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E_1930_Zeitung_Nr.076

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76 - <strong>1930</strong> AUTOMOBIL-REVUE<br />

*i<br />

Der grosse Tag von Monza<br />

Varzi auf Maserati beendet den gigantischen Kampf als Sieger. — Zweiter Arcangeli auf<br />

Maserati, — Die beiden Schweizer Caflisch und Pedrazzini fahren ein sebr gutes Rennen.<br />

— Hoher Autosport im Königlich Italienischen Park von Monza.<br />

Der gewaltige, einzigartige Kampf um den<br />

Grossen Preis von Monza in Italien, der den<br />

Namen dieses italienischen Ortes in der<br />

ganzen Welt bekannt gemacht hat, brachte<br />

schon mehrere Tage vor dem Rennen Hochbetrieb<br />

in dem grossen königlichen Park von<br />

Monza. Die ganze automobilistische Welt<br />

Italiens promenierte auf den Tribünen, Fahrer<br />

kamen an und probten mit ihren Mechanikern<br />

eifrig an den Wagen, die ersten Maschinen<br />

brüllten auf und schössen in rasenden<br />

Läufen davon und versuchten die Rundstrecke.<br />

Ganz Italien hat in den letzten Tagen<br />

wieder sein Interesse auf Monza gerichtet,<br />

denn das Gelingen dieses gewaltigen sportlichen<br />

Anlasses hängt irgendwie mit dem<br />

italienischen Nationalstolz zusammen. Die<br />

Presse schwelgte in Hymnen über den gloriosen<br />

Kampf von Monza, die ganze fieberhafte<br />

Atmosphäre, die vor grossen Sportereignissen<br />

herrscht, war überall anzutreffen.<br />

Plan von Monza: Die Piste wurde gegenüber dem letzten Jahre abgeändert, so dass die Rennbahn<br />

