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22 Spezial<br />
ZEhN MoNATE IN ChINA<br />
Warum Frau manchmal nur noch Chinesisch versteht …<br />
Text von Christine Heinze<br />
Seit Mai 2009 nehme ich am „EU-China Managers Exchange<br />
and Training Programme“ teil, das von der EU-Kommission<br />
und der chinesischen Regierung gemeinsam finanziert wird.<br />
Neben einem siebenmonatigen Sprachkurs in Beijing beinhaltet<br />
es eine dreimonatige Praxisphase in einem Unternehmen. Zusätzlich<br />
finden Vorlesungen zu „Business in China“ statt (mehr Infos<br />
zum Programm unter www.metp.net.cn).<br />
Meine Zeit in China war von den unterschiedlichsten Situationen<br />
und Erlebnissen geprägt, die sich leider nicht auf dieser<br />
einen Seite zusammenfassen lassen. Daher möchte ich mich an<br />
dieser Stelle auf einige Erkentnisse und Hinweise für den Umgang<br />
mit chinesischen Kunden oder chinesischen Kolleginnen<br />
konzentrieren, denn immer häufiger findet sich frau unverhofft<br />
und leider oft auch völlig unvorbereitet in einem globalen Team<br />
oder Projekt wieder und muss sich dann mit der chinesischen<br />
Kultur auseinandersetzen.<br />
teamarbeit gibt es nicht<br />
Teamarbeit – so wie wir sie verstehen – findet in China nicht<br />
statt. Dies liegt am chinesischen Schulsystem und an der Art und<br />
Weise, wie in China gelernt wird: nämlich auswendig. Den Chinesen<br />
ist zwar bewusst, dass es eine falsche und eine richtige Antwort<br />
gibt, jedoch entscheidet eine höhere Instanz (Lehrer oder<br />
Vorgesetzter), welche Antwort nun falsch oder richtig ist. Deshalb<br />
muss auf gleicher Ebene nie ausdiskutiert werden, welcher<br />
Schritt nun sinnvoll ist, da letztendlich immer der Vorgesetzte<br />
diese Entscheidung trifft und Selbstverantwortung nicht erwünscht<br />
ist. Erschwerend kommt hinzu, dass ein Chinese dem<br />
anderen Chinesen nicht traut und auch nicht zutraut, gutes Wissen<br />
zu einem Thema zu besitzen. „Teamarbeit“ auf Chinesisch<br />
bedeutet daher, dass jeder um die einzig wahre Antwort buhlt,<br />
die er dann dem Chef präsentieren kann. In China gibt es keinen<br />
Vertrauensvorschuss, es herrscht grundsätzlich erst einmal für<br />
lange Zeit Misstrauen. So würde ein Chinese auch nie auf die<br />
Idee kommen, sich mit einem Unbekannten im Zug oder in der<br />
Christine Heinze mit ihrer Chinesischlehrerin<br />
S-Bahn zu unterhalten. Ausländer werden für den Vertrauensvorschuss,<br />
den sie gewähren, für naiv und einfältig gehalten.<br />
auf die Verpackung kommt es an!<br />
Die Verpackung zählt in China mehr als der Inhalt. Das bedeutet:<br />
Der Markenname eines Unternehmens oder Produkts, Titel oder<br />
der Rang in der Unternehmenshierarchie sind wichtiger als der<br />
tatsächliche Inhalt oder der Wert des Produkts. Wer Geschäfte mit<br />
China machen will, sollte daher entweder die entsprechenden<br />
Titel mitbringen oder vom Chef oder Chefin hoch-offiziell die<br />
entsprechenden Insignien übertragen bekommen.<br />
Im Verständnis der Chinesen hat das Ansehen der Nation, der<br />
Firma, der Familie und der eigenen Person absolute Priorität. Das<br />
Eingestehen von Fehlern ist fast unmöglich und wird mit allen<br />
Mitteln umgangen. Als Manager empfiehlt es sich bei der Fehleranalyse<br />
selbst ins Detail zu gehen und sich selbst ein Bild über<br />
den tatsächlichen Sachverhalt zu verschaffen. Ansonsten besteht<br />
die Gefahr, ein verzerrtes Bild zu erhalten und die falschen<br />
Schlussfolgerungen zu ziehen.<br />
650 Geschäftsleute erproben interkulturelle kompetenz<br />
Interkulturelle Kommunikation live konnte ich auch beim Wirtschaftsgipfel<br />
EU-China in Nanjing im November 2009 beobachten.<br />
Außer mir nahmen ca. 650 europäische und chinesische<br />
Geschäftsleute und Manager teil – sehr viele interessante Leute<br />
und eine wertvolle Erfahrung für mich. Leider wollte sich Wen<br />
Jiabao, der chinesische Premierminister, nach seiner Rede nicht<br />
mit mir fotografieren lassen, sondern versteckte sich hinter seinen<br />
Bodyguards. Vielleicht lässt er sich aber auch prinzipiell nicht mit<br />
größeren Frauen ablichten?<br />
Dies sind nur ein paar Eindrücke aus zehn Monaten im Reich der<br />
Mitte. Bei weiterem Interesse am Thema würde ich mich sehr<br />
über eine E-Mail freuen: christine.heinze@nexgo.de