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MÜNCHEN<br />
JANUAR / FEBRUAR / MÄRZ <strong>2024</strong> І HEFT 189<br />
KULTUR<br />
Varieté-Star<br />
CHRIS<br />
KOLONKO<br />
spricht über<br />
„Big Love" im GOP<br />
MÜNCHEN<br />
DOMINIK<br />
KRAUSE<br />
ist der neue<br />
Bürgermeister<br />
MUSIK<br />
Tom Odell<br />
im Interview<br />
GO DRAG! FESTIVAL | HAUS DER KUNST | SIGURD WENDLAND<br />
ZARA LARSSON | NANCY SINATRA | MIKA
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INHALT<br />
für München<br />
4<br />
12<br />
16<br />
17<br />
18<br />
20<br />
22<br />
Szene<br />
Politik<br />
Style<br />
Beauty<br />
Eyecandy<br />
Stadtplan<br />
Kultur<br />
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Christian K. L. Fischer (fis), Michael Krawczyk (mk),<br />
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Lektorat (ausgewählte Texte):<br />
Tomas M. Mielke, www.sprachdesign.de<br />
Grafik: Mark Pfitzinger, Janis Cimbulis, Susan Kühner<br />
Cover: Tom Odell / Rory Langdon-Down<br />
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4 SZENE<br />
FOTO: ERWIN HARBECK<br />
DER SZENE-AUSBLICK <strong>2024</strong><br />
SAVE THE DATE!<br />
Für alle, die ihr Jahr vorplanen möchten, haben wir bereits jetzt Highlights <strong>2024</strong> zusammengestellt. Ein Jahr in dem erstaunlich<br />
viele Jubiläen gefeiert werden! Natürlich können wir noch nicht alles listen, was <strong>2024</strong> interessant wird, denn viele Veranstaltungen<br />
hatten zum Redaktionsschluss noch keinen Termin. Also: Augen offen halten und mit Spaß und Spannung durch das Community-<br />
Jahr gehen. Wir halten euch natürlich auch im LEO-Magazin immer auf dem Laufenden! *bm<br />
FASCHING<br />
Die fünfte Jahreszeit beginnt am 27.1.,<br />
wenn das Restaurant Deutsche Eiche zu<br />
„Eiche alaaf!“ einlädt. Drei Wochen später<br />
ist Rosenmontag (12.2.), wo euch der<br />
traditionsreiche Ball im Oberangertheater<br />
(Motto „Qings & Kueens“) sowie der<br />
Rosenmontags-DiscoBall im Harry Klein<br />
erwarten. Tags darauf ist Faschingsdienstag<br />
mit dem Straßenfest vor der Deutschen<br />
Eiche und buntem Treiben in der ganzen<br />
Szene.<br />
STARKBIERFEST<br />
Wer die Nachfolge von Bavarian Mr. Leather<br />
Eddy antritt, wird vom 14. bis 17. <strong>März</strong> im<br />
Rahmen des Starkbierfests des Münchner<br />
Löwen Clubs (MLC) ermittelt. Außerdem<br />
gibt es fünf Tage lang Fetisch-Events und<br />
das gesellige Treffen im Augustinerkeller.<br />
www.mlc-munich.de<br />
TRANS* DAY OF VISIBILITY<br />
Unter den zahlreichen Gedenktagen der<br />
queeren Community ist der 31. <strong>März</strong> ein<br />
besonders wichtiger, wirbt er doch für die<br />
Rechte und die Anerkennung von trans*<br />
Menschen in unsere Gesellschaft.<br />
WAHL DER SELIGEN MAIKÖNIGIN<br />
Am Abend des 30. April laden Günter<br />
und Sebastian sowie die „United Queens<br />
of Munich“ zum ersten Straßenfest des<br />
Jahres und zur Wahl der Seligen Münchner<br />
Maikönigin vor das Café Nil. .<br />
www.cafenil.com, www.uqom.de<br />
IDAHOBIT<br />
Der „International Day Against Homo-,<br />
Bi-, Trans* und Inter-Phobia“ (IDAHOBIT)<br />
am 17. Mai ist inzwischen so etwas wie<br />
ein kleiner, sehr politischer CSD. Demo<br />
und Kundgebung am Nachmittag im<br />
Glockenbachviertel.<br />
Wahl der seligen Maikönigin<br />
CSD MÜNCHEN<br />
Wieder findet der Christopher Street<br />
Day im „Pride Month“, genauer vom 8.<br />
bis 23. Juni statt. Das Parade- und Party-<br />
Wochenende ist vom 21. Bis 23.6., davor<br />
zwei Wochen PrideWeek mit jeder Menge<br />
queerer Aktivitäten, Partys und Events.<br />
www.csdmunich.de<br />
FOTO: TIFFY TOELLE<br />
AIDS <strong>2024</strong><br />
Die weltweit größte Konferenz rund um<br />
HI/Aids findet vom 22. bis 26. Juli auf dem<br />
Münchner Messegelände und erstmals<br />
in Deutschland statt. Hier geht es nicht<br />
nur um Medizin und Expertise. Die Tage<br />
sollen zu einem großen Community-<br />
Event mit Kunst, Kultur, Partys und<br />
internationalem Get-Together werden.<br />
Die Münchner Aids-Hilfe koordiniert die<br />
Community-Aktivitäten.<br />
RUN FOR LIFE<br />
Der Startschuss zum Benefizlauf<br />
zugunsten der Münchner Aids-Hilfe fällt<br />
am 8.9. um 14 Uhr. Ort des Geschehens<br />
und schönste Laufstrecke der Stadt ist der<br />
Englische Garten.<br />
www.runforlife.de<br />
OKTOBERFEST<br />
Nicht nur für viele Münchner*innen, auch<br />
für Fetisch-Fans DER Höhepunkt des<br />
Jahres: Das 189. Oktoberfest findet vom<br />
21.9. bis 6.10. statt. Die Zelte Bräurosl und<br />
Fischer Vroni sorgen für reichlich queeres<br />
Flair, das Oktoberfesttreffen des Münchner<br />
Löwen Clubs umrahmt den Trachtenevent<br />
und sorgt für weitere Akzente.<br />
www.mlc-munich.de<br />
INTER* AWARENESS DAY<br />
Am 26.10. begehen wir seit 1996 den<br />
Tag, an dem auf die Situation und die<br />
Menschenrechte von inter* Menschen<br />
aufmerksam gemacht wird.
SZENE 5<br />
PINK CHRISTMAS<br />
Jubiläum für den queeren Weihnachtsmarkt im Glockenbachviertel:<br />
Das rosarote Glühweinvergnügen wird 20 Jahre<br />
alt, dazu soll es etliche Special geben. Los geht’s ab 25.11. bis<br />
23.12.<br />
www.pink-christmas.de<br />
WELT AIDS TAG<br />
Seit 1988 gedenkt die Münchner Aids-Hilfe am 1. Dezember<br />
der an den Folgen von Aids Verstorbenen mit dem „Candle<br />
Light Walk“ und einer Gedenkveranstaltung. Außerdem<br />
macht sie auf die Situation HIV-Positiver aufmerksam,<br />
verbreitet Präventionsbotschaften und Infos über ihre<br />
vielfältige Arbeit.<br />
www.muenchner-aidshilfe.de<br />
RUN FOR LIFE<br />
FOTO: MARK KAMIN<br />
Wir gratulieren:<br />
50 JAHRE MÜNCHNER LÖWEN CLUB<br />
Der MLC feiert sein beeindruckendes Jubiläum das<br />
ganze Jahr über mit diversen Events wie einer Fetisch-<br />
Trambahnrundfahrt (6.1.) oder dem Fetisch-Schiff auf dem<br />
Chiemsee (6.7.).<br />
Alle Termine: www.mlc-munich.de<br />
ANZEIGENSCHLUSS 15.3.<strong>2024</strong><br />
ERSCHEINUNGSTERMIN 28.3.<strong>2024</strong><br />
15.3.<strong>2024</strong><br />
40 JAHRE MÜNCHNER AIDS-HILFE<br />
Als erste regionale Aids-Hilfe Deutschlands gegründet,<br />
begeht die Münchner Aids-Hilfe <strong>2024</strong> ihr 40. Jubiläum. Im<br />
Mittelpunkt steht eine Festwoche vor Pfingsten vom 13. bis<br />
18. Mai.<br />
Näheres: www.muenchner-aidshilfe.de<br />
35 JAHRE QUEERES TANZEN<br />
1989 startete der erste queere Tanzkurs in München,<br />
heute schweben rund 300 queere Tänzer*innen über die<br />
Parkette der Stadt. Der große Jubiläums-Gala-Ball ist für<br />
November <strong>2024</strong> geplant, organisiert vom TanzTeam im<br />
Team München.<br />
www.teammuenchen.de/tanzen<br />
25 JAHRE TEAM MÜNCHEN<br />
Gemeinsam stärker – das war die Idee bei der Gründung des<br />
queeren Multisportvereins Team München im Jahre 1999.<br />
Zwar befinden sich nicht alle sportlich-queeren Aktivitäten<br />
der Stadt unter diesem Dach, aber Team München vereint<br />
knapp 1.000 Mitglieder in 18 Sparten.<br />
www.teammuenchen.de<br />
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christian.fischer@blumediengruppe.de
6 SZENE<br />
„If you‘re QUEER, party here!“<br />
Viele werden sich an den Club „Soul<br />
City“ am Maximiliansplatz erinnern.<br />
Der Raddampfer auf dessen Logo war viele<br />
Jahre ein Flaggschiff unter den queeren<br />
Partylocations.<br />
Jetzt kehrt die LGBTIQ*-Community in<br />
diese Area zurück und erobert sich den<br />
Mittwoch als Partytag neu. „Sweet &<br />
Queer“ heißt die Reihe, die am 27.12. ihre<br />
große Eröffnung feiert. Der erste Floor<br />
MLC-STARKBIERFEST<br />
Fetisch im Frühjahr<br />
In diesem Jahr findet das Starkbierfest<br />
des Münchner Löwen Clubs (MLC) wieder<br />
zum klassischen Termin, nämlich in der<br />
Starkbierzeit, statt.<br />
Der schwule Fetischverein lädt dazu<br />
Freunde aus Deutschland und der Welt<br />
vom 13. bis 17. <strong>März</strong> nach München. Vier<br />
Tage lang gibt es Socializing, Partys und<br />
Galas für Freunde von Leder, Gummi,<br />
Sportswear & Co. Neben einer Führung<br />
durch die Münchner Kanalisation (13.3.),<br />
dem Fetisch-Flohmarkt und einem BLUF/<br />
Leder-Dinner im locken nachts zwei große<br />
„SWEET & QUEER“ IM SWEET CLUB<br />
gehört DJ Lana Delicious, bekannt für<br />
ihre explosiven Pop-Tracks. Der zweite<br />
Floor wird von DJ & Producer Tonka (Foto)<br />
bespielt, der bereits mit seinem Hit „She<br />
Knows You“ die Szene eroberte und die<br />
Party mit Techno, Elektro & House in<br />
Schwung bringt. Außerdem erwarten die<br />
Gäste eine Drag Show und ein genderneutraler<br />
Playroom. „If you‘re queer, party here!“<br />
– das ist das Motto der Veranstalter von<br />
der EDO Eventagentur, die sich bereits mit<br />
Partys im Underground. Höhepunkte des<br />
verlängerten Wochenendes sind die Krönung<br />
des neuen Bavarian Mr. Leather im<br />
Oberangertheater (Samstag, 16.3.) und der<br />
bajuwarische GaySunday im Augustinerkeller<br />
(Sonntag 17.3.) mit der Stockdorfer<br />
Blaskapelle und den Schwuhplattlern. Das<br />
Nearly-All-Inclusive-Weekend-Package<br />
kostet heuer 99 €, Karten gibt’s aber auch<br />
für die Einzelveranstaltungen bis 15.2. im<br />
Online-Ticketshop, danach im Spexter-<br />
Store, Müllerst. 54. *bm<br />
13.-17.3., www.mlc-munich.de<br />
queeren Events im G3-Club/Werksviertel<br />
einen Namen gemacht haben. Sie versprechen<br />
„einen Abend voller Überraschungen<br />
und magischer Momente“. Den wünschen<br />
wir uns alle und freuen uns auf ein neues<br />
Partyhighlight am Mittwoch! *bm<br />
Ab 27.12. jeden Mittwoch,<br />
Sweet Club, Maximiliansplatz 5, 22 Uhr<br />
Eintritt 10 €, Tickets: vivenu.com/event/<br />
sweet-queer-pr1itb<br />
GRAFIK: SWEET AND QUEER FOTO: MLC
SZENE 7<br />
FASCHINGSSAISON <strong>2024</strong><br />
München helau!<br />
Die einen rufen „Helau!“, die anderen<br />
„Alaaf!“, aber ehrlich: Beides scheint<br />
nicht so recht zum Fasching in der bayerischen<br />
Landeshauptstadt zu passen.<br />
Doch wie der Ruf auch immer lautet:<br />
gefeiert wird trotzdem! Höhepunkt<br />
des Münchner Faschings ist die Zeit<br />
vom Unsinnigen Donnerstag (8.2.) bis<br />
zum Aschermittwoch (14.2.). Queere<br />
Faschingsveranstaltungen sind rar<br />
geworden, doch zwei Klassiker halten<br />
sich wacker: Den Saisonstart macht die<br />
„Deutsche Eiche“ (Reichenbachstr. 13) die<br />
in ihrem Restaurant am 27.1. ab<br />
20 Uhr die Regenbogen-Ballsaison unter<br />
dem Motto „Barbie meets the Eiche“ im<br />
Stil des Kölner Karnevals eröffnet. Zum<br />
Faschingsball für Tänzer*innen (ohne<br />
Humpa und Täteräää, dafür mit Walzer,<br />
Discofox und mehr) bittet das TanzTeam<br />
im Team München am Faschingssonntag,<br />
11.2. im Saal der Gaststätte „Zunfthaus“<br />
(Thalkirchner Str. 76, 18 bis 22:30 Uhr).<br />
Auch die traditionsreichste Veranstaltung,<br />
der queere Rosenmontagsball, ist wieder<br />
am Start. Am 12. <strong>Februar</strong> versammelt sich<br />
die feierwillige Community unter dem<br />
Motto „Qings & Kueens“ (man beachte<br />
und interpretiere die Schreibweise!)<br />
im Oberangertheater, wie immer mit<br />
Kostümprämierung. Der Erlös kommt den<br />
fünf veranstaltenden Vereinen aus der<br />
Community zu. Queerer Platzhirsch am<br />
Faschingsdienstag ist das Straßenfest vor<br />
der „Deutschen Eiche“ (ab 14 Uhr), aber<br />
natürlich ist auch auf dem Viktualienmarkt<br />
einiges geboten und das gesamte<br />
Glockenbachviertel in Feierlaune. Da zum<br />
Redaktionsschluss noch nicht alle Termine<br />
bekannt waren: Bitte Augen offen<br />
halten! Wir wünschen wilde Feste! *bm<br />
FOTO: IWAN VALENTIN
8 SZENE<br />
TINQNET E.V.<br />
GEGRÜNDET<br />
FOTO: @MUFFKINPHOTOS<br />
„Kräfte bündeln,<br />
sichtbarer werden“<br />
„Es war ein langer Weg“, so heißt es<br />
in der Mitteilung zur Gründung des<br />
Münchner TINQnets. In der Tat brauchte<br />
es zwei Anläufe und schier unzählige<br />
Diskussionen, um den Verein aus der Taufe<br />
zu heben.<br />
Doch im November 2023 war es<br />
soweit: Der TINQnet e.V., der Menschen<br />
untertsützt, die aufgrund ihrer geschlechtlichen<br />
Identität und/oder Variationen<br />
körperlicher Geschlechtsmerkmale<br />
(TINQ-Menschen) diskriminiert werden,<br />
war gegründet. Dessen wichtigstes Ziel, die<br />
Errichtung eines TINQ-Zentrums für trans*,<br />
inter*, nicht-binäre und queere Menschen,<br />
ist somit ein Stück naher gerückt. Weitere<br />
Vereinsziele sind die gesellschaftliche<br />
Wahrnehmung, Sichtbarkeit und Akzeptanz<br />
von TINQ-Menschen und deren Zugehörigen<br />
sowie die Vernetzung von Gruppen,<br />
Vereinen und aktiven Einzelpersonen,<br />
die sich für TINQ-Menschen engagieren.<br />
Nicht zuletzt will man die biopsychosoziale<br />
Gesundheit und Selbstbestimmung<br />
durch Informationsbeschaffung und<br />
-bereitstellung fördern. „Wir wollen uns<br />
weiter in unserer gesamten Diversität<br />
zusammenschließen, unsere Kräfte<br />
bündeln und sichtbarer werden“, so der<br />
neu gewählte Vorstand des TINQnet e.V.<br />
„So unterschiedlich unsere Community<br />
ist, so stark kann sie sein!“ Wir drücken<br />
dem neuen Verein die Daumen für seine<br />
Projekte und hoffen, dass er in der queeren<br />
Landschaft Münchens rasch seinen Platz<br />
finden wird.<br />
www.tinqnet.de<br />
FOTO: MUNICHKYIVQUEER<br />
HANS-PETER-HAUSCHILD-PREIS<br />
Munich Kyiv Queer ausgezeichnet<br />
Beim Empfang zu ihrem 40-jährigen<br />
Bestehen in Berlin verlieh die Deutsche<br />
Aidshilfe den Hans-Peter-Hauschild-Preis<br />
an Munich Kyiv Queer, deren Mitglieder<br />
im Rahmen der Städtepartnerschaft<br />
zwischen München und Kyjiw seit 2012<br />
die LGBTIQ*-Community in der Ukraine<br />
unterstützen – seit Kriegsausbruch als<br />
Hilfsorganisation.<br />
Die Kontaktgruppe wurde für ihren bereits<br />
seit über zehn Jahre währenden intensiven<br />
Einsatz ausgezeichnet. „Die Ehrung zeigt,<br />
dass unsere Arbeit, die ja rein ehrenamtlich<br />
geschieht, gesehen und wertgeschätzt<br />
wird“, so Mitfrau Stephanie Hügler.<br />
Conrad Breyer, Sprecher von Munich Kyiv<br />
Queer, ergänzt: „Dieser Preis motiviert<br />
uns, mit noch viel mehr Herzblut und<br />
Energie weiterzumachen.“ Wir gratulieren!<br />
(Im Bild v.l.n.r.: Conrad Breyer, Stanislav<br />
Mishchenko, Stephanie Hügler.) *bm
Christoph N.,<br />
Hauptmann<br />
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10 szene<br />
SPI BAVARIA SAMMELN 5.000 €<br />
Starke Schwestern<br />
Die Schwestern der perpetuellen<br />
Indulgenz (SPI), die „queeren Nonnen<br />
des 21. Jahrhunderts“, waren 2023<br />
wieder enorm fleißig.<br />
Die Mitglieder der Abtei Bavaria zur<br />
Glückseligkeit des Südens haben in<br />
diesem Jahr auf rund 60 Veranstaltungen<br />
über 5.000 € gesammelt und damit<br />
LEBEN UND WOHNEN IM ALTER<br />
Sorgende<br />
Hausgemeinschaft<br />
Das Münchner Sozialreferat München<br />
plant in Kooperation mit der Münchner<br />
Aids-Hilfe und deren Senior*innen-Projekt<br />
rosa Alter eine so genannte „Sorgende<br />
Hausgemeinschaft“ für queere Menschen<br />
ab 55 einzurichten.<br />
Bei diesem Konzept handelt es sich<br />
um eine Gemeinschaft von acht bis<br />
zehn älteren Mieter*innen aus der<br />
LGBTIQ*-Community, die innerhalb eines<br />
Mehrparteien-Hauses selbständig in ihrer<br />
eigenen Wohnung leben, sich aber als<br />
Gruppe verstehen. Ziel ist, füreinander da<br />
zu sein, möglichst lange in der vertrauten<br />
Umgebung bleiben zu können und sich<br />
gegenseitig mit nachbarschaftlichen Hilfen<br />
im Alltag zu unterstützen. Die Hausgemeinschaft<br />
soll in Pasing entstehen und<br />
zahlreiche Institutionen der Münchner<br />
LGBTIQ*-Community unterstützt. Auch<br />
der Verein „Queer Niederbayern“ und die<br />
Stiftung „Help for Kids“ der Münchner<br />
Travestie-Legende Miss Piggy wurden<br />
bedacht. Eine weitere gute Nachricht:<br />
Nachwuchssorgen bei den gut gelaunten,<br />
bunten und karitativen Schwestern gibt<br />
es offenbar nicht: „Wir konnten drei neue<br />
wir von der Mitbauzentrale München<br />
gefördert. Die Eröffnung ist für 2025<br />
geplant, Interessierte haben die Möglichkeit,<br />
bei einer Informationsveranstaltung<br />
am 22. <strong>Februar</strong> Details zu erfahren. *bm<br />
Fördermitglieder im Verein und zwei neue<br />
Mitglieder in der Abtei zur Ausbildung zur<br />
Schwester im Sinne der SPI begrüßen“,<br />
so Schwester Theresia Bavaria Nata Via<br />
Maia. Für diesen Einsatz haben sie es<br />
wahrlich verdient, sich einmal selbst mit<br />
Glitzerstaub zu bestreuen!<br />
www.spi-bavaria.de<br />
22.2., Münchner Aids-Hilfe,<br />
Lindwurmstr. 71, 16:30 Uhr,<br />
www.muenchner-aidshilfe.de<br />
FOTO: KORNELIJA RADE FOTO: BERND MÜLLER
SZENE 11<br />
PETITION MÜLLER´SCHES VOLKSBAD<br />
Herren im Bad<br />
Jahrzehnte lang war er eine Institution, vor allem in der<br />
schwulen Szene: der Herrenbadetag im Müller´schen<br />
Volksbad. Schon vor vielen Jahren wurde das Angebot<br />
seitens der Bäderbetriebe „aufgrund vermehrter schwerer<br />
Verstöße gegen die Haus- und Badeordnung“ eingestellt.<br />
FOTO: ROBERT GOETZFRIED<br />
Wir helfen und<br />
informieren gerne.<br />
OFFEN - FREUNDLICH - SYMPATHISCH<br />
Jetzt soll der wöchentlichen Herrnbadetag wieder<br />
zurückkehren, zumindest wenn es nach dem Wunsch von<br />
Dr. Andreas Krause geht, der eine entsprechende Petition<br />
an die Münchner Bäderbetriebe gerichtet hat. Er und<br />
mittlerweile über 70 Mitstreiter führen ins Feld, dass dort<br />
„der Gewährung von wöchentlich 1,5 Damenbadetagen<br />
pro Woche kein einziger Herrentag gegenübersteht.“ Den<br />
Verweis der SWM auf den seit über zehn Jahren existierenden<br />
dienstäglichen Herrensaunatag im Westbad will er<br />
nicht gelten lassen: Das berühmte Jugendstilbad an der<br />
Isar sei architektonisch viel reizvoller, die Öffnungszeiten im<br />
Westbad ungünstig. „In Hinblick auf die verfassungsmäßige<br />
Gleichberechtigung beantragen somit die Unterzeichner<br />
der Petition die Etablierung eines wöchentlichen Badetages<br />
für ausschließlich männliche Besucher im Saunabereich<br />
des Müller´schen Volksbades.“ Wir halten euch über weitere<br />
Entwicklungen auf dem Laufenden. *bm<br />
Ihr könnt die Petition zeichnen unter:<br />
www.change.org, Stichwort Herrenbadetag oder<br />
https://chng.it/Y2tPxVzf9d<br />
ÖFFNUNGSZEITEN<br />
Montag - Freitag: 08:00 - 18:30<br />
Samstag: 9:00 - 13:00<br />
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12 POLITIK<br />
BÜRGERMEISTER DOMINIK KRAUSE<br />
FOTO: MICHAEL NAGY<br />
„Politik für ALLE<br />
Münchner*innen“<br />
In der Münchner Stadtgeschichte<br />
ist Dominik Krause (33) der jüngste<br />
und erste offen schwule Bürgermeister:<br />
Am 29. November wurde der ehemalige<br />
Fraktionsvorsitzende der Grünen im Rathaus<br />
offiziell als Zweiter Bürgermeister<br />
der Landeshauptstadt vereidigt.<br />
Herr Krause, wie sitzt es sich auf<br />
dem neuen Stuhl?<br />
Es macht Spaß – einen solchen Posten in<br />
seiner Heimatstadt zu besetzen, ist das<br />
Schönste, das man sich vorstellen kann!<br />
Was ändert sich jetzt für Sie?<br />
Meine Aufgabe als Zweiter Bürgermeister<br />
ist schon eine sehr andere als in<br />
meiner Rolle als Fraktionsvorsitzender. In<br />
meiner neuen Position muss ich breiter<br />
aufgestellt sein und stärker Politik für<br />
alle Münchner*innen machen. Natürlich<br />
behalte ich meine politische Stoßrichtung,<br />
aber jetzt werde ich diejenigen<br />
stärker mitnehmen, die Dinge vielleicht<br />
anders sehen.<br />
Fühlen Sie sich fit für den Job?<br />
Ein bisschen mehr Vorbereitungszeit<br />
