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EGTA-Journal 11-2017

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Sofia Gubaidulina<br />

wert. Es gibt natürlich wunderbare Symphonien, die ich sehr<br />

liebe, aber wirkliche Schönheit, Intimität und Tiefsinnigkeit gibt<br />

es gerade in der Kammermusik. Es wäre traumhaft, wenn Gitarren<br />

und Schlagzeug etwas zusammen spielten. Keine Fortissimo-Musik.<br />

Sie können verschiedene Schattierungen haben,<br />

aber sie behalten ihre Intimität.<br />

Und Sie haben die Gitarren in sotto voce ja auch als<br />

Schlaginstrument eigesetzt.<br />

Ja, als ich einmal mit Gitarristen in Süddeutschland arbeitete,<br />

haben mir diese eine Gitarre geschenkt, die ich noch<br />

immer besitze. Ich kann sie berühren und ausprobieren. Ähnliches<br />

widerfuhr mir auch mit einem Koto in Japan, denn ich<br />

habe einmal für Koto geschrieben, ein großartiges Instrument.<br />

Das Koto ist ja quasi eine Mischung aus Zupf- und Perkussionsinstrument.<br />

Ja. Es hat ähnliche Möglichkeiten wie die Gitarre, doch<br />

ganz anders. Das Koto, das auch mit einem Plektrum gespielt<br />

wird, gibt es in verschiedenen Größen. Ich wurde von der Interpretin,<br />

für die ich geschrieben habe, in ihr Haus eingeladen.<br />

Es waren zehn phantastische Tage! Ich wohnte in einem leeren<br />

Haus, das eigentlich ihrem Sohn gehörte. Es stand leer, keine<br />

Möbel, nur eine Matratze war darin und zwei Kotoinstrumente<br />

als Gesellschaft. Es war ein mystisches Zusammentreffen mit<br />

Instrumenten, als ob außer mir noch zwei Persönlichkeiten im<br />

Raum waren. Manchmal kam ein Schüler vorbei und brachte<br />

mir etwas zu essen. Ich berührte verschiedenen Gegenstände,<br />

Glas, Metall. Und dann entstand das Werk für 7 Kotos. Später<br />

schrieb ich ein größeres Werk für Koto, chinesische Zheng und<br />

großes Orchester . Es war sehr interessant. Das Koto hat Metallseiten,<br />

die des Zheng sind aus Nylon. Es sind völlig verschiedene<br />

geistige Welten, mit denen meine Fantasie spielen konnte.<br />

Für mich sind Zupfinstrumente etwas Besonderes.<br />

ke, und die Serenade wurde sogar gedruckt, so dass ich sie<br />

nicht mehr zurückziehen konnte. Das ist ärgerlich, da das Werk<br />

mir nichts bedeutet.<br />

Es gibt ein schönes Zitat von Federico Garcia Lorca, der<br />

selbst ja Gitarre spielte und sogar für sie komponierte.<br />

Er schrieb, die Gitarre beweine Dinge, die ferne seien.<br />

Das passt gut in unseren Kontext, oder?<br />

Das ist schön, sehr schön. Aber das ist Poesie, sie findet die<br />

richtigen Worte. Ich als Musiker finde keine passenden Worte.<br />

Alle ihre Werke für Gitarre haben italienische Titel. Verbinden<br />

sie etwas Italienisches mit der Gitarre?<br />

Wissen Sie, seitdem ich 5 Jahre alt bin, lerne ich und ich<br />

benutzte immer italienische Begriffe, wenn es um Musik ging.<br />

Fast alle meine Werke enthalten italienische Begriffe, nicht nur<br />

diese. Früher dachte ich, die italienische Kultur sei am musikalischsten<br />

(lacht). Diese Vorstellung stammt aus der Kindheit.<br />

Die beiden Solowerke sind 2016 neu erschienen, warum?<br />

Das ist nicht meine Sache, sondern die des Verlages.<br />

Die Fingersätze sind auch nicht von Ihnen,<br />

oder?<br />

Nein.<br />

Wie war Ihr erster Kontakt mit der Gitarre? Sie haben<br />

ja Serenade und Toccata 1969 in Russland geschrieben.<br />

Das war eine hungrige Zeit. Meine Freunde sagten, hier hast<br />

du 30 Rubel, schreib etwas für junge Leute, für Schüler. Aber<br />

meine wichtigsten Gitarrenwerke sind sotto voce und Ravvedimento.<br />

Sie sind, so glaube ich, gut gelungen. Beim ersten Zusammentreffen<br />

mit dem Instrument jedoch habe ich es noch<br />

nicht wirklich verstanden. So schrieb ich also jene beiden Wer-<br />

16 <strong>EGTA</strong>-<strong>Journal</strong>

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