E_1939_Zeitung_Nr.060
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•» AUTOMOBIL-REVUE ÖIENSTAG, 25. JTJLI <strong>1939</strong> — 60<br />
Güterstrasschen<br />
oder Durchgangsstrasse?<br />
Bekanntlich hat im Anschluss an die Abstimmung<br />
über die Sustenpaßstrasse das<br />
Urnervolk gleichzeitig dem Projekt eines<br />
Oütersträsschens von Flüelen nach Bauen<br />
zugestimmt. Es lag nun nahe, vor Inangriffnahme<br />
der Bauarbeiten zu versuchen, dieses<br />
Projekt mit demjenigen der linksufrigen<br />
Vierwaldstätterseestrasse in Ueberemstimmang<br />
zu bringen. Letzte Woche fand nun in<br />
Flüelen eine Konferenz statt, die durch Delegationen<br />
der Regierungen von Uri und Luzern,<br />
des kantonalen Gewerbeverbandes Uri<br />
und der meistinteressierten Gemeinden am<br />
linken Seeufer beschickt war.<br />
An dieser vom urnerischen Baudirektor<br />
geleiteten Konferenz kristallisierte sich im<br />
Verlauf der Diskussion einhellig die Auffassung<br />
heraus, dass es geboten erscheine, unter<br />
der Führung von Luzern in Bern nochmals<br />
einen Vorstoss zu unternehmen, um die Frage<br />
des Baues einer Durchgangsstrasse definitiv<br />
abzuklären, bevor an die Ausführung des<br />
Oütersträsschens herangetreten werde.<br />
Zweifellos kommt vom militärischen Gesichtspunkt<br />
aus betrachtet einer linksufrigen<br />
In der Schweiz ereigneten sich Im Monat<br />
Juli des letzten Jahres durchschnittlich täglich<br />
73 Verkehrsunfälle.<br />
Jeder Strassenbenützer kann sich durch<br />
Vorsicht und vermehrte Beachtung der Verkehrsregeln<br />
erfolgreich am Kampf gegen den<br />
Verkehrsunfall beteiligen.<br />
ACS<br />
Vierwaldstätterseestrasse grosse Bedeutung<br />
zu, speziell hinsichtlich einer leistungsfähigen<br />
Verbindung mit der Gotthardstellung.<br />
Im System der Gotthardverbindungen nimmt<br />
bekanntlich die Axenstrasse eine besondere<br />
Stellung ein. Diese weltbekannte Strasse ist<br />
und wird auf urnerischem Terrarium grosszügig<br />
ausgebaut. Dessenungeachtet dürfte diese<br />
Strecke aus geologischen Gründen als sehr<br />
exponiert zu bezeichnen sein, so dass sich<br />
eine Parallelverbindung am linken Seeufer<br />
mit guten Gründen vertreten lässt. In der<br />
Diskussion kam allerdings die Meinung zum<br />
Ausdruck, dass das linksufrige Strasseniprojekt<br />
in Bern grösstenteils in Berücksichtigung<br />
der Verhandlungen um das Pragelprojekt<br />
bis anhin keine weitere Unterstützung<br />
gefunden habe. Nachdem jedoch der Bau<br />
eines Gütersträsschens über den Pragel genehmigt<br />
sei, könne eine andere Stellung der<br />
eidg. Behörden wohl erwartet werden; denn<br />
schon mit Rücksicht auf das zweite Alipenstrassenprogramm<br />
müsse man sich im Bundeshaus<br />
mit neuen Strassenprojekten beschäftigen.<br />
Als Resultat der Flüelerkonferenz zeitigte<br />
sich die Forderung, bei den zuständigen Departementen<br />
in Bern, und zwar in Verbindung<br />
mit den übrigen « Gotthardkantonen »<br />
bezüglich der linksufrigen Vierwaldstätterseestrasse<br />
nochmals einen weiteren Vorstoss<br />
zu unternehmen und mit den weiteren Vorarbeiten<br />
zum Bau des Oütersträsschens<br />
Flüelen-Bauen bis Ende des laufenden Jahres<br />
noch zuzuwarten.<br />
« 0, ich meinte nur so! > entschuldigt sich<br />
der allmächtige Chef des Geheimen Dienstes<br />
und entfernt sich äusserlich verlegen und<br />
