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EGTA-Journal 11-2017

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Sofia Gubaidulina<br />

Sie haben auch viel auf der Gitarre ausprobiert:<br />

Bottleneck, Rutschgeräusche, Perkussionseffekte,<br />

Flageoletts, Bartók-Pizz. usw. Haben Sie<br />

das auch alles selbst am Instrument erforscht?<br />

Jaja, ich habe ja selbst Instrumente und habe immer<br />

selbst ausprobiert und die Fantasie spielen lassen.<br />

Damit gehe ich dann zum Interpreten. Dann<br />

lässt sich manchmal etwas nicht machen, was ich<br />

erzwingen wollte. So ist das praktische Leben. Denn<br />

für diese Instrumente ist die Verbindung der Finger<br />

mit den Saiten sehr wichtig. Und da können nur noch<br />

Interpreten uns Komponisten helfen. Ich glaube, es ist<br />

sehr produktiv, wenn der Komponist solche Kontakte<br />

und eine Nähe zu den Interpreten hat. Man kann zusammen<br />

etwas korrigieren oder anders machen. Ich habe<br />

keinen kompositorischen Hochmut, der verlangt, dass meine<br />

Fantasie genau so umgesetzt werden muss. Nein, das<br />

ist nicht wichtig, das Wichtigste ist das Resultat. Und das<br />

kommt nur nach dem praktischen Ausprobieren.<br />

So können beide voneinander profitieren.<br />

Der Interpret von Ihrer Fantasie und<br />

Sie von den Kenntnissen des Interpreten<br />

in Bezug auf das, was mit seinem Instrument<br />

möglich ist.<br />

Möglich und praktikabel.<br />

Ja, praktikabel. Das ist ja ein generelles Problem der Gitarre.<br />

Wir haben viele Werke, die für die Gitarre von Nicht-Gitarristen<br />

geschrieben wurden. Oftmals sind diese Werke<br />

nicht besonders handlich, da sie wahrscheinlich nicht oder nur<br />

ungenügend mit Gitarristen besprochen wurden. Als Gitarrist<br />

übt man das zwar immer kommentarlos, aber eigentlich spielt<br />

man oftmals gegen das Instrument.<br />

Ja, gegen das Instrument.<br />

Ich finde es wichtig, was Sie sagen, dass man für das Instrument<br />

schreibt.<br />

Das ist wichtig. Aber es ist oft Zufall. Entweder hat der Komponist<br />

den Kontakt zu einem Interpreten oder er hat ihn nicht.<br />

Wenn der Komponist nach Fertigstellung eines Werkes zum Interpreten<br />

kommt und alles funktioniert, so ist das ein großes<br />

Glück. Manchmal gelingt es, manchmal nicht. Einmal erlebte<br />

ich es, dass keine einzige Note korrigiert werden musste. Es war<br />

das Werk, das ich für Anne-Sophie Mutter schrieb . Wir hatten<br />

vorher keinen Kontakt gehabt. Das ist nur natürlich, denn sie ist<br />

so ein großartiger Star – und wer bin ich neben ihr? Also habe<br />

ich alles komponiert und ihr geschickt. Das erste Zusammentreffen<br />

war nur eine Stunde vor der ersten Orchesterprobe.<br />

Und es war perfekt! Was ich geschrieben hatte, wurde perfekt<br />

realisiert. Es war unglaublich. Keine einzige Korrektur war nötig.<br />

Dann war es Glück. Aber es ist andererseits auch schade,<br />

denn es entsteht ja nichts zwischen beiden.<br />

Anders war es beispielsweise bei einem Werk für Geir<br />

Draugsvoll, ein norwegischer Akkordeonist, der in Kopenhagen<br />

unterrichtet . Ich hatte das Stück geschrieben und ihm<br />

gegeben. Einige Zeit später kommt er zu mir und sagt, es sei<br />

alles gut, aber es fehlten einige Episoden für ihn, wo er allein<br />

spielt und das Orchester wartet. Einige Stellen sollten solistischer<br />

sein. Ich habe daraufhin alles anders gemacht und neu<br />

geschrieben. Persönliche Kontakte ergeben wirklich ein gutes<br />

Resultat. Das ist das Leben (lacht).<br />

Musikmachen ist ja auch etwas Gemeinsames. Sie als<br />

Komponistin brauchen ja den Interpreten auch.<br />

Genau, es ist unsere gemeinsame Sache.<br />

18 <strong>EGTA</strong>-<strong>Journal</strong>

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