LUH_LeibnizCampus 19 2017
Ehemaligenmagazin der Leibniz Universität
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Aus dem Archiv<br />
AKADEMISCHE BERÜHMTHEITEN<br />
Mit einer neuen Serie möchten wir aus dem Fundus des Universitätsarchivs<br />
schöpfen und unseren Leserinnen und Lesern<br />
bekannte und berühmte Angehörige der Leibniz Universität<br />
Hannover vorstellen. Aus ihrer wechselvollen Geschichte als<br />
akademische Institution – 1831 als Höhere Gewerbeschule gegründet,<br />
weiter entwickelt zur Polytechnischen Schule (1847),<br />
zur Königlichen Technischen Hochschule (1879), zur Technischen<br />
Universität Hannover (<strong>19</strong>68), zur Universität Hannover<br />
(<strong>19</strong>78) und zur Leibniz Universität Hannover (2006) – sind<br />
viele Menschen hervorgegangen, deren Leistungen und besondere<br />
Bedeutung erwähnenswert sind. Der Autor ist Lars Nebelung,<br />
Leiter des Universitätsarchivs.<br />
Hans Mayer (<strong>19</strong>07-2001)<br />
Mit Prof. Dr. iur. Hans Mayer wurde im Jahr <strong>19</strong>66 einer der bedeutendsten<br />
deutschen Literaturkritiker des 20. Jahrhunderts auf<br />
den neugeschaffenen Lehrstuhl für Deutsche Literatur und Sprache<br />
an der Technischen Hochschule Hannover berufen, welchen er<br />
bereits seit <strong>19</strong>65 vertretungsweise innehatte. Im Zuge des weiteren<br />
Ausbaus wurde dieser in einen Lehrstuhl für Neuere und Neueste<br />
Deutsche Literatur umgewandelt. In seiner hannoverschen<br />
Zeit deckte Hans Mayer als akademischer Lehrer die gesamte deutsche<br />
Literaturgeschichte von den Klassikern über das <strong>19</strong>. und frühe<br />
20. Jahrhundert bis hin zur Gegenwartsliteratur ab. Er bot<br />
Lehrveranstaltungen zu so unterschiedlichen Autoren wie Goethe,<br />
Schiller, Heine, Kleist, Kafka, Brecht und auch Günter Grass an.<br />
Daneben hielt Mayer Oberseminare zu Themen wie der »Dialektik<br />
der Aufklärung (Horkheimer/Adorno)« und »Reflexionen über Herrschaft<br />
und Knechtschaft« ab. Für viele Studierende wurde er damit<br />
in den bewegten Zeiten der späten <strong>19</strong>60er und <strong>19</strong>70er Jahre zu<br />
einem intellektuellen Vorbild, da es ihm stets darum ging, durch<br />
die Beschäftigung mit Literatur die Humanität zu fördern und<br />
dabei auch immer wieder unbotmäßige und am Rande der Gesellschaft<br />
stehende Autoren in den Blick zu nehmen.<br />
Hans Mayer stammte aus einer großbürgerlichen jüdischen Familie<br />
und wurde am <strong>19</strong>. März <strong>19</strong>07 in Köln geboren. Schon in seiner<br />
Jugend begeisterte er sich für die Schriften von Karl Marx und<br />
Georg Lukács. Sein Studium der Rechts- und Staatswissenschaft,<br />
Geschichte und Musik in Köln, Bonn und Berlin schloss er <strong>19</strong>30<br />
mit einer juristischen Dissertation über »Die Krisis der deutschen<br />
Staats lehre und die Staatsauffassung Rudolf Smends« ab. Danach<br />
absolvierte Mayer bis <strong>19</strong>33 ein Gerichtsreferendariat am Oberlandesgericht<br />
Köln. Die Große Juristische Staatsprüfung wurde ihm<br />
<strong>19</strong>33 jedoch aus politischen und rassistischen Gründen verwehrt,<br />
stattdessen wurde er aus dem Staatsdienst entlassen und seine<br />
geplante Habilitation vereitelt. Noch <strong>19</strong>33 emigrierte Mayer zunächst<br />
nach Frankreich, dann <strong>19</strong>34 in die Schweiz, wo er als Journalist,<br />
Essayist und Sozialforscher tätig war. Seine Eltern wurden<br />
im KZ Auschwitz ermordet.<br />
Nach Kriegsende kehrte Hans Mayer nach Deutschland zurück und<br />
arbeitete zunächst bei der Deutschen Nachrichtenagentur (DENA),<br />
dann als Chefredakteur bei Radio Frankfurt (dem heutigen Hessischen<br />
Rundfunk). Zudem war er in dieser Zeit Dozent für Soziologie<br />
und Sozialphilosophie an der wiedereröffneten Akademie der<br />
Arbeit in Frankfurt. <strong>19</strong>48 wurde sein Buch »Georg Büchner und<br />
seine Zeit« von der Universität Leipzig als Habilitation angenommen,<br />
woraufhin er in Leipzig auf den Lehrstuhl für Geschichte der<br />
Weltliteratur und Neueste Deutsche Literaturgeschichte berufen<br />
wurde. Die seit <strong>19</strong>56 immer größer werdenden Schwierigkeiten mit<br />
den Machthabern in der DDR veranlassten Mayer allerdings <strong>19</strong>63,<br />
wieder in die Bundesrepublik überzusiedeln. Sein streitbarer Geist<br />
kam auch <strong>19</strong>73 zum Vorschein, als er sich in Hannover vorzeitig<br />
emeritieren ließ, um gegenüber dem Kultusministerium gegen die<br />
Nichtberücksichtigung seines von Fakultät und Senat unterstützten<br />
Vorschlags, Fritz J. Raddatz als seinen Nachfolger zu berufen,<br />
zu protestieren. Hans Mayer war seit <strong>19</strong>75 Honorarprofessor in Tübingen<br />
und starb dort hochgeehrt am <strong>19</strong>. Mai 2001. In Hannover<br />
trägt seit 2002 ein Weg im Welfengarten seinen Namen.<br />
Zur Person<br />
Foto: Alexander Beck<br />
Lars Nebelung, Jahrgang <strong>19</strong>71, ist seit 2016 Leiter des Archivs der<br />
TIB/Universitätsarchiv Hannover. Bereits seit 2008 leitete er das<br />
Universitätsarchiv Hannover, welches Anfang 2016 in das Archiv<br />
der TIB/Universitätsarchiv Hannover überführt wurde. Er hat Mittlere<br />
und Neuere Geschichte und Politikwissenschaft an der Georg-<br />
August-Universität in Göttingen studiert<br />
und anschließend ein Referendariat für<br />
den Höheren Archivdienst am Landesarchiv<br />
Berlin und der Archivschule Marburg<br />
absolviert. Als Leiter des Archivs der TIB/<br />
Univer sitäts archiv Hannover ist es seine<br />
Aufgabe, archivwürdige Unter lagen dauerhaft<br />
zu bewahren und für die Benutzung<br />
durch die interessierte Öffentlichkeit verfügbar<br />
zu machen.<br />
Kontakt: Lars Nebelung, Archiv der TIB/Universitätsarchiv Hannover,<br />
Telefon: 0511 762-9389, E-Mail: lars.nebelung@tib.eu<br />
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