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VoN PFIrSIChEN uND KoKoSNüSSEN<br />

Im Gespräch mit der interkulturellen Trainerin Johanna Marius<br />

Das Interview führte Birgit Adam<br />

Johanna Marius<br />

Was macht eine interkulturelle trainerin eigentlich?<br />

Ich bereite Leute auf den Umgang mit Menschen in einem internationalen<br />

Umfeld vor: Leute, die ins Ausland gehen, oder<br />

Leute, die nach Deutschland zum Arbeiten kommen. Zentrale<br />

Inhalte meiner Trainings sind der Kommunikationsstil und der<br />

Umgang mit der Zeit, der wiederum das Planungsverhalten bedingt.<br />

Wichtig ist mir, dass die Menschen bereits ein Bewusstsein<br />

für kulturelle Unterschiede haben – also wissen, dass nicht alle<br />

Kulturen gleich „funktionieren“.<br />

Wie wird man interkulturelle trainerin?<br />

Man kann einen Studiengang „Interkulturelle Kompetenz“ absolvieren.<br />

Ich selbst bin Quereinsteigerin und habe meine Ausbildung<br />

„Master of Intercultural Communication“ bei Dr. Juliane<br />

Roth über den bvv gemacht. Aber vieles, was ich in meinem<br />

Leben gelernt habe, kann ich in meinen Trainings anwenden. Die<br />

Sprachkompetenz habe ich in meiner Ausbildung als Übersetzerin<br />

und Dolmetscherin erworben. Außerdem habe ich lange Zeit<br />

in verschiedenen Ländern gelebt und gearbeitet und so die verschiedenen<br />

Arbeitsstile kennengelernt. Mein erster Auftrag als interkulturelle<br />

Trainerin war, Studenten auf einen Aufenthalt in<br />

Großbritannien vorzubereiten. Ich bin dann einige Zeit zweigleisig<br />

gefahren, bis ich damit meinen Lebensunterhalt verdienen<br />

konnte. Heute steht mein Unternehmen auf drei Säulen: Business<br />

Englisch mit interkultureller Kommunikation, interkulturelle<br />

Trainings und Teambuilding für internationale Gruppen.<br />

sind sich die Menschen bewusst, wie wichtig interkulturelle<br />

kompetenz ist? oder kommen sie erst, wenn das kind bereits<br />

in den Brunnen gefallen ist?<br />

Tatsächlich kommen einige „gebrannte“ Kinder zu mir, deren<br />

Auslandgeschäfte gescheitert sind und die wissen möchten, was<br />

sie besser machen können. Diese Kunden kommen freiwillig.<br />

Andere wiederum werden von ihren Vorgesetzten geschickt,<br />

allerdings haben auch hier die Chefs oft schon ihre Erfahrungen<br />

gemacht. Aus Lust, mehr über eine andere Kultur zu erfahren,<br />

kommen die wenigsten – leider.<br />

Gibt es Dinge, die die teilnehmer in Ihren trainings besonders<br />

verblüffen?<br />

Im Umgang mit Amerikanern sind viele Menschen erst einmal<br />

verblüfft, wie diese aus einer freundlichen, fast kumpelhaften<br />

Stimmung plötzlich zum knallharten Business übergehen können.<br />

Das ist in Deutschland undenkbar. Hier kann man Kulturen<br />

mit Früchten vergleichen: Amerikaner sind wie ein Pfirsich, sie<br />

sind erst weich und zugänglich, aber irgendwann stößt man auf<br />

den harten Kern. Die Deutschen dagegen ähneln einer Kokosnuss:<br />

Wenn man erst einmal die harte Schale geknackt hat,<br />

kommt das weiche Innere zum Vorschein.<br />

Immer wieder überrascht sind meine Teilnehmer, wenn sie hören,<br />

dass man jemanden auch auf Englisch „siezen“ kann. Viele verwechseln<br />

die Tatsache, dass man sich in den USA meist mit dem<br />

Vornamen anredet, mit Freundschaft oder Kommunikation auf<br />

derselben Ebene. Doch das ist keineswegs so: Auch im Englischen<br />

gibt es verschiedene Sprachebenen, mit denen Respekt ausgedrückt<br />

wird, ganz ähnlich wie mit dem deutschen „Sie.“<br />

Was sollen die teilnehmer unbedingt aus Ihren seminaren<br />

mitnehmen?<br />

Ich wünsche mir, dass meine Teilnehmer lernen, Verhalten nicht<br />

sofort zu bewerten, wenn es ihnen ungewöhnlich erscheint, sondern<br />

noch ein paar Sekunden innehalten und nachdenken. Dass<br />

wir etwas bewerten, können wir nicht abstellen, aber wir können<br />

zumindest vorher darüber nachdenken und versuchen, es aus<br />

einer anderen Perspektive zu betrachten. Und es dann nicht als<br />

„schlecht“ oder „komisch“ bewerten, sondern einfach als „anders“.<br />

Mir ist wichtig, dass Aussagen über Kulturen keine absoluten<br />

Aussagen sein können, denn sonst schafft man wieder neue<br />

Stereotype. Kulturen sind eben sehr dynamisch. Es gibt da ein<br />

schönes englisches Zitat: „Whatever true thing you can say about<br />

a culture, the opposite may also be true.”<br />

www.languages-intercultural.com<br />

19 Spezial

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