E_1930_Zeitung_Nr.103
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Misstände im Strassenverkehr<br />
Unter dieser Parole meldet sich ein Fussgänger<br />
in der « N. Z. Z. » zum Wort und befasst<br />
sich mit dem Entwurf zum neuen eidg.<br />
Verkehrsgesetz. Er führt bewegliche Klage<br />
über all die Unbill, welche der motorisierte<br />
Verkehr dem geplagten Fussgänger bringe<br />
und macht für all das Ungemach natürlich<br />
nur die Automobilisten und Motorradfahrer<br />
verantwortlich. Die Kritik ist aber in manchen<br />
Punkten derart allgemein gehalten, dass<br />
sie einer Richtigstellung wohl bedarf und wo<br />
sie vollständig berechtigt ist,.rennt sie zum<br />
Teil nuT offene Türen ein.<br />
Mit Recht wendet sich der Einsender gegen<br />
das übermässige Hupen im Stadtverkehr. Er<br />
zitiert als Gegenbeispiel amerikanische<br />
Städte, wo bei ungleich grösserem Verkehr<br />
die Regelung viel lautloser sich abspiele. Dabei<br />
vergisst er aber vollständig, dass dort<br />
ein permanenter Go and Stop-Verkehr durchgeführt<br />
wird, der entweder automatisch durch<br />
Lichtsignale oder dann nach den Handzeichen<br />
des diensttuenden Verkehrspolizisten<br />
funktioniert. Durch diese Signale wird jedermann<br />
ohne weiteres orientiert, ob die Fahrbahn<br />
für ihn frei ist oder nicht. Zudem sind<br />
alle Strassenbenützer, ob Auto, Tramway,<br />
Velofahrer oder Fussgänger, verpflichtet,<br />
sich an diese Verkehrsregelung zu halten.<br />
Bei uns gilt sie nur für Motorfahrzeugführer,<br />
die übrigen kümmern sich herzlich wenig<br />
darum. Ja, der Polizist muss jedesmal, bevor<br />
er ein Zeichen gibt, erst noch Ausschau halten,<br />
was der Tramführer, dessen Wagen in<br />
der Nähe hält, zu tun gedenkt. Endlich ist<br />
die Verkehrsregelung bei uns noch etwas primitiv,<br />
indem jeder Fahrzeugführer sein Kommen<br />
dem Verkehrspolizisten durch Signal bekanntgeben<br />
muss, damit der vielbeschäftigte<br />
Mann auf ihn aufmerksam wird und ihm das<br />
erwartete Zeichen zur Weiterfahrt gibt. Diese<br />
«individuelle Behandlung > jedes Fahrers<br />
durch den Polizisten bedingt schon allein ein<br />
unnötiges Konzert, das durch die übrige Unsicherheit,<br />
wie Fussgänger und Velofahrer<br />
auf das Poilizeizeichen reagieren, noch erhöht<br />
wird. Es ist eine leidige Tatsache, dass<br />
manche Fahrer glauben, mit der «Hupe in<br />
der Hand» am besten durchs Land zu fahren.<br />
Anderseits ist aber auch das Publikum<br />
in nämlichem Sinne eingestellt. Wie oft muss<br />
ein Fahrer, der sich möglichst wenig desSi-<br />
• gnals bedienen will, von erschreckten Fussgängern,<br />
welche gedankeh- und achtlos die<br />
Fahrbahn kreuzen, die Frage hören : «Chönd<br />
Sie kei Signal gä?»<br />
Was die neue Fassung des Artikels über<br />
Warnsignale im Vorentwurf anbetrifft, so<br />
stellt er doch einen wesentlichen Fortschritt<br />
gegenüber dem jetzigen Konkordat auf. Der<br />
vorgesehene Wortlaut verlängt nur, dass das<br />
Signal dann zu verwenden ist, «wenn es die<br />
Sicherheit des Verkehrs erfordert». Das Konkordat<br />
aber schrieb dazu noch die Betätigung<br />
des Signals «namentlich auch bei scharfen<br />
Kurven und 'immer dann, wenn der Führer<br />
von einer Strasse in die andere einbiegt»,<br />
vor. Gerade diese beiden letzteren Zusätze<br />
veranlassten eine Reihe gewissenhafter und<br />
ängstlicher Fahrer, das Hörn in vielen Fällen<br />
anzuwenden, wenn vom verkehrstechnischen<br />
Standpunkt aus gar kein Bedürfnis<br />
dazu bestand.<br />
In den Bemerkungen zum neuen Artikel<br />
heisst es ausdrücklich, dass im Gesetz nur<br />
der grundsätzliche Gebrauch des Warnsignals<br />
festgelegt werde, indem es sich hier<br />
um ein technische Frage handle und alle Einzelheiten,<br />
die in technischer und praktischer<br />