innerlich sehr erheitert.<br />
Eine stark geschnürte und etwas echauffierte<br />
Lady bekommt ihn am Aermel zu<br />
fassen.<br />
« Sir Maxwell! > schnauft sie hinter Ihrem<br />
Spitzentuch, «wissen Sie, dass ich manchmal<br />
glaube, Sie tun nur so unschuldig! Jedenfalls<br />
müssen Sie doch auch gehört haben,<br />
unter wie eigenartigen Umständen unser<br />
junges Paar sich verlobt haben soll. Man<br />
sagt, Granaten mussten explodieren und ein<br />
Schiff musste sinken, ehe es so weit war.<br />
Ich hätte da lieber verzichtet! »<br />
« Meine Allergnädigste — ! »<br />
« Doch, doch, lieber Freund. Obwohl Lord<br />
Charles ein entzückender Mensch und eine<br />
gute Partie ist, aber —. Oder sind Sie anderer<br />
Ansicht? ><br />
« Vielleicht, wenn ich so sagen darf», Sir<br />
Maxwell scheint äusserst verlegen, < vielüeicht,<br />
Mylady, ist ein Schiffbruch vor der<br />
Ehe besser, als einer in der Ehe. ><br />
« Sie Schäker ! > Die korpulente Dame<br />
schüttelt sich vor Lachen und unterzieht dabei<br />
ihre Korsage einer enormen Zerreissprobe.<br />
Sir Maxwell ist aber schon wieder von<br />
ihrer Seite verschwunden. Mit dem Spürsinn<br />
und der Zielstrebigkeit, die seine Stellung<br />
begründet haben, gelingt es ihm, endlich<br />
das junge Paar an einer isolierten Stelle<br />
des Wintergartens zu treffen.<br />
Grosser Preis von Deutschland<br />
Sieger Mercedes-Benz mit Caracciola in 4Std. 8 Min. 41,8 Sek. mit einem<br />
Stundenmittel von 121 km — Müller auf Auto-Union Zweiter mit 58 Sek.<br />
Ruckstand. — 250 000 Zuschauer.<br />
Cochem, 22. Juli <strong>1939</strong>.<br />
Mercedes-Benz hat gewonnen, verdient gewonnen,<br />
aber der Sieg war nicht leicht. Es sah<br />
im Gegenteil ein Zeitlang ganz so aus, als<br />
sollte sich das Resultat von .Reims wiederholen,<br />
und die Beklemmung der Mercedes-<br />
Anhänger löste sich buchstäblich erst, mit der<br />
letzten Runde, als das Ergebnis des unerhört<br />
verbissenen, mit Einsatz der allerletzten Kräfte<br />
geführten Kampfes feststand.<br />
Dem aufmerksamen Beobachter des Trainings<br />
schien es, als ob der um eine Nuance<br />
kräftigeren Reprisen der Auto-Union-Wagen<br />
eine um ein Geringes überlegene Strassenhaltung<br />
der Mercedes gegenüberstände. Das bedigte,<br />
dass der Ausgang der Schlacht in gewissem<br />
Sinne von der Wetterlage während der<br />
vier Stunden des Rennens abhängen würde.<br />
Die Leute vom Bau tippten deshalb auf einen<br />
vielleicht zwar knappen Sieg der Auto-Union<br />
bei trockener Piste, auf einen ebenso knappen<br />
Vorsprung von Mercedes bei Regen. Und der<br />
Verlauf des Kampfes hat diese Voraussage<br />
bestätigt.<br />
Deutlich schied sich das Rennen in drei<br />
Phasen,<br />
die man etwa wie folgt charakterisieren könnte:<br />
Zu Beginn das ungestüme Drängen der<br />
Jungen, bei der Auto-Union in der fühlbaren<br />
Absicht, Mercedes zu forcieren. Diese Taktik<br />
führte, was Lang und Brendel betrifft, zum<br />
Erfolg, doch musste allerdings auch Stuck<br />
daran glauben. Die zwei gewiegten Taktiker<br />
Caracciola und Nuvolari dagegen hielten zurück<br />
und begnügten sich damit, die anderen;<br />
führen zu lassen. In der Mitte des Rennens<br />
der Regenschauer, der Caracciola erlaubt,<br />
seine Karten auszuspielen und der den Drauf-,<br />
ganger Hasse aus der Bahn wirft. Zum Schluss<br />
der aufregende, mit nervenaufreibender Verbissenheit<br />
