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LitArena VIII|Oktober 2017<br />

Heftküstlerin<br />

Ich befasse mich oft mit der irrsinnigen Reizüberflutung der<br />

heutigen Zeit, welche einem einen kompletten Overload an<br />

den Kopf wirft, mit dem man tagtäglich konfrontiert wird,<br />

egal ob im Internet, im Fernsehen oder auf der Straße.<br />

Eine Bilderflut, welche auf uns niederbrasselt. Ich finde,<br />

dass man für sich selbst ein Ventil finden muss, um diesen<br />

Wahnsinn zu filtern. Ich mache das durch Zeichnungen<br />

oder Malerei, in dem ich meine subjektive Wahrnehmung<br />

reflektiere und der medialen Reizüberflutung kritisch gegenüberstehe.<br />

Das, was dabei rauskommt, ist ein Bruchteil<br />

dieser Fülle. Die Malerei entschleunigt und hält fest, was<br />

in Realität oft nur mehr oberflächlich und kurzlebig überflogen<br />

wird. Das sind für mich Prozesse, welche wohl eher<br />

den gesellschaftskritischen Teil meiner Arbeit ausmachen.<br />

Wie ist das Verhältnis von Anliegen und Durchsetzung?<br />

Wenn Du das Verhältnis von Vorstellung und Umsetzung<br />

meinst, würde ich sagen, je konkreter meine Bilder im Kopf<br />

sind, ich Komposition und Skizzen anfertige, umso präziser<br />

wird natürlich die Umsetzung. Um aber intuitiver und<br />

spontaner zu arbeiten, braucht es eine andere Haltung. Die<br />

eigene Erwartungshaltung muss man manchmal etwas zurückschrauben,<br />

um Neues zuzulassen und auszuprobieren.<br />

Manchmal braucht`s eben auch gar keine Anliegen oder<br />

Vorstellungen, sondern nur den Prozess des Tuns.<br />

Rollenspiel und Kunst: Wie siehst Du es, wenn ein<br />

Künstler sich stets in eine bestimmte Rolle oder ein<br />

künstlerisches Outfit zwängt? (Kopfbedeckung von<br />

Ernst Fuchs …?)<br />

Bei solch Markenzeichen, welche ja auch sehr extrem sein<br />

können, geht es eher um eine Inszenierung der Person als<br />

Künstler. Erfolgreich verkaufte Kunst kommt von Künstlern,<br />

die wie eine Marke funktionieren und einen unverwechselbaren<br />

Wiedererkennungswert haben. Dieser kann in<br />

den Werken des Künstlers liegen oder in dessen Person.<br />

Um heute aufzufallen, muss der Künstler extremere Wege<br />

gehen als seine Vorgänger, darum denke ich, wird das Corporate<br />

Design als Inszenierung und Abgrenzung immer präsenter.<br />

Ich stehe dem dahingehend eher skeptisch gegenüber,<br />

da dies am ersten Blick zwar mehr Aufmerksamkeit auf<br />

sich zieht, aber in Wahrheit auch von der eigenen künstlerischen<br />

Arbeit gleichzeitig ablenkt.<br />

Ist eine äußerliche Zuordnung, Markenzeichen etc.<br />

wichtig/von Vorteil?)<br />

Zwecks Wiedererkennungswert und Vermarktung wohl von<br />

Vorteil, da der Kunstmarkt mittlerweile sehr stark nach solchen<br />

Prinzipien funktioniert, aber wie gesagt, Fokus ist in<br />

solch Fällen die Person als Kunstfigur und nicht die Qualität<br />

der Arbeiten.<br />

Dein Logo-Pickerl (siehe Seite 4) sieht wie ein buddaähnliches<br />

Baby mit Palmzweigen statt Haaren am Kopf<br />

aus. Da denke ich an Chagall. Woran dachtest Du?<br />

Ich verwende gerne verschiedene Dinge, die ich aus dem<br />

Kontext reiße und neu kombiniere. In dem Fall ist es ein<br />

altes Portrait von meiner Schwester, als kleines Bébé und<br />

ihr wachsen statt Haare Palmenblätter aus dem Kopf. Ich<br />

dachte auch an einen schönen, alten Blumentopf - ein Kopf<br />

aus Ton, welchen wir, seit ich denken kann, zuhause stehen<br />

haben. Oft sind es Kindheitserinnerungen oder auch altes<br />

Fotomaterial, woraus dann eigene, neue Bilder im Kopf entstehen,<br />

welche ich dann zeichnerisch oder malerisch umsetze.<br />

Außerdem gehören Mensch und Natur zusammen,<br />

zurück zum Ursprung, das frischgeborene Menschenkind<br />

und die Natur in ihm, die muss bewahrt werden.<br />

Wieweit ist „Try and Error“, so hieß Deine Ausstellung<br />

2015 in Amsterdam, ein Arbeitsweg/Arbeitsprogramm<br />

bei Deiner grafischen oder malerischen Tätigkeit?<br />

Eigentlich spielt diese Haltung jedes Mal aufs Neue eine<br />

Rolle. Vor allem wenn ich eher prozessorientiert statt resultatorientiert<br />

arbeite. Das Scheitern ist oft Thema und ein<br />

schwieriger aber ganz wichtiger Punkt, an dem man häufig<br />

ansteht. Ohne den Versuch, das Experiment und das Scheitern<br />

kann man sich auch schwer weiterentwickeln. Manchmal<br />

braucht es aber auch eine Zeit, bis man Fehlversuche<br />

oder neue Herangehensweisen, ob technisch oder thematisch,<br />

für sich annehmen und damit arbeiten kann!<br />

Du hast sehr oft Köpfe als Thema. Sie fließen ineinander<br />

statt hinter- oder nebeneinander angeordnet zu<br />

sein. Was ist der Gedanke dabei/dahinter?<br />

Gesichter können sehr viel Ausdruck vermitteln. Auch<br />

wenn es oftmals eher leere Gesichtsausdrücke sind- trotzdem<br />

sind sie oft eine schöne Projektionsfläche für Emotionen<br />

des Betrachters. Das übereinander gelegte Spiel<br />

vieler meiner Figuren sehe ich vor allem als Form, die Konstellationen<br />

zwischen Menschen zu verbildlichen oder erst<br />

selbst zu verstehen.<br />

Thematisch sind die Überschneidung auch ein wichtiger As-

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