Schwerpunkt Energie: Vielfalt statt Ideologie - Elde Online
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> Aktuell elde 1|2007<br />
Der Bericht von Dr. Thomas Thiele in der vergangenen Ausgabe<br />
der elde hat viele Mediziner, Krankenschwestern und Patienten<br />
veranlasst, ihre Erfahrungen mit der „Gesundheitsreform“ der<br />
Redaktion mitzuteilen. Hier zwei weitere Erlebnisberichte:<br />
„Der Staat verdient an der Krankheit seiner Bürger“<br />
Dr. med. Martin Junker aus Olpe:<br />
Als Hausarzt, ächzend<br />
unter der „Gesundheitsreform“<br />
Das deutsche Gesundheitswesen steht kurz davor, an die Wand gefahren<br />
zu werden. Den über 4 Millionen Arbeitslosen stehen fast 5 Millionen<br />
Beschäftigte im Gesundheitswesen gegenüber. Einer solchen Beschäftigungs-Branche,<br />
der zudem das größte Wachstums-Potenzial zugesprochen<br />
wird, werden zunehmend die Daumenschrauben angelegt. Es werden<br />
Vorschriften und Gesetze erlassen und die überbordende Bürokratie<br />
schlägt Berufsethik und Engagement kaputt. Seit 1. Juli 2006 ist die<br />
Budget-Schraube für Arzneimittel für den niedergelassenen Arzt noch<br />
stärker angezogen worden. Dem Patienten wird weisgemacht, dass die billigsten<br />
Arzneimittel genau so gut seien wie das Original. Verpflichtend ist<br />
die Verordnung eines der drei billigsten Nachahmer-Medikamente für nicht<br />
mehr patentgeschützte Wirkstoffe. Dem Patienten wird dies darüber hinaus<br />
dadurch schmackhaft gemacht, dass er für Medikamente, die 30 Prozent unter<br />
dem Festbetrag liegen, keine Zuzahlungen mehr leisten muss. Eine<br />
Mogelpackung: Bereits ein Drittel aller Bürgerinnen und Bürger sind bereits<br />
zuzahlungsbefreit. Der Apotheker ist verpflichtet, ein solches Billig-<br />
Medikament abzugeben, die Verantwortung aber für Qualität und<br />
Nebenwirkungen und die Haftung wird mir als Hausarzt zugeschoben.<br />
Werden die Budgetgrenzen überschritten, hafte ich mit meinem Honorar für<br />
das, was ich meinem Patienten nach bestem Wissen und Gewissen verschrieben<br />
habe. Für die Preisgestaltung wiederum kann ich aber nichts, die ist vom<br />
Gesetzgeber, den Krankenkassen und der Industrie vorgegeben. So kosten 30<br />
Tabletten eines massenhaft gebrauchten Schmerzmittels <strong>statt</strong> 1,50 – 1,90<br />
Euro dank der gesetzlich bestimmten Zuschläge und der Mehrwertsteuer ca.<br />
11 Euro! Der Staat verdient an der Krankheit seiner Bürger. Auch bei<br />
Heilmitteln (Physiotherapie wie Krankengymnastik, Massagen usw.) engt ein<br />
exakt vorgeschriebener Katalog mit Höchst- und Teilmengen von<br />
Anwendungen bei definierten Krankheitsbildern nicht nur den individuellen<br />
Heilverlauf, sondern auch ärztlichen Sachverstand und Ethik massiv ein. Dem<br />
Patienten aber wird vorgegaukelt: „Wir bezahlen alles, was der Arzt für nötig<br />
hält.“ Andererseits werden zunehmend Urlaubsreisen mit Wellness-<br />
Wohltaten im Wert bis zu 300 Euro von Krankenkassen bezahlt. Mein<br />
Schlaganfallpatient aber schaut nach 30 Verordnungen in die Röhre, da keine<br />
Krankenkasse die Garantie gibt, mich bei Verordnungen „außerhalb der<br />
Regelleistung“ frei von Regressforderungen zu stellen.<br />
„Die Bürokratie feiert Triumphe“<br />
Dr. med. Johannes Ebbers aus Düren:<br />
Die am Patienten erbrachten Dienstleistungen<br />
werden in Form von Abrechnungspunkten über<br />
die zuständige Kassenärztliche Vereinigung abgerechnet.<br />
Das hochkomplizierte Abrechnungsverfahren<br />
unterliegt per se wiederholten<br />
Kontrollen nach Tagesprofilen, Fachgruppendurchschnitten,<br />
sachlich-rechnerischen Berichtigungen<br />
etc. und ist schlussendlich sowieso budgetiert,<br />
d. h. am Ende kommt nur noch so etwas<br />
wie eine Pauschale pro Patient heraus. Damit<br />
aber die Bürokratie immer neue Triumphe feiern<br />
kann, wurde vor einiger Zeit die so genannte<br />
Plausibilitätsprüfung aus der Taufe gehoben.<br />
Wer mit seiner Abrechnung durch das oben genannte<br />
Prüfverfahren gelangt ist, kommt (zur<br />
Belohnung?) in eine Lostrommel. Wer zu den<br />
„Glücklichen“ gehört, die gezogen werden,<br />
muss sämtliche, in der Praxis befindlichen<br />
Behandlungsunterlagen zu ganz bestimmten,<br />
namentlich genannten Patienten einsenden.<br />
Hier werden also höchst private, intime und persönliche<br />
Daten, die absolut dem Arzt-Patienten-<br />
Geheimnis unterliegen, ohne Einverständnis der<br />
Patienten an eine Behörde überstellt. Vor ca. einem<br />
Jahr wurde ich in zwei Quartalen hintereinander<br />
aufgefordert, dies für gleich mehrere<br />
Dutzend Patienten zu tun. Diese eklatante<br />
Verletzung der Verschwiegenheitspflicht ließ<br />
mir keine Ruhe. Ich wandte mich daher an die<br />
Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit<br />
des Landes NRW. In einer Stellungnahme<br />
legte sie – juristisch vermutlich wasserdicht<br />
– sehr eingehend dar, dass die<br />
Kassenärztliche Vereinigung mit der Plausibilitätsprüfung<br />
nicht gegen ihr eigenes Regelwerk<br />
verstößt. Wozu leistet sich also der Steuerzahler<br />
eine Landesbeauftragte für den Datenschutz?<br />
Damit diese den „gläsernen Patienten“ noch<br />
polieren hilft?<br />
Mehr zu diesem Thema im Internet unter<br />
http://gesundheit.fdp.de