E_1930_Zeitung_Nr.061
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11 AUTOMOBIL-REVUE <strong>1930</strong> — N° 61<br />
Wieder der Niveau-Uebergang<br />
von Meyriez.<br />
Wohl die meisten Automobilisten, die schon<br />
auf unserer «Route Nationale» über Bern-<br />
Murten nach dem Waadtland gefahren sind,<br />
kennen den berüchtigten Niveau-Uebergang<br />
von Meyriez (Merlach). Und wer ihn aus<br />
eigener Erfahrung nicht kennt, der erinnert<br />
sich gewiss an den Unfall, der vor etlichen<br />
Jahren dem Ehepaar Doleires aus Avenches<br />
das Leben kostete, weil die Barriere offengeblieben<br />
war.<br />
Aber nicht nur deswegen hat der Bahnübergang<br />
eine traurige Berühmtheit erlangt;<br />
er hat sie auch wegen seiner Anlage: mitten<br />
in dem sonst geraden, ansteigenden Strassenzug<br />
stellt sich dem Automobilisten ein Hindernis<br />
dar, das sowohl für ein Gymkhana, aber<br />
nicht für eine erstklassige Durchgangsstrasse<br />
seine Berechtigung hat. Da schneidet die<br />
Bahnlinie in einer Rechtskurve die Strasse,<br />
und zwar auch nicht einmal rechtwinklig zu<br />
dieser. Die Kurve bedingt, dass das zwischen<br />
den Geleisen liegende Strassenstück im entgegengesetzten<br />
Sinne zur Strasse geneigt ist,<br />
so dass der Automobilist das Gefühl hat, er<br />
fahre über einen schräg in der Strasse liegenden<br />
Graben. Man kann sich vorstellen, welche<br />
Beanspruchung auch bei langsamer, sorgfältiger<br />
Ueberquerung Federn, Chassis und<br />
Karosserie erleiden müssen. Auch aus diesem<br />
Grunde hätte dieser Uebergang längst beseitigt<br />
werden sollen. Jedenfalls ist es jedem<br />
Automobilisten anzuraten, sowohl in seinem<br />
wie in des Wagens Interesse, diesen sonderbaren<br />
Niveau-Uebergang möglichst langsam<br />
zu befahren. Wohl ist der Uebergang durch<br />
eine entsprechende Tafel gekennzeichnet;<br />
doch fehlt ein Hinweis auf die Niveauverhältnisse.<br />
Diese anormale Anlage des Uebergangs<br />
trägt m. E. auch die Hauptschuld an dem<br />
Verkehrsunfall, der sich letzten Dienstag vormittag,<br />
etwas vor 11 Uhr, dort ereignet hat.<br />
Kam da von Westen her ein offener Maximag<br />
gegen den Uebergang heruntergefahren. Von<br />
unten hinauf nahte in ziemlich rascher Fahrt<br />
ein geschlossener Falcon Knight, dem. der<br />
Uebergang zum Verhängnis wurde. Durch<br />
die Unebenheit des Bodens, wie sie durch die<br />
Anlage der Bahnlinie bedingt ist, wurde der<br />
Waadtländer Wagen auf die linke Strassenseite<br />
abgedreht und gegen den Maximag geworfen.<br />
Glücklicherweise blieb es beim<br />
Materialschaden. Beiden Wagen wurde das<br />
ünke Vorderrad und damit die Lenkung sowie<br />
die Schutzbleche stark beschädigt, so<br />
dass sie abgeschleppt werden mussten.<br />
Der Schreiber dieser Zeilen ist schon weit<br />
in der Schweiz herumgefahren, hat aber nirgends<br />
einen so verkehrsgefährdenden Uebergang<br />
angetroffen. Es wäre wirklick bald an<br />
der Zeit, dass dieser so oder anders berüchtigte<br />
Uebergang, der an einer Hauptverkehrsader<br />
der Schweiz liegt, ehestens verschwände,<br />
by.<br />
Das Recht des Verfahrens an<br />
Hindernissen.<br />
Auf der Hauptstrasse zwischen Bern und<br />
Burgdorf ereignete sich kürzlich ein ziemlich<br />
schwerer Autounfall, wobei eine grosse öplätzige<br />
Limousine über das 3 Meter hohe Strassenbord<br />
hinunterstürzte und sich zweimal überwarf, so<br />
dass die 3 Insassen mit Brüchen, Schnittwunden<br />
und Quetschungen ins Spital nach Bern transportiert<br />
werden mussten. Ein Insasse des verunglückten<br />
Wagens ersucht uns um Aufnahme der<br />
folgenden prinzipiellen Feststellung:<br />
Die Ursache dieses Unglücks auf offener<br />
und übersichtlicher Strasse ist auf eine typische<br />
Missachtung eines der ersten Gebote<br />
der Verkehrsregeln zurückzuführen. An der<br />
Unfallstelle befand sich, etwa ein Viertel der<br />
