E_1948_Zeitung_Nr.020
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14 AUTOMOBIL-REVUE MITTWOCH, 28. APRIL <strong>1948</strong> - Nr. 20<br />
B9i einem Kennen, zo dem olle Konkurrenten<br />
gleichzeitig starten, ist logischerweise derjenige<br />
Sieger, der die Ziellinie als Erster passiert. Die<br />
Zeitmessung scheint doher füglich überflüssig zu<br />
sein, denn um eine genaue Rangliste aufstellen zu<br />
können, genügt es an und für sich vollauf, wenn<br />
man die Nummern der einzelnen Wagen bei ihrer<br />
Vorbeifahrt notiert.<br />
Der Sieger aber — und nicht nur er, sondern<br />
auch das Publikum und die Presse — wünscht zu<br />
wissen, in welcher Zeit er das Rennen beendet hat<br />
und wieviele Minuten und Sekunden ihn von den<br />
übrigen Konkurrenten trennen.-Es ist daher nötig,<br />
dass die von jedem Fahrer zurückgelegten Runden<br />
einzeln registriert werden, und zwar unter genauer<br />
Angabe der für jede Runde benötigten Zeit. Die<br />
Zuschauer machen sich kaum eine Vorstellung von<br />
der gewaltigen Arbeit der Chronometreure, die im<br />
Training wie im Rennen selbst alle von den Konkurrenten<br />
erzielten Rundenzeiten mit peinlicher<br />
Exaktheit aufzuzeichnen haben.<br />
Di© Rundenzeiten aller Fahrer werden durch<br />
einen elektrischen Apparat registriert und automatisch<br />
auf einen Papierstreifen übertragen. In Ermangelung<br />
eines solchen Apparates werden die<br />
Zeiten von routinierten Zeitmessern an Hand von<br />
Chronographen aufgenommen. Von einer genauen<br />
Zeitmessung kann in diesem Falle allerdings nicht<br />
die Rede sein, erweist es sich doch praktisch als<br />
ein Ding der Unmöglichkeif, von 5—6 Fahrzeugen,<br />
die fast gleichzeitig vorübersausen, die Nummern<br />
zu notieren und im selben Augenblick auch 5—6<br />
verschiedene Zeiten auf eine Zehntelssekunde genau<br />
abzulesen und niederzuschreiben. Die Ungenauigkeiten<br />
wären noch zahlreicher, wenn man<br />
für jeden Fahrer und jedes Fahrzeug einen Zeitmesser<br />
bezeichnen würde, denn — so paradox<br />
dies scheinen mag — wenn jeder Chronometreur<br />
die Nummern aller Fahrzeuge notiert, so sind<br />
die Aussichten auf eine genaue Zeitmessung bedeutend<br />
grösser als wenn sich ein Zeitmesser nur<br />
auf ein im Rennen befindliches Fahrzeug zu konzentrieren<br />
hat.<br />
Am Grossen Preis der Nationen erfolgt die<br />
Zeitmessung durch einen Löbner-Apparat, der vor<br />
jedem Rennen auf 0 Uhr gestellt und mit dem Startzeichen<br />
in Betrieb gesetzt wird. Für die Bedienung<br />
dieses Apparates sind zwei Zeitmesser erforderlich,<br />
denen folgende Aufgaben zufallen:<br />
Wie funktioniert die Zeitmessung<br />
am Grossen Preis der Nationen?<br />
Der 1. Zeitmesser setzt bei der Vorbeifahrt<br />
eines jeden Fahrzeuges, d.h. sobald dessen Vorderräder<br />
die Kontrolllinie, die mit der Start- und<br />
Ziellinie identisch ist, passieren, einen Morse-hebel<br />
In Aktion, der seinerseits auf elektrischem Wege<br />
den Löbner-Apparat betätigt, welcher die Zeit auf<br />
Vi« Sekunde genau auf dem Papierstreifen aufzeichnet.<br />
Der 2. Zeitmesser notiert zu jeder Zeit die<br />
Nummer des betreffenden Fahrzeuges.<br />
Der Löbner-Apparat und zwei Zeitmesser würden<br />
vollkommen genügen, wenn man für die Ermittlung<br />
des genauen Klassements das Ende des<br />