im ganzen acht Kurven aufweist<br />

bis zum späten Vormittag, als sich die ersten<br />

Unterdessen trainierten die Teilnehmer mit<br />

verbissener Zähigkeit; vom frühen Morgen<br />

an lagen ganze Rudel im harten Training,<br />

vor den Boxen und auf den Tribünen war<br />

alles in Bewegung. Die schnellste Runde im<br />

Training fuhr Nuvolari mit dem neuen Alfa<br />

Romeo-Rennwagen. Er erledigte die Strecke<br />

mit der phantastischen Schnelligkeit von<br />

159 km Stundendurchschnitt. Sein Markenkollege<br />

Borzacchini blieb nicht zurück und<br />

erreichte ebenfalls ein äusserst scharfes<br />

Tempo, Arcangeli auf Maserati erprobte den<br />

neuen 16 Zylinder Maserati-Rennwagen —<br />

und er fuhr im Training ebenfalls die bemerkenswert<br />

gute Zeit von 158 Stundenkilometern.<br />

Campari, der Heldentenor, der<br />

mit der gleichen Sicherheit Rennfahrer wie<br />

Opernsänger ist, legte sich auf der Bahn<br />

noch ziemliche Zurückhaltung an. Er debütierte<br />

vor wenigen Tagen in einem ligurischen<br />

Operntheater. Noch schien er so<br />

unter dem Eindruck seines Gastspiels zu<br />

stehen, dass er sich während den Pausen,<br />

da die Maschinen ruhig vor den Boxen lagen,<br />

dem Publikum als Sänger vorstellte, das den<br />

Rennfahrer mit brausendem Beifall überschüttete...<br />

Caracciola brachte mit Mühe<br />

seinen schweren Mercedes in den richtigen<br />

Spurt, erzielte nachher dann aber bemerkenswert<br />

hohe Geschwindigkeiten.<br />

Noch am letzten Tag vor dem Rennen gingen<br />

die Wagen über die Rundstrecke, Varzi<br />

stellte sich vor, Fagioii legte unheimlich<br />

scharf los, die Schweizer Pedrazzini und<br />

Caflisch tauchten auf, überall letzte Vorbereitungen<br />

Zuschauermassen schon am<br />

Samstag, fieberhaftes Raten über die Chancen<br />

der grossen Champions, die vor den<br />

Boxen sich zu schaffen machten — und dann<br />

legte sich die Nacht nochmals über den Park,<br />

aber die Ruhe kehrte nicht mehr ein, der<br />

Grosse Preis von Monza stand bevor, vor<br />

den Ständen irrlichterte es, und schon der<br />

erste grauende Tag sah Gestalten umherhuschen<br />

...<br />

Der Tag des Rennens.<br />

Er kam mit strahlender Sonne und blauem<br />

italienischem Himmel. Vom frühesten Morgen<br />

an strömten riesige Zuschauermengen<br />

nach der Rennbahn, es war ein chaotisches<br />

Durcheinander von Automobilen, Fahrrädern,<br />

Fussgängern, eine Begeisterung, die aus<br />

allen Augen leuchtete, Namen schwirrten<br />

durcheinander, und dieser Rummel hielt an<br />

Wagen dem Starter stellten. 100 000 Zuschauer<br />

haben dem gewaltigen Kampf beigewohnt,<br />

jubelten den Siegern zu, und während<br />

den sieben Stunden, da die Massen in<br />

der Hitze ausharren mussten, gab es keine<br />

tote Stelle. Wer einen Moment lang sich<br />

nicht dem Kampf auf der glatten Bahn widmete,<br />

beobachtete die Gesellschaft, die dem<br />

Rennen von Monza beiwohnte.<br />

Unter den prominenten Tribünenbesuchern<br />

bemerkte man den Chef für das Sportwesen<br />

Italiens, Augusto Turati, den italienischen<br />

Kriegsminister, sehr viele repräsentative<br />

Behördenvertreter, Spitzen des italienischen<br />

Autosportes, unter den Delegierten der automobilistischen<br />

Vereinigungen auch Herrn<br />

Dr. Mende, Präsident des A. C. S., in Begleitung<br />

der Herren Dr. von Stürler, Mitglied<br />

des Direktionskomitees, und Jules Decrauzat,<br />

Präsident der Nationalen Sportkommission.<br />

Die Italiener waren in ihrer Begeisterung<br />

nicht mehr zu halten, als nachmittags das<br />

Kronprinzenpaar erschien und Kronprinz<br />

Umberto mit seiner Frau Gemahlin auf der<br />

Rennbahn sich vorstellte. Das Volk schrie<br />

sich heiser vor Entzücken, als die Frau Gemahlin<br />

den Fahrern die Hand reichte! Vincenzo<br />

Florio, der Gewaltige von Monza, war<br />

von einem ganzen Stab von Organisatoren<br />

und leitenden Persönlichkeiten umgeben.<br />

