November 2008 als pdf herunterladen - Israelitische ...
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© Mike Ranz<br />
Das kommt vom sprichwörtlich<br />
schlampigen Umgang mit unserer Ver -<br />
gangenheit: Seit gestern sitzt erstm<strong>als</strong><br />
ein schlagender Burschenschafter mit<br />
Schnitzmustern (mensur) im Gesicht<br />
dem österreichischen Parlament vor.<br />
Was für ein Symbol! Auch fürs Aus -<br />
land, das Österreich eh immer wieder<br />
verdächtigt, mit seiner nazi-Vergan -<br />
gen heit nicht einmal einigermaßen<br />
im Reinen zu sein. mehr <strong>als</strong> die Hälf te<br />
der 183 Abgeordneten haben den<br />
FPÖ ler martin Graf zum Dritten Par -<br />
lamentspräsidenten gewählt. Obwohl<br />
der mann der Burschenschaft Olym -<br />
pia angehört, die häufig selbst übelst<br />
beleumundete Rechtsextremisten einlädt.<br />
Wie den britischen Holocaust-<br />
Leug ner David irving, der im no vem -<br />
ber 2005 auf dem Weg zum Olympia-<br />
Vortrag in Wien verhaftet worden ist.<br />
Von dieser Partie, die nicht fähig ist,<br />
sich vom neonazismus zu distanzieren,<br />
will sich auch Graf nicht distanzieren.<br />
Zwar hat er vor seiner Wahl<br />
Ver renkungen gemacht und in einer<br />
seltsamen Pressekonferenz den Ras -<br />
sis mus, Antisemitismus und natio -<br />
nal sozialismus verurteilt. Doch von<br />
der grässlichen Olympia sagte er sich<br />
nicht los. Sie ist für ihn ein „Lebens -<br />
bund“, den man nicht einfach auf -<br />
kün digt. Diese Widersprüche und Un -<br />
gereimtheiten haben die Parla ments -<br />
mehrheit nicht gestört. Graf wurde se -<br />
henden Auges ins vierthöchste Staats -<br />
POLITIK • INLAND<br />
„Einer mit Schnitzmustern ist das<br />
absolut f<strong>als</strong>che Gesicht“<br />
amt befördert. Einziger Trost: Es war<br />
zumindest ein bisschen schlechtes Ge -<br />
wissen dabei. Wie sonst hätten Po -<br />
litiker wie der neue ÖVP-Chef Josef<br />
Pröll mit teils krausen Erklärungen<br />
die Wahl Grafs öffentlich geradezubiegen<br />
versucht. Pröll war zwar nicht<br />
der Einzige - außer den Grünen ha -<br />
ben alle davon geschwafelt, dass es<br />
eben gelebte „Usance“ sei, die drei<br />
größten Parteien Kandidaten für die<br />
drei Präsidenten nominieren zu lassen<br />
- und sie auch zu wählen. nur am<br />
Ran de: Wer sagt, dass diese seltsame<br />
Regel, die Größeren macht zuteilt, die<br />
gar nicht so toll demokratisch sind, um<br />
jeden Preis gelten muss? noch seltsamer<br />
war der Hinweis auch von Pröll,<br />
Graf sei schon okay. Sonst wäre er doch<br />
nicht schon 2006 auch Vorsitzender des<br />
parlamentarischen Bankenaus schus -<br />
ses gewesen. Einspruch: Dazu wurde<br />
Graf nicht vom Parlament gewählt.<br />
Son dern nur von ein paar mitglie dern<br />
des Bankenausschusses - aus höchst<br />
taktisch-pragmatischen Gründen. Da -<br />
mit dieser Ausschuss arbeiten konnte.<br />
Jetzt reichte diese zweifelhafte Re pu -<br />
ta tion, Graf zu einem der höchsten Re -<br />
präsentanten zu küren. Knapp da vor<br />
hatte Grünen-Chefin Eva Gla wisch nig<br />
wohl Recht wie noch nie: „Die Ent -<br />
scheidungen, die wir treffen, machen uns<br />
zu dem, was wir sind“, warnte sie.<br />
Wolfgang Simonitsch,<br />
„Kleine Zeitung“ 29.10.08<br />
IKG-Protest gegen Wahl<br />
Martin Grafs zum Dritten<br />
Nationalratspräsidenten<br />
Teilnahme an Sitzungen des<br />
Kuratoriums des Nationalfonds bis auf<br />
Weiteres ausgesetzt<br />
Der Dritte Präsident des Nationalrats ist<br />
das vierthöchste Amt in unserer Re pu -<br />
blik und wird, anders <strong>als</strong> Par la ments aus -<br />
schussvorsitzende, vom Ple num des<br />
Nationalrats gewählt.<br />
Martin Graf ist Mitglied der Bur schen -<br />
schaft „Olympia“ und hat er klärt, Mit -<br />
glied zu bleiben. Dies, obwohl „Olym -<br />
pia“ laufend Holocaustleugner (David<br />
Irving), Nazis wie Dr. Norbert Burger<br />
und Michael Müller („Mit sechs Millio -<br />
nen Juden, da fängt der Spaß erst an,<br />
mit sechs Millionen Ju den, da ist der<br />
Ofen an“") und wie derholt Neonazis<br />
ein lädt und eingeladen hat. Sie ist für<br />
ihn ein "Lebensbund".<br />
Die <strong>Israelitische</strong> Kultusgemeinde hält<br />
diese Mitgliedschaft mit der Position des<br />
Dritten Nationalratspräsidenten für un -<br />
vereinbar. Der Vorstand der IKG hat da -<br />
her am Abend des 28.10.<strong>2008</strong> einstimmig<br />
den Beschluss gefasst, bis auf Weiteres<br />
den Sitz im Kuratorium des National -<br />
fonds unbesetzt zu lassen. Die IKG protestiert<br />
damit gegen die „politische Usan -<br />
ce“ jener 109 Nationalratsab geordne ten,<br />
deren Wahlverhalten wenige Tage vor dem<br />
70. Jahrestag des <strong>November</strong>pogroms<br />
("Kristallnacht") einer Verhöhnung der<br />
Shoah-Opfer nahe kommt.<br />
Presseaussendung der IKG<br />
In Österreich war die blaue<br />
Acker blume zu nächst das<br />
Symbol der alldeutschen<br />
Bewe gung von Georg Rit ter<br />
von Schö ne rer, die für die Ver ei -<br />
ni gung aller deutschsprachigen Völ ker<br />
un ter Preußens Führung eintrat. Als<br />
die NSDAP im Juni 1933 von Kanz ler En -<br />
gelbert Dollfuß verboten wurde, wurde<br />
- da Haken kreu ze und andere NS-Sym -<br />
bole verboten wa ren - die Kornblume<br />
zum Symbol für die Natio n<strong>als</strong>o zi alisten.<br />
Eine Korn blu me auf dem Re vers (oder<br />
da runter) war das Er ken nungszeichen<br />
- und jeder in Österreich wusste da m<strong>als</strong>,<br />
was es be deu tete.<br />
Zu konstituierenden Sit zun gen des ös -<br />
terreichischen Natio nal rates tragen seit<br />
2006 die Ab geordneten der FPÖ ne ben<br />
der üblichen weiß-roten Schleife die<br />
Korn blume.<br />
10 november <strong>2008</strong>/Cheschwan 5769