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E_1929_Zeitung_Nr.009

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fend die starke Zunahme der mit Triptyks<br />

und Grenzpassierscheinheften eingereisten<br />

Autotouristen nicht als übersetzt bezeichnet<br />

werden darf, so kommt man auf die stattliche<br />

Zahl von zwei Millionen Logiernächten<br />

resp. Aufenthaltstagen. Man darf nun wohl<br />

annehmen, dass diese Gäste unseres Landes<br />

wohl mindestens 12 Franken pro Tag verausgabt<br />

haben, so dass unsere'Berechnung<br />

damit schliesst, dass die 1928 in die Schweiz<br />

eingefahrenen 103630 Automobilisten rund<br />

25 Millionen Franken zurückgelassen haben.<br />

Dass diese Berechnung nicht zu optimistisch<br />

ist, wird jeder Eingeweihte wohl bestätigen<br />

können. Die Zahlen zeigen aber recht nachdrücklich,<br />

welch grosse Rolle der Autotourismus<br />

heute in unserem Lande spielt und<br />

wie sehr alle Kreise, Behörden, Verkehrsinteressenten,<br />

Hoteliers, Garagebesitzer und verwandte<br />

Zweige etc. in gegenseitiger Zusammenarbeit<br />

mithelfen sollten, den Autotourismus<br />

noch möglichst erleichtern zu helfen<br />

durch Beseitigung aller heute noch bestehenden<br />

unnützen Schranken und Einengungen.<br />

Denn es kann den interessierten Erwerbskreisen<br />

heute sicherlich nicht gleichgültig<br />

sein, ob unserem Land alljährlich diese 25<br />

Millionen Franken zufliessen oder ein Teil<br />

davon einem andern Touristenland zugeführt<br />

wird. Auch die geheime Opposition unserer<br />

Eisenbahnen gegen den Autoreiseverkehr<br />

sollte einmal verschwinden, denn die vorstehenden<br />

Zahlen legen zu deutlich dar, dass<br />

man es hier nicht mit irgend einem untergeordneten<br />

Faktor unseres Wirtschaftslebens<br />

zu tun hat, den man beliebig in seiner Entwicklung<br />

einengen und weniger existenzfähig<br />

machen darf. Es darf auch nicht vergessen<br />

werden, dass zu diesem internationalen Autotourismus<br />

unseres Landes noch der eigene<br />

nationale all der Tausende von schweizerischen<br />

Fahrern kommt, und auch der darf<br />

ruhig mit etlichen Millionen Verdienst eingeschätzt<br />

werden.<br />

Die vorstehenden Zahlen zeigen aber auch,<br />

wie verfehlt es wäre, durch Einführung einer<br />

Autosteuer für Auslandautomobilisten den<br />

Autoreiseverkehr in der Schweiz zu erschweren.<br />

Zweifellos würde sich hieraus ein gewaltiger<br />

Rückschlag ergeben, wie das Beispiel<br />

Deutschlands mit seiner verhältnismässig<br />

geringen Zahl fremder Aiuslandautotouristen<br />

deutlich zeigt. Zugegeben, dass sich<br />

hieraus eine hübsche Finanzquelle ergeben<br />

würde und dass bei manchem kantonalen und<br />

eidgenössischen Finanzpolitiker vielleicht bei<br />

der Betrachtung der obstehenden Tabellen<br />

nur die Sohlusskonstatierung übrig bleiben<br />

wird, dass, wenn man von jedem dieser<br />

103630 Automobilisten eine Steuer von nur<br />

10 Franken abnehmen würde, sich die hübsche<br />

Einnahme von rund einer Million Franken<br />

ergeben würde. Da aber eine solche Einnahmequelle<br />

wohl nur dem Bund zufallen<br />

würde und nicht den Kantonen, dürfte sie bei<br />

letzteren weniger Verständnis finden. Es darf<br />

aber nicht ausser acht gelassen werden, dass,<br />