Man hatte in Monza ganze Arbeit geleistet,<br />

das musste unumwunden anerkannt werden.<br />

Das Rennen.<br />

Um 10 Uhr eröffnet der Starter, Augusto<br />

Turati, unter brausendem Jubel den Kampf<br />

um den Grossen Preis von Monza. In der<br />

Kategorie 1100—2000 ccm fahren elf Teilnehmer.<br />

Sie legen alle scharf los und lassen<br />

ihre Motoren zur grossen Ouvertüre aufheulen.<br />

Bei der ersten Runde liegt von Morgen<br />

an der Spitze. Er schafft es gut, der<br />

Bugatti-Fahrer vom Schauinsland und vom<br />

Gaisberg! Hinter ihm liegt der französische<br />

Tuchhändler Etancelin. Pedrazzini ist ganz<br />

am Schluss der fliegenden Karawane. Sie<br />

pfeilt mit ungeheurer Wucht über die Strecke.<br />

Die zweite Runde weist in der Mitte kleine<br />

Verschiebungen auf, die dritte und vierte<br />

bleiben unverändert. Schnellste Runde fährt<br />

von Morgen mit dem höllischen Tempo von<br />

151 km. Die fünfte Runde sieht den Berliner<br />

immer noch an der Spitze. Doch sieh — Pedrazzini,<br />

der Schweizer, arbeitet sich vor,<br />

schon liegt er an 5. Stelle. — Zur Freude<br />

der anwesenden Schweizer triumphiert Pedrazzini<br />

mit der schnellsten Runde von<br />

152 km Stundendurchschnitt. Die achte<br />

Runde sieht an der Spitze eine Aenderung<br />

vor sich gehen, Etancelin überholt den Deutschen,<br />

doch es dauert nur eine Runde, da hat<br />

von Morgen schon wieder Etancelin den<br />

ersten Platz abgeknöpft. In der elften Runde<br />

gibt Brivio auf Talbot auf, in der dreizehnten<br />

Runde scheidet Tabacchi auf Bugatti aus.<br />

Das Duell zwischen dem Franzosen und dem<br />

Berliner bringt in den nächsten Runden noch<br />

verschiedene spannende Situationen, v. Morgen<br />

hat das Pech, seine Siegerstellung am<br />

Schluss zu verlieren, so dass Etancelin Erster<br />

wird.<br />

Pedrazzini hat sich von der fünften zur<br />

vierten Runde vorgekämpft und kommt somit<br />

in den Schlusslauf.<br />

Schlussklassement für den ersten Vorlauf:<br />

1. Etancelin (Bugatti) in 38'30"<br />

(Stundenmittel 149.694 km)<br />

2. von Morgen (Bugatti) in 38'32%"<br />

3. Minozzi (Bugatti) in 39' 1%'<br />

4. Pedrazzini (Maserati) in 39'27% n<br />

Fünfter wird bei der Gesamtklassierung<br />

Biondetti auf Talbot, Sechster Sartorio auf<br />

Maserati. Auch Max Fourny, der talentierte<br />

Bugattifahrer, muss sich mit einem mittleren<br />

Platz begnügen.<br />

Auch die zweite Runde, die vielerwartete<br />

Fahrt der Klasse 2000—3000 ccm, wird von<br />

Turati eröffnet. Zehn hervorragende Fahrer<br />

biesteigen ihre Wagen. Die Spannung des<br />

'Publikums nimmt rasch zu. Alle die grossen<br />

italienischen Lieblinge, Nuvolari, Campari,<br />

Borzacchini, Varzi, Arganceli und Fagioii,<br />

machen mit. Die erste Runde sieht Arcangeli<br />

an der Spitze. Hinter ihr rasen Varzi<br />

und Nuvolari. Schon in der zweiten Runde<br />

verliert Arganceli an Boden. Varzi schwingt<br />

sich an erste Stelle. Nuvolari schiebt sich<br />

knapp hinter den Maserati-Fahrer. Bis zur<br />

fünften Runde ändert sich die Situation nicht<br />

mehr. Die sechste Runde sieht Arcangeli in<br />

hervorragender Zeit über die Strecke hinjagen.<br />

Er fährt die fabelhafte Durchschnittszeit<br />

von 165 km. Seine hervorragende Geschwindigkeit<br />

bringt ihn wieder an die Spitze,<br />

die er Nuvolari und Varzi nach scharfem<br />

Kampfe abgerungen hat. Varzi hält bei der<br />

zehnten Runde beim Maserati-Stand und verliert<br />

somit an Zeit Nuvolari kommt wieder<br />

an die Spitze. Aber kaum ist er an Arcangeli<br />

vorüber, so muss er ebenfalls anhalten. In<br />

der dreizehnten Runde erleiden Campari und<br />

Borzacchini Pneudefekte. Varzi arbeitet sich<br />

zäh vor, und es entsteht einen Augenblick<br />

lang ein hartes, ein geradezu verzweifeltes<br />

Ringen zwischen Varzi und Nuvolari um den<br />

vierten Platz, der noch eine Teilnahme am<br />