wäre schön gewesen, der Rücktritt von<br />
Katrin Habenschaden kam doch relativ<br />
plötzlich. Andererseits bin ich seit fast<br />
zehn Jahren im Stadtrat und habe viel<br />
Erfahrung sammeln können. Deshalb<br />
habe ich mich recht schnell an die neue<br />
Situation gewöhnt.<br />
Sie sind Münchens erster offen<br />
schwuler Bürgermeister – gab es<br />
Reaktionen darauf?<br />
Das wird durchaus wahrgenommen,<br />
und ich werde ja auch weiterhin<br />
queerpolitisch aktiv sein. Das triggert<br />
schon ein paar Leute. Bisher ist dazu aber<br />
nichts Negatives gekommen und Hass-<br />
Kommentare in den sozialen Medien<br />
nehme ich mir nicht zu Herzen – im<br />
Gegenteil. Dann erst recht, denke ich mir!.<br />
Ebenfalls im November haben die<br />
Stadtrats-Grünen zusammen mit<br />
der Rosa Liste zwei Anträge zu<br />
LGBTIQ*-Themen eingereicht. Was<br />
hat es damit auf sich?<br />
Wir haben zum einen den Antrag auf<br />
mehr Fortbildungen zu queeren Themen<br />
im Sozialreferat eingebracht m. Zum<br />
anderen möchten wir das schwul-queere<br />
Zentrum Sub verstärkt fördern, denn<br />
dessen Aufgabenspektrum wächst und<br />
eine funktionierende Infrastruktur im<br />
queeren Bereich ist uns sehr wichtig.<br />
Apropos Infrastruktur: Was soll sich<br />
für die Community <strong>2024</strong> tun?<br />
Der zentralste Punkt ist sicher, dass<br />
Bayern endlich einen Aktionsplan<br />
bekommt – es ist absurd, dass München<br />
mehr Geld in die Hand nimmt, um die<br />
Community zu stärken, als ein ganzes<br />
Bundesland. In München soll die queere<br />
Infrastruktur durch ein Trans*Zentrum<br />
oder größere Räume für das diversity<br />
Jugendzentrum ergänzt werden. Im<br />
Referat für Bildung und Sport haben wir<br />
zudem eine Stelle gegen Diskriminierung<br />
in den Schulen geschaffen. Außerdem<br />
gilt es, dem Club- und Barsterben der<br />
Community entgegenzuwirken – denn im<br />
Endeffekt profitiert die ganze Stadtgesellschaft<br />
davon, wenn auch jenseits der<br />
geförderten Strukturen ein vielfältiges<br />
queeres Leben existiert.<br />
Was muss sich abseits der Infrastruktur<br />
tun?<br />
Da steht der Kampf gegen Gewalt<br />
und Diskriminierung ganz vorn. Die<br />
zunehmende anti-queere Gewalt ist<br />
ja Ausdruck eines beängstigenden<br />
Rechtsrucks. Dagegen ergreifen wir<br />
Maßnahmen, indem wir beispielsweise<br />
den Schutz religiöser Einrichtungen um<br />
andere Objekte erweitern. Übrigens:<br />
Jede*r Veranstalter*in kann bei der Stadt<br />
Beratung suchen und Fördermittel für<br />
die Sicherheit eines Events oder einer<br />
Location beantragen.<br />
*Interview: Bernd Müller
BAYERISCHER AKTIONSPLAN QUEER ÜBERGEBEN<br />
politik 13<br />
„Historischer Tag für die bayerische Demokratie“<br />
Bayern ist das einzige Bundesland ohne<br />
ein Maßnahmenpaket für LGBTIQ*. Daher<br />
arbeitete die Community im Jahr 2023<br />
am bayerischen „Aktionsplan queer“,<br />
demonstrierte und kämpfte dafür.<br />
Am Abend des 13. November konnte der<br />
umfangreiche Katalog Bayerns Sozialministerin<br />
und stellvertretender Ministerpräsidentin<br />
Ulrike Scharf übergeben werden.<br />
Ein „historischer Tag für die bayerische<br />
Demokratie“ wie es Markus Apel, Vorstandsmitglied<br />
des LSVD Bayern und einer<br />
der federführenden Organisatoren des<br />
Vorhabens, formulierte. Die Wünsche und<br />
Bedarfe sind groß, die Hoffnung auf eine<br />
(zumal rasche) Umsetzung aber gedämpft,<br />
da das Landtagswahlergebnis im Oktober<br />
queerpolitisch enttäuschend ausfiel.<br />
Immerhin: Ministerin Scharf nahm den<br />
Katalog interessiert entgegen: „Sie haben<br />
mich an Ihrer Seite“, sagte sie in ihrer<br />
Ansprache, wies aber zugleich daraufhin,<br />
dass Politik immer ein Kompromiss sei<br />
und der Koalitionspartner von den Freien<br />
Wählern sich als eigentlicher Bremser<br />
erweisen könnte. Für die CSU versprach<br />
Scharf: „Wir wollen es gut, richtig und ressortübergreifend<br />
machen.“ An diesem Satz<br />
wird sie und ihre Partei sich messen lassen<br />
müssen, wenn Mitte <strong>Januar</strong> die ersten<br />
inhaltlichen Gespräche mit Vertreter*innen<br />
der Community stattfinden. „Wir müssen<br />
eben weiter kämpfen!“, resümierte Markus<br />
Apel. Wir halten euch über die Entwicklung<br />
auf dem Laufenden. *bm<br />
FOTO: BERND MÜLLER<br />
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ist es unser Ziel, die LGBTIQ*-Community in München<br />
zu stärken und Benachteiligungen abzubauen.<br />
Wir machen uns stark. Für LGBTIQ*.<br />
Mehr Informationen unter:<br />
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14 politik<br />
KOLUMNE<br />
Mietenstopp & U Sendlinger Tor<br />
FOTO: SERGEY MIND UNSPLASHC / CO0<br />
In seiner kommunalpolitischen<br />
Kolumne schreibt Abendzeitung-<br />
Lokalchef Felix Müller diesen Monat<br />
über den Krach um ein Herzensthema<br />
des Oberbürgermeisters, den neuen<br />
U-Bahnhof Sendlinger Tor und MVG-<br />
Baustellen <strong>2024</strong>.<br />
Die Münchner SPD will sich wieder stärker<br />
ihrem alten Kernklientel zuwenden. Menschen,<br />
die es in dieser teuren Stadt nicht<br />
so leicht haben. Weniger akademische<br />
Wohlfühl-Debatten. Maschinenraum statt<br />
Sonnendeck. Das ist natürlich auch ganz<br />
im Sinne ihres Oberbürgermeisters. Dieter<br />
Reiter hat schließlich schon zu Beginn<br />
seiner allerersten Amtszeit gesagt, er<br />
wolle der „OB der kleinen Leute sein“, so<br />
wie einst Schorsch Kronawitter. Nun hat<br />
Dieter Reiter ein Projekt in diesem Sinne<br />
gefunden und im Sommer angekündigt,<br />
mit ihm werde es in den Wohnungen städtischer<br />
Gesellschaften so lange er im Amt<br />
ist gar keine Mieterhöhungen mehr geben,<br />
dafür könne man ja auf energetische<br />
Sanierungen verzichten.<br />
Dieser Plan war sofort heftig umstritten.<br />
Auf Sanierungen verzichten? Das sah<br />
der grüne Koalitionspartner als eine<br />
Unmöglichkeit an. Experten warnten,<br />
finanzierbar sei das Ganze nicht. Und viele,<br />
auch im Rathaus, stellten die Frage, ob<br />
das denn eigentlich sozial sei – dass alle<br />
anderen denen, die sowieso schon das<br />
Riesen-Glück haben, in einer bezahlbaren<br />
Wohnung zu leben, den Luxus bezahlen,<br />
nicht einmal mehr alle paar Jahre ein<br />
bisschen Inflationsausgleich auf die Miete<br />
drauf zu bekommen. Am Schluss setzte<br />
sich Reiter mit seinem Mietenstopp durch,<br />
zumindest ein bisserl. Denn bis zum Ende<br />
seiner aktuellen Amtszeit 2026<br />
wird es keine Erhöhungen<br />
mehr geben, im Gegenzug<br />
setzten die Grünen<br />
durch, dass trotzdem<br />
saniert wird. Der<br />
Mieterverein nannte<br />
den Mietenstopp ein<br />
„wichtiges Signal“ –<br />
und forderte erneut,<br />
dass es auch bundesweite<br />
neue Regelungen<br />
für mehr Mieterschutz<br />
brauche. Reiter selbst sprach<br />
von einer „sehr guten Nachricht für alle<br />
Mieterinnen und Mieter der städtischen<br />
Wohnungsbaugesellschaften“. Er wünsche<br />
sich nun, dass viele Vermieter am freien<br />
Markt diesem Beispiel folgen. Während<br />
die SPD die Befristung bis 2026 für keine<br />
Befristung hält – schließlich sei logisch,<br />
dass man nur bis zum Ablauf der aktuellen<br />
Wahlperiode Versprechungen machen<br />
können – verweist die CSU genau auf den<br />
Aspekt, dass ein vorläufiges Ende des<br />
Mietenstopps benannt wird. „Der Oberbürgermeister<br />
kann sein Wahlversprechen<br />
nicht halten“, sagte CSU-Fraktionschef<br />
Manuel Pretzl. „Er ist mit einem seiner<br />
Herzensthemen an der eigenen Koalition<br />
gescheitert.“ Pretzl verstieg sich ob des<br />
Kompromisses gar zur These, der OB sei<br />
„nicht mehr das souveräne Oberhaupt<br />
dieser Regierungskoalition“.<br />
Aber der OB hatte in diesen Wochen<br />
auch etwas zu feiern – und zwar die<br />
Wiedereröffnung des Sperrengeschosses<br />
am Sendlinger Tor.<br />
Viele, viele Jahre sind die<br />
Münchner hier ja durch<br />
die Baustelle geirrt, nun<br />
ist man tatsächlich<br />
fertig geworden. DM,<br />
die Hofpfisterei, ein<br />
Schlüsseldienst: Viele<br />
neue Geschäfte sind<br />
hier jetzt untergebracht.<br />
Leider gelten die bayerischen<br />
Öffnungszeiten, es<br />
gibt keine Bahnhofs-Ausnahme,<br />
heißt: Um acht ist in der Regel Schluss,<br />
sehr un-urban für den eigentlich recht<br />
großstädtischen Ort (aber eine Station<br />
weiter gibt es ja noch den 24-Stunden-<br />
Kiosk an der Reichenbachbrücke…).<br />
Viele, die sich über das Ende der Sendlinger-Tor-Baustelle<br />
freuen, freuen sich<br />
aber wahrscheinlich nur kurz. Denn auch<br />
<strong>2024</strong> wird bei der MVG ein Baustellen-<br />
Jahr. Anfang des Jahres werden etwa die<br />
U-Bahnhöfe Hohenzollernplatz, Josephsplatz<br />
und Theresienwiese grundsätzlich<br />
saniert. Und auf der U6 werden Weichen<br />
und Schienen im Nordern erneuert – nur<br />
während der Fußball-Europameisterschaft<br />
macht man Pause. Damit die Allianz Arena<br />
gut mit den Öffentlichen erreichbar bleibt.<br />
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eiläuft,<br />
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Fotografen Benjamin Edeline der aktuellen<br />
Kollektion „Uncomfortable Truth“.<br />
Der verrät über seine Kunst: „Ich bin seit<br />
meiner Kindheit ein obsessiver Beobachter<br />
und der menschliche Körper war schon<br />
immer eine Maschine, die mich fasziniert<br />
hat: seine Gesten, seine Bewegungen, seine<br />
Artikulation, seine Kraft und Verletzlichkeit.<br />
Meine Beobachtungsgabe hat ein wachsendes<br />
Interesse an der Erstellung fotografischer<br />
Serien oder Sequenzen geweckt, die es mir<br />
ermöglichen, die Feinheiten der Bewegung<br />
zu untersuchen oder einen Erzählstrang<br />
anzudeuten.“ Herausgekommen ist eine sehr<br />
kunstvolle, erotische und sehr gelbe Modestrecke,<br />
die auch als Pop-Art durchgehen<br />
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• Gasteig (Philharmonie),<br />
Rosenheimer Str. 5,<br />
www.gasteig.de<br />
• GOP Varieté-Theater,<br />
Maximilianstr. 47,<br />
www.variete.de<br />
• Kultur im Schlachthof,<br />
Zenettistr. 9,<br />
www.im-schlachthof.de<br />
63. Kunsthalle München,<br />
heatinerstr. 8<br />
• Lenbachhaus -<br />
Städtische Galerie,<br />
Luisenstr. 33,<br />
www.lenbachhaus.de<br />
• Museum Brandhorst,<br />
Theresienstr. 35a<br />
64. Münchner Kammerspiele,<br />
Maximilianstr. 26-28,<br />
www.muenchnerkammerspiele.de<br />
• Münchner<br />
Philharmoniker,<br />
Rosenheimer Str. 5<br />
• Münchner Volkstheater, Tumblingerstraße<br />
29,<br />
www.muenchnervolkstheater.de<br />
65. Staatstheater am<br />
Gärtnerplatz,<br />
Gärtnerplatz 3, (089) <strong>2024</strong>11,<br />
www.staatstheater-amgaertnerplatz.de<br />
• Tierpark Hellabrun,<br />
Tierparkstr. 20<br />
MARIENPLATZ U S<br />
FRAUENHOFERST. U<br />
Erhardtstr.<br />
Gärtnerplatz<br />
16<br />
65<br />
Reichenbachstr. Reichenbachstr.<br />
28<br />
19<br />
56<br />
Frauenstr.<br />
Rumfordstr.<br />
Buttermelcherstr.<br />
Baaderstr.<br />
Reichenbachbrücke<br />
ISAR<br />
60<br />
Maximilianstr.<br />
15<br />
Tal<br />
Steindorfstr.<br />
Corneliusbrücke<br />
RAT & TAT<br />
• Caritas Ambulanter Hospiz<br />
Dienst, Queer-Sprechstunde,<br />
jeden 1. Montag im Monat,<br />
ASZ Isarvorstadt,<br />
Hans-Sachs-Str. 14,<br />
caritas-hospizdienst@<br />
barmherzige-muenchen.de<br />
70. Diversity Jugendzentrum,<br />
Blumenstr. 11,<br />
www.diversity-muenchen.de<br />
71. Gay Outdoor Club<br />
München e.V.,<br />
Sportverein,<br />
Müllerstr. 14,<br />
www.gocmuenchen.de<br />
• Isarhechte e.V.,<br />
Sportverein, Meindlstr. 11a,<br />
www.isarhechte.de<br />
72. Koordinierungsstelle zur<br />
Gleichstellung von LGBTI*,<br />
Angertorstr. 7<br />
(Eingang Müllerstraße)<br />
73. LeTRa,<br />
Blumenstr. 29,<br />
www.letra.de<br />
• Marikas Beratungsstelle für<br />
anschaffende junge Männer,<br />
Dreimühlenstr. 1,<br />
www.marikas.de<br />
74. Münchner Aids-Hilfe,<br />
Lindwurmstr. 71,<br />
www.aidshilfe-muenchen.de<br />
75. Münchner Regenbogen-<br />
Stiftung, Angertorstr. 7<br />
(Eingang Müllerstr.)<br />
76. Rechtsanwälte Schuster &<br />
Riedl, Eisenmannstr. 4 (Fußgängerzone),<br />
(089) 23888930,<br />
www.ra-srk.de<br />
• Regenbogenfamilien,<br />
Fach- und Beratungsstelle,<br />
Saarstr. 5/II, (089) 46224606<br />
www.regenbogenfamilienmuenchen.de<br />
77. Sub e.V.,<br />
Müllerstr. 14,<br />
info@subonline.org<br />
78. Team München, Sportverein,<br />
Rumfordstr. 39<br />
www.teammuenchen.de<br />
• TransMann e.V.,<br />
Parzivalstr. 41,<br />
www.transmann.de<br />
64<br />
Isartorpl.<br />
ISARTOR S<br />
78<br />
1<br />
10<br />
11
21<br />
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22 kultur<br />
GRAFIK: RORY MIDHANI<br />
FOTO: VERENA GREMMER<br />
Münchens erstes<br />
Drag-Festival<br />
Vom 1. bis zum 5. Mai <strong>2024</strong> findet<br />
in München ein neues internationales<br />
Festival unter dem Titel „go drag!<br />
munich“ statt. Die Genderperformance-<br />
Legende Bridge Markland und die<br />
Drag-Künstlerin Ruby Tuesday bringen<br />
als Kuratorinnen Drag von weiblichen,<br />
trans* und nicht-binären Künstler*innen<br />
nach München.<br />
Initiiert vom PATHOS theater und<br />
der Gasteig München GmbH und<br />
in Kooperation mit dem HochX,<br />
dem schwere reiter, dem NS-<br />
Dokumentationszentrum München,<br />
dem Theater Drehleier und der Kunsthalle<br />
München wird das go drag! munich die<br />
Stadt Anfang Mai <strong>2024</strong> in das Epizentrum<br />
der Drag-Kunst verwandeln.<br />
Nach zwei erfolgreichen Ausgaben in<br />
Berlin finden sich erstmalig in München<br />
unterschiedlichste Institutionen<br />
zusammen und laden mit Künstler*innen<br />
aus Kenia, ganz Europa und natürlich<br />
aus Deutschland und München alle dazu<br />
ein, die Vielfalt von weiblichen, nichtbinären<br />
und trans* Drag-Künstler*innen<br />
zu erfahren: Eine Welt voller Glitzer und<br />
Widerstand, in der Geschlechtergrenzen<br />
durchbrochen und auf den Kopf gestellt<br />
werden.<br />
„Das go drag! festival kommt in einer<br />
speziell für München zusammengestellten<br />
Version daher, die die Welt so noch nicht<br />
gesehen hat. München hat - initiiert durch<br />
Ruby Tuesday - eine junge, sehr lebendige<br />
und kreative Drag-King & Quing Szene, die<br />
es im Besonderen zu unterstützen gilt,“<br />
sagt Kuratorin Bridge Markland.<br />
Mit dabei ist Buba Sababa eine der<br />
Schlüsselfiguren der Drag-King-<br />
Revolution. Peter Frost, Alter Ego und<br />
Namensbruder der Münchner Musikerin<br />
und Performance-Künstlerin Cora Frost,<br />
AFAB-Queen und Multitalent Pandora<br />
Nox aus Wien und viele mehr!<br />
godragmunich.de
Drags mit<br />
Down-Syndrom<br />
Die Münchner Kammerspiele möchten<br />
sich auf einen Weg machen, das Theater<br />
gemeinsam mit Künstler*innen mit sogenannten<br />
Beeinträchtigungen künstlerisch<br />
und strukturell weiterzuentwickeln.<br />
„ALL ABLED ARTS“ IN DEN KAMMERSPIELEN<br />
kultur 23<br />
Daher feiert das Haus vom 11. bis 14.<br />
<strong>Januar</strong> ein Festival inklusiver Theaterformen.<br />
Mit dabei: „Drag Syndrome“, das<br />
weltweit erste und einzigartige Kollektiv<br />
aus Drag Queens und Kings mit Down-<br />
Syndrom. Bekannt für ihre fesselnde<br />
Bühnenpräsenz und ihre innovative<br />
Auffassung von Drag und Performance,<br />
haben diese einzigartigen Künstler*innen<br />
ihren eigenen Performance-Stil entwickelt<br />
und bringen androgyne und fröhliche<br />
Energie in Shows auf der ganzen Welt. Zur<br />
Festival-Eröffnung treten Abdulfatai Majekodunmi,<br />
Nick McKerrow, David Simpson,<br />
Adam Wild und Deaf Performer Cindy Klink<br />
erstmals in München auf – welcome to<br />
Drag Syndrome! *bm<br />
11.1., Therese-Giehse-Halle,<br />
Falckenbergstraße 1, 21:30 Uhr,<br />
www.muenchner-kammerspiele.de<br />
FOTO: CAMERON MCNEE<br />
Weltpremiere<br />
05.05.24<br />
Schon über 150.000 Besucher*innen!<br />
Ausgezeichnet mit 3 Deutschen Musical Theater Preisen!<br />
Von Presse<br />
und Publikum<br />
gefeiert: Schon<br />
über 300.000<br />
Besucher*innen!<br />
Ausgezeichnet als<br />
„Bestes Musical“!<br />
Vom 12. November 2023<br />
bis 4. <strong>Januar</strong> <strong>2024</strong><br />
Stage Theater des Westens Berlin<br />
Auf Tour:<br />
20.12.23 - 07.01.24 Alte Oper Frankfurt/ Main<br />
12.01.24 - 29.02.24 Theater des Westens Berlin<br />
W E L T P R E M I E R E<br />
5. Mai <strong>2024</strong><br />
Stage Theater des Westens Berlin<br />
Weitere Infos unter www.musicalsberlin.com
24 kultur<br />
CABARET MIT<br />
GLORIA GRAY<br />
FOTOS: GG ARCHIV<br />
„München<br />
braucht mich!“<br />
Die letzten 14 Jahre hat sie<br />
vor allem in ihrer Heimat Zwiesel<br />
verbracht, jetzt will Entertainerin Gloria<br />
Gray wieder mehr Großstadtluft schnuppern.<br />
„München braucht mich!“, meint<br />
die 58-jährige Künstlerin, die übrigens<br />
auch als Kreisrätin in Niederbayern<br />
Polit-Karriere gemacht hat.<br />
„Ich liebe München und möchte die<br />
Stadt und ihre (Sub-) Kultur im positiven<br />
Sinn aufmischen“, meint Gloria. „Mir<br />
kommt hier so viel Zuneigung, Sympathie<br />
und Respekt entgegen, da fühle ich<br />
mich einfach zugehörig.“ Ihr Traum ist<br />
ein eigenes, kleines Cabaret-Theater<br />
mit Gastronomie im Herzen München<br />
zu eröffnen. Doch die Suche nach einer<br />
geeigneten Location gestaltet sich, wen<br />
wundert´s, schwierig. Dennoch steht das<br />
Vorhaben ganz oben auf ihrer To-Do-<br />
Liste <strong>2024</strong> und Gloria freut sich über<br />
Kontakte oder Tipps!<br />
Bis dahin tut sie in München das, was sie<br />
seit mittlerweile 38 Jahren so erfolgreich<br />
tut: Auf der Bühne stehen, singen,<br />
erzählen, performen. Im <strong>Januar</strong> ist sie<br />
mit ihrem Chanson-Abend „Hautnah“,<br />
den sie als Dinner-Event im Restaurant<br />
Moritz in der Au präsentiert, zu sehen.<br />
Dabei ist der Titel Programm: „Ich denke,<br />
dass die Leute wieder zusammenrücken<br />
und es gemütlich haben möchten“, so<br />
Gloria. „Wärme und Nähe ist den Leuten<br />
wichtig, es darf wieder menscheln.“ Als<br />
Politikerin will sie jedenfalls nicht alt<br />
werden: „Beamte gibt es genug – es<br />
braucht kreative Leute und auch ein paar<br />
Gspinnerte, die Farbe ins Leben bringen.“<br />
So eine möchte sie wieder mehr sein.<br />
Willkommen zurück! *bm<br />
19./20.1., Restaurant Moritz,<br />
Oefelestr. 12, 19:30 Uhr,<br />
www.das-moritz.de,<br />
www.gloriagray.com
kultur 25<br />
FOTO: VERENA GREMMER<br />
VICKY VOYAGE ON TOUR<br />
DRAG around Bavaria<br />
Im <strong>Januar</strong> macht Drag-Star Vicky<br />
Voyage ihrem Namen alle Ehre: Vom<br />
3. bis 6.1. tritt sie mit „Drag Voyage“<br />
jeden Abend auf einer anderen bayerischen<br />
Bühne auf.<br />
Bewaffnet mit Lippenstift und hohen<br />
Schuhen begibt sie sich auf eine<br />
spektakuläre Expedition durch das<br />
Drag-Universum. Im Gepäck: Lipsyncs,<br />
Performances, Live-Gesang und<br />
Unterhaltung. Reisebegleiter*innen<br />
sind diesmal: Alexander Cameltoe,<br />
Victoria Shakespears, Ruby Tuesday,<br />
die ukrainische Drag-Botschafterin<br />
Samantha Jackson, Earl van Grey, die<br />
Drag-Kreatur „13“ sowie Minnie Voyage.<br />
Also: Tief durchatmen, festschnallen –<br />
und los geht die wilde Fahrt! Übrigens:<br />
Die Fotoausstellung „Drag & ich“ zeigt<br />
die Mitwirkenden der Show sowohl in<br />
Drag als auch ganz privat und lässt sie<br />
erzählen, was diese Kunstform für sie<br />
persönlich bedeutet. Zu sehen bis 13.1.<br />
im Forum Kempten.*bm<br />
Drag Voyage,<br />
