Taxi Times Berlin - Februar 2018
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TARIF<br />
Manipulation der Arbeitszeiten?<br />
eingezogen und die <strong>Taxi</strong>s stillgelegt? Vielleicht,<br />
weil die Behörde weiß, dass dann<br />
sofort eine neue Firma Konzessionen beantragt?<br />
Dass eine andere, bestehende sich<br />
erweitert? Dass auch mit Fiskaltaxameter<br />
weiter betrogen wird? Wenn nicht durch<br />
Umsatzverkürzung, dann mittels Manipulation<br />
der Arbeitszeiten?<br />
Alles ist längst aus dem Ruder gelaufen.<br />
Spätestens nach Bekanntwerden des ganzen<br />
Ausmaßes der Fehlentwicklungen im <strong>Berlin</strong>er<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbe, mit der Veröffentlichung<br />
des <strong>Taxi</strong>-Gutachtens im Juli 2016, hätte die<br />
Notbremse gezogen und ein Beobachtungszeitraum<br />
eingerichtet werden können. Durch<br />
das verheerende Gutachten und die Einführung<br />
des Mindestlohns wären Klagen gegen<br />
einen zeitlich begrenzten Konzessions-Stopp<br />
aussichtslos gewesen. Diese Chance wurde<br />
verpasst, denn wenn die Behörde keinen<br />
Schutz bieten kann, droht ohne Beobachtungszeitraum<br />
das Chaos.<br />
DIE LEIDIGEN 20-MONATE-GMBHS<br />
Das Erfolgsrezept der Betrüger basiert auf<br />
der unendlichen Vergabe von <strong>Taxi</strong>genehmigungen:<br />
GmbH gründen, knapp zwei Jahre<br />
lang ungehemmt wirtschaften, vor der ersten<br />
Prüfung, die normalerweise bei der Erstverlängerung<br />
der Konzessionen nach zwei<br />
Jahren ansteht, den Betrieb „versenken“ und<br />
wieder neu gründen – offiziell natürlich eine<br />
andere Firma mit anderen Gesellschaftern<br />
und neuer Geschäftsführung. „Seltsamerweise“<br />
aber nicht selten mit exakt demselben<br />
Personal und Fuhrpark. Die wirklichen<br />
Über die Verflechtungen bestimmter GmbHs<br />
berichtete <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> <strong>Berlin</strong> im April 2017.<br />
Macher bleiben unerkannt im Hintergrund.<br />
Doch fast alle im Gewerbe wissen, welche<br />
Personen dahinter stecken, und auch den<br />
Behörden müssten die Verantwortlichen<br />
bekannt sein, schließlich gibt es einen regen<br />
Gedankenaustausch mit dem <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbe.<br />
Beendet werden kann das nur,<br />
wenn für einen begrenzten Zeitraum keine<br />
neuen Genehmigungen mehr erteilt werden.<br />
Die ordentlichen Betriebe, die auf die<br />
Ankündigungen ihrer Behörden und den<br />
Aufräumeffekt des Fiskaltaxameters vertraut<br />
haben, scheinen jetzt erst recht die Dummen<br />
zu sein. Sie haben sich nackt gemacht in der<br />
Annahme, alle anderen <strong>Taxi</strong>betriebe müssten<br />
das auch, seien dann genauso gläsern,<br />
wie man selbst ist. Doch wer nicht kontinuierlich<br />
am Markt bleiben will, sich hinter<br />
GmbHs versteckt, mit der einen Firma abund<br />
mit der nächsten wieder auftaucht, hat<br />
weiter den „Wettbewerbsvorteil“, den es zu<br />
beseitigen galt.<br />
Die Tricksereien mit den Arbeits- und Pausenzeiten<br />
sind bei Vorlage der vollständigen<br />
Reich werden kann im<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbe nur, wer<br />
es mit dem Gesetz<br />
nicht genau nimmt.<br />
Einzelfahrten-Nachweise nicht möglich, ohne<br />
entdeckt zu werden. Warum werden dann<br />
andere, unvollständige Formate akzeptiert,<br />
die Spielraum für Manipulationen lassen?<br />
Anstatt Chancengleichheit herzustellen, geht<br />
der Betrug in den Firmen, die nur „temporär“<br />
am Markt sind, im großen Stil weiter. Deren<br />