ganz abgesehen davon, dass alle Staaten ohne<br />

solche Ausländersteuer alsdann sofort mit<br />

Gegenmassnahmen aufrücken würden und die<br />

Schweizer Automobilisten schliesslich die<br />

Leidtragenden wären* die Einführung einer<br />

solchen schweizerischen Auslandautomobilistensteuer<br />

ohne jeden Zweifel ein sofortiges<br />

Zurückgehen des Zustromes fremder Autoreisenden<br />

zur Folge haben müsste. Dass das<br />

schweizerische Hotelgewerbe und das verwandte<br />

Gewerbe eine solche Entwicklung<br />

unseres Autotourismus nicht sehr begrüssen<br />

würde, ist klar, und käme unser Land nur in<br />

den unangenehmen Ruf, wiederum als autophober<br />

zu gelten als bis anhin. Der Automobilreiseverkehr<br />

hat in den letzten Jahren bei<br />

uns, ohne irgendwelche Inkonvenienzen mit<br />

sich zu bringen, eine prächtige Entwicklung<br />

genommen. Es gilt, auch für die Zukunft<br />

dafür zu sorgen, dass durch Verbesserungen<br />

(Strassenwesen) und Erleichterungen aller Art<br />

die zunehmende Kurve auch weiterhin anhält<br />

Die Autler-Landsgemeinde in Obwalden<br />

-st-. Nachdem dem Obwaldner Fiskus mit<br />

der Aufhebung der kantonalen Durchgangsgebühren<br />

ein empfindlicher Ausfall erwächst<br />

und gleichzeitig auch die Aufwendungen für<br />

den ausserordentlichen Strassenunterhalt sich<br />

stets mehren, musste der Regierungsrat notgedrungen<br />

zur Schaffung von neuen Einnahmequellen<br />

schreiten. Solche aber rasch zu<br />

äufnen, gelingt unserer Behörde so wenig als<br />

anderorts, und man muss sich vorläufig auch<br />

mit den bescheidenen Mitteln und Wegen begnügen,<br />

die den sonst gutmütigen Untertanen<br />

nicht gleich vor den Kopf stossen. So hat der<br />

Regierungsrat u. a. auch die Erhöhung der<br />

Automobil- und Motorradtaxen beschlossen<br />

was aber wiederum eine Revision der bestehenden<br />

Verordnung bedingte. Eine solche<br />

ist nun durchgeführt worden und bereits sollte<br />

ein diesbezüglicher Entwurf dem letzten Kantonsrat<br />

zur Durchberatung und Genehmigung<br />

vorgelegt werden. Die Behörde hatte aber<br />

die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Das:<br />

sie bei dieser Revision nicht auch die Interessenten<br />

beizog, war ein taktischer Fehler, der<br />

Was die Ausdehnung der Versicherungsdeckungen<br />

aui die beauftragten Lenker anbelangt,<br />

so verweise ich auf den letzten Absatz<br />

des Artikel 11 des Konkordates, wonach<br />

die Versicherung alle Unfälle zu decken<br />

hat, die das vom Eigentümer selbst oder von<br />

einer andern Person mit seiner Ermächtigung<br />

geführte Fahrzeug verursacht. Wir begegnen<br />

hinsichtlich dieser Bestimmung zwei<br />

erschiedenen Auffassungen. Die eine besteht j<br />

darin, dass die Versicherungsgesellschaften<br />

die namentliche Angabe der beauftragten<br />

Lenker verlangen, während eine Interpretation,<br />

wie sie dem zitierten Artikel seitens der<br />

baselstädtschen Behörden gegeben wird und<br />

die dahingeht, dass der Versicherungsschutz<br />

auf den gelegentlich oder dauernd beauftragten<br />

Lenker zu beziehen ist, ohne weiteres<br />

begründet erscheinen muss. Ein Beispiel<br />

aus der Praxis:<br />

Ein Familienvater schafft sich ein Automobil<br />

an. Beim Abschluss des Versicheungsvertrages<br />