3.1., Parktheater Kurhaus Göggingen,<br />
4.1. Landestheater Memmingen,<br />
5.1. Theater Kempten,<br />
6.1. Drehleier München,<br />
www.dragvoyage.de<br />
INTERNATIONAL OPERA AWARDS<br />
Nationaltheater ist „Oper des Jahres“<br />
Im November 2023 erhielt die Bayerische<br />
Staatsoper die Auszeichnung als „Opera<br />
Company of the Year“ (Opernhaus des<br />
Jahres).<br />
Bereits zum elften Mal wurden die<br />
International Opera Awards, die Oscars<br />
der Opernwelt, verliehen. Neben der<br />
Auszeichnung als Opernhaus des Jahres<br />
wurde die Neuproduktion „Krieg und<br />
Frieden“ abermals als „New Production“<br />
ausgezeichnet. „Qualität ist nie ein Zufall“,<br />
so Staatsintendant Serge Dorny. „Jeden<br />
Tag produzieren wir Oper, Ballett und<br />
Musik mit dem Ziel, Kunst und Oper in<br />
die heutige Gesellschaft hineinzutragen,<br />
um Leben zu verändern und die<br />
Gesellschaft von heute und morgen aktiv<br />
mitzugestalten“, so der 61-jährige Belgier.<br />
Er widmete den Preis allen Mitarbeitenden<br />
der Bayerischen Staatsoper. Auch Markus<br />
Blume, Staatsminister für Wissenschaft<br />
und Kunst, war voll des Lobes: „In diesem<br />
Haus führen höchste Professionalität,<br />
künstlerische Innovationskraft und eine<br />
herausragende Teamleistung zu absoluten<br />
Meisterstücken. Wir sind stolz und freuen<br />
uns mit unserem bayerischen Star der<br />
internationalen Opernszene.“ Dem ist<br />
nichts hinzuzufügen. Wir gratulieren! *bm<br />
www.staatsoper.de<br />
FOTO: WILFRIED HOESL<br />
11. – 14. <strong>Januar</strong> <strong>2024</strong><br />
Theater der Stadt<br />
muenchner-kammerspiele.de<br />
All Abled<br />
Festival inklusiver Theaterformen<br />
Foto: Drag Syndrome<br />
fotografiert von Damien Frost
26 KULTUR<br />
WangShui. Toleranzfenster Meredith Monk. Calling<br />
FOTO: MILENA WOJHAN<br />
AUSSTELLUNG<br />
In anderen Räumen. Environments von Künstlerinnen 1956–1976<br />
FOTO: AGOSTINO OSIO<br />
Martino Gamper. Sitzung<br />
Zeit zum sich einlassen<br />
Vier Mal große Kunst im HdK<br />
Im Winter will man es sich gemütlich<br />
machen. Bis plötzlich die Langweilige<br />
kommt. Gut, dass es genug Gründe<br />
gibt, die warme Wohnung zu verlassen.<br />
Das Haus der Kunst bietet in diesem Winter<br />
zum Beispiel gleiche vier aufregenden<br />
und inspirierende Anlässe, um sich mit<br />
viel innere Ruhe auf anspruchsvolle Kunst<br />
einzulassen. Wie bei der Ausstellung<br />
„In anderen Räumen“, in der es um das<br />
Entdecken und die Neubewertung<br />
bislang übersehener Geschichten geht.<br />
Es werden Werke dreier Generationen<br />
von Künstlerinnen aus Asien, Europa,<br />
Nord- und Südamerika gezeigt, die einen<br />
nachhaltigen Einfluss auf die Bildende<br />
Kunst ausgeübt haben. Das besondere:<br />
Es handelt sich um die Wiederherstellung<br />
von „Environments“, die an der<br />
Schnittstelle von Kunst, Architektur und<br />
Design angesiedelt sind. Kunstwerke, die<br />
das Publikum aktiv miteinbezieht. Die<br />
Ausstellung umfasst maßstabsgetreue<br />
Rekonstruktionen und die Dokumentation<br />
von zwölf Schlüsselwerken.<br />
Nicht minder interessant zeigt sich<br />
„Martino Gamper. Sitzung“, ein<br />
spielerisches Werk des italienischen<br />
Designers. Mit diesem Projekt wird die<br />
Mittelhalle des HdK zu einem sich ständig<br />
weiterentwickelnden sozialen Raum, denn<br />
Gamper wird eine Reihe neu gestalteter<br />
Stühle entwerfen. Während der Laufzeit<br />
werden die Stühle von Besucher*innen<br />
und den Mitarbeitenden nach Belieben<br />
umgestaltet – um sich zu versammeln,<br />
auszuruhen und zu spielen. So entsteht<br />
ein interaktiver, lebendiger sozialer Raum,<br />
der uns gerade im Winter oft fehlt.<br />
Derweil verwebt „WangShui. Toleranzfenster“<br />
Science Fiction mit chinesischer<br />
Philosophie, Reality TV und Maschinellem<br />
Lernen. Sowohl die Live-Simulation „Certainty<br />
of the Flesh“, eine Auftragsarbeit<br />
initiiert vom Haus der Kunst, also auch<br />
die für die Ausstellung entstandenen<br />
ätherischen, in Aluminium gekratzten<br />
Gemälde stellen Versuche der Symbiose<br />
zwischen Menschen und Technologien
27<br />
FOTO: FRITZ BECK<br />
TIROLER<br />
PIEP<br />
SHOW<br />
DER VOGELHÄNDLER<br />
dar. Nicht zuletzt ist noch „Meredith<br />
Monk. Calling“ zu erwähnen, die bisher<br />
umfangreichste Werkschau der gefeierten<br />
US-amerikanischen Künstlerin. Die Retrospektive<br />
basiert auf drei Jahren intensiver<br />
Forschung und will die Bandbreite der<br />
Rezeption von Monks Œuvre erweitern.<br />
Während Monks frühe Arbeiten in Form<br />
von „Zeitkapseln“ sorgfältig neu inszeniert<br />
werden, werden ihre neueren, multimedialen<br />
Arbeiten, in einer innovativen,<br />
Weise präsentiert, die darauf abzielt, die<br />
Konventionen des Ausstellungsmachens<br />
zu erweitern.<br />
„In anderen Räumen. Environments von<br />
Künstlerinnen 1956–1976“, bis zum 10.03.24<br />
FOTO: JUDITH BUSS<br />
Operette<br />
von Carl Zeller<br />
Musikalische Leitung<br />
Michael Brandstätter<br />
Regie<br />
Bernd Mottl<br />
Ab<br />
26.01.<br />
2O24<br />
„Martino Gamper. Sitzung“, bis zum 01.04.24<br />
„WangShui. Toleranzfenster“, bis zum 10.03.24<br />
„Meredith Monk. Calling“, bis zum 03.03.24<br />
O89 2185 196O<br />
GAERTNERPLATZTHEATER.DE<br />
www.hausderkunst.de
28 kultur KULTUR<br />
FOTO: AUS „PINK NARCISSUS“, PIERRE&GILLES 1971<br />
QUEERE GEGENWARTSKUNST IN NÜRNBERG<br />
Who‘s Afraid of STARDUST?<br />
Die Nürnberger Kunsthalle zeigt in<br />
Zusammenarbeit mit dem Kunsthaus<br />
noch bis 11. <strong>Februar</strong> die Ausstellung „Who‘s<br />
Afraid Of Stardust? – Queere Positionen der<br />
Gegenwartskunst“.<br />
30 Künstler*innen präsentieren Werke,<br />
die um Leben und Begehren jenseits der<br />
Heteronormativität kreisen und einen<br />
Beitrag zur aktuellen Debatte über Diversität<br />
leisten. In Gemälden, Zeichnungen, Fotografien,<br />
Videoarbeiten, Skulpturen, Performances,<br />
Raum- wie Licht installationen werden<br />
Identitäten, Lebensmodelle und Ausdrucksweisen<br />
vorgestellt, die in der LGBTIQ*-Szene<br />
zusammenfinden. Variantenreich sind auch<br />
die künstlerischen Kommentare sowie das<br />
Spiel mit Geschlechterrollen und -grenzen,<br />
die zu einer Überprüfung begrenzter<br />
Vorstellungen von Geschlecht und Identität<br />
auffordern. *bm<br />
Bis 11.2., Lorenzer Str. 32, Nürnberg,<br />
www.kunstkulturquartier.de<br />
„UNREAL“ IM KUNSTHAUS KAUFBEUREN<br />
Jenseits der Realität<br />
Das Allgäu ist ja immer eine Reise wert.<br />
Jetzt kann man dessen schöne Landschaften<br />
mit einem Kunsterlebnis verbinden,<br />
das ebenfalls mit Landschaften<br />
zu tun hat: In der Kunsthalle Kaufbeuren<br />
ist bis 14. April die Ausstellung „Unreal<br />
– Jenseits der Realität“ der. Beiden Maler<br />
René Wirths und Sven Drühl zu sehen.<br />
Nur etwa eine Autostunde von München<br />
entfernt sind Landschaftsgemälde<br />
und fotorealistische Darstellungen von<br />
Gegenständen zu sehen. Was zunächst<br />
ähnlich anmutet, folgt einem ganz<br />
unterschiedlichen künstlerischen Ansatz:<br />
Während René Wirths am realen Gegenstand<br />
arbeitet, basieren Sven Drühls<br />
Arbeiten auf virtuellen, am Computer<br />
generierten Motiven aus dem Kontext<br />
der Gaming-Industrie. Obwohl er nie zu<br />
sehen ist, spielt der Mensch in beiden<br />
Werken im Hintergrund eine wesentliche<br />
Rolle: In den Landschaften ist der<br />
Mensch quasi durch die Hintertür immer<br />
präsent, in den gegenständlichen Motiven<br />
(Ghettoblaster oder Plastikflasche)<br />
wird auf dessen naturzerstörerische<br />
Gewalt hingewiesen. Eine spannende<br />
Doppelausstellung, durch die man<br />
sich am 9. <strong>März</strong> sogar mit den beiden<br />
Künstlern persönlich sowie dem Kurator<br />
Jan T. Films führen lassen kann. *bm<br />
Bis 14.4.,<br />
Kunsthaus Kaufbeuren,<br />
Spitaltor 2, 87600 Kaufbeuren,<br />
www.kunsthaus-kaufbeuren.de<br />
FOTO: R. WIRTHS
kultur 29<br />
PORKCHOPS DINNER SHOW<br />
Schwein gehabt<br />
Definiert ein Reality-TV tatsächlich dein<br />
Talent? Das fragen sich die unbestreitbar<br />
talentierten Künstlerinnen Janisha Jones<br />
und Barbie Q, nachdem sie als erste aus<br />
den Reality-Shows „Queen of Drags“ und<br />
„Drag Race Germany“ ausgeschieden sind.<br />
Mit der „Porkchops Dinner Show“ bringen<br />
die beiden internationale Talente in die<br />
bayerische Landeshauptstadt und verbinden<br />
Entertainment mit einem 3-Gänge-<br />
Menü. Lasst euch die Gelegenheit nicht<br />
entgehen, auf diese kulinarische Weise in<br />
die Welt des Drag einzutauchen! *bm<br />
25.1. und 21.3., Oberangertheater,<br />
Oberanger, 38, 20 Uhr,<br />
www.theporkchops.de<br />
FOTOS: JANISHA JONES
30 kultur<br />
BIG LOVE IM GOP<br />
„REVUE DER LIEBE“<br />
mit Chris Kolonko<br />
Am 15. <strong>März</strong> feiert die Show „Big<br />
Love“ ins Münchner GOP-Varieté<br />
Premiere. Mit dabei ein guter Bekannter:<br />
Travestie- und Drag-Star Chris Kolonko<br />
führt durch die Show und ist natürlich<br />
auch selbst Teil des Entertainments. Wir<br />
haben mit ihm über die neue Produktion<br />
gesprochen.<br />
FOTOS: CK SHOWPRODUCIONS
Chris, ist „Big Love“ deine erste Zusammenarbeit mit<br />
dem GOP?<br />
Nein, es ist die zweite Showproduktion. Vor zehn Jahren war<br />
ich bereits das erste Mal für die GOP Varietès im Einsatz mit<br />
den „Wild Boys“. Diese Show feierte übrigens, wie jetzt „Big<br />
Love“ auch, ihre Premiere in München – was mich natürlich<br />
besonders freut!<br />
Die neue Show ist ja eine Weltpremiere – was kannst<br />
du uns bereits darüber verraten?<br />
Das es sehr spannend wird! Regisseur Aleksander Uvarov hat<br />
mit mir schon einige Shows gemacht. Als feststand, dass die<br />
New Yorker Soul Legende Bridget Fogle gemeinsam mit mir<br />
den musikalischen Rahmen bildet, hatten wir bereits vor zwei<br />
Jahren begonnen das Thema und die Richtung der Show<br />
zu inszenieren. Der Song „Big Love“ ist übrigens ein Hit von<br />
Bridget, den wir als Leitfaden nutzen um ein glamouröses<br />
Spektakel und eine Art „Revue der Liebe“ zu kreieren!<br />
19. - 31.12.<br />
WE<br />
SHOW<br />
YOU!<br />
DIE SHOW-SENSATION AUS DEN USA IST ZURÜCK!<br />
TICKETS kultur 31 &<br />
GUTSCHEINE<br />
089.55 234 444<br />
deutsches-theater.de<br />
4.1. - 14.1.24<br />
Im „Palazzo“ oder „Teatro“ hast du ja auch Regie<br />
geführt. In welcher Rolle werden wir dich im GOP<br />
erleben?<br />
Natürlich bin ich in erster Linie als Entertainer und Showgirl<br />
präsent, um durch die Revue zu führen. Aber ich darf auch<br />
mit meiner Comedy-Figur Berta einige Male für Lacher<br />
sorgen. Berta wird mehr und mehr zur Rolle einer alten Modeikone,<br />
eine Art alterndes „Sex and the City“-Girl – herrlich!<br />
Tanztheater von Enrique<br />
feat. Greta Marcolongo<br />
Gasa Valga<br />
& Band<br />
Was macht für dich den Reiz dieses Programms aus?<br />
Es ist mir immer wichtig, dass ich mit kreativen Menschen<br />
etwas gemeinsam entwickeln kann. Ich brauche Freiheit auf<br />
der Bühne, um mit meinem Publikum atmen zu können, mit<br />
ihm gemeinsam durch einen Abend zu gehen, mit vielen<br />
spontanen Momenten. Durch die Vertrautheit mit Aleks<br />
Uvarov in der Regie und Benjamin Pring, der als Choreograf<br />
seine ganzen Erfahrungen aus dem Cirque de Soleil mit ins<br />
Spiel bringt, kann ich mich darauf verlassen, dass wir einen<br />
Rahmen bekommen, der meine ganze Vielfältigkeit zeigt. Drei<br />
Verrückte, die ihre Berufung auf der Bühne leben – das muss<br />
ein Knaller werden!<br />
Was sind die „Big Loves“ in deinem Leben?<br />
Meine persönlichen Big Loves sind mein Partner und meine<br />
beiden Hunde, mit denen ich auf Gran Canaria lebe, die sich<br />
mittlerweile, auf der Insel im wahrsten Sinne des Wortes<br />
„pudelwohl“ fühlen. Dann natürlich meine Eltern, die mich<br />
auch seit vielen Jahren durch meine Karriere begleiten. Und<br />
selbstverständlich die Bühne und das Publikum, denn es gibt<br />
nichts Schöneres als auf einer Bühne zu stehen und die Zeit<br />
und die Realität zu vergessen.<br />
22. - 24.1.24<br />
5. - 17.3.24<br />
23.2. - 3.3.24<br />
19.1. - 12.2.24<br />
Nach der Show ist vor der Show: Was sind deine<br />
weiteren Pläne für <strong>2024</strong>?<br />
Das Jahr <strong>2024</strong> ist ziemlich gefüllt mit den Shows für die GOP<br />
Theater. Zwischendurch noch auf ein paar Schiffe und auch<br />
das Hofspielhaus in München darf nicht zu kurz kommen.<br />
Hier habe ich mittlerweile ein ganz treues, herzliches Publikum.<br />
Es geht dann im Herbst noch ins „Kleine Theater Haar“<br />
und neben ein paar aufregenden Events muss ich dann ab<br />
und zu auch zu meiner Familie nach Gran Canaria: Luftholen<br />
und Liebe tanken!<br />
26.3. - 7.4.24 11. - 21.4.24<br />
EIN MUSICAL VON RALPH SIEGEL<br />
EIN BISSCHEN<br />
FRIEDEN<br />
Summer of Love<br />
*Interview: Bernd Müller<br />
Big Love, 15.3 bis 12.5.<br />
GOP Varieté, Maximilanstr. 33<br />
www.variete.de<br />
8. - 19.5.24<br />
21. - 26.5.24
32 kultur<br />
TANZ<br />
FOTO: W. HOESL<br />
ONEGIN<br />
Seit seiner Entstehung im Jahr<br />
1965, inspiriert von Alexander<br />
Puschkins literarischem Meisterwerk, fasziniert<br />
„Onegin“ das Publikum unverändert<br />
mit der ergreifenden Erzählung der jungen<br />
Tatjana.<br />
Ihre unglückliche Liebe zum selbstgefälligen<br />
Dandy Onegin und die<br />
herzzerreißende Zurückweisung berühren<br />
bis heute zutiefst. Seit über vier Jahrzehnten<br />
wird dieses Ballett in München aufgeführt,<br />
und herausragende Tänzerinnen<br />
wie Eva Evdokimova, Konstanze Vernon,<br />
Evelyn Hart, Lucia Lacarra und Natalia<br />
Osipova haben der Geschichte ihre einzigartige<br />
Prägung verliehen. Kaum ein anderes<br />
Handlungsballett bietet so vielfältige<br />
Möglichkeiten zur Charakterentwicklung<br />
wie die Rolle der Tatjana: Über zweieinhalb<br />
Stunden entfaltet sie sich von einem naivträumerischen<br />
Teenager zu einer gereiften<br />
Frau, die letztendlich in einer dramatischen<br />
Auseinandersetzung die Wahl zwischen<br />
Leidenschaft und Pflicht treffen muss.<br />
www.staatsoper.de/staatsballett<br />
„DER VOGELHÄNDLER“ IM GÄRTNERPLATZTHEATER<br />
Tiroler Piep-Show<br />
Diese Premiere ist mal richtig was zum<br />
Mitschunkeln: Das Gärtnerplatztheater<br />
bringt ab 26. <strong>Januar</strong> Carl Zellers „Der<br />
Vogelhändler“ auf die Bühne.<br />
Darin Operetten-Klassiker wie „Ich bin<br />
die Christel von der Post“ oder „Schenkt<br />
man sich Rosen in Tirol“. Doch das<br />
Gärtnerplatztheater wäre nicht das<br />
Gärtnerplatztheater wenn es sich einfach<br />
auf die Präsentation eines erfolgreichen<br />
Stoffs verlassen würde. Unter der Regie<br />
von Bernd Mottl und der Choreografie<br />
von Karl Alfred Schreiner präsentiert es<br />
eine spritzige und echt bayrische Neuinterpretation.<br />
Denn die Story über eine<br />
junge Liebe, die sich gegen kalkuliertes<br />
Machtstreben, dummdreiste Intrige,<br />
Günstlingswirtschaft und erotische Versuchung<br />
behaupten muss, ist im Grunde<br />
zeitlos. Die Moral von der Geschicht´:<br />
Letzten Endes ist der einfache Mensch<br />
dem „hohen Tier“ doch überlegen und<br />
kein Mann sollte sich eine Frau „zu eigen“<br />
machen – wie wahr! *bm<br />
Ab 26.1., Gärtnerplatztheater,<br />
www.gaertnerplatztheater.de<br />
FOTO: CHRISTIAN POGO ZACH
kultur 33<br />
MUSICAL<br />
KU’DAMM 56<br />
Wir tauchen ein in die spannende Nachkriegszeit mit<br />
Rock ’n’ Roll, Haartollen, sozialen Spannungen und einem<br />
ersten Aufbegehren der Backfische, der Jugend, ausgelöst<br />
durch die Freiheit, die die neue Musik gibt.<br />
Das Musical „Ku’damm 56“ mit der Musik von Peter Plate<br />
und Ulf Sommer hatte einen unglaublichen Erfolg in Berlin,<br />
wurde etwa beim „Deutschen Musical Theater Preis“<br />
viermal ausgezeichnet. Jetzt gastiert das Stück, das auf<br />
dem gleichnamigen ZDF-Erfolg „Ku‘damm“ der mehrfachen<br />
Grimme-Preisträgerin und Autorin Annette Hess basiert.<br />
Berlin, Mitte der 1950er: Im Mittelpunkt steht die Familie<br />
Schöllack, ihre Tanzschule „Galant“ und die Töchter Monika,<br />
Eva und Helga. Es sind die Wirtschaftswunderjahre und<br />
Aufbruch und Veränderung liegen in der Luft, Rock’n‘Roll<br />
begeistert und befreit die Jugend. Das kollidiert mit<br />
kleinbürgerlicher Engstirnigkeit und althergebrachten<br />
Moralvorstellungen. Genau da setzt „Ku’damm 56“ an – und<br />
lässt auch brisante Themen wie Emanzipation, Antisemitismus<br />
oder Homosexualität nicht aus. Das macht Ku’damm<br />
56 zu einem besonderen Musical, das nicht nur einfach<br />
die Petticoats fliegen lässt. Auch die Songs transportieren<br />
emanzipatorische Botschaften, was den Komponisten<br />
Peter Plate und Ulf Sommer wichtig war.<br />
Die Erfolgsstory geht übrigens weiter: Im Mai <strong>2024</strong> gibt es<br />
die Weltpremiere des neuen Musicals: „Ku’damm 59“ im<br />
Theater des Westens in Berlin. *rä / bjö<br />
www.musicalsberlin.com<br />
FOTOS: J. HARTMANN, D. ERNST<br />
Ist die Welle noch so steil,<br />
a bisserl was geht allerweil.<br />
www.az-muenchen.de/abo
34 kultur<br />
Abe Frajndlich<br />
Retrospektive<br />
Abe Frajndlich hat Kreative aus<br />
Musik, Kunst und Showbiz porträtiert,<br />
die Grenzenlosigkeit der Großstadt<br />
surreal abgebildet und die Größen der<br />
Fotogeschichte vor die Kamera geholt.<br />
Mit ABE FRAJNDLICH. CHAMELEON<br />
präsentiert das Kunstfoyer die schillernde<br />
Themenvielfalt des amerikanischen Fotografen.<br />
Auch Facetten seiner Biografie, die<br />
zwischen vielen Welten changiert, finden<br />
in der Ausstellung ihren Platz.<br />
Zu sehen sind rund 200 Arbeiten ab den<br />
1970er-Jahren. Ein Schwerpunkt der<br />
Retrospektive präsentiert Porträts von<br />
Künstlerinnen und Künstlern, die Abe<br />
Frajndlichs Leben beeinflusst haben.<br />
ABE FRAJNDLICH. CHAMELEON<br />
wurde kuratiert von Celina Lunsford,<br />
künstlerische Leiterin des FFF, und Co-<br />
Kuratorinnen Esra Klein und Andrea<br />
Horvay.<br />
Kunstfoyer der Versicherungskammer<br />
Kulturstiftung, Maximilianstraße 53,<br />
Laufzeit der Ausstellung Abe Frajndlich.<br />
Chameleon: 13.12.2023 bis 1.4.<strong>2024</strong><br />
www.versicherungskammerkulturstiftung.de<br />
BÜHNE<br />
Das Schloss<br />
FOTO: SIMON KOY<br />
<strong>2024</strong> jährt sich der Todestag Franz<br />
Kafkas zum hundertsten Mal. Aus diesem<br />
Anlass inszenieren Karin Henkel, eine<br />
der renommiertesten Regisseur*innen<br />
des deutschsprachigen Raums und Rita<br />
Thiele, Kafkas „Das Schloss“.<br />
Eines Abends betritt ein Unbekannter<br />
namens K. ein Dorfgasthaus. Wie ihm mitgeteilt<br />
wird, darf sich vor Ort aber niemand<br />
ohne Bewilligung der dem Dorf vorstehenden<br />
Schlossbehörden aufhalten. K. weist<br />
sich daraufhin als Landvermesser aus ,<br />
den man aber nicht brauche, geschweige<br />
sicher sei einen verlangt zu haben. Ein<br />
verwirrender Verwaltungsapparat, dubiose<br />
Aussagen der Behörden und von Herrn K.,<br />
so vielfällig sind auch die falsch gelegten<br />
Fährten und Informationen, denn „Das<br />
Schloss“ ist Ausdruck der «Abgesperrtheit<br />
des Menschen von der Wahrheit».<br />
27.01.<strong>2024</strong>, Premiere „Das Schloss“,<br />
residenztheater.de
Du bist individuell und verdienst<br />
eine HIV-Therapie, die das auch ist.<br />
PILLe?<br />
spritze?<br />
NP-DE-HVU-JRNA-230001<br />
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zu Dir?<br />
Sprich mit deinem/r Ärzt*in<br />
über deine Möglichkeiten.<br />
Erfahre mehr<br />
auf www.livlife.de
