E_1948_Zeitung_Nr.042
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10 AUTOMOBIL REVUE<br />
MITTWOCH, 29. SEPTEMBER 194« - Nr. 42<br />
Autos werden seit 50 Jahren fabriziert, Autos Viertelelliptikfeder, am Ende des Rahmens angeschlagen,<br />
in der Annahme, dadurch die Eigen-<br />
werden seit 50 Jahren gefahren. Aber die damit<br />
in engstem Zusammenhang stehenden Begriffe schaften eines längeren Radstandes zu erzielen,<br />
der guten Federung und Strassenlage drangen was natürlich ein Trugschluss war. Der nüchtern<br />
analysierende Ingenieur hat hierfür nur<br />
erst vor wenigen Jahren in den Interessenkreis<br />
des Automobilisten und des Konstrukteurs ein, noch ein Lächeln übrig. Und er lächelt, wenn er<br />
wiewohl davon der Fahrtkomfort und die Fahrsicherheit<br />
erheblich abhängen. Mit den betreffenden<br />
Fragen begann man sich richtig erst zu<br />
befassen, als die Befürworter der Schwingachse<br />
— Sammelbegriff für Radeinzelaufhängung —<br />
der starren Achse den Kampf ansagten und für<br />
ihre Auffassung recht drastische praktische Erfolge<br />
ins Treffen führen konnten. Wohl gab es<br />
immer schon einzelne Typen, die sich vor den<br />
anderen durch ihre guten Fahreigenschaften<br />
auszeichneten. Wenn man sie allerdings mit unserem<br />
heutigen Wissen rückblickend betrachtet,<br />
Abb. 2<br />
Parabloc-Element betastet<br />
gelangt man zur Erkenntnis, dass es sich hier<br />
mehr um Zufallsergebnisse handelte. Daher kam<br />
es, dass die Erbauer bei später liegenden Schöpfungen<br />
manchmal stark danebenhauten.<br />
In dem Zusammenhang ist es interessant,<br />
sich zu erinnern, welchen typischen Merkmalen<br />
derartige aus der Entwicklung der Autokonstruktion<br />
nicht wegzudenkende klassische Typen<br />
ihren Publikumserfolg verdankten. Der Rolls-<br />
Royce z. B. wurde — abgesehen vom Sechszylinder<br />
— berühmt durch seine Kantilever-Auslegerfederung.<br />
Wir dürfen heute sagen, dass<br />
diese Federung ein blühender Unsinn war. Das<br />
Gegenstück' dazu bildete die von Bugatti mit<br />
viel Ueberzeugurigskraft propagierte umgekehrte<br />
Eine neue Gummifederung<br />
Abb. 1<br />
Parabloc-Element unbelastet<br />
T<br />
4^><br />
Abb. 3<br />
Diagramm der Gummifederung mit verschiedener Vorspannung<br />
sieht, dass noch anno <strong>1948</strong> mit Erfolg a^s Verkaufsmoment<br />
beispielsweise angeführt wird,<br />
dass ein Wagen als Neuerung Torsionsstabfederung<br />
aufweist, während der stud. ing. im ersten<br />
Semester lernt, dass die gewöhnliche Schraubenfeder,<br />
bekannt aus der Bettmatratze sowie aus<br />
der Federung des ersten Rösslitrams nichts anderes<br />
als eine — sogar in gewisser Hinsicht veredelte<br />
— Torsionsfeder ist mit sämtlichen ihr<br />
eigenen Vor- und Nachteilen. Im besonderen ist<br />
ihre Wirkung linear, d. h. die Durchbiegung ist<br />
proportional der Belastung und ihre Eigendämpfung<br />
sehr gering, so dass man den gesamten Bedarf<br />
an Dämpfung besonderen Organen aufbürden<br />
muss. Gerade diese Merkmale machen die<br />
Drehfedern — abgesehen von ganz speziellen<br />
Kombinationen — zu den für den Zweck nicht<br />
