BOLD THE MAGAZINE No.32
KREATION SPECIAL TOPIC: TECHNIK | IM GESPRÄCH: PORSCHE DESIGN CHEF ROLAND HEILER | LIAM NEESON | DESIGNER TAD TOULIS | MARILYN MANSONS KREATIVITÄT | TOKYO: MODERNE & TRADITION
KREATION
SPECIAL TOPIC: TECHNIK | IM GESPRÄCH: PORSCHE DESIGN CHEF ROLAND HEILER | LIAM NEESON | DESIGNER TAD TOULIS | MARILYN MANSONS KREATIVITÄT | TOKYO: MODERNE & TRADITION
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34 | <strong>BOLD</strong> <strong>THE</strong> <strong>MAGAZINE</strong> ART | IM GESPRÄCH<br />
Seit über zwei Jahrzehnten versetzt<br />
Marilyn Manson (48) mit perfekt inszeniertem<br />
Schockrock Amerika und den<br />
Rest der Welt regelmäßig in Angst und<br />
Schrecken – so auch auf seinem zehnten<br />
Album, das Manson-typisch “Heaven<br />
Upside Down” heißt.<br />
Zum exklusiven Interview mit <strong>BOLD</strong><br />
in Berlin trägt Manson ein schwarzes<br />
Hemd, die hochgekrempelten Ärmel<br />
geben den Blick auf seine großflächigen<br />
Tattoos frei, sein Händedruck ist fest.<br />
Die Bibliothek im Keller des Soho House<br />
wurde abgedunkelt, Kerzen sorgen für<br />
eine unheimliche Atmosphäre. Der<br />
perfekte Rahmen also für ein Gespräch<br />
über Kreativität zwischen Chaos und<br />
Wahnsinn und darüber warum es so<br />
faszinierend ist, ein Bösewicht zu sein.<br />
Herr Manson, mit „Heaven Upside<br />
Down“ sind Sie Ihrer Linie an bedrohlich<br />
klingenden Album-Titeln treu<br />
geblieben. Was fasziniert Sie so sehr am<br />
Bösen?<br />
Auf diesem Album steht gar nicht so<br />
sehr das Böse im Mittelpunkt meiner<br />
Songs. Es ist vielmehr das Chaos. Chaos<br />
inspiriert mich. Chaos ist eine großartige<br />
Inspirationsquelle, denn sie ist<br />
schier unerschöpflich. Die Welt macht es<br />
mir gerade sehr einfach, Stoff für meine<br />
Liedtexte zu finden. Es vergeht kaum<br />
ein Tag ohne Hiobsbotschaft, Krieg hier,<br />
Krisen dort, Terror überall. Ich nehme die<br />
chaotischen Tendenzen, die uns umgeben,<br />
auf und transformiere sie in ein Klangbild.<br />
Ich bin Chaos, dass war ich schon<br />
immer. Chaos scheint das zu sein, was die<br />
Menschen brauchen.<br />
Für viele Konservative in den USA sind<br />
Sie der Teufel in Menschengestalt. Ein<br />
Verführer und Seelenfänger, der für<br />
seinen vermeintlichen Einfluss auf die<br />
Jugend häufig mit Zensur belegt wurde.<br />
Gefallen Sie sich in der Rolle des ewigen<br />
Beelzebubs?<br />
Einer muss ihn doch geben, oder? Ich<br />
habe mit Marilyn Manson das perfekte<br />
Monster geschaffen. Würde ich nicht<br />
existieren, müssten Fox News und die<br />
Kirche jemanden wie mich erfinden.<br />
Ich liefere den Leuten etwas, an das<br />
sie glauben können, und das meine ich<br />
durchaus positiv. Denn wenn es keinen<br />
Teufel gibt, kann auch Gott nicht existieren.<br />
Es muss immer einen Bösen geben,<br />
sonst funktioniert die Geschichte der<br />
Menschheit nicht.<br />
Demnach hegt jeder von uns ein<br />
bisschen „Sympathy For The Devil“?<br />
(Anmerkung der Redaktion: „Sympathy<br />
For The Devil“ ist ein Live-Album von<br />
Marilyn Manson, aufgenommen am<br />
22. November 1996 in Santiago, Chile)<br />
Auf jeden Fall. Lucifer, Jekyll & Hyde,<br />
Dracula. Diese Antagonisten waren schon<br />
immer die interessanteren Charaktere,<br />
weil sie die Typen sind, die bereit sind<br />
die Regeln zu brechen, um an ihr Ziel zu<br />
gelangen. Der Bösewicht handelt aus einer<br />
romantischen Motivation heraus, und<br />
der Held, weil er dazu bestimmt wurde.<br />
Der Held ist in der Regel ziemlich dumm<br />
und eindimensional, während der Bösewicht<br />
unsere Sinne und unsere Fantasie<br />
beflügelt.<br />
Können Sie auch kreativ sein, ohne den<br />
ganzen Wahnsinn?<br />
Schwierig. Um kreativ zu sein, muss ich<br />
immer wieder Grenzen überschreiten.<br />
Das bedingt Wahnsinn. Ich war mit<br />
meiner Arbeit auf “The Golden Age of<br />
Grotesque” nicht wirklich zufrieden,<br />
weil ich das Gefühl hatte, nicht genügend<br />
Regeln gebrochen zu haben. Der<br />
Erwartungsdruck von außen kollidierte<br />
mit meinen eigenen Ansprüchen, was<br />
bei mir zu einer Sinnkrise führte. Ich<br />
wusste nicht mehr, wer ich eigentlich sein<br />
wollte. Erst die Begegnung mit Hunter<br />
S. Thompson öffnete mir die Augen. Wir<br />
wurden Freunde und Hunter so etwas wie<br />
mein kreativer Mentor. Er lehrte mich,<br />
auch mal eine andere Perspektiven anzunehmen<br />
und meinen Willen nach Perfektion<br />
wiederzuerlangen.<br />
Sie sind also Perfektionist. Wonach<br />
bemessen Sie denn Perfektion, an Charterfolgen?<br />
Jeder Musiker möchte mit seinen Liedern<br />
erfolgreich sein. Wer das bestreitet, ist<br />
ein Lügner. Aber darum geht es mir nicht<br />
in erste Linie. Ich habe mir abgewöhnt,<br />
meine Musik nach konventionellen Standards<br />
wie Chartplatzierungen oder<br />
Kritiken zu bemessen. Einen perfekten<br />
Song erkennt man daran, dass er in