erklärt er sich als Selbstlenker<br />

und behauptet, weder Familienangehörige,<br />

noch ein Chauffeur, noch eine weitere<br />

Person würden mit der Lenkung des Fahrzeuges<br />

betraut. In einem Jahr wird seine<br />

heute 17jährige Tochter 18 Lenze zählen und<br />

das erste, was sie an ihrem Geburtstage unternimmt,<br />

ist die kategorische Forderung<br />

nach einer Fahrbewilligung. Der Vater, der<br />

schon längst den Inhalt seines Vertrages vergessen<br />

hat, denkt nicht daran, die Police<br />

rechtzeitig auf seine Tochter auszudehnen<br />

und das ungestüme junge Wesen denkt überhaupt<br />

nicht daran, dass es so komplizierte<br />

Sachen, wie der Versicherungsvertrag eine<br />

ist, auf der schönen Welt geben kann. Stösst<br />

der jungen Fahrerin früher oder später ein<br />

Verkehrsunfall zu, so wird die .Schadenanzeige<br />

prompt erstattet und der betrübte<br />

Vater erhält die Mitteilung, es tue der Gesellschaft<br />

sehr leid, aber sie könne für die<br />

blgen des Ereignisses nicht aufkommen,<br />

weil die Tochter im Vertrag nicht eingeschlossen<br />

ist.<br />

Ein anderes Beispiel: Ein Selbstlenker fährt<br />

am Sonntag über Land und nimmt seinen<br />

reund, von dem er weiss, dass er fahren<br />

kann, mit. Während des Wegs vertraut er<br />

sein Fahrzeug dem Freunde zur Lenkung an;<br />

diesem passiert ein Unfallereignis und der<br />

Versicherer wird sich auch in diesem Falle<br />

mit dem Hinweis, dass bloss der Selbtlenker<br />

versichert ist, der Schadenregelung entzielen<br />

können.<br />

Die Beispiele wären in beliebiger Zahl zu<br />

vermehren.<br />

Wir sehen hieraus, dass der Einschluss der<br />

persönlichen Haftpflicht sämtlicher Lenker<br />

praktisch sehr grosse Bedeutung hat. Die<br />

Forderung der Behörden, das Konkordat in<br />

diesem Sinne zu interpretieren, muss zweielsohne<br />

als gerechtfertigt erscheinen.<br />

Die Vertragsbedingungen müssen im übrigen<br />

den Bestimungen der einschlägigen Gesetze,<br />

ich nenne vorerst das Obligationenrecht<br />

und das Zivilgesetzbuch, entsprechen.<br />

Ein weiteres Gesetz, es ist das das Bundesgesetz<br />

über den Versicherungsbetrag, muss<br />

ebenfalls in weitem Masse berücksichtigt<br />

werden. Gerade in diesem Gesetze sind eine<br />

Reihe von Bestimmungen enthalten, die Vorteile<br />

für den Versicherer und Nachteile für<br />

den Versicherten bedingen. Die Gesellschaft<br />

kann nämlich in gewissen Fällen von der Erfüllung<br />

des Vertrages zurücktreten, zum<br />

Beispiel bei absichtlicher Herbeiführung des<br />

Unfallereignisses, oder sie kann eine KÜTzung<br />

ihrer Leistungen vornehmen, beispielsweise<br />

gemäss Artikel 14 wegen grofofahrlassiger<br />

Herbeiführung des Ereignisses und gemäss<br />

Artikel 38 bei Verletzung der Meldepflicht.<br />

Wir wollen zugunsten unserer Motorfahrzeugführer<br />

annehmen, dass sie keine<br />

Unfälle absichtlich heraufbeschwören. Derartiges<br />

ist jedenfalls äusserst selten, was<br />

aber vorkommen kann ist die grobfahrlässige<br />

Verursachung und ferner ein fahrlässiges<br />

Verhalten bei der Schadenanzeige. Solche<br />

Fälle sind glücklicherweise nicht die Regel,<br />

aber sie weisen doch darauf hin, dass<br />

dem Ersatzpflichtigen unter Umständen über<br />

die Selbsthaftung hinaus Leistungspflichten<br />