geführte Endspurt, den die kluge<br />
Berechnung und eiserne Willenskraft Caracciolas<br />
zu dessen Gunsten entscheidet .. .<br />
Einer liebenswürdigen Einladung Direktor Muf*s<br />
von der schweizerischen Mercedes-Benz-Vertrettiflg"*<br />
folgend, begab sich ein Trüpplein schweizerischer<br />
Berichterstatter auf die über die 600 km lange Reise<br />
nach Cochem, die ohne Beschwer und Ermüdung<br />
in etwa 10 Fahrstunden zurückgelegt wurde. Im<br />
freundlichen Mosel-Städtchen gingen allerdings die<br />
nächtlichen Wogen der Festvorfreude hoch und die<br />
etwas merkwürdig anmutende Warnung eines<br />
Strassenschildes «Achtung, Mosel» (bei uns wäre<br />
das etwa «Achtung, Fendant») erschien nicht ganz<br />
unberechtigt.<br />
Eine Stunde vor Start drängt sich eine 260000-<br />
köpfige Menschenmenge auf der Eifel, eifrig die<br />
Vorgänge des Trainings und den gestrigen Brand<br />
von Nuvoilaris Wagen kommentierend. An den<br />
Boxen herrscht fieberhafte Tätigkeit, Reifen werden<br />
hin und her gerollt, über die Motoren beugen sich<br />
grübelnde Köpfe, hin und wieder durchschneidet<br />
ein grelles, metallisches Aufheulen die Luft. Das<br />
Wetter, das von der gestrigen Sommerhitze auf<br />
dichte Bevölkung hinübergewechselt hat, stellt die<br />
Motorenwarte vor die gewohnte Aufgahe. Der Lautsprecher<br />
verkündet, dass Stuck, Nuvolari und Meier<br />
den neuen Wagen der Auto-Union mit DöppelgeMäse<br />
fahren. Inzwischen wird es gegen 11 Uhr,<br />
die Wagen stellen sich in der Reihenfolge, welche,<br />
den im Training gefahrenen Hundenzeiten entspricht,<br />
hinter der Startlinie auf, wobei es einigermassen<br />
Ueberraschung erweckt, dass der junge<br />
Mercedes-Nachwuchsfahrer Brendel, der Hartmann<br />
ersetzt, vor der ersten Garnitur der Auto-Union<br />
Platz nimmt. Die<br />
Startreihenfolge<br />
lautet nämlich, von links nach rechts:<br />
1. Reihe:<br />
Caracciola Brauchlfsch Lang<br />
(Mercedes-Benz) (Mercedes-Benz (Mercedes-Benz)<br />
2. Reihe:<br />
Brendel<br />
Muller<br />
"(Mercedes-Benz)' (Auto-Union)<br />
3. Reihe:<br />
Pietsch Stuck Nuvolari<br />
(Maserati) (Auto-Union) (Auto-Union)<br />
4. Reihe:<br />
Hasse<br />
Meier<br />
(Auto-Union) (lAuto-Uniön)<br />
5. Reiher<br />
Sommer Dreyfus Villoresi<br />
(Alfa Romeo) (Delahaye) (Maserati)<br />
6. Reihe:<br />
Raph<br />
Joa<br />
(Delahaye)<br />
(Maserati)<br />
7. Reihe:<br />
Mandirola<br />
Mazaud<br />
(Maserati)<br />
(Delahaye)<br />
Die Startkanone blitzt auf und sofort übernimmt<br />
Caracciola die Spitze, von Stuck auf den Feräen<br />
gefolgt. Doch schon einige Sekunden später passiert<br />
auf der Gegengeraden Lang als Erster, mit Brauchitsch<br />
am Heck, Nach kurzer Zeit kommt die<br />
Meldung durch, dass Lang am Karussel bereits in<br />
beträchtlichem Vorsprung liegt. Gleich darauf fegt<br />
er an den Tribünen vorüber, mit 48,1 Sek. Vorsprung<br />
vor Braiichitsch; Längs Durchschnitt von<br />
118,7 km/St, erscheint indessen noch nicht besonders<br />
hoch. Müller ist Dritter, es folgen Pietsch,<br />
Caracciola, Nuvolari und Stuck. Die andern sind<br />
schon klar distanziert. Villoresi hält bereits an der<br />
Boxe und. baut.<br />
Zweite Runde: Längs Vorsprung hat sich gehalten,<br />
doch trudelt er im Leerlauf daher und geht<br />
an : die Boxe. In das allgemeine Bedauern mischt<br />