Fahrbahnbreite sperrend, ein kleines Zelt, wie<br />
es bei Kabelreparaturen verwendet wird. Dieses<br />
Zelt befand sich, von der Berner Seite<br />
aus gesehen, links am Strassenrand, und der<br />
aus Bern kommende Fahrer hatte daher freie<br />
Bahn, nicht aber der in der Gegenrichtung<br />
kommende Wagen. Ohne abzuwarten, bis der<br />
von Bern herannahende Wagen das Zelt passiert<br />
hatte, wollte der Gegenfahrer um jeden<br />
Preis auch noch an diesem Zelt vorbei, wozu<br />
er seine Fahrbahn verlassen und in jene des<br />
ändern Autos biegen musste. Kaum hatte die<br />
Limousine das Zelt passiert, so wurde sie von<br />
dem andern Auto in der Flanke angefahren,<br />
wobei sich durch den Anprall auf die Radnaben<br />
die Steuerung verklemmte und das<br />
Auto in einer plötzlichen Linkskurve gegen<br />
die Strassenböschung und über diese schräg,<br />
immer noch mit abgedrehter Steuerung, hinunterfuhr,<br />
so dass sich der Wagen zuerst in<br />
der Längsachse und dann in der Querachse<br />
überschlug und ca. 170 Grad gegenüber der<br />
ursprünglichen Fahrtrichtung liegen blieb.<br />
Man kann die Unart von Wagenlenkern,<br />
bei solchen Hindernissen nicht demjenigen<br />
den Vortritt zu lassen, dessen Fahrbahn frei<br />
ist, noch oft beobachten. Es untersteht keinem<br />
Zweifel, dass stets jener Fahrer im Falle<br />
eines Zusammentreffens zweier entgegengesetzt<br />
fahrender Autos bei einem Strasserihindernis<br />
(Grube, stehender Wagen, Personen<br />
usw.) den ?Vorrang hat, auf dessen Seite<br />
sich das Hindernis nicht befindet, während<br />
der andere davor anzuhalten hat. Im vorliegenden<br />
Fall hat der schuldige Autolenker vor<br />
dem untersuchenden Beamten auch ohne<br />
weiteres anerkannt, «dass er zuerst habe<br />
anhalten wollen, aber er habe gemeint, es<br />
reiche vielleicht noch». Durch diese unüberlegte<br />
Handlung ist ein Unglück entstanden,<br />
bei dem nicht nur der wertvolle Wagen zerstört<br />
wurde, sondern auch Personen erheblich<br />
zu Schaden kamen. V.<br />
Nach Lenk im SimmentaL Der Kurbetrieb<br />
ist auf der ganzen Linie wieder aufgenommen<br />
und die Hochsaison hat bereits begonnen.<br />
Die Zufahrtsstrassen sind wieder ganz<br />
intakt, so dass der Automobil- und Bahnverkehr<br />
keine Schwierigkeiten mehr vorfindet.<br />
Strassensperre und Autofähre. Zufolge<br />
Bauarbeiten bei Merleschachen (Kt. Schwyz)<br />
muss die Kantonsstrasse Meggen-Küssnacht<br />
vom 14. Juli bis 10. August <strong>1930</strong> gänzlich<br />
gesperrt werden, was eine Verkehrsumleitung<br />
bis in den Kanton Zug verursacht.<br />
Automobilisten, die von der Westschweiz<br />
und Bern nach dem Klausen oder St. Gotthard<br />
fahren, können diese Route vom Brünig<br />
her via Stans-Beckenried-Autofähre-Gersau<br />
ganz gewaltig abkürzen.<br />
Schon, ohne Strassensperre nach Küssnacht<br />
ist die» Strecke vom Brünig via Fähre<br />
nach dem Klausen 28 km kürzer und heute<br />
beträgt die Verkürzung total 42 km, da man<br />
nicht nach dem Kanton Zug zu fahren<br />
braucht. Von Luzern aus verkürzt man jetzt<br />
die Strecke via Fähre nach dem Klausen um<br />
20 km.<br />
Aus d«<br />
Vevkehf<br />
«•»!«•••&•*<br />
Falscher Ausbau von Kurven. Ein Leser schreibt<br />
uns: Warum werden Linkskurven geschnitten?<br />
Wer im Automobil unsere Laadstrassen befährt,<br />
macht die Beobachtung, dass er bei Linkskurven<br />
unwillkürlich geneigt ist, diese zu schneiden, statt<br />
der rechten Strassenseite entlang m fahren. Pferdefuhrwerke<br />
fahren überhaupt immer in der Mitte<br />
der Strasse und meist sogar links davon. Bei näherer<br />
Betrachtung stellt sich heraus, dass auch bei<br />
neu angelegten oder verbesserten Stressen die (oft<br />
überflüssig hohe) Straseenwölbung sich auch in den<br />
Strassenkurven mit beidscHigem Abfall fortsetzt.<br />
Wenn nun. ein Wagen der rechten Strassenseite<br />
entlang die Kurve nimmt, so ist er gezwungen, auf<br />