entstehen, die er bei prekärer wirtschaftlicher<br />

Lage gar nicht erfüllen kann. Es erhellt<br />

hieraus, dass die Interessen des Verletzten<br />

in einem Schadenfalle möglicherweise nicht<br />

voll gewahrt sind, und doch hat er Anspruch<br />

auf vollen Schadenersatz. Eine solche Auswirkung<br />

der Insolvenz des Ersatzpflichtigen<br />

muss uns zu denken geben. Wenn die Fälle<br />

auch nicht besonders häufig sein werden, so<br />

rechtfertigt es sich doch, auf Mittel und Wege<br />

zu sinnen, um den Versicherungsschutz auf<br />

derartige Situationen auszudehnen. Nach der<br />

bundesgerichtlichen Rechtsprechung sjnd die<br />

Kantone zweifellos befugt, den bisher bestehenden<br />

Mangel im Versicherungsschutz<br />

durch geeignete Massnahmen zu beheben.<br />

Die Polizeidirektorenkonferenz hat sich wiederholt<br />

mit der Frage befasst und die Folge<br />

der Besprechungen und Unterhandlungen besteht<br />

darin, dass in mehreren Kantonen von<br />

den Gesellschaften, die das Haftpflichtgeschäft<br />

tätigen, verfangt worden ist, und<br />

zwar in mehr oder weniger weitgehender<br />

Form, dem Geschädigten unter allen Umständen<br />

die ihm zustehende Schadensumme<br />

zukommen zu lassen. In Basel-Stadt besteht<br />

seit dem vergangenen Sommer eine Regelung<br />

in dem Sinne, dass die Gesellschaften<br />

sich durch eine Erklärung verpflichtet haben,<br />

de Geschädigten wenigstens dann vollen Ersatz<br />

zu leisten, wenn er vom Ersatzpflichtigen<br />

jenen Betrag, den die Gesellschaft abzuziehen<br />

berechtigt war, nicht erhältlich machen<br />

kann. Ein weiterer Ausbau des Versicherungsschutzes<br />

in dieser Hinsicht, sei es<br />

auf kantonaler, interkantonaler oder eidgenössischer<br />

Basis, ist jedenfalls zu erwarten.<br />

Bei sachlicher Betrachtung solcher Massnahmen<br />

darf ohne Bedenken angenommen<br />

werden, dass das Interesse des Verletzten<br />

oder Geschädigten der Behörde , unbedingt<br />

am Herzen gelegen ist und wenn dieses Interesse<br />

im Vordergrund steht, so ist nicht zu<br />

verkennen, dass ein weitgehender Versicherungsschutz<br />

auch für den Ersatzpflichtigen<br />

eine Wohltat darstellt. Denn sie bewahrt<br />

diesen vor der Ueberanspannung seiner<br />

wirtschaftlichen Kräfte, wäre es doch ganz<br />

gut denkbar, dass der Ersatzpflichtige, der<br />

keine genügende Versicherungsdeckung besitzt,<br />

bei der Erfüllung seiner Ersatzpflicht,<br />

die seine Mittel auf Jahre hinaus festlegen<br />

kann, der Verarmung ausgesetzt ist. Ich<br />

gehe also nicht zu weit, wenn ich erkläre,<br />

dass das Gemeinwohl für die Behörde wegbestimmend<br />

ist. Wenn nun noch der Dritte<br />

im Bunde, um so zu sagen, nämlich die Versicherungsgesellschaft,<br />

durch eine weise und<br />

gerechte Prämienpolitik den Bogen nicht<br />

überspannt, so wäre der Hausfriede in allen<br />

Lagern gewahrt. Würde die grosse Masse<br />

der Versicherten mit der Zeit durch zu hohe<br />

Prämien vor den Kopf gestossen, so wäre zu<br />

erwarten, dass sie die Einführung der Versicherung<br />

auf genossenschaftlicher Basis oder<br />

die Einrichtung einer staatlichen Haftpflichtversicherungsanstalt<br />

in den Kreis ihrer Betrachtungen<br />

ziehen.<br />

nun zur Folge hatte, dass seitens der obwäld- ] len Stunden die sehr interessante Geschäfts-<br />