Hinsicht noch Wandlungen erfahren können,<br />
seien in der Vollziehungsverordnung aufzuführen.<br />
Weiter wird deutlich bemerkt, dass<br />
der Gesetzestext ein überflüssiges und rücksichtsloses<br />
Signalgeben verbiete.<br />
Der Vorschlag, das akustische Signal zur<br />
Nachtzeit durch ein optisches zu ersetzen, ist<br />
gar nicht neu. Vielfach signalisieren sich die<br />
Fahrer heute schon mit den Scheinwerfern,<br />
um die Nachtruhe möglichst nicht zu beeinträchtigen.<br />
In den Erläuterungen zum Gesetz, heisst es<br />
übrigens, «es sei im Interesse der Lärmbekämpfung<br />
angezeigt, zu prüfen, ob zur<br />
Nachtzeit an Stelle der Lautsignale nicht optische<br />
treten könnten». Diese Erwägungen<br />
scheinen doch eine aussichtsreiche Möglichkeit<br />
zur Reduktion des unnötigen Signallärmes<br />
zu bieten, so dass das neue Gesetz in<br />
dieser Beziehung doch wohl kaum als «eine<br />
grosse Enttäuschung» bezeichnet werden<br />
kann, wie es dem betreffenden Einsender beliebt.<br />
Bezüglich der Nachtruhe sind alle gewissenhafen<br />
Fahrer mit dem Korrespondenten<br />
einig, dass diese weitgehend gewahrt bleiben<br />
solle. Das beste Hilfsmittel ist und bleibt immer<br />
noch, dass durch Kontrollen die schwarzen<br />
Schafe eruiert" und ihnen nicht nur 'eine<br />
AUTOMOBIL-REVUE <strong>1930</strong> - 103<br />
Busse zugedacht, sondern vielleicht auf eine<br />
bestimmte Zeit das Fahrzeug konfisziert<br />
wird. Die Rowdys werden sich dann wohl<br />
belehren lassen. Aber sonderbarerweise kann<br />
sich die Polizei mit diesen Kontrollen, die<br />
natürlich vermehrten Nachtdienst und mehr<br />
Arbeit bringen, wenig befreunden. Man zieht<br />
es vor, während des Tages in aller Beschaulichkeit<br />
Geschwindigkeitskontrollen zu machen,<br />
die einfacher sind und mehr eintragen.<br />
Oder man droht mit Nachtfahrverboten (in<br />
Zürich glücklicherweise nicht! Die Red.)und<br />
möchte dann alle sorgfältigen Führer für die<br />
Minderzahl der Lärmbrüder entgelten lassen!<br />
Die Abschaffung des Geschwindigkeitsmaximas<br />
liegt dem besagten Korrespondenden<br />
ebenfalls auf dem Magen. Er glaubt, mit<br />
der nun geradezu abgedroschenen Behauptung<br />
«allgemein ist man darüber einig, dass<br />
durch zu schnelles Fahren die meisten Unfälle<br />
verschuldet werden», ein vollgültiges<br />
Gegenargument geprägt zu haben. Was die<br />
zahlenmässige Widerlegung dieser irrtümlichen<br />
und leider noch weitverbreiteten Meinung<br />
betrifft, so sind wir glücklicherweise<br />
nicht mehr auf das Ausland angewiesen. Die<br />
eidgenössische Unfallstatistik pro 1929 hat<br />
sich erstmals auch mit den Unfallsursachen<br />
befasst und festgestellt, dass von den Fehlern,<br />
welche den Fahrern zur Last gelegt<br />
werden müssen, 23 Prozent auf übersetzte<br />
Geschwindigkeit zurückzuführen sind. Diese<br />
Angaben, die mit der Verfeinerung der statistischen<br />
Erhebungen sicher noch eine Korrektur<br />
nach unten erfahren werden, decken<br />
sich annähernd mit den diesbezüglichen Erfahrungen<br />
im Ausland. Dort ist der Prozentsatz<br />
zwar durchgehend noch bedeutend geringer<br />
— in England z. B. seit mehreren Jahren<br />
ca. 14 Prozent — aber wir wollen gern<br />
zugeben, dass unsere Verkehrsdisziplin und<br />
-regelung in manchen Dingen noch hinter<br />
dem Ausland zurücksteht. Die weitere Behauptung,<br />
«zu schnelles Fahren könne bei<br />
Einführung des neuen Gesetzes überhaupt<br />
nicht mehr als Verschulden gestempelt werden»,<br />
haut nun vollständig daneben. Art. 21<br />
schreibt vor, «dass der Führer die Geschwindigkeit<br />
seines Fahrzeuges beständig beherrschen<br />
muss», und Art. 21 verfügt, dass «in<br />
Ortschaften und auch sonst- überall da, wo<br />
das Fahrzeug Anlass zu Verkehrsstörung<br />
