November 2008 als pdf herunterladen - Israelitische ...
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Esther. Sie meint, ein bucharischer<br />
mann wünsche sich eine Frau, „die zu<br />
beiden Teilen am Leben teilnimmt, <strong>als</strong><br />
Mutter und Ehefrau“. Sie erläutert, dass<br />
dies bedeute, eine Frau solle „den<br />
Haushalt führen, den Mann unterstützen,<br />
„genauso arbeiten gehen, aber halt<br />
die starke Bezugsperson sein“. All diese<br />
Eigenschaften würden nicht mit einer<br />
aschkenasischen Frau assoziiert.<br />
mit aschkenasischen Frauen wird<br />
zudem seitens der bucharischen Ge -<br />
meinschaft mehr Freiheit verbunden.<br />
So sagt Rebecca: „Stimmt, eine Aschke -<br />
na sin wird sich nie antun, was viele bu -<br />
charische Mädchen sich antun, bis heute.<br />
Antun mein’ ich in der Hinsicht, dass sie<br />
irgendwie leben, nur für die Familie, für<br />
den Mann.“ Auch die Jungfräulichkeit<br />
vor der Ehe habe einen hohen Stellen -<br />
wert – und damit verbunden „der<br />
gute Ruf“ eines mädchens.<br />
Und so verwundert es nicht, wenn<br />
jun ge Bucharen folgendes Bild zeichnen.<br />
Aschkenasische Frauen seien<br />
dem nach öffentlicher (in ihrer Stel lung<br />
nach außen), unrein, da meist nicht<br />
jungfräulich, emanzipiert, selbstbewusst,<br />
führen ein karrierebetontes<br />
Leben, hei raten spät und seien nicht<br />
mehr form bar. Bucharische Frauen<br />
dagegen agie ren mehr privat, gingen<br />
jungfräulich in die Ehe, richten ihr<br />
Leben nach dem mann und der Fa mi -<br />
lie aus, seien ruhig, heiraten jung und<br />
seien noch formbar. Peichl kommt in<br />
ihrer Arbeit daher zu dem Schluss:<br />
„Der Wunsch der Männer nach der Er hal -<br />
tung der bu cha rischen Werte und Kultur<br />
lässt vermuten, dass sich auch der Wunsch<br />
nach ei nem hierarchischen Geschlech ter -<br />
ver hält nis dahinter verbirgt.“<br />
Doch unter den bucharischen mäd -<br />
chen gebe es immer mehr, die nach<br />
einem offeneren Leben streben. Es ther<br />
etwa erzählt, dass viele bucharische<br />
Frauen keine „traditionelle Ehe“ mehr<br />
führen wollen würden. Und mit ei -<br />
nem aschkenasischen mann werde as -<br />
so ziiert: „der Frau mehr Freiheit geben“.<br />
Sara (27) hat mit 24 Jahren einen<br />
Asch kenasen geheiratet. Die beiden<br />
ha ben eine Tochter. Sie meint, dass<br />
aschkenasische und bucharische män -<br />
ner verschieden erzogen würden.<br />
Wenn sie auf Besuch bei ihren Schwie -<br />
gereltern sei, würden auch die männlichen<br />
Familienmitglieder bei den<br />
Hausarbeiten, etwa beim Abräumen<br />
des Tisches, helfen.<br />
JÜDISCHE WELT • INLAND<br />
Auch in Sachen Heiratsalter scheint<br />
in den vergangenen Jahren einiges in<br />
Be wegung gekommen zu sein, ob -<br />
wohl tendenziell immer noch jung ge -<br />
hei ra tet wird. Chajm etwa sagt:<br />
„Wenn wir mit 24 nicht verheiratet sind,<br />
werden wir schon schief angeschaut.“ Re -<br />
becca be tont, die „obere Grenze“ zum<br />
Heira ten seien 25 Jahre, es werde aber<br />
„nach oben hin offener“. Aschk e na sen,<br />
so Chajm, würde dagegen erst mit 29,<br />
30, 31 heiraten. Für viele ist die mo -<br />
tivation für eine frühe Heirat, Sex mit<br />
dem Part ner haben zu können. Denn,<br />
so Peichl: „Alle meine InformantInnen<br />
berichteten, dass das Zusammenleben mit<br />