MUSIK<br />
Nachgefragt<br />
bei<br />
INTERVIEW<br />
Tom Odell
MUSIK<br />
FOTO: RORY LANGDON-DOWN<br />
Es scheint so, als wäre<br />
das Schicksal gegen<br />
dieses Interview. Ein<br />
geplantes Treffen<br />
mit Tom Odell in Berlin fällt<br />
dem Bahnstreik zum Opfer. Ein<br />
alternativ angesetztes Video-<br />
Gespräch sagt der Musiker<br />
zweimal ab – aus gesundheitlichen<br />
Gründen. Zum Glück findet sich ein paar<br />
Tage später doch noch ein Ersatztermin.<br />
Während der Brite in London durch<br />
einen Park schlendert, redet er über sein<br />
sechstes Album „Black Friday“.<br />
Dabei kristallisiert sich schon nach wenigen<br />
Minuten heraus: Tom Odell ist kein<br />
oberflächlicher Typ, er geht gern in die<br />
Tiefe. Etwa, wenn er über seine psychischen<br />
Probleme spricht und analysiert,<br />
wie sie sich in seinen Songs niedergeschlagen<br />
haben. Dabei kreist er gar nicht<br />
mal so sehr um seine Panikattacken und<br />
Angststörungen, unter denen er phasenweise<br />
ganz massiv gelitten hat, sondern<br />
eher um Dinge, mit denen sich wohl<br />
einige Menschen identifizieren können:<br />
„All meine Lieder sind von Anfang an<br />
einer gewissen Frustration entsprungen.<br />
Weil ich anscheinend nicht in der Lage<br />
war, glücklich zu sein.“ Die Ursachen<br />
dafür liegen in der Kindheit, jedenfalls<br />
bei dem 33-Jährigen. „In der Schule<br />
hatte ich immer das Gefühl, nicht richtig<br />
dazuzugehören“, gesteht er. „Selbst in<br />
den frühen Zwanzigern habe ich mich<br />
noch als Außenseiter betrachtet.“ Den<br />
Grund dafür hat er inzwischen ausgemacht:<br />
„Ich war mit mir selbst nicht<br />
im Reinen, ich habe zu viel gegrübelt.“<br />
Dadurch koppelte er sich zusehends von<br />
seinen Mitmenschen ab: „Ich dachte, ich<br />
wäre der Einzige, der so tickt. Erst als ich<br />
zu recherchieren begann, merkte ich:<br />
Anderen geht es ebenso.“<br />
Dennoch weiß Tom Odell genau, was es<br />
bedeutet, isoliert zu sein. Das beweist<br />
sein Stück „Answer Phone“, das bereits<br />
etliche Jahre auf dem Buckel hat.<br />
Zumindest ist das Thema Alleinsein zum<br />
ersten Mal aufgepoppt, als der Singer/<br />
Songwriter etwa 28 war. „Meine Idee<br />
war es, mich auf eine humorvolle Art mit<br />
der Einsamkeit auseinanderzusetzen“,<br />
sagt er. Er habe sich amüsiert, als er die<br />
Zeilen „Dancing alone to ,Billie Jean' /<br />
Praying that someone takes me home“<br />
geschrieben habe. Gleichwohl gab es<br />
natürlich Momente in seinem Leben, in<br />
denen ihm in so einer Situation gar nicht<br />
mehr zum Lachen war. „Ich bin nicht<br />
gern allein“, räumt er ein. „Lieber habe ich<br />
Leute um mich herum.“<br />
Zu viel Interesse behagt Tom Odell indes<br />
auch nicht. Aus gutem Grund singt er:<br />
„I don't wanna be a star“. „Ich habe die<br />
Aufmerksamkeit, die mein Job mit sich<br />
bringt, nie genossen“, gesteht er. „Doch<br />
das ist ein Luxusproblem.“ Immerhin gibt<br />
es weitere Aspekte seines Berufs, denen<br />
er deutlich mehr abgewinnen kann: das<br />
Schreiben, das Musikmachen, die Auftritte<br />
mit seiner Band, das Touren: „Für<br />
mich ist es ein Privileg, andere Länder<br />
und Städte erkunden zu dürfen.“<br />
„All meine Lieder sind<br />
von Anfang an einer<br />
gewissen Frustration<br />
entsprungen. Weil ich<br />
anscheinend nicht in<br />
der Lage war, glücklich<br />
zu sein.“<br />
Selbstverständlich präsentiert er seine<br />
neuen Titel ebenfalls live. Einen Ohrwurm<br />
wie den Hit „Another Love“ sollte man<br />
allerdings nicht erwarten. Mit „Black<br />
Friday“ hat sich Tom Odell noch weiter<br />
vom Mainstream-Pop distanziert. Die<br />
akustische Gitarre drückt „Answer<br />
Phone“ ihren Stempel auf. Ursprünglich,<br />
sagt der Künstler, habe er eine EP mit<br />
Gitarren-basierten Nummern einspielen<br />
wollen. Schließlich hat er im <strong>Januar</strong> in<br />
einem Musikgeschäft in der<br />
Denmark Street in London<br />
endlich sein Trauminstrument<br />
gefunden: eine akustische<br />
Gitarre der Firma Martin. Zehn<br />
Jahre hatte er nach ihr gesucht,<br />
weltweit. „Weil ich kein guter<br />
Gitarrist bin, fasziniert mich die<br />
Gitarre so sehr“, erzählt er. „Jeder Akkord,<br />
den ich ihr entlocke, ist eine Entdeckung<br />
für mich.“<br />
Trotzdem ist er von seinem Plan,<br />
sich komplett auf seine Gitarre zu<br />
konzentrieren, wieder ein Stück weit<br />
abgerückt. „Nothing Hurts Like Love“<br />
hält die Fahne für Pianoballaden hoch.<br />
Bei „Black Friday“ vereinigen sich Klavier,<br />
Akustikgitarre und Streicher. Sätze wie „I<br />
wanna better body, I want a better skin“<br />
zeugen von Selbstzweifeln: „In Bezug<br />
auf mein Äußeres war ich nie besonders<br />
selbstbewusst. Das aufzuschreiben, hat<br />
mich aber ziemlich viel Mut gekostet.“<br />
Wer dieses Lied hört, realisiert: Im<br />
Gegensatz zu Schnäppchenjäger*innen<br />
mag Tom Odell den sogenannten<br />
„Black Friday“ nicht wirklich. „An diesem<br />
Tag wollen einem die Geschäfte bloß<br />
Sachen andrehen, die man eigentlich<br />
gar nicht braucht“, empört er sich.<br />
Wer schon dank Instagram Minderwertigkeitskomplexe<br />
hat, ist seiner<br />
Ansicht nach ein leichtes Opfer für den<br />
Konsumwahn: „Die Läden predigen<br />
den Leuten ihre Unzulänglichkeiten.<br />
Sie geben vor, das Leben ihrer Kunden<br />
könnte besser sein, wenn sie etwas<br />
kaufen würden. Das finde ich traurig.“<br />
Stichwort Traurigkeit: #Mensch wundert<br />
sich ein bisschen darüber, dass sich auf<br />
der Platte nur wehmütige Liebeslieder<br />
mit dem Fokus auf Herzschmerz tummeln.<br />
„The End“ zum Beispiel prozessiert<br />
das Aus einer Beziehung. Dabei hat Tom<br />
Odell kürzlich seine Partnerin Georgie<br />
Somerville geheiratet und sollte eigentlich<br />
im siebten Himmel schweben. „Ich<br />
habe nie rein autobiografische Songs<br />
geschrieben, die wie Tagebucheinträge<br />
waren“, erklärt der Musiker. „Aber vielleicht<br />
werden ja auf meinem nächsten<br />
Album Lieder sein, aus denen das Glück<br />
spricht.“ *Dagmar Leischow
MUSIK<br />
COMEBACK<br />
FOTO: NORMAN JEAN ROY<br />
Jennifer Lopez beglückt mit Film, Single und Album<br />
Und es gilt 25 Jahre Musik zu<br />
feiern! Aber erst mal der Reihe<br />
nach. Die US-Sängerin wird am 10.<br />
<strong>Januar</strong> <strong>2024</strong> ihre neue Single „Can’t Get<br />
Enough“ veröffentlichen. Geschrieben<br />
und produziert wurde das Comeback-Lied<br />
unter anderem von Rogét Chahayed (Doja<br />
Cat, Travis Scott), HitBoy (Drake) und Jeff<br />
„Gitty“ Gitelman (H.E.R, Victoria Monet)<br />
und Jennifer Lopez selbst. Am 16. <strong>Februar</strong><br />
<strong>2024</strong> wird dann auf amazon Prime Video<br />
(exklusiv!) der Film „This Is Me…Now: The<br />
Film“ an den Start gehen.<br />
Der Film versucht sich unterhaltsam, sexy<br />
und auch lustig mit „dem vielbeachteten<br />
Liebesleben der New Yorker Künstlerin zu<br />
beschäftigen“, wird vorab verraten. Aha.<br />
Auweia. Aber auch um sie als Mensch,<br />
der immer an ein gutes Ende glaubt.<br />
Um ihre Kunst geht es hingegen beim<br />
gleichnamigen Album, der ersten Studio-<br />
Albumveröffentlichung nach zehn Jahren.<br />
Ihrer Musik bleibt sie darauf treu: Pop,<br />
Hip-Hop und etwas R’n’B.<br />
Ein Blick zurück: Schon seit 1999<br />
bereichert die am 24. Juli 1969 geborene<br />
Schauspielerin mit dem formidablen<br />
Hintern die Welt vor allem mit ihrer Musik.<br />
R ’n’ B- und Dance-Hits wie „Ain‘t Your<br />
Mama“, „Jenny from the Block“, „On the<br />
Floor“, „Let‘s Get Loud“, „Dance Again“<br />
oder „If You Had My Love“ gehören zu einer<br />
Partynacht einfach dazu – auch weil sie<br />
prominente Fans und Unterstützer wie<br />
Rapper Pitbull hat. Funfact: Jennifer Lopez<br />
ist 1993 als Tänzerin im Video zu „That‘s<br />
the Way Love Goes“ von Janet Jackson zu<br />
sehen. *rä<br />
POP<br />
„The Best of“ von Milli Vanilli<br />
Zum 35. Jubiläum des Debütalbums „All or<br />
Nothing“ erschien vor wenigen Wochen eine<br />
Werkschau der Band, deren Musik optisch<br />
von Fab Morvan und Rob Pilatus (1964 –<br />
1998) umgesetzt wurde. Genau, zu hören<br />
sind die beiden Münchner Tänzer, die zuerst<br />
als Empire Bizarre selbst sangen, nicht.<br />
Aber sie passten dem Producer Frank Farian,<br />
der zwischen 1975 und 1985 mit Boney<br />
M. Top-10-Hits wie „Bahama Mama“ und<br />
„Kalimba de Luna“ sowie Nummer-1-Erfolge<br />
wie „Daddy Cool“ und „Rivers of Babylon“<br />
feiern konnte, in seine Vision zu bereits fertig<br />
produzierter R ’n’ B-Pop-Funk-Musik, die<br />
auch gekonnt Hip-Hop und Soul vereinte.<br />
Klasse Musik, der aber (in den Augen des<br />
Producers!) die passenden Gesichter fehlten.<br />
Das Konzept ging auf: Zwischen 1988 und<br />
1990 feierte das bei Frankfurt produzierte<br />
Projekt weltweit Erfolge – darunter auch<br />
Nummer-1-Hits in den USA wie „Baby Don’t<br />
Forget My Number“ und „Girl I’m Gonna<br />
Miss You“. Doch, so ist zu lesen, störte sich<br />
Frank Farian daran, dass Fab Morvan und<br />
Rob Pilatus wohl immer mehr dachten, sie<br />
wären die wirklichen Sänger, sie wären Milli<br />
Vanilli. Dabei waren sie eben nur die Tänzer<br />
zur Musik. Doch sie gingen gegen seinen<br />
Willen auf Tournee ... wo das Play-back<br />
hängen blieb. Und das offenbarte, was in<br />
der Musikbranche schon viele wussten: Die<br />
beiden konnten nicht singen. Zumindest<br />
nicht so soulig, wie man es von Hits wie<br />
„Blame It on the Rain“ kannte. Frank Farian<br />
trat die Flucht nach vorne an und verriet,<br />
dass alles nur ein Fake war. Der Skandal war<br />
groß!<br />
Geändert hat sich in der Musikwelt wenig:<br />
Auch bei der Eurodance-Welle der 1990er<br />
sah #mensch in den Videos nicht immer<br />
die Sängerinnen, die zu hören waren. Etwa<br />
von Fun Factory, Real McCoy und auch<br />
Corona ist inzwischen bekannt, dass andere<br />
Künstlerinnen die Refrains eingesungen<br />
haben. 1991 erschien ein Album von The<br />
Real Milli Vanilli, das sich in den Charts<br />
zwar gut platzieren konnte, jedoch kein<br />
übergroßer Erfolg war – also wurde das<br />
Projekt aufgelöst. Einige der beteiligten<br />
Künstler*innen kamen später mit anderen<br />
Projekten in die Charts, etwa Linda Rocco,<br />
die mit Dance 2 Trance und Masterboy Hits<br />
landete (und auch zu sehen war!), und Gina<br />
Mohammed, die zum Beispiel bei Lofts Hits<br />
„Summer Summer“ und „Love Is Magic“ zu<br />
hören und zu sehen ist. Ende 2023 ist ein<br />
Film über Milli Vanilli in den Kinos angelaufen<br />
(wir berichteten). Spannend genug ist die<br />
Geschichte! *rä
KLASSIK<br />
Sol Gabetta + Bertrand Chamayou: Mendelssohn-Projekt<br />
Sol Gabettas neues<br />
„Mendelssohn“-Album mit dem<br />
Pianisten Bertrand Chamayou erscheint<br />
am 19. <strong>Januar</strong> bei Sony Classical. Die<br />
beiden langjährigen Partner haben<br />
dafür sämtliche Werke Mendelssohns<br />
für Cello und Klavier eingespielt<br />
sowie neue „Lieder ohne Worte“ von<br />
herausragenden Komponisten der<br />
heutigen Zeit.<br />
Nach der Aufnahme sämtlicher<br />
Werke für Cello und Klavier von<br />
Frédéric Chopin und Robert<br />
Schumann setzen Sol Gabetta und<br />
Bertrand Chamayou ihre Erkundung<br />
des romantischen Repertoires<br />
für Cello und Klavier fort mit dem<br />
Gesamtwerk von Felix Mendelssohn<br />
für ihre Besetzung. Das Werk Mendelssohns<br />
zählt seit vielen Jahren<br />
zum Kernrepertoire von Sol Gabetta<br />
und Bertrand Chamayou. Insgesamt<br />
fünf Werke hat Felix Mendelssohn-<br />
Bartholdy für Violoncello und Klavier<br />
im Laufe seines zu kurzen Lebens<br />
komponiert. Von den „Variations concertantes“<br />
op. 17, die er 1829 für seinen<br />
MUSIK<br />
cellospielenden Bruder Paul komponierte,<br />
bis zum berühmten „Chanson sans<br />
paroles“ op. 109, welches er 1845 Lise<br />
Cristiani widmete, über die beiden<br />
großen Sonaten B-Dur op. 45 (1838)<br />
und D-Dur op. 58 (1843) sowie das<br />
selten gespielte und mysteriöse<br />
„Assai tranquillo“ aus dem Jahr 1838,<br />
beschäftigte sich Mendelssohn<br />
mit Werken für Violoncello und<br />
Klavier während seiner gesamten<br />
Schaffenszeit. Anhand der einzelnen<br />
Werke für diese Besetzung lässt sich<br />
also seine gesamte Stilentwicklung<br />
nachverfolgen. Um Mendelssohns<br />
musikalische Sprache authentisch<br />
auszudrücken und eine optimale<br />
Klangbalance zwischen den beiden<br />
Instrumenten zu erreichen, haben<br />
die Interpreten (wie bereits für ihr<br />
gemeinsames Schumann-Album)<br />
historische Instrumente gewählt, die<br />
spezifisch für diese Aufnahme eingestellt<br />
wurden: das berühmte „Bonamy<br />
Dobree-Suggia“ Stradivari-Cello mit<br />
Darmsaiten aus dem Jahr 1717 und einen<br />
historischen Konzertflügel von Julius<br />
Blüthner aus Leipzig aus dem Jahr 1856.<br />
EINE SHOW<br />
DER ANDEREN ART<br />
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MUSIK<br />
HOUSE / DUB<br />
Nochmals den Sommer feiern<br />
Nicht mehr lange, dann ist es Winter! Doch Milk & Sugar<br />
präsentiert mit „Beach Sessions 2023“ eine je nach<br />
CD sehr tanzbare und immer auch hörbare Werkschau<br />
verschiedener Interpret*innen wie Kraak & Smaak feat.<br />
Romanthony und De-Phazz, die den Sommer feiern.<br />
FOTO: FOTOIMPERIYA<br />
Konzentrierte sich der DJ und Producer aus Bayern auf<br />
CD 1, „POOL“, etwas mehr auf housige Tracks (nicht nur)<br />
für eine ausgelassene Poolparty, so kommen auf CD 2<br />
die smoothen Nummern zur vollen Blüte. Etwas chillig,<br />
etwas mediterran, oft soulig. Soul hat aber auch der erste<br />
Tonträger, da wetteifern die Stimmen allerdings mit krachenden Bass<br />
Drums und coolen Beats. Unsere Anspieltipps sind unter anderem<br />
„Let the Sun Shine (Momo Khani & Meindel Extended Remix)“ von<br />
Milk & Sugar, „Love Song (New Vocal Version)“ von Deep Dive Corp.<br />
feat. SabineSabine sowie „Eche (Original Mix)“ von Joachim Pastor<br />
und „Sugar Boogie (Original Mix)“ von De-Phazz. Eine wunderbare<br />
Zusammenstellung entspannter und auch mal klubbiger Musik – nicht<br />
nur für eine sehr gute Zeit am Wasser! *rä<br />
POP<br />
Nancy Sinatra: „Keep Walkin‘:<br />
Singles, Demos & Rarities 1965-1978“<br />
Im Dezember veröffentlicht die<br />
grandiose und generationenübergreifend<br />
populäre Sängerin Nancy Sinatra<br />
eine neue Werkschau. Unter anderem auf<br />
farbigem Vinyl und Kassette.<br />
Nachdem vor zwei Jahren die Hit-Sammlung<br />
„Start Walkin‘ 1965-1976“ mit den<br />
Klassikern ** von Nancy Sinatra wie „Bang<br />
Bang“, „How Does That Grab You, Darlin‘?“<br />
oder auch „Summer Wine“ und „These<br />
Boots Are Made for Walkin‘“ erschienen<br />
ist, kommen wir am 1. Dezember in den<br />
Genuss, die Überschrift hat es schon<br />
verraten, der B-Seiten (die Vinyl-<br />
Single-Rückseite der Hits) und Demos.<br />
Unsere Anspieltipps auf „Keep Walkin‘:<br />
Singles, Demos & Rarities 1965-1978“<br />
sind „I Just Can‘t Help Believing“ (bisher<br />
unveröffentlicht), „The Last of the Secret<br />
Agents“ von 1966 aus dem Soundtrack<br />
zu der James-Bond-Parodie gleichen<br />
Namens, „Do I Hear a Waltz“ (bisher<br />
unveröffentlicht), „The City Never Sleeps<br />
at Night“ (die klasse Rückseite der „These<br />
Boots Are Made For Walkin‘“-Single) sowie<br />
„Flowers in the Rain“ und das grandiose,<br />
emanzipatorische und auch recht moralische<br />
„My Baby Cried All Night Long“. *rä<br />
** Der 1967er-Welthit „Something Stupid“<br />
mit Papa Frank Sinatra, 2001 von Robbie<br />
Williams und Nicole Kidman erfolgreich<br />
gecovert, wurde allerdings weggelassen<br />
AMBIENT<br />
20 Jahre „RELAX“ – Blank & Jones<br />
Blank & Jones präsentieren „RELAX – The<br />
Best of 20 Years“ auf CD, Vinyl (natürlich<br />
blau) und als Stream. Ein Muss für<br />
Sammler*innen und Freund*innen entspannender<br />
Musik.<br />
Zwei Jahrzehnte beste Chill-out-<br />
Kompositionen, zwanzig Jahre Trance, 240<br />
Monate Ambient-Erfolg. Das soll eine(r)<br />
den beiden DJs und Producern einmal<br />
nachmachen. Denn bevor sie 2003 mit der<br />
„RELAX“-Reihe starteten, kannte #mensch<br />
sie vor allem für Techno, Eurodance und<br />
Trance. Schon seit den 1990ern sorgen die<br />
Musiker Piet Blank (geboren am 15. Juni<br />
1971) und Jaspa Jones (geboren<br />
am 27. Juni 1968) aka Blank &<br />
Jones mit Chart-Erfolgen wie<br />
„Flying to the Moon“, „Cream“,<br />
„DJ’s Fans & Freaks (D.F.F.)“,<br />
„The Nightfly“ und „Heartbeat“<br />
für volle Tanzflächen. 2016 erschien ihr<br />
bahnbrechendes Album „DOM“, das auch im<br />
Kölner Dom aufgeführt werden durfte und<br />
das ganz ohne Beats auskam. Einige ihrer<br />
Single-Hits finden sich ebenfalls auf dieser<br />
Werkschau, etwa „Beyond Time (Ambient<br />
Mix)“ und „Desire (Ambient Mix)“. Funfact:<br />
2012 produzierten die beiden Künstler das<br />
erfolgreiche Sandra-Album „Stay in Touch“,<br />
es erreichte Platz 20<br />
der deutschen Albumcharts.<br />
„RELAX – The<br />
Best of 20 Years“ ist<br />
eine ganz wunderbare,<br />
anspruchsvolle<br />
und entspannende Zusammenstellung<br />
hervorragender Produktionen, die den Stress<br />
davonwabern und träumen lassen. Unsere<br />
Anspieltipps sind „Sunny (Summer Vibe Mix)<br />
(feat. Boney M.)“ sowie „Chilled Cream“. Und<br />
ja, „RELAX – The Best of 20 Years“ ist auf<br />
jeden Fall Yoga-tauglich. *rä<br />
www.blankandjones.com<br />
FOTO: M. RÄDEL
FOTOS: M. SENIOR<br />
Zurück in Deutschland:<br />
Gaultiers „Fashion Freak Show“<br />
Jean Paul Gaultier, 1952 in<br />
einem Pariser Vorort geboren,<br />
eines DER Gesichter der Modewelt.<br />
Berühmt für seine Kunst,<br />
seine Hermes-Damenmode und für<br />
seine Jetset-Freund*innen wie Amanda<br />
Lear, Madonna und Kylie Minogue.<br />
Seine Liebe zur Mode, zum Leben und<br />
zur Musik ist nun in einer Show zu<br />
erleben: der „Fashion Freak Show“.<br />
Vor wenigen Jahren feierte Jean Paul<br />
Gaultiers „Fashion Freak Show“ in Paris<br />
im renommierten Folies Bergère ihre<br />
Premiere (wir berichteten). <strong>2024</strong> beehrt<br />
uns das glamouröse Highlight erneut.<br />
Und zwar in Köln. Selbstverständlich<br />
sind wir Medienpartner mit unserem<br />
Kölner Magazin rik und online als<br />
maenner.media, männer*.<br />
„Ich hoffe, dass das Publikum die Show<br />
genauso genießen wird, wie ich sie<br />
entwickelt habe“, so Jean Paul Gaultier<br />
über die Show, die vom 17. bis zum 21.<br />
Juli in der LANXESS arena in Köln und<br />
zuvor vom 10. bis 14. Juli in der Wiener<br />
SHOW<br />
MUSIK<br />
Stadthalle zu sehen sein wird.<br />
Das Konzept ist so einfach wie<br />
genial: Eine Mischung aus Party<br />
und Modenschau, großartige<br />
Schauspieler*innen, kombiniert<br />
mit exzellenten Tänzer*innen und<br />
fabelhaften Zirkusartist*innen, Kunst,<br />
Performance, Mode. Auch dank des<br />
Künstlerischen Leiters Simon Philips<br />
(„Priscilla“, „La Bohème“, „Cabaret“ …)<br />
ein Rausch an Farben, Bewegung und<br />
Musik. Und eine riesige Videowand,<br />
die Künstler*innen zu Wort kommen<br />
lässt, die mit dem Designer, Autor,<br />
Regisseur und Kostümbildner<br />
befreundet sind. Die „Fashion Freak<br />
Show“ des queeren Franzosen ist<br />
sein persönlicher Blick auf sein Leben,<br />
von seiner Kindheit über die Anfänge<br />
seiner Karriere bis hin zu den Erfolgen,<br />
legendären Auftritten und seinen<br />
Freundschaften zu internationalen<br />
Stars. *rä<br />
www.jpgfashionfreakshow.com,<br />
www.semmel.de<br />
COMEBACK<br />
„Venus“ – Zara Larsson<br />
Popmusik haben die Schweden einfach drauf. ABBA,<br />
