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LitArena VIII|Oktober 2017<br />
Interview<br />
Sarah Rinderer<br />
Sarah Rinderer aus Hard gewann 2015 den 1.Platz der LitArena<br />
VII mit dem Siegertext „das blinken der windräder<br />
vor paris“. Cornelia Stahl interviewte sie im August 2017<br />
per Mail:<br />
Sarah, in deinem Siegertext der LitArena VII 2015<br />
„das blinken der windräder vor paris“ ging es um<br />
ein älteres Ehepaar, das während einer Zugfahrt die<br />
gemeinsam verbrachte Zeit noch einmal Revue passieren<br />
lässt.<br />
Worum geht es im Text „Mutterschrauben“, für den<br />
du 2017 den Vorarlberger Literaturpreis erhalten<br />
hast?<br />
In meiner Erzählung „Mutterschrauben“ geht es ebenfalls<br />
um eine Reise, die Vergangenes und Gegenwärtiges<br />
in einen Dialog treten lässt – jedoch wird diese vom Küchentisch<br />
aus unternommen. Mittels Street View bewegen<br />
sich Enkelin und Großmutter am Laptop durch deren<br />
Geburtsort.<br />
Inwieweit sind biograhische und fiktive Elemente in<br />
deinem Text miteinander verwoben?<br />
Als Grundlage für den Text dienten mehrere Gespräche,<br />
die ich mit meiner Großmutter über ihre Erinnerungen<br />
an die Vetreibung aus ihrem Geburtsort, dem<br />
tschechischen Planá, geführt habe. Ich habe jedoch<br />
weggelassen, hinzugefügt, verändert, montiert, konstruiert,<br />
um das abrupte und frühe Ende einer Kindheit<br />
herauszuarbeiten, von dem die digitale Erinnerungsreise<br />
in „Mutterschrauben“ letztendlich erzählt.<br />
2015 hast du das START-Stipendium für Literatur des<br />
Bundeskanzleramtes und das Leistungsstipendium<br />
der Kunstuniversität Linz erhalten. Siehst du dich<br />
selbst als Literatin oder als Bildende Künstlerin?<br />
Ich kann Literatur und Bildende Kunst für mich gar nicht<br />
so sehr voneinander trennen, vor allem zu Beginn meiner<br />
Arbeitsprozesse. Meist gehe ich von einem thematischen<br />
Impuls aus, einer Assoziation, einer kleinen Idee und recherchiere<br />
erst einmal dazu. Im Rechercheprozess stellt<br />
sich dann oft für mich heraus, nach welcher Form der<br />
Umsetzung meine Idee verlangt: nach jener einer künstlerischen<br />
oder einer literarischen Arbeit. Und selbst<br />
dann sind die beiden Sparten noch stark ineinander enthalten.<br />
In meiner Kunst arbeite ich beispielsweise sehr<br />
konzeptorientiert, häufig geht es um Sprachsysteme. In<br />
meinen Texten wiederum wird der künstlerische Zugang<br />
vor allem durch meine Komposition von Sprachbildern<br />
spürbar.<br />
Ich versuche aber auch gezielt, die beiden Sparten miteinander<br />
zu verbinden. So habe ich beispielsweise im letzten<br />
Semester das Künstlerbuch „Von Blaugrau bis Rosa“<br />
geschrieben, typografisch gestaltet sowie gebunden und<br />
produziert.<br />
Du bist noch sehr jung und dir stehen zahlreiche<br />
Möglichkeiten offen. Was planst du nach deinem<br />
Studienabschluss?<br />
Ich möchte auf jeden Fall vielfältig bleiben, die Möglichkeiten<br />
von Arbeitsaufenthalten im Ausland nutzen, an<br />
meiner ersten eigenständigen Buchveröffentlichung arbeiten,<br />
neue Werke für Ausstellungen entwickeln.<br />
Und mein berufliches Ziel ist es, mir mit meiner Tätigkeit<br />
in den Bereichen Grafik-Design und Kulturvermittlung diese<br />
Art der künstlerischen und literarischen Produktion<br />
zu ermöglichen.<br />
Was würdest du jungen Autoren/Autorinnen raten,<br />
die noch am Anfang stehen?<br />
Ich denke, das Wichtigste, um sich weiterzuentwickeln<br />
ist, sich zu trauen, mit den eigenen Texten nach außen<br />
zu gehen; beispielsweise bei Workshops teilzunehmen,<br />
bei Literaturzeitschriften und Wettbewerben einzureichen<br />
und sich einem Publikum zu präsentieren. Zudem<br />
ist es ganz wesentlich, sich gute Kritik zu holen. Für<br />
mich waren da die Literatur Vorarlberg und die Jugend-<br />
Literatur-Werkstatt Graz immer gute Anlaufstellen.<br />
Mir war und ist es auch wichtig, viel auszuprobieren, sei<br />
es im Umgang mit Inhalten oder mit der Sprache selbst,<br />
und mich stets auf Neues einzulassen.<br />
Danke für das Interview und weiterhin viel Erfolg!<br />
Sarah Rinderer<br />
Geb.1994, seit 2014 Studium Bildende Kunst - Experimentelle<br />
Gestaltung und Kulturwissenschaften in Linz.Veröffentlichungen:<br />
Unsere Fabrik, Bucher-Verlag 2015 sowie in Kunstmagazinen.