28.03.2018 Aufrufe

Taxi Times Berlin - Februar 2018

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

TARIF<br />

Manipulation der Arbeitszeiten?<br />

eingezogen und die <strong>Taxi</strong>s stillgelegt? Vielleicht,<br />

weil die Behörde weiß, dass dann<br />

sofort eine neue Firma Konzessionen beantragt?<br />

Dass eine andere, bestehende sich<br />

erweitert? Dass auch mit Fiskaltaxameter<br />

weiter betrogen wird? Wenn nicht durch<br />

Umsatzverkürzung, dann mittels Manipulation<br />

der Arbeitszeiten?<br />

Alles ist längst aus dem Ruder gelaufen.<br />

Spätestens nach Bekanntwerden des ganzen<br />

Ausmaßes der Fehlentwicklungen im <strong>Berlin</strong>er<br />

<strong>Taxi</strong>gewerbe, mit der Veröffentlichung<br />

des <strong>Taxi</strong>-Gutachtens im Juli 2016, hätte die<br />

Notbremse gezogen und ein Beobachtungszeitraum<br />

eingerichtet werden können. Durch<br />

das verheerende Gutachten und die Einführung<br />

des Mindestlohns wären Klagen gegen<br />

einen zeitlich begrenzten Konzessions-Stopp<br />

aussichtslos gewesen. Diese Chance wurde<br />

verpasst, denn wenn die Behörde keinen<br />

Schutz bieten kann, droht ohne Beobachtungszeitraum<br />

das Chaos.<br />

DIE LEIDIGEN 20-MONATE-GMBHS<br />

Das Erfolgsrezept der Betrüger basiert auf<br />

der unendlichen Vergabe von <strong>Taxi</strong>genehmigungen:<br />

GmbH gründen, knapp zwei Jahre<br />

lang ungehemmt wirtschaften, vor der ersten<br />

Prüfung, die normalerweise bei der Erstverlängerung<br />

der Konzessionen nach zwei<br />

Jahren ansteht, den Betrieb „versenken“ und<br />

wieder neu gründen – offiziell natürlich eine<br />

andere Firma mit anderen Gesellschaftern<br />

und neuer Geschäftsführung. „Seltsamerweise“<br />

aber nicht selten mit exakt demselben<br />

Personal und Fuhrpark. Die wirklichen<br />

Über die Verflechtungen bestimmter GmbHs<br />

berichtete <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> <strong>Berlin</strong> im April 2017.<br />

Macher bleiben unerkannt im Hintergrund.<br />

Doch fast alle im Gewerbe wissen, welche<br />

Personen dahinter stecken, und auch den<br />

Behörden müssten die Verantwortlichen<br />

bekannt sein, schließlich gibt es einen regen<br />

Gedankenaustausch mit dem <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>gewerbe.<br />