Roxette, Ace of Base und natürlich Zara Larsson, weltweit<br />
erfolgreiche Musik aus dem Land der dichten Wälder,<br />
grünen Moose und bunten Häuser.<br />
Vom 18.05. bis<br />
12.06.<strong>2024</strong><br />
auf großer Tournee unter anderem<br />
in Berlin, Hamburg, München,<br />
Düsseldorf, Leipzig, Frankfurt a. M.<br />
und in vielen weiteren Städten.<br />
Mit derlei Klischees hat die Sängerin aber so gar nichts<br />
am Hut. Sie macht, was sie will, ganz so, wie Zara in einem<br />
ihrer vielen Hits singt: „Can‘t Tame Her“. Zum Beispiel ein<br />
Lied mit David Guetta machen, das dann schön nach den<br />
1990ern klingt und mit einem ungewöhnlichen Video<br />
erfreut: „On My Love“.<br />
Mehr Musik gibt es dann spätestens am 9. <strong>Februar</strong> <strong>2024</strong>,<br />
wenn Zara Larssons neues Album, übrigens benannt nach<br />
der antiken Liebesgöttin, „Venus“ erscheint. Und dieses<br />
neue Werk wird die Sängerin auch live präsentieren, auf der<br />
„The Venus Tour“, die in Europa und UK abräumen will. Gut<br />
zu wissen: Die Sängerin arbeitete schon mit dem Sänger,<br />
Model und Songwriter Erik Hassle zusammen. *rä<br />
www.zaralarssonofficial.com<br />
Vom 05.10. bis<br />
09.11.<strong>2024</strong><br />
TIMON<br />
KRAUSE<br />
auf großer Tournee unter anderem<br />
in Berlin, Köln, Hamburg, München,<br />
Stuttgart, Dresden, Frankfurt a. M.<br />
und in vielen weiteren Städten.<br />
TICKETS auf eventim.de
MUSIK<br />
TIPP<br />
„BAUM“ – im <strong>Februar</strong> <strong>2024</strong><br />
Eine Metamorphose, so beschreibt Mine<br />
auch ihre künstlerische Entwicklung: vom<br />
Struggle der Ich-Findung auf „Klebstoff“<br />
über das Hadern mit einer kaputten Welt<br />
auf „Hinüber“. Und was folgt nach dem<br />
Nullpunkt? Ein Aufblühen, ein Wachsen,<br />
ein Neuanfang. Oder kurz gesagt: „Baum“,<br />
das neue Album von Mine.<br />
„Ich hatte das Gefühl, das Verrottete fällt<br />
ab, und es entsteht etwas Neues“, sagt sie<br />
dazu, „ich habe im Nachhinein gemerkt, dass<br />
es thematisch auch viel um Retrospektive<br />
geht, um den Blick zurück. Was ist passiert?<br />
Was ist daraus geworden?“ Oder wie es im<br />
Titeltrack heißt: „All diese Bilder in meinem<br />
Gesicht, ich lass sie gehen, sie haben kein<br />
FOTO: BASTIAN BOCHINSKI<br />
Gewicht,“ während sie dazu<br />
musikalisch aus der Melancholie<br />
heraus die Sonne aufgehen lässt.<br />
Mine ist wieder da und verleiht dem<br />
deutschen Pop ihre ganz eigene<br />
lässige Mischung aus Tiefgang<br />
und Leichtigkeit. „Baum“ ist Mines<br />
fünftes Album in zehn Jahren,<br />
neben weiteren Veröffentlichungen<br />
wie „Alle Liebe nachträglich“ mit<br />
Fatoni von 2017 und dem monumentalen<br />
Projekt „Mine und Orchester“ ein Jahr später.<br />
Und es ist auch der Beginn eines neuen<br />
Kapitels für Mine, irgendwie: Arbeitsweisen<br />
verändern sich, Songstrukturen verändern<br />
sich, die Tracks werden kürzer, flexibler,<br />
freier. Mine, die sowieso schon immer alles<br />
selbst schreibt, arrangiert und mitproduziert,<br />
hat diesmal viel allein am Computer<br />
vorproduziert, bevor sie im Stammstudio in<br />
Sandhausen mit ihrem Team weiter an den<br />
Songs drehte, bis sie genauso saßen, wie sie<br />
es sich vorgestellt hat. „Ich war viel aufgeregter<br />
als sonst“, erzählt sie und lacht, „ich habe<br />
nicht einmal meiner Band vorher die Songs<br />
gezeigt. Ich wollte, dass es perfekt ist!“<br />
POP<br />
MIKA: „Que ta tête fleurisse toujours“<br />
Der queere Musiker meldet sich in<br />
wenigen Wochen mit einem neuen<br />
Album zurück. „Möge dein Kopf immer<br />
blühen“, so kann #mensch den Albumtitel<br />
übersetzen, vereint die Stärken MIKAs<br />
auf Albumlänge: französische Popmusik,<br />
Melancholie und Lebensfreude, immer ganz<br />
wunderbar lebensbejahend und eingängig.<br />
Hat #mensch MIKA in Deutschland auch<br />
etwas aus den Augen verloren, ist er<br />
international immer noch immens populär,<br />
präsent im TV und auf ausverkauften<br />
Touren. Unser Video des Tages ist eines<br />
seiner neuen Lieder, das großartige „C’est<br />
la vie“.<br />
MIKA hatte seit 2007 bei uns Hits wie<br />
„Grace Kelly“, „Underwater“, „Relax (Take It<br />
Easy)“ und „We Are Golden“. In Frankreich<br />
und Italien war aber auch sein 2019er-<br />
Album „My Name Is Michael Holbrook“<br />
ein Top-10-Erfolg. Dort ist der in Beirut/<br />
Libanon Geborene ein Superstar. Sein<br />
„großes“ Coming-out hatte MIKA 2012<br />
– wobei aufmerksame Hörer*innen schon<br />
immer wussten, was Sache ist. *rä<br />
www.yomika.com<br />
OLDIES<br />
Tina Turner: „Queen of Rock ’n’ Roll“<br />
Vor wenigen Wochen erschien eine brandneue<br />
und umfassende Anthologie der kürzlich verstorbenen<br />
US-Musikerin Tina Turner, die die Singles<br />
von 1975 bis zu ihrem Rückzug vereint.<br />
Natürlich mit der Zusammenarbeit mit Kygo<br />
und Klassikern wie „Private Dancer“, „Steamy<br />
Windows“, „Typical Male“ und „Cose della Vita (with<br />
Eros Ramazzotti)“. Die Werkschau namens „Queen<br />
of Rock ’n’ Roll“ erscheint auf drei CDs und unter<br />
anderem auf fünf LPs – ein Fest für Sammler.<br />
Was besonders schön ist: Die Lieder sind<br />
chronologisch angeordnet, so kann #mensch<br />
beim Hören die künstlerische Weiterentwicklung<br />
und den jeweiligen Zeitgeist Tina Turners<br />
nachempfinden und womöglich auch erstmals<br />
entdecken. Denn die Buddhistin Tina war mehr als<br />
nur Rock ’n’ Roll, sie überzeugte mit Pop, Gospel,<br />
Disco, Rock, Dance und auch Soul. Los geht es<br />
1975 mit „Whole Lotta Love“, es folgen Hits wie<br />
„Let’s Stay Together“, „The Best“, „I Don’t Wanna<br />
Lose You“ sowie die James-Bond-Hymne „GoldenEye“<br />
und fast zum Abschluss das erfolgreiche<br />
Remake ihres Welterfolgs „What’s Love Got to Do<br />
With It“ zusammen mit Kygo. Unsere Anspieltipps<br />
sind unter anderem „Something Beautiful“ (eine<br />
neue Version von „Something Beautiful Remains“),<br />
„When the Heartache Is Over“ und „River Deep,<br />
Mountain High (Live in Europe)“. *rä
FÜR QUEERE<br />
PERSPEKTIVEN<br />
Gesellschaft, Kultur, Reise & Gesundheit<br />
News für Dich<br />
www.männer.media
FILM<br />
INTERVIEW<br />
TAIKA WAITITI –<br />
„Next Goal Wins“<br />
Geboren 1975 im neuseeländischen<br />
Wellington, bereits 2005 für<br />
einen Kurzfilm bei den Oscars nominiert.<br />
Berühmt wurde er als Regisseur von<br />
schrägen Komödien wie „Wo die wilden<br />
Menschen jagen“ und „5 Zimmer Küche<br />
Sarg“, in denen er zum Teil auch als<br />
Schauspieler mit von der Partie war.<br />
Inzwischen hat er mit zwei „Thor“-<br />
Abenteuern längst auch Hollywood<br />
erobert und wurde für „Jojo Rabbit“ mit<br />
dem Drehbuch-Oscar ausgezeichnet.<br />
Nachdem er zuletzt an gefeierten Serien<br />
wie „Reservation Dogs“ oder „Our Flag<br />
Means Death“ beteiligt war, kommt am<br />
4. <strong>Januar</strong> mit „Next Goal Wins“ nun der<br />
nächste von ihm inszenierte Film in die<br />
Kinos.<br />
Mr. Waititi, Ihr neuer Film „Next<br />
Goal Wins“ die größtenteils wahre<br />
Geschichte eines Fußballtrainers,<br />
der die Nationalmannschaft<br />
von Amerikanisch-Samoa auf<br />
Vordermann bringen soll. Am Ende<br />
geht es dann aber doch nur sehr<br />
bedingt um Fußball, oder?<br />
Gott sei Dank! Sportfilme interessieren<br />
mich nämlich wirklich kein bisschen.<br />
Allerdings musste ich beim Gucken des<br />
Dokumentarfilms, auf dem „Next Goal<br />
Wins“ nun basiert, spontan an die Komödie<br />
„Cool Runnings“ aus den 1990er-Jahren<br />
denken, über die Bobfahrer aus Jamaika.<br />
Den mochte ich damals echt gerne.<br />
Vermutlich ist der allerdings nicht so<br />
gut gealtert, oder?<br />
Naja, der Blick auf Jamaika ist schon<br />
ziemlich weiß und westlich. Ehrlich<br />
gesagt ist er allerdings als Film heute um<br />
einiges erträglicher als andere, die ich<br />
früher toll fand. Ich wollte mit meinen<br />
Kindern mal „Die Goonies“ gucken, das<br />
ging gar nicht. Noch unerträglicher ist<br />
„Die unendliche Geschichte“. Was für<br />
ein schlechter Film. Aber um auf „Next<br />
Goal Wins“ zurückzukommen: Fußball<br />
war das letzte, was mich interessierte.<br />
Schon alleine, weil der Sport nichts ist,<br />
womit ich aufgewachsen bin. Deswegen<br />
habe ich mich in der Geschichte auf die<br />
Sachen konzentriert, die mir wirklich<br />
etwas bedeuten, also in diesem Fall<br />
Trauer, Verlust, Familie und ganz einfach<br />
Menschen.<br />
Gerade Familien beziehungsweise<br />
Wahlfamilien ziehen sich als Thema<br />
ja durch viele Ihrer Filme!<br />
Ebenso Väter oder alternativ abwesende<br />
Väter. Diese Themen sind durchaus eine<br />
kleine Obsession von mir. Deswegen habe<br />
ich mich zum Beispiel in „Next Goal Wins“<br />
auch ein wenig von der Realität entfernt.<br />
Die Beziehung, die sich zwischen dem<br />
schlecht gelaunten Coach Thomas und<br />
der trans Spielerin Jaiyah entwickelt, war<br />
zum Beispiel echt nicht annähernd so
FILM<br />
FOTOS: SEARCHLIGHT / DISNEY<br />
intensiv wie wir sie nun darstellen. Ich fand<br />
das einfach erzählerisch spannend, dass<br />
er seine eigene Tochter durch einen Unfall<br />
verloren hat und nun ausgerechnet in<br />
dieser männlich konnotierten Fußball-Welt<br />
am anderen Ende der Welt eine weibliche<br />
Beziehungsperson findet.<br />
Gerade im Gegenüber von Thomas<br />
und Jaiyah kommt auch wieder<br />
das Motiv der Dekonstruktion<br />
konventioneller Männlichkeit<br />
ins Spiel. Oder ist das eine<br />
Überinterpretation?<br />
Ich würde eher sagen, dass es mich<br />
interessiert, klassische Filmnarrative und<br />
vor allem Helden zu dekonstruieren. Da<br />
spiele ich gerne mit Klischees, sei es in<br />
dem ich sie durch den Kakao ziehe oder<br />
sie auf den Kopf stelle. Im Fall von Thomas<br />
Rongen wollte ich mich vor allem an der<br />
alten Idee des „white saviors“ abarbeiten,<br />
also dem weißen Mann, der irgendwo<br />
ankommt und den Menschen vor Ort<br />
erstmal zeigt, wie man es richtig macht.<br />
In der Serie „Our Flag Means Death“<br />
(zu sehen bei RTL+), an der Sie als<br />
Darsteller und Produzent beteiligt<br />
sind, gehen Sie diesbezüglich noch<br />
ein bisschen weiter …<br />
Da war die erste Idee damals vor allem,<br />
uns wirklich lustig zu machen über<br />
das fast schon mythische<br />
Konzept des Piraten<br />
und alles, was damit<br />
zusammenhängt. All<br />
diese melodramatischen<br />
Freibeuter, die sich viel zu<br />
ernst und wichtig nehmen,<br />
waren einfach reif für eine<br />
echte Parodie. Und das ist die<br />
Serie ja auch geworden. Nur<br />
dass wir dann im Spiel mit<br />
diesen ganzen altbekannten<br />
Konventionen plötzlich<br />
doch auf etwas vollkommen<br />
anderes stießen und es am Ende eine<br />
wunderschöne Liebegeschichte zwischen<br />
zwei Männern zu erzählen gab.<br />
Um noch einmal auf „Next Goal<br />
Wins“ zurückzukommen: legten<br />
Sie im Fall von Jaiyah Wert auf<br />
authentisches Casting?<br />
Unbedingt. Etwas anderes wäre nicht<br />
in Frage gekommen und hätte man mir<br />
auch nicht durchgehen lassen. Zu Recht,<br />
denn die Zeiten sind vorbei, in denen<br />
man Schauspieler*innen mal eben eine<br />
andere Hautfarbe verpasst oder Männer<br />
Frauen spielen können, ohne dass sich<br />
jemand daran stört. Deswegen wollte ich<br />
unbedingt eine samoanische Frau finden,<br />
die sowohl trans als auch Fa’afafine (in<br />
der polynesischen Kultur eine Person, die<br />
biologisch als Mann geboren ist, aber als<br />
Frau erzogen wurde, Anm. d. Redaktion)<br />
ist und außerdem Fußball genauso wie<br />
Schauspielen kann. Letzteres alleine ist<br />
immer schon schwierig genug! Meine<br />
Auswahl war entsprechend dieses<br />
Mal nicht riesig. Aber es eine riesige<br />
Erleichterung, dass wir mit Kaimana<br />
dann tatsächlich die perfekte Besetzung<br />
fanden.<br />
Und was machte Michael<br />
Fassbender zum idealen<br />
Hauptdarsteller?<br />
Für meinen Geschmack sieht man ihn<br />
viel zu selten in warmherzigen oder<br />
gar lustigen Rollen, was ich vor allem<br />
deswegen so schade finde, weil er in<br />
echt so witzig sein kann. Tatsächlich<br />
trägt er aber eben auch ein tiefes Gefühl<br />
von Traurigkeit mit sich, das in vielen<br />
seiner Filmfiguren ganz wunderbar zum<br />
Vorschein kommt. Für „Next Goal Wins“<br />
suchte ich genau diesen Schmerz, der<br />
glaubhaft spürbar ist, ohne alles zu<br />
überlagern. Dass war für diese Rolle<br />
unerlässlich, und ich bin wirklich fasziniert<br />
davon, wie Michael das spielt, obwohl<br />
er im realen Leben so unglaublich<br />
positiv und glücklich ist. Der Kerl<br />
hat schließlich alles, sieht<br />
fantastisch aus, hat eine<br />
erfolgreiche Karriere, ist<br />
mit einer wunderschönen<br />
Schauspielerin<br />
verheiratet, lebt in<br />
Portugal und fährt<br />
Autorennen. Besser<br />
geht’s ja eigentlich<br />
nicht.<br />
*Interview:<br />
Patrick Heidmann
FILM<br />
INTERVIEW<br />
FOTO: MARTINA THALHOFER<br />
CONSTANTIN LÜCKE,<br />
der Arzt aus „Bettys Diagnose“<br />
Gelernt hat der Schauspieler<br />
seinen Beruf an der Hochschule für<br />
Musik & Theater Hannover, mittlerweile<br />
ist Constantin Lücke im Theater und<br />
Fernsehen erfolgreich. Der Wahlkölner<br />
wurde im TV etwa durch „Rote Rosen“,<br />
„Die Bergretter“ und ganz aktuell „Bettys<br />
Diagnose“ bekannt. Er ist aber auch<br />
queerer Aktivist und Ehemann. Wir<br />
sprachen mit ihm über fast alles.<br />
Wie ist es jetzt bei „Bettys Diagnose“<br />
zu spielen?<br />
Es macht großen Spaß. Wir drehen immer<br />
parallel vier Folgen pro Block. Da habe ich<br />
ganz unterschiedliche Drehtage, mal 17,<br />
dann 8. Ich habe jetzt keine<br />
9-2-5-Woche. Vorbereitung<br />
gehört (fast) jeden Tag dazu,<br />
aber ich kann es mir gut selbst<br />
einteilen.<br />
Theater oder Film, was ist<br />
für dich spannender?<br />
Das kann ich gar nicht so sagen.<br />
Ich habe sehr lange Theater<br />
gespielt, jetzt mache ich<br />
überwiegend Fernsehen. Das<br />
macht mir beides großen Spaß!<br />
Es ist von der Aufmerksamkeit<br />
und Konzentration ähnlich.<br />
FOTO: ZDF<br />
Theater setzt gerade aus, da ich einfach<br />
zu viele Sperrtage habe, also Tage, die für<br />
„Bettys Diagnose“ reserviert sind.<br />
Wie verbringst du deine Freizeit?<br />
Ich bewege mich sehr gerne, fahre immer<br />
alles mit dem Rad, ich habe gar kein Auto.<br />
Ich mache CrossFit, schwimme gerne,<br />
Theater, Kino ... Und eigentlich singe ich<br />
auch sehr gerne, aber da finde ich gerade<br />
weniger Zeit für. Ansonsten noch Lesen,<br />
Freunde treffen … Eigentlich alles, was viele<br />
gerne machen.<br />
Was planst du für den Valentinstag?<br />
Den feiern wir überhaupt nicht, der<br />
Tag hat für uns gar keine Bedeutung.<br />
Wir schenken uns zwischendurch<br />
immer wieder etwas!<br />
Viele Kolleg*innen haben Angst vor<br />
einem Coming-out, hat es dir je<br />
geschadet?<br />
Ich glaube nicht. Ich bekomme<br />
natürlich nicht alles mit, ob etwas im<br />
Besetzungsprozess nicht klappt aufgrund<br />
meiner sexuellen Identität. Aber ich kann<br />
nur jedem/r dazu raten, offen damit<br />
umzugehen. In Zeiten von Diversität ist die<br />
Gesellschaft doch schon offener geworden.<br />
Bist du denn gerne ein Vorbild?<br />
Hm, ich denke da gar nicht so<br />
viel drüber nach. Aber natürlich<br />
bekomme ich ab und an<br />
Nachrichten, dass sich Menschen<br />
für meine Sichtbarkeit bedanken.<br />
Ich freue mich, wenn ich mit allen<br />
anderen queeren Leuten, allen von<br />
#ActOut, einen Anstoß geben darf.<br />
*Interview: Michael Rädel<br />
www.constantinluecke.de,<br />
act-out.org,<br />
Instagram: @constantinluecke
FILM<br />
KINO<br />
Schwule Liebe –<br />
Von Polen nach Norwegen<br />
Regisseur Leiv Igor Devold erzählt in dem am 1. <strong>Februar</strong><br />
<strong>2024</strong> anlaufenden Film „Norwegian Dream“ eine<br />
grenzüberwindende Liebesgeschichte zwischen zwei<br />
Männern in Trondheim, die sich in einer Fischfabrik<br />
kennenlernen.<br />
FOTOS: SALZGEBER<br />
Robert (Hubert Milkowski („Das Grab im Wald“)) ist gerade<br />
19 Jahre alt und versucht in Norwegen dringend benötigtes<br />
Geld zu verdienen. Er ist nicht geoutet, kann seine Gefühle<br />
für Ivar (Karl Bekele Steinland), den Adoptivsohn des<br />
Fabrikeigentümers, aber nicht verbergen.<br />
Dieser lebt frei und queer, tritt auch mal als Dragqueen auf.<br />
Umgeben von Fjorden, Wasser und einer ländlichen, aber<br />
sehr offenen Gesellschaft muss sich Robert entscheiden,<br />
ob er das Coming-out wagt, um Ivar als Partner zu<br />
gewinnen, oder ob er aus Furcht vor der Meinung seiner<br />
Landsleute unfrei weiterlebt. *rä<br />
www.salzgeber.de
BUCH<br />
FOTOGRAFIE<br />
Fotograf*innengesichter<br />
Die Berliner Künstlerin Birgit Kleber<br />
inszenierte die Menschen intim und<br />
direkt in Schwarz-weiß, die sonst andere<br />
Menschen ablichten.<br />
Darunter Größen wie Peter Lindbergh,<br />
Heidi Specker, Anton Corbijn, Nan Goldin,<br />
Richard Mosse und Wolfgang Tillmans.<br />
„PHOTOGRAPHERS“ ist ein wahrlich<br />
ungewöhnliches Buch, sieht #mensch<br />
doch jetzt die Gesichter zu den Namen, die<br />
einen womöglich schon länger begleiten,<br />
wenn Kunst und Menschen von Interesse<br />
sind. Und sind auch mal (sehr geschätzte!)<br />
Künstler*innen wie Wolfgang Tillmans<br />
dabei, die medial ja recht präsent sind, so<br />
ist es die kunstvolle Art der Inszenierung<br />
von Birgit Kleber, die das Motiv dann so<br />
außergewöhnlich machen.<br />
„Seit Anfang der 1990er-Jahre fotografiere<br />
ich Fotografenkolleginnen und -kollegen<br />
in Berlin und auf Reisen nach Paris und<br />
New York. Es sind zurzeit 112 Porträts, ein<br />
Who’s Who der Fotografie – Nan Goldin,<br />
Ute Mahler, Alec Soth, Cindy Sherman,<br />
Paolo Roversi, Jessica Backhaus, Wolfgang<br />
Tillmans, um nur einige zu nennen. Und<br />
viele, die inzwischen leider gestorben sind –<br />
Gisèle Freund, Michael Wolf, F.C. Gundlach,<br />
Peter Lindbergh – Fotografiegeschichte.<br />
Die Porträts sind schwarz-weiß, ich<br />
arbeite mit Tageslicht und inszenierten<br />
Körperhaltungen, die die Konzentration<br />
fördern und im besten Fall etwas für den<br />
Bruchteil einer Sekunde sichtbar machen“,<br />
so die Künstlerin über ihr Werk und das<br />
neue Buch. Ein hochwertiger Ausflug hinter<br />
die Kulissen der Fotografie mit der Kamera.<br />
Spannend! *rä<br />
Birgit Kleber: „PHOTOGRAPHERS“,<br />
Kehrer Verlag, Heidelberg 2023,<br />
ISBN: 978-3-96900-110-3,<br />
www.birgit-kleber.de,<br />
www.kehrerverlag.com<br />
BILDBAND<br />
„Enter the Forest“ –<br />
moosige Entschleunigung<br />
Alexandre Miguel Maia lässt uns eintauchen<br />
in dichte, mystische Wälder, zeigt uns<br />
verwunschene Moore, die den Wald<br />
unterjochten, und frisches Grün in dunklen<br />
Forsten. Der Wald hat viele Gesichter, die<br />
Ausstellung zum Buch präsentiert einige der<br />
besonders schönen.<br />
Über das Buch „Enter the Forest“ verrät<br />
der Verlag: „Der Fotograf durchwanderte<br />
wiederholt zu verschiedenen<br />
Wetterbedingungen, Tages- und Jahreszeiten<br />
deutsche Feuchtbiotope, Heidelandschaften,<br />
Misch-, Nadel- und Bergwälder – die<br />
Veränderung der Atmosphäre stets im Fokus.<br />
Jedoch ist nicht nur das Phänomen der<br />
Waldeinsamkeit Merkmal dieser Bildserie,<br />
sondern auch die Blickerweiterung auf Klima<br />
und Umweltbewusstsein. Der Gedanke<br />
an das gefährdete Naturreich findet seine<br />
Umsetzung in der Produktion des Buches –<br />
gedruckt auf zertifiziertem Recyclingpapier<br />
