FernUni Perspektive | Ausgabe Winter 2017
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<strong>FernUni</strong> <strong>Perspektive</strong> Seite 15<br />
Prof. Julia Schütz<br />
Zentrum für pädagogische Berufsgruppenforschung<br />
Nachruf<br />
Guter Freund<br />
„Lebenslanges Lernen“ ist für Prof.<br />
Dr. Julia Schütz kein bildungspolitisches<br />
Schlagwort, sondern ein wissenschaftliches<br />
Konzept und eine<br />
pädagogische Aufgabe. Die 40-jährige<br />
Hamburgerin erforscht professionelles<br />
Handeln und das Lernen<br />
im Lebensverlauf. Julia Schütz leitet<br />
jetzt das Lehrgebiet Empirische<br />
Bildungsforschung an der <strong>FernUni</strong>versität<br />
in Hagen.<br />
Die Gründung eines Zentrums für<br />
pädagogische Berufsgruppenforschung<br />
an der <strong>FernUni</strong>versität will<br />
sie ab 2018 angehen. „Das Zentrum<br />
soll ein ideelles Dach für Forschung<br />
in diesem Bereich bieten“,<br />
sagt sie. Julia Schütz ist empirische<br />
Professionsforscherin aus Leidenschaft.<br />
Von der Diplomarbeit<br />
über ihre Promotion und Habilitation<br />
bis zu einem von der Deutschen<br />
Forschungsgemeinschaft geförderten<br />
Projekt: Die Mitbegründerin der<br />
komparativen pädagogischen Berufsgruppenforschung<br />
hat an ihren<br />
wissenschaftlichen Stationen in<br />
Hamburg, Frankfurt am Main und<br />
Lüneburg konsequent professionstheoretische<br />
Fragen verfolgt. „Warum<br />
tun pädagogische Akteurinnen<br />
und Akteure das, was sie tun,<br />
wie sie es tun?“, fasst sie die Forschungsfragen<br />
im Kern zusammen.<br />
Prof. Julia Schütz leitet das Lehrgebiet Empirische Bildungsforschung.<br />
(Foto: <strong>FernUni</strong>versität)<br />
Pädagogische Berufsarbeit und<br />
soziale Anerkennung<br />
Angefangen beim Erzieher im Kindergarten<br />
bis zur Professorin an<br />
der Universität: Was treibt die pädagogischen<br />
Akteurinnen und Akteure<br />
unterschiedlicher Berufsgruppen<br />
an, welche arbeitsbezogenen<br />
Einstellungen existieren? Mit pädagogischer<br />
Berufsarbeit und sozialer<br />
Anerkennung hat sich Julia<br />
Schütz in ihrer Habilitation befasst,<br />
die Anfang 2018 im Beltz-Verlag<br />
erscheint. Ein zentrales Ergebnis<br />
zum Anerkennungserleben besagt:<br />
Je mehr Frauen in einem Berufsfeld,<br />
desto weniger soziale Wertschätzung<br />
ist damit verbunden.<br />
„Der Erziehungs- und Bildungsbereich<br />
ist gewissermaßen weiblich“,<br />
so Schütz. „Die Anerkennungsarena<br />
innerhalb des direkten Arbeitsumfelds<br />
reicht vielen nicht aus. Es<br />
geht ihnen um mehr gesellschaftliche<br />
Wertschätzung.“<br />
Auch über die Berufsgruppenforschung<br />
hinaus wird im Lehrgebiet<br />
Empirische Bildungsforschung zu<br />
spannenden Themen geforscht,<br />
gemeinsam mit Dr. Lena Rosenkranz<br />
(ebenfalls neu am Lehrgebiet)<br />
etwa zur Internetabhängigkeit<br />
von Frauen und Männern und<br />
dem Umgang der helfenden Profession<br />
damit. Darüber hinaus hat Julia<br />
Schütz einen Antrag bei der Robert-Bosch-Stiftung<br />
eingereicht, die<br />
den Deutschen Schulpreis vergibt.<br />
„Es geht darum zu erforschen, was<br />
gute Schule u.a. auszeichnet. Wir<br />