dem/der PartnerIn vor der Ehe ein Ta bu -<br />
thema darstelle.“ David (21), der be reits<br />
mit 19 Jahren geheiratet hat, sagt etwa:<br />
seine Partnerin und er be schlos sen ge -<br />
meinsam zu heiraten, da sie nach zwei<br />
Jahren des Zusammen seins „mehr<br />
woll ten <strong>als</strong> nur ausgehen“.<br />
Peichl streicht aber noch einen weiteren<br />
Grund für die eher frühen Ehe -<br />
schließungen hervor: innergemeinschaftlichen<br />
Druck, ausgelöst durch<br />
die begrenzte Anzahl an potenziellen<br />
Ehepartnern mit zunehmenden Alter.<br />
Das führe für viele junge Bucharen vor<br />
allem zu Druck seitens der Eltern, der<br />
Familie.<br />
Hauptgrund dafür, dass sich das<br />
Hei rats alter dennoch etwas nach oben<br />
verschiebe, sei der Wunsch vieler<br />
mäd chen nach mehr Bildung. Chajm<br />
etwa konstatiert, dass Verän de rungen<br />
im Gang seien. „Die Bucha ren passen<br />
sich mehr an, wollen auch eine Ausbil dung<br />
haben, die Mädchen wollen auch studieren<br />
und jetzt ändert sich das“. Peichls<br />
Resümée in diesem Punkt: „Das Hei -<br />
rats alter steigt an, auch da durch, dass<br />
Frauen vermehrt Wert auf Aus bil dung<br />
und Selbstbehauptung le gen.“<br />
Trotz steigender Bildung und auch<br />
einem aktiven Arbeitsleben von Frau -<br />
e n werde aber von den bucharischen<br />
männern weiter davon ausgegangen,<br />
„dass sie der finanzielle Erhalter der<br />
Familie sein werden und die Frau weiterhin<br />
parallel zum Arbeitsleben für den<br />
häuslichen Bereich und Kindererziehung<br />
zuständig ist“, so die Anthropologin.<br />
„In Folge bedeuten diese Strukturen ein<br />
Fortbestehen eines hierarchischen Ges -<br />
chlech terverhältnisses.“ Derzeit stünden<br />
einige ihrer bucharischen Ge -<br />
sprächspartnerinnen allerdings kurz<br />
vor Abschluss ihres Uni-Stu diums,<br />
sagt Peichl. ihr Fazit: „Es bleibt abzuwarten,<br />
wie sich ein erhöhter Bildungs -<br />
status bucharischer Frauen auf die Gen -<br />
der hierarchie in den persönlichen Eheund<br />
Liebesbeziehungen dieser Personen<br />
auswirkt du ob, bzw. in welcher Art und<br />
Weise sich in weiterer Folge Familienund<br />
Sozi<strong>als</strong>trukturen ändern.“<br />
Barbara Peichl: „Lebenswelten jugendli cher<br />
bucharischer JüdInnen in Wien – Iden tifi ka -<br />
tionsprozesse und Handlungs stra te gien“,<br />
Wien Juni <strong>2008</strong>, Diplom arbeit an der<br />
Uni versität Wien<br />
Beten am Blackberry<br />
für Tausende<br />
gläubige<br />
Juden<br />
Tausende gläubige<br />
Juden auf der<br />
ganzen Welt beten<br />
jeden Tag dreimal -<br />
mit dem Blackberry<br />
in ihrer Hand.<br />
Die Software, die hebräische Texte<br />
und moderne Technik miteinander<br />
ver bindet, stammt von zwei Unter neh -<br />
mern, die an der new Yorker Ye shi va<br />
Universität studierten.<br />
Das Pro gramm, das die Gebete in<br />
elektronischer Form liefert, nannten<br />
sie „JewBerry“. „Juden versammeln sich<br />
jeden Tag in den Treppenhäusern von Bü -<br />
rogebäuden oder in Konfe renz sälen, um<br />
zu beten“, sagt Jonathan Bennett, einer<br />
der Entwickler. „An das Gebetbuch er -<br />
innert man sich vielleicht nicht immer, aber<br />
niemand ist ohne Blackberry unterwegs.“<br />
http://www.jewberry.com<br />
28 november <strong>2008</strong>/Cheschwan 5769