E_1931_Zeitung_Nr.074
E_1931_Zeitung_Nr.074
E_1931_Zeitung_Nr.074
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
N°74 - <strong>1931</strong><br />
EDEEP<br />
BOCKE<br />
Seit mehreren Jahren gab es in der Mode<br />
keine beträchtlichen revolutionären Umwälzungen.<br />
Man verriet Sinn für Entwicklung<br />
und Sinn für originelle Einfälle, aber nicht<br />
mehr. Die Hüte entfalteten sich organischer<br />
und folgerichtiger als die Kleider, die mitunter<br />
sprunghaft galoppierend in der Geschichte<br />
neue Ideen gewannen und verarbeiteten.<br />
In der Hutmode schwärmte man<br />
ein paar Jahre für Glocken, deren Krempen<br />
bald schmäler, bald breiter waren, dann<br />
gab man die Stirn frei, zunächst schüchtern<br />
und scheu, bis man bei der neckischen, aber<br />
burschikosen Art verweilte, den Hut, will<br />
sagen: «den Strumpf» schief und weit hinten<br />
auf den Kopf zu kleben. Jedes Mädchen,<br />
jede Frau konnte ihren Hut selbst<br />
stricken. Die Hutindustrie stund unleugbar<br />
vor dem Ruin. Es mussten Zeichen und<br />
Wunder geschehen, wenn hier nun diesen<br />
so sympathisch eingebürgerten Mützen und<br />
Käppis der Garaus gemacht werden konnte.<br />
Und so erfolgte im Mai dieses Jahres plötzlich<br />
bei Offenbachs «Pariser Leben» ein<br />
Einbruch neuer Hüte, die durchaus alt<br />
waren. Diese starke Beeinflussung des<br />
Theaters auf das öffentliche Leben ist nun<br />
wieder für die Hutindustrie ein heilsamer<br />
Faktor gewesen. Wir sind demnach bei der<br />
Mode der Kaiserin Eugenie angelangt, jener<br />
Frau, die ein Jahrzehnt nicht nur das Modebild<br />
wirksamst und nachhaltigst bestimmt<br />
bat, sondern darüber hinaus noch in die<br />
Spitzengarnitur der Frauenbewegung gehörte,<br />
indem sie als Erste Frauen im öffentlichen<br />
Dienst beschäftigte: sie begann während<br />
ihrer 1866 geführten Regentschaft damit,<br />
Frauen im Telegraphendienst anzustellen,<br />
Eugenfo hatte eine königliche Haltung<br />
und erlesene Grazie, wie aiuch einen Geschmack,<br />
der so anerkannt war, dass die<br />
Königin Augrusta von Preussen sich für die<br />
Festlichkeiten der Krönung in Königsberg<br />
als eine besondere Gunst die Ueberlassung<br />
der Friseurin der Kaiserin Eugenie erbat.<br />
Nun haben wir wieder in unserem Modebild<br />
Jone Weinen ovalen* Teller, die ganz<br />
unsportlich auf dem Kopf sitzen und jeden<br />
Moment auf die Nase zu fallen drohen, wie<br />
es so oft in den 70 Jahren geschah. Schief,<br />
schiefer, am schiefsten 1 lautet die Parole.<br />
Die Kante muss die rechten Augenbrauen<br />
berühren, und je altmodischer eine Frau<br />
ausschaut, um so moderner ist sie. Innerhalb<br />
des Geschreies vom dernier cri macht<br />
dieser Dreispitzhut wohl den grössten Lärm.<br />
EFEP/^EJ<br />
Um die neue Hutmode<br />
AUTOMOBIL-REVUE<br />
Diese Hütchen sind ebenso komisch als<br />
neckisch, ebenso ungewohnt als typisierend.<br />
In England nennt man sie «Bowler», in<br />
Berlin «Chausseur», aber die Form ist trotz<br />
der verschiedenen Bezeichnungen mehr<br />
oder weniger international: niederer Kopf,<br />
aufgeschlagenes kurzes Rändchen, Federchen<br />
oder Pleureusen als hübsche Garnitur.<br />
Die bunten Figurinen längst verstaubter<br />
