Gesamtverträge<br />
zwischen Ärztekammer<br />
und Hauptverband der Sozialversiche-<br />
9<br />
rungsträger geregelt werden. Dabei<br />
musste jedoch beachtet werden, dass<br />
jede Krankenkasse in ihrem Bereich<br />
eine Monopolstellung besitzt. Der Gesetzgeber<br />
entschied sich deshalb dafür,<br />
dass mit Ärzten ein Kassenvertrag nur<br />
auf der Basis eines bestehenden Gesamtvertrages<br />
abgeschlossen und aufrechterhalten<br />
werden darf. Mit dem<br />
Außerkrafttreten eines Gesamtvertrages<br />
finden daher sämtliche Kassenarztverträge<br />
automatisch ihr Ende. Die Patienten<br />
können Ärzte dann nur mehr auf<br />
Basis von Privathonoraren aufsuchen.<br />
Um diese Last für die Patienten zu vermindern,<br />
erhalten sie eine höhere Kostenerstattung<br />
als beim Aufsuchen eines<br />
Nicht-Kassenarztes (Wahlarztes) bei bestehendem<br />
Gesamtvertrag. Dieses Modell<br />
zwingt Ärzteschaft und Krankenkassen,<br />
ihre Beziehungen einvernehmlich<br />
auszugestalten, ohne dass eine Seite<br />
die andere unter unerträglichen <strong>Dr</strong>uck<br />
setzen kann. Das verhindern die Patienten.<br />
Da sie im vertragslosen Zustand die<br />
ärztlichen Leistungen vorfinanzieren<br />
mussten, üben sie auf beide Streitteile<br />
<strong>Dr</strong>uck aus, sich zu einigen. Sie tun dies<br />
erfahrungsgemäß durch die Einschränkung<br />
von Arztbesuchen und durch die<br />
Unterstützung der Medien. Tatsächlich<br />
funktioniert das Modell bis heute im<br />
Großen und Ganzen, vertragslose Zustände<br />
sind selten und meist nur von<br />
kurzer Dauer.<br />
Neue Spielregeln?<br />
Belastet wurde das Modell jedoch dann,<br />
wenn sich die Politik einschaltete und<br />
bestimmte Ziele durchsetzen wollte. Sie<br />
konnte den Krankenkassen zwar vorschreiben,<br />
welche Ziele sie in den Verhandlungen<br />
zu verfolgen hat, der Erfolg<br />
musste aber von der Zustimmung der<br />
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