soziologie heute Februar 2010
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16 <strong>soziologie</strong> <strong>heute</strong> <strong>Februar</strong> <strong>2010</strong><br />
!?<br />
Migrantenkinder<br />
„Ich kann das Wort Integration nicht mehr hören!”<br />
Schulheimat<br />
für<br />
von Hans Högl<br />
Bemühen, Gelingen und Frust, Fleiß und Überforderung werden an der Volksschule in der Treustraße<br />
in Wien 20 (Brigittenau) spürbar. Sie ist eingebettet in ein multikulturelles, großstädtisches Umfeld.<br />
Über 90 % dieser Schulkinder haben eine andere Muttersprache als Deutsch. Sie finden hier Auszüge<br />
von der deskriptiven Schul-Fallstudie.<br />
Die ministerielle Erlaubnis war dazu<br />
gegeben, Schulwirklichkeit anschaulich-plastisch,<br />
ungeschminkt und<br />
sachgerecht darzustellen. Als ich aber<br />
Privatpersonen und den Stadtschulrat<br />
von der hier kurz gefassten Studie<br />
mündlich informierte und auf bekannte<br />
massive Probleme der Integration<br />
hinwies, erweckte dies Unbehagen:<br />
a) Scheuen es Ämter, öffentlich Folgen<br />
der Migration zu formulieren?<br />
Dies gilt auch für Qualitätsmedien.<br />
b) Privatpersonen sagten: Dies wäre<br />
Wasser auf den politischen Mühlen<br />
jener Kräfte, die in der Zuwanderung<br />
nur negative Auswirkungen sehen.<br />
Dieses Verhalten (a/b) ist ein Zeichen<br />
von Ratlosigkeit; denn nur auf Basis<br />
einer Sachdiagnose sind Folgerungen<br />
und eventuell eine „Therapie“ möglich.<br />
Wird nur der durchschnittliche<br />
Ausländeranteil aller Wiener Pflichtschulen<br />
publiziert, so kommen die<br />
mit hohem Migrantenanteil nicht in<br />
den Blick.<br />
Leider dienen manche Gutachten<br />
und sozialwissenschaftliche Studien<br />
nur als Legitimation für politische<br />
Zwecke, und Kritisches dringt nicht<br />
in die Öffentlichkeit. Damit wird Forschen<br />
zu einem Gutteil entbehrlich.<br />
Die Widerstände, diese Studie zur<br />
Kenntnis zu nehmen, zeigten sich<br />
darin, dass sie vom Ministerium an<br />
den Stadtschulrat nicht weitergeleitet<br />
wurde, und letztere nur von mir<br />
als Autor erfuhr.<br />
Dieser Beitrag fußt auf einem Dutzend<br />
auf drei Zeitphasen versetzten<br />
Leitfaden-Interviews – aufgenommen<br />
auf Tonband und transkribiert. Neben<br />
sehr Kritischem gibt es auch Positiva<br />
zu berichten (siehe unten).<br />
Ein Blick in die Schule<br />
Hinter einem Paravent am Rande des<br />
Ganges zu den Fenstern des Innenhofes<br />
hin sind ein paar Tische und eine Tafel.<br />
Blumenstöcke machen die Schulwelt<br />
heimeliger. Einzelne Schulbänke fügen<br />
sich in nette Nischen ein. Hier ist der<br />
Kleingruppen-Unterricht durch Stützbzw.<br />
BegleitlehrerInnen. Das Ambiente<br />
wirkt gepflegt – ordentlich.<br />
Frau Lehrerin A erklärte, warum auf<br />
dem Gang zu unterrichten ist:<br />
„Architekten, die Schulgebäude entwerfen,<br />
fehlt sehr oft der praktische Bezug:<br />
was braucht die Schule konkret. ...Unsere<br />
Schule wurde gebaut, als es in Wien kaum<br />
Ausländer gegeben hat. Als es zur Adaptierung<br />
kam, hat man, obwohl die neue<br />
Situation bekannt war, die Pläne nicht<br />
geändert.“<br />
Ein junger Begleitlehrer gestaltet mit<br />
den Kindern die Gangräume.<br />
Stücke von bildnerischer Erziehung<br />
schmücken die Wände: Werkstücke,<br />
bunte, gefällige Papierschnitte,<br />
Zeichnungen und Bilder. Von jedem<br />
Kind gibt es ein kleines Foto. Der Begleitlehrer:<br />
„Wir singen auch Lieder in ei-