Modejournale gewinnen nun wieder aktuelle<br />
Resonanzkraft. Wieder sind die Hüte garniert<br />
wie ehemals, als die eigenherrliche<br />
Gräfin Montijio, nachmalige Kaiserin Eugenie,<br />
den Blick und Atem der Menge bei der<br />
Krönungsfeier durch ihre namenlose Schönheit<br />
anhielt, so dass das Volk geblendet war<br />
und das Hochrufen darüber vergass. Federgesteck<br />
und Pleureusen haben ihre Auferstehung<br />
gefeiert: eine ungeheure Wandlung<br />
vom gestrigen Strumpfhut! Di©<br />
Straussfeder hat zu allen Zeiten eine bedeutende<br />
Rolle gespielt. Man könnte bis auf<br />
die Zeit der Pharaonen zurückgehen, denen<br />
sie, von wilden Stämmen als Tribut überreicht,<br />
als Sinnbild der Gerechtigkeit galt<br />
und als vornehmes Symbol königlicher<br />
Würde obendrein. Sie wurde bei den Kreuz,<br />
zügen ins Abendland importiert und flatterte<br />
auf den Ritterhelmen, auf der Spitze<br />
von Königszelten, und sie hat sich durch<br />
Jahrhunderte in Wappenemblemen bewahrt.<br />
Einstweilen ist die heutige Pleureuse<br />
noch ein Waisenkind gegenüber dem Prunk<br />
und Barock verklungener Straussfedern, die<br />
weit in den Nacken fielen, sich um den Hals<br />
schmiegten und den Wangen schmeichelten.<br />
Aber dazumal war die Mode unbedingt<br />
ein Privileg der Elite der Gesellschaft. Heute<br />
hat diese Pleureuse ihre Wiedergeburt der<br />
Notlage der Federnindustrie zu verdanken,<br />
die Absatz für ihre Riesenvorräte schaffen<br />
musste. Diese Zwangslage macht die Mode<br />
billig, und was billig ist, bleibt nicht unberührt<br />
vom vulgären Charakter. Und in<br />
diesem Sinn ist es recht fragwürdig, ob<br />
diese Mode sich in den Spitzen der Gesellschaft<br />
behaupten wird. Hinzu kommt noch,<br />
dass dieser neue Hut die Frauen älter macht<br />
als sie sind. Wir haben bereits längere Kleider,<br />
die ohnehin die jugendliche Anmut verwischen<br />
und einen alternden Eindruck ver»<br />
mitteln. Und in London lanciert man neuerdings<br />
noch die grauen Haare; entzückende<br />
junge Mädchen haben sich dafür begeistert,<br />
und sie finden es sonderlieh neckisch und<br />
amüsant, graue Stirnlocken zu tragen. Und<br />
nun tragen sie noch dazu diesen Hut aus<br />
Blasenrellen, ein neuer Wassersport in U. S. A. In den Vereinigtes Staaten ist in diesem Sommer das<br />
Blasenreiten — das Paddeln auf kreisrunden aufgeblasenen Gujnmischläuchen — in Mode tekojnmen.<br />
Unser Bild zeigt den Start einer Mädchen gruppe in Venice, Kalifornien, nim Wettpaddeln<br />
auf diesen Gummiblasen.<br />
den 70er Jahren, der jede individuell© Gesichtsnuance<br />
verwischt, der allen Mädchen<br />
und Frauen typische Merkmale aufprägt.<br />
Die Frauen ähneln sich in diesem Hut ungefähr<br />
so wie ehemals die Tillergiris.<br />
Die neue Hutrood« bedingt naturgemass<br />
auch wieder eine noue Haartracht. Der von<br />
der Stirn in den Nacken oder ganz auf die<br />
Seite gerückte Hut hat zumindest der individuellen<br />
Haartracht einen individuellen<br />
Spielraum belassen. Eines der wesentlichen<br />
Elemente der Frauenschönheit ist ja immer<br />
noch das Haar und die Art, es zu tragen,<br />
und da auch die Allerärmste, die nicht imstande<br />
ist, an ihrem Kleid und Hut grosse<br />
