soziologie heute Februar 2010
Das erste und einzige illustrierte soziologische Fachmagazin im deutschsprachigen Raum. Wollen Sie mehr über Soziologie erfahren? www.soziologie-heute.at
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<strong>Februar</strong> <strong>2010</strong> <strong>soziologie</strong> <strong>heute</strong> 19<br />
Resumé:<br />
In den Gesprächen mit den Lehrerinnen<br />
werden geballte Belastungen und<br />
Sorgen transparent und das Gefühl, allein<br />
gelassen zu sein – mitunter auch<br />
von den Behörden. Aber das Kollegium<br />
steht wacker zusammen und versucht,<br />
so gut es geht, situationsadäquat umzugehen.<br />
Wir fanden eine wohl ausgestattete<br />
und eine partnerschaftlich gut<br />
geführte Schule vor – mit Raum für<br />
Freiheit und Spontaneität. Immerhin:<br />
Ein Drittel der Kinder besucht nach der<br />
4. Klasse eine höhere Schule.<br />
Auszüge aus der Homepage der Volksschule Treustraße in Wien<br />
Nachwort:<br />
Es war angebracht, zu prüfen, was sich<br />
seit der Haupterhebung von 2004 änderte.<br />
Laut Schulleiterin besserten sich<br />
etwas die Sprachkenntnisse der Kinder<br />
– und zwar wegen der sprachlichen<br />
Frühförderung, empfohlen durch die<br />
Zukunftskommission des Ministeriums.<br />
Das im Herbst 2009 für alle – auch für<br />
Ausländerkinder verpflichtend eingeführte<br />
Gratis - Kindergartenjahr wirkt<br />
sich noch nicht aus. Auch die Schülerobergrenze<br />
pro Klasse wurde von<br />
28 auf 25 Kinder gesenkt. Die Schule in<br />
der Treustraße wurde vor einiger Zeit<br />
von der amtlichen „Wiener Zeitung“ als<br />
Schule des Monats ausgezeichnet.<br />
Aber im Kern blieb die pädagogische<br />
Situation fast gleich. Organisatorisch<br />
gab es Änderungen. Die frühere im<br />
gleichen Hause untergebrachte zweite<br />
Schule untersteht jetzt nur einer Leitung.<br />
Aber der Prozentanteil von Kindern<br />
mit nichtdeutscher Muttersprache<br />
blieb fast identisch. Zurzeit (Dezember<br />
2009) fehlen zwei Lehrkräfte, die der<br />
Behörde nicht zur Verfügung stehen.<br />
Zu begrüßen sind folgende Initiativen:<br />
Die „Internationale Elternschule“ wurde<br />
2005 gegründet. Ein fruchtbarer Boden<br />
für dieses Projekt sind Familien aus<br />
15 Herkunftsländern, einem „Vielvölkerstaat“<br />
mit reicher Kultur: Traditionen,<br />
Sprachen und Religionen. Der Abendtermin<br />
war nicht günstig, darum entstand<br />
das Elterncafe am Montag von 8<br />
bis 9 Uhr. Eltern kommen gern und sind<br />
zu Tee, Kaffee und Keksen eingeladen,<br />
sie beteiligen sich rege am Gespräch<br />
über Lernen und Migration. Die drei<br />
projektleitenden (Sprach)Lehrerinnen<br />
bieten Infoblätter u.a. auf Türkisch an<br />
und machen die Inhalte verständlich<br />
und sie merken positive Folgen auf das<br />
Schulklima.<br />
Einmal im Jahr findet ein „Fest der Religionen“<br />
und ein „Polyglottes Lesefest“<br />
mit Musik der Völker statt und im<br />
Folgejahr Fußballwettkämpfe: „Mixed<br />
Matches“. Alle Kinder der dritten und<br />
vierten Klassen (= 8 Klassen) sind dazu<br />
eingeladen. Schon zu Beginn des Schuljahres<br />
werden die Eltern davon informiert<br />
und Väter und Onkeln gebeten, in<br />
der Freizeit mit ihren Kindern Fußball<br />
zu spielen und ihnen die Fußballregeln<br />
zu erklären. Erwünschte Nebenwirkung:<br />
Die männlichen Familienmitglieder<br />
sind in die Erziehung eingebunden!<br />
Und auf einem Vereinssportplatz werden<br />
offiziell Preise verliehen.<br />
Als Autor bin ich glücklich über die<br />
Sprache dieser Zeitschrift: denn soziologische<br />
Kenntnisse sollen öffentlich<br />
bekannt und verstanden werden. Soziologie<br />
erfasst das Soziale am Individuum,<br />
die Ebenen der Gruppen und<br />
der Organisationen und die Ebene der<br />
Gesamtgesellschaft. Mit der Vernachlässigung<br />
des Mikrobereiches im deutschsprachigen<br />
Raum, hat Soziologie ihren<br />
Einfluss geschwächt.<br />
Literatur:<br />
Forschungsbericht: Högl, Hans, /Hager, Gerhard/<br />
Maier, Rudolf-Michael/ Schickermüller, Maria:<br />
Evaluation der Implementierung des Landeslehrer-Dienstgesetzes<br />
(LDG) anhand von Schulfallstudien.<br />
Bericht der Region Ostösterreich.<br />
Forschungsauftrag des Unterrichtsministeriums.<br />
Projektleitung: Herbert Altrichter, Wien 2004. Forschungsbericht:<br />
309 Seiten.<br />
Fotonachweis:<br />
Hans Högl