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Dietrich Klinge – Das Lächeln der Daphne

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Lächeln entsteht im Innersten und kommt aus<br />

ihm, ist ein Spiegel <strong>der</strong> Person und ihrer Haltung.<br />

Dies ist das Lächeln <strong>der</strong> <strong>Daphne</strong>. Es ist ein weises<br />

Lächeln, es ist ein Lächeln im Wissen um<br />

Werden und Vergehen, im Verstehen von Werden<br />

und Vergehen und im Annehmen – und<br />

das ist das Größte – von Werden und Vergehen.<br />

Und dieses Lächeln erzählt die ganze Geschichte<br />

<strong>Daphne</strong>s, <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>s <strong>Daphne</strong>:<br />

Und diese Geschichte kennt keinen gierigen<br />

Verfolger, <strong>der</strong> die Verfolgte in eine ausweglose<br />

Lage bringt, so dass sie Vater und Mutter um<br />

Hilfe anflehen muss. Der Apollon <strong>der</strong> <strong>Klinge</strong>schen<br />

Geschichte <strong>der</strong> <strong>Daphne</strong> hat we<strong>der</strong> physische<br />

noch psychische Macht, die Frau, die er<br />

begehrt, zum willenlosen Werkzeug machen zu<br />

können, sie also zu missbrauchen!<br />

Er kann seine Vorstellung, wie Ovid sie beschreibt,<br />

<strong>Daphne</strong> mit Gewalt zu nehmen nicht,<br />

nicht einmal ansatzweise verwirklichen. Die<br />

scheinbare, göttlich-männliche Überlegenheit<br />

dieses Apollon ist so wenig feststellbar, dass er<br />

für die von <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong> erzählte Geschichte<br />

entbehrlich ist.<br />

Apollon ist nicht <strong>der</strong> Grund und <strong>der</strong> Zwang zur<br />

Verän<strong>der</strong>ung dieser Frau. Ja, es gibt einen Anlass<br />

zur Verwandlung. Jedoch beruht dieser auf<br />

einer freien Entscheidung von <strong>Daphne</strong>. Und sie<br />

entzieht sich jeglichem Übergriff, dem würdelosen<br />

Betasten, Begrapschen, den geschlechtlichen<br />

Nötigungen, die von Apollon gewollt und<br />

geplant waren, dadurch dass sie eine an<strong>der</strong>e,<br />

nicht antastbare Gestalt annimmt.<br />

that un<strong>der</strong>stands becoming and passing and –<br />

most remarkably of all – accepts becoming and<br />

passing. And this smile tells the whole story of<br />

<strong>Daphne</strong> – <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>’s <strong>Daphne</strong>:<br />

And this story knows no rapacious pursuer who<br />

corners his quarry, so that she is forced to beg<br />

her father and mother for help. The Apollo of<br />

<strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>’s story of <strong>Daphne</strong> has neither<br />

the psychological nor physical power to make<br />

the woman he covets a weak-willed instrument<br />

and therefore to abuse her!<br />

He cannot even begin to realise his idea of taking<br />

<strong>Daphne</strong> by force, as described by Ovid. The<br />

apparent godly and manly superiority of this<br />

Apollo is so indiscernible as to be superfluous to<br />

the story told by <strong>Dietrich</strong> <strong>Klinge</strong>.<br />

Apollo is not the reason and the compulsion for<br />

this woman to change. Yes, there is cause for<br />

her metamorphosis. However, it is based upon<br />

<strong>Daphne</strong>’s own free will. And she evades each<br />

and every encroachment, the undignified touching<br />

and groping, the sexual assaults that Apollo<br />

wanted and planned, by taking on a different,<br />

inviolable form.<br />

This is the reason she smiles this pensive smile<br />

from the right corner of her mouth. The left<br />

corner of her mouth is more markedly curved,<br />

almost sardonically raised, as if <strong>Daphne</strong> wishes<br />

to demonstrate how satisfied she is to have met<br />

a man-god’s intolerable fantasies of omnipotence<br />

with her successful, womanly resistance.<br />

This without suffering, without surren<strong>der</strong>ing<br />

herself, without breaking!

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