E_1930_Zeitung_Nr.020
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IB. Blatt<br />
BERN, 11. März <strong>1930</strong><br />
II. Blatt<br />
BERN, 11. März <strong>1930</strong><br />
Tedhn. Rund<br />
Das rollende Haus.<br />
Die Betriebswirtschaftlichkeit spielt beim<br />
Omnibus eine viel grössere Rolle als beim<br />
Personenwagen. In nicht geringem Masse<br />
hängt sie dabei vom Verhältnis der Nutzlast<br />
zur toten Last ab. Die Nutzlast soll im<br />
Vergleich zum Leergewicht des Wagens<br />
möglichst gross sein. Da das Ladegut der<br />
Omnibusse, der Mensch, verhältnismässig<br />
leicht, aber «sperrig» ist, kommt es, wenn<br />
man die ganze Tragfähigkeit des Wagens<br />
ausnützen will, darauf an, hauptsächlich auf<br />
Geräumigkeit hin zu bauen. Der Unterbau<br />
muss einen möglichst geräumigen Oberbau<br />
erhalten.<br />
Bisher hat dieser Grundsatz meist nur beschränkt<br />
Anwendung gefunden. Da die<br />
meisten Omnibusse auf gewöhnlichen Lastwagen<br />
herausentwickelt wurden, blieb der<br />
Laderaum verhältnismässig klein. An Stelle<br />
der Ladebrücke wurde einfach ein geschlossener<br />
Kasten, die Karosserie, aufgesetzt.<br />
Sehr viel unausgenützter Raum blieb dabei<br />
beidseitig des Motors und hinter diesem<br />
übrig. Eine teilweise Ausnahme war nur bei<br />
den englischen Omnibussen zu verzeichnen,<br />
bei denen bekanntlich der Passagierraum bis<br />
dicht an den Motor vorgezogen und der<br />
Führersitz dafür neben den Motor eingebaut<br />
ist.<br />
Nachdem Amerika vorangegangen war,<br />
haben nun auch europäische Fabriken in der<br />
letzten Zeit den Bau von Omnibussen mit<br />
hundertprozentig ausgenützter Ladefläche<br />
aufgenommen. Man ging dabei vom Grundsatz<br />
aus, einen Wagenkasten von der erforderlichen<br />
Grosse als das Gegebene zu betrachten<br />
und nicht mehr das Chassis. Die<br />
Bedeutung des Chassis mit der Motoranlage<br />
sinkt dabei zu der eines notwendigen<br />
Uebels herab. Der Motor wird an einer<br />
Stelle untergebracht, wo er nicht mehr im<br />
Weg ist. Wenn seine Zugänglichkeit dabei<br />
auch nicht mehr so gut ist wie bei der konventionellen<br />
Anordnung, so hat das noch<br />
nicht viel zu sagen. Die modernen Motoren<br />
sind ja so zuverlässig, dass sie kaum mehr<br />
einer Wartung bedürfen.<br />
Abb. 1. Grundriss eines amerikanischen Grossraum-Omnibusses mit Einzelmotorantrieb der Hinterräder.<br />
Abb. 2. Seitenansicht eines amerikanischen Grossraum-Omnibusses.<br />
Abb. 3. Ein deutscher Grossraum-Omnibus mit rechts unter der Wagenmitte angeordnetem Motor.<br />
Einige Konstrukteure sind noch einen<br />
Schritt weiter gegangen und haben sich<br />
auch vom Chassisrahmen losgesagt. Der<br />
hohe, lange Wagenkasten eines Omnibus ist<br />
ja sehr gut geeignet, den Chassisrahmen zu<br />
ersetzen, wenn man ihn fest genug ausbildet,<br />
Neue Omnibusbauarten<br />
I A Aicn<br />
Die beistehenden Skizzen zeigen drei<br />
Ausführungsbeispiele nach solchen Gesichtspunkten<br />
gebauter Omnibusse.<br />
Abb. 1 zeigt den Grundriss des Fageol-<br />
Zwillingsomnibüsses, der mit zwei Motoren<br />
von je 4,26 1 Zylinderinhalt ausgerüstet ist,<br />
die unter Zwischenschaltung einer starken<br />
Lamellenkupplung und eines Dreiganggetrie-i<br />
bes mit Rückwärtsgang auf je ein Hinter-*<br />
rad arbeiten. Das Differential fällt fort,<br />
Alle Schaltmechanismen sind so abgestimmt,<br />
dass bei Defekt eines Motors der,<br />
andere das Fahrzeug mit halber Geschwind<br />
digkeit antreiben kann. Der Aufbau, in deni<br />
die Motoren in Dreipunktlagerung eingehan-«<br />
gen sind, ist nur aus Stahl und Aluminium<br />
hergestellt unter Ausbidung der Wände als<br />
Traggurte. Die Lenkung liegt sehr günstig<br />
weit vorn. Das luftbereifte Fahrzeug wird<br />
einmal als 37sitziger Ueberland-Salonomni-i<br />
bus, das andere Mal mit 40 Sitz- und 37,<br />
Stehplätzen als Stadtomnibus ausgeführt,<br />
Beide Typen haben Luftdruck-Vierradbremse<br />
und Getriebe-Handbremse.<br />
Der Omnibus nach Abb. 2 ist im Auffeti<br />
ähnlich ausgeführt' Die Seitenwände sind<br />
Stahlblechtraggurte. Das System der unteren<br />
Lang- und Querträger ist zu einem<br />
soliden Stahlgerippe zusammengefasst, Der<br />
schwere Motor (100 PS bei 1800 Touren/Min.)'<br />
liegt in dem geschlossenen Rahmenverband<br />
etwa in Fahrzeugmitte. Dreiganggetriebe<br />
und Einscheibenkupplung sind angeblockt,<br />
Da der Wagen eigentlich für den Stadtverkehr<br />
bestimmt ist* wurde der Hauptwert aul<br />
hohe Beschleunigung im ersten und zweiten'<br />
Gang bei einer Höchstgeschwindigkeit von<br />
50 km/Std. gelegt. Die Maschine arbeitet<br />
mit kurzer Rohrwelle auf die untenliegende<br />
Schnecke der Hinterachse.<br />
Das deutsche Fahrzeug (Abb. 3) ähnelt<br />
beiden Konstruktionen, obgleich es in patentierten<br />
wesentlichen Einzelheiten von ihnen<br />
abweicht. Der Wagen ist als Dreiachser aus*<br />
gebildet, der Aufbau eine Ganzstahlkonstruktion.<br />
Der Motor mit Kupplung und Getriebe<br />
ist unter einen aufklappbaren Doppelquersitz<br />
gelagert und so eingebaut, dass das ge-i<br />
samte Maschinenaggregat einmal um einen<br />
vorderen und einmal um einen hinteren<br />
Drehpunkt nach aussen geschwenkt werden<br />
kann. Er arbeitet über Schneckengetriebe<br />
mit Differentialen in jeder Achse auf beide<br />
Hinterachsen. Auch hier fehlt ein eigent«<br />
licher Chassisrahmen.<br />
cB<br />
* » '«<br />
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