sich ein Aufschrei der Ueberraschung, als plötzlich<br />
Pietsch mit seinem Maserati vorbeiprescht, heftig<br />
bedrängt von Nuvolari. Der Aufenthalt kostet Lang<br />
den ganzen Vorsprung und noch etwas mehr, als<br />
er wieder davonbraust. Villoresi hält zum zweitenmal<br />
und baut neuerdings. Die kompressorlosen<br />
Delahaye bleiben deutlich zurück. Abermals heult<br />
die wilde Meute vorüber, doch jetzt hat sich<br />
Nuvolari die Spitze erkämpft<br />
und hält sie mit allerdings nur geringem Vorsprung<br />
vor Müller und Caracciola. Lang, der nunmehr<br />
an siebenter Stelle liegt, biegt hinter den<br />
Boxen wieder in die Zielgerade und gibt auf- Bas<br />
gleiche MisegeßcMck trifft Stuck. Sommer hat schon<br />
in der zweiten Runde verzichtet. Und jetzt sieht<br />
sieh auch Meier zu längerem Aufenthalt gezwungen.<br />
Bei der kürzen Zeit, die das Rennen erst dauert,<br />
hat es schon beträchtliche Ausfälle hervorgerufen.<br />
Villoresi kommt zur Boxe und baut. Nuvolari« Vorsprung<br />
beträgt jetzt 3 Sekunden auf Caracciola,<br />
dem in kurzen Abständen .Mülller, Brendel, Hasse,<br />
Pietsch folgen. Der junge Brendel zeichnet sich<br />
aus, fährt er doch mit 130,6 km/St. Durchschnitt<br />
die Mäher schnellste Runde. Gleich darauf wird er<br />
jedoch das Opfer seines Temperaments und macht<br />
Bekanntschaft mit dem Strassengraben, was zur<br />
« Meine Lieben», sagt er und ist plötzlich<br />
ein anderer Mensch, «ich wollte Sie noch<br />
einmal allein sprechen, um Ihnen auch im<br />
Namen des Amtes meinen Dank und meine<br />
herzlichsten Glückwünsche auszudrücken.<br />
Ihr letzter Erfolg macht mir den Abschied<br />
von Ihnen noch schwerer. ><br />
« Und unser Hochzeitsgeschenk? » Muriel<br />
lächelt ihren vormaligen Chef vielsagend an.<br />
« Richtig ! Ich konnte es Ihnen natürlich<br />
nicht abschlagen, Lady Muriel. Ich habe veranlasst,<br />
dass man diesen Dr. Martinez und<br />
seinen Spiessgesellen Don Paulo nur über<br />
die Grenze abgeschoben hat. Vor dem Zucht-,<br />
haus, in das Captafa Black nach seiner Wie-"<br />
derherstellung wahrscheinlich Wandern wird,<br />
habe ich sie Ihretwegen bewahrt. Ich hoffe<br />
aber, dass ihnen das Ende dieses Aguillar<br />
unter den von ihm zur Explosion gebrachten<br />
Granaten eine Warnung sein wird und. däss<br />
sie nicht mehr versuchen werden, durch<br />
Waffenschmuggel unsere Gesetze zu übertreten<br />
und die Bemühungen um den Frieden<br />
zu erschweren. Gewarnt sind sie jedenfalls<br />
und überwacht werden sie in .Zukunft auch. »<br />
«Sie sind so nett, Sir Maxwell >, bedankt<br />
sich Muriel, «ich weiss wohl, dass Ihnen so<br />
etwas gegen den Strich seht. Aber schliesslich<br />
haben die beiden mein Glück mitbegründet.<br />
><br />
«Und auch meines! » fügt Charles mit<br />
Ueberzeugung hinzu.<br />
«Ich mache im allgemeinen keinen Anspruch<br />
darauf, mit Eros verglichen zu /werden<br />
», schmunzelt der rundliche Sir Maxwell,<br />
« aber ehe ich diesen Ausländern das Verdienst<br />
überlasse, Ursache Ihres Glückes zu<br />
sein, möchte ich doch in aller Bescheidenheit<br />
darauf hinweisen, dass ich es war, der Sie<br />
zuerst zur Scheinehe zusammengegeben<br />
hat.»<br />
« Wir werden Ihnen das nie vergessen»,<br />
versichert Charles, «man sollte Sie auch<br />
zum Chef des Geheimen Minnedienstes machen,<br />
Sir Maxwell! »<br />
« Sagen Sie das ja nicht laut! > wehrt der<br />
