akzent November 2017 GB
Die Jubiläumsausgabe von akzent – Seit 30 Jahren das GRÖSSTE LIFESTYLE- & VERANSTALTUNGSMAGAZIN VOM BODENSEE BIS OBERSCHWABEN
Die Jubiläumsausgabe von akzent – Seit 30 Jahren das GRÖSSTE LIFESTYLE- & VERANSTALTUNGSMAGAZIN VOM BODENSEE BIS OBERSCHWABEN
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30 JAHRE<br />
48<br />
<strong>akzent</strong>: Diese Themen sind allerdings nicht<br />
neu. Was macht das Zusammenwachsen so<br />
schwierig?<br />
Büchelmeier: Wir haben in den Kommunen<br />
alle dieselben Aufgabenstellungen, aber unsere<br />
nationalen Gesetze und Vorschriften unterscheiden<br />
sich. Trotzdem lernt man durch den<br />
Austausch untereinander, durch den Perspektivwechsel<br />
und sozusagen durch den Blick in<br />
das Zimmer der Nachbarn. Zum Beispiel gibt<br />
es in der Schweiz ein ganz anderes Verständnis<br />
von Kulturarbeit als bei uns. Dort sind nicht die<br />
Städte und Gemeinden die Anbieter von Kultur,<br />
sondern sie treffen Ziel- und Leistungsvereinbarungen<br />
mit diversen Kultureinrichtungen. Ich<br />
halte sehr viel davon, sich über Best Practice<br />
– also über Erfolgskonzepte – auszutauschen.<br />
Der Städtebund bietet dafür die Plattform. Ich<br />
bin sehr froh, dass wir heute an einem Punkt<br />
sind, an dem sich Städte und Gemeinden<br />
grenzüberschreitend vernetzen. Im Frühjahr<br />
wollen wir uns in einem Workshop Gedanken<br />
über die Zukunft des Städtebundes machen.<br />
Denn bisher hat er keinerlei Rechtsform. Er ist<br />
kein Verein, keine GmbH, kein Zweckverband.<br />
Wir wollen mit der Internationalen Bodenseekonferenz<br />
professioneller zusammenarbeiten.<br />
Dazu müssen wir unsere Strukturen professionalisieren<br />
und eventuell noch weitere Kommunen<br />
als Mitglieder aufnehmen.<br />
<strong>akzent</strong>: Ist es denn überhaupt sinnvoll, die<br />
ganze Bodenseeregion zu vernetzen oder wäre<br />
es besser, sich auf Raumschaften als kleinere<br />
Einheiten zu konzentrieren?<br />
Büchelmeier: Die IBK reguliert vieles für den<br />
gesamten Bodenseeraum. Ich sehe das politisch<br />
und halte es daher für wichtig, dass hier<br />
die kommunale Ebene als eigener Organismus<br />
einbezogen ist. Wir sind wie ein Stockwerk in<br />
dem Gesamtgebäude.<br />
<strong>akzent</strong>: Diese Form der Vernetzung auf der<br />
Ebene von Politik und Verwaltung ist allerdings<br />
für den Bürger nicht sichtbar. Wie kann<br />
das Zusammenwachsen der Region erlebbar<br />
werden?<br />
Büchelmeier: Das Leben spielt sich in den<br />
Städten und Gemeinden ab, und die Städte<br />
innerhalb der IBK sind wir. Deshalb wirkt<br />
sich diese Arbeit durchaus auf den Bürger<br />
aus. Aber es gibt auch konkrete Beispiele von<br />
Vernetzung über den See hinweg. So pflegen<br />
einige Städte Beziehungen zueinander, wie<br />
Bregenz und Weingarten oder Friedrichshafen<br />
und St. Gallen. Hier kommt es auch zum<br />
Austausch und zu gegenseitigen Besuchen. Es<br />
gibt also viele kleine Blümchen, bei denen es<br />
sich nicht um Mauerblümchen handelt.<br />
<strong>akzent</strong>: Was ist – um im Bilde zu bleiben – Ihre<br />
Lieblingsblume, die Sie in diesem Garten am<br />
meisten hegen und pflegen würden? Anders<br />
gefragt: Was ist Ihre Vision für den Bodensee?<br />
Büchelmeier: Es müsste noch mehr Durchlässigkeit<br />
über die Grenzen hinweg entstehen. Jetzt<br />
gibt es noch Brüche, zum Beispiel beim Verkehr,<br />
beim gemeinsamen Arbeiten und beim Wissen,<br />
das wir voneinander haben. Diese Brüche<br />
müssten aufgehoben werden. Die Bodenseeregion<br />
müsste sich einen Status als Grenzregion<br />
erarbeiten mit einer demokratisch verfassten<br />
Struktur, die die Zusammengehörigkeit betont,<br />
ohne die nationalen Grenzen und Rechtsräume<br />
abzuschaffen. Mein Traum wäre eine Region<br />
mit einer gewissen Autonomie, damit die Menschen<br />
rund um den See flexibler leben könnten.<br />
Es ist auch ein Traum von mir, dass jährlich ein<br />
gemeinsamer „Bodenseetag“ gefeiert werden<br />
könnte – als Ausdruck des Gefühls, dass die<br />
Menschen hier eng zusammengehören.<br />
TEXT & FOTO: RUTH EBERHARDT