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s'Magazin usm Ländle, 29. April 2018

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SCHULDENBERATUNG<br />

FORTSETZUNG<br />

Wohnen wird immer teurer. Fehlt es<br />

nicht seit Jahren an günstigem Wohnraum,<br />

und wäredas nicht ein entscheidender<br />

Hebel, um eine Überschuldung<br />

zu vermeiden?<br />

Das ist ja eine langjährige Forderung<br />

von uns: leistbarer Wohnraum! Für<br />

die Politik ist das eine der größten<br />

Herausforderungen. Die Entwicklung<br />

auf dem Wohnungsmarkt beobachte<br />

ich schon länger mit großer<br />

Sorge: Man sollte nicht mehr als 30<br />

Prozent seines Einkommens fürs<br />

Wohnen ausgeben. Tatsächlich liegt<br />

dieserBetragderzeit bei rund 50 Prozent.<br />

Das ist eine hausgemachte<br />

Schuldenspirale. Denn wenn jemand<br />

schon soviel Geld fürs Wohnen ausgibt,<br />

wie soll er da noch alle anderen<br />

Lebenskosten abdecken? Man kann<br />

auch niemandem empfehlen, sich<br />

eine andere billigere Wohnung zu suchen,<br />

denn die gibt es schlichtweg<br />

nicht. Wir bei der Schuldenberatung<br />

sind keinepolitische Kraft,aber es ist<br />

unsere Aufgabe, auf solche Missstände<br />

aufmerksam zu machen. Eine weitere<br />

sinnvolle Sache wäre es etwa,das<br />

Schweizer Modell des Existenzminimums<br />

in Österreich oder zumindest<br />

in Vorarlberg zu übernehmen. Dort<br />

wird die gesamte Lebenssituation<br />

eines Menschen betrachtet und dann<br />

erst das Existenzminimum individuell<br />

festgelegt. Denn jemand, der unbedingt<br />

ein Auto braucht für seinen<br />

Job, oder jemand, der keins braucht<br />

und vielleicht sogar noch bei seinen<br />

Eltern wohnt, hat ganz andere Kosten<br />

abzudecken. Da müsste man<br />

schrauben.<br />

Sind Schulden einkommensabhängig?<br />

Für Geringverdiener ist die Lage oft<br />

besonders schwer, weil der gesamte<br />

Lebensunterhalt oft auf Pump finanziert<br />

wird. Das ist ein echtes Drama.<br />

Diese Menschen überschulden sich<br />

also nichtdurch irgendwelche großen<br />

Anschaffungen, sondern wegen Miete,<br />

Strom und Lebensmitteln. Die<br />

STECK<br />

BRIEF<br />

Geboren 1955, Ausbildung zum<br />

Diplomierten Sozialarbeiter,Aufbau<br />

und Leitung der Telefonseelsorge<br />

Vorarlberg, seit 1990 Leiter<br />

der ifsSchuldenberatung. Verheiratet,zwei<br />

Kinder,lebt in Hard.<br />

·········································································································································<br />

Verschuldung selbst ist ja gar nicht so<br />

tragisch, schlimm wird es erst durch<br />

die Überschuldung. So können im<br />

Laufe einiger Jahre aus 30.000 Euro<br />

300.000 Euro werden, allein durch<br />

Zinsen, Anwaltskosten, Klagegebühren<br />

und andere Kosten, die Schulden<br />

mit sich bringen. Schulden sind also<br />

sehrdynamisch.<br />

Wie hilft nun die Schuldenberatung,<br />

findet ein Klient den WegzuIhnen?<br />

Wir fragen zuerst mal nach den Zahlen,<br />

also nach Einkommen, Ausgaben<br />

und Schuldenhöhe. Wichtig ist<br />

auch die familiäre Situation: Gibt es<br />

Kinder, gab eseine Scheidung, liegt<br />

eine Krankheit vor? Dannsuchenwir<br />

nach einer Lösung. Ist zum Beispiel<br />

ein Jobwechsel möglich oder ein Versicherungswechsel?<br />

Das ist natürlich<br />

sehr individuell. Wir finden heraus,<br />

was verzichtbar ist und was nicht.<br />

Und dann stellt sich die Frage, ob es<br />

eine außergerichtliche Lösung geben<br />

kann oder ob man Privatkonkurs anmeldet.<br />

Erste Priorität beim Schuldenabbau<br />

haben jedenfalls immer<br />

Miete, Strom, Betriebskosten und<br />

Unterhalt für Kinder. Alles andere<br />

kommt später.<br />

Welche psychischen Folgen können<br />

Schulden haben?<br />

Es bestehtein klarerZusammenhang<br />

zwischen Schulden und Krankheit.<br />

Die Menschenstoßen da sehrschnell<br />

an ihre Grenzen, das macht ihnen<br />

wortwörtlich Kopfzerbrechen. Und<br />

auch mental baut sich enormer<br />

Druck auf, nicht wenige denken sogaranSelbstmord<br />

in dieserZeit. Viele<br />

glauben, sie seien die Einzigen,<br />

denen es so geht, dabei sind es jährlich<br />

3000.<br />

Erzählen Sie uns eine Erfolgsgeschichte.<br />

Beim Einkaufen traf ich vor einiger<br />

Zeit eine Frau, die vor 20 Jahren bei<br />

uns in der Beratung war und einen<br />

Privatkonkurs durchgezogen hat.<br />

Keine einfache Zeit, aber sie hat sich<br />

durchgekämpft. Und nun, hat sie mir<br />

erzählt, kann sie das Geld,das sie damals<br />

in den Privatkonkurs investiert<br />

hat, fürkleineUrlaube mit ihrenKindern<br />

nutzen. Sie hat unheimlich viel<br />

Lebensqualität gewonnen!<br />

Warum ist das Thema Geld im Allgemeinen,<br />

Einkommen und Schulden ins-<br />

8<br />

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