nerischen Automobilisten sofort eine Eingabe<br />

an den Kantonsrat gemacht wurde, worin<br />

man die sicherlich berechtigte Forderung<br />

stellte, es möge der Rat auf die revidierte<br />

Verordnung nicht eintreten, ehe und bevor die<br />

zuständige Behörde den Automobilisten Gelegenheit<br />

gegeben habe, sich zu diesem neuen<br />

Entwürfe auch zu äus'sern und ihre Anträge<br />

und Wünsche einzubringen.<br />

Das Gesuch wurde dann noch von zwei<br />

Ratsvertretern als Automobilisten eingehend<br />

begründet und der Rat wies den Entwurf mit<br />

entschiedener Mehrheit an den Regierungsrat<br />

zurück, der nun sofort eine Kommission bestellte,<br />

zu der auch drei Vertreter der obwaldnerischen<br />

Automobilisten beigezogen wurden,<br />

um so eine allseits befriedigende Lösung zu<br />

erzielen.<br />

Auf den letzten Samstag hat nun ein Initiativkomitee<br />

sämtliche obwaldnerischen<br />

Automobilbesitzer und Motorradfahrer zu<br />

einer öffentlichen Versammlung nach Samen<br />

einberufen und in der stattlichen Zahl von<br />

beinahe 100 Mann sind sie denn auch angerückt<br />

Als Vertreter der Behörde war Herr<br />

Polizeidirektor Landammann Businger anwesend.<br />

Unter dem Präsidium von Herrn<br />

Gemeinderat Chr. Dillier, Auto-Garage in<br />

Samen, wickelte sich nun während drei vol-<br />

AUTOMOBIL-REVUE <strong>1929</strong> — a<br />

Zur Frage der Aufomobilhaffpflidif.*)<br />

ii*<br />

*) Siehe Leitartikel Auto-Revue No. 8.<br />

liste ab, die lediglich in der artikelweisen Beratung<br />

der neuen Verordnung über den Motorwagen-<br />

und Fahrradverkehr bestand und<br />

deren Diskussion manch gute Idee und wohlberechtigte<br />

Wünsche, Anregungen und Anträge<br />

zeitigte.<br />

Grundsätzlich war man allgemein mit der<br />

Erhöhung der Taxen einverstanden, knüpfte<br />

aber vorsorglicherweise an dieses Einverständnis<br />

die ebenso berechtigte Forderung<br />

auf einen möglichst raschen, gründlichen und<br />

zeitgemässen Ausbau des kantonalen Strassennetzes.<br />

Mit Recht wurde hiebei auf die gegenwärtig<br />

misslichen Strassenverhältnisse hingewiesen,<br />

auf die niemals den Zeitverhältnissen angepasste<br />

Beschotterung der Hauptstrassen<br />

und die nörgelnde Schikane bei der Befahrung<br />

von Gemeindestrassen.<br />

Herr Landammann Busfnger gab die Berechtigung<br />

der Klagen teilweise zu, wies aber<br />

gleichzeitig auf die prekäre finanzielle Lage<br />

hin, die es niemals gestatten würde, einen sofortigen,<br />

dem stets sich steigernden Automobilverkehr<br />

angepassten Ausbau der Strassen<br />

vorzunehmen. Die Behörde wird aber<br />

alles. tun, um die bisherigen Uebelstände<br />

raschmöglichst zu beseitigen. Sehr willkommen<br />

kam die Botschaft, wonach der Regierimgsrat<br />

dem nächsten Kantonsrat die Ausrichtung<br />

einer ausserordentlichen Subvention<br />

im Betrage von einer Million Franken beantragt,<br />

die innert 5 Jahren ausschliesslich nur<br />

für den Strassenbau verwendet werden solL<br />

Nach der Durchberatung des neuen Entwurfes,<br />

der wesentliche Abänderungen und<br />

Ergänzungen von Seiten der Automobilisten<br />

erfuhr, wurde eine 7gliederige Kommission<br />

bestimmt, mit der Aufgabe, in Verbindung mit<br />

der regierungsrätlichen Kommission die revidierte<br />

Verordnung im Sinne der gefallenen<br />

Wünsche und Anregungen zu bereinigen. Wir<br />

werden auf die bereinigte Vorlage noch gelegentlich<br />

zu sprechen kommen.<br />

Die Tagung stand im Zeichen allseitiger.<br />

Verständigung und einer gesunden fortschrittlichen<br />

Verkehrspolitik.<br />

Fahrlässigkeit beim Motorfahrzeug<br />

und beim Fussgänger.<br />

Aus dem Bundesgericht.<br />

Moderne Verkehrsordnungen regeln nicht<br />

nur das Verhalten der Fahrzeuge, sondern<br />

auch dasjenige der Fussgänger. Aber auch<br />

da, wo derartige Vorschriften noch nicht bestehen,<br />

kommt in der Rechtsprechung immer<br />

mehr der Gedanke zum Ausdruck, dass auch<br />

der Fussgänger nicht kopflos handeln dari<br />

und die allfälligen Folgen seiner Fahrlässig-,<br />