Beendet werden kann das nur,<br />

wenn für einen begrenzten Zeitraum keine<br />

neuen Genehmigungen mehr erteilt werden.<br />

Die ordentlichen Betriebe, die auf die<br />

Ankündigungen ihrer Behörden und den<br />

Aufräumeffekt des Fiskaltaxameters vertraut<br />

haben, scheinen jetzt erst recht die Dummen<br />

zu sein. Sie haben sich nackt gemacht in der<br />

Annahme, alle anderen <strong>Taxi</strong>betriebe müssten<br />

das auch, seien dann genauso gläsern,<br />

wie man selbst ist. Doch wer nicht kontinuierlich<br />

am Markt bleiben will, sich hinter<br />

GmbHs versteckt, mit der einen Firma abund<br />

mit der nächsten wieder auftaucht, hat<br />

weiter den „Wettbewerbsvorteil“, den es zu<br />

beseitigen galt.<br />

Die Tricksereien mit den Arbeits- und Pausenzeiten<br />

sind bei Vorlage der vollständigen<br />

Reich werden kann im<br />

<strong>Taxi</strong>gewerbe nur, wer<br />

es mit dem Gesetz<br />

nicht genau nimmt.<br />

Einzelfahrten-Nachweise nicht möglich, ohne<br />

entdeckt zu werden. Warum werden dann<br />

andere, unvollständige Formate akzeptiert,<br />

die Spielraum für Manipulationen lassen?<br />

Anstatt Chancengleichheit herzustellen, geht<br />

der Betrug in den Firmen, die nur „temporär“<br />

am Markt sind, im großen Stil weiter. Deren<br />

„kreatives” Arbeitszeit- und Pausenmanagement<br />

bindet, mehr denn je, die umsatzstarken<br />

Fahrer. Und wenn doch etwas drohen<br />

sollte, wird die Bude fix geschlossen.<br />

Jetzt droht dem <strong>Taxi</strong>gewerbe der Todesstoß,<br />

da sich zur unlauteren Konkurrenz<br />

von innen auch noch Mitbewerber etabliert<br />

haben, die dem <strong>Taxi</strong>gewerbe mit komplett<br />

illegalen Mitteln zusätzlich Marktanteile<br />

streitig machen – vor den Augen der Ordnungsbehörde.<br />

Zugegeben ist die Verletzung<br />

der Rückkehrpflicht von Mietwagen,<br />

die digitale Vermittlungstechnik einsetzen,<br />

nicht einfach nachzuweisen. Wenn jedoch<br />

von aufmerksamen Kolleginnen und Kollegen<br />

bereits eine Liste bekannter Fahrzeuge<br />

zusammengetragen wurde, mit Kennzeichen,<br />

Bewegungsmustern und Erkenntnissen<br />

über die Hintermänner, so verwundert<br />

es doch, dass weder LABO noch Polizei in<br />

der Lage sein sollen, etwas zu unternehmen.<br />

Dass der Senat keine Verantwortung für<br />

Unternehmen und deren Beschäftigten übernimmt,<br />

die seit Jahrzehnten verlässlicher<br />

Es geht um 20.000 Arbeitsplätze.<br />

Bestandteil des Öffentlichen Personennahverkehrs<br />

sind und durchschnittlich 20.000<br />

Menschen Arbeit bieten, zeigt sich auch<br />

daran, dass bald alle erdenklichen neuen<br />

Mobilitätsanbieter wie Uber, Clever-Shuttle,<br />

ViaVan mit BVG, Allygator mit ADAC oder<br />

auch Lyft in <strong>Berlin</strong> eine Genehmigung<br />

erhalten. Eine staatliche Steuerung zum<br />

Schutz der regionalen Wirtschaft vor internationalen<br />

Kapitalinteressen mit all ihren<br />

bekannten Folgen ist nicht mal im Ansatz<br />

erkennbar. In der Konsequenz ist das auch<br />

verantwortungslos gegenüber den Kunden,<br />

denen man digitale und ökologische Lösungen<br />

vorgaukelt, sie aber in die Hände von<br />

Monopolisten treibt.<br />

Digitale Lösungen bietet das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />

längst, <strong>Taxi</strong>-Sharing ist ebenso im Angebot<br />

wie schadstoffarme Fahrzeuge. Immer<br />

mehr um Kunden buhlende Anbieter, deren<br />

Fahrzeuge sich zusätzlich in der Stadt bewegen,<br />

sind sicher kein Schritt in Richtung<br />

Nachhaltigkeit.<br />

FÜNF VOR ZWÖLF<br />

Der sprunghafte Anstieg neuer Konkurrenz,<br />

sinkende Stundenumsätze und steigende<br />

Mindestlöhne scheinen eine Fahrpreiserhöhung<br />

unumgänglich zu machen.<br />

Doch der Teufelskreis wird dadurch nur fortgeschrieben.<br />

Würde der Staat seine Pflicht<br />

erfüllen, könnten <strong>Taxi</strong>kunden von ordentlich<br />

bezahlten und sozial abgesicherten Fahrern<br />

aus steuerehrlich wirtschaftenden Betrieben<br />

zu einem deutlich günstigeren Preis im <strong>Taxi</strong><br />

befördert werden.<br />

Es bleibt kaum Zeit, die totale Katastrophe<br />

noch abzuwenden. Der Senat muss umgehend<br />

messbare Erfolge gegen die <strong>Taxi</strong>-Mafia<br />

und illegal agierende Mietwagen vorweisen.<br />

Anderenfalls wird ein ehrlicher <strong>Taxi</strong>betrieb<br />

nach dem anderen aufgeben müssen und<br />

einen bisher für alle Bürger verlässlichen<br />

Teil des Öffentlichen Personennahverkehrs<br />

vollends in kriminelle Hände geben. In Hamburg<br />

hatte seinerzeit erst die Klage eines<br />

<strong>Taxi</strong>unternehmers gegen den damaligen<br />

Finanzsenator wegen „Beihilfe zur Steuerhinterziehung“<br />

eine Wende zum Guten<br />

gebracht – Hamburger Modell?<br />

sb<br />

FOTOS: Stanislav Statsenko / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />

8 FEBRUAR/MÄRZ <strong>2018</strong> TAXI

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!