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E_1930_Zeitung_Nr.020

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16 AUTUMObJlL-KKVUE <strong>1930</strong> — N° 20<br />

« WclI-Upholstcred Girl » angebrochen sei. ten: Hüftweite 36,5 Zoll, Taille 26 Zoll, Büstenumfang<br />

34 Zoll, Körpergewicht etwa 60<br />

Frau Fanchon gibt gleich die Masse für den<br />

neuen Typ, der ihr vorschwebt, an. Sie lau-<br />

Kilogramm.<br />

Ein Häuschen für 2535 Franken<br />

Zu jener Zeit, da die Hutnadeln der Damen<br />

die öffentliche Sicherheit bedrohten und die<br />

mit ihnen befestigten Hüte den Karikaturisten<br />

einen unerschöpflichen Quell für ihren<br />

Witz böten, feierte das dekorative Ornament<br />

Triumphe. Verschnörkelte Ranken, Rosetten<br />

und Knospen erfüllten die wohl düsteren,<br />

aber sauberen Häuslichkeiten und der Rhythmus<br />

der ornamentalen Wellen verschonte<br />

selbst Bürstenhalter und Schirmständer<br />

nicht. Das war zu jener Zeit, da der Staub<br />

der Strassen durch die langschleppenden<br />

h'rauenröcke gefährlich aufgewirbelt wurde,<br />

da die Würde der Familie durch gepflegte<br />

Vollbarte, kunstvoll geflochtene Haarknoten<br />

und allgemeine Brettsteifheit gewahrt wurde.<br />

Der Weltkrieg, jenes ungeheure Grossreinemachen,<br />

hat in Europa mit allem möglichen<br />

alten Gerumpel auch den gesamten dilettantischen<br />

kunstgewerblichen Ungeschmack in<br />

den Winkel gekehrt, mochte er durch verkümmerte<br />

Gefühle unerweckten Weibtums<br />

oder jene kunstgewerblichen Werkstätten in<br />

die- Welt gesetzt worden sein, die stolz darauf<br />

waren, dass sie aus Holz Marmorgegenstände,<br />

aus Gips Stein- oder Bronzegefässe,<br />

aus grünem Papier paradiesische Palmen-<br />

Iiainidyllen schufen und weiches Holz mittels<br />

Oelfarbe und Kamm zu prächtiger Eiche<br />

wandelten.<br />

In den Trümmern des Krieges blieb auch<br />

die tränenselige Sentimentalität, deren bezeichnender<br />

Genosse der Stiefelknecht war,<br />

vergraben. Die Maschine betrat ihre siegreiche<br />

Bahn. Ingenieure schufen neue hellenische<br />

Schönheit. Kein Tag vergeht, da nicht<br />

eine neue Erfindung, ein neuer Fortschritt<br />

auftaucht. Benzingetränkte Maschinen beherrschen<br />

die Strasse. Sie verdrängten die<br />

Fäulnis der Pfützen aus den Idyllen der Gässchen.<br />

Den Platz der inmitten « ihrer » Gasse<br />

diskutierenden Altpensionisten haben Verkehrspolizisten<br />

eingenommen. Seufzer haben<br />

intensiver Arbeit Raum gemacht. Fassaden<br />

verschwinden, um grösseren Fensterflächen<br />

Platz zu machen. Fenster ohne' schwere, lichtundurchlässige<br />

Vorhänge sind keine Schande<br />

mehr. Alte Kanapees mit Galerien voll Erinnerungen<br />

an Venedig und Lourdes sind von<br />

den einfachen, breiten Ruhebetten verdrängt<br />

worden.<br />

Das Wofanproblem in der Grossstadtcity<br />

wird immer aktueller. In Paris ergeben sich<br />

immer gewaltigere Schwierigkeiten in der Regelung<br />

des Verkehres, der von Tag zu Tag<br />

wächst. Die Strassen sind durch Fahrzeuge<br />

verstellt, das Parken am Gehsteig wird zur<br />

Unmöglichkeit. Wie soll in diesem Wirbel<br />

eine Familie hausen, ihren Kindern die nötige<br />