und hergestellt in Deutschland“. Ein<br />
wunderbarer Bildband, 128 Seiten dick, der<br />
als moosige Weltflucht dienen kann, der zur<br />
Ruhe kommen lässt und blattrauschend<br />
das Gedanken-Stress-Karussell im Kopf<br />
beendet. Das Buch (ISBN 978-3-96900-<br />
103-5) macht Lust, die Natur zu entdecken,<br />
sich von Social Media loszueisen und die<br />
Umwelt zu erfahren. *rä<br />
www.kehrerverlag.com<br />
David Hockney – Der letzte Maler<br />
Die italienische Schriftstellerin, Professorin<br />
und Moderatorin Monica Foggia vereinte<br />
ihr Können mit ihrem Landsmann Giovanni<br />
Gastaldi, einem italienischen Illustrator, um ein<br />
Buch über einen der bekanntesten lebenden<br />
schwulen Maler zu gestalten: den 1937<br />
geborenen David Hockney.<br />
Das 144 Seiten starke Buch „David Hockney –<br />
Der letzte Maler“ (ISBN 978-3-03876-278-2)<br />
erscheint bei der Midas Verlag AG und lässt uns<br />
Hockneys Leben als Graphic Novel erleben.<br />
Schriftlich wird zu dem ungewöhnlichen<br />
Buch über den unangepassten Queer<br />
verraten: „David Hockneys Arbeit ist stark von<br />
seinem persönlichen Leben beeinflusst. Von<br />
diesem reichen und spannenden Leben wollte<br />
der Künstler aus seiner eigenen Perspektive<br />
mit seinen eigenen Emotionen und mit<br />
seinen Bildern erzählen. David Hockneys<br />
Leben und Werk werden in dieser Graphic<br />
Novel anlässlich seiner großen Retrospektive<br />
in der Tate Britain in London erzählt. Dabei<br />
werden die Lebensstationen des Malers<br />
narrativ geschickt mit der Geschichte eines<br />
Museumswärters verbunden.“ Ein wunderbares<br />
und unterhaltsames Buch über einen wichtigen<br />
Queer (nicht nur in der Kunstwelt). *rä
BILDBAND<br />
BUCH<br />
QUEERE GESCHICHTE:<br />
CSD-Bilder der 1980er<br />
Der 1953 in Indien geborene LGBTIQ*-Aktivist und Fotograf Sunil Gupta<br />
ermöglicht es uns, im 21. Jahrhundert zu entdecken, wie es damals so<br />
war, als CSDs noch (immer) klein und gefährdet waren. In Zeiten, als der Staat<br />
uns noch nicht beschützte. Im 20. Jahrhundert passierte unheimlich viel, das zur<br />
jetzigen Freiheit (in der westlichen Welt!) führte. Die Anfänge zeigt dieses Buch.<br />
„Als Sunil Gupta Ende der<br />
1970er-Jahre von New York nach<br />
London zog, war er überrascht,<br />
kein Äquivalent zur New Yorker<br />
Christopher Street vorzufinden. Alle<br />
Schwulen und Lesben schienen<br />
sich zu verstecken. Nur in einigen<br />
wenigen Kneipen und After-Hour-<br />
Klubs waren sie zu finden“, verrät<br />
der Verlag über die Geschichte<br />
zu diesem wichtigen und sehr<br />
interessanten Buch. „Das änderte<br />
sich aber, als in den 1970er-Jahren<br />
die kleinen Demonstrationen immer<br />
mehr selbstbewusstere Menschen<br />
anlockten, die sich an diesen<br />
öffentlichen Schwulenprotesten<br />
beteiligten.“ Die CSDs in den<br />
Metropolen wuchsen nach und nach<br />
auch in ganz Europa und später in<br />
Asien. Auch weil #mensch damals<br />
zusammen gegen Unterdrückung<br />
und homophobe Gesetze wie<br />
den Clause 28 ** der Thatcher-<br />
Regierung ankämpfte: Von 1988<br />
an war in ganz Großbritannien alles<br />
verboten, was zur „Förderung von<br />
Homosexualität“ dienen konnte.<br />
Absurd – und trotzdem in England<br />
bis 2000 und in Schottland bis 2003<br />
gesetzlich verankert. Das Buch<br />
„Sunil Gupta – Come Out“ erscheint<br />
dieser Tage bei www.stanleybarker.<br />
co.uk, über 100 Seiten voller Bilder,<br />
die Geschichte transportieren,<br />
Bildkunst eines Aktivisten, dessen<br />
Kunst auch im Museum of Modern<br />
Art in New York hängt. *rä<br />
** eine Gesetzeserweiterung des<br />
Local Government Act von 1986<br />
in UK<br />
„<br />
ich weiß, wie<br />
mein liebesleben<br />
mit hiv<br />
entspannt bleibt<br />
NX-DE-HVU-ADVT-230001; April 2023<br />
wissen fürs leben<br />
findest du hier!<br />
Mach dich schlau - mit<br />
der digitalen HIV-Broschüre
BUCH<br />
SCHUHE<br />
Simon „Woody“ Wood steht<br />
auf Sneaker<br />
Der Gründer des legendären „Sneaker Freaker“-Magazins<br />
ist weltweit DER Fachmann, wenn es um Sportschuhe, um<br />
Sneaker geht.<br />
Diese Fußbekleidung wurde um 1860 als<br />
Krocketschuh entwickelt, aufgrund des<br />
leisen Auftretens kam dann Anfang des 20.<br />
Jahrhunderts der Begriff Sneaker auf, der<br />
seit den 1990ern dann zum Überbegriff<br />
wurde. Cool wurden die Schuhe, als sich der<br />
(wohl queere) Schauspieler James Dean in<br />
den 1950ern darin ablichten ließ, trotzdem<br />
haftete den Sneakern immer noch etwas<br />
„Gosse“ an.<br />
In Klubs und Discos kam #mensch bis in die<br />
1990er damit noch nicht ... Diese spießigen<br />
Zeiten sind gottlob aber eigentlich überall<br />
passé – und die mittlerweile auch sehr ausgefallenen Schuhe<br />
sind angesagte, praktische und trendige Alltagsmode! Der<br />
Kölner TASCHEN Verlag hat das Buch dazu: „Sneaker Freaker<br />
– World’s Greatest Sneaker Collectors“ bringt dir auf über<br />
750 (!) Seiten (fast) alles, was du wissen musst, wenn du auf<br />
Sneaker stehst. *rä<br />
TASCHEN „Sneaker Freaker – World’s Greatest Sneaker<br />
Collectors“, Simon „Woody“ Wood, Hardcover,<br />
21,0 x 31,5 cm, 3,21 kg, 752 Seiten, www.taschen.com<br />
FOTO: STAN CHAN<br />
Sneaker-Sammler Chris Robinson aka @sbcollector<br />
KALENDER<br />
Neues von Romain Berger<br />
Ernste Themen provokant und<br />
auch erotisch zu verarbeiten, das ist<br />
eine Kunst. Dieser queere Künstler<br />
schafft genau das. Und so ist der<br />
neue Kalender von Romain Berger<br />
dann auch ein erotisches Vergnügen,<br />
das nicht nur mit den unbedeckten<br />
Schw*nzen provoziert. Sein neuer<br />
Kalender „Furious“ ist ab jetzt<br />
vorzubestellen, dann ist der Kalender<br />
pünktlich zum Jahreswechsel da<br />
(spätestens!). Zudem sei dieser sehr<br />
erotische und limitierte Wandschmuck<br />
zugleich der Startschuss zu<br />
seiner neuen, in Italien startenden<br />
gleichnamigen Ausstellungstour. In<br />
dem Kalender zeigt Romain Berger<br />
auch Sexuelles. Für ihn ist diese Form<br />
der Kunst ein neuer Weg, den er geht.<br />
Frei, ohne Angst vor Verurteilung und<br />
auch ohne Selbstzensur. *rä<br />
www.romainberger-photography.com
KUNST<br />
Sigurd Wendland „Selbst mit Tod“, 2005<br />
Sigurd Wendland „Piss-Painting“, 1998<br />
NACHGEFRAGT<br />
Sigurd Wendland „Bügelbild“, 1985<br />
SIGURD WENDLAND:<br />
Der Pastor sagte: „Das sind doch nur Menschen,<br />
da kannst du hingehen!“<br />
Der 1949 in Münster geborene<br />
Künstler entwickelte seine Kunst an<br />
der Hochschule der Künste Berlin (jetzt:<br />
UdK) weiter und war 1979 Meisterschüler<br />
bei Fred Thieler. Unlängst waren seine<br />
mitunter provokanten Kunstwerke<br />
bei der Galerie von Hirschheydt in der<br />
Wielandstraße in Berlin zu bewundern. Wir<br />
telefonierten mit dem Künstler.<br />
Was liebst du an der Malerei?<br />
Solange ich lebe, habe ich gemalt und<br />
gezeichnet. Schon in der Schule habe<br />
ich, statt zu lernen, oft gemalt, Porträts<br />
von meinen Lehrern gemacht ... Es war<br />
irgendwie klar, dass ich Maler werden<br />
würde, wenn meine Eltern das auch gerne<br />
verhindert hätten …<br />
Haben sie das denn versucht?<br />
Als ich dann Kunst studiert habe, hätten<br />
sie es gerne zum Beispiel gehabt, dass ich<br />
Kunstlehrer oder Werbegrafiker werden<br />
würde, etwas, womit man wirklich Geld<br />
verdienen kann, nicht so etwas, wie ich<br />
es mache. Doch ich durfte das zweite<br />
Grundsemester überspringen, weil ich so<br />
gut war, und konnte gleich in die Malklasse.<br />
Dann konnte mein Vater nichts mehr<br />
dagegen haben!<br />
Stichwort Body Positivity. Du<br />
scheust dich nicht, Explizites oder<br />
Intimes, etwa Pinkeln, zu malen. Was<br />
erfüllt dich mit Scham?<br />
Scham, hm, eher nicht. Aber erigierte<br />
Penisse male ich nicht, das wirkt so<br />
statisch, die müssen ja in Aktion sein.<br />
(grinst)<br />
Da gibt es eine ganz aktuelle Geschichte: Ich<br />
habe ja den mit rosa Farbe überschütteten<br />
Soldaten in Schöneberg gemalt. Da habe<br />
ich mir überlegt, dass ich zur russischen<br />
Homophobie und zum dortigen Militär<br />
etwas male, und habe mir Freunde<br />
ins Atelier geholt, die dann alle diese
KUNST<br />
Sigurd Wendland „Denkmal in Schöneberg“, 2021<br />
blau-weißen T-Shirts trugen, die dort beim<br />
Militär als Unterhemd üblich sind. Um ein<br />
Denkmal herum haben sie dann Liebesakte<br />
dargestellt, ich habe davon Fotos gemacht<br />
und hätte ein Bild gemalt. Doch dann kam<br />
der Krieg und ich dachte mir: Jetzt gerade<br />
geht es nicht mehr um Homophobie, es<br />
geht um Menschenleben. Da passt das Bild<br />
nicht. Ich habe noch die Fotos … Ich arbeite<br />
ja mit Bausteinen, ich setze die Motive an<br />
der Leinwand zusammen. Vielleicht wird es<br />
irgendwann gemalt werden. Oder eben in<br />
einer anderen Form.<br />
Wie stehst du zu Auftragsarbeiten?<br />
Ja, ich habe ein paar Aufträge gemacht.<br />
Zum Beispiel habe ich den erzkonservativen<br />
Bauernpräsidenten Gerd Sonnleitner<br />
gemalt, einen CSUler. Dann war ich bei ihm<br />
zu Hause eingeladen und dachte mir nur:<br />
Was für ein LIEBER Mensch. Unglaublich!<br />
Aber er war eben in seiner politischen<br />
Funktion gegensätzlich … Er erzählte mir,<br />
dass er, bevor ich ihn malte, zum Pastor<br />
gegangen ist, weil in meinem Atelier immer<br />
Nackte seien. Der Pastor sagte: „Das<br />
sind doch nur Menschen, da kannst du<br />
hingehen!“<br />
Zum Thema Männerakte gibt es noch eine<br />
Geschichte: Ich hatte eine Ausstellung in<br />
Polen im Museum Stargard Stettin. Dort<br />
sollten erst nur die Frauenakte ausgestellt<br />
werden, die Männerakte wollten sie nur ins<br />
Büro der Leitung hängen. Doch ich sagte:<br />
Nein, wenn, dann alles zusammen! Ich kam<br />
FOTO: F. LAU<br />
dann zur Eröffnung und alles hing. Ich habe<br />
den Direktor dann gefragt, wie er das denn<br />
nun gemacht habe. Und er antwortete: Der<br />
oberste Boss von der Kirche nebenan war<br />
da und hätte gemeint, Männer sind auch<br />
nur Menschen und dürfen gezeigt werden.<br />
Wie stehst du zu „Kunst“ der KI?<br />
Ach, als Bedrohung sehe ich sie nicht. Ich,<br />
wir Menschen haben anderes Wissen, das<br />
sie noch nicht wissen kann. Zum Beispiel,<br />
dass man bei Porträts immer die Hände<br />
und Füße größer malen muss als in<br />
echt, sonst wirken sie zu klein. Ich kann<br />
Dinge aus dem Gedächtnis malen, die KI<br />
braucht immer eine Vorlage.<br />
Malen ist ein Prozess, wo noch vieles<br />
während des Malvorgangs entschieden<br />
wird und sich permanent ändert. Kein<br />
Bild wird am Ende so wie geplant. Und<br />
Malen ist rauschhaft. Rausch kennt keine<br />
KI.<br />
Worauf freust du dich im Frühling?<br />
Dass die Leute wieder weniger Klamotten<br />
tragen und der Körper zu sehen ist! Das<br />
ist wunderbar. (lacht)<br />
*Interview: Michael Rädel<br />
Sigurd Wendland „Hausschwein“, 2021<br />
www.sigurdwendland.de
KUNST<br />
AUSSTELLUNG<br />
Amadeus Certa, „Piccolo“, 2021, 75 x 105 cm, Tusche auf Leinwand<br />
AMADEUS CERTA:<br />
Mangas, Animes und Street-Art<br />
Es sei „ein Ringen mit dem Werk“<br />
und natürlich auch „eine mentale,<br />
eine geistige Handlung“, wenn der 1992<br />
geborene Künstler Amadeus Certa sich<br />
seiner Kunst widmet. Ende Oktober<br />
eröffnete seine aktuelle Ausstellung<br />
„Amadeus Certa: Dreams of Lore“ in<br />
der MEWO Kunsthalle in Memmingen.<br />
Der in Mannheim geborene<br />
Wahldüsseldorfer Künstler Amadeus<br />
Certa schloss sein Studium der Malerei und<br />
Grafik an der Kunstakademie Düsseldorf mit<br />
Auszeichnung und 2016 als Meisterschüler<br />
von Prof. Siegfried Anzinger ab. Seine<br />
Kunst ist inspiriert vom Tätowieren, von<br />
asiatischen Comics, Mangas und sicherlich<br />
auch von der Pop-Art-Bewegung.<br />
Über seine Arbeitsweise und Kunst verrät<br />
die MEWO Kunsthalle: „Der eigentliche<br />
Malakt geht bisweilen schnell von der Hand.<br />
Dabei gibt es zwar einen Ausgangspunkt,<br />
aber kein konkretes Ziel. Jeder Schritt im<br />
Bild gibt den nächsten vor, wenn auch<br />
nicht unbedingt den nächstlogischen.<br />
Ein distanzierter Blick ist notwendig, um<br />
mitunter das genaue Gegenteil ins Bild<br />
einfließen zu lassen. Es ist ein Ringen mit<br />
Amadeus Certa, „Son Goku (Zewa)“, 2016 – 2022,<br />
28 x 26 cm, Öl und Küchenpapier auf Leinwand<br />
dem Werk, ein Ausloten konträrer Elemente.<br />
Diese Spannungen sind es, wonach das Bild<br />
verlangt. Der Ausdruck folgt einer inneren<br />
Notwendigkeit, nicht aber die Wahl der<br />
motivischen und technischen Mittel.“ *rä<br />
Bis 25.2., „Amadeus Certa: Dreams of<br />
Lore“, MEWO Kunsthalle, Bahnhofstr. 1,<br />
Memmingen, www.mewo-kunsthalle.de<br />
BILDBAND<br />
Bilder voller Lebensfreude<br />
Mitte September erfreute eine Signierstunde<br />
mit der großen brasilianischen Künstlerin<br />
Beatriz Milhazes in der schmucken<br />
Schlüterstraße beim TASCHEN Verlag die<br />
Herzen aller Kunstliebhaber*innen. Jetzt<br />
kann jede/r das Buch haben.<br />
Die 1960 geborene Malerin, Grafikerin<br />
und Collage-Künstlerin ist ein weltweit<br />
gefeierter Star der Kunstwelt, ihre Bilder<br />
voller folkloristischer Elemente Südamerikas<br />
entführen in bunte Welten und sind grafische<br />
Kleinode, die die Welt bereichern. Der hier<br />
vorgestellte Bildband erkunde „mit über<br />
280 Kunstwerken, einem kunsthistorischen<br />
Essay, einer ausführlichen Biografie<br />
sowie einem poetischen Wörterbuch alle<br />
Schaffensphasen der Künstlerin“, so der<br />
Verlag dazu schriftlich via E-Mail. Als Buch<br />
ein ganz wunderbares Geschenk an deine<br />
(Wahl-)Familie oder an dich selbst! *rä<br />
www.taschen.com
KALENDER<br />
Willige Matrosen, derbe Arbeiter und sexy Polizisten<br />
Nein, die Village People haben sich<br />
nicht (erneut) vervielfacht, hier geht<br />
es um den neuen und zudem offiziellen<br />
„Tom of Finland“-Kalender für <strong>2024</strong>.<br />
Versprochen werden „butts, bulges, and<br />
cocks“, so das Team von Peachy Kings,<br />
das den hochwertigen Kalender unlängst<br />
veröffentlichte.<br />
KUNST<br />
Seit den 1950er-Jahren fasziniert und<br />
erregt die schwule Kunst des Finnen Touko<br />
Valio Laaksonen aka Tom of Finland (8.<br />
Mai 1920 – 7. November 1991) weltweit.<br />
Seine starken, selbstbewussten und<br />
freien Männer, die sich aneinander<br />
erfreuen, waren die Blaupause überhaupt<br />
für die Fetisch- und Lederszene der<br />
LGBTIQ*-Community ab den 1970ern.<br />
Und sie inspirierten sicherlich auch die<br />
Producer Jacques Morali (schwul, 1947<br />
– 1991) und Henri Belolo (1936 – 2019)<br />
zu der anfangs erwähnten Disco-Truppe<br />
Village People und zu den Plattencovern<br />
anderer ihrer erfolgreichen Projekte<br />
wie The Ritchie Family. Muskulöse Männer<br />
mit oder ohne Schnauzer, immer mit<br />
dicker Beule und in sexy Macho-Posen.<br />
Und natürlich in Berufen, die etwas für<br />
harte Kerle waren: bei der Polizei, bei der<br />
Marine ... Berufe und Berufsumfelder,<br />
die damals noch mehr als heute für<br />
Unterdrückung queerer Lebensformen,<br />
Diskriminierung und Unrecht gegenüber<br />
der queeren Community standen. Wir<br />
dürfen nicht vergessen: Tom of Finlands<br />
erotische Bilder erschienen erstmals<br />
1957 im US-Magazin „Physique Pictorial“,<br />
also zwölf Jahre, bevor es mutige Queers<br />
in der Szene-Bar „Stonewall Inn“ in der in<br />
der New Yorker Christopher Street (daher<br />
kommt das Kürzel CSD, „Christopher<br />
Street Day“) erstmals erfolgreich wagten,<br />
sich gegen die Unterdrückung durch die<br />
heterosexuelle Mehrheitsgesellschaft zu<br />
wehren.<br />
Der <strong>2024</strong>er-Kalender aus dem Hause<br />
Tom of Finland sei der erste, der die<br />
Werke des Künstlers vollständig in Farbe<br />
zeige, so Peachy Kings. 28 Seiten, 14<br />
ganzseitige Bilder und Kalenderraster und<br />
das für zwölf Monate! Pralle Kunst für<br />
deine Wohnung und zudem ein schönes<br />
Geschenk für deine (Wahl-)Familie, wenn<br />
sie offen ist für sehr, sehr schwule und<br />
explizite Bilder. Nur für Erwachsene! *rä<br />
www.peachykings.com<br />
KALENDER<br />
SCHWUL<br />
UND SEXY:<br />
„meat NKD“ und „meat ICONS“<br />
Der Künstler Adrian Lourie aus UK macht sich mit seiner<br />
Fotografie für Body Positivity und schwule Sichtbarkeit stark.<br />
Passend zum Jahreswechsel und -beginn gibt es jetzt gleich<br />
zwei Kalender für dich und deine (Wahl-)Familie.<br />
„Das Wichtigste ist, dass sich der Mann, den ich fotografiere,<br />
wohl- und entspannt fühlt. Es ist eine intime, manchmal sexy,<br />
manchmal erotische Erfahrung sowohl für mich als auch, was<br />
noch wichtiger ist, für ihn“, so Adrian im Chat mit uns. „Nur<br />
wenn ich als Fotograf Selbstvertrauen zeige, kann ich eine<br />
Verbindung zu jemandem herstellen, den ich fotografiere.“<br />
Das große Thema KI/AI ist für ihn noch unwichtig, wie er<br />
verriet: „Es ist nichts, was ich derzeit erlebe oder dem ich<br />
viel Aufmerksamkeit schenke. Ich retuschiere meine Arbeit<br />
nicht einmal wirklich. Für mich ist es wichtig, als Künstler und<br />
Fotograf authentisch zu sein und dies auch in meiner Arbeit<br />
zu zeigen. Ich hoffe, dass ich dafür keine ausgefallenen Tricks<br />
brauche.“ *rä<br />
www.meatzine.com
REISE<br />
GAY CRUISE NACH TEL AVIV<br />
UNITED IN LOVE!<br />
Im Oktober werden sich Gäste aus<br />
40 Nationen auf den Weg zu einer<br />
siebentägigen Kreuzfahrt durch<br />
das östliche Mittelmeer begeben.<br />
Dabei werden Orte der christlichen,<br />
der islamischen und der jüdischen<br />
Kultur besucht, um ein Zeichen der<br />
Verständigung zwischen den Kulturen<br />
zu setzen. Die Reise verbindet Mykonos,<br />
Zypern und Kreta mit dem pulsierenden<br />
Gay Hotspot Tel Aviv.<br />
In Israels cooler Hauptstadt Tel Aviv liegt<br />
der LGBTIQ*-Anteil bei schätzungsweise<br />
25 % der Bevölkerung. Von daher ist es<br />
nicht verwunderlich, dass das Nachtleben<br />
von Tel Aviv als eines der besten der Welt<br />
angesehen wird. Aber das Nachtleben<br />
ist nicht der einzige Grund, warum jedes<br />
Jahr Millionen von Touristen aus aller Welt<br />
in die Stadt strömen. Die unglaublichen<br />
Mittelmeerstrände der Stadt haben auch<br />
internationales Ansehen erlangt. Sie<br />
bestechen durch kristallklares Wasser,<br />
weißen Sand und einer erstaunlichen<br />
Anzahl attraktiver Menschen, die die Sonne<br />
genießen. Da das Schiff über Nacht in<br />
Haifa bleiben wird, besteht 2 Tage lang<br />
die Möglichkeit, die vibrierende Szene und<br />
kulturhistorische Orte wie Jerusalem zu<br />
besuchen. Auf den Exkursionen geht es<br />
durch das Jaffa-Tor<br />
zurück in die Vergangenheit. Von der Spitze<br />
des Davidsturms hat man einen herrlichen<br />
Panoramablick auf die Alte und die Neue<br />
Stadt. Daneben schließen sich Besuche<br />
beim Grab von König David und dem Raum<br />
des letzten Abendmahls und natürlich die<br />
Klagemauer an. Natürlich lernt man alle in<br />
Jerusalem vertretenen Religionen wie das<br />
armenische Viertel, das historische christliche<br />
Viertel und den belebten arabischen Markt<br />
kennen.<br />
In Tel Aviv erkundet man die Highlights dieser<br />
weltoffenen Metropole und ihre erstaunliche<br />
schwule Atmosphäre. Die Tour beginnt am<br />
Rothschild Boulevard, einer der wichtigsten<br />
und bekanntesten Straßen Tel Avivs. Er ist<br />
ein kulturelles Zentrum mit dem wichtigsten<br />
Theater und Konzertsaal Tel Avivs sowie<br />
kulinarisches Zentrum mit Dutzenden von<br />
Spitzenrestaurants.
