Wahlen in Sachsen - Sachsen und die Deutsche Einheit ...
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<strong>Wahlen</strong> <strong>in</strong> Geschichte <strong>und</strong> Gegenwart<br />
Christian Meier:<br />
»Bei der Demokratie<br />
aber sollen <strong>die</strong><br />
Beherrschten zugleich<br />
<strong>die</strong> Herrschenden se<strong>in</strong>.«<br />
(Die parlamentarische<br />
Demokratie, S. 15)<br />
Staatsform <strong>und</strong> <strong>Wahlen</strong><br />
E<strong>in</strong>e politische Geme<strong>in</strong>schaft kann ganz unterschiedlich organisiert<br />
se<strong>in</strong>. Wenn <strong>die</strong> Macht auf e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Person konzentriert ist,<br />
spricht man von E<strong>in</strong>zelherrschaft (griechisch: Monokratie). Formen<br />
der E<strong>in</strong>zelherrschaft s<strong>in</strong>d zum Beispiel <strong>die</strong> Monarchie <strong>und</strong><br />
<strong>die</strong> monokratische Diktatur. In <strong>die</strong>sen Herrschaftsformen spielen<br />
politische <strong>Wahlen</strong> ke<strong>in</strong>e Rolle. E<strong>in</strong>mal zur Macht gelangt,<br />
muss der E<strong>in</strong>zelherrscher ke<strong>in</strong>e Rücksicht auf politisch Andersdenkende<br />
oder M<strong>in</strong>derheiten nehmen. Dasselbe gilt auch für<br />
<strong>die</strong> dauerhafte Herrschaft e<strong>in</strong>er speziellen Gruppe. In <strong>die</strong>sem<br />
Falle spricht man von Aristokratie, Oligarchie oder Nomenklatursystem.<br />
Die Staatsform mit der zahlenmäßig größten Beteiligung<br />
der Bevölkerung an der politischen Macht ist <strong>die</strong> Demokratie<br />
oder Volksherrschaft. Auch bei <strong>die</strong>ser Staatsform haben sich<br />
verschiedene Typen herausgebildet. Während <strong>die</strong> direkte<br />
Demokratie, bei der alle Entscheidungen durch Volksabstimmungen<br />
erfolgen, praktisch nicht vorkommt, dom<strong>in</strong>iert das<br />
Modell der repräsentativen Demokratie, bei der Stellvertreter<br />
für <strong>die</strong> Erledigung der politischen Geschäfte gewählt werden.<br />
Unter den repräsentativen Demokratien s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> parlamentarische<br />
<strong>und</strong> <strong>die</strong> präsidiale Regierungsform am weitesten verbreitet.<br />
In der parlamentarischen Demokratie wird der Regierungschef<br />
(z.B. deutscher B<strong>und</strong>eskanzler) <strong>in</strong>direkt gewählt, <strong>in</strong> der präsidialen<br />
wird der Regierungschef direkt gewählt (z.B. Präsident<br />
der USA). Viele moderne Demokratien enthalten noch traditionelle<br />
Elemente, <strong>die</strong> historisch gewachsen s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> oftmals e<strong>in</strong>e<br />
stabilisierende Wirkung entfalten. Dies trifft größtenteils auf<br />
<strong>die</strong> vielen Königshäuser zu, <strong>die</strong> <strong>in</strong> westeuropäischen Demokratien<br />
e<strong>in</strong>en angestammten Platz e<strong>in</strong>nehmen (z.B. Belgien, Großbritannien,<br />
Spanien).<br />
94 <strong>Wahlen</strong> <strong>in</strong> Geschichte <strong>und</strong> Gegenwart<br />
Geschichte der allgeme<strong>in</strong>en politischen <strong>Wahlen</strong><br />
Im Mittelalter hatte der Begriff des Volkes e<strong>in</strong>e andere Bedeutung<br />
als heute. Mit Volk me<strong>in</strong>te man oftmals nur Adel, Klerus, städtische<br />
Bürgerschaft <strong>und</strong> Universitätsangehörige. Die »Volksversammlung«<br />
