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KÖLN 7<br />
Intersexuelle an das<br />
Ministerium für Familie<br />
und Integration<br />
angebunden wird?<br />
Für mich ist das ein<br />
wichtiges politisches<br />
Statement. Und das habe<br />
ich im Übrigen auch in meiner<br />
ersten Rede vor dem<br />
Bundesrat genau so betont.<br />
Der Bereich ist im Ministerium<br />
für Kinder, Familie, Flüchtlinge<br />
und Integration und dort in der<br />
Abteilung Familie bestens angesiedelt.<br />
Regenbogenfamilien gehören<br />
selbstverständlich mit unter das Dach der<br />
Familien mit ihren vielfältigen unterschiedlichen<br />
Lebensformen. Hier lassen sich<br />
in einer Abteilung viele Synergieeffekte<br />
herstellen, die es auch zu den anderen<br />
Abteilungen im Haus gibt.<br />
Als neuer Minister für LGBTIQ*-<br />
Angelegenheiten treten Sie in große<br />
Fußstapfen, die in den letzten 15<br />
Jahren insbesondere von den Grünen<br />
ausgefüllt wurden, und dieser grüne<br />
Einfluss ist in der Community stark<br />
zu spüren. Die Sympathie zu den<br />
Grünen ist größer als die zur FDP.<br />
Wie wurden Sie von der Community<br />
als neuer Minister empfangen?<br />
Ich bin von den engagierten und kompetenten<br />
Verbänden und der LSBTI*-Selbsthilfe<br />
wohlwollend und mit großer Offenheit<br />
empfangen worden.<br />
Wen aus der Community haben Sie<br />
in Ihren ersten 200 Tagen getroffen<br />
und wer oder was hat Sie am<br />
meisten begeistert?<br />
Einer meiner ersten Termine als Minister<br />
war die CSD-Abschlussveranstaltung auf<br />
dem Heumarkt in Köln. Auch da hatte ich<br />
schon viele interessante Begegnungen und<br />
konstruktive Gespräche mit der Community.<br />
Auch einer der allerersten Termine, die<br />
Staatssekretär Andreas Bothe wahrgenommen<br />
hat, war im Rahmen der CSD-<br />
Aktion der Organisation Jugend gegen<br />
AIDS e. V. am Flughafen Köln/Bonn.<br />
Es war mir ein großes Anliegen, mich<br />
mit den Vertretungen der Verbände der<br />
LSBTI*-Selbsthilfe dann möglichst schnell<br />
zusammenzusetzen und mit ihnen über<br />
das, was ihnen unter den Nägeln brennt,<br />
auszutauschen. Schon Anfang Oktober<br />
hat das erste Treffen mit der LAG Lesben<br />
in NRW, dem Schwulen Netzwerk NRW<br />
und der Landeskoordination Trans* im<br />
Ministerium stattgefunden. Das Gespräch<br />
war sehr konstruktiv. Wir haben verabredet,<br />
uns einmal jährlich zusammenzusetzen.<br />
Auf den regelmäßigen Austausch freue ich<br />
mich.<br />
Die Gleichstellung der Ehe und der<br />
Adoption sind nun umgesetzt. Was<br />
muss ihrer Ansicht nach als<br />
Nächstes angepackt werden?<br />
Auf der Bundesebene steht aus meiner<br />
Sicht insbesondere im Bereich Trans* und<br />
Inter* einiges auf der Tagesordnung. Hierzu<br />
werden wir uns mit den anderen Bundesländern<br />
austauschen, um einen gangbaren<br />
Weg der Umsetzung für den Bundesverfassungsgerichtsbeschluss<br />
zu begleiten<br />
und die anstehende Novellierung des<br />
Trans-sexuellengesetzes zu initiieren.<br />
Viele fragen sich, was die neue<br />
Regierung mit den laufenden<br />
Projekten der Vorgängerregierung<br />
macht. Was können Sie den<br />
Bedenkenträgern sagen?<br />
Ich erlebe die LSBTI*-Community als offen<br />
und aktiv, nicht als skeptisch. Im Kampf<br />
gegen Diskriminierung und Gewalt an LSBTI*<br />