keit selber tragen muss. Als Beispiel hierfür<br />

diene ein Prozess aus dem Kanton Genf, der<br />

soeben vor Bundesgericht seinen Abschluss<br />

gefunden hat.<br />

Der Kläger wollte im Oktober 1925 an<br />

einem Samstagabend nach Einbruch der Dunkelheit<br />

eilig die Rue de la Servette in Genf<br />

queren und unterliess dabei, sich vorher umzusehen,<br />

obschon er als Anwohner den lebhaften<br />

Verkehr dieser Hauptstrasse kennen<br />

musste. Er wurde dabei von einem Motorradfahrer<br />

angefahren, welcher diese Strasse<br />

ungeachtet des Gefälles, der Dunkelheit und<br />

des dichten Verkehrs in raschem Tempo<br />

herabfuhr und deswegen den Zusammenstoss<br />

im letzten Augenblick nicht mehr hindern<br />

konnte. Die Folgen waren derart, dass der<br />

Fussgänger zwei Jahre lang völlig arbeitsunfähig<br />

war; auf diese zwei Jahre folgten<br />

zwei weitere Jahre mit einer um 75 % verminderten<br />

Erwerbsfähigkeit, und auch bei<br />

fortschreitender Besserung des Zustandes<br />

wird eine Arbeitsunfähigkeit von 50% bleiben.<br />

Auf die Schadenersatzklage des Fussgängers<br />

nahmen sowohl die erste als die zweite<br />

Gerichtsinstanz in Genf,an, dass beide Teile<br />

ein Verschulden an dem Unfall treffe, den<br />

Motorradfahrer wegen des unter den obwaltenden<br />

Umständen viel zu raschen Tempos,<br />

den Fussgänger wegen seines unvorsichtigen<br />

Versuches, über die Strasse zu eilen, ohne<br />

sich zu vergewissern, dass der Weg frei sei.<br />

Beide Instanzen nahmen dabei an, dass das<br />

Verschulden des Fussgängers, also des Klägers,<br />

ein schwereres sei als dasjenige des<br />

Motorradfahrers und dass das beidseitige<br />

Verschulden im Verhältnis von zwei Fünfteln<br />

zu drei Fünfteln zu werten sei. Vor beiden<br />

Instanzen wurde daher entschieden, dass der<br />

beklagte Motorradfahrer dem Kläger nur<br />

zwei Fünftel des erlittenen Schadens zu ersetzen<br />

habe- Allerdings verurteilte die erste<br />

Instanz den Beklagten zu über 20 000 Franken<br />

Schadenersatz, die obere Instanz dagegen<br />

nur zu 12 253 Franken, weil die obere Instanz<br />

den Erwerb des Klägers und damit den durch<br />

die Einbusse an Arbeitsfähigkeit erlittenen<br />

Schaden niedriger einschätzte.<br />

Das Bundesgericht hat diesen Entscheid<br />

mit vier zu drei Stimmen insofern abgeändert,<br />

als der vom Beklagten zu leistende<br />

Schadenersatz auf 16191 Franken erhöht<br />

wurde. Die Mehrheit ging dabei von der Auffassung<br />

aus, dass zwar beide Teile ein Verschulden<br />

am Unfall treffe, dass aber das Verschulden<br />

des Motorradfahrers ebenso schwerwiegend<br />

sei wie dasjenige des Klägers. Gewiss<br />

mache sich der Fussgänger, welcher<br />

eine belebte Strasse ohne jede Vorsicht überquere,<br />

einer schweren Fahrlässigkeit schuldig;<br />

allein der Motorradfahrer, welcher trotz<br />

des Gefälles, trotz des an einem Samstagabend<br />

besonders regen Verkehrs und trotz<br />

der einbrechenden Dunkelheit in Verletzung<br />

der genferischen Fahrvorschriften ein schnelles<br />

Tempo eingehalten habe, sei in gleichem<br />

Masse für den Unfall verantwortlich. Dass er<br />

in dem nach dem Unfall eingeleiteten Strafverfahren<br />

freigesprochen worden sei, komme<br />

für die zivilrechtliche Verantwortlichkeit nicht<br />

in Betracht. Da das Verschulden des Beklagten<br />

als ebensoschwer einzuschätzen sei wie<br />

das des Verletzten, so habe der Beklagte<br />

nicht nur zwei Fünftel, sondern die Hälfte des<br />

dem Kläger erwachsenen Schadens zu vergüten,<br />

was eine Erhöhung des Schadenersatzes<br />

von 12 253 Fr. auf 16 191 Fr. bewirkt.<br />

Dagegen kann angesichts des gleichwertigen<br />

Verschuldens des Klägers von der Verurteilung<br />

des Beklagten zu einer Genugtuungssumme<br />

nicht die Rede sein.<br />

Die Minderheit des Gerichtshofes wollte<br />

das kantonale Urteil bestätigen, da sie sich<br />

seiner Würdigung des beidseitigen Verschuldens<br />

anschloss. W.

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