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Rennens abwarten könnte. Presse und Zuschauer<br />
aber sind äusserst anspruchsvoll, und so Ist es denn<br />
notwendig, jeweilen nach zehn Runden Zwischenklassemente<br />
aufzustellen, was zwei weitere Zeitmesser<br />
erfordert.<br />
Der 3. Zeitmesser führt ein Protokoll im Doppel,<br />
wobei er auf jedem Blatt 10—15 Passagen notiert.<br />
Er schreibt die Nummern der Fahrzeuge in der<br />
Reihenfolge ihrer Vorbeifahrt nieder und notiert<br />
dazu die entsprechenden Zeiten, die ihm der<br />
2. Zeitmesser diktiert.<br />
Endlich trägt der 4. Zeitmesser die Nummern<br />
der Fahrzeuge wiederum in der Reihenfolge ihrer<br />
EiSS<br />
Passage in ein Heft ein. Sobald der Protokollführer<br />
ein Blatt beschrieben hat, wird es perforiert<br />
und das Doppel dem 4. Zeitmesser ausgehändigt,<br />
der es überprüft und mit seinen eigenen Notizen<br />
vergleicht. Alsdann wird dieses Protokoll-Doppel<br />
der Renn-Buchhaltung übermittelt, die für die Auswertung<br />
der Resultate verantwortlich zeichnet. Ihr<br />
Personalbedarf ist naturgemäss wesentlich grösser<br />
als derjenige, den die Registrierung der Fahrzeugpassagen<br />
und Rundenzeiten erfordert. Da sind einmal<br />
zwei Personen, die unabhängig voneinander<br />
eine Kontrolle der von jedem Fahrzeug zurückgelegten<br />
Anzahl Runden führen. Auf einem karierten<br />
Blatt Papier, dessen Quadrate 1 cm s gross sind<br />
und das links aussen eine Kolonne mit den Nummern<br />
aller im Rennen befindlichen Fahrzeuge aufweist,<br />
kennzeichnen sie jede von einem Fahrzeug<br />
beertdete Runde mit einem Schrägstrich durch das<br />
betreffende Quadrat. Dieses Vorgehen gestattet<br />
während jeder Phase des Rennens, festzustellen,<br />
wieviele Runden jeder Konkurrent schon gefahren<br />
und wieviel er noch zurückzulegen hat. Sobald<br />
sich ein Fohrzeug auf der letzten Runde befindet,<br />
wird der Rennleiter verständigt, damit er das Rennen<br />
bei der nächsten Vorbeifahrt des siegreichen<br />
Fahrzeugs abbrechen und auch allen übrigen Fahrern<br />
das Ende der Veranstaltung ankündigen kann.<br />
Alle Personen, die mit der Rennbuchhaltung betraut<br />
sind, verfügen über vorgedruckte Blätter, die<br />
der Resultatauswertung dienen. Für jeden Konkurrenten<br />
ist ein Blatt reserviert, auf dem alle Rundenzeiten<br />
notiert werden. Die Rundenbestzeit wird<br />
mit einem roten Kreuz bezeichnet, so dass der<br />
Dienstchef Publfkum und Presse orientieren kann,<br />
ohne die Arbeit seiner Gehilfen unterbrechen zu<br />
müssen. Sobald 5—6 Fahrer 5 oder 6 Runden absolviert<br />
haben, gibt er die betreffenden Zwischanklassemente<br />
ebenfalls bekannt.<br />
Nimmt man an, dass die 16 Konkurrenten, dte<br />
im Grossen Preis der Nationen in Genf starN<br />
berechtigt sind, mit einer durchschnittlichen<br />
Geschwindigkeit von 100 km/h Ober das 2,965 km<br />
lange «Circuit des Nations» jagen und sich<br />
gleichmässig auf die Strecke verteilen, so wird die<br />
Start- und Ziellinie alle 6,6 Sekunden von einem<br />
Fahrzeug passiert. Die Zeitmessung sowie das Führen<br />
der Rennbuchhaltung stellen daher alles andere<br />
als eine Sinekure dar; sie verlangen im Gegenteil<br />
von sämtlichen Funktionären während des<br />
ganzen Rennvertaufs eine ständige Konzentration.<br />
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