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O7 Prüm Dezember 2017

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ein scheinbar verlockendes Angebot? „Wir<br />

haben die fünf Hektar gekauft, und ein<br />

Jahr später auch die ersten 100 Ziegen<br />

bekommen“, erläutert Esch. Ein riskanter<br />

Start, denn das Trio wusste im Prinzip nur<br />

das Grundlegende: Klar war, es sollte eine<br />

Käserei werden. Mit Wiederkäuern, also<br />

Schafe oder Büffel? Der Ablauf der Arbeit<br />

im Stall, die Hygiene beim Melken, der<br />

Charakter der Tiere – es sollten schließlich<br />

Ziegen sein! Auf ihre Milch gab es in der<br />

EU keine Kontingentierung: Zukauf oder<br />

Pachtung von Kontingenten nach Erreichen<br />

des Jahreslimits, wie bei den Kuhmilchproduzenten,<br />

würden wegfallen. Neuland<br />

für die Genehmigungsbehörden. Und das<br />

Zukunftspotenzial?<br />

Würde das gelernte Käse machen reichen,<br />

um als einer der ersten Ziegenmilchproduzenten<br />

im Kuhmilch-Land Eifel eine<br />

Existenz aufbauen zu können? Würde eine<br />

Bank das nötige Fremdkapital für den Bau<br />

von Stall und Käserei finanzieren? Würde<br />

es eine staatliche Investitionsförderung<br />

für die Existenzgründung geben? Und wie<br />

würde der Ziegenkäse aus Wascheid an die<br />

Käufer kommen? Gäbe es davon überhaupt<br />

genug?<br />

Es fand sich eine Öko-Bank – nicht in<br />

der Region – die sich vom Konzept der<br />

Drei aus Wascheid überzeugen ließ. Ein<br />

Glück! „Den Ausschlag im Gespräch mit<br />

der Bankerin, eine Älplerin, gab unsere<br />

Antwort auf ihre Frage, wie unser Käse auf<br />

der Schweizer Alm bei der Käseprämierung<br />

abgeschnitten hatte. Wir hatten 19,75 von<br />

maximal 20 Punkten erreicht!“<br />

Was die Bankerin dennoch benötigte, war<br />

ein plausibler Businessplan. Eschs und<br />

Medau hatten Glück: „Da hat uns der Herr<br />

Mutsch, damals an der Landwirtschaftsstelle<br />

in <strong>Prüm</strong>, wirklich sehr geholfen“,<br />

so Regino Esch dankbar. Der Fachmann<br />

kalkulierte: 500-600 Liter Milch sollte eine<br />

Ziege pro Jahr geben können, 120 mussten<br />

es also sein. Eschs und Medau investierten:<br />

Die erste Herde, 120 weiße Edelziegen,<br />

30<br />

wurde gekauft. Sie wurde aus fünf verschiedenen<br />

Herden zusammengestellt. Ein<br />

folgenreicher Fehler, wie sich später zeigen<br />

sollte: „So wurden Krankheiten eingeschleppt.<br />

2012 mussten wir sie komplett<br />

gegen eine neue aus 150 Bunten deutschen<br />

Edelziegen austauschen.“<br />

Der Ziegenkäse vom Hof Steinrausch hat seinen Markt<br />

gefunden: Er wird bundesweit in Biomärkten angeboten.<br />

Regino und Sybille Esch, ihre drei Kinder und Mitunternehmerin<br />

Wiebke Medau (links).<br />

Weitere 20 Hektar für die insgesamt benötigten<br />

25 Hektar Weideland für die Tiere<br />

wurden nach und nach zugekauft oder<br />

gepachtet, der Stall und die Käserei gebaut.<br />

Das alles, davon ist Regino Esch überzeugt,<br />

hätte auf Dauer dennoch nicht gereicht,<br />

„wenn die Stimmung im Dorf gegen uns<br />

gewesen wäre.“ Doch die Verpächter, die<br />

den Dreien ihr Land gaben für etwas, was<br />

sie für sich selbst wohl mindestens mit gesunder<br />

Skepsis beurteilen, war ermutigend:<br />

„Die sagten: Wir trauen Euch das zu!“<br />

Heute wie vor 17 Jahren sind es dennoch<br />

immer noch nur vier landwirtschaftliche<br />

Betriebe, zum Beispiel in Gillenfeld und<br />

Samersbach, die im Eifel- und im Vulkaneifelkreis<br />

auf Ziegenkäse setzen. Ein fünfter<br />

Betrieb in Hermespand will bald mit Produkten<br />

aus Schafsmilch an den Start gehen.<br />

Viel ist das nicht. Aber der „Steinrauscher<br />

Ziegenkäse“ in aktuell zehn Varianten –<br />

vom Schimmelkäse wie Brie oder Camembert<br />

über das Premium-Produkt „Münster“,<br />

Feta-Variationen bis hin zu Schnittkäse<br />

– entspricht den hohen Anforderungen von<br />

Bioland, einem der größten Verbände für<br />

Produkte in garantierter Bio-Qualität.<br />

Eine hochpreisige regionale Spezialität,<br />

Ergebnis hoher handwerklicher Arbeit, die<br />

bundesweit über den Biogroßhandel und<br />

Biofachhandel vertrieben wird. „60 Prozent<br />

der im Vollerwerb gehaltenen Milchziegen<br />

in Deutschland sind Bio-Ziegen“, freut<br />

sich Esch. „Wir haben starke Zuwachsraten<br />

in der Ziegenmilchproduktion.“ Drei aus<br />

Wascheid haben rechtzeitig einen Trend<br />

vorhergesehen.<br />

Regino Esch ist mittlerweile Landesvorsitzender<br />

Rheinland-Pfalz/Saarland von<br />

Bioland, Mitglied des Bundespräsidiums,<br />

und neben Michael Horper und Arno<br />

Billen einer von drei Landwirten aus dem<br />

Eifelkreis in der Landwirtschaftskammer<br />

Rheinland-Pfalz. Dass er dort schlicht<br />

„der Öko“ genannt wird, stört ihn nicht.<br />

Der „Hof Steinrausch“ wurde mittlerweile<br />

als „Biohof im bundesweiten Netzwerk<br />

Demonstrationsbetriebe Ökologischer<br />

Landbau“ vom Bundeslandwirtschaftsministerium<br />

anerkannt.<br />

Den Lehrersohn, der es als „Nicht-Landwirt“<br />

zum „Ziegenbauer“ geschafft hat,<br />

erstaunt eher Anderes. Olfaktorisches: „In<br />

Deutschland darf Ziegenkäse auch nach<br />

Ziege riechen. Aber er verkauft sich besser,<br />

wenn er das nicht tut!“

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