Schlusslauf erlaubt. Varzi siegt, und Nuvolari<br />

beendet deprimiert das Rennen. Noch<br />

bleibt ihm ein Ausweg : der Hoffnungslauf.<br />

Erster ist Arcangeli geblieben.<br />

Schlussklassement für den zweiten Vorlauf:<br />

1. Arcangeli (Maserati) in 36' 36^"<br />

(Stundenmittel 157 km)<br />

2. Borzacchini (Alfa Romeo) in 37' 19%. M<br />

3. Fagioii (Maserati) in 37' 39%",<br />

4. Varzi (Maserati) in 38' 5%"<br />

Unterdessen ist es Mittag geworden, als<br />

der Starter den dritten Vorlauf freigibt. In<br />

der Klasse über 3000 ccm sind nur fünf<br />

Fahrer gemeldet. Erster ist bei Beginn des<br />

Rennens E. Maserati. Hinter ihm liegen Caracciola<br />

und Babe Stapp. In der zweiten<br />

Runde fährt Maserati die beste Rundenzeit<br />

mit dem Durchschnitt von 150 km. Nach<br />

einigen Minuten gelingt es Caracciola, seinen<br />

Mercedes an Maserati vorbei an die Spitze<br />

zu schieben, und Babe Stap benützt den Moment,<br />

um ebenfalls an dem Italiener vorbeizukommen,<br />

so dass Maserati plötzlich hinten<br />

liegt. Der italienische Fahrer lässt indessen<br />

nicht locker und ringt scharf mit seinen<br />

beiden Konkurrenten. Bereits ist der<br />

Amerikaner wieder eingeholt. Wieder fährt<br />

Maserati eine neue Rundenbestzeit, diesmal<br />

mit 152 km Durchschnitt, um sodann gleich<br />

in triumphaler Fahrt seine eigene Rekordschnelligkeit<br />

mit dem neuen Durchschnitt<br />

Sp»o<br />

(Schluss siehe Seite 4)<br />

r.rr.<br />

Internationale Autosporttagung. Die internationale<br />

Sportkommission wird am 17. September<br />

in Paris zu einer Tagung zusammentreten.<br />

Die sehr umfangreiche und wichtige<br />

Tagesordnung sieht unter anderem auch die<br />

Behandlung des Protestes von Caracciola<br />

gegen den engliscnen Automobilclub vor,<br />

der bekanntlich den deutschen Fahrer von<br />

der Teilnahme an der Ulster-Tourist-Trophy<br />

ausschloss. Die Kommission wird ferner die<br />

Aufstellung des Terminkalenders für die<br />

grossen Automobilrennen des nächsten Jahres<br />

vornehmen. Unter anderem sollen auch<br />

die Vorschläge zur Abänderung des Reglementes<br />

für die Europa-Bergmeisterschaft<br />

und des internationalen Sportkodexes zur<br />

Behandlung kommen.<br />

bo.<br />

Autosternfahrt ins Ruhrland. Der Automobilclub<br />

Ruhrland des A. v. D. veranstaltet am<br />

20. und 21. September in Essen den zweiten<br />

ruhrländischen Automobilwettbewerb. Die<br />

für Renn-, Sport- und Tourenwagen offene<br />

Veranstaltung zerfällt in eine grosse Sternfahrt,<br />

eine 48stündige Kreuz- und Querfahrt,<br />

eine 24stündige Kreuz- und Querfahrt und<br />

eine Plakettenfahrt. Für die grosse Sternfahrt<br />

wurden drei Ehrenpreise ausgesetzt,<br />

die den Fahrern zufällt, die zwischen dem<br />

Startort und Essen die grösste Luftlinienentfernung<br />

zurückgelegt haben. Der Start<br />

zur Sternfahrt darf frühestens vier Tage vor<br />

der vorgeschriebenen Abfahrtszeit stattfinden,<br />

bo.<br />

24-Stundenfahrt Hamburg-Holland-Hamburg.<br />

Eine Gruppe des Allgemeinen Deutschen Automobilclubs,<br />

die Automobilsportvereinigung,<br />

veranstaltet am 20. und 21. September eine<br />

originelle 24-Stunden-ohne-Halt-Fahrt für Automobile.<br />

Die Strecke für Wagen bis 1500<br />

ccm geht ununterbrochen über 1000 km von<br />

Hamburg über Bremen, Köln, Hannover und<br />

dann nach Hamburg zurück. Di© stärkern<br />

Fahrzeuge haben noch einen Abstecher nach<br />

Amsterdam zu machen, im ganzen also 1200<br />

km zurückzulegen. Die Bewertung wird getrennt<br />

in Fahrer ohne und mit Beifahrer. Für<br />

die Tourenwagen bis 1575 ccm beträgt der<br />

verlangte Durchschnitt 43, für die grössern<br />

Wagen 49 Stundenkilometer. Die interessante<br />

Fahrt wird mit Unterstützung des Niederländisch-Königlichen<br />

Automobil-Clubs sowie<br />

des Automobilclubs von Nijmegen durchgeführt,<br />

bo.

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