IM KW 11
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
„Kaunertal und Kühtai werden jedenfalls gebraucht“<br />
Tiwag-Vorstandsvorsitzender Erich Entstrasser über Stromerzeugung, Pannen und Entschädigungen<br />
Die RUNDSCHAU stellte dem Tiwag-Vorstandsvorsitzenden<br />
Erich Entstrasser einige Fragen über die Oberländer Projekte des<br />
Landesenergieversorgers. Er sieht darin, speziell in Pumpspeicherkraftwerken,<br />
Maßnahmen, um die Energiewende zu ermöglichen.<br />
Von Daniel Haueis<br />
RUNDSCHAU: Die Tiwag<br />
ist in puncto Kraftwerksplanung<br />
Oberland-lastig: Geplant sind der<br />
„Kaunertal“-Ausbau samt Erweiterung<br />
von Runserau-Imst, die Innstufe<br />
Imst-Haiming, das Speicherkraftwerk<br />
Kühtai oder das Gemeinschaftskraftwerk<br />
Inn (GKI), an dem die Tiwag<br />
76 Prozent hält. Fangen wir mit<br />
einem Wunsch an: Wo können diese<br />
Tiwag-Projekte Ende des Jahres 2018<br />
stehen, wenn alles ideal läuft?<br />
Erich Entstrasser: Zur Erreichung<br />
einer möglichst hohen Unabhängigkeit<br />
von Stromimporten<br />
im Sinne der Tiroler Energiestrategie<br />
und zur Erhöhung der Versorgungssicherheit<br />
für Tirol verfolgen<br />
wir auch ökologisch vertretbare<br />
Projekte im Unterland (Ausbau <strong>KW</strong><br />
Kirchbichl) und in Osttirol (<strong>KW</strong><br />
Tauernbach-Gruben und Erweiterung<br />
<strong>KW</strong> Schwarzach). Für 2018<br />
hoffen wir, dass eine endgültige Entscheidung<br />
der Höchstgerichte zum<br />
rechtskräftigen UVP-Bescheid für<br />
den Ausbau des Kraftwerkes Kühtai<br />
vorliegt und im Zusammenhang<br />
mit dem Ausbau des <strong>KW</strong> Kaunertal<br />
eine Entscheidung hinsichtlich des<br />
Projektes <strong>KW</strong> Gurgler Ache fällt.<br />
Bei GKI streben wir die Fertigstellung<br />
des Krafthauses einschließlich<br />
der maschinellen Einrichtungen<br />
2018 und den Durchschlag im Stollenvortrieb<br />
im Sommer 2019 an.<br />
Samstag<br />
17. März<br />
9–17 Uhr<br />
RS: Bisher ist’s ja eine lange und<br />
teils pannenreiche Kraftwerks-Geschichte:<br />
Beim „Kaunertal-Ausbau“<br />
wurde sogar auf einen Teil des Wassers<br />
aus dem Ötztal verzichtet, um<br />
voranzukommen. Beim Gemeinschaftskraftwerk<br />
Inn scheinen die<br />
Bohrer fast gleich lange still zu stehen,<br />
wie sie arbeiten.<br />
Entstrasser: Ich sehe hier keine<br />
Pannen im Sinne von Fehlleistungen.<br />
Im Projekt Ausbau Kaunertal<br />
wurden wir mit überraschenden<br />
Entscheidungen der Höchstgerichte<br />
konfrontiert, die wir jedenfalls akzeptieren<br />
und in der Planung berücksichtigen<br />
müssen. Bei GKI<br />
konnten wir nach dem Wechsel des<br />
Auftragnehmers für den Tunnelvortrieb<br />
sehr gute Vortriebsleistungen<br />
erreichen. Geo logische Störungszonen<br />
– wie wir sie derzeit bei GKI<br />
vorfinden – sind kaum vorhersehbar<br />
und müssen bewältigt werden.<br />
Gerade bei der Bewältigung dieser<br />
Störzonen zeigt sich nun auch die<br />
hohe Qualität der auf der Baustelle<br />
arbeitenden Mannschaften.<br />
TALSTATION GAISLACHKOGLBAHN SÖLDEN<br />
Enduro Bikes<br />
gebraucht statt € 2.790<br />
ab € 799<br />
Rennräder<br />
–70 %<br />
BIS<br />
www.sporthuette.at<br />
Tiwag-Vorstandsvorsitzender Erich Entstrasser: „Lange Genehmigungsdauern und<br />
zusätzliche Genehmigungsauflagen erhöhen natürlich die Projekt kosten.“<br />
RS: Die Projekte werden durch die<br />
lange Vorlaufphase u.a. teurer oder<br />
lassen aufgrund von Änderungen weniger<br />
Gewinn erwarten, der Strompreis<br />
ist aber gesunken. Rechnen<br />
sich die Oberländer Vorhaben noch?<br />
Welches Projekt würde als erstes unrentabel<br />
werden?<br />
Entstrasser: Lange Genehmigungsdauern<br />
und zusätzliche Genehmigungsauflagen<br />
erhöhen<br />
natürlich die Projektkosten. Die<br />
Fortführung der Energiewende –<br />
