E_1935_Zeitung_Nr.041
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16 AUTOMOBIL-REVUE <strong>1935</strong> - N» 41<br />
ihren wünschen entsprechen würde. Die<br />
kleine Bürolistin, die täglich die Mühen und<br />
Unannehmlichkeiten des Arbeitstages mitmacht,<br />
empfindet es wohltuend, wenn eine<br />
adrett gekleidete Berufsgenossin des Films<br />
im fürstlichen Arbeitszimmer unter dem bewundernden<br />
Blick des eleganten jungen<br />
Chefs errötet, und vergisst wenigstens für<br />
diesen Abend und die Träume der kommenden<br />
Nacht, dass sie selbst eine abgenutzte<br />
Arbeitsschürze trägt und ihr ein hässlicher<br />
und mürrischer alter Mann in einem durch<br />
eine Wand vom Arbeitsraum abgetrennten<br />
Verschlag in eine fehlerhaft funktionierende<br />
Schreibmaschine unpoetische Mahnbriefe an<br />
säumige Zahler diktiert.<br />
Das Heim, das die Dame so gern im Film<br />
sieht, muss natürlich auch mit entsprechend<br />
sympathischen Personen bevölkert sein. So<br />
ist zumindest im Film die Dienstmädchenfrage<br />
ideal gelöst. Es gibt keine boshaften,<br />
faulen oder unwilligen Dienstboten. Stubenmädchen<br />
oder Köchinnen sind immer sauber,<br />
sogar etwas kokett gekleidet, eilen sofort auf<br />
ein Glockenzeichen herbei, sind ebenso gewandt<br />
im Servieren wie im Anmelden beliebter<br />
und im Hinauskomplimentieren ungebetener<br />
Gäste. Mit ihrer Hilfe wickelt sich — im<br />
Film — die Hauswirtschaft in vorbildlicher<br />
Weise ab, so dass die Hausfrau wenigstens<br />
für die Zeit des Ablaufes dieses Films ihre<br />
Dienstbotensorgen vergisst.<br />
Man denke nun doch nicht, dass die<br />
Frauen deshalb solche schön gefärbte Vorgänge<br />
gern sehen, weil sie so naiv sind, zu<br />
hoffen, dass sich einmal ihr Leben ähnlich<br />
wie in dem eben geschauten Film gestalten<br />
wird. In jeder Frau schlummert aber ein<br />
Kind, das gern wieder in den Alltag zurückkehrt,<br />
wenn man ihm eine Zeitlang ein Spielzeug<br />
in die Hand gegeben hat.<br />
Schwester ans dem dunklen Hintergrund, ans einer<br />
schwülen und bedrückenden Sphäre abheben. In<br />
meisterhafter Form schildert die Dichterin die Trier<br />
jungen Menschen, von der Kindheit bie mitten in<br />
den Rudel des Lebens hinein.<br />
Die Eltern der vier Kinder spielen ebenfalls<br />
eine grosse Rolle und, das darf man schon sagen,<br />
treten aus der ganzen Erzählung nicht gerade sehr<br />
vorteilhaft heraus. Die Autorin erlaubt sich hier<br />
einige Stellen, die vom ästhetischen Standpunkt<br />
aus zu verurteilen sind. Sie greift zu tief in die<br />
Wahrheit hinein. Gewiss, ein Buch soll wahr sein,<br />
doch die Wahrheit, die nackte Wahrheit ist<br />
eben doch meistens ziemlich .. . schmutzig. Und<br />
ein Buch, das das Leben anpackt wie es<br />
ist, muss hart und unfein werden. Aber die<br />
Wahrheit ist nun mal so, und man kann<br />
die Dichterin verurteilen oder man kann sie loben,<br />
weil sie den Mut gefunden hat über das Leben zu<br />
schreiben, wie es in Wirklichkeit ist.<br />
Das heikle Thema: Mutter und Sohn kommt eingehend<br />
zur Behandlung. Eine Mutter ist nicht heilig,<br />
allein weil sie Mutter ist, eine Frau, die —<br />
vielleicht ungern Kinder geboren hat, sie ist nicht<br />
heiliger als andere, die nicht geboren haben.<br />
Die Dichterin versteht es jedenfalls, uns die<br />
geschilderten Personen ihrer Erzählung unwahrscheinlich<br />
nahe zu bringen und sie versteht es auch,<br />
fesselnd zu schreiben. Wenn auch hie und da etwas<br />
Derbheiten und Unschönheiten zum Vorschein<br />
kommen, so kann das Buch dem, und nur dem<br />
gereiften Leser trotzdem viel bieten. Doch wer für<br />
Selma Lagerlöf oder Knut Hamsun nichts übrig<br />
hat, die bedrückende nordische Schwere nicht ertragen<br />
kann, der soll lieber die Hand davon lassen.<br />
-es.<br />
Vitznau. Der Sonnen-Quai am klassischen See<br />
ist Tatsache. Sind Sie schon einmal von Weggis<br />
auf breitem Trottoir der staubfreien Strasse und<br />
dem See entlang über Vitznau hinaus bis an die<br />
Grenze des Kantons Schwyz an der obern Nase<br />
gewandert? Nein? Dann müssen Sie dies unbedingt<br />
nachholen. Sie werden dann sehen, was die Kunst<br />
zielbewusster Ingenieure, was verständnisvolle Zusammenarbeit<br />
zwischen Staat und Gemeinden in<br />
kurzen Jahren aus einer von wirtschaftlichen Sorgen<br />
bedrohten Gegend machen kann. Auch hier<br />
wurde nach einem bestimmten Aufbauplan<br />
gearbeitet,<br />
und nun liegt es am zielbewussten Mitarbeiten<br />
des Publikums, sich in diesen Aufbauplan<br />
einzufügen und ihm zum Durchbruch zu verhelfen.<br />
Marika Stiernstedt: «Die vier Marschallstäbe». Und wenn Sie heute durch die unbeschreiblich<br />
Roman. Hesse & Becker, Verlag, Leipzig. — Der schöne Blütenpracht der Seegegend wandern oder<br />
Titel weist auf Napoleons Ausspruch hin, jeder Soldat fahren, so wird dies für Sie nicht nur ein Erlebnis,<br />
sondern Sie werden die Gegend wieder mit dem<br />
trage den Marschallstab in seinem Tornister. Hier<br />
bestehen die vier Marschallstäbe allerdings aus Bewusstsein verlassen, dass ihr Besuch Freude gemacht<br />
hat, ist er doch eine Anerkennung für die<br />
Haselruten mit eingekerbtem dekorativem Muster<br />
und die Besitzer sind keine Soldaten, sondern zwei Bemühungen der Seegegend sowohl dem Fussgänger<br />
wie dem Automobilisten eine der schönsten<br />
Geschwisterpaare, vier Kinder zweier unglücklicher<br />
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