November 2008 als pdf herunterladen - Israelitische ...
November 2008 als pdf herunterladen - Israelitische ...
November 2008 als pdf herunterladen - Israelitische ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
wur de. Heute prangt ein handgeschriebener<br />
Zettel auf der Pforte: „La -<br />
jós Löwy“ und eine Telefonnum mer.<br />
„Außer mir gibt es nur noch einen Juden,<br />
den Glück, aber der kommt nicht beten“,<br />
bedauert der 1949 in Tokaj geborene<br />
Löwy . Sein Vater, Jahrgang 1901, wie<br />
auch seine mutter überlebten das Ver -<br />
nichtungslager Auschwitz. „Ein eitler<br />
SS-Mann, der meine Mutter im Lager <strong>als</strong><br />
seine persönliche Schneiderin benützte,<br />
rettete sie vor dem berüchtigten Men ge le“,<br />
erzählt der Geschäftsmann, <strong>als</strong> ob es<br />
gestern gewesen wäre.<br />
Wenn Lajós Löwy nicht mit ausländischen<br />
Besuchern die beiden jüdischen<br />
Friedhöfe besucht, kümmert er<br />
sich um sein Haushaltsartikel-Ge schäft<br />
in der Rákóczi útca 41.<br />
Gräberbesuche bei vier<br />
Wunderrabbis<br />
Jüdische Touristen aus den USA<br />
und israel kommen hauptsächlich auf<br />
Gräberbesuch hierher. „Einen Minjan<br />
haben wir hier nur dann, wenn die Chas -<br />
si dim (Anhänger) unserer Wunderrabbis,<br />
die alle hier in der Umgebung begraben<br />
sind, zur Jurzeit (Jahrestag des Todes) an -<br />
rei sen“, erklärt Löwy. Dann packen die<br />
Gäste ihre koscheren mitgebrachten<br />
Le bensmittel aus und verköstigen sich<br />
im Stibl.<br />
Da sich im frühen 18. Jahrhundert<br />
vor allem Juden aus Südpolen und<br />
Ga lizien in Tokaj ansiedelten, waren<br />
die Gemeinden in dieser Region or -<br />
thodox-religiös und chassidisch eingestellt.<br />
Fährt man von Tokaj aus eine<br />
kurze Strecke den Bodrog Fluss entlang,<br />
gelangt man nach Bodrog ke resz -<br />
túr. in diesem Dorf, hatte der chassidische<br />
Rabbiner Schaje Steiner („Reb<br />
Schajele“ genannt) von 1851 bis 1925<br />
seinen Wohnsitz. Zu seinem Grab pilgern<br />
die Anhänger genau so wie in<br />
das nordöstlich gelegene Olaszliszka,<br />
ein anders bekanntes Weinbaugebiet,<br />
wo der berühmte Wunderrabbi Zvi<br />
Hirsch Friedmann (1808-1874) begraben<br />
liegt. Friedmann war ein Schüler<br />
des wohl angesehensten chassidischen<br />
Lehrmeisters moische Teitelbaum<br />
(1759-1841) aus dem nahe gelegenen<br />
Sá toraljaújhely, der für die Verbrei tung<br />
des Chsssidismus in Ungarn ver ant -<br />
wortlich ist.<br />
„In Nagykálló lebte einer der be kann tes -<br />
JÜDISCHE WELT • AUSLAND<br />
ten Wunderrabbi, von dem viele zwar ein<br />
berühmtes Lied kennen, ohne zu wissen,<br />
dass es Eisig Taub komponiert hat, nämlich<br />
„Szól a ka kas már“ („Ehe der Hahn<br />
kräht“), erzählt Lajós Löwy.<br />
Fünf Juden in Mád<br />
Das offizielle Gedenken an den 60.<br />
Jah restag der Vernichtung der ungarischen<br />
Juden fand in der schönen ba -<br />
rocken Synagoge von mád am 9. mai<br />
2004 statt. Deren Restaurierung wur de<br />
im Rahmen des ungarischen „Ge set zes<br />
zum Kulturerbe“, das seit 2001 in<br />
Kraft ist, ermöglicht. Seither zählt die<br />
máder Synagoge zu den 263 wichtigsten<br />
monumenten in Staatsbesitz.<br />
„In Mád gibt es heute nur noch fünf<br />
Juden“, so Löwy, der <strong>als</strong> einziger Zeu ge<br />
und Chronist der jüdischen Ge schich -<br />
te in dieser Region geblieben ist.<br />
in dieser Synagoge wurde bis 1947<br />
gebetet, <strong>als</strong> wenige Überlebende nach<br />
der Shoah, der 343 Juden aus mád zum<br />
Opfer fielen, hierher zurückkamen.<br />
Der Blick über die friedlich sanften<br />
Weinberge lässt wenig von dieser<br />
traurigen Geschichte vermuten. Aber<br />
die vielen Friedhöfe mit jüdischen<br />
Grab steinen, die zahlreich und unerwartet<br />
aus der Landschaft herausragen,<br />
legen Zeugenschaft über die jü -<br />
di sche Besiedlung ab. Das sind die<br />
ver bleichenden, versinkenden, stei-<br />
Die Synagoge von Tokaj<br />
nernen Spuren. • Der Friedhof - Pilgerstätte für Touristen<br />
november <strong>2008</strong>/Cheschwan 5769 31