Durch den zweitägigen Aufenthalt bleibt<br />
sogar genug Zeit, um an die Nordküste zu<br />
fahren. Israels Mittelmeerküste wurde im<br />
Laufe der Geschichte von verschiedenen<br />
Imperien beherrscht, die ein faszinierendes<br />
Mosaik historischer Stätten und vielfältiger<br />
Kulturlandschaften geschaffen haben.<br />
Daher ist eine Reise ins westliche Galiläa<br />
sicher etwas für Geschichts- und<br />
Archäologieliebhaber. Dazu gehört auch<br />
Acco mit seiner von der UNESCO als<br />
Weltkulturerbe anerkannten Altstadt. Dort<br />
kann man über den Markt bummeln, die<br />
Moschee und den alten Hafen besuchen<br />
sowie mehr über die bemerkenswerte<br />
unterirdische Kreuzritterstadt und die<br />
Krypta erfahren. Dann geht es weiter zum<br />
Naturschutzgebiet Rosh Hanikra - direkt<br />
an der Grenze zum Libanon - wo das<br />
türkisfarbene Mittelmeer auf die weißen<br />
Kalksteinfelsen trifft, und magische Buchten<br />
und Grotten entstehen lässt.<br />
Ob man Gläubiger oder Geschichtsliebhaber<br />
ist, spielt auf der Reise nach Galiläa keine<br />
Rolle. Die erste Station ist Nazareth, die<br />
Stadt in der Jesus seine Kindheit verbrachte.<br />
Dort besichtiget man die sagenumwobene<br />
Verkündigungsbasilika, die über dem Ort<br />
errichtet wurde, an dem der Überlieferung<br />
nach das Haus der Jungfrau Maria stand,<br />
in dem ihr der Engel Gabriel erschien und<br />
ihr ankündigte, dass sie den Sohn Gottes<br />
empfangen und gebären würde. Am See<br />
hält man in Kapernaum, um die Ruinen der<br />
antiken Synagoge, in der Jesus gelehrt hat,<br />
und die prächtige griechisch-orthodoxe<br />
Kirche zu besichtigen.<br />
Eine Möglichkeit ist die Fahrt zur<br />
Bergfestung von Masada und zum Toten<br />
Meer. Dort angekommen nimmt man die<br />
Seilbahn auf den Berggipfel, wo die antike<br />
Festung liegt, die 30 v. Chr. von König<br />
Herodes erbaut wurde. Danach geht es<br />
zum größten Naturbad der Welt: dem Toten<br />
Meer am Kalia Beach 400 Meter unter dem<br />
Meeresspiegel. Eine einzigartige Gelegenheit,<br />
sich im Toten Meer treiben zu lassen und<br />
sich mit dem mineralreichen Schlamm zu<br />
bedecken, dem viele eine therapeutische<br />
Wirkung nachsagen. Auf dem Rückweg<br />
entdeckt man Haifa, die drittgrößte Stadt<br />
Israels, die an den Hängen des Berges<br />
Karmel liegt. Die Stadt, in der sowohl Juden<br />
als auch Araber leben, ist ein Schmelztiegel<br />
der Kulturen und Ideen. Hier hat man<br />
einen Blick auf den Hafen, wo auch das<br />
Kreuzfahrtschiff Vasco da Gama vor Anker<br />
liegen wird und die herrlichen Bahai-Gärten,<br />
die die Heimat des Bahai-Glaubens ist. *oa<br />
Buchbar ist die Spartacus Cruise <strong>2024</strong><br />
unter www.spartacus.cruises<br />
REISE<br />
FOTOS: OUTSTANDINGTRAVEL.COM
REISE<br />
VILLA ENCANTADA<br />
BRASILIEN<br />
verzaubert<br />
Wenige Orte auf der Welt lassen eine<br />
erwartungsvolle Kette von Assoziationen<br />
aufkommen wie Brasilien: Sonne, Strand,<br />
Samba und die Freundlichkeit der<br />
Menschen haben einen legendären Ruf.<br />
Aber wo soll man beginnen in einem Land,<br />
das 24x so groß wie Deutschland ist?<br />
Wer sowohl eine urbane Atmosphäre<br />
als auch endlose Strände schätzt, ist<br />
vermutlich in Salvador de Bahia gut<br />
aufgehoben. Die Hauptstadt des im<br />
Nordosten gelegenen Bundesstaates hat<br />
2,5 Millionen Einwohner und vereint sowohl<br />
afrobrasilianische Einflüsse wie auch das<br />
städtebauliche Erbe der portugiesischen<br />
Kolonialzeit.<br />
Seit 2022 gibt es mit der Villa Encantada<br />
einen Ort speziell von schwulen Männern<br />
für schwule Männer. Die „verzauberte“<br />
Villa ist ein wunderschönes Gasthaus)<br />
mit 11 Zimmern und nur 150 m entfernt<br />
vom kilometerlangen Strand „Praia do<br />
Flamengo“. In dem begrünten Innenhof<br />
befindet sich ein großer Pool, wo<br />
Getränke und Speisen rund um die Uhr<br />
zur Verfügung stehen. Der Hamburger<br />
Kulturmanager Corny Littmann hat sich<br />
hier einen Traum von brasilianischer<br />
Lebensfreude kombiniert mit deutscher<br />
Gastfreundlichkeit verwirklicht.<br />
Alle seine sieben Mitarbeiter sind schwule<br />
Jungs zwischen 25 und 30 Jahren, von<br />
denen alle über Englischkenntnisse<br />
verfügen. Hotelmanager Mario spricht<br />
sogar ausgezeichnet deutsch und holt die<br />
Gäste persönlich von dem nur 15 Minuten<br />
entfernten Flughafen ab.<br />
Anders als in den Hotels ist es möglich, hier<br />
Urlaubsbekanntschaften mit aufs Zimmer<br />
zu nehmen und trotzdem die Sicherheit zu<br />
gewährleisten. An der 24 Stunden besetzen<br />
Rezeption muss der Gast seinen Ausweis<br />
abgeben und erhält ihn erst beim Verlassen<br />
des Hauses wieder zurück. Der hohe<br />
Anspruch bei gleichzeitig überraschend<br />
geringen Preise (ab 58 Euro pro Nacht inkl.<br />
Frühstück) wird in vielen Details wie einem<br />
guten europäischen Frühstück, sorgfältig<br />
ausgewählten alkoholischen Getränken<br />
und einem Lieferservice nahe gelegener<br />
Restaurants deutlich. Zimmer, Einrichtung<br />
und Dekoration sind qualitativ hochwertig<br />
und die hauseigene Solaranlage sorgt für<br />
warmes Wasser und die Klimaanlage.<br />
Die Villa liegt eine gewisse Strecke vom<br />
Stadtzentrum entfernt, was aber kein<br />
Problem darstellt, da man jede Entfernung<br />
mit Uber sehr günstig zurücklegen kann.<br />
Wer trotzdem das pulsierende Leben<br />
hautnah erfahren möchte, kann sich über<br />
die Villa in den hauseigenen Apartments<br />
einmieten. Von hier kann man die<br />
bezaubernde Altstadt erkunden, in der<br />
sich der koloniale Baustil erhalten hat<br />
und Restaurants und Bars mit Livemusik<br />
Tür an Tür liegen. Von den Apartments<br />
sind es kurze Wege z. B. zum schwulen<br />
Strand Porto Barra, an dem sich auch die<br />
Strandpromenade am Wochenende zu<br />
einem Get-together verwandelt. Wer das<br />
Gefühl hat, trotzdem zu kurz zu kommen,<br />
kann den Club 11 besuchen. Diese Sauna<br />
kennt zwei Arten von Besuchern, die<br />
an unterschiedlich farbigen Bändchen<br />
zu erkennen sind - hier bleibt definitiv<br />
niemand allein. Posh geht es in der Beach<br />
Bar Blue Praia zu, wo sich die Generation<br />
Instagram versammelt. Wer stattdessen<br />
italienische Küche bevorzugt, wird im<br />
Restaurant Alfredoro auf höchstem Niveau<br />
zu bezahlbaren Preisen verwöhnt. *oa<br />
www.villaencantada.net<br />
FOTOS: OA
Im Urlaub<br />
zu Hause<br />
Übernachten bei queeren<br />
Gastgebern in über 70 Ländern!<br />
29 €<br />
AB<br />
PRO NACHT<br />
FOTO: ISTOCKPHOTO.COM/ DRAZEN_<br />
Seit 20 Jahren in der Community bekannt unter ebab
REISE<br />
DETROIT<br />
MOTOREN & MUSIK<br />
In Amerikas einst wichtigster<br />
Industriestadt zeugen imposante<br />
Art-déco-Wolkenkratzer, international<br />
renommierte Museen und das Erbe<br />
Henry Fords vom ehemaligen Glanz der<br />
„Motor City“. Die LGBTIQ*-Szene hat<br />
sich derweil im Vorort Ferndale ihr ganz<br />
eignes Refugium geschaffen.<br />
Nicht aufgeben! Die fast acht Meter hohe<br />
Bronzefaust, die als eines der Wahrzeichen<br />
Detroits gilt und an die schwarze<br />
Boxlegende Joe Lewis erinnert, könnte auch<br />
gut als Motto für die gesamte Stadt stehen.<br />
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />
galt die Metropole, die ihren Aufschwung<br />
der Pharma-, Tabak-, Ofen- und vor allem<br />
der Autoindustrie zu verdanken hatte,<br />
als eine der schönsten Städte Amerikas.<br />
Prächtige Industriellenvillen säumten<br />
einst die Straßen, Wolkenkratzer wie das<br />
Guardian Building oder das Fisher Building<br />
gelten als Meisterwerke des Art déco,<br />
deren goldglänzende Empfangshallen<br />
auch heute nichts von ihrer faszinierenden<br />
Ausstrahlung verloren haben. Während einer<br />
Tour durch Downtown weist Stadtführer<br />
Davy Webb immer wieder auf kleine Details<br />
an den Fassaden hin und hält jede Menge<br />
Wissen über die Stadtgeschichte parat –<br />
einschließlich die der LGBTIQ*-Community.<br />
„Einst mit unzähligen Bars und Klubs in<br />
Downtown angesiedelt, hat sich die Szene<br />
nach den Rassenunruhen 1967 entlang der<br />
Woodward Avenue immer weiter nach außen<br />
bis nach Ferndale verlagert“, so der studierte<br />
Historiker. Der Strukturwandel und mit ihm<br />
der Niedergang der Autoindustrie tat sein<br />
Übriges, der Stadt hart zuzusetzen.<br />
Pioniergeist<br />
Zehn Jahre später lässt sich ein<br />
Aufschwung der Stadt erkennen. In<br />
und um die Innenstadt eröffnen neue<br />
Hotels, Restaurants und Einkaufszentren,<br />
weitere Wohnkomplexe sollen für die<br />
Wiederbelebung von Downtown Detroit<br />
ebenso sorgen wie Veranstaltungen im<br />
Herzen der Stadt. Rund um das ehemalige<br />
FOTO: DAX<br />
Bahnhofsgebäude an der Stadtgrenze sollen<br />
ein Technik- und Innovationszentrum für<br />
Start-ups entstehen und an den Geist jenes<br />
Pioniers anschließen, dem Detroit wohl<br />
am meisten zu verdanken hat. Schließlich<br />
war es Henry Ford, der den Grundstein<br />
FOTO: VITO PALMISANO<br />
für den Aufschwung der Stadt legte.<br />
Das Ford Piquette Avenue Plant gilt als<br />
Geburtsort eines der erfolgreichsten Autos,<br />
das je gebaut wurde. Mit dem Model T<br />
begann der Siegeszug von Ford rund um<br />
die Welt. Wer einen Blick auf die aktuelle<br />
Ford-Produktion werfen will, kann dies in der<br />
Ford Rouge Factory tun, die man im Rahmen<br />
eines Besuchs im Henry Ford Museum<br />
of American Innovation buchen kann.<br />
Das Museum samt seinem Erlebnisdorf<br />
Greenfield Village gilt als der größte<br />
Museumskomplex der USA, der knapp zwei<br />
Millionen Besucher pro Jahr zählt. Zu den<br />
wichtigsten Exponaten zählen neben der<br />
Sammlung von präsidialen Autos – darunter<br />
jener Karosse, in der John F. Kennedy<br />
erschossen wurde – auch der Bus, in dem die<br />
Bürgerrechtlerin Rosa Parks sich weigerte,<br />
ihren Platz für eine weiße Passagierin<br />
zu räumen.<br />
Sound von Motown<br />
Für Kunstliebhaber gilt ein Besuch des<br />
Detroit Institute of Art als Pflichttermin. Das<br />
1885 gegründete Museum gilt als eines der<br />
bedeutendsten Kunstmuseen des Landes,<br />
dessen Sammlung von Gegenständen aus<br />
dem alten Ägypten bis zu amerikanischer<br />
Gegenwartskunst reicht. Besonders<br />
eindrucksvoll ist neben der Sammlung<br />
des General Motors Centers for African<br />
American Art das für den Innenhof von<br />
Diego Rivera geschaffene Fresko „Detroit<br />
Industry“. Und noch ein Thema sollte man<br />
in Detroit nicht aus den Augen verlieren:<br />
die Musik. Der Soundtrack der Stadt ist<br />
unweigerlich mit dem 1959 gegründeten<br />
Plattenlabel Motown verbunden, das<br />
R ’n’ B-, Soul- und Popkünstler wie Marvin<br />
Gaye, Diana Ross & The Supremes, The<br />
i<br />
Das Skyteam-Mitglied Delta Airlines verbindet täglich Frankfurt und in<br />
der Sommersaison viel Mal pro Woche München nonstop mit Detroit.<br />
Geflogen wird mit einem Airbus A330 bzw. einer Boeing 767 mit den<br />
Klassen Delta One, Delta Premium Select und Main Cabin.<br />
www.delta.com<br />
FOTO: DELTA
REISE<br />
Temptations, Stevie Wonder, die Four Tops, Michael<br />
Jackson oder Queen Latifa unter Vertrag hatte. Im<br />
Motown Museum, das sich in drei Häusern entlang<br />
des West Grand Boulevard befindet, in denen<br />
das Label einst residierte, erzählen zahlreiche<br />
Erinnerungsstücke wie Goldene Schallplatten,<br />
Kostüme und Fotos die Firmengeschichte ebenso<br />
wie das Aufnahmestudio A, in dem zahlreiche<br />
Nummer-eins-Hits eingespielt wurden.<br />
Queeres Ferndale<br />
Die Hart Plaza dient auch als Treffpunkt von<br />
Detroits LGBTIQ*-Community im Anschluss<br />
an die alljährliche Motor City Pride Parade, die<br />
jeweils im Juni stattfindet. Ihren Ursprung hat die<br />
Parade in Ferndale, etwa zwanzig Kilometer von<br />
Downtown entfernt. Die kleine Stadt hat sich seit<br />
den 1970er-Jahren zur Heimat vieler, vor allem<br />
weißer, Schwuler und Lesben entwickelt. Entlang<br />
der Hauptstraße Nine Mile Road liegen beliebte<br />
queere Hotspots wie Soho oder das Restaurant<br />
Bobcat Bonnie’s sowie zahlreiche Geschäfte und<br />
Boutiquen. Eine andere Konstante in Detroits<br />
LGBTIQ*-Nachtleben findet sich auf halben Weg<br />
zwischen Downtown und Ferndale: Das Menjos<br />
mit seiner angeschlossenen Lederbar Eagle ist an<br />
Wochenenden ein beliebter Treffpunkt der Szene<br />
und bekannt für sein diverses Publikum, das die<br />
ganze Vielfalt Detroits widerspiegelt. *dax<br />
www.visitdetroit.com<br />
FOTO: DILLON BALMAS / DETROIT METRO CVB<br />
DEINE GAY STORES<br />
Berlin • Köln • Hamburg • München<br />
brunos.de /brunos.de @brunos_de
GESUNDHEIT<br />
HIV<br />
ANTIBIOTIKA-PEP vor Zulassung<br />
Ein altes Antibiotikum wird zur Waffe gegen sexuell übertragbare Infektionen<br />
Drei von vier Studien haben<br />
gezeigt, dass eine direkt<br />
nach dem Sex eingenommene<br />
Dosis Doxycyclin das Risiko für eine<br />
Infektion mit Chlamydien, Gonorrhoe<br />
und Syphilis erheblich reduziert.<br />
Die amerikanische Gesundheitsbehörde<br />
CDC wird wohl in Kürze eine<br />
Empfehlung für den Gebrauch dieser<br />
Methode für Hochrisikogruppen<br />
herausgeben. Obwohl noch nicht alle<br />
Langzeitfolgen erforscht sind.<br />
Doxycyclin, wenn es nach ungeschütztem<br />
Geschlechtsverkehr<br />
eingenommen wird, hat in klinischen<br />
Studien gezeigt, dass es das Risiko<br />
einer Infektion mit drei Krankheiten<br />
signifikant reduziert: Chlamydien,<br />
Gonorrhoe und Syphilis.<br />
Die führende US-Bundesgesundheitsbehörde,<br />
die CDC (Zentren für die Kontrolle<br />
und Prävention von Krankheiten), ist dafür<br />
verantwortlich, eine Entscheidung über neue<br />
Empfehlungen zu treffen. Dabei muss sie<br />
sowohl die Notwendigkeit berücksichtigen,<br />
Epidemien bei Millionen von Amerikanern<br />
einzudämmen, als auch das Risiko einer<br />
erhöhten Antibiotikaresistenz.<br />
„Innovation und Kreativität sind im Bereich<br />
der öffentlichen Gesundheit wichtig, und<br />
wir brauchen dringend neue Werkzeuge”,<br />
sagte Jonathan Mermin, ein CDC-Vertreter,<br />
gegenüber AFP. Die Empfehlungen,<br />
die voraussichtlich diesen Sommer<br />
veröffentlicht werden sollen, werden<br />
wahrscheinlich nur auf diejenigen Gruppen<br />
abzielen, die am stärksten gefährdet sind:<br />
schwule Männer oder transgeschlechtliche<br />
Frauen mit früheren Infektionen. Während<br />
sich die Nachricht verbreitet, verschreiben<br />
bereits einige Ärzte das Antibiotikum zu<br />
diesem Zweck.<br />
Malik, ein 37-jähriger Mann aus Washington,<br />
der seinen Nachnamen nicht preisgeben<br />
wollte, hat bereits zweimal auf ärztlichen<br />
Rat hin Doxycyclin zur Vorbeugung<br />
eingenommen, nachdem er ungeschützten<br />
Geschlechtsverkehr hatte – darunter<br />
einer mit einem Partner, der nicht darauf<br />
hingewiesen hatte, dass er sein Kondom<br />
abgenommen hatte.<br />
ANSTIEG DER FALLZAHLEN<br />
Die Fälle der drei bakteriellen Infektionen<br />
nehmen seit einem Jahrzehnt zu und<br />
erreichten 2021 in den USA 2,5 Millionen.<br />
Dies liegt zum Teil daran, dass sich Infektionen<br />
durch vermehrten Kontakt verbreiten.<br />
Aber auch, weil Kondome immer weniger<br />
verwendet werden, seit die PrEP – ein<br />
Medikament zur Vorbeugung von HIV – sehr<br />
erfolgreich eingeführt wurde. Zudem<br />
müssen PrEPer alle drei Monate einen Test<br />
durchführen lassen, was dazu beiträgt, mehr<br />
Infektionen zu identifizieren.<br />
DREI VON VIER STUDIEN ERFOLGREICH<br />
Doxycyclin hat sich in drei von vier<br />
durchgeführten klinischen Studien als<br />
wirksam erwiesen. „In sexuell übertragbaren<br />
Infektionen haben wir eine Reduktion<br />
um zwei Drittel festgestellt”, sagte<br />
Annie Luetkemeyer, die eine US-Studie<br />
durchgeführt hat. Diese Studie wurde<br />
mit 500 Männern durchgeführt, die Sex<br />
mit Männern und transgeschlechtlichen<br />
Frauen haben. Die Wirksamkeit war gegen<br />
Chlamydien und Syphilis (-80% Infektionen)<br />
höher als gegen Gonorrhoe (-55%). Die<br />
Nebenwirkungen waren gering. Weitere<br />
Studien müssen allerdings zeigen, welche<br />
Auswirkungen Doxycyclin auf andere<br />
Bakterien hat, z.B. in der Nase oder im Darm.<br />
ANTIBIOTIKARESISTENZEN IM GRIFF<br />
Die Erweiterung des Zugangs zu Doxy-cyclin<br />
hat jedoch auch Bedenken ausgelöst: Es<br />
könnte eine Antibiotikaresistenz auftreten,<br />
insbesondere bei der schnell mutierenden<br />
Gonorrhoe-Bakterie.<br />
„Ich denke, die Ära der<br />
Prävention durch Kondome<br />
geht zurück“<br />
Erste Analysen dazu sind jedoch beruhigend.<br />
In der US-amerikanischen klinischen Studie<br />
verglichen die Forscher Proben dieser<br />
Bakterie aus Infektionen, die<br />
trotz Doxycyclin-Behandlung<br />
auftraten, mit Proben aus der<br />
nicht behandelten Gruppe. Die<br />
Rate resistenter Bakterien war<br />
zwar in der behandelten Gruppe<br />
höher, aber das könnte einfach<br />
bedeuten, dass das Antibiotikum<br />
gegen diesen resistenten Stamm<br />
weniger wirksam ist, nicht dass<br />
es ihn verursacht hat, erklärte<br />
Connie Celum, eine der Leiterinnen<br />
dieser Studie. Zudem, da<br />
Doxycyclin die Anzahl der Infektionen<br />
um die Hälfte reduzieren<br />
könnte, bedeutet dies auch halb<br />
so viele Personen, die mit dem<br />
normalerweise gegen Gonorrhoe<br />
verschriebenen Antibiotikum<br />
(Ceftriaxon) behandelt werden<br />
müssen. Ärzte möchten die Wirksamkeit<br />
dieses Medikaments erhalten.<br />
ILLUSTRATION: VECTORJUICE_FREEPIK.COM<br />
„ZUSÄTZLICHES WERKZEUG”<br />
Malik ist froh, Doxycyclin als letzten Ausweg<br />
verwenden zu können, wünscht sich jedoch,<br />
dass mehr Männer bereit sind, Kondome<br />
zu benutzen. Seiner Meinung nach sind<br />
seit seinem Umzug von Südasien in die<br />
USA weniger Männer interessiert, ihn auf<br />
Dating-Seiten kennenzulernen, wenn er<br />
angibt, kein ungeschütztes Geschlecht<br />
zu wollen. Aber nach Stephen Abbott,<br />
einem Arzt in Washington, der Doxycyclin<br />
verschreibt und verwendet, ist es wichtig,<br />
Verhaltensänderungen zu berücksichtigen.<br />
„Ich denke, die Ära der Prävention durch<br />
Kondome geht zurück”, sagte er gegenüber<br />
AFP, „wenn ich mit Patienten spreche und<br />
weil ich zur PrEP-Community gehöre”.<br />
Ein Vertreter einer kulturellen Organisation<br />
in London, der anonym spricht, berichtete<br />
von der raschen Verbreitung der<br />
Neuigkeiten über diese neue Behandlung,<br />
und er kauft jetzt selbst Doxycyclin auf<br />
dem Schwarzmarkt. Der 42-jährige Mann<br />
wünscht sich, dass auch das Vereinigte<br />
Königreich neue Empfehlungen<br />
übernimmt, um die Menschen besser über<br />
erforderliche Dosierungen zu informieren.<br />
Für die Forscherin Annie Luetkemeyer<br />
wird Doxycyclin nicht die einzige Antwort<br />
auf die Epidemie sexuell übertragbarer<br />
Krankheiten sein. Die Entwicklung eines<br />
Impfstoffs gegen Gonorrhoe wäre nach wie<br />
vor sehr nützlich. „Aber ich bin optimistisch”,<br />
sagte sie, „ich denke, es ist ein zusätzliches<br />
Werkzeug.”<br />
*AFP/ia/la/rle/tmt
GESUNDHEIT<br />
DATING für HIV-Positive<br />
Ein HIV-positives Testergebnis ist<br />
heutzutage vielleicht emotional ein<br />
Schock, stellt aber keine mit den Anfängen<br />
der Krankheit vergleichbares medizinisches<br />
Risiko dar. Trotz vieler Beratungsangebote<br />
steht es im Ermessen jedes einzelnen, über<br />
seine Erkrankung nicht zu sprechen und<br />
sich eher Menschen anzuvertrauen, die in<br />
einer ähnlichen Situation leben. Dies gilt<br />
selbstverständlich auch für die Partnerwahl.<br />
Hilfreich sind dabei Portale, die sich gezielt<br />
an HIV-Positive wenden bzw. diese nicht<br />
diskriminieren. männer* hat sich drei<br />
Portale angesehen.<br />
POSITIV-TREFF<br />
Die Seite wurde 2018 ins Leben gerufen<br />
und versteht sich nicht ausschließlich<br />
als Dating-Plattform, sondern auch als<br />
soziales Netzwerk. Neben den Profilen<br />
gibt es ein Forum, Blogs, einen Kalender<br />
und News. In Chats kann man sich über<br />
medizinische Themen austauschen. Trotz<br />
des ausgeprägten Community Gedankens<br />
geht es auch ums Kennenlernen. Dabei<br />
wählt die Plattform einen interessanten<br />
Weg, indem man beim Anlegen des Profils<br />
eine charakterliche Selbsteinschätzung<br />
abgibt. Man kann aus Attributen wie<br />
natürlich, verlässlich unkompliziert,<br />
tolerant, romantisch und vielen weiteren<br />
wählen. Am Anfang steht die Angabe, ob<br />
man homo-, hetero- oder bisexuell ist.<br />
Interessanterweise wird nicht nach dem<br />
Alter gefragt. Auch die Frage, was einem<br />
in einer Beziehung besonders wichtig ist,<br />
hilft beim Kennenlernen. Vielleicht würde<br />
man sich bei den Optionen wie u.a. Familie,<br />
Beziehung, Freundschaften oder persönliche<br />
Entwicklung auch eine Mehrfachnennung<br />
wünschen.<br />
www.positiv-treff.de<br />
GLEICHKLANG<br />
Die Partnervermittlung<br />
Gleichklang verwendet bei ihrer<br />
Freundschaftsanbahnung das Prinzip<br />
der Akzeptanz. Dafür können die<br />
Suchenden angeben, dass sie HIV-positiv<br />
sind. Gleichzeitig werden alle Mitglieder<br />
gefragt, ob sie sich auch eine Freundschaft<br />
mit einem Positiven vorstellen können.<br />
FOTO: DROBOTDEAN_FREEPIK.COM<br />
Diesen werden dann gezielt Mitglieder<br />
vorgeschlagen, die sich eine Verbindung zu<br />
ihnen vorstellen können. Laut Gleichklang<br />
entstehen so hohe Erfolgsaussichten für<br />
eine Vermittlung. 33% der HIV-Positiven<br />
fanden nach einem Jahr eine Beziehung.<br />
Nach zwei Jahren waren es 58% und nach<br />