oder Unfall bieten könnte, der Lauf zu verlangsamen<br />
oder nötigenfalls anzuhalten» sei.<br />
Diese beiden Bestimmungen im Verband mit<br />
8 der vorgesehenen bedeutend höheren Haftpflicht<br />
und scharfen Strafen werden den Fah-<br />
rer ganz bestimmt veranlassen, sich in der<br />
Stadt eines massigen Tempos zu befleissen<br />
und geben denn Richter auch genügend Handhabe,<br />
gegen übersetzte Fahrgeschwindigkeiten<br />
vorzugehen. Die Bemerkungen des Gesetzgebers<br />
zu diesen beiden Paragraphen<br />
lassen darüber keinen Zweifel. Wir zitieren<br />
nur folgende massgebende Auffassung :<br />
«Der Führer hat in Ortschaften ausnahmslos<br />
langsamer zu fahren als im Ueberlandverkehr.<br />
Auch darf er sich hier den Durchgang<br />
nicht erzwingen, sondern hat anzuhalten,<br />
wenn die Umstände es erfordern.» Ueberdie<br />
Unzweckmässigkeit, eine starre obere Tempogrenze<br />
festzulegen, wollen wir uns heute gar<br />
nicht äussera. Wir verweisen nur neuerdings<br />
auf den selbst von der Polizei als unhaltbar<br />
empfundenen heutigen Zustand, demzufolge<br />
die Polizei, entgegen der genauen gesetzlichen<br />
Vorschrift, ein höheres Tempo toleriert,<br />
weil eine Verkehrsregelung in der Stadt<br />
sonst undenkbar wäre. Die Botschaft zum<br />
Entwurf führt hier sehr richtig aus, «dass<br />
jede vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit<br />
in bestimmten Fällen noch zu gross wäre,<br />
aber im Interesse der Abwicklung des Verkehrs<br />
auch zu gering sein- kann». Die nämlichen<br />
Ueberlegungen haben ausländische<br />
Staaten — und hier steht England mit seinem<br />
Fahrzeugreichtum an erster Stelle —<br />
ebenfalls gemacht und in den revidierten Verkehrsgesetzen<br />
keine Höchstgeschwindigkeiten<br />
mehr festgelegt.<br />
Mit der für Zürich geltend gemachten Forderung<br />
nach Erhöhung des Polizeibestandes<br />
gehen wir wieder einig. Dieselbe ist aber<br />
nicht etwa nur bei Enführung des neuen Gesetzes<br />
notwendig, sondern die Verhältnisse<br />
bei der Verkehrspolizei sind wegen der<br />
Ueberbeanspruchung der jetzigen Mannschaft<br />
schon heute derart prekär, dass es auch unter<br />
dem geltenden Regime ohne Verstärkung<br />
des Polizeikorps nicht abgehen kann. Zusammenfassend<br />
muss gesagt werden, dass,<br />
so begrüssenswert die Diskussion ist, sie<br />
doch nur dann in die Oeffentlichkeit getragen<br />
werden soll, wenn einmal die vorhandenen<br />
Unterlagen und Tatsachen gründlich studiert<br />
worden sind. Der Einsender der «N.Z.Z.»<br />
scheint sich aber mit dem Text des Vorentwurfes<br />
zum neuen Bundesgesetz den Kopf<br />
nicht zerbrochen zu haben. 2.<br />
Hört man beim Durchdrehen des Motors<br />
mittels der Andrehkurbel ein zischendes Geräusch,<br />
so bedeutet das, dass die Ventüe<br />
eingeschliffen oder die Kolben oder Kolbenringe<br />
ersetzt werden müssen. 4-<br />
Aulomohlllslen u. Lasluiaoenbesilzer<br />
Mitwirkung vom 6. Dezember haben wir die<br />
Preise für Pneumatics<br />
um ca. 20 Prozent reduziert<br />
Die Händler sind nicht mehr in der Lage, auf<br />
den neuen Listenpreisen Rabatte zu gewähren.<br />
Ä dater du 6 decembre<br />
Reduetion d'environ 20%<br />
sur les prix de detail des enveloppes et<br />
chambres auto Tourisme et Poids Lourds.<br />
Les agents ne seront plus en mesure de<br />
faire une reduetion sur les nouveaux prix<br />
figuraht sur nos tarifs.<br />
Continental Caoutdiouc Comp* A.-G.<br />
Dunlop-Pneumatic Co. A.-G.<br />
Eng! ebert - Pneumotic<br />
Firestone-Import A.-G.<br />
Fisk-Pneumatic A.-G.<br />
General - Pneumatic A.- G.<br />
SocieSe Fraitfaise BF Goodrich<br />
Goodyear Yire & Rubber Export Co.<br />
Kelly-Pneumatic (fafia)<br />
Royal Cord Import S.A.<br />
.Verlag, Administration, Druck und Clicherie: HALLWAG A.-G. Hallersche Buchdruckerei und Wagnerscho Verlagsanstalt, Bern.