Leiter des Intelligence Service entsetzt ab.<br />
«Wir sind so schon Mädchen für alles<br />
und am Ende wird, man noch von uns verlangen,<br />
dass. wir eine Abteilung für Heiratsvermittlung<br />
angliedern. ><br />
Dann merkt Sir Maxwell, dass eine Gruppe<br />
anderer Gäste herzusehen beginnt, und so<br />
kürzt er den-Abschied schnell ab. Es ist ihm<br />
so zur Gewohnheit geworden, sich im Verborgenen<br />
zu halten, dass er gar nicht mehr<br />
anders, kann. Sobald er mit einem herzlichen<br />
« Hals- und Beinbruch für die Ehe !»<br />
verschwunden ist, zieht Charles Muriel in<br />
eine ganz verschwiegene Ecke.<br />
« Muriel! » flüstert er, « nur eine Sekunde<br />
Einsamkeit und eine Frage ! »<br />
« Ja? > sagt Muriel und lehnt sich an seine<br />
Schulter.<br />
« Bist du zufrieden, Muriel? »<br />
« Ich bin glücklich, Charles. Und du? ><br />
«Ich bin der glücklichste Ehemann Grossbritanniens<br />
!»<br />
Folge hat, dass er auf der Strecke bleibt Glücklicherweise<br />
zieht er selbst sich unverletzt aus der<br />
Affäre. Hartnäckig kleben die beiden Spitzenreiter<br />
Nuvolari und Caraocioda aneinander. Nur 5 Sek.<br />
trennen die beiden, und man bekommt den Eindruck,<br />
dass sich das Rennen mit einem Duell<br />
zwischen ihnen zuspitzen wird. Allerdings gibt<br />
Müller mit weiteren nur 58,6 Sek. Abstand deutlich<br />
zu erkennen, dass er auch noch ein gewichtiges<br />
Wort mitzureden im Sinne hat. Zur Aibwechslung<br />
nimmt unterdessen ViEoresi wieder einmal<br />
seine Bautätigkeit auf. In der sechsten Runde erfoJrt<br />
der<br />
Coup de theätre : Caracciola hat die Spitze<br />
an sich gerissen<br />
und der dichtauffoligende Nuvolari mu&s ausgerechnet<br />
in diesem Moment tanken. Das kostet ihn<br />
eine Minute und wirft ihn in vierte Position hinter<br />
Müller und Hasse zurüok. Jetzt hält Brauchitsch<br />
an der Boxe; der Mechanikerschwarm entwickelt<br />
eine emsige Tätigkeit um einen Wagen. Plötzlich<br />
ein Ahl des allgemeinen Bedauerns, der Wagen<br />
wird seitwärts geschoben, Brauchitsch scheidet<br />
au«. So ruhen die Hoffnungen im Lager von Mercedes-Benz<br />
einzig noch auf Caracciola, der allein<br />
gegen die vier Auto-Union-Wagen kämpft, eine<br />
harte, fast unlösbar erscheinende Aufgabe. Nuvolari<br />
eteuert gegen die Box und deutet auf sein<br />
linkes Hinterrad: Pneuwechsel, wobei auch die<br />
Motorenhaube abgenommen wird. Ob ihm dieser<br />
neue Halt den Anschluss kostet? Schon will er<br />
auf die Reise — mein Manuskript bekommt einen<br />
Fettfleck. Wirklich rührend, die Fürsorge von Mercedes<br />
für «eine Gäste. LZ 130, der neue Zeppelin,<br />
zieht majestätisch seine Kreise über der Piste. Inzwischen<br />
ist der Vorsprung Caracciolas gegenüber<br />
Müller auf 11 Sek. angewachsen; dem Auto-Union-<br />
Fahrer folgt nur 3 Sek. zurück sein Stallgenosse<br />
Haeee. Nuvolari bleibt als Vierter in Reserve und<br />
Fünfter ist Pietsch, der 4 Min. zwischen sich und<br />
Villoresi gelegt hat. Uehrigene wird der letztere<br />
gleich darauf aus der Bahn getragen und baut<br />
jetzt endgültig ab.<br />
In der folgenden, neunten Runde, erleben die<br />
Zuschauer einen aufregenden Moment: Caracciola,<br />
dessen Vorsprung auf eine Sekunde zusammengeschrumpft<br />
ist. wird zum Pneuwechsel angehalten,<br />
ebenso aber auch sein hartnäckiger Verfolger Müller,<br />
währenddem fast im nämlichen Augenblick<br />