haben den Schwerpunkt auf Kooperationen<br />
gesetzt“, erklärt sie.<br />
Begeisterung für empirische<br />
Methoden<br />
Parallel arbeitet Julia Schütz mit der<br />
Genderforscherin Dr. Melanie Kubandt<br />
(Universität Osnabrück) an<br />
einem Buchprojekt über empirische<br />
Forschungszugänge zu Geschlecht<br />
in der Erziehungswissenschaft. „Ich<br />
trete an der <strong>FernUni</strong>versität an, um<br />
Begeisterung für empirische Forschungsmethoden<br />
zu wecken und<br />
das geht nur über Inhalte.“ Als Beispiel<br />
nennt sie die Diskussion über<br />
den Bildungserfolg in Abhängigkeit<br />
vom Elternhaus: „Diesen Diskurs<br />
führen wir nur, weil empirisch<br />
geforscht wurde.“<br />
Die Lust am Forschen will sie unter<br />
ihren Studierenden verstärkt wecken.<br />
„Es wird mehr virtuelle Forschungswerkstätten<br />
geben“, kündigt<br />
Julia Schütz an. „Forschung ist<br />
immer auf Diskussion angelegt und<br />
findet nie im Alleingang statt.“ Darüber<br />
hinaus setzt Schütz neben<br />
der Überarbeitung der Studienbriefe<br />
auf weitere digitale Angebote in<br />
der Lehre. Anfang des neuen Jahrtausends<br />
setzte sie gemeinsam mit<br />
Prof. Dr. Dieter Nittel am Fachbereich<br />
Erziehungswissenschaften an<br />
der Goethe-Universität Frankfurt als<br />
eine der ersten eine Lernplattform<br />
ein. „Mediendidaktik und -pädagogik<br />
haben mich immer begleitet“,<br />
sagt sie. Zuletzt hat Julia Schütz an<br />
der privaten Medical School in Hamburg<br />
als Professorin für Soziale Arbeit<br />
junge Erwachsene unterrichtet.<br />
„Ich freue mich nun darauf, dass an<br />
der <strong>FernUni</strong> Studierende mit sehr<br />
unterschiedlichen Bildungsmotiven<br />
zusammen kommen.“<br />
Digitalisierung, Diversität, Lebenslanges<br />
Lernen: Julia Schütz ist vor<br />
allem nach Hagen gekommen,<br />
weil diese Themen im neuen Forschungsschwerpunkt<br />
der <strong>FernUni</strong>versität<br />
ganz oben auf der wissenschaftlichen<br />
Agenda stehen. „Das<br />
sind die Dinge, die mich interessieren.<br />
Besser könnte das Umfeld für<br />
meine Forschung und Lehre nicht<br />
passen.“<br />
can<br />
Bernd Pederzani starb mit 72 Jahren.<br />
(Foto: <strong>FernUni</strong>versität, Simon Bierwald)<br />
Die <strong>FernUni</strong>versität in Hagen trauert<br />
um Bernd Pederzani. Der Hagener<br />
hat die <strong>FernUni</strong>versität als Freund<br />
und Förderer in großartiger Weise<br />
unterstützt. Als Unternehmer erkannte<br />
er den besonderen Stellenwert<br />
des berufsbegleitenden Fernstudiums<br />
für Wirtschaft und Gesellschaft<br />
und setzte sich im gesellschaftlichen<br />
Raum für die Idee<br />
der Hagener Universität ein. Sein<br />
besonderes Engagement galt der<br />
Förderung von begabten und engagierten<br />
Studierenden sowie der<br />
Fernstudienzentren in Mittel- und<br />
Osteuropa.<br />
Im Jahr 2000 wurde er Mitglied<br />
im Vorstand der Gesellschaft der<br />
Freunde der <strong>FernUni</strong>versität; 2007<br />
deren stellvertretender Vorsitzender.<br />
Die <strong>FernUni</strong>versität und ihre<br />
Freundesgesellschaft haben Bernd<br />
Pederzani als verantwortungsvollen<br />
und weit blickenden Freund<br />
und Partner kennen und schätzen<br />