oder der historische »Landtag« bestanden dementsprechend<br />
aus Vertretern <strong>die</strong>ser politischen E<strong>in</strong>heiten, <strong>die</strong> auch<br />
als Stände bezeichnet wurden. E<strong>in</strong>fache Leute wie Bauern oder<br />
Tagelöhner <strong>und</strong> fast alle Frauen besaßen ke<strong>in</strong>erlei politisches<br />
Gewicht <strong>und</strong> wurden ignoriert, wenn es um Fragen politischer<br />
Teilhabe g<strong>in</strong>g.<br />
Im Laufe der Jahrh<strong>und</strong>erte erhielten langsam aber stetig<br />
immer mehr Bevölkerungsgruppen Anteil an politischen Vertretungsgremien.<br />
Dieser Prozess g<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>her mit e<strong>in</strong>er zunehmenden<br />
Vere<strong>in</strong>heitlichung von Recht <strong>und</strong> Verwaltung. Es gab aber auch<br />
Sonderfälle, wie <strong>die</strong> Oberlausitz, <strong>die</strong> 1635 an <strong>Sachsen</strong> geb<strong>und</strong>en<br />
werden konnte, <strong>die</strong> aber bis <strong>in</strong>s 19. Jahrh<strong>und</strong>ert h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
selbstständige Ständevertretung besaß. So galten sächsische<br />
Gesetze <strong>in</strong> der Oberlausitz <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Zeit erst nach Zustimmung<br />
durch <strong>die</strong>se Ständevertretung.<br />
Während der außergewöhnlich langen Herrschaftsdauer des<br />
Geschlechts der Wett<strong>in</strong>er (11. bis 20. Jahrh<strong>und</strong>ert) entwickelten<br />
sich <strong>die</strong> Mark Meißen, das wett<strong>in</strong>ische Kürfürstentum <strong>Sachsen</strong><br />
seit 1423, das albert<strong>in</strong>ische Kurfürstentum (seit 1547) <strong>und</strong> das<br />
Königreich <strong>Sachsen</strong> (seit 1807) vergleichsweise gleichmäßig. Die<br />
lange Kont<strong>in</strong>uität führte zu e<strong>in</strong>er recht geschlossenen Identität.<br />
Während des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts beschritt das Königreich<br />
<strong>Sachsen</strong> den Weg zu e<strong>in</strong>em modernen Parlamentarismus. Erst<br />
mit Abschaffung der Monarchie <strong>und</strong> im Rahmen der Weimarer<br />
Republik wurde <strong>Sachsen</strong> 1919 zu e<strong>in</strong>e parlamentarischen<br />
Demokratie mit e<strong>in</strong>em allgeme<strong>in</strong>en <strong>und</strong> gleichen Männer- <strong>und</strong><br />
Frauenwahlrecht.<br />
<strong>Wahlen</strong> im <strong>Deutsche</strong>n Kaiserreich (1871–1918)<br />
Das <strong>Deutsche</strong> Kaiserreich (1871 bis 1918) war e<strong>in</strong>e konstitutionelle<br />
Monarchie, <strong>in</strong> der der Kaiser zwar an <strong>die</strong> Verfassung geb<strong>und</strong>en<br />
war, aber e<strong>in</strong>e zentrale Machtposition besaß. Das Parlament,<br />
der Reichstag, hatte bei weitem nicht <strong>die</strong> Kompetenzen,<br />
wie etwa der <strong>Deutsche</strong> B<strong>und</strong>estag. In erster L<strong>in</strong>ie beschränkte<br />
<strong>Wahlen</strong> <strong>in</strong> Geschichte <strong>und</strong> Gegenwart<br />
Karlhe<strong>in</strong>z Blaschke:<br />
»Der Aufbau e<strong>in</strong>er<br />
umfassenden politischen<br />
Ordnung im späteren<br />
Lande <strong>Sachsen</strong> ist <strong>die</strong><br />
geschichtliche Leistung<br />
des Hauses Wett<strong>in</strong>.«<br />
(Politische Mitbestimmung, S. 7)<br />
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