Budgets zu verschleudern, immer noch die<br />
Möglichkeit besitzt, durch ihre Frisur den<br />
Eindruck ihrer Persönlichkeit zu steigern,<br />
so ist es unbedingt notwendig, dass man<br />
diesem Teil der weiblichen Toilette die sorgfältigste<br />
Aufmerksamkeit zuwendet. Diese<br />
neuen Kaiserin - Eugenie - Hüte verlangen<br />
wahrscheinlich wieder das Sammeln des<br />
Haares am Hinterkopf in den Chignon, der<br />
mit der Krinoline zusammen das typisch<br />
gewordene Bild der Mode des zweiten Kaiserreiches<br />
ausmachte. ö. B.<br />
f><br />
Unglückliche Liebe und<br />
unsere Zeit"<br />
19<br />
Auf den Artikel € Unglückliche Liebe nnd unser*<br />
Zeit > in Nr. 70) des « Autler-Feierabends > sind uns<br />
einige Zuschriiten zugegangen, die die Schwierigkeit<br />
und Grös,ae dieser Frage beleuchten. Wir veröffentlichen<br />
hiaute die Zuschrift einer Frau:<br />
Unter diir»em Titel plaudert M. R. Öb«<<br />
«unglücklicÄa Liebe» und Verwandtes. Sia<br />
macht sich Und dem Leser das schwierig«<br />
Problem möglichst leicht und versteht es,<br />
ihm seine tiMe Bedeutung im Leben zu neb>i<br />
men. Sie führt etwa aus: «Unglücklich«<br />
Liebe, die ifit ausser Mode, Liebesbeziehuiv<br />
gen werden ebenso leicht angeknüpft wia<br />
gelöst. Die; Tragik ist veraltet.» In dem Ver-><br />
zieht auf dfo Liebe, wie dies früher oft der<br />
Fall sein jnusste, sieht sie eine Feigheit.<br />
Aber früher' schon wurde nicht immer ver-i<br />
ziehtet, aueih damals gab es Menschen, dia<br />
für ihre Neigung litten und kämpften; neh-<<br />
men wir nur das Beispiel von Richard<br />
Wagner und seiner Cosimai. Lassen wir<br />
alte Leute pms ihrer und ihrer Zeitgenossen<br />
Jugendzeit erzählen: wie oft hören wir, dasa<br />
der oder «die ein anderes Glück fanden,<br />
nachdem ein Verzicht, eine bittere Erfahr<br />
rung vorangegangen war.<br />
Eine Neuheit,<br />
die Sie interessiert:<br />
ifcrianqmSMbirall<br />
CMSBffHI5cHtnDt WEEWA35TPDER AUINtN /fflNBW»<br />
* KUBQUEim &M. MIT UWUttflWM «UCHTSyBU»<br />
Loojping-Purophon<br />
das Grammophon für Sport und<br />
Reise, das<br />
In jeder Lage, trotz starker Erschütterungen<br />
zuverlässig spielt<br />
und Jederzeit den natdrllchen Ton<br />
stark und rein wiedergibt. Solide<br />
grandliche Schwelzerarbeit hat eine<br />
grosse Anzahl von Koffermodellen<br />
geschaffen, unter denen Sie gewiss<br />
eines finden werden, das Ihren besonderen<br />
Wünschen entspricht —<br />
und dabei nicht teuer zu stehen<br />
kommt. — „Lassen Sie sich den<br />
Looping - Purophon Im nächsten<br />
Musikhaus vorführen. Sie werden<br />
sicher sofort einen kaufen wollen."<br />
Sprechmaschinenfabrik<br />
PUROPHON - LOCARNO<br />
f<br />
Woniohterh<lioh<br />
zo beziehen bei i<br />
Roll A ß ßocol<br />
verlangen Sie Angebot.<br />
„SILBA"<br />
der vorteilhafte«!©,<br />
bewährte<br />
Kühlschrank<br />
kein Motor<br />
Kompressor<br />
daher dauernd geräusohlos<br />
Schweizerfabrikat<br />
in 3 Grossen tür<br />
Haushaltung und<br />
Kleingewerbe<br />
hergestellt von<br />
SILBA A.G.,<br />
Fabrik automat.<br />
KühJapparate,<br />
BASEL.<br />
flw$^%c6t,t\MtolM&, StäM<br />
Wn yfi(k h imWöMito&k.<br />
MÖBELHAUS<br />
S CHIFFUNDE PLATZ 22'b.BELLEVUE<br />
Parkplatz beim Hause<br />
S<br />
R U