Freiheit und gesunde Luft bieten? Es<br />

erübrigt nur, aus der Stadt hinaus zu ziehen.<br />

Aber wenn auch hier wieder gewaltige Zins-<br />

Eine Erholungsreise hatte mich ins. Land<br />

rler Kabylen nach Algier geführt. . Mein<br />

Hotelier, cm alter Italiener, entdeckte zufällig<br />

eines Tages meine Passion für schöne<br />

Schmetterlinge. Er sagte: «Sie sollten mal<br />

zu dem alten Doktor Jouvart gehen, drüben<br />

in Faubourg de l'Agha. Er wird Ihnen bestimmt<br />

gern seine Sammlung zeigen. Sie<br />

ist einzig in ihrer Art.»<br />

«Und wer ist dieser alte Jouvart?»<br />

Der Wirt zuckte die Achseln.<br />

«Was soll ich sagen? Ein Sonderling, der<br />

nur seinen Sammlungen lebt. Im übrigen<br />

ein braver Mann, der kaum einem Moskito<br />

etwas zuleide tun wind.»<br />

Ich nahm den Vorschlag dankend an und<br />

suchte am nächsten Morgen den Gelehrten<br />

in seinem abgelegenen Hause auf. Ein<br />

Mann etwa am Ende der Sechzig, weissbürtig,<br />

eine Brille auf der Nase, trat mir<br />

entgegen. Seine Augen erhellten sich, als ich<br />

ihm den Grund meines Besuches mitteilte.<br />

Mit grösster Bereitwilligkeit führte er mir<br />

seine Sammlung vor, erklärte mir jedes<br />

einzelne Exemplar, nannte von jedem den<br />

Fundort-, machte mich auf die Unterschiede<br />

und Feinheiten der Zeichnungen aufmerksam.<br />

Wir betrachteten erst die Tag-, dann<br />

die Nachtschmetteiiinge. In dem Kasten,<br />

der diese letzteren enthielt, war noch ein<br />

Platz frei; wohl steckte eine Nadel im Holz,<br />

doch das Tier fehlte.<br />

«Eine Lücke in ihrer schönen Sammlung?»<br />

fragte ich. Der Gelehrte nickte: «Ja,<br />

und wollte Gott, ich hätte nie versucht, die<br />

sen Platz zu füllen.» Wir sprachen bald<br />

darauf von der Leidenschaft, die den Sammler<br />

zuweilen ergreift, dass er alles andere,<br />

seine Geschäfte, seine Familie sogar, darüber<br />

vergisst.<br />

«Ein Sammler ist gefährlich», rief der<br />

alle Herr mit. französischer Lebhaftigkeit,<br />

«er ist zu allem fähig. Nein, nein, ich<br />

scherze nicht, ich meine ganz ernsthaft, zu<br />

kasernen erbaut werden sollten, würde sich<br />

der Zauberkreis im Nu schliessen. Es entstehen<br />

dafum Kolonien kleiner Familienhäuser.<br />

Im Umkreise von 40 km jenseits der Tore<br />

von Paris findet man kleine Villen mit Gartenland<br />

in der verschiedenartigsten Ausführung,<br />

zu den verschiedensten Preisen. Ausserhalb<br />

der Stadt wohnen, sein eigenes mit<br />

modernem Komfort ausgestattetes Heim und<br />

eine Garage zu besitzen, ist das Ideal von<br />

heute.<br />

Dieser Neuordnung des Daseins und des<br />

Wohnens ist die Exposition de l'habitation<br />

an der Porte de Versailles gewidmet. Als<br />

Muster dient eine Reihe bereits erbauter Familienhäuser<br />

und Villen. Auch dem sozial<br />

ganz Schwachen wird die Möglichkeit eines<br />

eigenen Heims geboten. Es genügt, wenn man<br />

ein paar Quadratmeter Boden besitzt, die Gesellschaft<br />

« La Maison » erbaut für blosse 2535<br />

Franken ein Häuschen. Es umfasst ein Zimmer<br />

im Ausmass von 2,50^2,80 m und ein<br />

zweites, das 2,50>

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