werde ich selbstverständlich Bewährtes<br />
fortsetzen, es ist ja nicht alles verkehrt,<br />
was die Vorgängerregierung gemacht hat.<br />
Aber darüber hinaus werden wir auch neue<br />
Wege gehen. Es ist insbesondere in Zeiten<br />
rechtskonservativer Strömungen, in denen<br />
das Erstarken der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit<br />
leider anwächst, wichtig,<br />
gerade auch den LSBTI*-Bereich weiter zu<br />
stärken und Flagge zu zeigen. Wir zeigen null<br />
Toleranz gegenüber Homo- und Transphobie,<br />
ebenso wie gegenüber Rassismus und<br />
Antisemitismus.<br />
Wie wird die NRW-Regierung sich<br />
einbringen, in NRW selber und im<br />
Bund?<br />
Wir unterstützen beispielsweise Aufklärungs-<br />
und Toleranzprojekte in den<br />
Schulen und der Jugendarbeit, aber auch<br />
Projekte für Senioren. Wir wollen<br />
eine „Allianz für Vielfalt und<br />
Chancengerechtigkeit“ gründen.<br />
Dabei umfasst „Vielfalt“<br />
Menschen jeden Geschlechts,<br />
Menschen mit Behinderungen<br />
oder Migrationshintergrund,<br />
LSBTI*, Menschen jedweden<br />
Alters oder Religion.<br />
Gibt es schon konkrete Pläne<br />
für LGBTIQ*-Projekte, die Sie als<br />
Minister ins Leben rufen wollen?<br />
Es gibt nicht nur Pläne, sondern wir<br />
sind schon tatkräftig dabei, sie auszugestalten.<br />
Dabei setzen wir auch auf die sehr<br />
kompetente und engagierte Unterstützung<br />
der LSBTI*-Infrastruktur. Ein aktuell<br />
spannendes Projekt läuft bei der Kampagne<br />
„anders und gleich. Nur Respekt Wirkt“.<br />
Sie erarbeitet derzeit unterschiedliche<br />
Medien, die Argumentationshilfen gegen<br />
Diskriminierung durch Sprache enthalten<br />
werden. Ein anderes Beispiel: Die Landeskoordination<br />
der Anti-Gewalt-Arbeit für<br />
Lesben, Schwule und Trans* in NRW ist<br />
sehr engagiert im Bereich der Gewaltprävention.<br />
Auf ihrer Arbeits-Agenda steht<br />
zum Beispiel ein Kurzfilm zum Thema<br />
LSBTI*-Geflüchtete. Er soll wachrütteln,<br />
unsere Werte vermitteln und aufzeigen,<br />
dass LSBTI* bei uns gleiche Rechte auf<br />
Liebe in Freiheit und Würde haben.<br />
Wir haben unter anderem Gespräche mit<br />
dem Vorstand des Centrums Schwule<br />
Geschichte geführt, um demnächst einen<br />
Antrag für diverse Medien zur Aufarbeitung<br />
der Geschichte des § 175 StGB zu unterstützen.<br />
Auch dieser Aufgabe widmen<br />
wir uns, wie bereits im Koalitionsvertrag<br />
angekündigt.<br />
Wir bauen zudem ab <strong>2018</strong> das Projekt<br />
SCHLAU NRW aus. Durch die Förderung<br />
aus dem Kinder- und Jugendförderplan<br />
wird die Landeskoordination eine zweite<br />
hauptamtliche Stelle erhalten. Das Projekt<br />
ist für die Arbeit mit Jugendlichen gegen<br />
Diskriminierung wichtig.<br />
NRW ist das Bundesland mit den<br />
meisten CSDs in Deutschland. Wird<br />
es für Sie <strong>2018</strong> einen CSD-Marathon<br />
geben? Welche CSDs werden Sie auf<br />
keinen Fall verpassen?<br />
Ja, die vielen CSDs in NRW spiegeln die<br />
Vielfalt und das hohe Engagement der<br />
LSBTI*-Selbsthilfe wider. Jeder steht für<br />
sich, jeder ist wichtig. Wie im letzten Jahr<br />
werde ich gerne versuchen, auch in diesem<br />
Jahr dabei zu sein. An welcher Veranstaltung<br />
ich persönlich teilnehmen kann,<br />
hängt letztlich vom Terminkalender ab.<br />
Interview: Sebastian Ahlefeld