WIRTSCHAFT+MARKT 1/2018
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MECKLENBURG-VORPOMMERN | 27<br />
Fotos: DFV (oben), CB (unten)<br />
Schwichtenberg bei Demmin, dessen Familienzweig<br />
im 18. Jahrhundert in den<br />
Adelsstand rankte. So trägt König Wilhelm<br />
Alexander zusätzlich zur Krone offiziell<br />
den Titel eines Jonkheer von Amsberg.<br />
Aber auch mütterlicherseits besteht<br />
eine Verbindung nach Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Die niederländische Königin<br />
Wilhelmina heiratete im Jahr 1901 den<br />
Herzog Heinrich von Mecklenburg.<br />
Im Unternehmen Van der Valk wird diese<br />
royale Traditionslinie geschätzt, wie<br />
Volker Wünsche, Sprecher von Van der<br />
Valk Deutschland, betont. Doch waren es<br />
nach der Jahrtausendwende ganz handfeste<br />
geschäftliche Interessen, die die<br />
Hotelbetreiber veranlassten, in Mecklenburg-Vorpommern<br />
zu investieren. „Das<br />
Bundesland ist eine exzellente Urlaubsdestination,<br />
die hervorragend zum Konzept<br />
von Van der Valk passt, den Gästen<br />
eine große Vielfalt an Erholungs- und<br />
Freizeitmöglichkeiten zu bieten.“ In Linstow<br />
wurden seit Eröffnung des Resorts<br />
mehr als fünf Millionen Übernachtungen<br />
gezählt. Die Anzahl der Mitarbeiter verdoppelte<br />
sich seit 2001 auf aktuell mehr<br />
als 250.<br />
Größte Vielfalt soll nach Aussage von<br />
Wünsche den unternehmerischen Erfolg<br />
auch im alpincenter Wittenburg langfristig<br />
sichern. Die Skihalle mit einer 30.000<br />
Quadratmeter großen Piste gehört seit<br />
dem Jahr 2010 zum Imperium Van der<br />
Valk. Laut Wünsche passieren jährlich<br />
„100.000 Besucher die Drehkreuze“ des<br />
nur 80 Kilometer von Hamburg gelegenen<br />
alpincenters. Derzeit plant das Unternehmen,<br />
den Skihallen-Komplex zu erweitern.<br />
Insgesamt sollen 75 Millionen<br />
Euro investiert werden und mindestens<br />
750 neue Arbeitsplätze entstehen.<br />
In den zurückliegenden zweieinhalb<br />
Jahrzehnten hat sich „eine ganze Reihe<br />
niederländischer Unternehmen oder<br />
Tochterunternehmen von den Standortvorteilen<br />
Mecklenburg-Vorpommerns<br />
überzeugt und hier investiert“, hebt Wirtschaftsminister<br />
Harry Glawe (CDU) hervor.<br />
Angesiedelt hätten sich vor allem Firmen<br />
des verarbeitenden Gewerbes, so<br />
der Minister. Sie kommen vorrangig aus<br />
der Metall- und Holzbranche sowie der<br />
Ernährungswirtschaft. Glawe beziffert<br />
das bisherige Investitionsvolumen von<br />
Firmen aus den Niederlanden auf rund<br />
300 Millionen Euro. In der Folge entstanden<br />
landesweit ca. 3.000 Arbeitsplätze.<br />
So errichtete der niederländische Fischerei-<br />
und Fischhandelsriese Parlevliet &<br />
van der Plas auf der Insel Rügen Europas<br />
modernstes Fischwerk. Seit 2003<br />
werden am Standort Mukran Port in der<br />
Euro-Baltic Fischverarbeitungs GmbH<br />
jährlich 50.000 Tonnen Fisch, vorwiegend<br />
Hering, zu Filets und Marinaden-<br />
Erzeugnissen verarbeitet. Rund 90 Millionen<br />
Euro flossen in die 14.000 Quadratmeter<br />
große Produktionsanlage und<br />
in ein Kühlhaus für 20.000 Tonnen Fischware.<br />
Euro-Baltic beschäftigt etwa 200<br />
Mitarbeiter. Überdies unterhält die Parlevliet<br />
& van der Plas-Gruppe sechs von<br />
den gegenwärtig acht in Deutschland registrierten<br />
Hochseefang- und Verarbeitungsschiffen.<br />
Im Jahr 2010 ergänzte der europaweit<br />
agierende Backwaren-Konzern Continental<br />
Bakeries mit Hauptsitz im niederländischen<br />
Dordrecht sein Produktportfolio<br />
um eine legendäre Leckerei aus dem<br />
Norden – Grabower Schokoküsse. Continental<br />
Bakeries übernahm die Grabower<br />
Süsswaren GmbH. In dem traditionsreichen<br />
Betrieb im 6000-Einwohner-<br />
Städtchen Grabow südlich von Schwerin<br />
werden pro Jahr bis zu zwei Milliarden<br />
Schaumküsse in verschiedenen Varianten<br />
produziert, informiert Simone Koltzau,<br />
Werkmanagerin der Grabower Süsswaren<br />
GmbH.<br />
Allseits beliebt: Grabower Schokoküsse.<br />
In der Euro-Baltic Verarbeitungs GmbH in<br />
Sassnitz-Mukran auf der Insel Rügen werden<br />
jährlich bis zu 50.000 Tonnen Fisch verarbeitet.<br />
Wie in den Niederlanden, so zählt auch in<br />
Mecklenburg-Vorpommern der Schiffbau<br />
zu den prägenden Wirtschaftsbranchen.<br />
Das bewog die Central Industry Group<br />
(CIG) aus Groningen vor Jahren, eine<br />
Fertigungsstätte in unmittelbarer Nähe<br />
zur einstigen Stralsunder Volkswerft anzusiedeln.<br />
Der niederländische Firmenverbund<br />
ist unter anderem in der maritimen<br />
Industrie und auf dem Sektor der<br />
Erneuerbaren Energien engagiert. In der<br />
Ostseestaal GmbH & Co. KG, die im Jahr<br />
2000 in Stralsund den Betrieb aufnahm,<br />
wurden anfänglich vor allem 3D-kaltverformte<br />
Stahlbleche für den Schiffbau produziert.<br />
Mit der heraufziehenden Werftenkrise<br />
vor gut zehn Jahren begann das<br />
Unternehmen, neue Geschäftsfelder zu<br />
erschließen. Zum Beispiel fertigte Ostseestaal<br />
mit dem Partnerbetrieb Formstaal<br />
spektakulär geformte Fassadenteile<br />
für architektonisch außergewöhnliche<br />
Gebäude, darunter Luxushotels und andere<br />
Prestigebauten auf der arabischen<br />
Halbinsel. Seit einigen Jahren sorgen die<br />
zwei Spezialfirmen aber auch mit dem<br />
Bau von Elektro-Solarschiffen für die Berufsbinnenschifffahrt<br />
für Furore.<br />
Neben den größeren Investments niederländischer<br />
Unternehmen haben auch<br />
viele kleine Gewerbetreibende aus dem<br />
Land der Tulpen den Nordosten Deutschlands<br />
für sich entdeckt und sich hier angesiedelt.<br />
Mehr als 700 gebürtige Niederländer<br />
sollen derweil in Mecklenburg-<br />
Vorpommern leben und arbeiten. W+M<br />
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