nach aussen abfallender Bahn zu fahren, was. wenn<br />
man nicht nach aussen von der Strasse weggeschleudert<br />
werden will, eine erhebliche Kraftanfotrengung<br />
am Lenkrade erfordert.<br />
Wäre es nicht im allgemeinen. Interesse möglich,<br />
dass unsere Baubehörden die Kurven in. gleicher<br />
Weise ausbauen würden, wie sie es bei der<br />
neuen Heimbergkurve getan haben, mit einseitigem<br />
Abfall nach Innen. Die Entwässerung wäre gewiss<br />
eine ganz vorzügliche und manchem Unfall mit<br />
Verlust von Gesundheit und Leben würde vorxebeugt.<br />
Wenn die Behörden vom Strassenbenützer<br />
korrektes Fahren verlangen, so sollten sie es ihm<br />
nicht unnötig erschweren, den Vorschriften nachzuleben.<br />
Bei der so prächtig erneuerten Strass«<br />
von Ins nach Gampelen und weiter, ist dieser<br />
Fehler, wie ich mich jüngst erst wieder überzeugen<br />
konnte, in hohem Grade vorhanden. F.<br />
Nachschrift: Wir haben oft betont, wie weni*<br />
Rücksicht man bei dem Ausbau von Strassen gerade<br />
auf die Strassenbenützer nimmt Vor allem de*<br />
falsche Ausbau von Kurven kann bei nassem Wetter<br />
oder bei Glatteis die schwersten Unfälle zum<br />
Gefolge haben. Selbst bei geringer Geschwindir*<br />
keit sind falsch ausgebaute Kurven gefährlich, ansserdem<br />
nehmen sie die Aufmerksamkeit und di«<br />
Muskelkraft des Fahrers so sehr in Anspruch, das»<br />
allfällige Verkehrshindernisse leicht übersehen werden,<br />
bis es zu spät ist. Wir wollen deshalb mit<br />
unserm Einsender die massgebenden Behörden<br />
wiederum darauf hinweisen, sie möchten positiv aa<br />
der Verhütung von Verkehrsunfällen arbeiten, indem<br />
sie die Strassen in einen verkehrssichern Zu*<br />
stand versetzen. Das würde mehr zur Unfallverhütung<br />
beitragen, als alle Bussen und alle Poiizeivorschriften.<br />
Red.<br />
Mehr Rücksicht I Von einem Leser wird warn<br />
geschrieben: Gewiss macht man heute auf der<br />
Reise auch viele gute und erfreuliche Erfahrungen,<br />
die man mit Befriedigung aufnimmt, die «her trei-.<br />
ter keinen Anlass zur Erörterung geben. Dacegea<br />
sind es die unliebsamen, die einem viel mehr in»<br />
Gedächtnis haften und welche hervorzuheben man<br />
sich bewogen fühlt. Vielleicht können Sie die heut«<br />
geschilderte Schattenseite einmal zur Sprache bringen,<br />
sie dürfte für jeden Automobilfahrer von Interesse<br />
sein. Ich besitze seit einiger Zeit einen neuen<br />
Wagen. Jeder v Automobilbesitzer weiss, dass m*n<br />
sich gerade in der ersten Zeit grosse Mühe gibt,<br />
das neue Aussehen möglichst lange zu erhalten mnd<br />
selbst kleinste Beschädigungen sorgsam su Terböten.<br />
Nun ist es mir in kurzer Zeit schon dreimal<br />
passiert, dass mein Wagen auf der Strass« tm&<br />
Parkplätzen von andern beschädigt worden ist. Da«<br />
letztemal wurde mir eine hintere Radkapsel einr*-<br />
drüekt und der Kotflügel verbeult. Die Fehlbares<br />
haben sich aber stets aus dem Staube gemacht.<br />
Ein solches Vorgehen trägt jedoch wenig dam bei,<br />
das gute Einvernehmen zwischen den Fahrern zu<br />
fördern, deren jeder in die Lage .kommen kann,<br />
des andern Hilfe zu bedürfen. Man sollte erwarte»<br />
dürfen, dass derjenige, welcher aus Unachtsamkeit<br />
oder Unfähigkeit eine fremde Sache beschädigt,<br />
nicht zu feige und unanständig ist, sich zu ent»<br />
schuldigen und den Schaden zu vergüten. Solch«<br />
Leute haben kein Recht, sich darüber zu freuen.<br />
«Glück gehabt zu haben», sondern sollen sich aehämen.<br />
Nach dem Spruche: «Wie im Kleinen, so im<br />
Grossen», darf füglich geschlossen werden, dasa<br />
sich aus dieser Sorte auch diejenigen rekrutieren,<br />
die bei grösseren Unfällen, sofern eine Möglichkeit<br />
besteht, das Weite suchen. Angestellte Chauffeure,<br />
im Gegensatz zu den Selbstfahrern, sind davon nicht<br />
ausgeschlossen.<br />
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