22.04.2018 Aufrufe

Dietrich Klinge – Das Lächeln der Daphne

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Schlusswort<br />

Closing remarks<br />

62<br />

1<br />

Im Triclinium <strong>der</strong> Casa dei Vettii.<br />

2<br />

Corpus Speculorum Etruscorum, Deutsches Archäologisches<br />

Institut (Hg), München, 1995, Band 4, S. 80, 81.<br />

3<br />

Museum zu Sorrent, nach: Archäologische Zeitung,<br />

Eduard Gerhard (Hg.), 1. Jahrgang, Berlin 1843, S. XXX<br />

und Eugen von Mercklin, Antike Figuralkapitelle, Berlin<br />

1962, S. 189.<br />

4<br />

Wolfgang Stechow, aaO, S. 1, Albrecht von Halberstadt,<br />

1210.<br />

5<br />

Wolfgang Stechow, aaO, S. 2.<br />

6<br />

Wolfgang Stechow, aaO, S. 4, 5, 67.<br />

Die Ovidsche Metamorphose <strong>der</strong> <strong>Daphne</strong> ist<br />

durch die Zeiten gegangen. Einige Beispiele:<br />

Als Wandmalerei in Pompeji 1 ist sie erhalten<br />

geblieben, auf einem etruskischen Spiegel 2 ,<br />

als hellenistische Statuette 3 .<br />

Im hohen Mittelalter, als <strong>der</strong> Mythos erstmals<br />

in die deutsche Sprache 4 übersetzt wurde, war<br />

er von Anfang an christlich moralisierend gebunden,<br />

wie jegliche künstlerische Äußerung<br />

dieser Zeiten. Zuvor war <strong>Daphne</strong> selten allegorisch<br />

o<strong>der</strong> moralisch gedeutet worden, allenfalls<br />

als Sinnbild von Tugend, o<strong>der</strong> als Zeichen<br />

<strong>der</strong> Machtlosigkeit, selbst eines Gottes. "Die<br />

ethische Überwindung des Angreifers durch<br />

die keusche Jungfrau" 5 fehlte völlig.<br />

Doch die Rollen än<strong>der</strong>ten sich im Laufe <strong>der</strong><br />

Jahrhun<strong>der</strong>te: <strong>Daphne</strong> stand für die "heilige<br />

Jungfrau Maria, die Jesus-Apollo, lumiere dou<br />

monde" anhimmelte (sic!). Der Lorbeer wurde<br />

mit dem Kreuz Christi assoziiert, <strong>Daphne</strong> war<br />

die "reine Seele". Apollon aber mutierte zum<br />

Teufel 6 .<br />

Die bildende Kunst beginnend mit Buchmalereien<br />

im 14. Jahrhun<strong>der</strong>t, über Cassonebemalungen<br />

(also Truhen) des 15. Jahrhun<strong>der</strong>ts, zu<br />

Nicolas Poussins vielbevölkerten Szenen, griff<br />

den Mythos ebenfalls deutlich sich verän<strong>der</strong>nd<br />

auf. Skurrile Darstellungen, die eine schreitende<br />

o<strong>der</strong> stehende <strong>Daphne</strong> von den Füßen<br />

bis zur Leiste als Frau, darüber hinaus als verzweigten<br />

Lorbeerbaum zeigten, wurden abgelöst<br />

durch von Apollon umschlungene Bäume.<br />

Ovid’s Metamorphosis of <strong>Daphne</strong> has travelled<br />

through the ages. Some examples:<br />

It has been preserved as a mural in Pompeii 1 , on<br />

an Etruscan mirror 2 , as a Hellenic statuette 3 .<br />

When the myth was first translated into German<br />

4 in the High Middle Ages, it was tied from<br />

the outset to Christian morality, as was every<br />

artistic statement of the time. Before that,<br />

<strong>Daphne</strong> was seldom given an allegorical or<br />

moral interpretation; at most she was a symbol<br />

of virtue, or of powerlessness – even of a deity.<br />

“The ethical overcoming of the assailant by the<br />

chaste virgin” 5 was completely absent.<br />

But over the centuries the roles changed:<br />

<strong>Daphne</strong> stood for “the Blessed Virgin Mary,<br />

who [adored] Jesus-Apollo, lumiere dou monde”<br />

(sic!). The laurel was associated with the cross<br />

of Christ; <strong>Daphne</strong> was the “chaste soul”. Apollo,<br />

on the other hand, mutated into the devil 6 .<br />

The visual arts, beginning with book illuminations<br />

in the 14th century, through decorations<br />

on cassoni (marriage chests) of the 15th century,<br />

to Nicolas Poussin’s heavily populated<br />

scenes, also took up the myth in starkly changing<br />

guises. Whimsical interpretations that had<br />

a striding or standing <strong>Daphne</strong> as a woman<br />

from the feet to the waist and from there up as a<br />

many-branched laurel were superseded by trees<br />

embraced by Apollo. A human face is hidden in<br />

the branches.<br />

The cast in the depictions grew beyond <strong>Daphne</strong><br />

and Apollo to include her father Peneus lying at

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!