drei Jahren 77%.<br />
www.gleichklang.de<br />
ROMEO<br />
Die wohl bekannteste Dating-Plattform<br />
für schwule Männer im deutschsprachigen<br />
Raum. Sie verzichtet auf die Abfrage des<br />
HIV-Status, weil sie, laut Eigenauskunft,<br />
diese Daten für zu sensibel hält, um<br />
sie im Netz veröffentlichen. Damit<br />
unterscheidet sie sich vom amerikanischen<br />
Anbieter Grindr, vor der der Hamburger<br />
Datenschutzbeauftragte jüngst<br />
wieder gewarnt hat. Da es sich um<br />
einen amerikanischen Dienst handele,<br />
würden Daten der Nutzer in die USA<br />
übermittelt, wo das Datenschutzniveau<br />
geringer ist als in Europa. In den neuen<br />
Datenschutzbestimmungen von Grindr soll<br />
die Weitergabe von privaten Informationen<br />
an Dritte künftig ausdrücklich möglich<br />
sein. Statt einer Abfrage des HIV-Status<br />
offeriert Romeo eine Vielzahl von möglichen<br />
Optionen zu Safer Sex. Zu ihnen gehört<br />
u.a. PrEP, TasP oder Kondom. Die Anzahl<br />
der deutschen Nutzer, die TasP als Safer<br />
Sex Praxis angeben, liegt bei 2.500. Es<br />
gibt zahlreiche Gruppen, in denen sich<br />
HIV-positive Mitglieder austauschen können.<br />
Die größte heißt „HIVpositiveLiebe“ und hat<br />
1.616 Mitglieder. Diese sind nur für andere<br />
Mitglieder der Gruppe sichtbar. *oa<br />
www.romeo.com<br />
MEDIZIN<br />
Thema Testosteronmangel<br />
Von Potenzstörung bis Diabetes mellitus:<br />
Testosteronmangel ist der „Tausendsassa<br />
der Beschwerden“.<br />
Beim „Männerhormon“ Testosteron denkt man<br />
häufig zuerst an Potenz und Muskeln. Das<br />
ist nicht falsch, denn mangelt es an diesem<br />
wichtigen Sexualhormon, können sexuelle<br />
Unlust, Potenzstörungen oder Muskelrückgang<br />
die Folge sein. Ein Testosteronmangel kann<br />
aber auch zu untypischen Beschwerden wie<br />
Müdigkeit, Burn-out-artiger Antriebslosigkeit,<br />
Konzentrationsstörungen und depressiven<br />
Verstimmungen führen. Obendrein gibt es<br />
auch noch einige weitere Erkrankungen, die<br />
durch einen Testosteronmangel ausgelöst oder<br />
begünstigt werden können, wie zum Beispiel<br />
Diabetes mellitus Typ 2, Bluthochdruck oder<br />
Übergewicht (Adipositas).<br />
Ein Testosteronmangel beim Mann kommt<br />
häufiger vor, als viele denken. Bereits ab dem<br />
40. Lebensjahr kann es zu Beschwerden<br />
kommen, die auf einen dauerhaft erniedrigten<br />
Testosteronwert zurückzuführen sind<br />
(Hypogonadismus). Ab dem 60. Lebensjahr<br />
ist sogar jeder fünfte Mann in Deutschland<br />
betroffen. Falls Anzeichen auftreten, die auf<br />
einen Testosteronmangel hindeuten, lohnt ein<br />
Testosteroncheck. Unter www.testocheck.de kann<br />
man einen anonymen Selbsttest durchführen.<br />
Zudem sollte man das Thema aktiv bei der<br />
Hausärztin oder dem Hausarzt oder Urologin/<br />
Urologen ansprechen, der/die die Erkrankung<br />
„Hypogonadismus“ mit einem Bluttest zweifelsfrei<br />
diagnostizieren oder ausschließen kann. Die<br />
rezeptpflichtige Therapie mit Testosteron-<br />
Spritzen oder einem Gel kann die Beschwerden<br />
lindern oder zum Verschwinden bringen.*dr<br />
www.testocheck.de
GESUNDHEIT<br />
Torsten Poggenpohl:<br />
EINFACH!CH<br />
SCHWUL.BIPOLAR.POSITIV<br />
Schwul, bipolar und positiv; bei<br />
vielen Menschen würde bereits<br />
eine dieser drei Wirklichkeiten<br />
eine getrübte Sicht auf das eigene<br />
Leben auslösen. Nicht aber bei Torsten<br />
Poggenpohl, der mit seinem Buch nicht nur<br />
für eine Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen<br />
und der HIV-Diagnose sorgen,<br />
sondern mit seiner ungebremsten Lust aufs<br />
Leben anderen Menschen Mut machen will.<br />
Torsten, du bist – wie es der Titel<br />
deines Buches verrät – schwul, HIVpositiv<br />
und lebst mit einer bipolaren<br />
Störung. Manch einer würde sagen,<br />
du hast ein ganz schönes Päckchen zu<br />
tragen. Fühlst du dich auch so?<br />
Es stimmt - das hört sich gewaltig an und<br />
im Jahr 2013 als meine beiden Grunderkrankungen<br />
zeitgleich in mein Leben traten<br />
und auf mein Schwulsein trafen, hat mich<br />
dies aus einem gutbürgerlichen Leben an<br />
den Abgrund der Gesellschaft katapultiert.<br />
Zehn Jahre später kann ich nur sagen: Ich<br />
bin einen Marathon gelaufen um dort zu<br />
stehen, wo ich heute bin – dies ist nur mit<br />
sehr viel Selbstdisziplin möglich. Mein Glück<br />
waren meine Freunde und meine Familie, die<br />
neben mir einen Staffellauf liefen – immer<br />
wenn jemand erschöpft war, wurde der Stab<br />
weiter gereicht. Nicht zu vergessen sind die<br />
heutigen wirklich guten Therapien, die es mir<br />
ermöglicht haben, diesen Weg vorwärts in<br />
eine neue Normalität zu gehen.<br />
Wann hast du deine HIV-Diagnose<br />
erhalten und welche Gefühle sind<br />
damit einhergegangen?<br />
Meine HIV-Diagnose erhielt ich am 1.<br />
November 2013. Als studierter Jurist ging<br />
ich mit dieser Information sehr pragmatisch<br />
um. Mein Gedanke war: „Es ist, wie es ist.<br />
Nun müssen wir das Beste daraus machen.“<br />
Da ich ein lebensbejahender pragmatischer<br />
Optimist bin, löste die fast tödliche Diagnose<br />
von 16 Helferzellen gegen fünf Millionen<br />
Viren zum Glück keine Selbstmordgedanken,<br />
sondern einen unbändigen Willen zum<br />
Leben bei mir aus.<br />
Erkläre unseren Lesern, die vielleicht<br />
mit bipolaren Störungen noch nicht<br />
viel zu tuen hatten, wie man sich<br />
deinen Alltag so vorstellen muss?<br />
Was sind typische Symptome und<br />
Erlebnisse?<br />
Eine Bipolare Störung wurde früher als<br />
manisch-depressiv beziehungsweise als<br />
himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt<br />
bezeichnet. Genau genommen handelt<br />
es sich um eine Neurotransmitterstörung<br />
im Gehirn, der Dopamin- und Serotoninhaushalt<br />
funktioniert nicht mehr richtig.<br />
Ausgelöst wird das Ganze, wenn man seine<br />
persönliche Stresskante überschreitet<br />
und die genetische Veranlagung für diese<br />
Erkrankung in sich trägt.<br />
Was folgt sind eine verschobene Wahrnehmung<br />
der Realität, ein Bezugsverlust<br />
zum Geld oder aber auch eine gewisse<br />
Distanzlosigkeit zu anderen (fremden)<br />
Menschen. Es kann passieren, dass man<br />
auf der einen Seite nur so mit Geld um sich<br />
wirft – Gott und die Welt wird zu unzähligen<br />
Runden Champagner eingeladen. Auf der<br />
anderen Seite ist da diese unangenehme<br />
Kombination aus Distanzlosigkeit und<br />
Rechthaberei, was die Liste der verbrannten<br />
Erde von Tag zu Tag länger werden lässt. Die<br />
Therapie meiner Ende 2013 diagnostizierten<br />
Erkrankungen nahm fast das gesamte<br />
Jahr 2014 in Anspruch. Auf dem Weg in<br />
meine neue Normalität hatte ich auch mit<br />
dramatischen Nebenwirkungen zu kämpfen,<br />
wie beispielsweise drei Jahre lang tauben<br />
Fußsohlen. Doch zugleich kann ich nur<br />
sagen, dass sich der Marathon gelohnt hat:<br />
ich lebe seit Jahren symptomfrei – sowohl in<br />
Bezug auf HIV als auch die Bipolare Störung.<br />
Mal abgesehen von meinen Tabletten<br />
morgens und abends unterscheidet sich<br />
mein Leben nicht wirklich von dem anderen<br />
Menschen.<br />
Welche Behandlungsmöglichkeiten<br />
gibt es?<br />
Den Ausbruch der Bipolaren Störung kann<br />
man heut zu Tage gut therapieren – und<br />
zugleich gibt es meines Erachtens<br />
drei wichtige Botschaften:<br />
• Ohne Medikamente geht es nicht.<br />
• Diese dürfen auch nicht abgesetzt<br />
werden.<br />
• Ein Leben ohne Alkohol wird für den<br />
weiteren Verlauf sehr hilfreich sein.<br />
Um diese Erkrankung in den Griff zu bekommen,<br />
bedarf es stimmungsstabilisierender<br />
Medikamente, die einen im Gleichgewicht<br />
halten. Ich habe das große Glück, dass man<br />
bei mir damals im Jahr 2014 sehr schnell als<br />
Kombination Lithium und Ergenyl Chrono<br />
als genau die passenden Medikamente<br />
gefunden hat. Die nehme ich noch heute.<br />
Ich bin seit meiner Entlassung 2014 nach<br />
wie vor stabil.<br />
Viele Patienten begehen den Fehler, wenn<br />
es ihnen gut geht, eigenständig die Medikamente<br />
abzusetzen – ein fataler Irrtum, den<br />
man teuer bezahlt. Jeder Rückfall ist deutlich
schwieriger zu therapieren. Ein Gläschen<br />
in Ehren? Ich trinke seit meinem Klinikaufenthalt<br />
keinen einzigen Tropfen Alkohol.<br />
Nicht mal einen Champagnertrüffel oder<br />
ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte. Nun<br />
gut, ich habe keinen Erziehungsauftrag und<br />
der eine möchte in seinem Leben die große<br />
Party bis weit hinter sechzig feiern, während<br />
die andere sich noch auf den Marathon mit<br />
achtzig vorbereitet. Jede:r hat seine eigene<br />
Risikolebensabwägung. Dennoch sollte man<br />
zu dem Thema Bipolare Störung und Alkohol<br />
wissen, dass Alkohol einen sowohl hoch hinaus<br />
in die Manie katapultieren, als auch tief<br />
herunter in die Depression drücken kann. Zu<br />
diesen beiden Risiken kommt, dass Alkohol<br />
in den Wirkungsmechanismus der Medikamente<br />
eingreift, so dass diese nicht so<br />
wirken wie sie sollen. Aus meiner Perspektive<br />
bleibt da kein Platz für ein Gläschen in Ehren.<br />
Ein ganz besonders wichtiger Aspekt in der<br />
„Eigentherapie“ ist die Achtsamkeit mit sich<br />
selbst – die eigene mentale Stabilität sollte<br />
stets im Vordergrund stehen. Man sollte<br />
immer Platz finden, dem hektischen Alltag<br />
zu entliehen, sei es mit einem Spaziergang<br />
oder einem guten Buch. Kleiner Tipp: In dem<br />
Moment, in dem man sich einem gutem<br />
Buch widmet, entzieht man sich der hektischen<br />
Außenwelt. Gelingt die Konzentration,<br />
passt alles, gelingt sie nicht, wird es Zeit für<br />
Entspannung oder einen Therapeuten.<br />
Wie bedingt die eine Diagnose<br />
die andere? Gibt es eine<br />
Wechselwirkung?<br />
Die Diagnosen bedingen sich dahingehend,<br />
dass die zu nehmenden Medikamente<br />
aufeinander abgestimmt werden müssen<br />
und es zur Therapie beider Erkrankungen im<br />
Doppelpack weniger Therapiemöglichkeiten<br />
gibt. Und irgendwie war es dann auch ein<br />
Vorteil, dass meine Manie mich längst<br />
verschluckt hatte, als ich von dieser fast<br />
tödlichen HIV-Diagnose erfuhr. Sie hatte<br />
mich so eingesogen und erst Monate später<br />
wieder „ausgespuckt“, dass ich keine Zeit für<br />
Schwermut in meinem Leben hatte.<br />
Wieso hast du dich entschieden<br />
mit deiner Geschichte öffentlich, in<br />
Buchform, umzugehen?<br />
Seit kurzem bin ich Testimonial der<br />
„Welcoming Out“-Kampagne, die sich<br />
dafür einsetzt, dass jeder, wie ich sage ein<br />
„Wohlfühl-Coming-Out“ haben soll. Und<br />
genau um diesen Punkt geht es im Prinzip<br />
auch in meinem Buch. Menschen brauchen<br />
in gewisser Weise „Role Models“. Das war<br />
schon immer so. Auf meinem Cover finden<br />
sich die Worte „schwul.bipolar.positiv.“ In<br />
meiner Jugend gab es genau solche Role<br />
Models nicht – schwul war nur aus dem<br />
Fernsehen als „Dramatunte“ bekannt – es<br />
gab einfach nicht die smarten Typen wie<br />
Jannik Schümann, Jochen Schropp oder<br />
Vladimir Burlakov, die einfach zeigen wie<br />
normal das Ganze ist. Menschen benötigen<br />
Gesichter und Geschichten, um sich mit<br />
ihren Vorurteilen auseinander zu setzen. Es<br />
bedarf der menschlichen Komponente, um<br />
sich zu identifizieren und die Bereitschaft<br />
zu entwickeln, seine Vorurteile ad acta zu<br />
legen. Bei mir sind es gleich drei Wörter auf<br />
dem Buchcover, die nicht nur ein Gesicht<br />
benötigen, sondern einen Menschen, der<br />
die Geschichte dazu erzählt. Mein Antrieb,<br />
dieses Buch zu schreiben war die Zuversicht<br />
und der Mut, den ich anderen Menschen mit<br />
dieser Erkrankung geben kann respektive<br />
Menschen im Umfeld von Menschen mit<br />
diesen Erkrankungen. Hinzu kommt der<br />
Wunsch nach einer gesellschaftlichen entstigmatisierenden<br />
Entwicklung zu diesem<br />
Thema. Der Domino-Effekt wirkt innerhalb<br />
der Gesellschaft - Tag für Tag – und unsere<br />
Welt wird somit Wort für Wort, Zeile für Zeile,<br />
Buch für Buch und Lesung für Lesung ein<br />
besserer Ort.<br />
„Menschen<br />
benötigen Gesichter<br />
und Geschichten,<br />
um sich mit ihren<br />
Vorurteilen<br />
auseinander zu<br />
setzen.“<br />
HIV und psychische Leiden sind nach<br />
wie vor mit Vorurteilen verknüpft.<br />
Aus deiner persönlichen Erfahrung;<br />
wo besteht mehr Nachholbedarf für<br />
unsere Gesellschaft?<br />
Unsere Gesellschaft hat insgesamt Nachholbedarf<br />
im Bereich der Wertungsfreiheit<br />
gegenüber Krankheiten – weniger Stigmatisierung<br />
von Erkrankten, egal welcher Form<br />
würde uns allen gut ins Gesicht stehen.<br />
Unwissenheit ist der Nährboden für Angst<br />
und diese springt von einem Menschen zum<br />
anderen. Im Prinzip hat die Gesellschaft bis<br />
heute nicht verstanden, dass weder Schwulsein,<br />
noch eine Bipolare Störung ebenso<br />
wenig ansteckend sind wie HIV unter der<br />
Nachweisgrenze. Somit kann die eindeutige<br />
Antwort auf diese Frage nur lauten: Mehr<br />
Nachholbedarf für unsere Gesellschaft<br />
besteht in der Wissensvermittlung dieser<br />
Themen – sprich einer neu Konzeptionierung<br />
des Unterrichts. Denn dort sitzen die neuen<br />
Generationen, die dieses Wissen für ein<br />
angstbefreites Leben benötigen.<br />
Wie haben deine Familie und Freunde<br />
auf die HIV-Diagnose reagiert?<br />
Wie auf die Diagnose der bipolaren<br />
Störung?<br />
Ich habe das unglaublich große Glück, dass<br />
ich sowohl innerhalb meiner Familie als auch<br />
GESUNDHEIT<br />
innerhalb meines Freundeskreises auf Grund<br />
beider Diagnosen keinerlei Zurückweisung<br />
erlebt habe.<br />
Gibt es sogar Vorurteile im Gesundheitswesen<br />
oder bei Menschen, die in<br />
medizinischen Berufen arbeiten?<br />
Bedauerlicherweise sind gerade in diesem<br />
sensiblen Bereich die Mitarbeiter:innen in<br />
puncto HIV nicht so aufgeklärt wie man<br />
das erwartet. Seit Jahren spricht die WHO<br />
von n=n: Sprich ein Mensch, der in Therapie<br />
lebt und sich dauerhaft (länger als sechs<br />
Monate) unter der Nachweisgrenze befindet,<br />
kann in keiner Situation seines Lebens<br />
einen anderen Menschen infizieren. Ich<br />
habe zwei stigmatisierende Erfahrungen<br />
im Gesundheitswesen erleben müssen.<br />
Einmal zu meiner Zeit in der Psychiatrie,<br />
als ich in die Hautklinik „ausgelagert“<br />
wurde und die Visitenärztin mich mit den<br />
Worten: „Hier haben wir also den jungen<br />
Mann mit der Kriegskrankheit, der nichts<br />
von safer Sex versteht.“ begrüßte. Ärzte<br />
haben eine Behandlungsauftrag jenseits der<br />
moralischen Bewertung der Situation. 2016<br />
hatte ich Verdacht auf Darmkrebs und bei<br />
einer erneuten Darmspiegelung hatte sich<br />
die Schwester angezogen, als würde Sie auf<br />
den Mond fliegen. Meine Frage, wieso sie so<br />
aussähe wurde mit den Worten: „Sie haben<br />
doch HIV. Ich muss mich schützen“, beantwortet.<br />
Halb nackt im Patientennachthemd<br />
fehlt jede Kraft der Erwiderung auf diese<br />
Erniedrigung.<br />
Was erwartet die Leser in deinem<br />
Buch?<br />
Eine Vielzahl an Lesern hat immer wieder<br />
hervorgehoben, dass mein Buch mit einem<br />
wunderbaren charismatischen Augenzwinkern<br />
geschrieben ist. Über mein Buch wird<br />
gesagt, dass es einen unglaublichen Willen<br />
zum Leben zeigt, der sich wie ein roter<br />
Faden durch das Buch zieht. Es ist wohl<br />
gerade diese positive Grundeinstellung zum<br />
Leben, die einen bei der ganzen Dramatik<br />
nicht verzweifeln lässt.<br />
Was würdest du dir für die Zukunft in<br />
Bezug auf HIV-erkrankte Menschen<br />
wünschen? Was muss unsere Gesellschaft<br />
besser machen?<br />
Besonders erschreckend empfinde ich es,<br />
dass 75% aller Menschen, die mit HIV leben,<br />
ihren Status auch im Jahr 2022 versteckt<br />
gehalten haben. Ein solches Geheimnis<br />
belastet nicht nur das Leben, sondern insbesondere<br />
die Psyche des Trägers. Ich wünsche<br />
mir, weniger Vorurteile, mehr Wissen und<br />
ein Bereitschaft zum aufrichtigen Zuhören,<br />
denn die Akzeptanz von Krankheit als<br />
solches ist aus meiner Perspektive der große<br />
gesellschaftliche Auftrag.<br />
*Interview: Felix Just
ADVERTORIAL<br />
AKTUELLE INFOS ZU HIV?<br />
SO FINDEST DU SIE<br />
Im Alltag von HIV-positiven Menschen<br />
spielt das Virus heutzutage nur noch eine<br />
untergeordnete Rolle, denn unter erfolgreicher<br />
Therapie kann man auch mit HIV<br />
ein gesundes und langes Leben führen.<br />
Auch wenn es daher auf den ersten Blick<br />
so scheint, dass man sich gar nicht tiefergehend<br />
damit beschäftigen müsste, so<br />
wird bei genauerem Hinsehen doch klar:<br />
Es gibt immer wieder spannende Neuigkeiten<br />
und medizinische Innovationen, die<br />
es wert sind, sich damit zu befassen und<br />
auf dem Laufenden zu bleiben.<br />
NP-DE-HVU-ADVR-220019<br />
AUF DEM LAUFENDEN ZU BLEIBEN<br />
KANN DIE LEBENSQUALITÄT<br />
VERBESSERN<br />
Betrifft einen ein bestimmtes Thema<br />
wie HIV selbst und informiert man sich<br />
regelmäßig dazu, dann ziehen Neuigkeiten<br />
nicht einfach mehr an einem vorbei. So ist<br />
es für HIV-positive Menschen sinnvoll, sich<br />
regelmäßig mit ihrer aktuellen Therapie zu<br />
beschäftigen und zu prüfen, ob diese noch<br />
zu ihnen passt. Vielleicht gibt es mittlerweile<br />
innovative Therapien, die auf lange<br />
Sicht für den Körper verträglicher sind?<br />
Oder es hat sich im eigenen Leben etwas<br />
verändert und es gibt eine HIV-Therapie, die<br />
besser zum neuen Lebensentwurf passt?<br />
Menschen mit HIV können heutzutage<br />
glücklicherweise aus einer Vielfalt an<br />
unterschiedlichen Therapieoptionen sowie<br />
Einnahmeformen wählen: Während einige<br />
mit einer täglichen Pille bestens klarkommen,<br />
kann für andere eine Therapie mit<br />
einer regelmäßigen Spritze die bessere<br />
Lösung sein. Wichtig ist es, offen mit<br />
dem/der Ärzt*in zu sprechen, damit man<br />
gemeinsam eine Therapie wählen kann, die<br />
zu den individuellen Bedürfnissen passt.<br />
ZAHLREICHE INFORMATIONSANGEBOTE<br />
STEHEN ZUR WAHL<br />
Um mit dem Wissen rund um HIV auf dem<br />
Laufenden bleiben zu können, braucht<br />
es vor allem zuverlässige und aktuelle<br />
Informationsquellen. Natürlich ist für die<br />
meisten Menschen mit HIV erst einmal der/<br />
die HIV-Schwerpunktärzt*in die Ansprechperson<br />
Nummer eins. Im Arztgespräch<br />
hat man allerdings nicht immer alle Fragen<br />
direkt im Kopf oder es bleibt einfach nicht<br />
genug Zeit, um alle Themen zu besprechen.<br />
WO BEKOMME ICH NOCH PERSÖNLICHE<br />
ANTWORTEN AUF MEINE FRAGEN?<br />
Wenn man Wert auf ein persönliches<br />
Gespräch legt, bieten sowohl die Deutsche<br />
Aidshilfe als auch die deutschlandweit über<br />
120 lokalen Aidshilfen und Beratungsstellen<br />
regelmäßige Sprechstunden sowie eine<br />
Vielzahl weiterer Fortbildungsangebote.<br />
Ebenso gibt es unterschiedlichste regionale<br />
Selbsthilfegruppen und Netzwerke, die<br />
Informationsveranstaltungen und Möglichkeiten<br />
zum persönlichen Austausch unter<br />
HIV-positiven Menschen organisieren.<br />
DIGITALES INFORMATIONSANGEBOT<br />
SCHAFFT FLEXIBILITÄT<br />
Der persönliche Austausch ist allerdings<br />
nicht für alle die erste Wahl. Manchmal ist die<br />
nächstgelegene Beratungsstelle einfach zu<br />
weit weg, der Infoabend passt nicht in den<br />
eigenen Terminkalender oder man möchte<br />
sich ganz gezielt über bestimmte Themen<br />
informieren, ohne ein Gespräch zu führen.<br />
Die Vielfalt an digitalen und innovativen<br />
Informationsangeboten ermöglicht eine<br />
schnelle und ortsunabhängige Recherche.<br />
Zudem sind diese meist sehr umfassend<br />
und man kann selbst so tief in die<br />
einzelnen Themen eintauchen, wie man<br />
möchte und<br />
Zeit hat.<br />
Ein „All-inone“-Paket<br />
ist<br />
beispielsweise<br />
die Informationswebsite<br />
LiVLife. Hier<br />
finden sich unter anderem Erfahrungsberichte<br />
und Videos von Menschen mit HIV<br />
zu unterschiedlichsten Themen, angefangen<br />
bei der Diagnose über die HIV-Therapie<br />
und den Umgang mit der Erkrankung bis<br />
hin zu einem guten Leben mit HIV.<br />
Ebenso können<br />
Besucher*innen<br />
der LiVLife<br />
Website<br />
eine digitale<br />
HIV-Broschüre<br />
nutzen. Diese<br />
bietet nicht<br />
nur aktuelle<br />
und leicht verständliche Informationen,<br />
sondern nutzt auch die vielfältigen<br />
Möglichkeiten, die eine digitale Umgebung<br />
mit sich bringt – beispielsweise<br />
durch die Einbindung von Videos<br />
oder Links zu wichtigen Websites und<br />
Selbsthilfeangeboten.<br />
AKTUELLES WISSEN ALS BASIS FÜR<br />
INFORMIERTE ENTSCHEIDUNGEN<br />
Wenn man als HIV-positiver Mensch gut<br />
informiert ist, dann schärft das auch<br />
den Blick für die eigenen Bedürfnisse<br />
und man kann mit seinem/r Ärzt*in<br />
Gespräche auf Augenhöhe führen. Ziel<br />
dabei ist, ein klares Verständnis von der<br />
aktuellen Lebenssituation und dem persönlichen<br />
Umgang mit der HIV-Infektion<br />
zu bekommen und dann gemeinsam zu<br />
entscheiden, welche Therapie am besten<br />
zu den individuellen Bedürfnissen und<br />
Ansprüchen passt.<br />
Weitere Informationen zum Leben mit HIV sowie persönliche Geschichten von HIV-positiven Menschen findest du unter<br />
www.livlife.de<br />
Unterstützt von ViiV Healthcare
Last Chance<br />
3 Haus der Kunst<br />
Martino Gamper. Sitzung 28.7.23 – 1.4.24<br />
In anderen Räumen. Environments von Künstlerinnen 1956 – 1976 8.9.23 – 10.3.24<br />
Meredith Monk. Calling 10.11.23 – 3.3.24<br />
WangShui. Toleranzfenster 8.9.23 – 10.3.24