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LUH_LeibnizCampus 19 2017

Ehemaligenmagazin der Leibniz Universität

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Optische Technologien | Forschungsschwerpunkt<br />

in Ort und Impuls (also Geschwindigkeit)<br />

festgelegt werden<br />

kann. Eine klare Lokalisierung<br />

geht immer mit einer<br />

unscharfen Geschwindigkeit<br />

einher und umgekehrt. Möchte<br />

man einen harten Fokus<br />

produzieren, muss eine große<br />

Geschwindigkeitsunschärfe,<br />

also ein breiter stumpfer<br />

Licht kegel vor und nach dem<br />

Fokus zugelassen werden.<br />

Je größer der Kegelwinkel,<br />

desto größer die »Numerische<br />

Apertur« (NA). Mit hoher<br />

NA kann also hart im Raum<br />

fokussiert werden. Auch die<br />

Fokussierung in der Zeit<br />

wird von Heisenberg limitiert.<br />

Hier ist es die Unschärfe<br />

zwischen Energie und Zeit.<br />

Möchte man ein Photon in<br />

einem winzigen Zeitfenster<br />

lokalisieren, muss in Kauf genommen<br />

werden, dass seine<br />

Energie (= seine Farbe) unscharf<br />

ist. Völlig analog zur<br />

Lokalisierungsgrenzen der<br />

Photonen in Zeit beziehungsweise<br />

in Ausbreitungsrichtung<br />

von Nanosekunden<br />

(1ns = 10 –9 sec.) auf Sub-<br />

Femto sekunden (1fs = 10 –<br />

15<br />

sec.) konsequent mit einer<br />

Größenordnung pro Dekade<br />

gefallen. Während man Nanosekunden<br />

auch noch mit Elektronenpulsen<br />

auflösen kann,<br />

konnten die schneller ablaufenden<br />

Effekte der Natur erst<br />

nach dem entsprechenden<br />

Fortschritt der Laserphysik<br />

analysiert werden.<br />

Und tatsächlich ist unsere<br />

Mikrowelt voller Prozesse, die<br />

auf Piko-, Femto- und Attosekunden-Zeitskalen<br />

ablaufen<br />

(1 ps = 10 –12 sec., 1as = 10 –18<br />

sec.): Moleküle rotieren in<br />

Pikosekunden, Moleküle<br />

vibrieren in Femtosekunden,<br />

Elektronen bewegen sich in<br />

Molekülen innerhalb von<br />

Röntgenstrahlung. Mit diesem<br />

Superlaser wird es möglich<br />

sein, große Moleküle, aber<br />

auch Viren und Bakterien zu<br />

durchleuchten, sie zu »röntgen«<br />

und ihre inne Struk tur<br />

zu analysieren. Der intensive<br />

Puls – von dem 27.000 pro<br />

Sekunde erzeugt werden können<br />

– zerstört das Molekül,<br />

aber da er so kurz ist, entsteht<br />

das Foto in kurzer Zeit vor der<br />

Zerstörung, dass jegliche Bewegung<br />

der beteiligten Atome<br />

eingefroren ist. Man erwartet<br />

wesentliche neue Einsichten<br />

in die Struktur von Großmolekülen<br />

mit Relevanz für Chemie,<br />

Mate rialwissenschaft,<br />

Biochemie, Biologie, Pharmazie<br />

und Medizin und lässt sich<br />

dieses 1,2 Milliarden Euro in<br />

einer gemeinsamen europäischen<br />

Anstrengung kosten.<br />

Der größte gepulste Laser<br />

steht in Kalifornien in den<br />

2<br />

Abbildung 2<br />

Blick in den 3,4 km langen<br />

Beschleunigertunnel des Europäischen<br />

Freie-Elektronen-Laser<br />

für Röntgenlicht (XFEL) in<br />

Hamburg.<br />

Quelle: Institut für Quantenoptik<br />

Raumdimension müssen also<br />

viele Farben angeboten werden,<br />

um einen harten Zeitfokus<br />

zu realisieren.<br />

Jetzt verlassen wir das Teilchenbild<br />

und denken im Wellenbild:<br />

Perfekt scharfe Lichtverteilungen<br />

im Fokus und<br />

perfekt kurze Lichtverteilungen<br />

in der Zeit sind nur bei<br />

perfekt interferierenden Teilwellen<br />

möglich; diese in Raum<br />

und Zeit perfekten Wellen<br />

produziert allein der Laser.<br />

Nur damit können die hohen<br />

Intensitäten erzeugt werden.<br />

Das hat man sofort nach der<br />

Erfindung des Lasers im Jahre<br />

<strong>19</strong>60 erkannt, und seitdem ist<br />

die Pulsdauer, das sind die<br />

Attosekunden von einem Ort<br />

zum anderen, von einem<br />

Zustand zum nächsten. Die<br />

Lasermessung dieser ultraschnellen<br />

Vorgänge ist der<br />

Schlüssel zum Verstehen der<br />

vielfältigen Dynamik der Mikrowelt.<br />

In Hamburg wurde just am<br />

1. September der XFEL feierlich<br />

eingeweiht, der »Europäische<br />

Extreme Freie-Elektronenlaser«,<br />

eine 3,4 km lange<br />

Röhre (siehe Abbildung X), die<br />

in Hamburg beginnt und in<br />

Schleswig-Holstein in einer<br />

fußballfeldgroßen Experimentierhalle<br />

tief unter der Erde endet.<br />

Er erzeugt erstmalig Femtosekundenimpulse<br />

aus harter<br />

3<br />

USA, die »National Ignition<br />

Facility« – in der Größe einer<br />

großen Fabrikhalle. Seine<br />

Pulse sind im Gegensatz zum<br />

XFEL wesentlich länger und<br />

auch nicht im Röntgenbereich<br />

angesiedelt. Dafür haben sie<br />

viel mehr Energie (einige<br />

Megajoule pro Puls). <strong>19</strong>2 einzelne<br />

Großlaser strahlen dabei<br />

aus allen Raumrichtungen<br />

zeitgleich auf eine kleine Probe.<br />

Der dabei entstehende extreme<br />

Druck durch die vielen<br />

Photonen überwindet die Abstoßung<br />

zwischen den positiv<br />

geladenen Atom kernen und<br />

führt zu ihrer Verschmelzung.<br />

Dieser Laser dient der Erforschung<br />

der kontrollierten<br />

Kernfusion, kann im Durch-<br />

Abbildung 3<br />

Gepulste Laserstrahlung verschiedener<br />

Wellenlänge in einem<br />

typischen Experimentieraufbau.<br />

Quelle: Institut für Quantenoptik<br />

25

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