Söflinger Anzeige März 2018
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20 | <strong>Söflinger</strong> <strong>Anzeige</strong>r Ausgabe 01 | <strong>März</strong> <strong>2018</strong><br />
Historisches<br />
Frühere Techniken (Schluss)<br />
Wassermühlen in Söflingen<br />
Der <strong>Söflinger</strong> Weihnachtsanzeiger<br />
2016 berichtete über die<br />
<strong>Söflinger</strong> Getreidemühlen, im<br />
Frühjahrsanzeiger 2017 erfuhr<br />
man etwas über die Sägemühlen,<br />
der Herbstanzeiger 2017<br />
beschäftigte sich mit den<br />
Drahtzügen und den daraus<br />
hervorgegangenen späteren<br />
Firmen, im Weihnachtsanzeiger<br />
2017 erfuhr man etwas<br />
über das Zementwerk Leube<br />
und die Folgefirma, und heute<br />
geht es um<br />
Die Öl- und<br />
Tabakmühlen sowie<br />
die Papiermühle<br />
Die Kecheles-Mühle bei<br />
der Antoniuskapelle<br />
„1797 wurde durch die damallige<br />
Bürgermeister Michael Enderle,<br />
Anton Bucher und Benedikt<br />
Heyschmid, von der Gemeinde<br />
der Platz zwischen den<br />
Krautgarten und dem St. Antoni<br />
wo mann durchs Wasser auf<br />
Schiesigenfurcht fahrt an den<br />
Zimmermeister Jos. Kechele<br />
für eigenthümlich um 300 fl<br />
verkauft, wo sodan derselbe eine<br />
Toback und Oehlmüll baute“<br />
heißt es in der Fraidel-Chronik.<br />
Ölmühlen sind schon aus der<br />
griechischen Antike bekannt.<br />
Dabei wird das Öl aus Ölsamen<br />
und – früchten gepresst. Tabak<br />
kam dagegen erst mit Kolumbus<br />
nach Europa und erfuhr im<br />
Verlauf des 30jährigen Krieges<br />
eine weite Verbreitung. Die Tabakblätter<br />
wurden dann mit<br />
Wasserkraft zermahlen. Verbunden<br />
mit der Genehmigung<br />
Hier an der heutigen Mühlstraße stand die Öl- und Tabakmühle.<br />
für die Kecheles-Ölmühle war<br />
aber eine Einschränkung: falls<br />
die herrschaftliche Dorfmühle<br />
des Klosters an der Griesgasse<br />
wieder Öl „schlägt“ (diese Arbeit<br />
wurde zu dieser Zeit nicht<br />
ausgeübt), darf Josef Kechele<br />
sein Öl nur an auswärtige Kunden<br />
verkaufen. Das Kloster<br />
wollte also seine Monopolstellung<br />
behalte . Bereits 1804 wollte<br />
Kechele seine Mühle wieder<br />
verkaufen, es fand sich aber<br />
kein Interessent. Schließlich<br />
bot 1821 die Gemeinde Söflingen<br />
zum Abbruch des Mühlgebäudes<br />
200 fl. Dann wurde die<br />
Mühle 1828 abgebrochen. An<br />
derselben Stelle baute dann der<br />
Ulmer Kaufmann Jacob Bek einen<br />
Drahtzug. Ab 1868 wurde<br />
daraus die mechanische Weberei<br />
Steiger & Deschler (vgl. <strong>Söflinger</strong><br />
Herbstanzeiger 2017).<br />
Öl- und Tabakmühle<br />
an der heutigen<br />
Mühlstraße<br />
Im <strong>Söflinger</strong> Regestenbuch<br />
wird schon 1489 eine Ölmühle<br />
zwischen der Dorfmühle an<br />
der Griesgasse und der Klostermühle<br />
genannt, und noch 1797<br />
wird sie als Öl- und Tabakmühle<br />
erwähnt. 1811 war sie nur<br />
noch Tabakmühle. 1834 baute<br />
dort der Ulmer Fabrikant Philipp<br />
Jakob Wieland eine Kunstmühle,<br />
und die früheren Mahlsteine<br />
wurden jetzt mit einer<br />
neuen Technik durch Walzenstühle<br />
ersetzt. 1863 wurde neuer<br />
Besitzer Franz Decker, bis<br />
schließlich 1887 das Werk von<br />
der Fa. Steiger & Deschler erworben<br />
und an einen Friedrich<br />
Bender verpachtet wurde. 1897<br />
wurde dann die Anlage still gelegt<br />
(vgl. <strong>Söflinger</strong> Weihnachtsanzeiger<br />
2016 sowie Herbstanzeiger<br />
2017).<br />
Papiermühle<br />
Das mittelalterliche Klarissenkloster<br />
verstand sich als Hort<br />
von Wissenschaft und Fortschritt<br />
und strebte nach wirtschaftlicher<br />
Unabhängigkeit.<br />
Deshalb ist es kein Wunder,<br />
dass bereits Mitte des 15. Jh. eine<br />
Papiermühle in Söflingen<br />
erwähnt wird. Nach der damaligen<br />
Technik wurden mit Hilfe<br />
der Wasserkraft die Rohstoffe<br />
(Lumpen =„Hadern“, Zellstoffe)<br />
zu Faserbrei zerstampft.<br />
Diese Masse wurde mit Wasser<br />
angereichert, und der dünnflüssige<br />
Brei wurde auf Drahtsiebe<br />
geschöpft. Nach dem Ablaufen<br />
des Wassers wurden die<br />
Bögen im Stampfgang mehrmals<br />
gepresst und geglättet.<br />
Von Söflingen aus wurde Papier<br />
sogar bis nach Nürnberg<br />
geliefert, was den Geschäftssinn<br />
der Klarissen unterstreicht.<br />
Der Standort der Papiermühle<br />
ist aber nicht mehr<br />
bekannt. Nach der Klosterreform<br />
von 1484, mit der vor allem<br />
der Privatbesitz der Klosterfrauen<br />
und damit ein Verstoß<br />
gegen die franziskanische<br />
Armut angeprangert wurde,<br />
wird keine Papiermühle mehr<br />
erwähnt. Das Kloster musste<br />
aber keinesfalls auf Besitz oder<br />
Einkünfte verzichten – es blieb<br />
als Einrichtung ein reiches<br />
Kloster.<br />
Otto Schempp<br />
(Quellen: Fraidel-Chronik; Karl<br />
Suso Frank OFM-Das Klarissenkloster<br />
Söflingen; D. Geiss)<br />
Wehr bei der „Alten Fabrik“<br />
Hier stand die<br />
Kechelesmühle,<br />
später Weberei<br />
Firma Steiger<br />
und Deschler<br />
(„Alte Fabrik“)