nasse das Kommando übernimmt.<br />
Die Menge steht in höchster Spannung: Wer von<br />
den beiden fährt zuerst wieder los, Müller oder<br />
Caracciola? Müller ist es, der unter lautem Beifall<br />
abhaut, währenddem Caracciola durch Kerzenwechsel<br />
zurückgehalten wird.<br />
Müller in Front — dann wieder Hasse.<br />
Doch in der nächsten Runde schon ändert sich<br />
das Bild wieder, denn jetzt ist es Hasse, der seine<br />
Finken tauschen muss. Er erledigt das in der<br />
Rekordzeit von 36 Sekunden und schiebt sich damit<br />
zwischen Müller und Caraccida. Nuvolari absolviert<br />
mit uhrwerksgleicher Regelmässigkeit seine.<br />
Runden, unauffällig aber sicher Sekunde um Sekunde<br />
aufholend. TSur noch 1 Min. 58 Sek. beträgt<br />
jetzt sein Rücketand auf Caracciola. Damit hat sich<br />
deutlich eine Spitzengruppe ausgeschieden; Pietsch<br />
folgt a)ls « Cavalier seul» und die andern in der<br />
Reihenfolge Brendel, Dreyfus, Joa, Raph, Mazaud<br />
und Mandirola.<br />
Jetzt setzt der Regen ein. Das bedeutet nicht<br />
nur längere Rundenzeiten, sondern auch die Beeinflussung<br />
des Rennens im eingange erwähnten Sinn.<br />
Bei den minimen Zeitabständen vom Ersten zum<br />
Dritten — 12 bzw. 14 Sekunden — kann das sofort<br />
ins Gewicht fallen.<br />
Achtung, zwölfte Runde! Richtig, Caracciola hat<br />
Müller passiert und bedrängt mit 21 Sek. Rückstand<br />
Hasse, der aber mächtig aufgedreht haben<br />
muss, denn er hat nicht nur Müller die Spitze entrissen,<br />
sondern sogar 14 Sek. auf Caracciola gewonnen.<br />
Der einzige Vertreter der Schweizerfarben,<br />
Mandirola, der in diesem Moment zirka 3 Runden<br />
im Rückstand liegt, tankt vertotenerweise auf der<br />
Rückseite der Boxen und scheidet damit aus.<br />
Der Lautsprecher, verkündet etwas, das im Motorengeheul<br />
untergeht. Plötzlich ertönt aus der<br />
Ferne das nun schon gewohnte Geräusch der<br />
«Kreissäge»: Er kommt! Wer, wer?<br />
«Und du wirst deine .Freiheit und deine<br />
Abenteuer nicht vermissen? »<br />
Ehe Charles antworten kann, tönt hinter<br />
einer dichten Palmengruppe aus ahnungslosem<br />
Gespräch hervor die sonore Stimme<br />
eines überzeugten Junggesellen : « Glauben<br />
Sie mir, Oberst, jede Ehe ist ein Abenteuer.<br />
Und erst eine Ehe mit dieser Muriel Greentower!<br />
»<br />
« Da hörst du es ! > neckt Charles.<br />
« Am Ende bereust du schon ? > Muriels<br />
Stimme klingt nicht ganz unbefangen. Es ist<br />
nicht angenehm, an seinem Hochzeitstag<br />
nach vielen offiziellen Schmeicheleien das<br />
ungeschminkte Urteil der Welt zu hören.<br />
« Die Ehe mit dir wird mein liebstes, mein<br />
schönstes und mein grösstes Abenteuer<br />
sein ! » versichert Charles stürmisch.<br />
< Wirklich ? ><br />
«Bestimmt, Muriel! In dieses Abenteuer<br />
werde ich mich mit Liebe, mit wahrer Inbrunst<br />
und mit allem Elan stürzen — wie<br />
man sich an einem Geissen Sommertag in<br />
einen klaren, blauen See stürzt.»<br />
« Du bist so lieb und galant, Charles >, lobt<br />
Muriel mit lachenden Augen, «und ich bin<br />
ganz sicher, deine Absichten sind besser, als<br />
deine Vergleiche. Denn, weisst du, so abkühlend,<br />
wie kaltes Wasser, werde ich hoffentlich<br />
nicht auf dich wirken. > Und dann gibt<br />
sie Charles einen verstohlenen, heissen Kuss,<br />
d*r ihn von seinem ersten Eheirrtum gründlich<br />
aber angenehm heilt.<br />
Ende.