bestgeeigneten Bauelementen. Wir wünschen uns<br />
aus bestimmten Gründen, deren Erörterung hier<br />
zu weit führen würde (sie sind in der « A.-R. »<br />
auch schon behandelt worden), eine Feder mit<br />
progressiver Wirkung und mittelhoher, genau<br />
dosierbarer Eigendämpfung.<br />
Es gibt ein Material, das diese Bedingungen<br />
einfach ideal erfüllt, nämlich Gummi. Zudem<br />
hat er, gemessen an Federstahl, ein vielfaches<br />
Arbeitsaufnahmevermögen, ist der Stahlfeder<br />
also auch rein gewichtsmässig weit überlegen.<br />
Das Fahrzeug der Zukunft dürfte deshalb<br />
Federn aus Gummi oder einem wirkungsmässig<br />
entsprechenden Material (eventuell auf Siliziumbasis)<br />
besitzen. Die Stahlfeder dagegen, die<br />
uns lange treu gedient, wird auf den zweiten<br />
Rang verwiesen werden, ganz gleich, in welcher<br />
grundsätzlichen Baufprm sie auftritt.<br />
Im Automobilbau wird die Gummifederung<br />
heute schon in weitestem Ausmasse angewendet,<br />
und zwar dort, wo die zu erfüllende Aufgabe am<br />
Abb. 4<br />
intlastungsdiagramm<br />
sine» Parabloe-Elemente»,<br />
das fatt ohne Nach,<br />
schwingen, in di* Ruhelage<br />
zurückkehrt<br />
schwierigsten ist, nämlich bei der elastischen<br />
Aufhängung des Antriebsblocks. Die seinerzeit<br />
von Chrysler entwickelte « floating power «-Aufhängung,<br />
wobei das Aggregat in die Lage versetzt<br />
wird, um eine Achse frei zu pendeln, die<br />
durch den Schwerpunkt des Antriebsaggregates<br />
und das Abtriebs-Kardangelenk verläuft, wurde<br />
auf Basis der Gummifederung konstruiert und<br />
beherrscht in verschiedenen Varianten den gesamten<br />
Autobau. Diese die elastischen Bauelemente<br />
sehr hoch beanspruchende Bauart wurde<br />
teilweise ermöglicht durch das damals neue Adhäsiv-Verfahren,<br />
womit durch Anwendung von<br />
Sauerstoffträgern (Hämoglobin) die praktisch<br />
unzerreissbare Verbindung von Gummi auf Metall<br />
gelang.<br />
Die bedeutendste Schwierigkeit in der Anwendung<br />
von Gummi und dgl. besteht nämlich<br />
in der Uebertragung der Kräfte auf das Gummielement,<br />
dass es weder durch Quetschen noch<br />
durch Abreiben vorzeitig abgenützt werden darf.<br />
Es ist sehr zu verwundern, dass nach der glänzenden<br />
Bewährung der Gummifederungsorgane<br />
in der Aufhängung der Maschine im Fahrgestell<br />
die Benützung des Gummis zur Radabfederung<br />
nicht schon weitere Verbreitung gefunden hat,<br />
um so mehr, als z. B. Hanomag durch Anwendung<br />
der Continental-Schwingmetallkombination<br />
in der Vorderachsaufhängung den Beweis lieferte,<br />
dass auch die spezielle Anwendung des<br />
Gummis gegenüber der Stahlfeder nur Vorteile<br />
bringt (siehe auch « A.-R. » vom 23. und 30. Juli<br />
1947: « Die Gummifederung im Automobilbau >).<br />
Der amerikanische Twin - Coach - Autobus<br />
macht ebenfalls von dieser Errungenschaft ausgiebig<br />
Gebrauch. Zur Anwendung kommen da<br />
wie dort zylindrische Metallhülsen mit zentralem<br />
Bolzen. Der Zwischenraum zwischen Hülse<br />
und Bolzen ist durch einvulkanisierte Gummimasse<br />
ausgefüllt. Soweit man bei einem so flexiblen<br />