gelernt.<br />
Gabriele Lübke<br />
PD Tobias Mühlenbruch<br />
Wichtiger Beitrag zur mathematischen Grundlagenforschung<br />
Für Dr. Tobias Mühlenbruch war es<br />
eine ganz besondere Sitzung des<br />
Fakultätsrats Mathematik und Informatik:<br />
Prof. Dr. Ada Pellert, Rektorin<br />
der <strong>FernUni</strong>versität in Hagen,<br />
überreichte dem Mathematiker seine<br />
Habilitationsurkunde. Gleichzeitig<br />
erteilte ihm der Fakultätsrat die<br />
Venia Legendi. Damit ist er jetzt Privatdozent.<br />
Dekan Prof. Dr. Jörg Desel hob die<br />
Höhepunkte von Dr. Mühlenbruchs<br />
bisheriger Laufbahn hervor. Bereits<br />
2015 wurde dem Nachwuchswissenschaftler<br />
der Fakultätspreis Mathematik<br />
und Informatik verliehen.<br />
Nachdem er in rund sieben Jahren<br />
als Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
im Lehrgebiet Stochastik von Prof.<br />
Dr. Werner Kirsch mehrere Rufe von<br />
Universitäten aus dem Ausland ablehnte,<br />
wechselte er in die Praxis.<br />
Seit 2016 arbeitet Tobias Mühlenbruch<br />
im Bundesamt für Sicherheit<br />
in der Informationstechnik in Bonn.<br />
Im Rahmen seiner frisch verliehenen<br />
Lehrerlaubnis möchte er jedoch<br />
auch in Zukunft seine Lehrtätigkeit<br />
an der <strong>FernUni</strong>versität fortführen.<br />
Dekan Prof. Jörg<br />
Desel (li.) und<br />
Rektorin Prof.<br />
Ada Pellert<br />
gratulierten<br />
Tobias Mühlenbruch<br />
zu seiner<br />
Habilitation.<br />
(Foto:<br />
<strong>FernUni</strong>versität)<br />
Frischer Wind in der<br />
Zahlentheorie<br />
Mühlenbruchs Habilitationsschrift<br />
dokumentiert seine wichtige Grundlagenforschung<br />
im Bereich der analytischen<br />
Zahlentheorie. Die Ergebnisse<br />
seiner Arbeit mit dem Titel<br />
„Spectral and geometrical aspects<br />
of the hyperbolic quotient surface<br />
Γq\Η” sind dementsprechend abstrakt.<br />
„Ob es in 20 oder 30 Jahren einen<br />
konkreten Anwendungsbereich<br />
für meine Forschung geben wird,<br />
kann ich nicht sagen. In der Vergangenheit<br />
floss vergleichbares Wissen<br />
jedoch in kryptographische Verfahren<br />
ein“, wagt der Mathematiker einen<br />
Ausblick.<br />
In der Kryptographie geht es um<br />
die Verschlüsselung von Informationen.<br />
Sie profitiert heute von zahlentheoretischen<br />
Grundsteinen, die<br />
schon vor Jahrzehnten gelegt wurden:<br />
„Zum Beispiel basiert die aktuelle<br />
Verschlüsselung von EC-Karten<br />
auf einem Verfahren, das bereits<br />
in den 1940ern und 50ern<br />
entwickelt wurde“, erklärt Mühlenbruch.<br />
„Ein weiteres Anwendungsfeld<br />
ist der selbstleitende Aufbau<br />
von verschlüsselten Webseiten, bei<br />
dem ein digitaler ‚Handshake‘ ausgeführt<br />
wird. Auch dieser Vorgang<br />
beruht auf klassischen Sätzen der<br />
analytischen Zahlentheorie.“<br />
Die Habilitationsschrift soll nun den<br />
Weg für weitere Fortschritte und Innovationen<br />
ebnen: „Vielleicht werden<br />
auf Basis meiner Grundlagenforschung<br />
irgendwann neue Algorithmen<br />
und Funktionen gefunden,<br />
die dann ihrerseits bei der Verschlüsselung<br />
von Daten zum Einsatz<br />
kommen“, hofft Dr. Mühlenbruch.<br />
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