„kreatives” Arbeitszeit- und Pausenmanagement<br />
bindet, mehr denn je, die umsatzstarken<br />
Fahrer. Und wenn doch etwas drohen<br />
sollte, wird die Bude fix geschlossen.<br />
Jetzt droht dem <strong>Taxi</strong>gewerbe der Todesstoß,<br />
da sich zur unlauteren Konkurrenz<br />
von innen auch noch Mitbewerber etabliert<br />
haben, die dem <strong>Taxi</strong>gewerbe mit komplett<br />
illegalen Mitteln zusätzlich Marktanteile<br />
streitig machen – vor den Augen der Ordnungsbehörde.<br />
Zugegeben ist die Verletzung<br />
der Rückkehrpflicht von Mietwagen,<br />
die digitale Vermittlungstechnik einsetzen,<br />
nicht einfach nachzuweisen. Wenn jedoch<br />
von aufmerksamen Kolleginnen und Kollegen<br />
bereits eine Liste bekannter Fahrzeuge<br />
zusammengetragen wurde, mit Kennzeichen,<br />
Bewegungsmustern und Erkenntnissen<br />
über die Hintermänner, so verwundert<br />
es doch, dass weder LABO noch Polizei in<br />
der Lage sein sollen, etwas zu unternehmen.<br />
Dass der Senat keine Verantwortung für<br />
Unternehmen und deren Beschäftigten übernimmt,<br />
die seit Jahrzehnten verlässlicher<br />
Es geht um 20.000 Arbeitsplätze.<br />
Bestandteil des Öffentlichen Personennahverkehrs<br />
sind und durchschnittlich 20.000<br />
Menschen Arbeit bieten, zeigt sich auch<br />
daran, dass bald alle erdenklichen neuen<br />
Mobilitätsanbieter wie Uber, Clever-Shuttle,<br />
ViaVan mit BVG, Allygator mit ADAC oder<br />
auch Lyft in <strong>Berlin</strong> eine Genehmigung<br />
erhalten. Eine staatliche Steuerung zum<br />
Schutz der regionalen Wirtschaft vor internationalen<br />
Kapitalinteressen mit all ihren<br />
bekannten Folgen ist nicht mal im Ansatz<br />
erkennbar. In der Konsequenz ist das auch<br />
verantwortungslos gegenüber den Kunden,<br />
denen man digitale und ökologische Lösungen<br />
vorgaukelt, sie aber in die Hände von<br />
Monopolisten treibt.<br />
Digitale Lösungen bietet das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
längst, <strong>Taxi</strong>-Sharing ist ebenso im Angebot<br />
wie schadstoffarme Fahrzeuge. Immer<br />
mehr um Kunden buhlende Anbieter, deren<br />
Fahrzeuge sich zusätzlich in der Stadt bewegen,<br />
sind sicher kein Schritt in Richtung<br />
Nachhaltigkeit.<br />
FÜNF VOR ZWÖLF<br />
Der sprunghafte Anstieg neuer Konkurrenz,<br />
sinkende Stundenumsätze und steigende<br />
Mindestlöhne scheinen eine Fahrpreiserhöhung<br />
unumgänglich zu machen.<br />
Doch der Teufelskreis wird dadurch nur fortgeschrieben.<br />
Würde der Staat seine Pflicht<br />
erfüllen, könnten <strong>Taxi</strong>kunden von ordentlich<br />
bezahlten und sozial abgesicherten Fahrern<br />
aus steuerehrlich wirtschaftenden Betrieben<br />
zu einem deutlich günstigeren Preis im <strong>Taxi</strong><br />
befördert werden.<br />
Es bleibt kaum Zeit, die totale Katastrophe<br />
noch abzuwenden. Der Senat muss umgehend<br />
messbare Erfolge gegen die <strong>Taxi</strong>-Mafia<br />
und illegal agierende Mietwagen vorweisen.<br />
Anderenfalls wird ein ehrlicher <strong>Taxi</strong>betrieb<br />
nach dem anderen aufgeben müssen und<br />
einen bisher für alle Bürger verlässlichen<br />
Teil des Öffentlichen Personennahverkehrs<br />
vollends in kriminelle Hände geben. In Hamburg<br />
hatte seinerzeit erst die Klage eines<br />
<strong>Taxi</strong>unternehmers gegen den damaligen<br />
Finanzsenator wegen „Beihilfe zur Steuerhinterziehung“<br />
eine Wende zum Guten<br />
gebracht – Hamburger Modell?<br />
sb<br />
FOTOS: Stanislav Statsenko / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
8 FEBRUAR/MÄRZ <strong>2018</strong> TAXI