also der Ersatz fossiler Erzeugungstechnologien<br />
durch nachhaltige<br />
und CO 2 -freie Stromerzeugung –<br />
ist erklärtes Ziel der Europäischen<br />
Union, Österreichs und Tirols.<br />
Um dies zu ermöglichen, werden<br />
zukünftig auch mehr Speichermöglichkeiten<br />
zum Ausgleich von<br />
Erzeugung und Verbrauch und zur<br />
Stabilisierung der Netze benötigt.<br />
Gerade Pumpspeicherkraftwerke<br />
wie Kaunertal und Kühtai werden<br />
damit zur Gewährleistung der<br />
Versorgungssicherheit jedenfalls<br />
gebraucht werden und damit auch<br />
entsprechende Erlöse erwirtschaften.<br />
Die Rentabilität einzelner Projekte<br />
kann erst nach Vorliegen aller<br />
Auflagen aus den UVP-Verfahren<br />
und Abschätzung der zukünftigen<br />
Preisentwicklungen zum Zeitpunkt<br />
des Baubeschlusses errechnet werden.<br />
Wir werden aber jedenfalls<br />
kein Projekt dem Aufsichtsrat zur<br />
Genehmigung vorlegen, von dessen<br />
Rentabilität wir im Vorstand nicht<br />
überzeugt sind.<br />
RS: Gut 1,7 Terawattstunden sollen<br />
im Oberland zusätzlich produziert<br />
werden – das ist mehr als die<br />
Hälfte dessen, was die Tiwag im Jahr<br />
2016 erzeugt hat. Ist diese Menge nötig?<br />
Und bis zu welchem Jahr würde<br />
man mit dieser Gesamtmenge in etwa<br />
das Auslangen finden?<br />
Entstrasser: Bei einer nur leichten<br />
Verbrauchssteigerung würde<br />
die zusätzliche Erzeugung gerade<br />
ausreichen, den Stromverbrauch<br />
des Landes Tirol bis etwa 2036 bei<br />
einer Jahresbetrachtung zur Gänze<br />
aus erneuerbaren heimischen Energieträgern<br />
zu decken. Die auf Tirol<br />
entfallende anteilige Erzeugung des<br />
Kraftwerkes GKI wird dabei nach<br />
heutiger Kenntnis zur Gänze dafür<br />
benötigt werden, die Mindererzeugung<br />
der Tiwag-Anlagen aus der<br />
Umsetzung der drei „Nationalen<br />
Gewässerbewirtschaftungspläne“<br />
abzudecken.<br />
RS: Wird die Tiwag alleinige Besitzerin<br />
der genannten Kraftwerke sein?<br />
Wo wird der Strom der Oberländer<br />
Projekte verbraucht werden? Nachdem<br />
er wohl auch ins Ausland verkauft<br />
wird: Was bringt das den Tirolern?<br />
Entstrasser: GKI ist ein Partnerkraftwerk<br />
(derzeit 76 % Tiwag, 14 %<br />
Engadiner Kraftwerke, 10 % Verbundgesellschaft),<br />
die Ausbauten<br />
in Kühtai und dem Kaunertal sind<br />
Tiwag-Kraftwerke. Unsere (Pump-)<br />
Speicherkraftwerke werden energiewirtschaftlich<br />
zweckmäßig auch<br />
zur Unterstützung der europäischen<br />
Energiewende eingesetzt, die daraus<br />
resultierenden Handelsgeschäfte<br />
sichern wiederum die Stromversorgung<br />
Tirols durch Abtauschlieferungen<br />
oder Strombezüge bei Erhalt<br />
der Wertschöpfung in Tirol. Tirol<br />
benötigt insbesondere im Winter<br />
mehr Strom, als in dieser Jahreszeit<br />
mit eigenen Wasserkraftanlagen erzeugt<br />
werden kann und ist daher zur<br />
Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit<br />
auf zusätzliche Energiebezüge<br />
angewiesen.<br />
RS: Sollten die betroffenen Menschen<br />
in den Bezirken Landeck und Imst<br />
nicht einen konkreten Zusatz-Nutzen<br />
davon haben, dass „ihre“ Bäche, Flüsse<br />
und Täler zur Stromproduktion verwendet<br />
werden – abseits von den bekannten<br />
Entschädigungszahlungen an<br />
Gemeinden?<br />
Entstrasser: Neben den beträchtlichen<br />
finanziellen Leistungen aus<br />
den Talschaftsverträgen werden durch<br />
den Ausbau der heimischen Wasserkraft<br />
die Versorgungssicherheit in<br />
der Region erhöht, der Hochwasserschutz<br />
verbessert und die Infrastruktur<br />
weiter ausgebaut. Darüber hinaus<br />
werden sowohl während der Bauzeit<br />
als auch während des Betriebs hochwertige<br />
Arbeitsplätze vor Ort geschaffen<br />
und die Wertschöpfung erhöht.<br />
RS: Danke für das Gespräch.<br />
RUNDSCHAU Seite 16 14./15. März 2018