Material überhaupt davon sprechen kann,<br />
wird das Gummipolster dabei auf Abscheren,<br />
genauer betrachtet aber in schwierig zu beschreibender<br />
Weise auf Zug und Druck beansprucht.<br />
Diese von Goodrich entwickelte Gummifederung<br />
soll auch beim Tucker angewendet<br />
werden.<br />
Eine schweizerische Gummifederung.<br />
Die günstigen Eigenschaften des Gummis als<br />
elastisches Medium benützt auch Neidhart-Locher,<br />
ein Schweizer Erfinder bei seinem « Parablock<br />
» benannten Federungselement.<br />
Im Gegensatz zu der oben beschriebenen Anordnung<br />
verwendet Neidhart drei oder mehreckige<br />
Hülsen und ebensolche Bolzen, die ineinander<br />
winkelversetzt angeordnet sind, während<br />
ebensoviele Gummirundprofile mit entsprechender<br />
Vorspannung in den Zwischenraum eingebracht<br />
sind. Abb. 1 zeigt ein solches vierkantiges<br />
Federungselement im Querschnitt in unbelastetem<br />
Zustand. Abb. 2 zeigt dasselbe, durch Drehbeanspruchung<br />
belastet.<br />
Die Anordnung ergibt eine besondere Walkbeanspruchung<br />
des Gummis, die dessen natürliche,<br />
stark progressive Federungscharakteristik<br />
in der Wirkung herabsetzt.<br />
Abb. 3 ist ein Gummifeder - Diagramm. Die<br />
Kurve 00 veranschaulicht die stärker als er-<br />
VORZUGE. DIE IHN AUSZEICHNEN<br />
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95OO.-<br />
Chassis mit Kabine Fr<br />
zt-<br />
—4p»fH<br />
Abb. 5<br />
Hysteresis (Schwingungsverzug) des Gummifederelementes<br />
wünscht ansteigende Federwirkung eines gezogenen<br />
oder gedrückten Gummifederelementes.<br />
Die Kurve 0 ist die Charakteristik eines Neidhart-Parablocks,<br />
und zwar ohne Vorspannung;<br />
die übrigen Kurven sind das Abbild der Charakteristiken,<br />
wenn dem Neidhart-Block eine<br />
Vorspannung verliehen ist, was stets dann zutrifft,<br />
wenn das Element eine Last zu tragen<br />
hat. Abb. 4 ist ein Entlastungs-Oszillogramm. Ein<br />
belasteter Neidhart-Block wird plötzlich entlastet<br />
und kehrt beinahe augenblicklich, ohne<br />
merklich nachzuschwingen, in die Ruhelage zurück.<br />
Die Erscheinung ist der hohen Eigendämpfung<br />
des Gummimaterials zu verdanken, die im<br />
Schwingungsverzugs - Diagramm (Abb. 5) ihren<br />
Ausdruck findet. Die dabei auftretende Erhitzung<br />
des Gummis bleibt beim Neidhart-Block in<br />
zulässigen Grenzen, da die grossen Metallkörper<br />
die Wärme wirksam abführen. Der grosse Vorteil<br />
des Neidhart-Blocks liegt in seiner einfachen<br />
Herstellbarkeit und der Freiheit der Bemessung.<br />
Zur Zeit werden fünf Grundtypen mit quadratischem<br />
Querschnitt von 16, 28, 38, 51 und 72<br />
mm Seitenlänge hergestellt. Die Länge des Elementes<br />
wird der Belastung angepasst. Sobald<br />
weitere Erfahrungen vorliegen werden, wird es<br />
möglich sein, für jedes konkrete Federungsproblem<br />
zielsicher das genau passende Element anzugeben.<br />
Der «Parablock» ist, wie dem Vorstehenden<br />
zu entnehmen, ein Maschinenelement<br />
mit vielen Anwendungsmöglichkeiten, das besonders<br />
für Fahrzeugfederungen geeignet erscheint.<br />
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